Handel und Gewerbe

Rabatt für positive Bewertung

"Gekaufte" Kundenrezensionen im Onlinehandel sind irreführend

Immer häufiger kommt es vor, dass Verbraucherzentralen Amazon-Händler und andere Onlinehändler wegen der Kundenbewertungen abmahnen: Wenn sie nämlich Kunden finanzielle Vorteile dafür versprechen, dass diese im Internet das gekaufte Produkt positiv bewerten. Als Gegenleistung erhalten die Rezensenten z.B. einen Rabatt von 30 Prozent auf den Kaufpreis. So sollen andere Verbraucher verlockt werden, das Produkt ebenfalls zu kaufen, weil sie das Lob für echt halten. Solche Online-Bewertungen sind natürlich irreführend.

Aus dieser fragwürdigen Praxis hat eine Firma ein spezielles Geschäftsmodell gemacht: Sie bietet selbständigen Anbietern, die ihre Produkte auf der Handelsplattform "amazon.de" verkaufen, Kundenrezensionen gegen Entgelt an. Auf Wunsch vermittelt die Firma den Händlern "Testpersonen", die ihre Produkte bewerten. Als Gegenleistung für "gute Noten" darf die Testperson das Produkt behalten, manchmal gegen Zahlung eines kleinen Eigenanteils. Die Rezension wird bei "amazon.de" eingestellt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte dieses Vorgehen für unlauter (6 W 9/19). "Gekaufte" Kundenrezensionen dürften nur veröffentlicht werden, wenn gleichzeitig ihr kommerzieller Charakter kenntlich gemacht werde. Verbraucher könnten den finanziellen Hintergrund solcher Bewertungen nicht eindeutig erkennen. Der durchschnittlich informierte Verbraucher gehe davon aus, dass Produkte ohne Gegenleistung beurteilt würden.

Bewertungsportalen im Internet liege die Idee zugrunde, dass Tester die bewerteten Produkte aus eigenem Antrieb kauften und unbeeinflusst von Dritten anderen Verbrauchern mitteilten, was sie davon halten. Die Leser erwarteten hier nicht unbedingt ein objektives Urteil, vergleichbar mit redaktionellen Zeitungsberichten oder Testergebnissen von Stiftung Warentest. Wohl aber eine authentische, also nicht gekaufte Bewertung.

Hengst als "gebrauchte Sache"

Käuferin will das im Alter von zweieinhalb Jahren ersteigerte Tier zurückgeben

Auf einer öffentlichen Auktion hatte eine Reiterin am 1.11.2014 den damals zweieinhalb Jahre alten Hengst ersteigert. Nach ihren Angaben stand er bis Oktober 2015 auf der Weide. Danach habe sie versucht, das Tier anzureiten. Der Hengst sei aber auffällig widersetzlich und nicht reitbar. Außerdem habe er schon bei der Versteigerung "Kissing Spines" gehabt, ein Wirbelsäulenleiden.

Aus diesen Gründen erklärte die Reiterin im Oktober 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte den Kaufpreis zurück. In der Regel können Verbraucher Ansprüche wegen Mängeln der Kaufsache zwei Jahre lang geltend machen — zwei Jahre waren seit der Auktion noch nicht vergangen. Doch das Auktionshaus verwies auf seine Geschäftsbedingungen, die Bestandteil des Kaufvertrags seien: Wer ein Pferd ersteigere, müsse Mängel innerhalb von drei Monaten beanstanden.

Das Oberlandesgericht Schleswig gab dem Auktionshaus Recht und wies die Klage der Reiterin auf Rückzahlung des Kaufpreises ab (12 U 87/17). Ob das Tier schon beim Erwerb mangelhaft gewesen sei, könne offen bleiben. Selbst wenn das zuträfe, könnte die Käuferin daraus keine Ansprüche mehr ableiten — sie wären verjährt. Die üblichen Regeln für den "Verbrauchsgüterkauf" seien nicht anwendbar, wenn die Kaufsache bei einer Auktion erworben werde oder als "gebraucht" anzusehen sei. Hier treffe beides zu.

Wann sei ein Pferd als "gebrauchte Sache" einzustufen? Anders als die Käuferin meine, könne das Kriterium dafür nicht der Beginn der Reitausbildung eines Pferdes sein. Das sei kein fixer Zeitpunkt: Pferdehalter und Bereiter hätten ganz unterschiedliche Ansichten darüber, wann mit dem Bereiten eines Pferdes begonnen werden sollte. Abzustellen sei allein auf das Alter. Je länger das Tier Umwelteinflüssen und anderen äußeren Einwirkungen ausgesetzt sei, desto mehr steige das Risiko eines Sachmangels.

Ein Tier könne sich durch unzureichende Haltung, Fütterung oder tierärztliche Versorgung nachteilig verändern. So könnten sich durch die Haltungsbedingungen Infektionen entwickeln. Ein Hengst werde spätestens mit zwei Jahren geschlechtsreif: Die damit einhergehenden biologischen Veränderungen erhöhten das Risiko, dass sich Mängel ausbildeten, ebenfalls beträchtlich. Mit zweieinhalb Jahren zähle ein Hengst auf jeden Fall zu den "gebrauchten Sachen".

Die kurze Gewährleistungsfrist sei auch wegen der besonderen Situation bei Versteigerungen gerechtfertigt und benachteilige die Käufer nicht unangemessen. Das Auktionshaus verkaufe die Pferde für die Besitzer, aber im eigenen Namen mit Hilfe eines öffentlich bestellten Versteigerers. Naturgemäß kenne der Auktionator die Eigenschaften eines Pferdes nicht so gut wie ein Züchter, der es von Geburt an aufwachsen sehe. Wer beim Züchter kaufe, habe daher zwei Jahre Gewährleistungsfrist. Wer bei einer Auktion mitbiete, wisse über deren spekulativen Charakter Bescheid.

