Industrie und Handwerk

Schädlicher Zigarillo-Qualm

Zeitungswerbung für Zigarillos muss nicht vor Gesundheitsschäden warnen

Ein Verbraucherschutzverein beanstandete, dass die gedruckte Werbung eines Zigarillo-Produzenten die Kunden nicht vor dem Paffen warnte. Das wollte er gerichtlich untersagen lassen.

Warnhinweise seien nur für die Packungen von Tabakwaren vorgeschrieben, erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe (4 U 99/03). Nur in Bezug auf Zigaretten habe sich die deutsche Tabakindustrie selbst verpflichtet, die Publikumswerbung in den Printmedien mit Warnungen zu versehen. Eine europäische Richtlinie verbiete zwar jede Publikumswerbung für Tabakerzeugnisse - Zigarillos inklusive - in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen. Diese EU-Richtlinie sei in Deutschland aber noch nicht verbindlich. Sie müsse erst bis Ende Juli 2005 in deutsches Recht umgesetzt werden.

Fehlalarm beim Airbag

Verletzter Autofahrer fordert Schadenersatz von der Autowerkstatt

Ein Mann gab seinen gebraucht gekauften Mercedes 220 E in die Werkstatt, um eine Freisprechanlage für sein Mobiltelefon einbauen zu lassen. Über ein Jahr später ging zur Unzeit der Fahrerairbag auf, als der Autofahrer vor seinem Haus in den Wagen stieg. Der Mann wurde am Gesicht verletzt und verklagte die Autowerkstatt auf Schmerzensgeld. Begründung: Beim Aus- und Einbau der Bodenplatte im Beifahrerfußraum - wo eine Zuleitung für die Telefonanlage verlegt wurde - müsse der Mechaniker das Airbagkabel eingeklemmt und beschädigt haben. Das habe zu einem Kurzschluss geführt, der wiederum den Airbag ausgelöst habe.

Ein Montagefehler sei schon wegen der langen Zeit zweifelhaft, die seit dem Einbau der Anlage vergangen sei, entgegnete ihm das Oberlandesgericht Köln (24 U 138/02). Der Sachverständige habe die Theorie vom Kurzschluss nicht bestätigt. Nach dessen Gutachten kämen für den Airbag-Unfall des Autofahrers auch andere Ursachen in Betracht: Ein Defekt am Airbag-Steuergerät z.B., der schon in der Produktion entstehen könne oder erst später durch das Eindringen von Feuchtigkeit in das Steuergerät. Jedenfalls gebe es keine zwingenden Anhaltspunkte für einen Fehler der Werkstatt.

Unternehmensberater stürzt Gärtner ins Unglück

OLG Oldenburg: Kein Honorar für wertlose Arbeit

Man kann Handwerkern und kleinen Gewerbetreibenden nur wünschen, dass diese Rechtsprechung Schule macht: Das Oberlandesgericht Oldenburg hat erstmals die Klage einer Beraterfirma auf Honorar abgewiesen und dem fast ruinierten Auftraggeber Anspruch auf Schadenersatz zugesprochen.

Ein Gärtner, dem die Insolvenz drohte, beauftragte im April 2000 eine (bundesweit tätige) Unternehmensberatungsgesellschaft mit Analyse und Reorganisation seines Betriebs. Schon für die erste Beratung kassierte die Firma 6.380 Mark, die der Gärtner bezahlte. Am Ende jeder Beratungswoche ließ ein Mitarbeiter der Firma den Gärtner Vordrucke unterzeichnen, in denen der Auftraggeber die Forderungen der Firma anerkannte und ihre Arbeit für korrekt erklärte. Schließlich sollte der Gärtner über 40.000 Mark zahlen, die er natürlich nicht hatte. Schon seit Jahren machte er Verlust - deshalb hatte er ja die Beraterfirma engagiert. Diese klagte das Honorar ein.

Mehrere Gutachter hätten bestätigt, so das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, dass die Arbeit der Beraterfirma für den Betrieb wertlos und das Honorar weit überhöht sei (16 U 199/02). Die Analyse sei nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Betriebswirtschaft gefertigt, enthalte nur Schlagworte, eine Beschreibung augenfälliger Tatsachen und bekannte Zahlen. Nach Aussage eines der Sachverständigen hätte man diese "Arbeit" an einem Tag erledigen können. Schwachstellen des Betriebs seien nicht untersucht worden; es fehlten eine vergleichende Bilanzaufstellung, Daten und Fakten über die Branche, über die Wettbewerber vor Ort und die konkrete Marktsituation des Unternehmens.

