Geld & Arbeit

Kommunaler Arbeitnehmer ohne Arbeitsschutz …

… zu Sanierungsarbeiten an asbesthaltigen Bauteilen herangezogen

Ein kommunaler Angestellter fordert Schadenersatz von der Stadt: 1995 hatte ihn sein Abteilungsleiter abkommandiert, in einem Asylbewerberheim bei Sanierungsarbeiten zu helfen. Nach einigen Monaten hatte damals das Gewerbeaufsichtsamt verfügt, die Arbeiten müssten beendet werden: Da in dem Heim asbesthaltige Bauteile verbaut waren, wurde bei der Sanierung asbesthaltiger und damit krebserregender Staub freigesetzt.

Nun warf der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin vor, sie habe es seinerzeit grob fahrlässig versäumt, Schutzmaßnahmen zu ergreifen - ihm z.B. Schutzkleidung zur Verfügung zu stellen. Dadurch habe sich sein Risiko erhöht, an Krebs zu erkranken. Die Anweisung, sich an dieser Arbeit zu beteiligen, stelle einen rechtswidrigen Eingriff in seine "körperliche Unversehrtheit" dar.

Das träfe dann zu, so das Bundesarbeitsgericht, wenn der zuständige Abteilungsleiter ihn wider besseres Wissen ohne Schutzmaßnahmen zu dieser Arbeit eingeteilt hätte (8 AZR 769/09). D.h. wenn der Vorgesetzte also wusste, dass der Arbeitnehmer dabei asbesthaltigem Staub ausgesetzt sein würde.

Dann hätte er nämlich einen Gesundheitsschaden des Arbeitnehmers zumindest billigend in Kauf genommen und die Stadt müsste für mögliche Schäden haften. Ob diese Bedingungen vorlägen, sei bislang offen. Das müsse nun die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht, klären.

Streit um Kindergeld für behinderten Sohn

Die Stadt zahlt für ihn Grundsicherung und verlangt das Kindergeld

Der volljährige, schwerstbehinderte Mann lebt im Haushalt seiner Eltern. An den Werktagen arbeitet er in einer Behindertenwerkstatt und erzielt ein geringes Einkommen. Seine Eltern bekommen für ihn Pflegegeld der Pflegestufe III, die Kommune zahlt ihm Grundsicherung. Sie war der Ansicht, dass deshalb die Familienkasse das Kindergeld für den Behinderten an sie zahlen müsste und nicht an die bezugsberechtigte Mutter.

Die Familienkasse lehnte dies ab. Die Mutter verwies auf ihre Ausgaben für Arzneimittel, Kleidung, Urlaub etc. und ihre Pflegeleistungen. Ihre eigenen Aufwendungen lägen deutlich höher als das Kindergeld. So sah es auch das Finanzgericht Münster und wies die Klage der Stadt gegen die Familienkasse ab (12 K 1891/10 Kg).

Kommunen dürften nicht auf das Kindergeld für ein behindertes Kind zugreifen, wenn der Betrag, den die Eltern für das Kind ausgäben, mindestens so hoch sei wie das Kindergeld. Dabei seien nicht nur Ausgaben zu berücksichtigen, die den Mehrbedarf durch die Behinderung oder das Existenzminimum deckten. Das Pflegegeld bleibe sowieso "außen vor": Es solle ausschließlich für die häusliche Pflege verwendet werden und sei nicht dazu da, den Grundbedarf des Kindes zu bestreiten.

Stadtplan auf der Homepage

Unbefugter Benutzer muss den Kartenausschnitt vollständig löschen!

Eine weit verbreitete Übung, obwohl sie gegen das Urheberrecht verstößt: Viele Firmeninhaber stellen unbefugt Ausschnitte von Stadtplänen auf ihre Website, um Kunden das Auffinden ihres Geschäfts zu erleichtern. Der Verlag, der den Stadtplan herausgibt und das Urheberrecht innehat, wird so um die Lizenzgebühr gebracht. Wer sich da herummogelt, muss dem Verlag Schadenersatz zahlen.

Im konkreten Fall war es mit der einmaligen Zahlung nicht getan: Denn nach einer Abmahnung hatte der ertappte unbefugte Benutzer zwar den Link zu dem Kartenausschnitt gelöscht, nicht aber den Ausschnitt selbst. Das bedeutet: Auf dem Server war die Karte weiterhin vorhanden und über eine Internet-Suchmaschine problemlos auffindbar. Als der Verlag das bemerkte, mahnte er den Geschäftsmann erneut ab und verlangte Lizenz- und Anwaltsgebühren (1.470 Euro).

Vergeblich berief sich der Mann auf Unwissen: Schließlich habe er den Link gelöscht, das habe er für ausreichend gehalten. Dieser Irrtum sei zumindest fahrlässig, erklärte das Amtsgericht München (161 C 15642/09). Wer geschützte Internetinhalte wie einen Stadtplan unbefugt benutze, sei dafür verantwortlich, dass dieser Inhalt vollständig gelöscht werde.

