Handel und Gewerbe

Die umgekippte Bierbank

Ein Biergartenbesucher verletzt sich beim Sturz, erhält aber keine Entschädigung

Im Sommer 2021 besuchte ein Münchner mit Lebensgefährtin und Tochter einen Biergarten. Als die Tochter aufstand, die neben ihm auf der Bierbank saß, kippte plötzlich die Bank mit dem Vater um. Er fiel gegen einen Baum, schürfte sich die Arme auf und erlitt einige Prellungen. Vom Gastwirt forderte der Mann Schadenersatz für die Arztkosten und 500 Euro Schmerzensgeld.

Immerhin habe er sich ärztlich behandeln lassen und vier Wochen lang starke Schmerzen aushalten müssen, betonte er. Die Bierbank sei nur umgefallen, weil die Bodendielen an der hinteren Seite der Bierbank zu kurz gewesen seien und der Standbügel der Bank daher fünf Zentimeter in der Luft stand. Der Gastwirt und sein Personal müssten für sicheren Stand der Bierbänke sorgen.

Das sei selbstverständlich geschehen, erklärte der Gastwirt. Die Belegschaft schaue immer wieder nach den Bierbänken und stelle sie richtig auf. Oft würden sie aber von Gästen verstellt. Im Zweifel müssten die nächsten Gäste die Bierbänke dann halt selbst zurechtrücken. Das Amtsgericht München gab dem Gastwirt Recht: Dass Nachlässigkeit von seiner Seite zu dem Missgeschick geführt habe, sei nicht bewiesen (159 C 18386/21).

Wenn die Bank teils auf Dielen, teils auf Schotter stehe, sei sie wohl wacklig. Das könne man dem Gastwirt vorwerfen — aber nur, wenn die Bank wirklich unsicher gestanden habe, als sie umkippte. Letztlich habe jedoch kein Zeuge, auch nicht die Tochter, konkrete Angaben zum Stand der Bierbank machen können. Nicht einmal der Verletzte selbst habe behauptet, er sei völlig sicher, dass die Bierbank nicht vollständig auf den Dielen gestanden habe.

Der Schichtleiter des Gastwirts habe angegeben, um 15 Uhr habe das Personal alle Bänke und Biertische geordnet hingestellt. Wenn man berücksichtige, dass der Besucher mit seiner Familie schon um 16 Uhr in den Biergarten gekommen sei, sei es doch eher unwahrscheinlich, dass die Bierbank in der Zwischenzeit "verrutscht" wurde. Dass der Biergartenbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, stehe nicht fest: Nur dann hätte der Verletzte Anspruch auf Entschädigung.

Möbelhaus liefert defekte Möbel

Lässt die Käuferin den angebotenen Austausch nicht zu, muss sie den restlichen Kaufpreis zahlen

Eine Münchnerin kaufte in einem großen Möbelhaus ein Bett, einen Schrank und kleinere Gegenstände zum Gesamtpreis von 1.764 Euro. Ungefähr die Hälfte des Betrags zahlte sie an, den Restbetrag sollte bei der Lieferung entrichten. Als Monteure des Einrichtungshauses die Möbel bei der Käuferin aufbauten, stellte sich heraus, dass im Schrank Böden gebrochen waren. Das Bettgestell war verkratzt, der Kopfteil hatte einen Riss. Die Kundin zahlte nicht und verlangte den Austausch der kaputten Möbel.

Das Möbelhaus erklärte sich dazu sofort bereit. Als die Monteure wieder kamen, erwähnte einer von ihnen, nach dem Austausch werde der restliche Kaufpreis fällig. Diese Bemerkung fand die Käuferin so unverschämt, dass sie die Mitarbeiter des Verkäufers aus der Wohnung warf — mitsamt den neuen Möbeln.

Einige Tage später erschienen sie wieder und boten der Frau einen Einkaufsgutschein über 50 Euro für den Fall an, dass sie nun die Möbel austauschen könnten. Doch die Kundin ließ die Monteure nicht in die Wohnung, auch ein weiterer Versuch scheiterte.

Daraufhin forderte das Möbelhaus den ausstehenden Betrag auf dem Klageweg: Man habe der Käuferin mehrmals angeboten, die Ware gegen intakte Möbel auszutauschen. Da sie dies grundlos verhindert habe, entfalle ihr Recht, den Restbetrag zurückzuhalten.

Sie habe keine einwandfreie Ware bekommen und müsse daher auch den Kaufpreis nicht vollständig zahlen, fand dagegen die Kundin. Vielmehr müsse das Möbelhaus die Anzahlung herausrücken. An den Möbeln habe sie sowieso kein Interesse mehr.

Das Amtsgericht München verurteilte die Käuferin zur Zahlung und klärte sie darüber auf, wie das Recht auf Nachbesserung funktioniert (112 C 10509/20). Da der Verkäufer mangelhafte Möbel geliefert habe, könne sie als Kundin wählen zwischen der Reparatur der gelieferten Ware oder einer Ersatzlieferung einwandfreier Ware. Sie habe sich für die zweite Möglichkeit entschieden und verlangt, die Möbel auszutauschen. Doch das Möbelhaus habe drei Mal vergeblich versucht, neue Möbel zu liefern.

Der Verkäufer habe das Recht, die mangelhafte Ware "nachzubessern" bzw. auszutauschen - der Käufer müsse ihm dazu Gelegenheit geben. Ein enttäuschter Käufer dürfe sich also nicht darauf beschränken, den Verkäufer zur Erfüllung des Vertrags aufzufordern, sondern er/sie müsse dabei mitwirken. Im konkreten Fall hätte das bedeutet, die Monteure in die Wohnung zu lassen, um die Möbel auszutauschen. Das habe die Käuferin jedoch mehrmals verweigert und damit ihre Mitwirkungspflicht verletzt. Deshalb dürfe sie die Zahlung nicht mehr verweigern.