Die Finanzlage der Gärtnerei sei desolat, das Unternehmen schreibe seit drei Jahren rote Zahlen, stellte das OLG fest. Angesichts dessen habe der

Ein Bier namens "Champ" ...

... profitiert nicht vom guten Ruf französischen Champagners

Eine Brauerei vertrieb unter anderem ein Bier namens "Champ". Sie hatte sich diesen Namen als Marke für verschiedene Getränke eintragen lassen: für Bier, aber auch für Sekt, Wein und Schaumwein. Das rief eine Organisation der französischen Champagnerwirtschaft auf den Plan. Um die Herkunftsbezeichnung zu schützen, wollte sie die missliebige Marke gelöscht wissen: Die Brauerei nutze Bekanntheit und guten Ruf des "Champagner" in unzulässiger Weise zur Absatzsteigerung, kritisierte sie und zog vor Gericht.

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab jeder der beiden Parteien etwas Recht (6 U 86/01). Der Begriff "Champagner" sei weltweit ein Symbol für Exklusivität und daher bei "Trittbrettfahrern" beliebt, die diesen guten Ruf auf ihre Waren übertragen wollten, stellten die Richter fest. Auch die Marke "Champ" nutze ihn in unlauterer Weise aus, allerdings nur, soweit sie für Sekt, Wein und Schaumwein verwendet werde. Für diese Produkte müsse die eingetragene Marke gelöscht werden, weil Verbraucher bei ihnen eine Verbindung zu Champagner herstellen könnten.

Anders beurteilten die Richter die Bier-Marke "Champ". Bier unterscheide sich - durch Produktion und Eigenschaften - deutlich von Sekt und Schaumwein. Bier lasse keine Assoziation mit Champagner zu. Biertrinker dächten bei "Champ" eher an die Abkürzung des englischen Wortes "Champion" (Gewinner, Sieger). Die Brauerei könne daher ihr Bier weiterhin unter diesem Namen verkaufen.

Festpreis vereinbart?

Unternehmer will nach Aufwand abrechnen

Wenn es um eine Handwerker-Rechnung geht, berufen sich Kunden häufig darauf, sie hätten einen Festpreis vereinbart, denn das kommt billiger. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat anlässlich eines derartigen Streits zwischen Unternehmer und Auftraggeber die Rechtslage erläutert (5 W 21/04): Das Gesetz sieht es als Regel an, dass bei einem Handwerkervertrag eine feste Vergütung vereinbart wird. Wer - wie hier der Handwerker - etwas davon Abweichendes behauptet, muss das beweisen.

Allerdings müsse auch der Auftraggeber genau darlegen, so das OLG, wo und wann und zwischen welchen Personen ein Festpreis vereinbart wurde. Sonst wäre es für die Kunden zu leicht, den sauer verdienten Handwerkerlohn zu schmälern. Im konkreten Fall hatte der Kunde genügend Details vorgetragen, dem OLG erschien seine Version glaubwürdig. Dagegen gelang dem Handwerker der Nachweis nicht, dass nach Aufwand abgerechnet werden sollte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit dem Preis von 5.800 Euro abzufinden, den sein Auftraggeber als vereinbarten Festpreis benannte.

Tippfehler bei der Rückzahlung von Schulden

Wegen einer geringfügig verspäteten Restzahlung darf ein Gläubiger nicht vollstrecken

Nach einem langen Rechtsstreit um Pfusch am Bau und zurückgehaltenen Werklohn einigten sich Häuslebauer und Handwerker auf einen Vergleich: Der Auftraggeber sollte statt des vollen Werklohns (40.000 DM) dem Auftragnehmer einen Teilbetrag von 25.500 DM zahlen; bei rechtzeitigem Zahlungseingang sollte dem Häuslebauer der restliche Betrag (14.500 DM) erlassen werden. Zum vereinbarten Termin überwies der Schuldner (= Auftraggeber) wegen eines Tippfehlers nur 25.000 DM, bemerkte aber seinen Fehler kurz danach und schickte die fehlenden 500 DM hinterher. Der Handwerker war allerdings der Ansicht, ihm stehe jetzt die volle Summe zu, da der Schuldner nicht rechtzeitig gezahlt habe.

Das Oberlandesgericht München sah das anders und ersparte dem Häuslebauer die 14.500 Mark (13 U 3707/03). Auf die bei dem Vergleich vereinbarte "Verfallsklausel" könne sich der Gläubiger (= Handwerker) nicht berufen. Gründe für die Zurückhaltung von 500 Mark seien weit und breit nicht ersichtlich. Es gehe um einen minimalen Betrag, den der Schuldner offenkundig aus Versehen nicht überwiesen habe. Und das habe dem Handwerker auch klar sein müssen, habe er den Fehlbetrag doch selbst erst bemerkt, als die 500 DM nachgezahlt wurden. Vorher habe er mit dem Auftraggeber den Vergleich bestätigt und beide seien davon ausgegangen, dass der volle Betrag gezahlt worden sei. Angesichts dessen verstoße es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wegen des Fehlbetrags gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung in Gang zu setzen.