Das sei nicht geschehen: Per Suchmaschine könne man die Karte immer noch finden. Sie sei damit "öffentlich zugänglich". Solange der Kartenausschnitt auf dem Server liege, könnten Dritte jederzeit auf das geschützte Werk zugreifen. Also verstoße der Firmeninhaber nach wie vor gegen das ausschließliche Nutzungsrecht des Verlags. Die Höhe des Schadenersatzes orientiere sich an der gewöhnlich auf dem Markt gezahlten Lizenzgebühr.

Camping-Faltanhänger mit Macken

Wo wird eine mangelhafte Kaufsache repariert?

Ein in Frankreich lebendes Ehepaar kaufte bei einem deutschen Hersteller einen neuen Camping-Faltanhänger. Obwohl eigentlich vereinbart war, dass die Kunden ihn abholen würden, lieferte der Verkäufer den Anhänger an deren Wohnort. Beim ersten Campingurlaub damit stellten sich einige Mängel heraus. Die Kunden meldeten dies dem Hersteller und forderten ihn auf, den Faltanhänger (bis zum Ablauf einer Frist) abzuholen und zu reparieren.

Der Verkäufer antwortete, sie müssten ihn vorbeibringen. Während des Streits lief die Frist ab. Anschließend erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und verklagten den Hersteller auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab (VIII ZR 220/10).

Wenn Parteien des Kaufvertrags in Bezug auf eine eventuelle Reparatur nichts Konkretes vereinbarten, richte sich der Ort ("Ort der Nacherfüllung") nach den Umständen im Einzelfall, erklärten die Bundesrichter. Da spiele die Art der notwendigen Leistung eine Rolle und auch die Unannehmlichkeiten für die Käufer. Denn nach der einschlägigen EU-Richtlinie müsse die "Nacherfüllung" des Kaufvertrags ohne größere Probleme für die Verbraucher erfolgen.

Um die Mängel an einem Camping-Faltanhänger zu beheben, sei geschultes Personal vonnöten und Werkstatt-Technik, die nur am Firmensitz vorhanden sei. Die Nachbesserung am Wohnort der Käufer vorzunehmen, wäre hier nicht sachgerecht. Den Anhänger nach Deutschland zu bringen oder einen Transport zu organisieren, sei für die Kunden nicht unzumutbar. Solange sie dies ablehnten, könnten sie den Kauf nicht rückgängig machen.

"Jesus hat sie lieb"

Mitarbeiter eines Call-Centers besteht auf dieser Grußformel: Kündigung

Seit 2004 arbeitet der religiöse Mann als Teilzeit-Telefonist im Call-Center eines Konzerns. Ab 2010 beendete er alle Kundengespräche am Telefon mit der Abschiedsformel: "Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für ihren Einkauf bei QVC und einen schönen Tag". Wenn der Abteilungsleiter diese Schlussformel beanstandete, berief sich der Mitarbeiter auf seinen Glauben.

Schließlich kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Das hielt der Arbeitnehmer für unwirksam: Er versuche wirklich, Religion und arbeitsvertragliche Pflichten zu vereinbaren. Beschwerden von Kunden habe es auch nicht gegeben.

Seine religiösen Überzeugungen berechtigten ihn nicht, die Arbeitsanweisungen des Unternehmens beharrlich zu ignorieren, stellte das Landesarbeitsgericht Hamm fest (4 Sa 2230/10). Dies verletze den Arbeitsvertrag, daher sei die Kündigung wirksam.

Der gläubige Arbeitnehmer habe außerdem nicht überzeugend dargelegt, warum er in innere Nöte gekommen wäre, wenn er im Call-Center auf seine Grußformel verzichtet hätte. Wenn er sich auf die Glaubensfreiheit berufe, müsse er nachvollziehbar erklären, warum er von dem Zusatz "Jesus hat Sie lieb" aus religiösen Gründen nicht lassen könne.

Eigentümer basteln jahrelang an einem Haus herum

Kein Abzug von Werbungskosten: Finanzamt bezweifelt die Absicht, das Haus zu vermieten

1996 hatte der Angestellte das Haus seines Vaters geerbt, in dem mit lebenslangem Wohnrecht eine Tante zur Miete wohnte. Nach deren Tod 1998 stand es ganz leer. Nun begann der Besitzer mit seiner berufstätigen Frau, das Haus zu renovieren - im Wesentlichen in Eigenarbeit und immer nur am Wochenende. Sie machten aus den zwei Wohnungen eine Wohneinheit. Ein zweites Bad wurde eingebaut, eine neue Küche, Dach und Fassade saniert, Fenster ausgetauscht und der Garten gepflegt.

