Geld & Arbeit

Krankgeschriebener Arbeitnehmer baut Gartenmauer

Ein Detektiv filmte ihn durch ein Loch in der Hecke: Ist die Kündigung wirksam?

Seit über 30 Jahren arbeitete Herr B für seine Firma als Betontechnologe. Im November 2020 meldete er sich krank, weil er an der Schulter operiert werden musste. Abgesehen von wenigen Tagen erschien B über ein Jahr lang nicht im Betrieb. Immer neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verschiedener Ärzte machten den Arbeitgeber misstrauisch. Er engagierte im September 2021 einen Detektiv, der feststellen sollte, ob "das mit rechten Dingen" zuging.

Der Detektiv beobachtete B bei Arbeiten in seinem Garten und filmte ihn durch ein Loch in der Hecke. Daraufhin wurde B fristlos entlassen. Der Arbeitgeber warf ihm vor, eine Terrasse gepflastert und eine Mauer gebaut zu haben. Sogar einen Zwei-Takt-Stampfer habe der angeblich erkrankte Mann bedient. Entweder er habe die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht oder gegen seine Pflicht verstoßen, alles, was möglich sei, für seine Genesung zu tun.

Herr B erhob Kündigungsschutzklage: Er habe nur dem Schwiegersohn ein wenig geholfen und mit dem Bodenstampfer kurz die Belastungsfähigkeit der Schulter getestet: Das stelle kein genesungswidriges Verhalten dar. Im Betrieb dagegen müsste er acht Stunden lang Schwerarbeit verrichten. Das heimliche Filmen habe außerdem seine Persönlichkeitsrechte verletzt.

In diesem Punkt gab das Landesarbeitsgericht Nürnberg Herrn B Recht (1 Sa 250/22). Die Aufnahmen seien gerichtlich nicht verwertbar. Ohne konkrete Verdachtsmomente — auf eine Straftat oder schwere Pflichtverletzung — hätte der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht auf seinem privaten Grundstück heimlich überwachen lassen dürfen. Das Gericht könne keinen Anlass erkennen, der so eine Maßnahme gerechtfertigt hätte.

Unabhängig davon stehe jedoch aufgrund seiner eigenen Aussagen fest, dass Herr B eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Dass man mit einer operierten Schulter keinen Bodenstampfer bedienen dürfe, der erhebliche Schwingungen verursache, verstehe sich von selbst. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers sei allerdings nicht so gravierend, dass die Zusammenarbeit für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar wäre. Eine fristlose Kündigung komme nur als letztes Mittel in Betracht.

Zu berücksichtigen sei dabei auch die lange Beschäftigungsdauer und die Tatsache, dass die Firma keine Entgeltfortzahlung mehr leisten müsse. B erhalte schon länger Krankengeld von der Krankenkasse. Vor der Kündigung hätte der Arbeitgeber B jedenfalls abmahnen müssen. Auch wenn die Firma behaupte, dass so eine Warnung nichts bewirkt hätte — das stehe keineswegs fest. Es sei sogar wahrscheinlich, dass sich der Arbeitnehmer durch eine Abmahnung von einer erneuten Pflichtverletzung hätte abhalten lassen.

"Klammer" Arbeitgeber will Prämie streichen

Kurzartikel

Arbeitgeber dürfen Boni, Prämien oder andere Sonderzahlungen nicht wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten streichen. Diese dürfen nämlich nicht von "unternehmerischen Zielen" abhängig gemacht werden. "Variable Vergütungen" müssen vielmehr mit den Mitarbeitern individuell vereinbart und an individuelle Ziele geknüpft werden. Erreicht ein Arbeitnehmer "sein" Ziel, hat er Anspruch auf die Extra-Vergütung. Wenn der Arbeitgeber gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht verstößt, mit den Mitarbeitern individuelle Ziele zu vereinbaren, steht ihnen Schadenersatz in Höhe der Prämie zu.

Sperrzeit überschritten - Geldbuße für Wirtin

Die Sperrzeit gilt nur für die Bewirtung von Gästen, nicht fürs Personal

Weil sie die Sperrstunde um 2.00 Uhr missachtet habe und sich in ihrem Lokal um 3.10 Uhr noch Gäste am Tresen "vor teilweise gefüllten Gläsern" aufgehalten hätten, verhängte das kommunale Gewerbeaufsichtsamt gegen eine Wirtin ein Bußgeld. Dagegen wehrte sie sich und behauptete, die so spät noch anwesenden Personen hätten zum Personal gehört.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf, weil der Amtsrichter die Aussage der Gastwirtin nicht überprüft hatte (3 ObOWi 112/94). Falls tatsächlich nur Angestellte "nach getaner Arbeit" gesellig beisammen gewesen seien, habe es sich nicht um Gäste gehandelt. Es sei anzunehmen, dass das Personal für die Getränke nichts habe zahlen müssen. Die Wirtin sei also um diese Zeit nicht mehr ihrem Gewerbe nachgegangen. Von einem privaten Charakter des Zusammenseins sei auch dann auszugehen, wenn dabei betriebliche Angelegenheiten, zum Beispiel die bessere Bedienung der Gäste, besprochen worden wären.

