Handel und Gewerbe

Autowaschanlage: Sonntags nie

Muss die Anlage am Sonntag geschlossen bleiben, gilt das auch für den Hochdruckreiniger

Die Gemeinde Rastede hatte dem Inhaber einer Autowaschanlage den Betrieb an Sonn- und Feiertagen rund um die Uhr verboten. In dem Bescheid der Kommune stand auch, dass der Geschäftsmann ein Zwangsgeld von 750 Euro zahlen müsse, wenn er gegen das Verbot verstoßen sollte. Da zwei einschlägige Anzeigen gegen ihn eingingen, verhängte die Stadt die angedrohte Sanktion und forderte 1.500 Euro.

Der Mann erhob Einspruch und beteuerte, er habe die Anlage nicht in Gang gesetzt. Vielmehr hätten zwei Kunden an einem Sonntag ihre Fahrzeuge mit dem Hochdruckreiniger auf dem Vorwaschplatz gereinigt. Und das sei notwendig gewesen, weil Räder und Bremsen stark verschmutzt waren.

Mit dieser Entschuldigung kam der Geschäftsmann beim Verwaltungsgericht Oldenburg nicht davon, es verurteilte ihn zu zahlen (12 B 970/10). Ein Hochdruckreiniger diene der groben Vorreinigung der Fahrzeuge und sei Bestandteil der Autowaschanlage, stellten die Richter trocken fest. Das Sonntagsverbot gelte daher auch für den Hochdruckreiniger.

So arg verschmutzt könnten Autos gar nicht sein, dass es gerechtfertigt wäre, deshalb am Sonntag den Hochdruckreiniger anzuwerfen. Kunden, die aus diesem Grund um die Betriebssicherheit ihrer Fahrzeuge fürchteten, könnten Räder und Bremsen problemlos an Tankstellen mit Wasser und Schwamm reinigen.

Die Bundesagentur für Arbeit ...

... muss Bordellbetreibern keine Prostituierten vermitteln

Ein Bordellbetreiber wurde beim regionalen Jobcenter vorstellig: Bisher arbeiteten "seine Mädchen" als Selbständige, erklärte der Mann. Künftig wolle er jedoch reguläre Arbeitsverhältnisse schaffen, also Arbeitsverträge schließen und Sozialversicherungsbeiträge abführen. Die Bundesagentur für Arbeit sollte ihm Prostituierte vermitteln. Die Bundesagentur lehnte diesen Auftrag ab, weil er gegen die guten Sitten verstoßen würde.

Mit seiner Klage gegen die Bundesagentur scheiterte der Bordellbetreiber beim Bundessozialgericht (B 11 AL 11/08 R). Es treffe zwar zu, dass die Prostitution - seit dem Inkrafttreten des "Prostitutionsgesetzes" - nicht mehr als sittenwidrig bewertet werde, räumte das Gericht ein. Daraus sei aber keine Verpflichtung für die Bundesagentur für Arbeit abzuleiten, in diesem Bereich Arbeitsvermittlung anzubieten.

Aktiv das Zustandekommen von derartigen Arbeitsverhältnissen zu fördern, widerspräche der Wertordnung des Grundgesetzes. Mit der Menschenwürde seien sexuelle Dienstleistungen nicht zu vereinbaren. Prostitution sei noch lange kein "Beruf wie jeder andere", auch wenn das Prostitutionsgesetz den Schutz für die Frauen verbessert und ihnen den Zugang zur Sozialversicherung eröffnet habe. Es wäre eine Zumutung, wenn Arbeitslose im Jobcenter ungewollt mit derartigen Stellenangeboten konfrontiert würden.

Nichts Bares bei Ryanair ...

Zusätzliche Gebühren für Kartenzahlung zu erheben, ist unzulässig

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wandte sich gegen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen von Ryanair: Die Fluggesellschaft akzeptierte für Tickets oder bei der Bezahlung von Gebühren für Übergepäck etc. kein Bargeld - wegen erhöhter Verwaltungskosten. Bei Zahlung mit Kreditkarte wurden pro Fluggast und einfachen Flug vier Euro Gebühr fällig, mit Zahlungskarte 1,50 Euro.

Diese Klauseln benachteiligten die Fluggäste unangemessen, kritisierte der Bundesverband. Die Airline dürfe sie nicht mehr verwenden. Nur in Bezug auf die Kreditkartengebühr bekamen die Verbraucherschützer vom Bundesgerichtshof Recht (Xa ZR 68/09).

Dass die Fluggesellschaft ihre Betriebsabläufe rationell gestalten wolle, sei nicht zu beanstanden, so die Bundesrichter. Barzahlung auszuschließen, sei deshalb durchaus angemessen. Immerhin biete Ryanair ihre Leistungen fast nur "Online" an. Im Fernabsatz wäre Barzahlung für beide Parteien mit erheblichem Aufwand verbunden.

