Freizeit & Sport

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Abzocke im Internet

OLG Frankfurt: Internetsurfern kostenpflichtige Abonnements unterzujubeln, ist "gewerbsmäßiger Betrug"

Bisher kamen Abo-Abzocker im Internet relativ glimpflich davon: Häufig wurden Ermittlungsverfahren eingestellt, weil sich irgendwo auf der Website ein Hinweis auf eine Zahlungspflicht fand. Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt könnte damit bald Schluss sein.

Zwei dubiose Gewerbetreibende hatten Besuchern ihrer Webseiten kostenpflichtige Abonnements untergeschoben - z.B. von Routenplanern oder Grußkarten. Hatte ein Internetsurfer aus Versehen das einschlägige Feld angeklickt, wurden ihm für 3-6 Monate Nutzung etwa eines Routenplaners 69,95 Euro in Rechnung gestellt. Mehrere hundert düpierte Internetsurfer erhielten solche Rechnungen. Wer nicht zahlte, wurde mit Mahnungen und Drohbriefen von Anwälten überhäuft.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wollte gegen die zwei Abzocker Anklage erheben, doch das Landgericht Frankfurt weigerte sich, ein Verfahren zu eröffnen. Dagegen legten die Staatsanwälte Beschwerde ein und erhielten vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt grünes Licht für eine Anklage (1 Ws 29/09).

Es bestehe "hinreichender Tatverdacht des gewerbsmäßigen Betrugs", so das OLG, wenn Abonnements an den Mann bzw. die Frau gebracht würden, die nicht als solche erkennbar und deren Preise auf der Website gut versteckt seien. Mit diesem Beschluss kommt nun ein Strafverfahren in Gang: Verbraucherschützer hoffen, dass damit der gängigen Internet-Abzocke ein Riegel vorgeschoben wird. Gewerbsmäßiger Betrug wird mit Haft von mindestens einem halben Jahr bestraft.

Ein Rudel Yorkshireterrier im Garten ...

... zu halten, ist im Wohngebiet rücksichtslos gegenüber den Nachbarn

2008 kaufte das Ehepaar ein Haus am Ortsrand einer Gemeinde im Westerwaldkreis. In der näheren Umgebung liegen nur Einfamilienhäuser, es handelt sich um ein reines Wohngebiet. Die neuen Anwohner besaßen viele Yorkshireterrier, bis zu zehn Tiere auf einmal. Spezielle Zwinger für die Hunde hatten sie nicht, die Terrier liefen im Garten frei herum. Mit ein bis zwei Würfen pro Jahr betrieb das Ehepaar eine kleine Tierzucht.

Weil sich die Nachbarn immer wieder über Hundegebell (vor allem in der Nacht) beschwerten, untersagte der Landkreis schließlich dem Ehepaar, mehr als vier Terrier auf dem Grundstück zu halten. Die Tierhalter legten gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der beim Verwaltungsgericht Koblenz scheiterte (1 K 944/10.KO).

Von derart vielen Tieren gehe für die Nachbarn eine unzumutbare Lärmbelästigung aus, so die Richter. Das Halten von Hunden zahlenmäßig zu beschränken, gehe daher in Ordnung. Hundezucht sei in einem Wohngebiet rechtswidrig. Jeder wisse, dass sich Hunde gegenseitig anbellten. Auch in der Nacht, wenn die Nachbarn Ruhe bräuchten. So ein Rudel zu halten, sei daher rücksichtslos. Yorkshireterrier seien zwar relativ klein, ihr hochtoniges Bellen sei aber besonders störend.

Ein Orchester wird verkleinert ...

Arbeitsgerichte prüfen die Kündigung eines Hornisten nicht anhand künstlerischer Kriterien

Seit 1991 blies der Mann für ein städtisches Orchester in sein Horn. Als Anfang 2008 der Freistaat Thüringen im Rahmen eines Sparprogramms auch die Kultur-Zuschüsse für die Kommunen zusammenstrich, beschloss die Stadt, das Orchester zu verkleinern. Das verbleibende Rumpforchester sollte nur noch bei Bedarf kurzfristig ergänzt werden. Diesem kulturellen Kahlschlag fielen alle Stellen für Hornisten zum Opfer.

Die Arbeitgeberin kündigte auch das Arbeitsverhältnis des langjährigen Orchestermitglieds. Daraufhin erhob dieser Kündigungsschutzklage: Ein Kammerorchester ohne Horn oder Waldhorn sei unsinnig und willkürlich, fand der Hornist. Für viele Orchesterwerke sei dieses Instrument essentiell. So könne man zum Beispiel das Stück "Peter und der Wolf" ohne Horn nur noch als "Peter ohne Wolf" aufführen.

So überzeugend dieses Argument nach musikalischen Kriterien auch sein mag: Arbeitsgerichte könnten die Entscheidung der Arbeitgeberin, das Orchester zu verkleinern, nicht auf ihre künstlerische Zweckmäßigkeit hin überprüfen bzw. an musikalischen Maßstäben messen - dieser Gesichtspunkt sei dem Arbeitsrecht fremd, erklärte das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 9/10).