Streit zwischen Frauenzeitschriften

Modevideo als Gratis-Beilage zur Zeitschrift ist zulässig

Eine bekannte Frauenzeitschrift brachte ihre Februarausgabe mit einem Modevideo als Beilage heraus. Eine andere Zeitschrift wollte dagegen vorgehen, weil sie Wettbewerbsnachteile befürchtete. Sie sah in dem Gratis-Video einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung. Die Zugabeverordnung verbietet es aus Wettbewerbsgründen, einer Ware eine zweite Ware quasi als Geschenk hinzuzufügen. Kunden sollen sich in ihrer Entscheidung für eine Ware nicht durch Zugaben beeinflussen lassen.

Das Oberlandesgericht München sah in dem umstrittenen Video keine unzulässige Zugabe (29 U 3159/95). Das Gericht schloss sich der Argumentation der betroffenen Zeitschrift an, die dargelegt hatte, dass es bei allen relevanten Frauenzeitschriften traditionell üblich sei, in der Februarausgabe aufwendig gestaltete und umfangreiche Sonderteile oder "Extras" über die neuen Modetrends für Frühjahr und Sommer herauszubringen.

Mit der Videokassette habe man lediglich den Bericht audio-visuell dargestellt. Dies entspreche dem Trend und dem Bedürfnis der Leserinnen. Das Video sei nicht als anreizende Nebenleistung angekündigt worden und sei auch nicht als selbständiges "Lockangebot" neben der Zeitschrift anzusehen. Denn es biete inhaltlich nichts anderes als das Heft, und die Zeitschrift biete damit nicht mehr als alle anderen Februarausgaben.

Der Trick mit der Zaubertinte

Fahrzeugscheinheft manipuliert: Unzuverlässige Kfz-Händlerin muss rotes Kennzeichen abgeben

Gebrauchtwagenhändler bekommen vom zuständigen Ordnungsamt — in Berlin vom "Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten" — ein rotes Kennzeichen. Damit können Kaufinteressenten kurze Probefahrten unternehmen. Über diese Probefahrten müssen die Händler genau Buch führen: Jeder Fahrer ist "dokumentenecht" in ein Fahrzeugscheinheft einzutragen.

Als das Landesamt das Fahrzeugscheinheft einer Kfz-Händlerin überprüfte, stellte die Behörde fest, dass es manipuliert worden war. Die Fahrer waren mit einem Schreibgerät eingetragen worden, dessen Schrift entfernt werden kann. Bei einer Temperatur unter null Grad Celsius wird die "Zaubertinte" jedoch wieder sichtbar. Die Behörde fror das Heft in einem Kühlgerät ein und konnte so die Manipulationen belegen.

Nun entzog sie der Kfz-Händlerin das rote Kennzeichen. Dagegen wehrte sich die Unternehmerin und behauptete, die Einträge habe ihr Mann ohne ihr Wissen vorgenommen. Damit kam sie jedoch beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin nicht durch (VG 11 K 357.17). Autohändler müssten zuverlässig sein: Rote Kennzeichen dürften auf keinen Fall missbräuchlich verwendet werden.

Händler müssten deshalb vor der ersten Fahrt den Namen des Fahrers vollständig und in dauerhafter Schrift eintragen. Wer gegen die Dokumentationspflicht verstoße, ermögliche rechtswidrigen Gebrauch des Kennzeichens. Die Händlerin habe einzelne Seiten in unzulässiger Weise mehrfach verwendet, indem sie entfernbare Schrift verwendet und so das Fahrzeugscheinheft manipuliert habe.

Unter diesen Umständen könne das Landesamt die Zuteilung des roten Kennzeichens widerrufen, bekräftigte das VG. Dass die Händlerin nun versuche, ihrem Ehemann den "schwarzen Peter" zuzuschieben, helfe nicht weiter. Erstens zeigten die wieder sichtbar gemachten Einträge im Heft auch ihre Unterschrift. Zweitens müsste sie sich auch das Verhalten ihres Ehemannes und Mitarbeiters zurechnen lassen.

Fäkalbakterien im Trinkwasserbrunnen

Abwasserleitung war marode, doch der Abwasserverband "beschuldigt" organisch düngende Winzer

Idyllisch liegt ein Hotel inmitten der Weinberge an der Mosel. Die Idylle wurde vor einigen Jahren jäh getrübt: Bei einer Routinekontrolle bemerkte der Hotelbesitzer zu seinem Entsetzen Fäkalbakterien im Betriebsbrunnen, der das Hotel mit Trinkwasser versorgte. Aufgrund der hohen Keimbelastung ordnete die zuständige Behörde an, den Brunnen und das Hotel vorübergehend "dicht zu machen".

Der Abwasserverband des Landkreises überprüfte vorsichtshalber einen Abwasserkanal, der ca. fünf Meter vom Brunnen entfernt verläuft. Seine Mitarbeiter entdeckten in der Innenwand des Kanals einen zwei Millimeter breiten Riss. Obwohl der Riss eine Druckprüfung bestand, sanierte der Abwasserverband die Kanalwand. Anschließend sank die Keimbelastung des Brunnenwassers drastisch — wenige Monate später war das Wasser keimfrei.

Vom Abwasserverband verlangte der Hotelbesitzer Schadenersatz für die Folgen der Kontamination. Der Verband schob den "schwarzen Peter" umgehend weiter und behauptete, dass die Keime auf keinen Fall auf das Leck im Kanal zurückzuführen seien. Das habe ja die Druckprüfung der Abwasserleitung gezeigt. Sehr wahrscheinlich stammten die Fäkalbakterien im Brunnenwasser aus den Weinbergen oberhalb des Hotels, da werde organisch gedüngt.