Unzulässig sei es dagegen, für das Zahlen mit Karten eine Gebühr zu kassieren. Wenn ein Unternehmer eine Zahlung des Kunden entgegennehme, akzeptiere er die vertragsgemäße Gegenleistung für seine Leistung. Diese Zahlung müsse auf üblichem Weg und mit zumutbarem Aufwand möglich sein - ohne Extra-Gebühr. Gesetzliche Verpflichtungen müsse jeder erfüllen, ohne dafür gesondert Entgelt zu verlangen.

Streit um Honorar für Partner-Video

Verträge mit Video-Partnerportalen können Kunden jederzeit kündigen

Für Verträge mit Partneragenturen gilt, dass sie jederzeit ohne Begründung gekündigt werden können: Der Kunde muss dann nur einen Teil der Vergütung bezahlen. Die Partnervermittlungsagentur Video Partner Service (VPS) versucht, mit juristischen Winkelzügen diese verbraucherfreundliche Regelung auszuhebeln.

Die Agentur VPS deklarierte die Vereinbarung über einen Teil ihrer Leistung - die Videoaufnahme eines Interviews mit dem Kunden - als Werkvertrag. Beim Werkvertrag ist nach einer Kündigung prinzipiell der vereinbarte Lohn in voller Höhe zu zahlen.

Kunde X hatte an die VPS 4.750 Euro Honorar gezahlt. Der Betrag setzte sich so zusammen: 25 Prozent für das Vorgespräch mit X (1.187 Euro), 50 Prozent für das Drehen des Videos (2.375 Euro) und wieder 25 Prozent für die Eingliederung des Interviews in die Videobibliothek der Agentur. Als Herr X den Partnerschaftsvermittlungsvertrag kündigte, wollte VPS 2.375 Euro für das Video behalten.

Damit fand sich X allerdings nicht ab. Er verklagte die Agentur und bekam vom Bundesgerichtshof Recht (III ZR 93/09). Die von VPS vorgenommene Aufteilung der Leistung sei künstlich, entschieden die Bundesrichter. Verträge mit Video-Partnerschaftsportalen seien - wie alle Partnerschaftsvermittlungsverträge - als Dienstverträge höherer Art zu behandeln: Ihr Sinn und Zweck liege für die Kunden darin, einen Partner fürs Leben zu finden.

X habe daher den Vertrag mit VPS fristlos kündigen dürfen. Für das Erstellen des Videos könne VPS 337,50 Euro veranschlagen und behalten. Ansonsten müsse die Agentur Herrn X das Honorar zurückzahlen.

"Karneval ohne Kostüm ist wie Bläck ohne Fööss"

Kostümhändler verwendet unbefugt den Namen der Musikgruppe "Bläck Fööss" für Reklame

Im Schaufenster und in Zeitungsanzeigen warb ein Kölner Kostümhändler für sein Angebot mit dem Werbespruch: "Karneval ohne Kostüm ist wie Bläck ohne Fööss". Allerdings hatte der Geschäftsmann keine Erlaubnis der Musiker, ihren Namen für Reklame zu benutzen.

Die Karnevals-Musikgruppe "Bläck Fööss" singt auf "Kölsch" und ist im Rheinland sehr bekannt. Wegen unbefugter Verwertung ihres Namens verklagten die Musiker den Händler auf Schadenersatz: Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab ihnen Recht und setzte eine (so genannte fiktive = nachträglich zu leistende) Lizenzgebühr von 10.961 Euro fest (6 U 9/10).

Dass der rheinische Karneval jedes Jahr die ganze Region bewege, stehe fest, so das OLG. Das stelle aber keinen Freibrief für die Anbieter von Karnevalsartikeln dar, die Namen bekannter Karnevalisten oder im Karneval auftretender Musikgruppen ungefragt für Reklame zu instrumentalisieren.

Um den Absatz seiner Kostüme zu befördern, habe der Händler die Bekanntheit und das positive Image der Musikgruppe ausgenutzt. Nur die Musiker und niemand sonst entscheide jedoch darüber, ob, wie und wofür ihr Name zu Werbezwecken verwendet werde. Wer damit Geld verdienen wolle, müsse auch Lizenzgebühr zahlen. (Die Musikgruppe hat die Lizenzgebühr der Obdachlosenhilfe gespendet.)