Rollo-Auftrag gekündigt

Werkunternehmer verlangt Ersatz für Materialien

In ein Gebäude sollten Rollos mit Motorantrieb eingebaut werden. Aus unbekannten Gründen stieg die Kundin aus dem Vertrag aus. Der Handwerker stellte ihr dennoch eine Rechnung und verlangte seine Aufwendungen ersetzt. Denn er hatte bereits Rollos und Motoreinheiten für die wankelmütige Auftraggeberin angeschafft.

Es kam zum Rechtsstreit, in dem das Oberlandesgericht Köln für den Handwerker Partei ergriff (11 U 103/03). Materialkosten müssten nach einer Kündigung vom Auftraggeber nicht ersetzt werden, wenn der Werkunternehmer das Material in absehbarer Zeit anderweitig verwenden könne. Handle es sich jedoch um Gegenstände, die speziell für das Bauwerk des Auftraggebers beschafft wurden und die nicht ohne Weiteres anderswo einzusetzen seien, habe der Auftragnehmer Anspruch auf Vergütung. Und das treffe hier zu.

Solaranlage bestellt

Kunde beruft sich auf Mängel und behält einen Teil der Vergütung zurück

Ein Hauseigentümer bestellte eine Solaranlage (zwei Kollektoren und Komplettstation). Zum Preis von ca. 7.000 DM lieferte das beauftragte Unternehmen die Teile und montierte sie. Als es die Rechnung schickte, blieb die Kundschaft jedoch einen Restbetrag von 20 Prozent schuldig. Begründung: Die Anlage sei zu klein ausgelegt, wegen dieses Mangels habe man die Arbeit nicht "abgenommen" (sprich: als "vertragsgerecht" akzeptiert). Also sei auch nicht die volle Summe Werklohn fällig.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Lieferant der Solaranlage das restliche Geld bekommt (VIII ZR 76/03). Beim Werkvertrag mit einem Handwerker sei die Vergütung erst nach Abnahme der Leistung fällig, räumten die Richter ein. Doch der Vertrag mit dem Solarunternehmen sei als Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung) einzustufen, bei dem es keine Abnahme gebe.

Ausschlaggebend für die Bewertung sei, bei welcher Leistung der Schwerpunkt im Vertrag liege. Hier lägen die Kosten für die Montage (einschließlich Nachkontrolle) bei 1.395 Mark, also nur bei 23 Prozent des Gesamtpreises. Das spreche für einen Kaufvertrag: Der Schwerpunkt liege nicht auf der Montage, das Solarunternehmen sei eher als Lieferant von Fertigteilen tätig geworden. Die Hauptbestandteile der Solaranlage wurden nicht (wie z.B. bei einer maßgefertigten Küchenzeile) nach den Wünschen des Auftraggebers hergestellt, was bei der Montage größeren Aufwand nach sich ziehe. Vielmehr handle es sich um serienmäßig produzierte Teile, die einfach wieder demontiert und anderweitig verwendet werden könnten.

Beim Kaufvertrag dürfe der Kunde nur dann einen Teilbetrag zurückbehalten, wenn die gelieferte Ware mangelhaft sei. Das sei aber laut Gutachten eines Sachverständigen nicht der Fall. Dass der Hauseigentümer von Zeit zu Zeit zusätzlich seinen alten Holzvergaserkessel einsetzen müsse, um genügend Warmwasser zu bekommen, sei kein Mangel der Solaranlage. Bei ihren Dimensionen könne die Anlage andere Energieträger nicht ersetzen, nur entlasten. In dieser Größe habe der Kunde die Anlage bestellt, Beratungspflichten habe das Unternehmen nicht übernommen.

Arbeitgeber sponsert Rückenschule für Mitarbeiter

Sachleistungen an die Arbeitnehmer sind nicht lohnsteuerpflichtig, wenn sie im betrieblichen Interesse erfolgen

Ein Unternehmen bot 800 Mitarbeitern an Bildschirmarbeitsplätzen an, Rückenprobleme mit einem Rückentrainingsprogramm zu bekämpfen. Wollte ein Arbeitnehmer an diesem Programm teilnehmen, finanzierte der Arbeitgeber eine ärztliche Funktionsanalyse der Wirbelsäule. Wurde ein Funktionsdefizit festgestellt und eine Behandlung auch vom Betriebsarzt befürwortet, durchlief der Arbeitnehmer ein Aufbauprogramm von 24 Trainingseinheiten, dessen Kosten der Arbeitgeber zu zwei Dritteln übernahm (vorausgesetzt, der Mitarbeiter trainierte regelmäßig).