Irreführende Wiesn-Tischreservierung

Eventagentur bot "verbindliche Optionsreservierungen" für das Oktoberfest an

Drei Münchner Festzeltbetreiber (Augustiner, Bräurosl, Hofbräu) wehrten sich gegen die windige Geschäftemacherei einer Berliner Eventagentur. Sie verkaufte auf ihrer Webseite "oktoberfest-tischreservierungen.de" bereits Anfang des Jahres Tischreservierungen für das Oktoberfest 2022, als die Wirte selbst noch nicht mit dem Vorverkauf ihrer Plätze begonnen hatten. (Es stand noch nicht einmal fest, ob das Oktoberfest überhaupt stattfinden würde).

Die Agentur bot z.B. für das Augustiner-Festzelt eine Tischreservierung an: für zehn Personen am Sonntag, 18.9., zum Schnäppchenpreis von 3.120 Euro. Unter der Preisangabe stand: "vorrätig". Die Reservierungsunterlagen inklusive Verzehrgutscheine werde man "per Express" versenden.

Eine Internetseite weiter folgte in einem Kästchen diese Information: "Sie erwerben eine verbindliche Option auf Zuteilung der von Ihnen gewünschten Tischreservierung, da die Oktoberfest-Reservierungen von diesem Festzeltbetreiber erst im Laufe des Jahres vergeben werden".

Da sei von Tickets die Rede, kritisierten die Festzeltbetreiber, obwohl noch gar keine Tischreservierungen verfügbar seien. Deshalb sei das Angebot irreführend. Das "Optionsrecht" der Eventagentur beinhalte keine Tischreservierung mit Besuchsrecht in der Festhalle — darauf müsse die Agentur deutlich hinweisen. Das Landgericht München I entschied, die Agentur müsse den Ticketverkauf unterlassen. Andernfalls werde Ordnungsgeld fällig (4 HK O 1503/22 u.a.).

Option sei nur eine Art von Vorkaufsrecht, das müsse beim Angebot kenntlich sein. Stattdessen spiegle die Agentur im Internet den Interessenten vor, bereits im Besitz von Tischreservierungen mit Einlassunterlagen zu sein, die sie — zu deutlich überhöhten Preisen — an die Kunden weiterleiten könne. Sie verspreche (wenn der Käufer einen bestimmten Tisch zu einem bestimmten Datum anklicke) unterhalb der Preisangabe, die Tickets seien vorrätig und würden per Express verschickt.

Der so erweckte falsche Eindruck, Tickets seien sicher verfügbar, werde durch die Zusatzinformation unter der Überschrift "Optionserwerb" keineswegs korrigiert, im Gegenteil. Für den Verbraucher werde dadurch nicht klarer, was er für sein Geld von der Agentur bekomme. Die Formulierung "verbindliche Option" bestätige nur den Irrtum, er habe nun die Tickets sicher — weil verbindlich bestellt. Dabei habe die Eventagentur zum Zeitpunkt der Bestellung nicht gewusst, ob sie die Reservierungswünsche für das Oktoberfest werde erfüllen können.

Verbraucherkreditvertrag widerrufen

Die Bank muss die Kreditraten nur zurückzahlen, wenn der Kreditnehmer das kreditfinanzierte Auto zurückgibt

2014 hatte Autokäufer M einen Verbraucherkreditvertrag mit einer Bank abgeschlossen, den das Autohaus vermittelt hatte. Mit dem Darlehen von 22.335 Euro finanzierte er einen Neuwagen für 31.152 Euro — den restlichen Betrag brachte M selbst auf. Vier Jahre später widerrief er den Kreditvertrag und verlangte von der Bank, die bis dahin geleisteten Kreditraten zurückzuzahlen. Das Kreditinstitut könne den Wagen mit Schlüssel und Papieren bei ihm abholen, bot er an.

Darauf ließ sich die Bank nicht ein. M verkaufte das Fahrzeug und verklagte die Bank auf Rückabwicklung des Kreditvertrags. Das Landgericht Braunschweig wies die Klage ab: Die Zwei-Wochen-Frist für den Widerruf des Kreditvertrags sei sowieso abgelaufen. Sie habe sich auch nicht aufgrund von Fehlern in den Vertragsunterlagen verlängert: Der Verbraucher sei damals korrekt über sein Recht auf Widerruf informiert worden.

Die nächste Instanz, das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig, befasste sich gar nicht mehr mit der Frage, ob der Widerruf des Vertrags berechtigt war (4 U 36/21). Im Ergebnis habe das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen, so das OLG. Selbst wenn man unterstelle, dass M den Verbraucherkreditvertrag wirksam widerrufen habe, müsse die Bank die geleisteten Zins- und Tilgungsraten nicht zurückzahlen. Sie dürfe die Leistung nämlich verweigern, weil der Kreditnehmer das finanzierte Auto nicht zurückgegeben habe.

Wer eine Ware mit einem Verbraucherdarlehen finanziere, müsse die Ware herausgeben — sozusagen als Vorleistung —, wenn er den Darlehensvertrag widerrufe. Erst nach Rückgabe der Ware könne er vom Kreditgeber die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsraten verlangen.

Diese Rückgabepflicht erfülle der Kreditnehmer nicht, wenn er — wie Autokäufer M — das Kreditinstitut auffordere, den Wagen an seiner Adresse abzuholen. Wenn nichts anderes vereinbart worden sei, müsse der Verbraucher der Bank die kreditfinanzierte Ware am Firmensitz zurückgeben oder die Ware dorthin schicken.

Dressurreiterin rügt "Zungenstrecken" ihres Pferdes

Bietet der Verkäufer an, das Tier zur Behandlung abzuholen, steht ihr kein Transportkostenvorschuss zu

Für 12.000 Euro hatte die Dressurreiterin einen fünf Jahre alten Oldenburger Wallach gekauft. Bald darauf meldete sie sich beim Verkäufer und beanstandete, das Pferd strecke häufig die Zunge heraus. Mehrmals erklärte sich der Züchter bereit, das Tier abzuholen und den Zungenfehler zu behandeln. Darauf ließ sich die Käuferin jedoch nicht ein, weil sie den Transport zum Verkäufer selbst durchführen wollte. Dafür forderte sie von ihm einen Kostenvorschuss von 1.200 Euro.