AGB-Klausel eines Fertighausanbieters

Er darf vor dem Baubeginn vom Bauherrn die Bürgschaft eines Kreditinstituts verlangen

Ein Verbraucherschutzverein beanstandete die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Fertighausanbieters. Sie enthielten eine Klausel, nach der private Bauherren verpflichtet waren, spätestens acht Wochen vor dem geplanten Baubeginn die unbefristete Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe des vereinbarten Gesamtpreises vorzulegen. So wollte das Unternehmen seine Ansprüche gegen die Bauherren absichern.

Der Bundesgerichtshof hatte gegen die AGB-Klausel keine Bedenken und wies die Klage der Verbraucherschützer ab (VII ZR 165/09). Wenn man die Interessen beider Parteien des Bauvertrags umfassend beurteile, könne nicht die Rede davon sein, dass die Bauherren durch die Klausel unangemessen benachteiligt würden, entschieden die Bundesrichter.

Zwar müssten die Auftraggeber die Kosten der Bürgschaft tragen. Das falle aber angesichts der übrigen Kosten nicht ins Gewicht. Auf der anderen Seite habe der Fertighausanbieter ein legitimes Interesse daran, seine Forderungen abzusichern. Schließlich finanziere er den Bau vor, dieses Risiko sei beträchtlich. Und gesetzliche Regelungen, die ihn absicherten, gebe es nicht.

Bordell "Laufhaus" wird nicht genehmigt

Berliner Stadtviertel würde dadurch an Attraktivität verlieren

Eine Berliner GmbH beantragte beim städtischen Bezirksamt eine Baugenehmigung für ein Bordell: Das so genannte "Laufhaus" mit 48 Zimmern sollte an der Kurfürstenstraße/Ecke Potsdamer Straße in Berlin-Schöneberg entstehen, über einem Erotik-Kaufhaus und Erotik-Kino. "Laufhaus" nennt man Bordelle, in denen Prostituierte Zimmer mieten, um bei geöffneter Tür auf Freier zu warten.

Die betreffende Berliner Gegend zählt ohnehin schon zu den "Vergnügungsvierteln" mit viel Rotlicht-Gewerbe: So hat sich dort neben dem Kino auch Berlins bekanntester Straßenstrich etabliert. Mit dem Argument, das "Laufhaus" werde die Prostitution auf der Straße verringern, versuchte die Firma dem Bezirksamt ihr Bordell "schmackhaft" zu machen. Doch die Behörde wies den Antrag ab.

Die Klage der GmbH gegen diesen Bescheid blieb beim Verwaltungsgericht Berlin erfolglos (VG 19 A 167/08). Da in dieser Gegend das Rotlicht-Gewerbe schon stark vertreten ist, befürchteten die Richter negative städtebauliche Wirkungen: Wenn ein weiteres großes Bordell dazu käme, drohte ein "Trading-Down-Effekt". Damit sei gemeint: Das Niveau und Attraktivität des Gebiets würden weiter sinken, dort ansässige Betriebe und Wohnbevölkerung würden womöglich abgestoßen und verdrängt.

Fußball-Managerspiel ...

... im Internet wurde als öffentliches Glücksspiel verboten

Das Internetspiel "bild.de Super-Manager" läuft parallel zur Saison der Fußballbundesliga: Die Mitspieler zahlen für die Teilnahme mit einer Mannschaft 7,99 Euro und kaufen - mit einem fiktiven Budget von einer Million Euro - einen eigenen Kader, bestehend aus Bundesliga-Fußballspielern.

Vor jedem Spieltag stellen die Teilnehmer "online" ihr Team auf. Werden "ihre" Fußballer auch real am Spieltag eingesetzt, wird deren Leistung anschließend von einer Expertenjury bewertet. Für Tore oder gewonnene Zweikämpfe gibt es Extra-Punkte. Der "Manager", der am Ende der Saison die meisten Punkte aufzuweisen hat, erhält den Hauptgewinn (100.000 Euro).

Die Regierung von Mittelfranken verbot das Fußball-Managerspiel als "öffentliches Glücksspiel". Hier entscheide nicht der Zufall über den Erfolg, sondern spielstrategische Fähigkeiten, konterte der Betreiber der Website. Die Teilnehmer erfüllten die Aufgaben von Trainern bzw. Managern (Auswahl der Mannschaft, taktische Formation, Transfer von Spielern). Das sei nicht mit Sportwetten vergleichbar und kein Glücksspiel.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Klage des Betreibers von "bild.de" gegen das Verbot ab (10 CS 10.453). Die Mitspieler könnten ihre Gewinnchancen nur geringfügig durch Fußballkenntnisse beeinflussen. Das Moment des Zufalls überwiege bei weitem: Der Verlauf des Gewinnspiels hänge wesentlich von künftigen Ereignissen an dem jeweiligen Bundesliga-Spieltag ab und sei darin dem Glücksspiel Toto vergleichbar.