Bei einer Lohnsteueraußenprüfung stießen Finanzbeamte auf diese Praxis: 129 Arbeitnehmer hatten bisher das Training absolviert. Das sei eine lohnsteuerpflichtige Sachleistung des Unternehmens für die Mitarbeiter, entschied das Finanzamt. Gegen den Steuerbescheid klagte das Unternehmen beim Finanzgericht Köln mit Erfolg (15 K 3887/04). Lohnsteuerpflichtig seien nur Sachleistungen, die in erster Linie den Arbeitnehmern dienten, so das Gericht.

Das treffe hier nicht zu, obwohl das Rückentraining natürlich auch den Teilnehmern zugute komme. Wie die Statistik zeige, beruhe fast ein Viertel aller Arbeitnehmer-Fehltage auf Rückenschmerzen; oft führten diese auch zu dauernder Arbeitsunfähigkeit. Das koste viel Geld. Hier gegenzusteuern, entspreche zweifellos dem Interesse des Unternehmens.

Bei Bildschirm-Arbeitsplätzen liege die Quote der Fehltage durch Rückenprobleme vermutlich noch höher - Bildschirmarbeiter seien für Rückenleiden besonders anfällig. Das Trainingskonzept, das die kooperierende Rückenschule anbiete, sei besonders dazu geeignet, einschlägigen Beschwerden entgegenzuwirken, erklärten die Richter. Das Rückentraining liege daher überwiegend im betrieblichen Interesse. Damit stelle der Zuschuss des Betriebs keinen "geldwerten Vorteil" für die Arbeitnehmer dar und sei nicht lohnsteuerpflichtig.

Wände feucht - Putz bröckelt ab ...

Weiß der bauleitende Architekt über ein Risiko Bescheid, muss der Handwerker den Bauherrn nicht warnen

Ein größeres Gebäude wurde saniert und ein Handwerksunternehmen mit Putzarbeiten beauftragt. Kaum hatten die Handwerker damit begonnen, stellte sich heraus, dass die Wände mit Salz und Feuchtigkeit belastet waren. Der Handwerker sprach darüber nicht mit dem Bauherrn, sondern mit dem Bauleiter, einem Architekten. Der Architekt erkannte das Risiko, ließ aber die Handwerker die Arbeiten wie ursprünglich geplant ausführen. Noch bevor die Gewährleistungsfrist abgelaufen war, platzte der Putz von den Wänden.

Der Auftraggeber forderte Schadenersatz vom Handwerksunternehmen: Der Auftragnehmer hätte ihm mitteilen müssen, dass er es angesichts des Zustands der Wände bedenklich fand, den Putz aufzutragen. Seine Klage scheiterte beim Oberlandesgericht Köln (3 U 214/05). Im Prinzip sei zwar der Auftragnehmer verpflichtet, den Auftraggeber über solche Bedenken zu informieren, räumten die Richter ein.

Hier lägen die Dinge aber anders. Wenn fest stehe, dass der fachkundige Bauleiter das Risiko kenne und bewusst eingehe, entfalle für den Handwerker die Informationspflicht. Er dürfe sich auf die Entscheidung des Architekten verlassen. Umgekehrt müsse sich der Auftraggeber dessen Handeln zurechnen lassen, denn er habe den Architekten damit beauftragt, den Bau in eigener Verantwortung zu leiten.

(P.S.: Trotz dieses Urteils zu Gunsten des Handwerksunternehmens sollten Auftragnehmer Bedenken sicherheitshalber immer schriftlich anmelden. Denn nicht immer gelingt so wie hier der Beweis, dass der Auftraggeber oder sein fachkundiger Vertreter über Mängel unterrichtet waren und das damit verbundene Risiko bewusst in Kauf nahmen.)

Was ist ein Baumangel?

Das hängt davon ab, was vereinbart wurde

In einem Neubau waren Elektroleitungen zu verlegen. Der beauftragte Elektrofachbetrieb verpflichtete sich im Werkvertrag mit dem Bauherrn, sie in Leerrohren in den Gebäudewänden zu verlegen. Nach der Durchführung des Auftrags reklamierte der Auftraggeber Mängel - unter anderem waren die Leitungen eben nicht in Leerrohren verlegt - und zog rund 19.000 Euro vom Werklohn ab. Der Handwerker klagte die Summe ein.