Die Entscheidung der Arbeitgeberin sei jedenfalls aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen heraus erfolgt. Sie habe die Auswahl derer, die das Orchester verlassen müssten, weder willkürlich getroffen, noch mit dem Zweck, gezielt unliebsame Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Nur wenn das zuträfe, wäre die Kündigung unwirksam.

Pferd bei Springturnier tödlich verletzt

Der Veranstalter haftet für untauglichen Fangständer - trotz Haftungsausschluss

Auf dem vereinseigenen Parcours hatte ein Reitverein im September 2005 ein Reit- und Springturnier veranstaltet. Bei einer Springpferdeprüfung startete die Tochter des Pferdebesitzers auf der Stute F. Das Pferd verfing sich beim Überspringen eines Kombinationshindernisses (Oxer und Steilsprung) am daneben aufgestellten Fangständer. F verletzte sich so schwer am Knie, dass die Stute später nach erfolgloser medizinischer Behandlung eingeschläfert werden musste.

Der Vater der Reiterin verklagte den Verein auf Schadenersatz: Seiner Tochter sei kein Reitfehler unterlaufen. Vielmehr habe der Verein untaugliche Fangständer aufgestellt und damit eine für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbare Gefahrenquelle geschaffen. So sah es auch der Bundesgerichtshof (BGH): Er bestätigte das Urteil der Vorinstanz, die dem Pferdebesitzer Entschädigung in Höhe des Werts der Stute (35.000 Euro) zugesprochen hatte (III ZR 246/09).

Der Turnierveranstalter hatte zwar vor der Veranstaltung in einer Reiterzeitschrift Teilnahmebedingungen veröffentlicht, in denen er jede Haftung ausschloss (Er "hafte nicht für Schäden, die Besuchern, Teilnehmern und Pferdebesitzern durch leichte Fahrlässigkeit des Veranstalters entstehen"). Doch diese Regelung erklärte der BGH für unwirksam.

Ein Turnierveranstalter könne nicht jede Verantwortung von sich weisen. Die vom Verein verwendeten Fangständer seien für Wettkämpfe untauglich und stellten für Pferde und Reiter ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko dar. Wer ein Reitturnier organisiere, müsse den Wettbewerb sorgfältig vorbereiten bzw. durchführen und die Teilnehmer vor Risiken schützen, mit denen sie nicht zu rechnen brauchten.

"Herzlos-Vater" will für Ex-Frau nicht mehr zahlen

Hat sie durch einen reißerischen Pressebericht den Unterhalt verspielt?

Einige Monate nach der Scheidung entdeckte der Vater dreier Kinder im Sommer 2007 in der BILD-Zeitung ein großes Foto von sich. Der "Herzlos-Vater" habe den Kontakt zu seinen Kindern abgebrochen, die darunter sehr litten, wurde berichtet. Überschrift: "Papa, bitte melde dich". Seine Ex-Frau appellierte an ihn, sich um die Kinder zu kümmern.

Zwei Jahre später zog der Mann vor Gericht und forderte, der Frau den nachehelichen Unterhalt (470 Euro im Monat) zu streichen. Für die Kinder zahle er weiterhin insgesamt 1.258 Euro monatlich. Doch seine "Ex" habe wegen ihrer Mitwirkung an der "herabwürdigenden Presseveröffentlichung" jeden Anspruch darauf verspielt, von ihm unterstützt zu werden.

Das sei im Prinzip richtig, fand das Oberlandesgericht (OLG) Bremen (4 UF 106/09). Dass diese Zeitung über die Familie "reißerisch" berichten würde, habe die Frau gewusst und den Reportern dennoch Fotos überlassen. Sie habe es in Kauf genommen, dass ihr Mann als herzloser Kerl bloß gestellt wurde, der ohne jeden Grund von heute auf morgen die Familie zerstörte. Damit habe die Frau unsolidarisch gehandelt: Auch nach der Scheidung müssten Ehepartner fair miteinander umgehen.

Dennoch wies das OLG die Klage des Mannes ab. Zum einen stehe der Frau laut Scheidungsbeschluss der Unterhalt sowieso nur noch bis Mai 2012 zu. Zum anderen habe der Mann nach dem Presseartikel fast zwei Jahre lang vorbehaltlos gezahlt - trotz der Kränkung. Er habe also aus dem Fehlverhalten keine Konsequenzen in Bezug auf den Unterhalt ziehen wollen. Dann sei es unbillig, sich jetzt auf einmal darauf zu berufen. Hinzu komme, dass der Vater als Ausgleich für die Kränkung vom Zeitungsverlag 3.000 Euro Schmerzensgeld erhalten habe.

Handwerksbetrieb zeigt im Internet Badezimmer-Fotos

Die Kundin sieht ihre Persönlichkeitsrechte verletzt: Kein Anspruch auf Entschädigung

Ein SHK-Handwerksbetrieb (Sanitär - Heizung - Klima) sanierte im Haus einer Kundin das Bad, baute eine Dusche ein und installierte neue Armaturen usw. Die Inhaberin des Betriebs dokumentierte den Fortschritt der Arbeiten mit Fotos, nahm "Vorher - Nachher"-Bilder auf. Auf ihrer Firmen-Homepage veröffentlichte die Geschäftsfrau anschließend vier der Fotos. Sie waren nicht mit Namen oder Anschrift der Kundin versehen.