Ob ein Fußballer am jeweiligen Spieltag wirklich eingesetzt werde, sei ungewiss, ebenso, wie seine Leistung nach "vagen und subjektiven Kriterien" von der Jury beurteilt werde. Weder die Ereignisse, noch die Bewertung könnten annähernd eingeschätzt werden. Ob der Teilnehmer mit seiner Strategie Erfolg habe, sei also sehr wohl Glückssache. Das Internetspiel "Super-Manager" sei daher zu Recht als öffentliches Glücksspiel untersagt worden.

Unwirksame AGB eines Reiseunternehmens

Flug storniert: Kundin sollte 91 Prozent des Reisepreises als Stornogebühr zahlen

Über ein Internetportal buchte eine Kundin für 280,34 Euro einen Flug (der erst Monate später stattfinden sollte). Per Mail bestätigte das Reiseunternehmen den Auftrag. Um sicherzugehen, versandte die Kundin ein paar Minuten später eine Mail an die Adresse, die in der Auftragsbestätigung angegeben war. Daraufhin kam eine Fehlermeldung. Deshalb hinterließ die Kundin in einer Art "Briefkasten" auf der Website die Nachricht, sie wolle "diesen Auftrag sofort stornieren".

Das Reiseunternehmen stellte ihr eine Stornogebühr von 256,66 Euro in Rechnung. Dagegen wehrte sich die Kundin erfolgreich: Das Amtsgericht Bonn erklärte die Stornoklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseunternehmens für unwirksam (101 C 3385/09). Da die Kundin vom Reisevertrag zurückgetreten sei, verliere das Unternehmen den Anspruch auf den Reisepreis, so das Gericht. Es könne aber eine Entschädigung verlangen.

Die müsse in einem angemessenen Verhältnis zum Reisepreis stehen: Eine Pauschale sei nur als "Prozentsatz" vom Reisepreis zulässig. Das Reiseunternehmen fordere derzeit eine fixe, vom Reisepreis unabhängige Stornopauschale (100 Euro pro Buchung), was unzulässig sei. Sie führe dazu, dass Kunden wesentlich mehr bezahlen müssten als durch die Stornierung an Schaden entstehe - im konkreten Fall betrage die Stornogebühr stolze 91 Prozent des Reisepreises!

Das benachteilige die Kunden unangemessen und widerspreche dem Prinzip von Treu und Glauben. Außerdem sei hier fraglich, ob überhaupt ein Schaden entstanden sei: Warum es dem Reiseunternehmen Monate vor dem Abflugtermin nicht möglich gewesen sein sollte, die stornierte Reiseleistung anderweitig zu verkaufen, sei nicht nachvollziehbar.

Streit um Telefonrechnungen

Wer Rechnungsbeträge ohne Widerspruch abbuchen lässt und weiter telefoniert, schließt damit einen Vertrag

Die Eheleute waren Kunden der Deutschen Telekom. Rechnungen eines anderen Telefondienstleisters, über dessen Vorwahl sie telefonierten, wurden ihnen ebenfalls zugeschickt. Drei Mal wurden die Rechnungsbeträge vom Bankkonto der Kunden abgebucht. Erst bei der vierten Rechnung (221 Euro) legten sie Einspruch ein: Mit diesem Telefonanbieter hätten sie nie einen Telefondienstleistungsvertrag geschlossen, der sei ihnen gar nicht bekannt.

Wenn ein Kunde nach dem Erhalt dreier Telefonrechnungen weiter telefoniere, habe er einen Vertrag geschlossen, erklärte das Amtsgericht Sangershausen, und zwar durch die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen (1 C 76/09). Das Ehepaar könne sich nicht darauf berufen, sein Bankkonto aus Nachlässigkeit nicht kontrolliert zu haben.

Wenn jemand Abbuchungen akzeptiere, verstehe der Empfänger des Betrages das genau so, als hätte der Kunde den Rechnungsbetrag überwiesen: Damit akzeptiere er die Rechnungen für Leistungen des Telefonanbieters. Die Kunden hätten telefoniert, ohne sich um den Anbieter zu kümmern, so der Amtsrichter. Es sei ihnen gleichgültig gewesen, wessen Leistungen sie nutzten. Also könnten sie die Zahlung auch nicht mit dem Argument ablehnen, der Anbieter sei ihnen unbekannt.

Dass das Ehepaar auch Telekom-Kunde sei und deren Rechnungen beglichen habe, beweise nichts: Unabhängig von diesen Rechnungen könnten im gleichen Zeitraum durchaus Telefondienstleistungen anderer Anbieter genutzt worden sein. Für die Richtigkeit der Rechnungen sprächen die vom Telefondienstleister vorgelegten Einzelverbindungsnachweise.