Da der Verkäufer nicht zahlte, erklärte die Reiterin ca. ein Jahr später den Rücktritt vom Kaufvertrag. Eine Frist für die "Nachbesserung der Kaufsache" müsse sie ihm nun nicht mehr setzen, meinte sie: Denn der Verkäufer habe sich endgültig geweigert, den Kaufvertrag zu erfüllen. Die Käuferin zog vor Gericht und verlangte den Kaufpreis zurück sowie Schadenersatz für Stallmiete und Tierarztkosten.

Ihre Klage blieb in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) ohne Erfolg (VIII ZR 109/20). Die Reiterin sei nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, entschied der BGH. Zweifellos stelle das Zungenstrecken einen Sachmangel des Pferdes dar, auch wenn man dieses Verhalten behandeln könne. Die "Nachbesserung" sei aber nicht am Verkäufer gescheitert, sondern an der Käuferin.

Weil jeder Transport Stress für das Tier sei, habe die Reiterin zunächst gefordert, der Verkäufer müsse den Wallach bei ihr untersuchen. Das sei aber nicht erfolgversprechend. Der Züchter müsse erst einmal die Ursache des Zungenfehlers ermitteln. Trete das Verhalten gewohnheitsmäßig auf, könne es auch etwas länger dauern, dem Tier den Fehler abzutrainieren. Dazu müsse der Züchter das Pferd eine Weile in seiner Obhut haben. Zu Recht habe er deshalb auf dem Transport zum Reitstall bestanden.

Später habe die Reiterin ihre Zustimmung zum Transport von einem Transportkostenzuschuss abhängig gemacht. Der stehe ihr aber nicht zu, wenn der Verkäufer als günstigere Alternative anbiete, das Pferd kostenlos abzuholen.

Wenn ein Käufer Mängel rüge, sei er/sie verpflichtet, dem Verkäufer die Kaufsache am geeigneten Ort zur Verfügung stellen, damit dieser die Ursache klären und den Mangel beheben könne. Ansonsten entfalle - so wie im konkreten Fall - die Pflicht des Verkäufers, den Mangel zu beseitigen. Da die Käuferin selbst die Erfüllung des Vertrags vereitelt habe, bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Kohlenmonoxid-Vergiftung im Pub

Eine Shisha an Minderjährige abzugeben, verstößt gegen Jugendschutz-Vorschriften

Mit einer Freundin besuchte eine 17-Jährige eine Bar, um Shisha zu rauchen. Niemand fragte nach ihrem Alter, die Mädchen bekamen ohne Weiteres eine Shisha-Pfeife. Der 17-Jährigen bekam sie gar nicht gut: Sie erlitt eine Kohlenmonoxid-Vergiftung mit Atemnot und Schwindel, musste in eine Klinik eingeliefert werden. Da wurde die Jugendliche einige Tage stationär behandelt. Danach musste sie mehrmals zum Kardiologen, konnte monatelang kaum spazieren gehen — Sport zu treiben, war völlig unmöglich.

Von der Pub-Betreiberin forderte das Mädchen Schmerzensgeld: Ihre Mitarbeiter hätten weder nach ihrem Alter gefragt, noch erläutert, wie man mit einer Shisha richtig umgehe. Das Landgericht sprach der Jugendlichen 6.400 Euro Schmerzensgeld zu. Die Berufung der Barbesitzerin gegen das Urteil wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zurückgewiesen (6 U 148/21).

Ob der Bewirtungsvertrag mit der Minderjährigen wirksam zustande gekommen sei, könne hier offenbleiben, betonte das OLG. Unabhängig davon stelle es eine Pflichtverletzung dar, Jugendlichen in einem Lokal ohne Alterskontrolle den Konsum tabakhaltiger Produkte zu ermöglichen. Gastwirte und ihre Mitarbeiter seien verpflichtet, die Vorschriften des Jugendschutzes einzuhalten.

Das Verbot, in Gaststätten Tabakwaren oder andere nikotinhaltige Produkte an Kinder oder Jugendliche abzugeben und ihnen deren Konsum zu ermöglichen, gelte auch für Erzeugnisse wie elektronische Zigaretten oder Shishas.

Die Jugendliche habe im Pub einen Krampfanfall erlitten. Dass ihre Freundin keine derartigen Symptome zeigte, widerlege den Zusammenhang mit dem Konsum von Shisha nicht: Personen könnten darauf unterschiedlich reagieren: z.B., weil sie unterschiedlich stark an einer Shisha ziehen, weil ein anderer Schlauch eine andere Dosis Kohlenmonoxid freisetze oder einfach, weil sie Kohlenmonoxidbelastung unterschiedlich gut vertragen.

"Dieses Produkt schafft Arbeitsplätze bei UNS!"

Kunden sollten Ost-Produkte kaufen: Unauffälliger Werbehinweis ist ausnahmsweise zulässig

"Dieses Produkt schafft Arbeitsplätze bei UNS!" Mit diesem Hinweis warb ein Lebensmittelgeschäft in den neuen Bundesländern. Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu untersuchen, ob die Reklame als unlauterer Wettbewerb anzusehen ist (I ZR 44/93).

Grundsätzlich sei Wettbewerbswidrigkeit zu bejahen, wenn mit Werbung an soziales Verantwortungsgefühl oder Hilfsbereitschaft appelliert werde, dies aber überhaupt nicht mit dem Produkt in Verbindung stehe.

"Diese Produkt schafft Arbeitsplätze bei UNS!" deute jedoch zunächst nur auf die Herkunft der Waren aus den neuen Bundesländern hin. Zwar werden Kunden damit auf die schwierige wirtschaftliche Lage im östlichen Teil Deutschlands aufmerksam gemacht. Daran sollten sie beim Kauf denken und nicht nur an die Qualität der Produkte. Das wiege aber nicht so schwer, dass der Vorwurf unlauteren Wettbewerbs gerechtfertigt wäre.

Das "unmögliche" Tattoo

Wünscht die Kundin ein Tattoo an ungeeigneter Stelle, muss der Tätowierer sie darüber aufklären

Zum Vorgespräch hatte die Kundin ein Bild ins Tattoo-Studio mitgebracht, an dem sich der Tätowierer orientieren sollte: Sie wünschte sich eine farbige Pfauenfeder in der linken Ohrmuschel. Schwierig, meinte der Studio-Inhaber: Linien würden hier leicht verlaufen. Eine wirklich umfassende Information über die Probleme und Erfolgschancen so einer Tätowierung fand aber wohl nicht statt.