Bei der Einkommensteuererklärung machten die Eheleute jedes Jahr Verluste bei den Einkünften aus Vermietung geltend: Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten bestehe die Absicht, das Objekt zu vermieten. 1999 hatten sie einmal eine entsprechende Zeitungsanzeige aufgegeben. Nach einigen Jahren - ein Ende der Renovierungsarbeiten war nicht in Sicht - kamen den Finanzbeamten Zweifel, ob das Haus tatsächlich vermietet werden sollte.

Sie berücksichtigten die Ausgaben für das Haus nicht mehr als Werbungskosten. Dagegen klagten die Steuerzahler vergeblich, der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht (IX R 3/10). Ausgaben für ein leerstehendes Haus könnten zwar als vorab entstandene Werbungskosten vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, wenn der Eigentümer das Objekt vermieten und dadurch Einkünfte erzielen wolle.

Im konkreten Fall habe sich das Ehepaar jedoch nie ernsthaft darum bemüht. Ein Inserat innerhalb von sieben Jahren habe es aufgegeben. Nie hätten die Eheleute einen Makler eingeschaltet, obwohl das Haus ihren eigenen Angaben zufolge "schwer vermietbar" war. Dass früher einmal eine Tante Miete gezahlt habe, beweise keineswegs, dass die Steuerzahler die Absicht hätten, das gänzlich umgebaute Haus wieder zu vermieten.

Dass die Renovierung planmäßig mit dem Ziel durchgeführt werde, eine Vermietung vorzubereiten, sei nicht ersichtlich. Mehr als zehn Jahre nach Beginn der Arbeiten sei immer noch nicht abzusehen, wann auf diese Weise Einkommen erzielt werden könnte. Die Steuerzahler hätten vielmehr das Haus in der ganzen Zeit selbst genutzt und sich auch in Jahren, in denen sie wenig renovierten, am Wochenende dort aufgehalten.

Ärztliche Honorarvereinbarung mit gesetzlich Versicherten ...

... ist nur wirksam, wenn sie explizit "auf eigene Kosten behandelt" werden wollen

Wegen eines Nabelbruchs suchte ein gesetzlich krankenversicherter Münchner eine chirurgische Fachärztin auf. Vor der Behandlung schlossen Medizinerin und Patient eine schriftliche Honorarvereinbarung, Steigerungssätze inklusive. Die Abrechnung erfolge gemäß der ärztlichen Gebührenordnung, stand da, möglicherweise werde jedoch das Honorar von der Krankenversicherung nicht voll erstattet. Für die Behandlung bezahlte der Patient 1.323 Euro.

Als er die Rechnung bei der gesetzlichen Krankenkasse einreichte, erklärte ihm der Sachbearbeiter, die Honorarvereinbarung sei unwirksam. Der Patient trat seinen eventuellen Anspruch auf das Honorar an die Krankenkasse ab, die Krankenkasse verklagte die Ärztin auf Rückzahlung. Zu Recht, entschied das Amtsgericht München (163 C 34297/09).

Wirksam sei so eine Honorarvereinbarung nur, wenn der gesetzlich Versicherte vor der Behandlung ausdrücklich verlange, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Und wenn er dies dem Arzt schriftlich bestätige. Im konkreten Fall dokumentiere jedoch die Vereinbarung den Wunsch, privatärztlich und auf eigene Kosten behandelt zu werden, nur unzulänglich.

Zwar enthalte sie die Information, dass die Krankenkasse eventuell das Honorar nicht oder zumindest nicht in voller Höhe erstatte. Man könne der Vereinbarung aber nicht entnehmen, dass der Patient - ungeachtet seines Versicherungsschutzes durch die gesetzliche Krankenversicherung - explizit privatärztlich behandelt werden wollte. Das sei wichtig: Denn der/die Versicherte müsse sich absolut darüber klar sein, dass er/sie sich mit der Unterschrift unter die Vereinbarung einverstanden erkläre, die Kosten selbst zu tragen.

Steuerhinterziehung: Mit falschen Angaben zur Fahrtstrecke ...

... zwischen Job und Wohnung den Werbungskostenabzug erhöht

Eine Angestellte machte bei ihrer Einkommensteuererklärung Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz als Werbungskosten geltend. 1996 wohnte sie in A und arbeitete in C. Zum Arbeitsweg gab sie an, sie fahre mit dem eigenen Wagen täglich von A nach C, und zwar über die Kleinstadt B (28 Kilometer). In den folgenden acht Jahren gab die Frau dann als Arbeitsort B an, ihre Fahrtstrecke weiterhin mit 28 km.

Das Finanzamt folgte diesen Angaben, bis einem Sachbearbeiter 2006 auffiel, dass Wohnort A und Arbeitsort B nur zehn Kilometer auseinander lagen. Nun hob das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide der letzten acht Jahre auf und forderte von der Angestellten Steuernachzahlung. Da es sich hier um Steuerhinterziehung handle, gelte eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.