Räucherlachs "aufgetaut"

Wenn der Fisch nach der Produktion erneut tiefgefroren wurde, muss der Handel darauf hinweisen

Die Gewerbeaufsicht (Landratsamt Schwäbisch Hall) beanstandete, dass in den Filialen einer Supermarkt-Kette ein "Räucherlachs Premium-Qualität" ohne die Angabe "aufgetaut" verkauft wurde. Diesen Hinweis schreibt die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung vor, wenn ein Lebensmittel gefroren war. Das Unternehmen zog vor das Verwaltungsgericht, um sich bestätigen zu lassen, dass die Information hier unnötig sei.

Begründung: Der auf Eis auf zwei Grad Celsius gekühlte Frischlachs werde zunächst kaltgeräuchert und dann auf minus zwölf Grad Celsius gekühlt. Anschließend werde er geschnitten. Der Lachs bleibe gefroren und werde bei Minus 18 Grad Celsius gelagert. Im Handel werde er dann schonend aufgetaut und verkauft. Der Verbraucher erwarte und bekomme eine einwandfreie Qualität.

Das überzeugte die Richter des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim nicht: Auch sie stuften den fehlenden Hinweis als Verstoß gegen die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung ein (9 S 1910/09). Ohne diese Angabe nehme der Verbraucher irrtümlich an, der Lachs sei nach dem Räuchern ohne Einfrieren direkt in den Laden gebracht worden. Für den Kaufentschluss der Verbraucher sei es wichtig, ob ein Räucherlachs tiefgefroren transportiert und gelagert wurde.

Italienische Regierung subventionierte Digitaldecoder

Satellitendecoder waren ausgeschlossen - dadurch wird der Zuschuss wettbewerbswidrig

Italien leitete vor einigen Jahren die Umstellung auf digitalen Fernsehempfang ein. Ein Haushaltsgesetz von 2004 gewährte jedem Verbraucher, der ein Gerät kaufte (oder mietete), mit dem er digital übertragene Fernsehsignale mit terrestrischer Antenne empfangen konnte, einen staatlichen Zuschuss von zunächst 150 Euro (später 70 Euro).

Satellitensender (Centro Europa 7 Srl, Sky Italia Srl) beschwerten sich darüber bei der EU-Kommission: Der Zuschuss sei eine unzulässige staatliche Beihilfe zugunsten von Bezahlfernsehen (genauer: von Kabelbetreibern und digitalen terrestrischen Sendern, die Pay-per-view-Dienste anbieten). Das verzerre den Wettbewerb, bestätigte die Kommission, weil die Vergünstigung für digitale Satellitendecoder nicht gelte. Italien solle die Beihilfe von den Empfängern zurückfordern.

Gegen diese Entscheidung der EU-Kommission rief Mediaset SpA, eine Anbieterin digitaler terrestrischer Programme, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Hilfe - allerdings ohne Erfolg (T-177/07). Die Fördermaßnahme der italienischen Regierung sei technologisch nicht neutral und verschaffe den digitalen terrestrischen Sendern einen indirekten Vorteil, stellte der EuGH fest.

Der Zuschuss bewirke eine Art Preissenkung für Digitaldecoder und beeinflusse so die Entscheidung preisbewusster Verbraucher, damit sie zur terrestrischen Digitaltechnik wechselten. Das stärke einseitig die Marktposition digitaler terrestrischer Sender zu Lasten der Satellitensender. Dadurch werde die staatliche Beihilfe unzulässig.

Internetnutzer verklagte die Telekom AG

Datenschutz: Telefonanbieter müssen IP-Adressen nicht sofort löschen

Internetsurfer X hatte bei der Telekom AG einen Vertrag nach dem "T-Online dsl flat-Tarif". Dass das Unternehmen die - dem Kunden zur Internetnutzung zugeteilten - IP-Adressen nach dem Versand der Monatsrechnung noch 80 Tage speicherte, hielt der Kunde für rechtswidrig.

Das sei ein Datenschutz-Skandal, meinte er: Über IP-Adressen könne man das Nutzerverhalten von Internetsurfern ausspähen und Rückschlüsse auf deren Persönlichkeit ziehen. X verlangte, die IP-Adressen immer sofort zu löschen, wenn eine Internetverbindung beendet wurde. Dazu sei die Telekommunikationsanbieterin verpflichtet, um seine Daten zu schützen und seine Privatsphäre zu wahren.

2007 einigte sich die Telekom mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz darauf, die Daten nur noch sieben Tage zu speichern. Auch damit war X noch nicht zufrieden. Das Oberlandesgericht Frankfurt stellte sich in diesem Streit allerdings auf die Seite der Telekom AG (13 U 105/07).