Mit dieser Argumentation war das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz nicht einverstanden (1 U 729/15). Da unmittelbar nach der Sanierung des Abwasserkanals die Keimbelastung des Brunnenwassers massiv nachgelassen habe, stehe damit fest, dass die Bakterien durch die Schadstellen in der Abwasserleitung ins Wasser gelangt seien. Juristen bezeichneten das als "Beweis des äußeren Anscheins".

Andere Ursachen für die Kontamination seien hier so unwahrscheinlich, dass man sie ausschließen könne, fand das OLG. Im fraglichen Zeitraum hätten die Winzer in den Weinbergen jedenfalls keine größeren Mengen organischen Düngers ausgebracht. Der Abwasserverband sei für Unterhalt und Wartung der Abwasserkanäle zuständig und hafte daher für den finanziellen Verlust, der dem Hotelier durch die Leckage in der Abwasserleitung entstanden sei.

Nachdem der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG Koblenz bestätigt hatte, einigten sich die streitenden Parteien auf einen Vergleich.

Solaranlage mit Mängeln

Bestreitet ein Handwerker rundweg, mangelhaft gearbeitet zu haben, verweigert er damit die Nachbesserung

Für eine Immobiliengesellschaft sollte eine Baufirma eine Wohnanlage erstellen. Für die Heizungs- und Sanitäranlagen engagierte die Baufirma als Subunternehmen einen SHK-Handwerksbetrieb. Er sollte außerdem auf dem Dach des Gebäudes eine Solaranlage errichten. Als die Arbeiten abgeschlossen waren, beanstandete die Baufirma Mängel der Solaranlage und kürzte die Schlussrechnung des Handwerksbetriebs um fast 34.000 Euro.

Der Anlagenbauer bestritt entschieden, dass seine Mitarbeiter mangelhaft gearbeitet hatten und klagte den restlichen Werklohn ein. Die Baufirma konterte diese Forderung mit ihrem Anspruch auf Ersatz für die Kosten der Mängelbeseitigung: Denn sie hatte in der Zwischenzeit die Solaranlage von einem anderen Handwerksunternehmen "auf Vordermann bringen" lassen.

Das Oberlandesgericht Köln entschied den Rechtsstreit zu Gunsten der Baufirma (7 U 49/13). Die Kosten der Mängelbeseitigung lägen deutlich höher als der restliche Werklohn, der dem Handwerker zustehe. Also könne er gegen die Baufirma keine Ansprüche mehr geltend machen.

Die Auftraggeberin sei auch nicht verpflichtet gewesen, zunächst den Auftragnehmer zur Beseitigung der Mängel aufzufordern und ihm dafür eine Frist zu setzen. Dieser Schritt sei überflüssig, wenn der Handwerker — wie hier — generell bestreite, dass an seinen Arbeiten irgendetwas auszusetzen sei. Damit verweigere er ernsthaft und endgültig jede Nachbesserung. Daher habe die Baufirma zu Recht einen anderen Handwerker eingeschaltet, um die Mängel beheben zu lassen.

"Falsche" Fehlermeldung im BMW

Kann der Käufer ein einwandfreies Neufahrzeug verlangen?

Im September 2012 hatte Herr P seinen neuen BMW X3 xDrive 20 vom Hersteller erhalten. Das 38.265 Euro teure Fahrzeug war mit einer Software ausgestattet, die eine Warnmeldung im Textdisplay des Autoradios einblendete, wenn die Kupplung zu überhitzen drohte.

Im Januar 2013 erschien die Warnung mehrmals. Obwohl die Kupplung keineswegs zu heiß war, forderte die Warnmeldung den Fahrer auf, den Wagen vorsichtig anzuhalten, um sie 45 Minuten lang abkühlen zu lassen. P brachte das Auto wiederholt in eine BMW-Werkstatt, doch der Defekt wurde nicht behoben. Hartnäckig tauchte immer wieder die "falsche" Fehlermeldung auf.

Deshalb forderte der Käufer im Juli 2013 den Autohersteller auf, ihm ein einwandfreies Neufahrzeug zu liefern. Der Hersteller bestritt jeglichen Sachmangel: Die Kupplung sei technisch einwandfrei und könne im Fahrbetrieb abkühlen. Der Kunde müsse das Auto wegen der Warnmeldung nicht anhalten, wie er längst wisse.

Im Oktober 2014, als der Käufer bereits Klage auf ein Ersatzauto erhoben hatte, brachte er den BMW zum Kundendienst. Dabei spielte die BMW-Werkstatt ein neu entwickeltes Software-Update mit korrigierter Warnmeldung auf — zumindest behauptete das der Autohersteller —, was vor Gericht noch eine Rolle spielen sollte.

Im Rechtsstreit zwischen Hersteller und Käufer setzte sich beim Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg der Käufer durch. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil in wesentlichen Punkten (VIII ZR 66/17). Der BMW sei bei der Übergabe im September 2012 mangelhaft gewesen, denn die Software habe wiederholt eine irreführende Fehlermeldung eingeblendet. Dass der Fahrzeughersteller dem Käufer zugesichert habe, er müsse die Warnung nicht beachten, ändere daran nichts.

Da der Mangel längere Zeit nicht behoben werden konnte, habe der Kunde keine Nachbesserung mehr verlangt, sondern stattdessen ein Ersatzauto. Das sei sein gutes Recht. Der Hersteller dürfe die Ersatzlieferung nur ablehnen, wenn er den Mangel vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen könne. Sei das hier geschehen? Diese Frage hätte das OLG von einem Kfz-Experten per Gutachten klären lassen müssen.