Unverfroren konterte die Frau, das Finanzamt habe schlampig geprüft und dürfe deshalb die Steuerbescheide nicht aufheben. Dem Bearbeiter hätte schon längst auffallen müssen, dass sich die Angaben zur Strecke einerseits und die zu Wohnung und Arbeitsstätte andererseits widersprächen. Sie habe sich eben geirrt.

Mit ihrer Klage gegen die Nachforderung hatte die Angestellte beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg (3 K 2635/08). Ab 1997 habe die Steuerzahlerin in B gearbeitet und dennoch eine Fahrtstrecke von 28 Kilometern angegeben. Auch ein Laie in Steuerfragen wisse, dass er mit dieser falschen Angabe höhere Werbungskosten erreiche als ihm eigentlich zuständen. Das sei als vorsätzliche Steuerhinterziehung zu bewerten.

Dem Finanzamt könne die Angestellte nicht vorhalten, es hätte die Abweichung bemerken müssen. Die Veranlagung werde von oft wechselnden Bearbeitern erledigt, die nicht immer über Ortskenntnisse verfügten. Sie hätten keinen Anlass gehabt, ihren - eindeutigen und nicht widersprüchlichen - Angaben von vornherein mit Misstrauen zu begegnen. Wie viele Kilometer die Frau wirklich zurücklegte, habe erst ein ortskundiger Mitarbeiter 2006 festgestellt. Daher habe das Finanzamt die Steuerbescheide "aufgrund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen" ändern dürfen.

Getankt, ohne zu bezahlen

Tankstellenbetreiberin beauftragt Detektiv: Kunde muss die Kosten tragen

An einer Autobahn-Selbstbedienungstankstelle tankte ein Autofahrer Dieselkraftstoff für 10,01 Euro. An der Kasse bezahlte er aber nur einen Schokoriegel und Vignetten. Als einer Mitarbeiterin das "Versehen" auffiel, schaltete die Betreiberin der Tankstelle, die B-GmbH, sofort ein Detektivbüro ein.

137 Euro Personalkosten fielen an, um den Kunden zu ermitteln. Dafür verlangte die Firma vom Kunden Ersatz, obendrein eine Auslagenpauschale von 25 Euro und Anwaltsgebühren von 39 Euro. Der Bundesgerichtshof (BGH) brummte ihm die Kosten auf (VIII ZR 171/10).

Wer eine Tankstelle verlasse, ohne zu bezahlen, befinde sich mit der Zahlung "in Verzug", so der BGH. Der B-GmbH stehe der Betrag zu, den sie benötigte, um ihr Recht durchzusetzen. Um den nachlässigen Kunden zu ermitteln, habe das Detektivbüro mehrere Stunden lang die Aufnahmen der Überwachungskamera auswerten müssen. So eine Aufgabe könne die B-GmbH nicht mit eigenem Personal bewältigen.

Angesichts eines Kaufpreises von zehn Euro seien die Kosten unangemessen hoch, wandte der Kunde ein. Doch damit kam er beim BGH nicht durch: Ob sie angemessen seien, orientiere sich nicht am Kaufpreis. Wenn jemand nicht bezahle, müssten Tankstellenbetreiber auch bei geringfügigen Beträgen nicht auf Ermittlungen verzichten.

Finanzamt darf für verbindliche Auskunft ...

... im Einzelfall hohe Gebühren verlangen: Das ist nicht verfassungswidrig

Seit 2006 ist es "amtlich": Finanzämter dürfen Gebühren verlangen, wenn sie Steuerpflichtigen verbindliche Auskunft erteilen, wie bestimmte Sachverhalte steuerlich zu beurteilen sind. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Wert, den die Auskunft für den Antragsteller hat. Oder es wird eine Zeitgebühr von 50 Euro je angefangene Stunde angesetzt.

Diese Regelung wurde von Anfang an kritisiert. Haupteinwand: Das Steuerrecht sei so kompliziert, dass die Finanzverwaltung Anfragen der Steuerzahler gebührenfrei beantworten müsse. Als die Geschäftsleitung eines Unternehmens Auskunft darüber beantragte, wie sich die geplante Umstrukturierung des Unternehmens steuerlich auswirken würde, sollte sie für die Auskunft 91.456 Euro Gebühren berappen.

Das darf nicht wahr sein, dachten sich wohl die Verantwortlichen. Sie zogen vor Gericht und prangerten die Forderung als verfassungswidrig an. Davon könne keine Rede sein, erklärte der Bundesfinanzhof, auch wenn die Gebühr hier besonders hoch ausfalle (I R 61/10).

Es komme nur darauf an, dass die Gebührenhöhe dem Zeitaufwand entspreche, den das jeweilige Finanzamt "investieren" musste, um den Antrag zu bearbeiten. Die Auskunft stelle für die Steuerpflichtigen einen besonderen Vorteil dar - im konkreten Fall einen erheblichen finanziellen Vorteil. Die Finanzverwaltung sei nicht verpflichtet, solche Vorteile ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen.