Das Bundesverfassungsgericht habe nicht einmal ansatzweise bezweifelt, dass Telefon- und Internetdiensteanbieter die einschlägigen Daten speichern dürften. IP-Adressen gehörten zu den Daten, welche die Anbieter bräuchten, um mit ihren Kunden abzurechnen. Würden sie die Adressen immer sofort löschen, wäre das unmöglich. Außerdem benötigten die Unternehmen diese Daten, um einen relevanten Teil von Störungen und Fehlern an Telekommunikationsanlagen zu erkennen und zu beseitigen.

(P.S.: Der Gesetzgeber arbeitet derzeit an neuen Vorschriften zur Datenspeicherung durch die Telekommunikationsdienste im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Darin wird wohl auch eine Frist für die Dauer der Speicherung allgemein verbindlich festgelegt werden.)

Tarifvergleich in der Werbung

Telekommunikationsdienstleister muss auf unterschiedlich lange Vertragslaufzeiten hinweisen

Telekommunikationsdienstleister A warb für eines seiner Angebote mit einem Preisvergleich. Er stellte seinem Angebot das Produkt von Dienstleister B gegenüber. In einer Fußnote wies A darauf hin, dass bei seinem Angebot eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten galt. Dass Kunden bei B den Vertrag für nur ein Jahr abschließen konnten, wurde nicht erwähnt.

B zog gegen die Reklame deshalb gerichtlich zu Felde und klagte auf Unterlassung. Beim Oberlandesgericht (OLG) Köln setzte sich Unternehmen B durch (6 U 194/09). Ein Preisvergleich in der Werbung müsse die Verbraucher über alle wesentlichen Eigenschaften der Produkte und damit auch über ihre Unterschiede informieren, so das OLG.

Welche Dienstleistungen die Kunden für die gegenübergestellten Preise genau erhalten, müsse dem Vergleich zu entnehmen sein. Dazu zähle natürlich auch die Mindestvertragslaufzeit. Verbraucher seien im Telekommunikationsbereich an möglichst kurzen Vertragslaufzeiten interessiert, weil sich die Angebote schnell veränderten - aus Sicht der Verbraucher oft verbesserten. Da könne sich eine langfristige Bindung als hinderlich erweisen.

So eine zentrale Information dürfe die Reklame also nicht unterschlagen. Eine Fußnote, die nur die eigene Mindestvertragslaufzeit angebe, erwecke bei den Adressaten der Werbung den falschen Eindruck, die zwei Angebote seien in diesem Punkt identisch. Damit werde der Preisvergleich irreführend.

"110-jährige Möbeltradition"

1992 gegründetes Möbelhaus darf sich nicht mit diesem Gütesiegel schmücken

Ein niedersächsisches Möbelhaus feierte das angebliche "Jahrhundert-Jubiläum" mit vielen Sonderangeboten und rühmte sich in zahlreichen Werbeblättchen und Zeitungsinseraten seiner "110 Jahre alten Familientradition" bzw. "Möbeltradition". Ein Wettbewerbsverein verlangte vom Unternehmen, diese Reklame zu unterlassen: So lang bestehe es doch noch gar nicht.

Im Prinzip sei diese Art von Werbung zulässig, erklärte das Oberlandesgericht Oldenburg, die auf den langen Bestand und Erfolg eines Unternehmens hinweise (1 W 12/10). Denn damit werde eine besondere unternehmerische Leistung hervorgehoben. Aber stimmen müsse der Hinweis natürlich schon. Denn er stehe für besondere Qualität, so eine Aussage könne die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen.

Im konkreten Fall sei die Reklame irreführend: Das werbende Möbelhaus sei erst 1992 gegründet worden und könne damit gerade nicht auf eine 110-jährige Geschichte zurückblicken. Dass es möglicherweise eine solche Tradition in der Familie der Gesellschafter gebe (oder bei einem anderen, von Familienmitgliedern geführten Geschäft), rechtfertige die Werbung mit 110-jähriger Tradition nicht.

Zerkratzter Mercedes-Stern

Der Betreiber einer Waschanlage haftet für Schäden, wenn er die Anlage nicht ausreichend warten und kontrollieren ließ

Der Pächter einer Tankstelle hatte die automatische Waschanlage 2006 angeschafft. Im Sommer 2007 war ein kleiner Defekt repariert worden. Die zu diesem Zeitpunkt eigentlich anstehende, erste umfassende Wartung und Kontrolle der Anlage wurde allerdings nicht durchgeführt.