Die Frau war trotzdem empört, als sie ein paar Jahre später die Bilder von ihrem Badezimmer im Internet entdeckte. Sie verlangte vom SHK-Unternehmen 2.000 Euro Entschädigung, weil es mit der nicht genehmigten Publikation von Fotos ihre Persönlichkeitsrechte verletzt habe. Die Klage wurde vom Amtsgericht Donaueschingen abgewiesen (11 C 81/10).

Die Unternehmerin habe die Fotos zwar ohne Wissen der Kundin ins Internet gestellt, räumte der Richter ein. Aber das Persönlichkeitsrecht der Kundin sei dadurch nicht berührt. Neutrale Beobachter der Homepage des Handwerksbetriebs könnten von den Fotos keinerlei Rückschluss auf die Person der Kundin ziehen. Namen oder Adresse der Kundin würden im Internet nicht genannt.

Bei dem Bad auf den Bildern könnte es sich um jedes beliebige Badezimmer handeln. Es gebe kein Merkmal, mit dem die Besitzerin des Badezimmers identifiziert werden könnte oder das Schlüsse auf ihre Persönlichkeit erlauben würde. Persönlichkeitsrechte könnten durch eine Publikation nur beeinträchtigt sein, wenn ein Zusammenhang zur Person bestehe.

Neuschwanstein ist ein Schloss ...

... und keine Marke: Die Marke "Neuschwanstein" wird gelöscht

Schloss Neuschwanstein wurde im 19. Jahrhundert in der Gemeinde Schwangau (Bayern) für König Ludwig II. erbaut. Es zählt zu den beliebtesten Touristenattraktionen Deutschlands - mit den einschlägigen Souvenir- und Geschenkartikeln wird entsprechend viel Geld verdient.

2005 ließ die Bayerische Schlösserverwaltung für sich den Namen "Neuschwanstein" als Marke für mehrere Waren und Dienstleistungen eintragen und schützen, u.a. für Souvenirartikel, für die Veranstaltung von Reisen, das Beherbergen von Gästen. Warum? Angeblich wollte die Schlösserverwaltung keine Lizenzgebühren von Souvenirhändlern kassieren, sondern als Markeninhaber nur Auswüchse der Kommerzialisierung verhindern.

Dem traute der Bundesverband "Souvenir-Geschenke-Ehrenpreise" nicht und beantragte, den Markenschutz aufzuheben: Neuschwanstein gehöre allen, der Freistaat Bayern habe darauf kein Monopol. Antragsgemäß löschte das Deutsche Patent- und Markenamt 2007 die Marke. Diese Maßnahme wurde jetzt vom Bundespatentgericht gebilligt (25 W (pat) 182/09).

"Neuschwanstein" hätte gar nicht erst als Marke registriert werden dürfen, so das Gericht. Der Name eines Schlosses sei als Marke ungeeignet: Er erlaube es nicht, Waren bzw. Dienstleistungen einem Unternehmen zuzuordnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Neuschwanstein sei eine touristische Sehenswürdigkeit und zudem ein Bauwerk, das ein herausragender Bestandteil des nationalen kulturellen Erbes sei. Bezeichnungen von solchen Kulturgütern gehörten zum Allgemeingut und seien auch deshalb markenrechtlicher Monopolisierung und gewerblicher Verwertung entzogen. (Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.)

Grafikerin fordert Nachschlag für "Tatort"-Vorspann

OLG: Ein Beitrag nur zum Vorspann einer Krimiserie ist von "untergeordneter Bedeutung"

Wer kennt ihn nicht, den Vorspann zur ARD-Krimiserie "Tatort"? Ein Fadenkreuz mit den Augen eines Opfers, die Beine des davonlaufenden Täters, das charakteristische, kurze Musikstück ... Nach 40 Jahren forderte eine an der Produktion beteiligte Grafikerin und Trickfilmerin - die damals für ihren Beitrag 2.500 DM erhalten hatte - einen "Nachschlag".

Sie verklagte ARD-Fernsehanstalten (BR, WDR) auf mehr Entgelt und pochte auf ihr Mit-Urheberrecht. Der Vorspann werde seit Jahrzehnten exzessiv genutzt, das stehe in krassem Missverhältnis zum Entgelt. Während das Landgericht die Fernsehsender dazu verdonnert hatte, Auskunft über die Verwertung der Fernsehserie zu geben, wies das Oberlandesgericht München die Klage ab (29 U 2749/10).

Die Grafikerin habe keinen Anspruch auf nachträgliche Vergütung, weil sie keinen wesentlichen Beitrag zum Gesamtwerk geleistet habe. Das Wesentliche an der Fernsehserie seien die Kriminalfilme und nicht der Vorspann. Auch wenn er die Fernsehzuschauer seit Jahrzehnten in markanter Weise auf den Krimi einstimme und sehr bekannt sei: Im Gesamtwerk "Tatort" habe der Vorspann nun einmal nur eine "Hinweis-Funktion".