Fußballer versteuerte Handgeld nicht

Steuerhinterziehung: VfL Bochum sollte nachträglich die Steuern zahlen

Vor einigen Jahren wechselte ein Fußballprofi zum VfL Bochum. In diesem Zusammenhang zahlte der Verein an einen Spielervermittler 880.000 Euro. Von dieser Summe erhielt der Spieler selbst 690.000 Euro als so genanntes Handgeld - steuerpflichtiges Einkommen, das er nicht versteuerte. Als das aufflog, wurde der Fußballer wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

311.488 Euro hätte er dem Finanzamt überweisen müssen. Das tat der Spieler jedoch nicht, sondern klagte den Betrag bei seinem Arbeitgeber ein. Begründung: Sein Vermittler habe mit den Verantwortlichen des VfL Bochum vereinbart, dass er das Handgeld netto bekomme, d.h. dass der Verein die Steuer übernehmen werde. Der Fußballclub bestritt eine derartige Abmachung.

Diese Frage könne im Moment offen bleiben, stellte das Landesarbeitsgericht Hamm fest (3 Sa 660/10). Wenn Nettozahlung vereinbart wurde, hätte der Fußballprofi zwar Anspruch darauf, die Steuer erstattet zu bekommen - aber nur dann, wenn er sie selbst schon ans Finanzamt abgeführt hätte. Derzeit sei jedenfalls die Forderung unbegründet.

Geschäftsmann sucht Nachmieter

Vermieterin weiß davon noch nichts: Das kostet einen Makler die Provision

Ein Münchner Ehepaar suchte über einen Immobilienmakler ein Ladenlokal für einen Backshop. Gleichzeitig erhielt der Makler einen Auftrag vom Betreiber eines Backshops, der einen Nachmieter suchte. Was lag näher: Der Makler bot den Laden dem Ehepaar an und schickte ihm ein Exposé. Von der Vermieterin erfuhr das Ehepaar dann aber, der Laden sei nicht zu vermieten. Sie halte am Vertrag fest und gehe davon aus, dass auch der Mieter das Vertragsverhältnis fortsetzen wolle.

Doch eine Woche später - inzwischen hatte sie mit dem Mieter gesprochen - meldete sich die Vermieterin erneut bei dem Ehepaar. Sie habe sich mit dem Mieter darauf geeinigt, den Vertrag aufzulösen, teilte sie den Interessenten mit. Wenn sie das Ladenlokal noch wollten, könnten sie es mieten. Bald war der neue Mietvertrag unter Dach und Fach. Nun verlangte der Makler seine Provision.

Darauf habe er keinen Anspruch, meinte das Ehepaar: Als er das Objekt vermitteln wollte, sei es gar nicht zu vermieten gewesen. So sah es auch das Amtsgericht München und wies die Klage des Maklers auf Provision ab (233 C 17880/09).

Die Leistung eines Maklers bestehe darin, seinen Auftraggeber in die Lage zu versetzen, in konkrete Verhandlungen über einen Mietvertrag einzusteigen. Der Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss eines Mietvertrags setze voraus, dass der Vermieter zu diesem Zeitpunkt prinzipiell bereit sei, das Mietobjekt zu vermieten und einen Vertrag abzuschließen.

Es genüge nicht, wenn sich der Vermieter erst später für den Vertragsschluss entscheide. Im konkreten Fall habe die Tätigkeit des Maklers nur darin bestanden, dem Ehepaar ein Exposé zuzusenden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Vermieterin jedoch den Mietvertrag nicht beenden wollen. Daher stehe dem Immobilienmakler keine Provision zu.

Bearbeitungsgebühr für Kreditvergabe?

Geschäftsbedingungen einer Bank sehen Entgelt von mindestens 50 Euro vor

Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. beanstandete die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank. Ihr "Preis- und Leistungsverzeichnis" enthielt eine Klausel, nach der private Kunden für "Anschaffungsdarlehen" eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von zwei Prozent des Kredits, mindestens jedoch 50 Euro zahlen mussten. Dieses Entgelt sei unzulässig, so die Schutzgemeinschaft: Die Bank dürfe die Klausel nicht länger verwenden.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe stimmte dem zu (17 U 192/10). Die Klausel sei unklar und schon deshalb unwirksam: Fraglich sei nicht nur, was ein Anschaffungsdarlehen sein solle. Die Klausel lasse die Kunden auch im Ungewissen darüber, zu welchem Zeitpunkt die Bearbeitungsgebühr anfalle (beim Abschluss des Vertrags? bei der Auszahlung?) und wie sie zu zahlen sei. Vor allem benachteilige diese Regelung die Kunden in unangemessener Weise.