Das müsse die Vorinstanz nun nachholen: Denn es sei bisher offen geblieben, ob bei der routinemäßigen Inspektion im Oktober 2014 die Warnfunktion tatsächlich — wenn auch ohne Einverständnis des Käufers — korrigiert wurde. Trete nun die Fehlermeldung wirklich nur noch beim Überhitzen der Kupplung auf? Oder sei die Warnmeldung, wie das OLG vermute, schlicht und einfach abgestellt worden? Dann wäre der Mangel nicht behoben und Herr P hätte Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug.

Samen vom Winde verweht

Wenn der Wind Unkrautsamen in eine Gärtnerei weht, haftet dafür nicht der Nachbar

Die Inhaber eines Gartenbaubetriebs beschwerten sich über ihren Nachbarn. Dieser ließ das an die Gärtnerei angrenzende Grundstück seit Jahren brach liegen. Alle möglichen Samen flögen durch die Luft bis in die Gärtnerei und durchsetzten die mühsam gezüchteten Pflanzen mit Unkraut, warfen die Gärtner dem Nachbarn vor. Dadurch sei bereits ein Schaden von 8.000 DM entstanden, den Betrag müsse der Nachbar ersetzen.

Der Nachbar sei für die Probleme der Gärtnerei nicht verantwortlich, stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf klar (9 U 53/94). Hier wirkten allein Naturkräfte, sie hätten die Schäden an den Pflanzenkulturen ausgelöst. Besonders Weidenkätzchen hätten in diesem Jahr aufgrund der ungewöhnlichen Wärme vermehrt in Blüte gestanden. Zudem habe ungewöhnlich konstanter Ostwind geherrscht, der die Samen auf das Grundstück der Gärtnerei geweht habe. Mit solchen Risiken müssten alle Inhaber von Gartenbaubetrieben leben. Man könne niemandem verbieten, sein eigenes Grundstück verwildern zu lassen.

Mainz darf den Mainzer Carneval-Verein bevorzugen

Streit um Sondererlaubnis für den Bauchladenverkauf von Fastnachtsartikeln in Mainz

Ein Händler, der während der Karnevalszeit in Mainz per Bauchladen Fastnachtsartikel verkaufen wollte, beantragte bei der Stadt die dafür erforderliche Genehmigung. Die Kommune lehnte ab: Wenn sie allen Antragstellern im Karneval den mobilen Warenverkauf in der Innenstadt erlauben würde, würden Massen von Bauchladenverkäufern den Fußgängerverkehr und zudem das Straßenbild beeinträchtigen.

Gegen diesen Bescheid zog der Händler vor Gericht und pochte auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Grundgesetz: Dem Mainzer Carneval-Verein (MCV) erteile die Stadt regelmäßig eine Sondererlaubnis für den Bauchladenverkauf, das müsse doch für alle Händler gelten.

Der MCV habe eine Sonderstellung, räumte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ein. Aber für die Ungleichbehandlung gebe es gute Gründe: Der MCV-Verkauf von Zugplaketten gehöre zu den traditionellen Elementen Mainzer Brauchtumspflege (1 A 11842/17.OVG).

Seit 1838 veranstalte der MCV den Rosenmontagszug auf eigene Rechnung — eines der wichtigsten kulturellen Ereignisse in der Stadt. Für den Rosenmontagszug sei Mainz überregional bekannt. Dass er stattfinde, sei von großem, öffentlichem Interesse. Schon seit den 1950er Jahren finanziere der MCV den Umzug mit dem Bauchladenverkauf. Die kostümierten Zugplakettenverkäufer seien mittlerweile selbst Bestandteil der Brauchtumspflege und prägten während des Karnevals die Mainzer Innenstadt.

Hausbau: Kein Werklohn ohne Abnahme

Zieht eine Bauherrin in den Neubau ein, billigt sie damit nicht automatisch die Leistung des Bauunternehmens

Eine Münchnerin ließ ein Einfamilienhaus bauen. Als nach Ansicht des Bauunternehmers das Haus fertig war, sollte sie das Bauvorhaben "förmlich abnehmen". Abnahme bedeutet: Die Auftraggeberin sollte ausdrücklich erklären, dass sie die Leistung des Bauunternehmens als vertragsgerecht ansieht und dessen Anspruch auf Werklohn billigt. Dazu sah die Frau jedoch keinen guten Grund, im Gegenteil.

Im (nicht unterschriebenen) Abnahmeprotokoll listete sie 18 Mängel auf, z.B. eine fehlerhafte Abdichtung im Dachgeschoss, unverputzte Treppenwangen, einen Riss in der Außenfassade, fehlende Estricharbeiten im Keller. Wenig später bezog die Bauherrin mit ihrer Familie das Haus. Nun schickte der Bauunternehmer seine Schlussrechnung, die sich auf 17.600 Euro belief. Da die Münchnerin wegen der zahlreichen Mängel nicht zahlte, klagte der Auftragnehmer den restlichen Werklohn ein.

Wie schon das Oberlandesgericht München erklärte auch der Bundesgerichtshof die Zahlungsklage des Bauunternehmens für unbegründet (VII ZR 32/16). Ohne Abnahme habe der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Werklohn. Die Bauherrin habe die Bauleistungen jedoch nicht abgenommen, sondern führe im Abnahmeprotokoll 18 Mängel des Bauwerks an. Dem Protokoll sei also keine Billigung der Bauleistungen zu entnehmen, auch das Verhalten der Auftraggeberin spreche dagegen.

Dass sie den Neubau bezogen habe, ändere daran nichts. Das wäre nur dann als stillschweigende Abnahme zu bewerten, wenn das Einfamilienhaus ohne wesentliche Mängel fertiggestellt worden wäre. Da hier aber eine Vielzahl erheblicher Mängel vorliege, erscheine es ausgeschlossen, dass die Bauherrin mit ihrem Einzug die Bauleistungen als vertragsgerecht billigen wollte — zumal sie vorher die Abnahme wegen dieser Mängel explizit verweigert habe.