Werbung für Meditonsin versprach zu viel

Kurzartikel

Die NRW-Verbraucherzentrale setzte das Verbot einiger Werbeaussagen durch, mit denen der Anbieter des homöopathischen Mittels Meditonsin im Internet geworben hatte. Das betraf die Aussage, Meditonsin reduziere die "Intensität der typischen Erkältungssymptome" "rasch und zuverlässig" sowie ähnliche Behauptungen. Dies sei irreführend, so das Landgericht Dortmund. Solche Aussagen erweckten den falschen Eindruck, erkältete Patienten könnten mit Gewissheit Besserung erwarten, wenn sie das Mittel einnehmen.

Mangelhafte Fenster eingebaut?

Dass die Glasfläche neuer Fenster der der alten Fenster entsprechen sollte, war nicht vereinbart

Auf einer Verbrauchermesse bestellte eine Hauseigentümerin bei einer Handwerksfirma — spezialisiert auf Kunststofffenster, Rollläden und Markisen — zwölf Außenfenster mit Serienverglasung sowie Außenfensterbänke und Rollläden. Der Gesamtpreis betrug inklusive Montage der neuen Fenster und Fensterelemente 11.000 Euro. Die genauen Maße wurden vor Ort festgestellt und vom Ehemann der Auftraggeberin bestätigt.

Als die Handwerksfirma die Arbeiten ausgeführt hatte, beanstandete das Ehepaar die neuen Fenster. Deren Glasfläche sei kleiner als die der alten Fenster, die Firma habe wohl die beim Vor-Ort-Termin genommenen Maße nicht umgesetzt. Die Auftraggeberin verweigerte der Firma den Werklohn und forderte, die Fenster auszutauschen. Daraufhin klagte die Fensterbaufirma auf Zahlung und setzte sich beim Landgericht Karlsruhe durch (6 O 195/20).

Die Auftraggeberin habe zwar die Leistungen des Fensterbauers nicht gebilligt (= abgenommen). Das schließe den Anspruch auf Zahlung aber nur aus, wenn die Werkleistung wesentliche Mängel aufweise, erklärte das Landgericht. Und das sei hier nicht der Fall: Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit sei nicht festzustellen.

Dass Rahmenbreite und Fensterfläche der neuen Fenster exakt den Maßen der alten Fenster entsprechen sollten, sei nämlich weder schriftlich im Vertrag festgehalten, noch mündlich bei der Bestellung vereinbart worden.

Der Handwerker habe die neuen Fenster gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestellt und montiert, habe der gerichtliche Sachverständige ausgeführt. Wenn Fenster vom Innenraum aus montiert werden sollten, würden die Fensterelemente grundsätzlich ca. 15-20 mm kleiner gefertigt als das lichte Maß der Baukörperöffnung in der Innenseite. Dieses Vorgehen sei üblich, da so die Bausubstanz weitgehend unangetastet bleibe. Bei dieser Art der Montage sollten so wenig Brecharbeiten, Putz- und Malerarbeiten anfallen wie möglich.

Dazu komme nach Ansicht des Bauexperten möglicherweise eine andere Profilgeometrie neuer Fenstersysteme. Beides zusammen ergebe eine reduzierte Glasfläche. Wenn dies nicht erwünscht sei, müsse der Fensterbauer auf eine andere Art der Montage und, soweit möglich, auf geringere Profilquerschnitte ausweichen. Das hätte aber schon beim Vertragsschluss vereinbart werden müssen, so das Fazit des Gerichts.

Während der Online-Prüfung gechattet

Studentin wird wegen schwerer Täuschung exmatrikuliert

Studentin S schrieb im Sommer 2021 im Bachelorstudiengang "Öffentliche Verwaltung" eine Online-Klausur. Dem Dozenten und Prüfer wurden danach Screenshots von einem Messenger-Chat-Verlauf zugespielt. So flog auf, dass sich zahlreiche Studenten während der Prüfung über die Klausurthemen ausgetauscht hatten. Gegen die Mitglieder der Chat-Gruppe wurde eine Untersuchung eingeleitet, u.a. wurde Frau S wegen schwerer Täuschung exmatrikuliert.

Dagegen zog die Studentin vor Gericht, ihre Klage scheiterte jedoch beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin (12 K 52/22). Die Maßnahme sei rechtmäßig, erklärte das VG, denn Frau S habe sich während der dreistündigen Bearbeitungszeit mit anderen Prüflingen intensiv über die Prüfungsfragen ausgetauscht. Sie habe Antworten auf Fragen von Kommilitonen mitgelesen, selbst Fragen gestellt und Stellung bezogen.