Der vom Landgericht eingeschaltete Sachverständige erklärte, nach den "allgemein anerkannten Regeln der Technik" sei es nicht notwendig, diese Leitungen in Leerrohren zu verlegen. Daraus schloss das Landgericht, in diesem Punkt seien die Arbeiten des Handwerksbetriebs nicht mangelhaft; der Auftraggeber müsse zahlen. Doch der Bauherr pochte auf den Vertrag und ging in Berufung.

Beim Oberlandesgericht Brandenburg setzte er sich durch (12 U 160/05). Es komme hier nicht darauf an, so die Richter, ob die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden. Wenn vertraglich eine bestimmte Beschaffenheit der Werkleistung vereinbart werde, sei dies vorrangig. Dann sei die Arbeit mangelhaft, wenn und weil sie von der vereinbarten Leistung abweiche.

Im Bauvertrag könnten Auftraggeber und Auftragnehmer einen höheren Standard festlegen als den, der den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Diese seien ein Mindeststandard, der nur dann als Maßstab für die Leistung zum Tragen komme, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer vertraglich keinen höheren Standard vereinbarten.

Den Auftraggeber über Risiken informiert?

Streit um unterbliebene Abdichtung von Kellermauern

Dass die Außenmauern ziemlich feucht waren, fiel den am Bau beteiligten Fachleuten natürlich auf. Ein Subunternehmer des Bauunternehmens informierte den Bauherrn darüber, dass seiner Meinung nach die Mauern vor dem Verputzen unbedingt abgedichtet werden müssten. Trotzdem wurde ohne weitere Vorkehrungen der Zementputz aufgebracht. Infolge dessen platzten später innen Fliesen ab, was teure Nachbesserungsmaßnahmen nach sich zog. Der Auftraggeber forderte dafür vom Bauunternehmer Schadenersatz.

Der verteidigte sich und schob dem Bauherrn die Schuld in die Schuhe: Der sei ja vom Subunternehmer durchaus auf das Problem der Feuchtigkeit hingewiesen worden. Dennoch habe er sich wider besseres Wissen aus Kostengründen entschieden, ohne vorherigen Einbau einer Feuchtigkeitssperre eine einfache Putzschicht auftragen zu lassen. Wenn das zuträfe, müsste der Auftragnehmer für die Mängel nicht haften, erläuterte das Oberlandesgericht Jena im anschließenden Prozess um Schadenersatz (2 U 1122/05). Doch da gebe es widersprüchliche Aussagen.

Der Geschäftsführer des Bauunternehmens hatte nämlich (in einem Vorprozess gegen den Subunternehmer) berichtet, dass er mit dem Architekten und dem Bauherrn das Problem der Feuchtigkeit ausführlich besprochen hatte. Man sei sich einig gewesen, dass es funktionieren würde, nur einen einfachen Zementputz aufzubringen, hatte er zugestanden. Deshalb verlor schließlich das Unternehmen den Prozess.

Der Geschäftsführer des Bauunternehmens habe den Bauherrn über die Sachlage nicht richtig informiert, so die Richter, er habe vielmehr die Tragweite des Problems verharmlost. Seine Einschätzung sei für den Auftraggeber natürlich ausschlaggebend. Der Bauherr habe dem Vorschlag zugestimmt, aber nicht um unvernünftigerweise Kosten zu sparen, sondern im Vertrauen auf die vermeintlich fachkundige Beratung. Daher habe er Anspruch auf Schadenersatz.

Nahrungsergänzungsmittel ...

... dürfen nicht ohne weiteres als Arzneimittel eingestuft werden

Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln legten sich mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit an. Bei dem Streit ging es um drei Produkte, die in den Niederlanden als Lebensmittel verkauft werden. Das Bundesamt stufte die Mittel jedoch als Arzneimittel ein und nahm sie wegen fehlender Zulassung vom deutschen Markt.

Eines der Mittel in Tablettenform enthält 50 mg Bioflavanole (gewonnen aus Traubenkernen). Dieser Stoff kommt in vielen Nahrungsmitteln vor (z.B. in Äpfeln und Rotwein); über therapeutische Wirkungen oder gesundheitliche Risiken liegen keine Erkenntnisse vor. Das zweite Produkt ist ein Pulver mit gefriergetrockneten Bakterien, das verrührt als probiotischer Joghurt gegessen werden kann. Umstritten war auch eine hochdosierte Vitamin-E-Kapsel.

In Bezug auf die ersten beiden Produkte hat das Bundesverwaltungsgericht den Herstellern Recht gegeben (3 C 21.06, 3 C 22.06, 3 C 23.06). Es gehe nicht an, zum Verzehr bestimmte Produkte sozusagen "auf Verdacht" den Arzneimitteln zuzuordnen und damit ihren Verkauf unmöglich zu machen, weil sie als Arzneimittel (wegen mangelnder therapeutischer Wirksamkeit) nicht zugelassen seien. Erwägungen des Gesundheitsschutzes rechtfertigten diese Praxis nicht, zumal gleichartige Produkte unbeanstandet als Lebensmittel auf dem Markt seien.