Darüber wurde später gestritten, denn das Tattoo missglückte nach Ansicht der Kundin "total": Es habe nicht annähernd so ausgesehen wie die vereinbarte Vorlage. Zwei Jahre später ließ die Frau sechs Laserbehandlungen über sich ergehen, um die Tätowierung zu entfernen. Vom Inhaber des Tattoo-Studios verlangte sie Schadenersatz für die Behandlungskosten und Schmerzensgeld. Zu Recht, entschied das sachverständig beratene Landgericht Osnabrück (7 O 2619/21).

Technisch sei das Tattoo einwandfrei ausgeführt, hatte die Sachverständige betont. Doch sei die Ohrmuschel generell für Tätowierungen und vor allem für so fein gezeichnete Motive wie eine Pfauenfeder völlig ungeeignet. So ein Motiv sei im Ohr durchzuführen, sei nahezu unmöglich. Die Farbpigmente würden hier nach kurzer Zeit verlaufen, die Linien mindestens um das Dreifache dicker werden.

Ein erfahrener und fachkundiger Tätowierer wie der Studio-Inhaber müsse das wissen und die Kundin deutlich darauf hinweisen, so das Fazit des Landgerichts. Bei einem Eingriff mit — wenn auch gewünscht — bleibenden Folgen wie einer Tätowierung müssten Kunden die Erfolgschancen einschätzen können. Daher hätte der Studio-Inhaber sich nicht mit dem vagen Hinweis auf verlaufende Linien begnügen dürfen.

Vielmehr hätte er der Kundin erläutern müssen, dass sich die Ohrmuschel für ein Tattoo nicht eigne und der Eingriff daher auf keinen Fall zum gewünschten Ergebnis führen werde. Bei umfassender Aufklärung hätte die Kundin sicher von dem Auftrag "Abstand genommen". Der Tätowierer müsse ihr die Kosten der Laserbehandlungen ersetzen und 1.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Aus der Tiefgarage raus- und in die Baugrube reingefahren

Baufirma haftet für Autoschaden durch ungesicherte Baustelle

In Speyer führte Anfang 2021 ein Bauunternehmen Straßenbauarbeiten durch. Alle Hauseigentümer und Hausverwaltungen in der Straße waren darüber informiert. Vor einem Wohnhaus mit Tiefgarage hoben die Mitarbeiter der Baufirma zwischen Gehweg und Straße einen Leitungsgraben aus. Den Graben deckten sie vor der Garagenausfahrt mit Stahlplatten ab, damit die Bewohner ihn überfahren konnten.

Nach einigen Tagen entfernten die Bauarbeiter jedoch die Stahlplatten, weil Arbeiten im Graben zu erledigen waren. Zunächst wurde ein Mann dort positioniert, um Ausfahrende zu warnen. Doch der widmete sich nach einer Weile einer anderen Aufgabe. Eine Hausbewohnerin fuhr aus der Tiefgarage heraus und sah nicht, dass die Stahlplatten fehlten. Prompt landeten die Vorderräder ihres Wagens im Graben.

Für die Reparaturkosten von rund 6.000 Euro forderte die Frau Schadenersatz von der Baufirma. Zu Recht, entschied das Landgericht Frankenthal (9 O 32/21). Baustellen müssten umfassend gesichert werden. Anwohner müssten gefahrlos aus der Tiefgarage herausfahren können. Die Autofahrerin habe zwar über die Bauarbeiten Bescheid gewusst, Sie habe aber darauf vertrauen dürfen, dass die Baugrube — wie in den Tagen zuvor — abgedeckt war. Den offenen Graben habe sie beim Herausfahren nicht erkennen können.

Wer bei Straßenbauarbeiten Baugruben aushebe, müsse zuverlässig dafür sorgen, dass Anwohner und Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. Da das Bauunternehmen seine Sicherungspflichten verletzt habe, müsse es für die Folgen haften. Die Hausverwaltung zu informieren und irgendwo auf der Straße die üblichen Warnschilder aufzustellen, genüge nicht, wenn ein geöffneter Graben beim Herausfahren aus der Tiefgarage nicht sichtbar sei.

Wohin mit Überbleibseln einer Biogasanlage?

Die Betreiberin muss Gärrückstände nicht unbedingt selbst lagern: Sie sind auch als Düngemittel nutzbar

Vor einigen Jahren wurde die Düngeverordnung geändert. Seit Januar 2020 sind Betreiber von Biogasanlagen verpflichtet, die erzeugten Gärrückstände neun Monate lang sicher zu lagern, sofern sie nicht selbst über landwirtschaftliche Flächen verfügen, auf denen sie die Gärreste ausbringen können. Eine GmbH, der Landwirte als Gesellschafter angehören, die selbst aber nicht über Äcker verfügt, wehrte sich gegen die Pflicht zum Lagern.

Um die Auflage zu erfüllen, müsste sie für ca. 500.000 Euro ein weiteres Gärrestesilo bauen, argumentierte die Anlagenbetreiberin. Das wäre wirtschaftlich unsinnig, da ihre Gesellschafter freie Lager und ausreichend landwirtschaftliche Flächen besäßen. Mit ihnen habe sie Abnahmeverträge geschlossen, die Gärreste würden als Düngemittel ordnungsgemäß verwertet.

Damit war jedoch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen nicht einverstanden. Deshalb zog die Anlagenbetreiberin vor Gericht, um feststellen zu lassen, dass diese Praxis zulässig sei und der Düngeverordnung entspreche. Beim Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg kassierte sie zunächst eine Niederlage. Die Düngeverordnung verfolge die Ziele Bodenschutz und Gewässerschutz, so das VG: Eine Verwertung von Gärrückständen als Düngemittel entspreche dem Gewässerschutz nicht.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hob das Urteil des VG auf und gab der GmbH Recht (10 LC 247/20). Biogasanlagenbetreiber müssten die Gärrückstände nicht zwingend neun Monate lang lagern, wenn sie diese an Dritte zur landwirtschaftlichen Nutzung abgeben könnten.