Die Studentin habe auch Screenshots von Antworten auf die Fragen im Multiple-Choice-Teil der Klausur einsehen können. Für so eine schwerwiegende Täuschung sehe die Prüfungsordnung die Exmatrikulation vor, Frau S müsse also die Hochschule verlassen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Stellungnahmen und Antworten inhaltlich zutreffend gewesen seien und tatsächlich dabei geholfen hätten, die Klausur zu bearbeiten.

Es spiele auch keine Rolle, dass die Hochschule die Chat-Gruppe ursprünglich selbst eingerichtet habe. Nur die Studenten selbst hätten die Verantwortung dafür, dass sie die Prüfung ohne unerlaubte Hilfe ablegten. Da bei Online-Klausuren regelmäßig getäuscht werde, dürfe die Hochschule dieses Fehlverhalten mit dem scharfen Mittel Exmatrikulation sanktionieren und auf dessen abschreckenden Effekt setzen.

Unwirksame Klausel im Mobilfunkvertrag

Verbraucher können das Endgerät frei wählen, mit dem sie das Internet nutzen

Ein Verbraucherschutzverband beanstandete eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Mobilfunkanbieters. Demnach sollten sich die Kunden nur mit Endgeräten ins Internet einklinken, die eine "mobile Nutzung unabhängig von einem permanenten, kabelgebundenen Stromanschluss" ermöglichten. Kunden sollten also mit Smartphones, Tablets etc. im Netz surfen, aber nicht mit stationären LTE-Routern.

Das Telekommunikationsunternehmen dürfe diese Klausel in seinen Mobilfunkverträgen künftig nicht mehr verwenden, forderten die Verbraucherschützer. Sie widerspreche EU-Recht: Verbraucher hätten das Recht, den Internetzugang mit Endgeräten ihrer Wahl zu benützen. Der Verband gewann den Streit mit dem Mobilfunkanbieter in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (III ZR 88/22).

Mobilfunkanbieter könnten die Wahlfreiheit der Verbraucher bei den Endgeräten nicht per AGB-Klausel wirksam einschränken, urteilten die Bundesrichter. Wenn sich Geräte technisch dafür eigneten, über das Mobilfunknetz eine Internetverbindung herzustellen, dürften sie nicht von der Nutzung des Internetzugangs ausgeschlossen werden. Ob dem Internetzugangsdienst ein Mobilfunkvertrag, ein Festnetzvertrag oder ein anderer Vertragstyp zugrunde liege, spiele dabei keine Rolle.

Steuerbonus für ein Hausnotrufsystem?

Alarmiert der "Piepser" nicht direkt die Nothilfe, handelt es sich nicht um eine haushaltsnahe Dienstleistung

Eine Seniorin hatte ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der Anbieter stellte das Hausnotruf-Gerät zur Verfügung, damit konnte die Frau im Notfall den Kontakt zu einem 24-Stunden-Bereitschaftsservice herstellen. Bei Notrufen schaltete dann die Servicezentrale gegebenenfalls Dritte ein — z.B. einen Rettungsdienst —, die vor Ort Hilfe leisten konnten.

Beim Finanzamt beantragte die Steuerzahlerin für die Kosten des Hausnotrufsystems den Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen. Die Steuerbehörde lehnte die Steuerermäßigung ab. Den folgenden Rechtsstreit entschied der Bundesfinanzhof zu Gunsten des Finanzamts (VI R 7/21).

Voraussetzung für den Steuerbonus sei, dass die vereinbarte Dienstleistung im Haushalt der Steuerpflichtigen erbracht werde. Das treffe hier nicht zu. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Notruf direkt eine Pflegekraft alarmiere, die vor Ort die Notfallhilfe übernehme. Dies sei zum Beispiel bei den Piepsern in einer Seniorenresidenz der Fall.

Im konkreten Fall zahle die Seniorin aber nur für das Gerät und für die Rufbereitschaft. Notrufe würden in der Servicezentrale des Anbieters entgegengenommen und, falls nötig, an einen Pflegedienst oder Rettungsdienst weitergeleitet. Diese Leistung des Hausnotruf-Anbieters erfolge außerhalb der Wohnung und damit nicht im Haushalt der Steuerzahlerin.

Elektronische Zeiterfassung im Betrieb

Arbeitnehmer müssen sich auch während kurzer Pausen "ausstempeln", andernfalls ist es Arbeitszeitbetrug

Die Raumpflegerin gehörte zur Putzkolonne eines größeren Betriebs. Eines Tages stempelte sie sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit bei der elektronischen Zeiterfassung ein. Anschließend ging die Frau ins benachbarte Lokal, um einen Kaffee zu trinken — allerdings, ohne sich auszustempeln. Der Chef hatte sie beobachtet und den Fehler bemerkt. Nach ihrer Rückkehr sprach er die Arbeitnehmerin darauf an.