Die Werklohnforderung sei daher noch nicht fällig. Der Bauunternehmer müsse erst einmal die beanstandeten Mängel beseitigen. Dann könne die Abnahme nachgeholt werden. (Mit diesem Beschluss bestätigte der Bundesgerichtshof ein Urteil des OLG München vom 12.1.2016, AZ.: 9 U 1621/15)

Kaufen per Dash Button verboten

OLG München hält das von Amazon praktizierte Bestellverfahren für unzulässig

"Bestellen Sie per Knopfdruck, wenn ihr Lieblingsprodukt zur Neige geht. Sie erhalten ihr neues Produkt, bevor das alte aufgebraucht ist". Mit diesem Versprechen lockt Internethändler Amazon IT-begeisterte Kunden. Wer sich (kostenpflichtig!) beim Unternehmen für das Bestellverfahren anmeldet, kann mit Dash Buttons Dinge des täglichen Bedarfs wie Waschmittel, Kosmetikprodukte oder Hundefutter bestellen.

So geht’s: Kunden müssen auf ihrem Smartphone eine Amazon Shopping App installieren und das Produkt festlegen, das sie über einen Dash Button bestellen wollen. Sind sie bei Amazon registriert, wird der Dash Button mit dem Produkt verknüpft und mit dem WLAN des Nutzers verbunden. Man kann so einen Bestellknopf z.B. an die Waschmaschine kleben und dann per Knopfdruck Waschmittel bestellen. Mehr als den Knopfdruck braucht es nicht, um elektronisch einen Kaufvertrag mit Amazon abzuschließen.

Gegen die Amazon-Dash Buttons klagte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie war der Ansicht, dass das Bestellverfahren in der gegenwärtig praktizierten Form gegen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher verstößt. Die Verbraucherzentrale forderte ein Verbot und setzte sich beim Oberlandesgericht (OLG) München durch (29 U 1091/18).

Hier gehe es um eine spezielle Form des Onlinehandels, so das OLG. Laut Gesetz sei bei Bestellungen im Internet die Schaltfläche so zu gestalten, dass der Verbraucher beim Bestellvorgang ausdrücklich bestätige, dass er sich hiermit zu einer Zahlung verpflichte. Beim Dash Button fehle der Hinweis darauf, dass ein Knopfdruck eine zahlungspflichtige Bestellung auslöse: z.B. durch die Worte "zahlungspflichtig bestellen" oder eine ähnliche, eindeutige Formulierung.

Darüber hinaus müssten Onlinehändler die Verbraucher vor dem Bestellen über wesentliche Eigenschaften der Ware informieren: Art des Produkts, Menge, Größe, Gesamtpreis. Amazon teile dem Kunden vor oder beim Knopfdruck jedoch keine Produktinformationen mit. Dieses Defizit sei nicht dadurch auszugleichen, dass sich Verbraucher auf Wunsch nach dem Bestellen — per Push-Nachricht auf dem Smartphone — von der Amazon Shopping App über Details informieren lassen könnten.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Händler darf bei rechtmäßiger, offener Videokontrolle die Aufnahmen auch speichern

Ein Tabak- und Zeitschriftenhändler stellte im August 2016 Fehlbestände bei Tabakwaren und in der Kasse fest. In seinem Laden hatte er offen eine Videokamera installiert, um im Fall des Falles Ladendiebstähle oder Fehlverhalten von Arbeitnehmern aufklären zu können. Aus gegebenem Anlass wertete der Ladeninhaber die Aufzeichnungen im August aus.

Die Aufnahmen zeigten, dass eine Mitarbeiterin Monate zuvor mehrmals den beim Verkauf eingenommenen Betrag nicht in die Registrierkasse gelegt hatte. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Zunächst war die Kündigungsschutzklage der Angestellten erfolgreich: Die Aufzeichnungen seien kein zulässiger Beweis, hatte das Landesarbeitsgericht geurteilt: Der Arbeitgeber hätte sie gar nicht so lange speichern dürfen.

Da übertreibe es die Vorinstanz mit dem Datenschutz, entschied dagegen das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 133/18). Stammten Aufnahmen aus einer offenen, rechtmäßigen Videoüberwachung, verletzten sie das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter nicht. Dann werde es aber auch nicht allein durch den Zeitablauf unverhältnismäßig, die Aufnahmen zu speichern.

Die Aufzeichnungen zeigten, dass die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber absichtlich geschädigt habe. Auch ein halbes Jahr später habe der Arbeitgeber das Recht, so ein Fehlverhalten zu ahnden. Solange dies möglich sei, sei es auch zulässig, das Bildmaterial zu speichern, anstatt es sofort auszuwerten. Dass der Händler das erst später, aufgrund eines begründeten Verdachts nachholte, sei nicht zu beanstanden. Daher dürften die Aufnahmen im Kündigungsschutzprozess als Beweis verwertet werden.

Ein Eiscafé ist kein "Ladengeschäft"

Teilungserklärung einer Eigentümergemeinschaft sieht in den Erdgeschossräumen einen "Laden" vor

Gemäß der Teilungserklärung einer Eigentümergemeinschaft konnten die Räume im Erdgeschoss der Wohnanlage als "Laden" gewerblich genutzt werden. Die zwei Eigentümer dieser Räume vermieteten sie an den Inhaber einer Eisdiele. Doch da hatten sie die Rechnung ohne die Eigentümergemeinschaft gemacht: Sie verhinderte das Eiscafé per Klage.

Die Eigentümergemeinschaft könne vom Mieter und von den Eigentümern der Wohneinheit verlangen, hier kein Eiscafé einzurichten, entschied das Landgericht Frankfurt (2-13 S 138/17). Wenn es die Teilungserklärung einer Eigentümergemeinschaft erlaube, Räume im Erdgeschoss als "Laden" zu nutzen, bedeute das nicht, dass dort eine Eisdiele betrieben werden dürfe.