Allerdings müsse dann die Anlagenbetreiberin durch Verträge mit Eigentümern landwirtschaftlicher Grundstücke sicherstellen, dass die Gärreste landwirtschaftlich, insbesondere als Düngemittel, verwertet werden - und zwar gemäß den Regelungen der Düngeverordnung. Sei das gewährleistet, müsse sie keine eigenen Lagerkapazitäten vorhalten bzw. errichten.

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen kann jetzt noch die nächste Instanz anrufen. Das OVG hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, denn der Rechtsstreit ist von grundsätzlicher Bedeutung für den Betrieb von Biogasanlagen in Deutschland.

Einbruch gelingt trotz Alarmanlage

Juwelierin verlangt Schadenersatz vom Verkäufer der Einbruchmeldeanlage

Eine Juwelierin hatte in ihrem Laden eine Einbruchmeldeanlage mit Videoüberwachung installieren lassen. Doch das hinderte unbekannte Täter nicht daran, wenige Monate danach das Juweliergeschäft auszuräumen: Sie stiegen zuerst ins Gebäude nebenan ein und durchbrachen dann die Gebäudewand zu den Ladenräumen. Innerhalb von zweieinhalb Minuten rafften sie Goldschmuck im Wert von rund 9.000 Euro zusammen.

Die Alarmanlage meldete zwar den Einbruch bei der Polizei. Doch als die Beamten ungefähr neun Minuten später am Juweliergeschäft eintrafen, waren die Täter längst über alle Berge. Nach Ansicht der Juwelierin war der Verkäufer der Alarmanlage verpflichtet, den Verlust zu ersetzen. Begründung: Die Alarmanlage habe nach wenigen Sekunden ein erstes Foto gemacht, den Einbruch bei der Polizei-Leitzentrale jedoch erst 1,5 Minuten später gemeldet.

Selbst eine frühere Meldung hätte den erfolgreichen Einbruch ins Juweliergeschäft nicht verhindert, urteilte das Landgericht Frankenthal und wies die Zahlungsklage der Geschäftsfrau ab (9 O 3/21). Die Alarmanlage fotografiere sogar mit Blitzlicht — aber auch vom erkennbaren Auslösen der Anlage hätten sich die Einbrecher nicht stören lassen. Sogar dann, wenn die Polizei zwei Minuten früher am Tatort gewesen wäre, hätte sie die Täter schon nicht mehr angetroffen.

Zwischen dem Verlust und der angeblich verspäteten Meldung des Einbruchs in der Leitzentrale bestehe also kein ursächlicher Zusammenhang. Außerdem weise die Anlage laut Sachverständigengutachten weder technische Mängel auf, noch sei sie fehlerhaft installiert: Sie funktioniere einwandfrei. Wenn die Alarmanlage die Leitstelle nicht sofort bei der ersten registrierten Bewegung informiere, sei das kein Defekt, habe der Alarmanlagen-Experte erläutert: Die Systeme seien häufig so programmiert, damit nicht jedes Kleintier im Laden Alarm auslöse.

Besonders gewandte Einbrecher könnten das Auslösen des Systems durch bestimmte Tricks hinauszögern oder umgehen. Dieser Umstand sei dem Verkäufer und Installateur der Anlage nicht als fachlicher Fehler anzukreiden, so der Sachverständige. Fazit des Landgerichts: Der Verkäufer müsse eine funktionstaugliche Anlage liefern und korrekt installieren. Habe er diese Pflicht erfüllt, müsse er für die Folgen eines Einbruchs nicht geradestehen.

Fertighaus unzureichend abgedichtet

Ein fehlerhaftes Bodengutachten entlastet das Bauunternehmen nicht

Frau H beauftragte einen Fertighaus-Anbieter mit Planung und Bau eines Einfamilienhauses ohne Keller. Vereinbarungsgemäß ließ sie von einer Spezialfirma, der A-GmbH, ein Baugrundgutachten erstellen: Aufgrund nicht unterkellerter Bauweise sei der Sockel gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser abzudichten, lautete dessen wesentliches Ergebnis. Als das Gebäude fertiggestellt war, traten im Sockelbereich Feuchtigkeitsschäden auf, teilweise platzte die Farbe ab.

Ein Bausachverständiger kam zu dem Schluss, dass die Abdichtung unzulänglich war: Auf dem Grundstück sei aufgrund der Bodenbeschaffenheit nicht nur von Sickerwasser auszugehen, sondern von drückendem Wasser — das stelle höhere Anforderungen an die Gebäudeabdichtung. Das Bauunternehmen hätte auf dem Oberputz im Sockelbereich eine fünf Zentimeter dicke Schicht mineralischer Dichtschlämme aufbringen müssen.

Das Bauunternehmen wies die Verantwortung von sich und verwies auf das Bodengutachten, in dem von Dichtschlämme keine Rede sei. So könne sich der Fertighaus-Anbieter der Haftung für die unzureichende Gebäudeabdichtung nicht entziehen, entschied das Oberlandesgericht Köln (11 U 44/21). Der Auftragnehmer schulde dem Auftraggeber prinzipiell ein funktionstaugliches Bauwerk: Ein Haus müsse richtig abgedichtet sein.

Zwar dürften sich Bauunternehmer grundsätzlich auf Erkenntnisse von Sonderfachleuten verlassen. Sie müssten aber die Angaben in einem Gutachten schon auf Plausibilität und Unstimmigkeiten prüfen. Diese Prüfpflicht habe der Fertighaus-Anbieter verletzt. Dass im konkreten Fall nur von Bodenfeuchte auszugehen sei, könne angesichts der im Gutachten genannten "Durchlässigkeitsbeiwerte" im Boden nicht zutreffen: Das müsse einem Bauunternehmen bekannt sein.

Gegen die geplante Ausführung des Sockels hätte der Bauunternehmer daher Bedenken anmelden müssen. Der Auftragnehmer müsse Frau H einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung von 20.678 Euro überweisen. Dieser Betrag sei allerdings bereits wegen Mitverschuldens der Auftraggeberin um ein Drittel gekürzt: Frau H müsse sich nämlich die Fehler der von ihr beauftragten A-GmbH zurechnen lassen.