Zunächst stritt sie alles ab. Dass sie sich nicht ausgestempelt hatte, gab sie erst zu, als der Chef sagte, er könne ihr Beweisfotos auf seinem Handy zeigen. Nach diesem Gespräch wurde die Raumpflegerin fristlos entlassen und erhob Kündigungsschutzklage. Begründung: Die Kündigung sei unverhältnismäßig, da es sich um ein einmaliges und geringfügiges Vergehen gehandelt habe. Schließlich sei es nur um eine Kaffeepause von zehn Minuten gegangen.

Doch das Landesarbeitsgericht Hamm fand, ihr Fehlverhalten rechtfertige eine fristlose Kündigung (13 Sa 1007/22). Die Arbeitnehmerin habe sich eingestempelt und sei wieder gegangen, ohne sich auszustempeln: So ein Missbrauch der elektronischen Stempeluhr sei ein Vertrauensbruch und zudem Arbeitszeitbetrug, auch wenn es nur eine kurze Pause gewesen sei. Entscheidend sei vor allem das Verhalten der Arbeitnehmerin nach der Kaffeepause.

Als der Chef sie zur Rede stellte, habe sie ihn angelogen und ihren Fehler geleugnet. Unter diesen Umständen sei es für den Arbeitgeber unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen — obwohl es sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt habe. Auch ohne vorherige Abmahnung sei hier die fristlose Kündigung wirksam. Arbeitgeber müssten sich darauf verlassen können, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit korrekt dokumentierten.

Wohnmobil geklaut

Der Schlüssel lag im Fahrzeug: Muss die Teilkaskoversicherung den Verlust in voller Höhe ersetzen?

Ein Ehepaar fuhr mit dem Wohnmobil in Urlaub. In einer Gaststätte wollten die Urlauber eine Mittagspause einlegen, das Wohnmobil stellten sie auf dem Parkplatz ab. Während die Ehefrau im Fahrzeug noch etwas suchte, ging ihr Mann schon zum Hauseingang. Von dort rief er ihr zu, sie solle den Fahrzeugschlüssel mitbringen. Den hatte er in die vordere Ablage gelegt und mit einem Handtuch zugedeckt.

Doch die Ehefrau verstand seinen Zuruf nicht richtig und ließ den Schlüssel liegen. Als das Paar zwei Stunden später die Fahrt fortsetzen wollte, war das Wohnmobil verschwunden. Der Kfz-Halter meldete den Verlust seiner Teilkaskoversicherung. Das Unternehmen ersetzte jedoch nur rund 16.000 Euro, was etwa einem Drittel des Fahrzeugwerts entsprach.

Da der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, dürfe sie die Leistung kürzen, erklärte die Versicherung. Das sah der Versicherungsnehmer anders: Er klagte auf vollen Schadenersatz. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (6 U 107/21). Grob fahrlässig handle, wer naheliegende, einfache Maßnahmen nicht ergreife, die jedem einleuchten müssten.

Im konkreten Fall sei dieser Vorwurf unberechtigt. Der Versicherungsnehmer habe seine Frau gebeten, den Schlüssel mitzunehmen. Er habe sich also darum gesorgt, dass der Schlüssel während der Mittagspause nicht im Wohnmobil liegen blieb. Nur wegen eines Missverständnisses sei die Ehefrau der Aufforderung nicht gefolgt. So ein Missverständnis könne letztlich jedem passieren — es stelle keine unentschuldbare Pflichtverletzung dar.

Der Kfz-Halter habe nicht kontrolliert, ob seine Frau das Wohnmobil abgeschlossen und den Schlüssel eingesteckt habe. Das wäre natürlich besser gewesen, räumte das OLG ein. Aber als grob fahrlässig sei auch dieses Versäumnis nicht zu bewerten. Normalerweise vertrauten Ehepartner einander. Anhaltspunkte dafür, warum dieses unter Ehepartnern übliche Vertrauen hier unangebracht gewesen sein könnte, seien nicht ersichtlich.

Corona-Test vor dem Training

Die Corona-Schutzvorschriften rechtfertigten es nicht, einen Fitnessstudio-Vertrag zu kündigen

Im Frühjahr 2021 hatte Frau D mit der Inhaberin eines Fitnessstudios einen Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 18 Monaten mit Beginn am 1. Juli, das monatliche Entgelt betrug 74 Euro. Im Juli begann Frau D mit dem Training. Doch schon nach einem Monat überlegte es sich die Kundin anders und kündigte. Ab August zahlte sie keinen Mitgliedsbeitrag mehr, obwohl sie mehrmals abgemahnt wurde.

Ihre Kündigung begründete Frau D im folgenden Rechtsstreit mit den Corona-Vorschriften: Sie habe sich aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht gegen Corona impfen lassen können. Deshalb habe sie den Vertrag außerordentlich kündigen dürfen.

Die Studioinhaberin hielt die Kündigung für unwirksam und forderte von Frau D die Zahlung der Mitgliedsbeiträge: Die Kundin hätte jederzeit im Studio trainieren können, wenn sie sich an die staatlichen Auflagen gehalten hätte. Wer sich nicht impfen lassen wollte, habe sich testen lassen können.