Anders liege der Fall bei Mitteln, die nachweisbar erheblich auf die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers wirkten. Das treffe auf das Vitamin-E-Präparat zu: Laut Bundesgesundheitsamt zeigten ähnlich hoch dosierte Präparate bei bestimmten Vitamin-Mangel-Erkrankungen eine therapeutische Wirkung. Auf Basis dieser wissenschaftlichen Aussage seien in Deutschland vertriebene gleichartige Produkte als Arzneimittel eingestuft worden.

Tiefes Schlagloch in belebter Straße

Gemeinde haftet für Schäden an Felgen und Reifen

Als der Mann hinter einer Baustelle mit seinem Wagen wieder auf die rechte Fahrspur schwenkte, gab es auf einmal einen dumpfen Schlag: Das Auto war in ein ziemlich tiefes Schlagloch geraten. Irgendwo weiter weg hatte zwar ein Verkehrsschild gestanden, das auf Straßenschäden hinwies. Aber auf so ein Loch war der Autofahrer wirklich nicht gefasst gewesen. Zwei Felgen und ein Reifen waren kaputt. Für den Schaden sollte die Gemeinde geradestehen.

Die Kommune weigerte sich und wurde vom Autofahrer mit Erfolg verklagt. Im Prinzip müssten sich Straßenbenutzer den Verhältnissen anpassen, stellte das Oberlandesgericht Celle fest (8 U 199/06). Die für Verkehrssicherheit verantwortliche Straßenbehörde sei aber verpflichtet, für relativ gefahrlose Fahrt auf allen Straßen zu sorgen. Eine Gefahrenquelle wie diese - das Schlagloch sei mindestens 20 Zentimeter tief gewesen - hätte sie sichern müssen, zumal es sich um eine viel befahrene Durchgangsstraße in einer Großstadt handelte.

Auch bei konzentrierter Fahrweise konnten Autofahrer dieses Hindernis kaum erkennen, da die Sicht durch die Baustelle verdeckt war, so das Gericht. Da genüge es nicht, die Geschwindigkeit zu begrenzen und irgendwo vor der Baustelle ein Schild mit dem Hinweis "Straßenschäden" hinzustellen. Weil den Fahrer ein Mitverschulden treffe, müsse er aber die Hälfte der Kosten selbst tragen. Auf derart schlechten Straßen müsse man entsprechend fahren, d.h. so, dass man jederzeit anhalten könne ("Sichtfahrgebot").

"Altenburger Ziegenkäse"

Käseproduzent darf die geschützte Herkunftsbezeichnung nicht verwenden, wenn er die Milch nicht aus der Region bezieht

Es handelt sich um einen Weichkäse mit einem Mindestanteil von 15 Prozent Ziegenmilch. Die Ursprungsbezeichnung "Altenburger Ziegenkäse" ist geschützt; nur zwei Produzenten stellen ihn her. Über einen Streit zwischen diesen beiden Herstellern hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln zu entscheiden (6 U 166/06).

Einer warf dem anderen vor, er habe für den Käse Milch von Ziegen verwendet, die außerhalb des Ursprungsgebiets gehalten werden. Der Betriebssitz seines Milchlieferanten spiele doch keine Rolle, konterte der Gescholtene. Wichtig sei nur, dass die Ziegen das kleereiche Futtergras der Altenburger Region zu Fressen bekämen.

Das OLG Köln war nicht so großzügig. Es treffe zwar zu, dass der geografische Bezug anknüpfe an die hügelige Agrarlandschaft rund um Altenburg und seinen kleereichen Futtergrasanbau, räumten die Richter ein. Wenn der einzige Bezug des Produkts zum Ursprungsgebiet allerdings darin liege, dass das Futter für die Ziegen von dort komme, dürfe der Käsehersteller die geschützte Herkunftsbezeichnung nicht mehr verwenden.

Trage ein Agrarerzeugnis eine geschützte Herkunftsbezeichnung, bedeute dies, dass es in dem "begrenzten geografischen Gebiet erzeugt, verarbeitet und hergestellt" werde. Bei Käse sei Milch der Hauptinhaltsstoff und müsse daher aus dem Ursprungsgebiet stammen; das Milchvieh müsse innerhalb dieses Gebiets gehalten, gefüttert, getränkt und gemolken werden.

Der Sozialversicherung Beiträge vorenthalten?