Gekaufte Kundenbewertungen

Sie sind "getarnte Werbung": Amazon muss bezahlte Rezensionen kenntlich machen

Dass kaum eine Kundenbewertung im Internet wirklich von "Otto Normalverbraucher" stammt, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ausgerechnet eine Firma, die selbst gegen Entgelt Händlern auf Online-Verkaufsplattformen bezahlte Kundenrezensionen vermittelt, klagte nun gegen die Verkaufsplattform Amazon.

Der Firma passte es nicht, dass bei Amazon bezahlte Bewertungen ausländischer "Beurteiler" unerkannt in das Gesamtbewertungsergebnis einfließen. Kunden müssten erfahren, welche Rezensionen bezahlt worden seien und welchen Anteil die bezahlten Rezensionen am Gesamtbewertungsergebnis hätten.

Das Amazon-Bewertungssystem enthalte "unlautere getarnte Werbung", betonte das Oberlandesgericht Frankfurt (6 U 232/21). Zwar sei das Geschäft mit bezahlten Rezensionen nicht verboten. Diese müssten aber für die Kunden erkennbar sein. Künftig müsse die Verkaufsplattform bezahlte Rezensionen kenntlich machen.

Ob Internetnutzer tatsächlich damit rechneten, dass ein Gesamtbewertungsergebnis immer auch Bewertungen enthalte, die nicht sachlich begründet seien, könne offenbleiben. Jedenfalls dürfe dies kein "Freibrief" dafür sein, sachfremd beeinflusste Rezensionen zu verwenden.

Werde ein "Beurteiler" für eine Bewertung belohnt, beeinflusse dieser Umstand naturgemäß den Inhalt der Bewertung. Urteile über ein Produkt fielen dann positiver aus, denn die Rezensenten wollten ja weiterhin Produkte besprechen und dafür belohnt werden.

Parkett verformt sich durch Fußbodenheizung

Architektenbüro hatte das Parkett nicht auf Temperaturbeständigkeit geprüft

Ein Wohnungsbauunternehmen hatte eine Architekten-GmbH, mit der es schon öfter zusammengearbeitet hatte, mit dem Neubau einiger Mehrfamilienhäuser beauftragt. Die meisten Wohnungen wurden mit Parkett ausgestattet. Das Bauunternehmen wünschte Parkett der bewährten Marke B. Als jedoch der Parkettverleger dem Architekturbüro das Fabrikat C anbot, waren alle Beteiligten einverstanden.

Mit der Temperaturbeständigkeit des Produkts setzten sich die Architekten nicht auseinander. Schon bald nach dem Einzug der Mieter verformte sich das über Fußbodenheizungen verlegte Parkett durch zu große Hitze: Es vertrug nur eine Oberflächentemperatur von maximal 26 Grad Celsius. Das Bauunternehmen als Auftraggeber forderte von der Architekten-GmbH Schadenersatz für die Kosten des Parkett-Austauschs.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach dem Auftraggeber nur ein Drittel des erforderlichen Betrags zu (23 U 153/20). Grundsätzlich hafte das Architekturbüro für die Folgen seiner Pflichtverletzung, das Bauunternehmen nicht auf das Temperaturproblem hingewiesen (genauer: es nicht daran erinnert) zu haben. Um Parkettschäden zu vermeiden, dürfe man die Fußbodenheizung nicht mit einer Oberflächentemperatur von mehr als 26 Grad betreiben.

Als die Handwerksfirma anbot, Parkett des Fabrikats C zu verlegen, hätten die Architekten vor einer Zusage die Gleichwertigkeit dieses Produkts mit dem in der Ausschreibung genannten Parkett B prüfen müssen — gerade im Punkt Temperaturbeständigkeit. Das Bauunternehmen und sein Heizungs-Fachplaner hätten dann das Problem bei der Planung berücksichtigen können, d.h. sie hätten die Oberflächentemperatur mit technischen Maßnahmen begrenzt oder eventuell doch ein anderes Parkett gewählt.

Schadenersatz in voller Höhe stehe dem Auftraggeber jedoch wegen überwiegenden Mit-Verschuldens nicht zu. Das Wohnungsbauunternehmen habe nämlich in der Vergangenheit mehrmals Parkett auf Fußbodenheizungen verlegen lassen und das Temperaturproblem gekannt. Also hätte sich der Auftraggeber über die Anforderungen des Parketts C in erster Linie selbst informieren und die technische Lösung mit dem Architekten und dem Fachplaner abstimmen müssen. (Das Bauunternehmen hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Erweiterte Biogasanlage undicht

Das Bauunternehmen haftet für Leckagen während der fünfjährigen Gewährleistungsfrist

Ein Biogasanlagenbetreiber ließ die Anlage von einem Bauunternehmen erweitern. Zwei Betonbehälter bekamen eine Innenbeschichtung, die "Substrat und aggressiven Gasen" standhalten sollte. So war es vertraglich vereinbart. Doch der Schutzanstrich war nicht säurebeständig genug: Gelagertes Substrat trat aus, im Beton entstanden Risse. Der Auftraggeber verlangte vom Unternehmer Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Schleswig (7 U 185/19). Als der Vertrag geschlossen wurde, habe es zwar noch keine technische Regel für die Beschichtung der Behälter von Biogasanlagen gegeben. Also fehle eine DIN-Vorschrift als objektiver Maßstab für die Überprüfung der Qualität der Werkleistung.

Dennoch könne man festhalten, dass die Werkleistung des Unternehmers objektiv mangelhaft gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die aufgebrachte Beschichtung nicht geeignet gewesen, die vertraglich vereinbarte Funktion zu erfüllen. Um "dichtzuhalten", hätte sie gegen saure Medien bis zu einem pH-Wert von 1 beständig sein müssen. Das war nicht der Fall.

Auch ohne technische Regeln als Anspruchsgrundlage dürfe der Betreiber einer Biogasanlage erwarten, dass neu beschichtete Behälter — eine ordnungsgemäße und regelmäßige Wartung der Anlage vorausgesetzt — zumindest während der vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungsfrist so dicht seien wie nötig und keine Leckagen auftreten.