Das Amtsgericht München gab der Studioinhaberin Recht (161 C 2028/22). Die Kundin müsse die ausstehenden Beiträge (insgesamt 1.184 Euro) zahlen. Auch für Kunden, die sich nicht impfen lassen konnten oder wollten, habe während der Pandemie kein außerordentliches Kündigungsrecht bestanden, so das Amtsgericht.

Frau D hätte nämlich auch ohne Corona-Impfung trainieren können. Corona-Tests durchzuführen, um das Studio nutzen zu können, sei für die Kunden während der Pandemie durchaus zumutbar gewesen. Das Fitnessstudio habe im fraglichen Zeitraum allen Kunden offen gestanden, die bereit waren, die Corona-Schutzvorschriften einzuhalten.

Student zu reich für BAföG?

Das Studentenwerk verlangte von ihm, seinen kleinen Eigentumsanteil am Elternhaus zu verkaufen

Als sein Vater gestorben war, hatte der junge Mann ein Zwölftel seines Elternhauses geerbt. Mit der Mutter und seinen Geschwistern wohnte der angehende Student weiterhin im Familienheim. Das gab er auch beim Studentenwerk in Frankfurt an, als er Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragte.

Doch der Sachbearbeiter erklärte dem erstaunten Studenten, er bekomme keine BAföG-Leistungen. Er müsse zunächst sein Miteigentum am Eigenheim verwerten und mit dem Erlös sein Studium finanzieren.

Diesen "Vorschlag" lehnte der Student ab: Er wolle das Familienheim behalten und außerdem den Familienfrieden nicht aufs Spiel setzen. So begründete der junge Mann auch seine Klage auf BAföG-Leistungen, konnte sich jedoch bei den hessischen Verwaltungsgerichten nicht durchsetzen.

Gegen die ablehnenden Entscheidungen erhob er erfolgreich Verfassungsbeschwerde: Das Bundesverfassungsgericht kritisierte sie als "willkürlich" (1 BvR 1620/22). Studenten, die als Mitglieder einer Erbengemeinschaft Miteigentum an einem selbstbewohnten Einfamilienhaus hätten, müssten ihren Anteil nicht verwerten, um das Studium zu finanzieren.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, für den Studenten wäre es zumutbar, sein Zwölftel Haus zu verkaufen, sei nicht nachvollziehbar. In so einem Fall liege eindeutig eine "unbillige Härte" vor, da das Vermögen des jungen Mannes auf diese Weise nicht verwertbar sei. Ein Zwölftel Grundstück könne man nicht verkaufen.

Also müsste der junge Mann, dem nur ein geringer Anteil gehöre, seine Familienangehörigen dazu zwingen, ebenfalls zu verkaufen, um sein Studium finanzieren zu können. Das liefe auf eine Zwangsversteigerung hinaus. Trotzdem habe das Verwaltungsgericht schlicht unterstellt, das Elternhaus könnte zu einem angemessenen Preis verkauft werden. Das sei bei Zwangsversteigerungen selten der Fall.

Gartentor vom Sturm beschädigt

Ist die Reparatur teurer als ein neues Tor, muss die Gebäudeversicherung deren Kosten nicht erstatten

Nach einem Sturm musste eine Hauseigentümerin einige Schäden am Anwesen feststellen. Unter anderem war das rechte Torelement des Gartentores aus dem Scharnier gerissen worden. Die Frau meldete die Schäden ihrer Wohngebäudeversicherung — wegen des Gartentors kam es zum Streit.

Eine von der Hauseigentümerin beauftragte Firma hatte in ihrem Kostenvoranschlag die Reparaturkosten für das Tor auf 5.700 Euro brutto geschätzt. Doch der Sachverständige der Versicherung erklärte eine Reparatur für "unwirtschaftlich". Den rechten Torflügel gegen einen neuen auszutauschen, koste höchstens 1.500 Euro. Die Versicherungsnehmerin ließ das Tor dennoch reparieren und forderte von der Versicherung Kostenersatz.

Unstrittig sei, dass das Unternehmen im Prinzip für den Schaden einstehen müsse, so das Oberlandesgericht Saarbrücken (5 U 30/22). Ein Sturm habe den Torflügel aus der Verankerung gerissen und das Gartentor gehöre zu den mitversicherten Sachen.

Die Versicherung schulde der Hauseigentümerin aber nur den Betrag, der notwendig sei, um den Schaden zu beseitigen. Welche Kosten der von der Versicherungsnehmerin eingereichte Kostenvoranschlag nenne und welchen Betrag sie tatsächlich für die Reparatur aufgewandt habe, sei nicht von Belang.

Hier komme es nur darauf an, welche Kosten objektiv erforderlich waren, um das Gartentor wiederherzustellen. Der gerichtliche Sachverständige habe erläutert, der Einbau eines vergleichbaren, neuwertigen Gartentores koste 2.450 Euro brutto. Richtigerweise sei er davon ausgegangen, dass ein neues Tor beschafft und nicht nur der beschädigte Torflügel ausgetauscht werden müsse.