Ein Mercedes-Fahrer reklamierte nach dem Waschvorgang, der Lack um den Mercedes-Stern herum sei völlig verkratzt. Der Pächter weigerte sich, Schadenersatz zu leisten: Der Stern sei wohl unsachgemäß angebracht, die Waschanlage jedenfalls in Ordnung. Damit kam der Anlagenbetreiber vor Gericht nicht durch: Denn ein Sachverständiger erläuterte, der Schaden sei auf eine Fehlfunktion der Waschanlage zurückzuführen.

Das Landgericht Duisburg verurteilte den Tankstellenpächter dazu, dem Mercedesbesitzer 799 Euro Reparaturkosten zu ersetzen (11 S 98/09). Er müsse seine Anlage so organisieren und warten, wie dies nach dem Stand der Technik möglich und zumutbar sei, um Schäden an Fahrzeugen zu vermeiden. Wenn dennoch eine Fehlfunktion der Waschanlage einen Schaden verursache, könne sich der Anlagenbetreiber nur entlasten, wenn er ausreichende Bemühungen um Kontrolle und Wartung belege.

Das sei im konkreten Fall nicht gelungen. Welche Vorgaben des Herstellers in Sachen Kontrolle und Wartung der Tankstellenpächter wie umgesetzt habe, sei offen geblieben. Dass die Fehlfunktion am Proportionalregler auch im Rahmen einer umfassenden Wartung nicht gefunden worden wäre und der Schaden am Mercedes trotzdem entstanden wäre, habe der Pächter zwar behauptet. Dieses Argument sei durch den Sachverständigen aber entkräftet worden. Somit sei vom Verschulden des Pächters auszugehen.

Vorrat an Aktionsware ...

... in Supermärkten muss für mindestens zwei Tage reichen!

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beanstandete die Sonderverkaufs-Aktion eines Einzelhandelskonzerns: Mehrere der Artikel, für die groß die Reklametrommel gerührt worden sei, hätten die Kunden schon am frühen Morgen des ersten Verkaufstags nicht mehr bekommen können. Zum Beispiel sei ein Luftbett schon fünf Minuten nach Öffnung der Filiale vergriffen gewesen. Ein Handy aus dem Sortiment der Sonderangebote hätten nicht einmal Kunden kaufen können, die schon vor der Ladenöffnung in der Warteschlange standen.

Werbung für Aktionsware sei irreführend, entschied das Landgericht Wiesbaden, wenn die Ware nicht in angemessener Menge vorrätig sei (7 O 373/04). Ein Supermarkt müsse Sonderangebote in seinen Filialen mindestens zwei Tage lang vorrätig haben. Das gelte zumindest dann, wenn in Anzeigen und Reklameblättchen ein bestimmter Verkaufsbeginn angekündigt, aber nicht deutlich auf ein begrenztes Angebot hingewiesen werde.

Ein Sternchenhinweis des Inhalts, dass die Artikel nur vorübergehend und nicht in allen Filialen erhältlich seien, genüge nicht. Wenn Sonderangebote schon am ersten Tag oder sogar in den frühen Morgenstunden des ersten Tages ausverkauft seien, spreche das dafür, dass das Unternehmen falsch kalkuliert habe. Diesen Vorwurf hätte es nur durch den Beweis entkräften können, dass die Nachfrage nach den beworbenen Artikeln ganz außergewöhnlich und nicht vorhersehbar war.

Ehekrise im Reitstall: Reitlehrer weg

Reitanfänger darf aus diesem Grund den Mitgliedsvertrag kündigen

Herr T meldete sich im Frühjahr 2008 für Reitstunden an. Er schloss mit den Inhabern des Reitstalls, einem Ehepaar, einen Mitgliedsvertrag für ein Jahr. Bald darauf brach im Reitstall die große Ehekrise aus: Der Ehemann und Reitlehrer von Herrn T verließ (nicht "nur" seine Frau, sondern) mit sechs Pferden das Unternehmen und gründete einen eigenen Reitstall.

Daraufhin kündigte Herr T den Vertrag und zahlte keine Mitgliedsbeiträge mehr. Schließlich sei es ihm besonders auf die Reit- und Turniererfahrung des Lehrers angekommen, der ihn schon während des Probemonats unterrichtet und auf Ausritten begleitet habe. Da habe sich ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt. Bei Vertragsschluss habe man ihm die Betreuung durch diesen Lehrer zugesichert und versprochen, er könne immer auf den von ihm bevorzugten Pferden Max oder Moritz reiten. Nun habe der Lehrer diese Tiere mitgenommen.