Händler-Auskunft über Herstellergarantie vorgeschrieben?

Onlinehandel muss über die Garantie (nur) umfassend informieren, wenn er sie werbewirksam herausstellt

Eine deutsche Handelsfirma bot auf Amazon das Taschenmesser eines Schweizer Herstellers an. Die Angebotsseite im Internet schwieg sich über eine Garantie für das Messer aus. Erst in der Rubrik "Weitere technische Informationen" fand sich ein Link, über den interessierte Internetnutzer auf ein Informationsblatt des Produzenten zur Garantie zugreifen konnten.

Eine Konkurrentin zog vor Gericht: Die Garantieangaben der Handelsfirma seien unzureichend und damit unzulässig, so ihr Einwand. Doch der Bundesgerichtshof (BGH), der den Rechtsstreit entscheiden sollte, reichte ihn erst einmal an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter.

Der BGH zweifelte nämlich daran, ob die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie Händler überhaupt dazu verpflichtet, die Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte zu informieren.

Ein Händler muss den Verbraucher über die Garantie des Herstellers nur dann umfassend informieren, wenn er sie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots mache, erklärte der EuGH (C-179/21). Stelle ein Händler das Garantieversprechen des Produzenten als besonderes Verkaufsargument werbewirksam heraus, bestehe beim Verbraucher — mit Blick auf die Kaufentscheidung — ein besonderes Interesse an genauer Auskunft darüber.

Um diesem berechtigten Interesse Rechnung zu tragen, müsse der Händler Namen und Anschrift des Garantiegebers nennen. Außerdem müsse er die potenziellen Kunden über die Dauer, den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und den Reparaturort bei Beschädigungen informieren sowie eventuelle Einschränkungen der Garantie erläutern.

Reihenhaus wegen Mängeln nicht vollständig bezahlt

Darf der Bauträger den Erwerbern deshalb Übergabe und Grundbucheintrag verweigern?

Im Herbst 2015 hatte ein Ehepaar mit einem Bauunternehmen einen Bauträgervertrag über ein Reihenhaus abgeschlossen (Kaufpreis: 418.762 Euro). Der Bau wurde viel später fertiggestellt als geplant, zudem beanstandeten die Käufer diverse Mängel. Sie zahlten den Kaufpreis bis auf einen Restbetrag von 33.817 Euro (ca. acht Prozent des Kaufpreises). Den hielten die Eheleute wegen der Baumängel zurück.

Im Gegenzug weigerte sich das Bauunternehmen, ihnen das Eigentum am Hausgrundstück zu übertragen und sie als Eigentümer ins Grundbuch eintragen zu lassen. Darauf hätten die Hauskäufer Anspruch, entschied das Landgericht Augsburg. So sah es auch das Oberlandesgericht München, das die Berufung des Bauträgers abwies (27 U 2211/20 Bau). Auch wenn noch rund acht Prozent des Kaufpreises offen seien, habe das Unternehmen im konkreten Fall kein Recht, die Leistung zu verweigern.

Einem Bauträger stehe die Vergütung erst zu, wenn er das Bauvorhaben vollständig fertiggestellt habe und das Objekt abgenommen sei. Wenn Käufer — wie hier — Mängel beanstandeten, jedoch den vereinbarten Kaufpreis größtenteils schon gezahlt hätten, verstoße es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wegen eines verhältnismäßig geringen Zahlungsrückstands den Grundbucheintrag abzulehnen.

Im Gesetz gebe es keine feste Grenze dafür, welcher Restbetrag als geringfügig anzusehen sei. Dessen Höhe sei natürlich wichtig, letztlich seien aber alle konkreten Umstände im Einzelfall zu berücksichtigen. Und die sprächen hier zusammen mit dem geringen Restbetrag dafür, den Käufern das Recht auf den Grundbucheintrag zuzusprechen.

Sie hätten ein Privatgutachten zu den gerügten Mängeln vorgelegt, das durchaus nachvollziehbar einige Defizite der Bauträger-Leistung aufzeige. Die Käufer könnten also wahrscheinlich vom Bauträger einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung verlangen, den sie mit dessen Restforderung verrechnen könnten. Darüber hinaus schulde ihnen das Bauunternehmen Entschädigung als Ausgleich für die verspätete Fertigstellung des Objekts. Auch diesen Anspruch könne das Ehepaar verrechnen. (Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts am 1.9.2021 bestätigt, AZ.: VII ZR 339/20)

Beulen im Bodenbelag

Haftet der Bodenverleger für Mängel, die durch ungeeigneten Untergrund entstanden?

Die Inhaberin eines Möbelfachgeschäfts beauftragte eine Handwerksfirma, in ihrem ca. 700 Quadratmeter großen Ladenlokal PVC-Designboden und Teppichboden zu verlegen. Einige Monate nach den Verlegearbeiten wölbten sich die Bodenbeläge, der Teppichboden knisterte und knackte. Ein Sachverständiger bohrte den Boden auf und stellte fest, dass der ungeeignete Untergrund die Mängel verursacht hatte.

Da liege eine Walzasphaltschicht, wie man sie sonst überwiegend im Straßenbau verwende, erklärte er. Die müsste man zurückbauen und durch einen Gussasphaltestrich ersetzen, erst dann könne man neuen PVC-Boden bzw. Teppichboden verlegen. Für die Arbeiten veranschlagte der Sachverständige Kosten von rund 24.000 Euro. Diesen Betrag forderte die Geschäftsinhaberin vom Bodenverleger als Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung.

Der Bodenbelag sei zwar mangelhaft, urteilte das Oberlandesgericht Oldenburg, dafür sei aber nicht der Bodenverleger verantwortlich (2 U 43/20). Jeder Handwerker, dessen Arbeit auf Vorleistungen (Planungen, Vorarbeiten etc.) aufbaue, müsse prüfen, ob diese eine geeignete Grundlage für seine Arbeit darstellten oder möglicherweise deren Erfolg gefährdeten. Allerdings bestehe diese Pflicht nur im "Rahmen des Zumutbaren".