Dass er "exzessiv genutzt" werde, habe vor allem mit den 90-minütigen Filmen der Krimiserie zu tun, die beim Fernsehpublikum großen Anklang fänden. Es könne kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass die Zuschauer die den "Tatort" nicht wegen des Vorspanns ansähen. Selbst wenn die Idee zum Vorspann wirklich von der Grafikerin stammte - was umstritten sei -, gehöre sie nicht zu den "am Gesamtwerk maßgeblich Beteiligten".

"Auffahrunfall" im Skikurs

Wer von hinten kommt, muss so fahren, dass er vorausfahrende Sportler nicht gefährdet

Eigentlich waren es ja lauter geübte Skifahrer, die in der Nähe von Kitzbühel die Carving-Technik lernen wollten. Nacheinander sollten die Kursteilnehmer einen Hang hinunter fahren und unten zum vereinbarten Treffpunkt kommen. Da stand der Lehrer und beobachtete die Skikünste seiner Gruppe.

Was er sah, konnte ihm nicht gefallen: Eine Frau kurvte relativ bedächtig herunter, der folgende Skifahrer wesentlich flotter. Als die Frau unten am Hang vom linken Rand der Piste auf die andere Seite hinüber glitt, rammte sie der Münchner von hinten. Die Skifahrerin stürzte und brach sich das Schlüsselbein. Sie musste mehrmals operiert werden und war lange arbeitsunfähig.

Vom Übeltäter forderte sie Schmerzensgeld. Absurd, fand der Mann: Schließlich mache man so einen Kurs, weil man die Ski noch nicht gut beherrsche. Außerdem hätte die Frau unten am Hang stehen bleiben und ihn vorbei lassen sollen. Er müsse für die Unfallfolgen haften, urteilte dagegen das Oberlandesgericht München: 4.000 Euro Schmerzensgeld seien angemessen (20 U 4661/10). Er habe gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen, die auch Skischüler bei einem Kurs beachten müssten.

Der von hinten kommende Skifahrer müsse so fahren, dass er die vor ihm Fahrenden nicht gefährde, und genügend Abstand halten. Wer vorausfahre, habe uneingeschränkt Vorfahrt. Wenn der Münchner bei der Übung die Ski nicht mehr beherrschte, hätte er die "Notbremse" ziehen und sich fallen lassen müssen, um eine Kollision zu verhindern. Von Teilnehmern eines Anfängerkurses wäre das vielleicht zuviel verlangt, aber nicht von Fortgeschrittenen.

Die Ski-Schülerin treffe auch nicht deshalb ein Mitverschulden, weil sie "vor dem Anfahren bzw. Überqueren der Piste nicht nach oben geschaut habe" (Regel Nr. 5). Sie sei nicht "angefahren", sondern vorausgefahren, und müsse sich als Vorausfahrer nicht nach hinten orientieren. Die Frau habe abgebremst und sich langsam der wartenden Gruppe genähert. Damit habe sie ihre Übung genau so beendet, wie es abgesprochen gewesen sei - für den Mitschüler sei ihre Fahrweise also nicht überraschend gewesen.

Fairnessgebot gilt auch beim "American Football"

Helm voraus: Volle Pulle gegen das Knie eines Gegners gesprungen

Zum Glück für den verletzten Spieler war das Football-Spiel auf DVD aufgenommen worden. Das Gericht konnte sich also später das Foul genau ansehen: Spieler X sprang in vollem Lauf mit abgesenktem Kopf, Helm voran, gegen das linke Bein von Spieler Y. Er rammte ihn brutal zu Boden; dabei war "Runningback" Y in dem Augenblick vom ballführenden Spieler etwa drei Meter weit entfernt und konnte gar nicht ins Spiel eingreifen.

Y erlitt einen Kreuzbandriss am linken Knie, musste sich nach der Operation einer aufwändigen Rehabilitationsmaßnahme unterziehen. Seinen Lieblingssport American Football musste er aufgeben. Von X verlangte der Unglücksrabe Schmerzensgeld. Der hielt den Vorgang für ein "Tackling", wie es in diesem Sport üblich sei: Er habe Y am Weiterlaufen hindern müssen.

Doch das Landgericht Kiel kam bei der Videoanalyse zu dem Schluss, dass X weit rabiater zu Werke gegangen war, als es die Spielsituation erfordert hätte (9 O 53/09). Wer an so einem Kampfsport teilnehme, nehme natürlich bewusst das Risiko in Kauf, dabei verletzt zu werden, räumte das Gericht ein. Daher hafteten Spieler nur dann für Schäden, wenn sie in grober Weise die Regeln bzw. das Gebot der Fairness verletzten.

Das treffe hier zu. X habe den Gegenspieler unnötig zu Fall gebracht und auf eine Weise, die weit über die im Charakter des American Football angelegte "gesunde Härte" hinausgehe: mit der Wucht seines gesamten Körpers gegen die Beine. Trotz der Hektik des Spiels habe er in dem Moment klar erkennen können, wie überflüssig das war. Denn Y konnte gar nicht ins Spielgeschehen eingreifen.