Eine Eisdiele störe die Bewohner und Eigentümer viel intensiver als ein Ladengeschäft, so das Landgericht. Hier kauften die Kunden nicht kurz ein, um dann den Laden wieder zu verlassen. In einem Eiscafé setzten sich die Kunden gemütlich hin, um zu konsumieren und um sich zu unterhalten. Gespräche vieler Kunden untereinander führten logischerweise zu einem wesentlich höheren Geräuschpegel als Bestellungen in einem Laden.

Wer anderen eine Grube gräbt

Für die Sicherung einer Baustelle ist nicht nur der Bauunternehmer verantwortlich

Ein Hauseigentümer ließ im Innenhof seines Anwesens Bauarbeiten durchführen, unter anderem wurde im Hof ein tiefer Graben ausgehoben. Um die Grube abzusichern, hängten die Mitarbeiter des Bauunternehmens eine Flatterleine rundherum. Hinterausgänge zum Hof hatten auch ein angrenzendes Mietshaus und ein Restaurant. Im Hof befanden sich die Mülltonnen für alle Gebäude.

Nach Einbruch der Dunkelheit wollte ein Koch des Restaurants leere Pappkartons entsorgen. Auf dem Weg zu den Tonnen stürzte er in den Graben und verletzte sich schwer. Die für den Arbeitsunfall zuständige gesetzliche Unfallversicherung übernahm die Behandlungskosten und verklagte anschließend den Bauherrn sowie den Bauunternehmer auf Schadenersatz.

Sie müssten zu gleichen Teilen für die Unfallfolgen haften, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) München (7 U 3118/17). In der Regel übertrage der Bauherr die Verkehrssicherungspflicht für die Baustelle mit dem Bauauftrag auf den Bauunternehmer, stellte das OLG fest. Von dieser Pflicht könne sich der Bauherr aber nicht komplett befreien. Für Gefahren, die von der Baustelle auf seinem Grundstück ausgehen, bleibe der Auftraggeber mit-verantwortlich: Er müsse zumindest kontrollieren, ob der Auftragnehmer seine Verkehrssicherungspflicht korrekt erfülle.

Im konkreten Fall habe das Bauunternehmen die Baustelle mit einer Flatterleine völlig unzulänglich gesichert. Dagegen habe der Grundstückseigentümer offenkundig nichts unternommen. Angesichts der Wohnsituation hätte man hier damit rechnen müssen, dass Mieter bzw. Mitarbeiter des Restaurants auch abends den Innenhof betreten. Schließlich ständen hier die Müllcontainer. Zudem sei der Hof abends nicht beleuchtet. Also hätten die Verantwortlichen geeignetere Sicherungsvorkehrungen treffen müssen, um zu gewährleisten, dass keine Personen abstürzten.

Jugendschutz in Videotheken

Wenn auch Kinder und Jugendliche Zutritt zum Laden haben, ist eine Extrakasse für Pornofilme nötig

Eine "Familienvideothek", die auch für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zugänglich war, bot unter anderem Pornofilme an. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Verkauf solcher Videos nur zulässig, wenn die indizierten Werke in einem "für Jugendliche nicht zugänglichen Ladengeschäft" aufbewahrt und verkauft werden. Den fraglichen Laden konnten Besucher jedoch nur über eine einzige Tür betreten.

Auf dem Weg in einen separaten Raum für Pornovideos kamen die Interessenten an den Angeboten der Familienvideothek und an der einzigen Kasse vorbei. Der Betreiber einer konkurrierenden Videothek hielt dies für unzulässig und zog gegen seinen Berufskollegen vor Gericht. Das Landgericht Köln gab ihm Recht (81 O 195/94).

Die Videothek dürfe keine Pornofilme mehr anbieten, solange dort auch Personen unter 18 Jahren Zutritt hätten. Anderenfalls liefe die dem Jugendschutz dienende Regelung ins Leere. Zu einem "Ladengeschäft" gehöre nämlich schon vom Wortsinn her eine eigene Kasse, an der die Filme herausgegeben und bezahlt würden. Eine "Mischvideothek" sei auch dann unzulässig, wenn die "verbotene Ware" in einem abgeschlossenen Raum präsentiert werde.

Kunden durften Maklervertrag widerrufen

Die von der Maklerin verwendete Widerrufsbelehrung der Webseite "Immobilienscout24" war unwirksam

Maklerin S hatte mit einem Ehepaar über das Internetportal "Immobilienscout24" einen Maklervertrag — inklusive Provisionsvereinbarung — geschlossen und den Kunden eine Eigentumswohnung vermittelt. Der Kaufvertrag kam zustande, doch die Provision blieben die Kunden schuldig. Monate später widerriefen sie den Maklervertrag mit der Begründung, sie hätten von Frau S keine "ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung" erhalten.

Hintergrund: Verbrauchern steht im Versandhandel und Onlinehandel — d.h. bei so genannten Fernabsatzverträgen — ein Widerrufsrecht zu. Auch ein über das Internet angebahnter Maklervertrag zählt zu den Fernabsatzverträgen. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt grundsätzlich mit dem Vertragsabschluss zu laufen — aber nur, wenn der Verbraucher korrekt über sein Widerrufsrecht informiert wurde.

Das Oberlandesgericht Naumburg entschied, dass der Widerruf im konkreten Fall wirksam war und die Maklerin daher keinen Anspruch auf die Provision hat (7 U 13/18). Die Kunden hätten den Vertrag nicht zu spät widerrufen: Denn die Widerrufsfrist sei wegen einer unzulänglichen Widerrufsbelehrung nicht nach 14 Tagen abgelaufen.