Ist ein Arbeitgeber schuldlos zahlungsunfähig, macht er sich dadurch nicht strafbar

Gegen einen Bauunternehmer wurde im April 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zu den vielen Gläubigern des zahlungsunfähigen Unternehmens gehörte auch die Sozialversicherung, die von der Firma schon seit Monaten keine Versicherungsbeiträge mehr für die Arbeitnehmer erhalten hatte. Wer der Einzugsstelle Versicherungsbeiträge vorenthält, macht sich strafbar ("Veruntreuen von Arbeitsentgelt").

Dem Unternehmer drohten daher Konsequenzen (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren), die ihm der Bundesgerichtshof (BGH) vorerst ersparte (IX ZR 176/05). Er verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Die Firma sei im fraglichen Zeitraum zahlungsunfähig gewesen, so der BGH. Könne ein Arbeitgeber dem Träger der Sozialversicherung wegen Insolvenz nicht überweisen, was er ihm schulde, erfülle dies im Prinzip keinen Straftatbestand.

Allerdings gebe es auch von dieser Regel eine Ausnahme. Habe der Arbeitgeber erkannt, dass sich Liquiditätsprobleme abzeichneten und trotzdem pflichtwidrig davon abgesehen, die Zahlung der Beiträge sicherzustellen (z.B. durch die Bildung von Rücklagen oder das teilweise Einbehalten von Arbeitslohn), stelle dies ein Delikt dar. Ob so ein Ausnahmefall vorliege, müsse nun die Vorinstanz klären.

Zeitlimit: 35 Werktage am Stück!

Baufirma soll Vertragsstrafe zahlen, obwohl sie die Arbeiten zum zusätzlich vereinbarten Endtermin fertig stellte

Im Bauvertrag vereinbarte der Bauherr mit einer Baufirma - welche die Abdichtungsarbeiten außen übernehmen sollte - nicht nur einen Termin, zu dem sie fertig sein sollte. Darüber hinaus sollte die Auftragnehmerin ihre Leistung innerhalb von 35 Werktagen in einem Stück erbringen. Die erste Hürde schaffte sie, die zweite nicht. Denn die Baufirma musste einige Tage darauf warten, dass der Fassadenbauer fertig wurde. Nichtsdestotrotz wollte der Bauherr ihren Anspruch auf Werklohn mit einer Vertragsstrafe aufrechnen.

Das Kammergericht in Berlin entschied den Streit zu Gunsten der Auftragnehmerin (7 U 190/06). Die Baufirma sei mit ihrer Arbeit ebenso abhängig von anderen Gewerken wie diese von ihrer Leistung, erklärten die Richter. Solange die Fassade nicht fertig sei, könne sie nicht mit dem Abdichten beginnen. Wenn der Auftragnehmer sich aus technischen Gründen nicht an das vereinbarte Limit von 35 Werktagen in einem Stück halten könne, habe der Bauherr keinen Anspruch auf die Vertragsstrafe. Das gelte zumindest dann, wenn die Baufirma ihre Arbeiten zum gesetzten Fertigstellungstermin beendete.

Handwerksmeister "streikt" ...

... wegen unerfüllbarer Forderungen des Auftraggebers

Die Heizzentrale der Justizvollzugsanstalt war schon ziemlich alt. Die Landesbauverwaltung beauftragte einen Heizungsbaumeister damit, für ausreichende Wärmedämmung zu sorgen. So sollten wenigstens die (damals gültige) "Heizungsanlagenverordnung" und die entsprechenden DIN-Normen eingehalten werden. Nach kurzer Zeit stellte der Handwerker aber fest, dass die Rohre zueinander und zur Wand einen so geringen Abstand hatten, dass es nicht möglich war, sie so dick zu dämmen wie vorgeschrieben.

Dann aber riskiere er ein Bußgeld, teilte der Heizungsbauer der Bauverwaltung mit. Dort meinte man ganz schlau: Dämmen wir eben etwas dünner; aber die Verordnung sei trotzdem einzuhalten. Daraufhin kam der Handwerksmeister erst einmal ins Grübeln und hörte auf zu arbeiten. Der Auftraggeber setzte ihm eine Frist, danach kündigte er "aus wichtigem Grund". Das hielt der Handwerker für unberechtigt. Er forderte den verabredeten Werklohn von 81.000 Euro (abzüglich ersparter Aufwendungen).