Und selbst wenn, wäre ein einfaches Tackling ausreichend gewesen. Dabei werde der Gegner mit Händen oder Schulter zu Fall gebracht. Wer die Filmaufnahme der Szene sehe, frage sich unwillkürlich, was der angreifende Spieler da eigentlich mache ... Angesichts der Folgen für Y sei für diese unerhörte Attacke ein Schmerzensgeld von 6.000 Euro angemessen.

Airline ließ Kundin nicht mitfliegen ...

... weil sie die beim Zahlen benutzte Kreditkarte nicht dabei hatte!

Eine Frankfurterin hatte im Internet einen Flug bei der spanischen Fluggesellschaft Iberia gebucht und per Kreditkarte gezahlt. Noch vor dem Spanienurlaub wurde die Frau von ihrer Bank aufgefordert, die Kreditkarte aus Sicherheitsgründen auszutauschen. Also konnte sie die Karte am Flughafen nicht vorlegen - und die Airline ließ sie deshalb nicht an Bord.

Das rüde Vorgehen entsprach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fluggesellschaft: Am Check-In-Schalter sei die Kreditkarte vorzulegen, mit der die Tickets bezahlt wurden, hieß es da. Ansonsten dürften Kunden den gebuchten Flug nicht antreten.

Das darf doch wohl nicht wahr sein, dachte die Frau, und meldete den Fall dem Bundesverband der Verbraucherzentralen. Der zog vor Gericht und verlangte, die Airline dürfe die AGB-Klausel nicht länger verwenden. Das Landgericht Frankfurt stellte sich auf die Seite der Verbraucherschützer und sprach der Kundin Schadenersatz zu (2-24 O 142/10).

Eine Kreditkarte sei ein Zahlungsmittel und gehöre nicht zu den Reiseunterlagen, die für den Antritt eines Fluges erforderlich seien. Erscheine ein Fluggast ohne Karte, berechtige das die Fluggesellschaft nicht dazu, einen gebuchten Flug zu verweigern und den Vertrag mit dem Kunden zu brechen. Es liege auf der Hand, dass die AGB-Klausel auch Kunden treffe, denen ohne eigenes Zutun die Karte fehle - weil ihre Bank zwischen Buchung und Flug die Kreditkarte aus Sicherheitsgründen eingezogen habe.

Häftling muss Hund hergeben

Verwaltungsgericht: Das Tier wird nicht auf Kosten der Steuerzahler untergebracht!

Der Hundehalter musste für 14 Monate ins Gefängnis. Bevor er im November 2010 seine Haftstrafe antrat, hatte er seinen 14 Jahre alten Hund einem Nachbarn übergeben. Der bemerkte, dass das Tier krank war und schaltete die Amtstierärztin ein. Sie behandelte den Hund und ließ ihn in eine Hundepension bringen. Zudem verschrieb sie Medikamente, die monatlich 60 Euro kosteten.

Der Hundehalter konnte diese Summe nicht aufbringen. Daraufhin teilte ihm der Landrat mit, wenn er das Tier nicht bis Januar 2011 angemessen unterbringe, werde das Tierheim nach einem neuen Besitzer suchen. Der Hundehalter scheiterte beim Verwaltungsgericht Aachen mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen diese Maßnahme (6 L 5/11).

Sie greife zwar in das Recht auf Eigentum ein, so die Richter, doch das Tierschutzgesetz ermögliche in Ausnahmefällen so einen Eingriff. So ein Fall liege hier vor, denn der Hund sei schon vor der Freiheitsstrafe des "Herrchens" vernachlässigt worden. Die Tiermedizinerin habe festgestellt, dass er nicht artgerecht gehalten wurde. Und gegen seine Krankheit sei nichts unternommen worden.

Da der Hund schon sehr alt sei, sei es für ihn allemal das Beste, nun endlich in "gute Hände" gegeben zu werden. Außerdem könne der mittellose Hundebesitzer Unterkunft und Medikamente nicht bezahlen. Wenn ein Hundehalter ins Gefängnis müsse, könne er sich nicht darauf verlassen, dass das Tier unterdessen auf Kosten der Steuerzahler aufgepäppelt werde.

Im Internetforum verunglimpft?

Inhaber eines Autohauses verklagen die Betreiberin des Forums auf Auskunft

Auf einer Internetplattform für Autofahrer kann man sich mit anderen Internetsurfern zum Thema Auto austauschen und Erfahrungsberichte einstellen: über Fahrzeugmodelle, über Hersteller, über Autohäuser. Inhaber eines Münchner Autohauses entdeckten da kritische Berichte über sich, die ihnen überhaupt nicht gefielen. Sie fühlten sich diskreditiert und befürchteten, die negativen Stellungnahmen könnten das Geschäft schädigen.

Die Geschäftsleute wandten sich an die Betreiberin des Internetforums, die auf ihren Wunsch hin die Beiträge von der Website entfernte. Als die Autoverkäufer darüber hinaus Auskunft über die Urheber der Berichte verlangten, pochte die GmbH jedoch auf den Datenschutz.

Da das Telemediengesetz Auskünfte zulasse, wenn es um die Verfolgung krimineller Delikte gehe, müsse das hier auch gelten, meinten die Geschäftsleute. Denn sie bräuchten Namen und Adressen, um rechtliche Schritte gegen die Verleumder einleiten zu können. Der Vergleich hinkt, fand das Amtsgericht München, und wies die Klage auf Auskunft ab (161 C 24062/10).