Der Sachverständige habe eine Kernbohrung durchgeführt, um den Untergrund zu untersuchen — denn rein optisch sei der Walzasphalt vom geeigneten Gussasphaltestrich nicht zu unterscheiden. Der Handwerker habe den Untergrund für geeignet gehalten und davon habe er auch ausgehen dürfen. Denn in einem Laden müsse der Bodenverleger nicht mit einem Unterbau aus Walzasphalt rechnen, der sei in Gewerbeobjekten absolut unüblich.

Die Handwerksfirma müsse für die Kosten der Mängelbeseitigung nicht haften, da sie ihre Prüfpflicht nicht verletzt habe. Die Mängel beruhten auf einem Untergrund, den der Bodenverleger bei der gebotenen Prüfung nicht als ungeeignet habe erkennen können. Zu weiteren Nachforschungen oder gar einer Bohrung sei ein Bodenverleger nicht verpflichtet.

"Angelzirkus" wird verboten

Der Betreiber einer Angelteichanlage verstieß regelmäßig gegen das Tierschutzgesetz

Herr F hatte einen kleinen Stausee gepachtet, um eine Angelteichanlage zu betreiben. Beim Landratsamt beantragte er die Erlaubnis zum "gewerbsmäßigen Handel mit lebenden Fischen". F wollte Fische ankaufen, eine Weile in Netzgehegen im Stausee halten und dann in den See entlassen, wo sie geangelt werden sollten.

Die Behörde genehmigte das Betriebskonzept mit Auflagen: Nach dem Einsetzen in Netzgehege müsse F eine Schonzeit von acht Wochen abwarten und danach die Fische kontaktlos in den Angelteich entlassen, ohne sie vorher einzufangen. Das würde großen Stress für die Tiere bedeuten.

Kaum war die Angelteichanlage eröffnet, gingen bei der Veterinärbehörde des Landratsamts Anzeigen ein, dass F gegen das Tierschutzgesetz verstoße. Offenbar fing er häufig Forellen mit dem Kescher und warf sie in den See — den Anglern sozusagen vor die Haken.

Deshalb verbot ihm die Behörde das Handeln mit lebenden Fischen und den Angelteichbetrieb. Gegen das Verbot zog der Mann vor Gericht: Eine Schonzeit von acht Wochen sei zu lang, in anderen Bundesländern gälten viel kürzere Fristen. Im Prinzip habe er die Fische immer kontaktlos in den See entlassen. Den Kescher benutze er nur, wenn Fische in den Netzgehegen zu verenden drohten …

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz glaubte ihm nicht und bestätigte das Verbot (3 K 848/21.KO). Für landwirtschaftliche Teichwirtschaft sei keine behördliche Erlaubnis vonnöten, hier aber schon. Denn Herr F kaufe die Tiere nicht für die Fischzucht, sondern für kommerziellen Angelsport. Er kaufe weitgehend fangreife Forellen, damit Angler sie gegen Entgelt mit hoher Fangquote aus dem Stausee herausfischen könnten.

Aufgrund mehrerer Zeugenaussagen ständen regelmäßige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz fest, so das VG. Waidgerechte Fischerei sei trotz der damit verbundenen Schmerzen der Fische zulässig, weil sie dazu diene, Nahrung zu gewinnen. Es verstoße aber gegen den Tierschutz, wenn Fische — die sich bereits im Netzgehege und damit in Menschenhand befänden — gekeschert in einen Angelteich eingesetzt würden, nur um Anglern ihr Vergnügen zu bieten.

Betriebspraxis sei es gewesen, Fische mit dem Kescher zu fangen, in den See zu werfen und sofort zum Angeln freizugeben. Dass so ein "Angelzirkus" dem Tierschutzgesetz widerspreche, darauf habe die Veterinärbehörde Herrn F mehrmals explizit hingewiesen. Die Hinweise habe er aus betrieblichem Interesse ignoriert. Daher sei das Verbot verhältnismäßig. Denn: Dürfte F die Angelteichanlage weiter betreiben, wäre mit weiteren Verstößen zu rechnen.

Tänzerin rutschte auf einer Getränkepfütze aus

Mitarbeiter einer Diskothek müssen die Tanzfläche regelmäßig kontrollieren

Am Rand der Tanzfläche einer Diskothek war eine Besucherin auf einer Getränkepfütze ausgerutscht. Beim Sturz zog sie sich Knochenbrüche an Fuß und Bein zu. Zwei Wochen lang lag die Verletzte im Krankenhaus und musste mehrmals operiert werden. Die gesetzliche Krankenkasse der Arbeitnehmerin übernahm die Behandlungskosten und zahlte während des Verdienstausfalls Krankengeld.

Anschließend forderte die Krankenkasse das Geld vom Inhaber der Diskothek zurück, weil er seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt habe. Offenkundig sei die Tanzfläche nicht gereinigt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe verurteilte den Diskothekenbetreiber, der Krankenkasse 37.000 Euro Schadenersatz zu zahlen (7 U 125/21).

Natürlich könne in einer Disko immer mal ein Glas Bier zu Bruch gehen, räumte das OLG ein. Der Betreiber der Diskothek müsste für so ein Malheur nicht haften, wenn er die Tanzfläche regelmäßig hätte kontrollieren lassen. Dann wäre so ein Unfall eben Pech. Davon könne hier aber nicht die Rede sein, denn die Kontrolle sei von vornherein "ungenügend" organisiert gewesen. Die verantwortliche Person habe nur die Anweisung erhalten, von der Bühne aus die Tanzfläche zu überblicken.

Auf diese Weise könne man am Boden einer gut gefüllten Tanzfläche jedoch keine Glasscherben und keine feuchten Flecken erkennen. Zwar müsse nicht "ständig ein Mitarbeiter mit einem Bodenwischer über die Tanzfläche" laufen, um Pfützen oder Scherben wegzukehren. Aber den Fußboden in bestimmten Zeitabständen effektiv zu kontrollieren, sei notwendig — zumal es in dieser Disko erlaubt sei, Getränke auf die Tanzfläche mitzunehmen. Mit verschütteten Getränken müsse man also rechnen.