Der Bundesgerichtshof gab ihm Recht (VII ZR 226/05). Der Auftraggeber hätte sich bemühen müssen, den Konflikt einvernehmlich beizulegen, erklärten die Bundesrichter. Die Befürchtungen des Handwerkers seien schließlich nicht aus der Luft gegriffen. Die Landesbauverwaltung habe den Mann aber nur zusätzlich unter Druck gesetzt und widersprüchliche Parolen ausgegeben. Unter diesen Umständen stelle es kein schuldhaftes Verhalten des Heizungsbauers dar, die Dämmarbeiten liegen zu lassen. Darin sei kein "wichtiger Grund" für eine Kündigung zu sehen.

Baumangel arglistig verschwiegen?

Nachlässigkeit des Auftragnehmers belegt noch keine Arglist

Auf der Nordseeinsel Rantum war ein Hausdach mit Ziegeln gedeckt worden. Entgegen den Richtlinien für das Dachdeckerhandwerk klammerte der Dachdecker die Ziegel nicht, sondern schraubte sie. Auch mit Schrauben befestigte er allerdings nicht alle Dachziegel, sondern nur einzelne. Bei einem Sturm - die Verjährungsfrist von fünf Jahren für Bauleistungen war da bereits abgelaufen - entstanden deshalb erhebliche Schäden am Dach.

Dafür machte der Hauseigentümer den Handwerker verantwortlich und forderte Schadenersatz: Sein Gewährleistungsanspruch sei noch nicht verjährt, meinte er, weil ihm der Dachdecker bei der Bauabnahme die mangelhafte Arbeit arglistig verschwiegen habe (dann gilt nämlich eine Verjährungsfrist von 30 Jahren).

Das Oberlandesgericht Celle wies die Klage des Auftraggebers ab (13 U 145/06). Allein mit nachlässiger Arbeit sei Arglist nicht zu belegen. Arglistiges Verschweigen setze voraus, dass der Auftragnehmer einen Mangel in seiner ganzen Tragweite erkannt und trotzdem dem Bauherrn nicht mitgeteilt habe. Das bedeute: Dem Dachdecker müsste bei der Bauabnahme völlig klar gewesen sein, dass er die Dachziegel so schlecht gesichert hatte, dass (noch während der normalen Nutzungsdauer der Ziegel) mit größeren Schäden zu rechnen war.

Eben dies habe der Handwerker glaubwürdig bestritten. Denn es sei ja nicht generell unzulässig, Ziegel zu verschrauben. Nur wegen der besonderen meteorologischen Verhältnisse auf der Insel seien sie auf diese Weise unzureichend mechanisch befestigt. Davon hatte der Dachdecker keine Kenntnis - das sei im Prozess nicht widerlegt worden.

Handwerker haftet nicht ...

... für Mängel durch Einsatz von Material, das der Bauherr vorschreibt

Ein größeres Gebäude wurde grundlegend saniert. Fachleute des Auftraggebers hatten für die Arbeiten und das dabei einzusetzende Material ein verbindliches Leistungsverzeichnis erstellt. Unter anderem sollte ein Heizungsfachbetrieb einige Stahlheizkörper der Heizungsanlage gegen Aluminiumheizkörper austauschen. Schon kurze Zeit später begannen die neuen Heizkörper zu korrodieren. Als der Auftraggeber vom Handwerker verlangte, die Mängel zu beseitigen, wies der jede Verantwortung kühl von sich: Er habe schließlich das Material nicht ausgesucht.

Die Klage des Auftraggebers auf Schadenersatz scheiterte beim Oberlandesgericht Brandenburg (13 U 103/03). In der Regel müsse zwar der Auftragnehmer ein "funktionsfähiges Werk" liefern und dafür (ohne Rücksicht auf eventuelles Verschulden) einstehen, so die Richter. Hier sei jedoch der Mangel allein auf die Anordnungen des Bauherrn zurückzuführen. Deshalb müsse der Auftraggeber geradestehen für das, was er (bzw. seine Baufachleute) anordnete(n).

Ein vom Gericht beauftragter Experte bestätigte, dass der Handwerker entsprechend den VDI-Richtlinien und den anerkannten Regeln der Technik gearbeitet hatte. Die Mischinstallation von Stahl- und Aluminiumheizungen verursache Korrosion, erklärte der Experte. Das habe seinerzeit aber noch niemand gewusst, gesichertes Wissen darüber existiere erst seit kurzem.

Aufgrund dieser Aussage ging der Heizungsbauer als Sieger aus dem Prozess hervor. Der Auftragnehmer dürfe sich auf das Leistungsverzeichnis des Auftraggebers verlassen, urteilten die Richter. Nach dem damaligen Stand des Fachwissens habe der Installateur gegen Aluminiumheizkörper keine Bedenken anmelden müssen. Wenn der Bauherr bestimmtes Material verbindlich vorschreibe, hafte der Auftragnehmer nicht für Materialfehler und deren Folgen.