Veranstalter von Internetforen dürften nur in genau definierten Ausnahmefällen und auf Anordnung der Ermittlungsbehörden Auskünfte über Daten von Forumsteilnehmern geben: Wenn dies notwendig sei für die Strafverfolgung Krimineller bzw. von Terroristen oder wenn die Polizeibehörden Gefahren abwehren müsse und dergleichen. Für andere Zwecke dürften Diensteanbieter keine Daten herausrücken (außer der Nutzer sei damit einverstanden).

Anspruch auf Auskunft hätten die Inhaber des Autohauses also nicht. Doch sollten die Berichte tatsächlich beleidigend oder verleumderisch gewesen sein, könnten sich die Geschäftsleute an die Staatsanwaltschaft wenden, um gegen die Urheber vorzugehen.

Trick 17 der Zeitschriften-Werber:

Axel Springer AG "bedankt sich" bei Kunden für das angebliche Einverständnis mit Reklame

Ihre Reklame an den Mann und die Frau zu bringen, scheint einigen Unternehmen ein so dringliches Anliegen zu sein, dass sie auch vor halbseidenen Manövern nicht zurückschrecken. Anfang des Jahres bekamen viele Abonnenten von Springer-Zeitungen Post von der Axel Springer AG.

In den Briefen bedankte sich der Verlag "für Ihre telefonische Zustimmung zu unserem Angebot, Sie in Zukunft weiterhin per Telefon, E-Mail oder SMS über Medienangebote der Axel Springer AG und der Ullstein GmbH zu informieren". Zahlreiche Abonnenten beschwerten sich darüber bei der Verbraucherzentrale: Das sei glatt erfunden, sie hätten der Werbung nie zugestimmt.

Mit diesem "Trick" wolle sich der Verlag die Zustimmung erschleichen, kritisierten die Verbraucherschützer. Die Verbraucherzentrale Berlin erwirkte beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen diese Praxis (96 O 17/11).

Die Anschreiben seien unzulässig und stellten einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar, erklärte das Gericht. Damit müsse die Axel Springer AG sofort aufhören. Der Verlag dürfe gegenüber Verbrauchern nicht deren Einverständnis mit Reklame per Telefon, E-Mail oder SMS "bestätigen", wenn sie diese in Wahrheit gar nicht vorher akzeptiert hätten.

Hotelzimmer zum "Nettopreis"

Internetanbieter unterschlägt bei der Preisangabe die Vermittlungsgebühr

Ein Vermittler von Hotelübernachtungen warb für seine Zimmerangebote im Internet mit günstigen "Nettopreisen". Mit diesem Begriff beschönigte er die Tatsache, dass er auf der Website nur den Übernachtungspreis nannte und die Vermittlungsgebühr für sein Unternehmen wegließ. Verbraucherschützer beanstandeten die Reklame als irreführend.

So sah es auch das Landgericht Berlin: Es verbot die Werbung mit dem "Nettopreis" für Hotelzimmer (15 O 276/10). Sie sei wettbewerbswidrig. Angebot und Preisangabe müssten klar erkennen lassen, dass zum Übernachtungspreis noch die Vermittlungsgebühr dazukomme, so das Gericht. Alles andere täusche die Verbraucher.

Mit den Preisangabe-Vorschriften wolle der Gesetzgeber verhindern, dass sich Verbraucher aufgrund irreführender Angaben mit Angeboten beschäftigten. Es genüge nicht, wenn sie das Manöver mit dem "Nettopreis" im weiteren Verlauf der Buchung durchschauen könnten.

Der Vermittler müsse schon beim ersten Buchungsschritt auf die Vermittlungsgebühr hinweisen. Und zwar deutlich: Verbraucher mit diskreten Sternchensymbolen und versteckten Fußnoten über zusätzliche Kosten zu informieren, sei nicht ausreichend.

Jauch contra Boulevardpresse

Moderator verlangte Gegendarstellung gegen eine Fotomontage

Der Journalist und Fernsehmoderator Günther Jauch gehört zu den Prominenten, die unentwegt im Clinch mit der Boulevardpresse liegen: Er achtet penibel darauf, dass seine Privatsphäre gewahrt wird. In diesem Fall verlor er den Prozess gegen die Illustrierte "neue Woche". Gegenstand des Streits war eine Titelseite. Im Herbst 2010 zeigte die Illustrierte ein Bild von Jauch neben seiner Ehefrau.

Zwei Einzelfotos vor einem Hintergrund aus grünen Blättern: "G.J. & seine T. Triumph & Tränen! Alles über sein geheimes Privatleben". Der Moderator forderte vom Verlag eine Gegendarstellung: Der einheitliche Hintergrund suggeriere, das Paar habe sich gemeinsam im Freien in privatem Umfeld fotografieren lassen. Das sei nicht der Fall, es handle sich um eine Fotomontage.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe räumte zwar ein, dass sich ein Anspruch auf Gegendarstellung auch auf die Publikation eines Bildes beziehen könne, wenn mit dem Bild eine bestimmte Aussage verbunden sei (14 U 185/10). Der Verlag müsse aber keine Gegendarstellung veröffentlichen, die sich nur auf die Herstellung des Fotos beziehe: dass die Titelseite nämlich aus zwei Einzelbildern zusammengesetzt und keine "einheitliche Aufnahme" sei.