Bei der Kalkulation habe der Sachverständige die Kosten der Demontage des beschädigten Tores berücksichtigt und die Montagekosten eines baugleichen, feuerverzinkten Tores. Mehr als den doppelten Betrag für eine Reparatur des alten Tores auszugeben, das ohne Nachteil für die Versicherungsnehmerin ausgetauscht werden könne, wäre wirtschaftlich unvernünftig. Also müsse der Versicherung diese Kosten auch nicht ersetzen.

Kameraassistentin erhält Elterngeld

Zeiten der Arbeitslosigkeit zwischen befristeten Projekten zählen bei der Berechnung des Elterngeldes nicht!

Frau M arbeitet als Kameraassistentin für Filmproduktionen — immer nur befristet auf die Dauer des jeweiligen Filmprojekts. Zwischen den Produktionen meldete sie sich jeweils arbeitslos. In so einer Zwischenphase wurde festgestellt, dass Frau M schwanger war. Ihrem körperlich anstrengenden Beruf konnte sie während der Schwangerschaft nicht nachgehen.

Nach der Geburt des Kindes beantragte und erhielt die Kameraassistentin Elterngeld. Dessen Höhe hängt prinzipiell vom Einkommen in den zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat des Kindes ab.

Bei Frau M berücksichtigte der zuständige Landkreis nur ihr Einkommen in den sieben Monaten, in denen sie berufstätig war. Während der fünf Monate, in denen sie arbeitslos gemeldet war, ging die Behörde von "Null Euro"-Einkommen aus — weshalb Frau M insgesamt weniger Elterngeld zugesprochen bekam.

Dagegen klagte die junge Mutter: Zeiten der Arbeitslosigkeit dürften bei der Berechnung des Elterngeldes keine Rolle spielen. Der dafür maßgebliche Zeitraum von zwölf Monaten müsse entsprechend verschoben werden. Wenn sie, um ihr Kind zu schützen, länger nicht gearbeitet habe, dürfe man sie dafür nicht mit Abzug beim Elterngeld bestrafen.

Der Gesetzgeber habe abschließend geregelt, unter welchen Umständen der Bemessungszeitraum bei der Berechnung des Elterngelds verschoben werden könne, erklärte das Bundessozialgericht (B 10 EG 1/22 R). Der Mutter mehr Elterngeld zu gewähren, als ihr — gemäß den Einkünften im Bemessungszeitraum — rechnerisch zustehe, komme nur in einem genau definierten Ausnahmefall in Betracht.

Das sei ausschließlich dann der Fall, wenn dem geringeren Einkommen eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zugrunde liege. Monate der Arbeitslosigkeit vor der Geburt des Kindes würden dagegen bei der Berechnung nicht berücksichtigt, auch wenn sich daraus Einkommenseinbußen ergeben. Dieses wirtschaftliche Risiko müssten Eltern selbst tragen.

Gewinnausschüttung für Sparkassenangestellte

Der Personalrat hat nur bei der Höhe der Beteiligung mitzureden

Der Personalrat einer Sparkasse in Schleswig-Holstein verlangte, ein Teil der von dem Kreditinstitut vereinnahmten Provisionen müsse an die Beschäftigten ausgeschüttet werden. Ein derartiges Mitbestimmungsrecht lehnte die Sparkasse jedoch ab.

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bestätigte, dass der Personalrat die Beteiligung am Gewinn nicht erzwingen kann (12 L 9/93). Zum einen stehe die Sparkasse im Wettbewerb zu privaten Banken. Daher gebe es im Kernbereich unternehmerischer Entscheidungen grundsätzlich keine Mitbestimmung. Zum anderen sei die Gewinnausschüttung Bestandteil des Haushalts einer Sparkasse, der von ihren demokratisch gewählten Gremien aufgestellt werde.

Anders wäre die Lage zu beurteilen, wenn sich das Unternehmen im Prinzip bereits dazu entschlossen hätte, Gewinne auszuschütten. Wenn es nur noch um die Frage gehe, wie hoch die Beteiligung der Mitarbeiter ausfallen solle, dürfe der Personalrat laut Gesetz mitbestimmen.

Spurwechsel führt zu Verkehrsunfall

Der Unfallgegner haftet zu 25 Prozent mit, weil er auf der Autobahn mit 200 km/h unterwegs war

Als Autofahrerin A auf der Autobahn auf die linke Spur wechselte, um einen Laster zu überholen, übersah sie den von hinten mit ca. "200 Sachen" heranbrausenden Wagen von Herrn B. Da Frau A nur etwa 130 km/h schnell fuhr, kam es zum Auffahrunfall. Die Autofahrerin gab dem "Raser" die Schuld und forderte Entschädigung für den Schaden an ihrem Auto.