Die Maklerin habe den Kunden eine vorformulierte Bestätigungs-E-Mail des Internetportals "Immobilienscout24" geschickt. Die darin enthaltene, ebenfalls von der Webseite vorformulierte Widerrufsbelehrung zum Maklervertrag entspreche nicht den strengen gesetzlichen Anforderungen. Eine Widerrufsbelehrung müsse den Unternehmer, der sie abgebe, eindeutig erkennen lassen und den Vertrag konkret benennen, auf den sie sich beziehen solle.

In der Standard-E-Mail von "Immobilienscout 24" fehle jeder Hinweis darauf, dass sich die Informationen zum Widerruf auf den Maklervertrag mit Frau S beziehen. Dem Text sei auch nicht zu entnehmen, dass er von Frau S gesendet wurde. Vielmehr entstehe beim Lesen der Eindruck, die Mail und die Belehrung stammten von der Betreiberin der Webseite, deren Unternehmenslogo im Briefkopf der Mail abgebildet sei. Am Ende stehe die Grußformel "Ihr ImmobilienScout24-Team", gefolgt von Werbung.

Dieses Vorgehen sei unzulässig. Makler und andere Unternehmer dürften nicht irgendwelche Widerrufsbelehrungen von Internetportalen nutzen und ohne Bezug auf das eigene Unternehmen durch Kopieren übernehmen.

Schleichwerbung durch "Taggen"?

"Influencer" müssen auf Instagram publizierte Werbung als solche kennzeichnen

Derzeit sind einige Prozesse gegen so genannte "Influencer" im Gange, die auf Internet-Plattformen wie YouTube oder Instagram ihren "Followern" Tipps fürs Outfit geben. Vermeintlich private Fotos zeigen die Mode-Vorbilder in Kleidung bzw. mit Accessoires von Hersteller XY. Klicken Internetnutzer auf ein Foto, erscheint ein "Tag" und zeigt den Namen der jeweiligen Marke an. Meist mit Link zur Webseite des Herstellers.

Ein Wettbewerbsverein, zu dessen Mitgliedern Verlage und Werbeagenturen gehören, geht gegen diese Art der Schleichwerbung im Internet vor. Unter anderem hat er von "Influencerin" Pamela Reif verlangt, ihre auf Instragram platzierte Werbung als solche zu kennzeichnen. Bisher ist das nicht der Fall, obwohl Frau Reif Internetnutzer direkt zu den Instagram-Accounts der Markenhersteller weiterleitet, wenn sie auf einen "Tag" klicken.

Diese Praxis verstoße gegen das Wettbewerbsrecht, urteilte das Landgericht Karlsruhe (13 O 38/18 KfH). Die Publikationen auf Instagram verfolgten in erster Linie einen kommerziellen Zweck und darauf müsse die "Influencerin" deutlich hinweisen. Sie fördere Image und Absatz der Hersteller, deren Sachen sie trage. Dass sie angeblich mit den Tags nur Nachfragen ihrer Follower vermeiden wolle ("Woher hast du dein Kleid?"), widerlege den kommerziellen Zweck der Links nicht.

Gerade die scheinbare Privatheit dieser Posts mache die Influencer-Werbung zur idealen Reklame für die Unternehmen. Deshalb seien Influencer als Werbeträger besonders glaubwürdig, obwohl sie mit den Posts stets auch ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten förderten. Mit der Reklame für passende Marken und Artikel pflegten sie den Kreis ihrer Follower. Diese wiederum schätzten die vermeintliche Authentizität der Influencer und wollten deshalb Teil ihrer Community sein.

Meist durchschauten Follower den Charakter dieser Posts als Reklame nicht. Vor allem die teilweise sehr jungen Abonnenten von Frau Reif könnten deren Zweck noch nicht richtig einschätzen. (Die Influencerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, es ist also noch nicht rechtskräftig.)

Supermarkt-Parkplatz nicht gestreut

Winterdienst-Firma muss einer mit dem Rad gestürzten Kundin Schmerzensgeld zahlen

Es war zwar Anfang März 2015, doch von Frühling noch keine Spur: In der Umgebung von München war es eiskalt. Eine Frau aus Grasbrunn radelte um 8 Uhr früh zu einem Supermarkt in Neukeferloh. Auf dem Kundenparkplatz des Supermarkts stürzte sie auf überfrierender Nässe und brach sich den rechten Mittelfinger. Bis heute hat die 54-Jährige Probleme mit dem Finger, kann die rechte Hand nicht richtig gebrauchen.

Im Auftrag der Gemeinde Neukeferloh hatte ein gewerblicher Räum- und Streudienst den Winterdienst im Gemeindegebiet übernommen, Supermarkt-Parkplatz inklusive. Von dieser Firma forderte die Verletzte 3.000 Euro Schmerzensgeld: Der Parkplatz sei nicht gestreut gewesen, warf sie der Unternehmerin vor. Deshalb sei ihr Rad auf einer — nicht erkennbaren, ca. drei mal drei Meter großen — gefrorenen Fläche weggerutscht. Zwar habe kein Schnee mehr gelegen. Aber am Vortag habe es geregnet und über Nacht sei es sehr kalt gewesen. Deshalb hätte der Räumdienst den Parkplatz kontrollieren und auf überfrorener Nässe streuen müssen.

Die Unternehmerin verwies auf die Gemeindeverwaltung: Die Kommune habe sie an diesem Tag nicht zum Einsatz aufgefordert. Parkplätze und Wege seien schnee- und eisfrei gewesen. Der Ehemann der Firmeninhaberin behauptete sogar, es habe ein Mitarbeiter morgens um 5 Uhr den Parkplatz kontrolliert. Daran konnte sich der Mitarbeiter allerdings nicht erinnern.