In der Tat könne durch die Abbildung der falsche Eindruck entstehen, dass der Moderator entgegen seiner grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber der Boulevardpresse erlaubt habe, ihn und seine Frau im Privatbereich (Garten!) abzulichten. Das beeinträchtige sein Persönlichkeitsrecht jedoch nicht nennenswert - zumal Herr Jauch gelegentlich auch schon Ausnahmen zugelassen und die Publikation von Fotos mit privatem Einschlag erlaubt habe.

"Sie küssen und sie schlagen sich"

Prominentes Paar, das seine Beziehung öffentlich inszeniert, kann Publikation von Fotos nicht verhindern

Schauspielerin S.T., die eine Kommissarin in der TV-Krimireihe "Tatort" spielt, trennte sich Anfang 2009 von ihrem langjährigen Lebensgefährten, R.A., ehemals Manager eines Fußballclubs. Im Sommer kam es bei einem Treffen des Ex-Paares auf Sylt zu einem handfesten Streit. Ein Zeuge rief die Polizei. Einstweilen fotografierte ein BILD-Reporter, wie Herr A. Frau T. schlug und in ein Blumenbeet schubste.

Gegenüber der Polizei bestritt das Paar zwar eine körperliche Attacke, doch die Fotoreportage in der BILD zeigte das Gegenteil. Schlagzeile: "Sie küssen und sie schlagen sich". "Erst als die Polizei kommt, ist Ruhe". Frau T. erreichte zunächst eine einstweilige Verfügung gegen die Zeitung: Die Fotos sollten nicht mehr veröffentlicht werden. Dagegen legte der Springer Verlag erfolgreich beim Kammergericht in Berlin Berufung ein (9 U 163/09).

Der Fotoreporter habe das Paar nicht heimlich verfolgt, betonte das Gericht: Die Aufnahmen seien vielmehr entstanden, weil sich das Paar auffällig benahm. Als bekannte Schauspielerin sei Frau T. ebenso eine Person des öffentlichen Interesses wie ihr Ex-Partner, den jeder deutsche Fußballfan kenne. Und je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit sei, desto mehr trete das Interesse der Betroffenen am Schutz der Privatsphäre zurück.

Das gelte umso mehr bei einem Paar, das jahrelang seine "spannungsgeladene" Beziehung öffentlich inszenierte: in Zeitschriften-Exklusivinterviews ("Wir sind wie immer im Clinch"), Home-Stories im Fernsehen ("So lebe ich mit dem Fußball-Macho") und zuletzt kommerzialisiert in TV-Werbespots. Wer sein Privatleben so ausbreite, könne sich nicht umgekehrt darauf berufen, dass die Privatsphäre für die Öffentlichkeit "Tabu" sein müsse.

Erst recht nicht, wenn es um eine gewalttätige Auseinandersetzung gehe. Bestehe der Anfangsverdacht einer Straftat, habe dies hohen Nachrichtenwert: Sogar die Polizeidirektion habe zu dem Vorfall eine Pressemitteilung herausgegeben. Hier gehe es auch nicht allein darum, den Lesern "Prominentenklatsch" zu bieten. Über das Thema Gewalt in Paarbeziehungen und wie man damit umgehe, gebe es eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte.

Münchner Fußball-Trainingsplatz mit Pfützen

Rasenexperte und Bauunternehmen streiten um Schadenersatz

1999 hatte ein Münchner Fußballverein ein Spezial-Bauunternehmen damit beauftragt, den Trainingsplatz Nr.1 zu verbessern: Es sollte Leitungen und eine Rasentragschicht einbauen, anschließend dem Platz eine neue Rasenoberfläche verpassen. Das Bauunternehmen schaltete einen Rasenspezialisten ein: Während des Einbaus der Rasentragschicht wurden ihr mehrere Materialproben entnommen und ins Labor des Experten geschickt, um sie zu untersuchen.

Doch das Resultat des Bemühens war unzureichend: Der Fußballverein nahm den Trainingsplatz im Sommer 1999 in Betrieb und rügte schon nach wenigen Wochen, er sei nicht wasserdurchlässig. Nach jedem Regen bildeten sich Pfützen auf dem Rasen. Der Verein forderte vom Bauunternehmen Schadenersatz wegen mangelhafter Arbeit, das Bauunternehmen wiederum verklagte 2002 den Rasenspezialisten.

Erst 2010 beendete das Oberlandesgericht München den Streit und wies die Klage ab (9 U 5711/09). Der Einbau einer Rasentragschicht und verschiedener Leitungen mache den Trainingsplatz nicht zu einem Bauwerk - dann hätte für die Arbeiten eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gegolten. Vielmehr handelte es sich hier um Arbeiten an einem Grundstück - darauf begründete Ersatzansprüche verjährten schon innerhalb eines Jahres nach der Abnahme.