Doch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig beantwortete die Schuldfrage anders (7 U 41/22). Autofahrer dürften die Spur nur wechseln, wenn jede Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Spurwechsler treffe eine "besondere Sorgfaltspflicht". Ereigne sich bei einem Spurwechsel ein Unfall, liege das in der Regel daran, dass der Spurwechsler nicht umsichtig genug vorgegangen sei, betonte das OLG.

Und das sei auch hier der Fall, obwohl Frau A behaupte, sie sei vor der Kollision mindestens schon zehn Sekunden auf der linken Fahrspur gefahren. Wenn das zuträfe, hätte sie den großen Wagen von Herrn B auf dieser geraden Strecke im Rückspiegel geraume Zeit vor dem Unfall bemerken müssen. Angeblich habe sie ihn aber erst "direkt vor dem Krach" im linken Außenspiegel gesehen — dies spreche gegen ihre Darstellung, dass der Spurwechsel zum Unfallzeitpunkt bereits beendet war.

Frau A habe den Unfall überwiegend selbst verschuldet. Allerdings müsse Autofahrer B für 25 Prozent der Unfallfolgen mithaften, weil er deutlich schneller als mit Richtgeschwindigkeit unterwegs war. Zwar bestehe auf diesem Streckenabschnitt kein Geschwindigkeitslimit, gegen das Herr B verstoßen hätte. Grundsätzlich rechtfertige aber eine so hohe Geschwindigkeit eine Mithaftung, weil sie das Unfallrisiko vergrößere. Häufig reagierten nämlich die anderen Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht richtig und unterschätzten die Geschwindigkeit.

Maklerkunden müssen keine Reservierungsgebühr zahlen

Immobilienmaklerin kann sie nicht per AGB-Klausel dazu verpflichten

Ein Paar wollte ein Einfamilienhaus erwerben und interessierte sich für das Angebot einer Immobilienmaklerin. Die Eheleute schlossen mit ihr einen Maklervertrag und anschließend einen Reservierungsvertrag. Darin verpflichtete sich die Maklerin, das Hausgrundstück bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kaufinteressenten zu reservieren.

Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Maklerin schuldeten ihr die Kunden dafür eine Reservierungsgebühr. Nachdem sie sich für ein anderes Objekt entschieden hatten, verlangten die Eheleute allerdings die Gebühr zurück. Zu Recht, entschied der Bundesgerichtshof (I ZR 113/22).

Der Reservierungsvertrag benachteilige die Maklerkunden unangemessen und sei daher unwirksam. Die einschlägige AGB-Klausel der Immobilienmaklerin schließe die Rückzahlung der Gebühr grundsätzlich aus. Dabei bringe der Reservierungsvertrag für die Kunden keinen nennenswerten Vorteil.

Dagegen müsse die Immobilienmaklerin für die Reservierungsgebühr nicht einmal eine geldwerte Gegenleistung erbringen. Damit werde sozusagen eine erfolgsunabhängige Provision für den Makler vereinbart. Die Gebühr widerspreche daher dem gesetzlichen Leitbild des Maklervertrags: Demnach schuldeten Maklerkunden nur dann eine Provision, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg führe.

Strittige Alternativtherapien

Die private Krankenversicherung übernahm eineinhalb Jahre die Behandlungskosten: Vertrauensschutz?

Nach einem Herzinfarkt litt eine Patientin dauerhaft unter Herzproblemen, Blockierungen der Wirbelsäule, heftigen Kopfschmerzen und anderen Beschwerden. Sie vertraute auf einen Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, der bei ihr alternative, wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Therapien anwandte (Photonentherapie, Ozontherapie). Mit geringen Abzügen erstattete die private Krankenversicherung der Frau eineinhalb Jahre lang die Behandlungskosten.

Dann forderte das Unternehmen ausführliche Befunde und kündigte schriftlich an, den Leistungsanspruch der Versicherungsnehmerin genau zu prüfen. Dabei kam die Versicherung zu dem Ergebnis, die Leistungen seien größtenteils nicht als medizinisch notwendig einzustufen. Die letzte Rechnung belaufe sich auf 9.542 Euro, davon würden nur 1.679 Euro erstattet. Die Zahlungsklage der Patientin führte beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe nur zu einem Teilerfolg (12 U 194/22).

Nach den Versicherungsbedingungen sei das Unternehmen nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, bestätigte das OLG: Die Wirksamkeit der betreffenden Therapien sei nicht erwiesen, als medizinisch notwendig seien sie nicht anzusehen. Grundsätzlich gelte: Der Versicherer könne seine Leistungspflicht bei jeder Behandlung neu prüfen, auch dann, wenn der Krankheitszustand des/der Versicherten unverändert sei. Mit der Kostenübernahme lege er sich nicht für die Zukunft fest.

Trotzdem müsse der Versicherer hier ausnahmsweise einen Teil der Kosten übernehmen (4.234 Euro). Würden Behandlungskosten über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos erstattet, werde der Versicherungsnehmer darauf vertrauen, dass dies so bleibe. Das begründe allerdings, wie ausgeführt, noch keine Leistungspflicht. Im konkreten Fall habe jedoch das Vertrauen der Versicherten auf die Kostenübernahme ihre Entscheidung zu Gunsten der fraglichen Behandlung stark beeinflusst und das sei für den Versicherer erkennbar gewesen.