Kreditnehmer seien nur verpflichtet, den geschuldeten Zins zu zahlen und das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Eine pauschale Bearbeitungsgebühr solle den Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwand der Bank abgelten, z.B. die Prüfung der Bonität des Kreditnehmers. Die stelle aber keine Dienstleistung für den Kunden dar, sondern diene den Interessen der Bank, die Forderungsausfälle vermeiden wolle. Entgelt von Kunden zu verlangen für Arbeiten, welche die Bank nicht in deren Interesse durchführe, sei unzulässig.

P.S.: Die Rechtsprechung in dieser Frage ist nicht einheitlich (anders z.B. OLG Celle - 3 W 109/09). Das OLG Karlsruhe hat auch deshalb gegen das Urteil die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Imitate von Markenparfüms

Kein unlauterer Wettbewerb, wenn nur "Assoziationen an die Originale geweckt" werden

Eine Firma X bietet im Internet unter dem Namen "Creation Lamis" billige Parfüms an, deren Duft jeweils einem bestimmten, teuren Markenparfüm ähnelt. Früher hatte die Firma Bestelllisten verwendet, in denen sie das jeweilige Markenprodukt dem Imitat direkt gegenüber gestellt hatte. Nach Beschwerden von Konkurrenten zog sie diese zurück.

Parfümhändler Y beanstandete dennoch das Angebot der Parfümkopien und die Werbung als wettbewerbswidrig: Auch wenn Firma X die Vergleichslisten nicht mehr verwende, seien ihre Parfüms eindeutig als Nachahmung der Originale zu erkennen. Die Reklame dafür sei unlautere vergleichende Werbung. Dem widersprach der Bundesgerichtshof (I ZR 157/09).

Unlautere vergleichende Werbung sei zwar verboten. Die setze aber voraus, dass ein Produkt, hier also ein Parfüm, eindeutig als Imitation des Originalprodukts beworben werde. Aus Sicht der Verbraucher sei das hier jedoch nicht der Fall. Aufmachung und Bezeichnung der Imitate weckten vielleicht - bei Kennern - entsprechende Assoziationen, mehr aber auch nicht.

Prüfen müsse die Vorinstanz allerdings noch die Werbung von Firma X gegenüber Händlern, die aufgrund ihrer speziellen Kenntnisse eher in der Lage seien, Imitat und Original einander zuzuordnen. Diese Reklame könnte eventuell den guten Ruf der Marken, die Händler Y vertreibe, in unangemessener Weise ausnützen, also wettbewerbswidrig sein.

Kopierter BMW muss vernichtet werden

Chinesisches Plagiat eines Geländewagens bedeutet Rufschädigung

Deutsche Qualitäts-Armaturen, Rolex-Uhren und ein Geländewagen von BMW: Die chinesischen Spezialisten des Plagiats arbeiten sich allmählich hoch. Vor etwa drei Jahren brachten sie unter dem Namen Shuanghuan CEO einen Geländewagen heraus, der dem BMW X 5 täuschend ähnlich sah. Der Import nach Deutschland wurde seinerzeit verboten, der Importeur dazu verurteilt, die restlichen Geländewagen zu verschrotten.

Unlängst entdeckte der bayerische Autoproduzent BMW, dass ein Autohändler im Internet wieder eine Kopie des Geländewagens X 5 zum Verkauf anbot. Der Automobilkonzern mahnte den Händler ab und forderte die Herausgabe des Wagens, um ihn zu vernichten. Das lehnte der Händler ab und zahlte auch keine Abmahngebühren. Er zog nur sein Verkaufsinserat im Internet zurück: Zumindest wolle er den Geländewagen privat fahren. Das Auto zu verschrotten, sei doch wirtschaftlich unvernünftig.

Doch das Landgericht München I stellte sich auf die Seite von BMW: Eine Kopie von seinen Modellen auf der Straße müsse der Konzern nicht dulden (1 HK O 1029/11). Er habe ein elementares Interesse daran, billige Plagiate seiner hochwertigen Fahrzeuge zu eliminieren, die diesen (nur äußerlich!) zum Verwechseln ähnelten. Die "sichtbare Existenz eines Plagiats" bei einem Händler für asiatische Fahrzeuge stelle eine Rufschädigung dar, so das Gericht. (Der Händler hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.)

Kaffee "behutsam über offenem Feuer" geröstet

Hersteller nutzt Standard-Röstverfahren - Werbung suggeriert besonderen Geschmack

Der Kaffeeröster röstete seine Kaffeebohnen zwar nach einem gängigen Verfahren (im "Trommelröster"). Doch in der Werbung verwandelte sich die 08/15-Methode in etwas ganz Besonderes: "Das Wissen um die Herkunft der Kaffeebohnen aus 100% biologischem Anbau, die sorgfältige Auswahl und eine behutsame Röstung über offenem Feuer garantieren feinen Kaffeegenuss von höchster Qualität".