Das Amtsgericht München glaubte dem Ehemann nicht und entschied den Streit zu Gunsten der Kundin (154 C 20100/17). Die Unternehmerin sei verpflichtet, auf dem Parkplatz den Winterdienst auszuführen — diese Pflicht habe sie nur unzulänglich erfüllt. Laut Wetterdienst herrschte in München und Umgebung an diesem Tag eine Mindesttemperatur knapp über dem Gefrierpunkt: 0,4 Grad Celsius.

Bei so einer Temperatur hätte die Winterdienst-Firma auch ohne Aufforderung der Kommune aktiv werden, den Parkplatz auf glatte Stellen durch überfrierende Nässe prüfen und gegebenenfalls streuen müssen. Rund um München sei der Winter Anfang März in der Regel noch nicht vorbei. Da die Unternehmerin zudem den Winterdienst gewerblich ausübe, träfen sie auch — verglichen mit privaten Hauseigentümern — erhöhte Sorgfaltspflichten.

Media Markt feiert Geburtstag

Jubiläumsangebote eines Händlers sind nur alle 25 Jahre zulässig

Ein "Media Markt" in Bochum wollte zu seinem Geschäftsjubiläum mit folgender Werbung die Aufmerksamkeit der Kunden steigern: "Sechs Jahre in Bochum ... Media Markt macht zu seinem 6. Geburtstag Superangebote zu absoluten Wahnsinnspreisen".

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs beanstandete die Reklame: Sie verstoße gegen das Sonderveranstaltungsrecht. Geburtstagsangebote seien nicht beliebig oft erlaubt, weil sonst eine Unzahl von Sonderveranstaltungen entstünde, die letztlich nur den Verbraucher in die Irre führe.

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte, dass Jubiläumsverkäufe nur in größeren Abständen, nämlich alle 25 Jahre zulässig sind (4 U 34/95). Diese Entscheidung unterstrich das Gericht, indem es für den Fall der Zuwiderhandlung dem "Media Markt" eine Geldbuße von bis zu 500.000 DM androhte. Das Unternehmen müsse sowohl die Werbung unterlassen, als auch den Verkauf der zu Sonderpreisen angebotenen Ware. Reklame dürfe nicht mehr versprechen, als sie halten könne.

"Lockvogelangebot"?

75-jähriger Kunde verlangt Geld zurück: Partnervermittlungsvertrag anfechtbar?

Ein ehemaliger Bankkaufmann suchte nach dem Tod seiner Ehefrau 2014 eine neue Partnerin. In einer Tageszeitung studierte er die "Partnerschaftsanzeigen" und stieß auf das Inserat einer bundesweit tätigen Partnervermittlung:

"D 73 J., bin eine einfache, aber hübsche Frau mit weiblicher Figur, gerne würde ich wieder einen lieben Mann (Alter unwichtig) glücklich machen. … Bitte rufen Sie heute noch an u. fragen nach mir. 1&1-pv Tel."

Als der Senior dort anrief, meldete sich natürlich keine Frau D, sondern eine Mitarbeiterin der Partnervermittlung. Mit ihr traf sich der Mann und unterschrieb nach dem Gespräch einen Vermittlungsvertrag. Darin hieß es, die Agentur garantiere zehn Partnerempfehlungen. Dafür zahlte der Kunde 4.998 Euro. Über die Anzeige und "Frau D" wurde da gar nicht mehr gesprochen, wie er später selbst zugab.

Im Sommer 2015 teilte der Kunde der Partneragentur mit, er habe mit der empfohlenen Frau H eine Partnerin gefunden. Nach einigen Tagen schrieb er, die "angebotene Frau D sei nicht mehr aufgetaucht", die Zeitungsanzeige könne nicht stimmen. Der Senior forderte die 4.998 Euro zurück und focht den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg entschied den Streit zu Gunsten der Partneragentur (12 U 1919/16).

Der Vertrag sei wirksam, so das OLG. Die Partnervermittlung schuldete dem Kunden zehn Partnervorschläge, ausgewählt nach den von ihm gewünschten Eigenschaften (Interessen, Alter, Wohnort etc,). Und diese Vorschläge habe der Kunde erhalten. Es liege auch kein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Angebot und Honorar vor: Bei Unternehmen dieser Art gebe es kein "marktübliches Honorar", die Preisunterschiede seien enorm. Von Wucher könne jedenfalls nicht die Rede sein.

Das Unternehmen habe den Mann auch im Hinblick auf den Urheber der Anzeige nicht getäuscht. Personen mit seiner Lebenserfahrung wüssten, dass gewerbliche Partnervermittler Kontaktanzeigen schalteten. Wer "Partnerschaftsanzeigen lese, werde die Abkürzung "pv" unschwer als Abkürzung für "Partnervermittlung" erkennen. Das Ende des Inserats — "1&1-pv Tel." — sei ein klarer Hinweis darauf, dass hier nicht der private Telefonanschluss einer Frau D angegeben werde. Die "Ich-Form", in der die Annonce geschrieben sei, ändere daran nichts — in gewerblichen Anzeigen sei das gang und gäbe.

Diese Art Werbung sei seit Jahrzehnten gebräuchlich und jedem Zeitungsleser vertraut. Selbst wenn man eine Täuschung durch ein "Lockvogelangebot" (Beschreibung einer nicht-existenten Frau D) bejahen wollte, bedeutete das im konkreten Fall nicht, dass der Vertrag nichtig sei. Denn die angebliche Täuschung sei nicht der Grund für den Vertragsschluss mit dem Partnervermittler gewesen. Im Gespräch mit der Vermittlerin habe der Kunde gar nicht mehr erwähnt, speziell Frau D kennenlernen zu wollen. Und auch nach dem Erhalt der Adressen habe er nach ihr nicht mehr gefragt.