Daher sei es gerechtfertigt, dem Versicherer einen Teil der Kosten aufzuerlegen. Krankheit und Behandlungsmethoden seien im fraglichen Zeitraum gleichgeblieben. Bevor der Versicherer der Versicherten eine genaue Prüfung ankündigte, habe er die Kosten eineinhalb Jahre lang ohne Vorbehalte erstattet. Dass er dabei regelmäßig kleine Abzüge vornahm, habe die Frau nur so verstehen können, dass die Rechnungen geprüft und im Umfang der Kostenübernahme gebilligt worden seien.

Sparkassentrick bei Bankgebühren

Bankkunden mussten mit der Unterschrift auf Überweisungen auch den AGB der Sparkasse zustimmen

Im April 2021 hat der Bundesgerichtshof Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank für unwirksam erklärt. Es ging um Klauseln, nach denen ein "Schweigen" der Kunden zu Änderungen der AGB und/oder der Bankgebühren als Zustimmung gewertet wurde (onlineurteile-Artikel Nr. 56828). Wenig überraschend verfielen Banken und Sparkassen nach diesem Urteil auf andere dubiose Methoden, um die Bankkunden zum Einverständnis mit Preiserhöhungen zu bewegen.

Neues Beispiel: Die Sparkasse Wittenberg hat ihre Überweisungsformulare so gestaltet, dass Kontoinhaber mit ihrer Unterschrift unter die Überweisung zugleich in die AGB und in das Preis- und Leistungsverzeichnis der Sparkasse einwilligten. Dieses aggressive geschäftliche Handeln verstoße gegen Grundsätze des Vertragsrechts, kritisierte der Verbraucherzentrale Bundesverband: Verbraucher könnten dadurch eine vertraglich vereinbarte Leistung des Kreditinstituts, das Überweisen von Beträgen, nicht mehr nutzen, ohne einer Vertragsänderung zuzustimmen.

Auf diese Weise bringe die Sparkasse ihre Kunden in eine Zwangslage, fand auch das Landgericht Dessau-Roßlau (4 O 643/22). Ohne Unterschrift führe die Sparkasse keine Überweisungsaufträge aus. Damit setze sie die Kontoinhaber unter Druck, den Änderungen zuzustimmen — diese Praxis sei unzulässig. Die Sparkasse enge die Entscheidungsfreiheit der Kunden ein und beeinträchtige sie in der Ausübung ihrer Rechte. Mit solchen Zusätzen im Unterschriftsfeld des Überweisungsformulars müssten Verbraucher nicht rechnen.

Mann verkauft der Ex-Frau seinen Hausanteil

Erlös aus dem Verkauf des Miteigentumsanteils kann steuerpflichtig sein

Ein Ehepaar hatte 2008 ein Einfamilienhaus gekauft und bezogen. 2015 trennte sich das Paar. Der Ehemann zog aus, die Frau blieb mit dem gemeinsamen Kind im Familienheim. Als es im Scheidungsverfahren um die Aufteilung des Vermögens ging, drohte die Ehefrau mit Zwangsversteigerung der Immobilie. Da entschied sich der Ehemann, ihr seinen hälftigen Miteigentumsanteil zu verkaufen.

Am Gewinn wollte das Finanzamt beteiligt werden, die Behörde verlangte Einkommensteuer.

Grundsätzlich ist der Erlös beim Verkauf einer Immobilie nicht zu versteuern, wenn zwischen Bau oder Anschaffung und dem Verkauf mindestens zehn Jahre liegen. Diese Frist war hier noch nicht abgelaufen. Darüber hinaus gilt: Beim Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie wird keine Einkommensteuer erhoben — vorausgesetzt, sie wurde vom Eigentümer mindestens im Jahr des Verkaufs und während der zwei Jahre zuvor selbst bewohnt.

Der Bundesfinanzhof wies die Klage des Steuerzahlers gegen den Steuerbescheid ab (IX R 11/21). Grundsätzlich sei zwar ein Hausverkauf nicht steuerpflichtig, wenn die Immobilie selbst bewohnt wurde: entweder durchgängig zwischen Kauf und Verkauf oder zumindest im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren. Im konkreten Fall habe der Ehemann jedoch während des Scheidungsverfahrens die Immobilie nicht mehr selbst bewohnt.

Schon 2015 sei er aus dem Familienheim ausgezogen. Damit sei die Bedingung für den steuerfreien Verkauf, die Eigennutzung der Immobilie, weggefallen. Auch eine besondere Zwangslage wie z.B. eine Zwangsversteigerung habe hier nicht vorgelegen, was eine Steuerpflicht ausschließen könne. Letztlich habe der Mann seinen Hausanteil freiwillig verkauft, auch wenn ihn die geschiedene Frau deswegen unter Druck gesetzt habe.