Verbraucherschützer hielten die Reklame für irreführend. Das Oberlandesgericht Zweibrücken gab ihnen Recht und verbot die Werbeaussage als unlauteren Wettbewerb (4 U 173/10).

Von offenem Feuer könne hier keine Rede sein. Das Unternehmen röste die Bohnen in der Trommel, also in einem geschlossenen System. Neben dem industriellen Rösten mit Heißluft sei das eine der beiden heutzutage üblichen Röstmethoden.

Auch wenn für das Gericht gar nicht feststehe, ob "offenes Feuer" ein besseres Resultat ergäbe: Jedenfalls werde mit der Schilderung suggeriert, dass durch das natürliche Holz als Wärmequelle der Kaffee eine ganz besondere Geschmacksnote bekomme. Das täusche die Verbraucher.

Die Formulierungen erweckten den Eindruck, als werde eine - im Vergleich zu den Standardverfahren anderer Kaffeeröstereien - sehr hochwertige Art der Röstung angewandt, was nicht zutreffe. So wolle sich das Unternehmen gegenüber anderen Röstereien einen Vorteil im Wettbewerb verschaffen.

"CO2-neutrale" Kerzen

Irreführende Werbung für Grablichter aus recyceltem Altfett

Ein Großhändler bewarb seine Grablichter als besonders "umweltschonende Produkte" ohne Palmöl. "Nachwachsend" "aus heimischen Rohstoffen" seien sie und "klimaneutral". Im Vergleich mit herkömmlichem "Kompositions-Öllicht" erspare der Benutzer beim Abbrennen so einer Kerze der Umwelt 645 Gramm CO2. Ihre äußere Hülle besteht aus Kunststoff, die Brennmasse aus so genannten "Sekundärfetten", d.h. aus recyceltem Fett aus der Lebensmittelproduktion oder aus der Gastronomie.

Wettbewerbshüter zogen gegen die Reklame gerichtlich zu Felde und setzten beim Landgericht Koblenz ein Verbot durch (4 HK O 22/10). Die Produktion dieser Kerzen belaste zwar die Umwelt tatsächlich weit weniger als die herkömmlicher Kerzen, räumte das Gericht ein, "CO2-neutral" seien sie aber keineswegs.

Unter "klimaneutral" verstehe der verständige, durchschnittlich informierte Verbraucher ein Produkt, dessen Gebrauch den CO2-Gehalt der Atmosphäre nicht negativ beeinflusst. Ein klimaneutrales Grablicht dürfte also überhaupt keine CO2-Emissionen verursachen. In dieser Hinsicht sei die Werbung unklar: Wie hoch sei der CO2-Ausstoß, der trotz der Reduktion verbleibe?

Und worauf stütze das Unternehmen den behaupteten Wert von eingesparten 645 Gramm CO2? Der Technische Überwachungsverein (TÜV) habe die Kerzen und ihre CO2-Bilanz jedenfalls nicht untersucht. Auch der Begriff "nachwachsend" führe die Verbraucher in die Irre, werde hier doch recyceltes Altfett als "nachwachsender Rohstoff" angepriesen.

Eltern streiten über Schulwechsel der Tochter

Die Schule sollte so nah wie möglich am Wohnort des Kindes liegen

2010 trennte sich das Ehepaar. Die Frau zog mit den beiden Töchtern aus dem dörflichen Zuhause in die nahe Stadt B. Das ältere Mädchen hatte schon vor dem Umzug dort das Gymnasium besucht, das jüngere Mädchen M die Grundschule in der Kleinstadt C. Nun meldete die Mutter M in der Grundschule in B an, die das Kind von der neuen Wohnung aus zu Fuß erreichen konnte.

Damit war der Vater nicht einverstanden: Man solle das Kind nicht aus der gewohnten Umgebung reißen, meinte er. Außerdem beginne die Arbeit seiner Frau sehr früh, dann sei das Kind alleine zu Hause. Er sei bereit, M täglich zur Schule von B nach C zu fahren. Der Vater beantragte die Entscheidungsbefugnis über den Schulbesuch.

Wenn sich die Eltern über diesen wichtigen Punkt nicht einig würden, entscheide darüber die Mutter, bei der das Kind wohne, so das Oberlandesgericht Schleswig (10 UF 186/10). Deren Entscheidung sei außerdem vernünftig und besser für das Kind. In die neue Schule könne M zu Fuß gehen, anstatt zeitraubende Fahrten zu unternehmen. Bei Freistunden sei das Kind flexibler und könne kurzfristig nach Hause gehen.

Auch im Hinblick auf die Zukunft sei die Lösung einer Schule am Wohnort vorzuziehen. Denn in B gebe es eine Gemeinschaftsschule und ein Gymnasium, in C lediglich eine Hauptschule. Außerdem könne man nicht wissen, ob der Vater auf Dauer Zeit für einen täglichen Fahrdienst habe.