Eine ausdrückliche Abnahme sei zwar nicht erfolgt, ihr Zeitpunkt sei aber den Umständen zu entnehmen. Der Experte sollte während der Einbauarbeiten Materialproben prüfen, damit das Bauunternehmen die Rasentragschicht entsprechend anpassen konnte. Seine Tätigkeit sei beendet gewesen, als er dem Bauunternehmen schriftlich das Ergebnis seiner Prüfungen übermittelte (August 1999), spätestens jedoch mit der Abnahme des Trainingsplatzes durch den Verein.

Als das Bauunternehmen 2002 gegen den Experten und Auftragnehmer klagte, sei der Anspruch des Bauunternehmens (= Auftraggebers) bereits verjährt gewesen.

Eisschnellläuferin Pechstein klagte vergeblich:

Sie wollte zurück in die Spitzensport-Förderung der Bundespolizei

Die erfolgreiche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ist seit 1993 beim Bundesinnenministerium als Polizeivollzugsbeamtin tätig. Allerdings nicht wirklich als Polizistin, sondern eben als Spitzensportlerin. 2009 war sie wegen Dopingvorwürfen gesperrt und deshalb von der Bundespolizeisportschule Bad Endorf, wo sie trainiert hatte, an die Bundespolizeiakademie in Lübeck versetzt worden.

Dagegen wehrte sich die Eisschnellläuferin und verlangte, wieder in die Spitzenfördergruppe der Bundespolizei aufgenommen zu werden: Man habe sie zu Unrecht gesperrt. Außerdem zähle sie im Eisschnelllauf weiterhin zur Weltspitze und dürfe jetzt wieder an Wettkämpfen teilnehmen. Doch das Verwaltungsgericht Berlin ließ die Sportlerin abblitzen (VG 36 L 88.11).

Da der Staat den Spitzensport in erster Linie im öffentlichen Interesse fördere, sei es schon zweifelhaft, ob Frau Pechstein sich auf so etwas wie ein subjektives Recht auf Förderung berufen könne, so das Gericht. Auf jeden Fall sei aber die Entscheidung, sie nach Lübeck zu versetzen, sachlich begründet und rechtmäßig.

Angesichts einer geringen Zahl von Förderstellen müsse die Bundespolizei die förderungswürdigen Spitzensportler besonders sorgfältig auswählen. Neben dem Lebensalter der Eisschnellläuferin habe bei der Entscheidung gegen sie vor allem die Tatsache eine Rolle gespielt, dass Frau Pechstein nach den Regeln des Internationalen Olympischen Komitees nicht berechtigt sei, an den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 teilzunehmen.

Das Ziel der Sportförderung sei es aber nun einmal, den Geförderten die Teilnahme an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zu ermöglichen. Die Sportlerin könne künftig als Lehrkraft an der Lübecker Bundespolizeiakademie arbeiten, wenn sie wolle - das habe man ihr angeboten.

Ingo Steuer darf Sportsoldaten trainieren

Bundeswehr darf den Eiskunstlauftrainer nicht länger boykottieren

Im April 2011 gewann das von Ingo Steuer trainierte deutsche Eiskunstlaufpaar, Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, erneut die Weltmeisterschaft. Doch das juristische Nachspiel zu seinen früheren Fehlern scheint nicht enden zu wollen: Als er bei der Bundeswehr als "Sportsoldat" - zuerst als Sportler, später als Trainer - eingestellt wurde, hatte Ingo Steuer seine Tätigkeit für die "Stasi" abgestritten. Als das aufflog, entließ ihn die Bundeswehr 2006 fristlos: Er durfte keine Sportsoldaten mehr trainieren.

Dagegen klagte der Erfolgstrainer: Die Sportfördergruppe der Bundeswehr sei "eine tragende Säule der Förderung für Leistungssportler". Der Boykott der Bundeswehr schade seiner freiberuflichen Tätigkeit als Trainer massiv. Denn jeder Sportsoldat, der sich für ihn entscheide, verliere Status und Einkommen. Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, die Bundeswehr müsse Ingo Steuer als Trainer von Sportsoldaten dulden (6 U 66/10).

Fast alle deutschen Spitzensportler im Eiskunstlauf seien Sportsoldaten. Die Bundeswehr behindere also mit ihrem Boykott zielgerichtet die Berufstätigkeit von Ingo Steuer. Das sei - trotz seines Dienstvergehens - unverhältnismäßig. Ingo Steuer habe sich kurz nach seinem 18. Geburtstag vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR als "IM" anheuern lassen, aber offenkundig keiner bespitzelten Person einen konkreten Schaden zugefügt. Zwölf Jahre habe er für die Bundeswehr gearbeitet und höchste Auszeichnungen erhalten. Gegen seine fachliche Eignung gebe es keinerlei Argument.

Die Bundeswehr solle die sportfachliche Entscheidung der Sportverbände respektieren: Letztlich hätten die Deutsche Eislauf Union und der Deutsche Olympische Sportbund keine Einwände mehr dagegen, dass Ingo Steuer Eiskunstläufer trainiere. Wenn ihn Sportsoldaten als Eiskunstlauftrainer wählten, die Eislauf Union ihn damit beauftrage und auch der Deutsche Olympische Sportbund das Engagement befürworte, müsse dies auch die Bundeswehr akzeptieren.