Die Inhaberin des Reitstalls wies die Kündigung zurück: Sie verfüge über die gleichen Kenntnisse wie ihr Ehemann und habe weitere qualifizierte Reitlehrer unter Vertrag. Von daher gebe es keinen vernünftigen Grund zu kündigen. Vergeblich klagte die Geschäftsfrau die ausstehenden Mitgliedsbeiträge ein: Das Amtsgericht München erklärte die fristlose Kündigung für wirksam (275 C 24038/08).

Für einen Reitanfänger spiele die persönliche Betreuung eine wichtige Rolle, so die Richterin. Es sei gut nachvollziehbar, dass es Herrn T - nach der fachlichen Anleitung während des Probemonats - sehr darauf ankam, weiterhin Reitstunden vom Ehemann zu bekommen. Er müsse sich nicht zehn Monate lang auf Lehrer einlassen, zu denen er nicht das gleiche Vertrauen habe.

Für die Inhaberin sei dies zwar ein finanzieller Nachteil, doch das sei ihr Geschäftsrisiko. Herr T habe darauf gesetzt, weiterhin wie vereinbart mit dem vertrauten Lehrer und den gewohnten Pferden reiten zu können. Wenn diese Zusage, wenn auch ohne Verschulden der Reitlehrerin, nicht einzuhalten sei, dürfe sich der Kunde vom Mitgliedsvertrag lösen.

Vorderschinken-teile

Schriftgröße von Produktbezeichnungen muss einheitlich sein

Bei Betriebsprüfungen in Kasseler Lebensmittelbetrieben stießen städtische Kontrolleure auf das Produkt "Spalla Cotta, Deutsches Erzeugnis aus Vorderschinkenteilen" eines Lieferanten aus Norderstedt. Es sei irreführend gekennzeichnet, beanstandeten die Lebensmittelprüfer.

Vergeblich versuchte der Hersteller, die Stadt per Gerichtsverfahren zu einem Widerruf zu zwingen. Das Etikett des Produkts sei geeignet, die Verbraucher zu täuschen, urteilte das Verwaltungsgericht Kassel (5 L 208/10.KS).

Das Wort "Vorderschinkenteile" sei getrennt und der letzte Wortbestandteil "-teile" deutlich kleiner geschrieben. Bei oberflächlichem Hinsehen erwecke dies auch bei einem verständigen Verbraucher den Eindruck, es handle sich bei der Ware um natürlich gewachsenen Vorderschinken. In Wahrheit sei es ein Erzeugnis minderer Qualität mit einem Fleischanteil von nur 54 Prozent.

Um solche Irrtümer beim Verbraucher zu vermeiden, müssten Produktnamen in gleichbleibender Schriftgröße aufgedruckt werden. Zusammengesetzte Fleischstücke seien als solche zu kennzeichnen, um Verwechslungen mit gewachsenem Fleisch auszuschließen: z.B. als "Formfleisch-Schinken" oder als "Schinken, zusammengefügt aus Fleischstücken" oder als "Formfleisch-Rouladen" etc.

Zuhälterring drangsaliert Prostituierte

Das ist strafbar, auch wenn die Frauen "freiwillig auf der Straße arbeiten"

Aus dem Gefängnis heraus dirigierte C einen Teil der Berliner Straßenprostitution. Mehrere "Mitarbeiter" überwachten in seinem Auftrag 16 Prostituierte, die nur in einer bestimmten Pension arbeiten durften. Standplätze, Sexualpraktiken, Arbeitszeit und Vergütung der Damen waren genau festgelegt. Pro Tag mussten sie ein Standgeld von 30 Euro an die Pension zahlen, zusätzlich Zimmermiete und Strafgeld für Verstöße wie z.B. "Zuspätkommen".

C war vom Landgericht Berlin deswegen zu einem weiteren Jahr Gefängnis verurteilt worden. Zu viel, fand der Bundesgerichtshof, und verwies die Sache ans Landgericht zurück (5 StR 328/09). Miete festzulegen und andere Leistungen wie der Schutz vor zudringlichen Freiern, beeinträchtigten die Frauen nicht in ihrer Selbstbestimmung, sondern ermöglichten ihre "Arbeit", betonten die Richter. Das sei gemäß Prostitutionsgesetz nicht mehr strafbar.

Doch das den Frauen auferlegte Regelwerk beschneide die Freiheit der Prostituierten: Das sei ein "Regime" der Zuhälter zum Nachteil der Prostituierten. Standgeld und willkürliche Strafgelder für "Verstöße" machten die Frauen finanziell abhängig und hätten sie zur Arbeit gezwungen: Wer z.B. "wegen Unwohlseins" zu früh aufhörte, habe dafür zahlen müssen. Das sei sittenwidrig. Engmaschige Kontrolle habe dafür gesorgt, dass "das Gesamtsystem" im Interesse des Zuhälterrings funktionierte.