Die Sorgen des Vaters wegen des Schulwechsels seien unbegründet: Morgens vor Schulbeginn sei die ältere Schwester noch da. Und früh ab sieben Uhr sowie nachmittags biete die Grundschule in B verlässlich Betreuung der Kinder an. M werde auch nicht aus dem vertrauten Umfeld herausgerissen: Sie besuche den Vater regelmäßig am alten Wohnort und halte da den Kontakt mit dem bisherigen Bekanntenkreis. Im Übrigen sei es das Beste für das Kind, wenn es am neuen Wohnort, also dem Lebensmittelpunkt, ein neues soziales Umfeld aufbaue.

Handwerker haftet für Pfusch

Defekte Sanitärinstallation und Folgeschäden nach vielen Jahren

1995 hatte Herr F ein Haus gebaut. Mit den Installationsarbeiten im Bad war ein Fachhandwerker beauftragt, der einen folgenschweren Fehler beging: Ein Abzweig an der Duschtasse wurde nicht richtig angeschlossen. Das wurde erst 2002 mit Hilfe einer Infrarotkamera entdeckt - nachdem jahrelang immer wieder Feuchtigkeitsschäden aufgetreten waren.

Der Installateur reparierte den Anschluss, doch der Auftraggeber verlangte weit mehr, nämlich Schadenersatz für die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden in Decken und Wänden bis hinunter zum Keller. Der Sanitärhandwerker winkte ab: Diese Schäden seien nicht notwendig Folgen seines Fehlers. Schließlich sei auch das Magnetventil des Whirlpools im Bad defekt gewesen und habe Jahre nach dem Bau zu einem Wasserschaden geführt.

Doch das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass der Installateur für die Folgeschäden haften muss (21 U 38/10). Mit mangelhafter Arbeit habe er schuldhaft den Werkvertrag mit dem Auftraggeber verletzt. Die Verjährungsfrist für Folgeschäden durch so eine Vertragsverletzung betrage 30 Jahre.

Der Verweis auf das Magnetventil entlaste den Handwerker nicht: Der Wasseraustritt durch diesen Defekt habe die Schäden nur vertieft, nicht verursacht. Der Estrich unter dem Whirlpool habe keineswegs modrig gerochen, auch die Folie unter dem Pool sei unbeschädigt. Also sei es kaum vorstellbar, dass an dieser Stelle jahrelang Feuchtigkeit ausgetreten sei.

Doch selbst wenn das zuträfe, müsste der Handwerker haften. Wie ein Bausachverständiger überzeugend dargelegt habe, seien alle Sanierungsmaßnahmen, die der Hauseigentümer nun verlange, bereits durch die fehlerhafte Sanitärinstallation erforderlich geworden. Die Leckage an der Duschtasse "habe für sich allein ausgereicht, um den ganzen Schaden herbeizuführen".

Rechtsschutzversicherung will Mietstreit nicht finanzieren

Entscheidend: Der "Streitgegenstand Schimmel" trat erst nach Vertragsschluss mit dem Versicherer auf

Der Mieter wohnte etwa zwei Jahre in seiner Wohnung, als Anfang 2009 erstmals Feuchtigkeitsschäden mit Schimmel auftraten. In Absprache mit dem Vermieter ließ der Mieter die Mängel auf dessen Kosten beseitigen. Doch der Schimmelbefall kehrte immer wieder. Nun kürzte der Mieter die Miete, während ihm der Hauseigentümer vorwarf, er lüfte zu wenig.

Um für einen Prozess gewappnet zu sein und zu beweisen, dass die Mietkürzung rechtens war, wollte der Mieter die Feuchtigkeitsschäden gerichtlich prüfen lassen ("selbständiges Beweisverfahren"). Dafür beantragte er Deckung von seinem Rechtsschutzversicherer. Die Versicherung hatte der Mann Anfang Januar 2008 abgeschlossen.

Doch das Versicherungsunternehmen lehnte ab und behauptete, der Rechtsschutzfall sei bereits vor Vertragsschluss entstanden: Der Schimmel beruhe auf einem Baumangel, der schon vor dem Einzug des Mieters und damit lange vor Versicherungsbeginn existierte.

Damit kam der Versicherer beim Landgericht Dortmund nicht durch (2 S 1/11). Wann ein Rechtsschutzfall entstehe, richte sich allein nach dem vom Versicherungsnehmer vorgetragenen und belegten Anlass für einen Rechtsstreit. Nachweisbar habe sich 2009 erstmals Schimmel an den Wänden gezeigt, also mindestens ein Jahr nach Vertragsschluss.

Im ersten Auftreten von Schimmel und im Fehlschlag des Versuchs, die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen, liege der "Keim" des späteren Rechtsstreits. Ein "Baumangel", der vor 2009 nie zutage trat - eventuell existierte, jedenfalls nicht zu einer Konfrontation mit dem Vermieter führte -, rechtfertige es nicht, dem Versicherungsnehmer die Deckung zu verweigern.