Freizeit & Sport

Zeige 20 von 2008 Urteilen

Tauziehen um "Wilde Kerle"

Autor der Jugendbuchreihe streitet mit dem Illustrator um das Urheberrecht

Früher waren die beiden Künstler befreundet. Der Autor trainierte nebenbei eine Jugend-Fußballmannschaft, die sich "Die wilden Kerle" nannte. Eines Tages bat er den Zeichner, für die Mannschaft ein Logo zu entwickeln. Aus seinen Erlebnissen mit den jungen Fußballern entwickelte der Autor später die bekannte deutsche Jugendbuchreihe, für die der Zeichner Illustrationen der Figuren Leon, Felix & Co. entwarf.

Drei Filme wurden gedreht, dann kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Autor und Zeichner. Der Autor beendete die Zusammenarbeit, zwei weitere "Wilde Kerle"-Filme entstanden ohne den Illustrator. Nun pochte der Zeichner auf sein Urheberrecht an den Figuren und forderte Schadenersatz für die Filme IV und V.

Das Landgericht München I wies seine Klage ab (21 O 13662/07). Wenn ein Illustrator Figuren und Szenen mit diesen Figuren zeichne, werde er dadurch noch nicht zum Mitinhaber des Urheberrechts an den literarischen Charakteren oder gar an der ganzen Buchreihe. Der Autor dürfe zwar keine Neuauflage der ursprünglich zusammen erarbeiteten Buchreihe ("Die Wilden Fußball Kerle" Band 1 - 13) ohne die Illustrationen des Zeichners veröffentlichen.

Ansonsten dürfe der Schöpfer der "Wilden Kerle" aber die literarische Vorlage weitgehend nach seinem Gutdünken verwerten. Er könne die Buchreihe mit den gleichen Charakteren und neuen Illustrationen fortsetzen. Dem Zeichner stehe auch kein Schadenersatz für die ohne ihn gedrehten Filme zu: Er habe daran weder direkt (als Regisseur, Berater etc.) mitgewirkt, noch seien Illustrationen von ihm eingesetzt worden. (Der Zeichner hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Mannschaftsbetreuer ohrfeigt gegnerischen Trainer

DFB darf Spielsperren auf seiner Webseite veröffentlichen

Herr R, Mannschaftsbetreuer eines Fußballclubs in Südbaden, der in der Zweiten Bundesliga spielt, erlaubte sich bei einem Spiel der Jugendliga eine Tätlichkeit. Als sich einer seiner Spieler verletzt hatte, lieferte sich R mit dem gegnerischen Trainer zuerst einen verbalen Schlagabtausch, dann gab er ihm eine Ohrfeige. Der Disziplinarausschuss des Deutschen Fußballbunds (DFB) verhängte gegen den Betreuer eine Geldstrafe von 100 Euro und verbot ihm für die Dauer eines Jahres, in Baden-Württemberg offizielle Funktionen auszuüben.

Gemäß seiner Wettkampfordnung veröffentlicht der DFB Spielsperren. So auch in diesem Fall, und zwar auf seiner Webseite. Da stand also nun: "R, 14.4.2008, tätlicher Angriff auf Trainer der Gästemannschaft, Sperre bis zum ... + Geldstrafe". R hielt die Publikation für unzulässig, weil so die Ursache für die Sperre ganz unnötig in der Öffentlichkeit "breitgetreten" werde. Der Eintrag greife rechtswidrig in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein.

Er müsse seine Mitglieder über Ereignisse in den Ligen umfassend informieren, konterte der DFB, dazu gehörten auch verhängte Spielsperren. So sah es auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (14 U 131/08). Es wies die Unterlassungsklage des Betreuers ab. Dass wahre Tatsachen mitgeteilt würden, müssten Betroffene in der Regel hinnehmen - auch wenn das für sie von Nachteil sei. Sanktionen, die der Disziplinarausschuss verhänge, gingen nicht nur die Betroffenen und ihren Verein etwas an, sondern auch andere Vereine und andere am Spielgeschehen beteiligte Personen.

Eine Publikation der Spielsperren im Internet erreiche im übrigen - anders als Berichterstattung in Presse oder Fernsehen - nur einen kleinen Personenkreis. Leute, die von sich aus aktiv werden, die Webseite aufrufen und sich bis zu den Spielsperren "durchklicken". Der Umstand, dass Suchmaschinen es leichter machten, sich solche Informationen zu beschaffen, ändere daran nichts. Mit der Publikation auf der DFB-Webseite sei keine öffentliche Blamage oder Stigmatisierung verbunden.

Gastwirt ein "Ndrangethista"?

Autorin formuliert in einem Sachbuch über die Mafia unbewiesenen Verdacht

In einem Sachbuch über die organisierte Kriminalität in Italien (Mafia und vergleichbare Organisationen) nannte die Autorin einen deutschen Gastwirt italienischer Herkunft einen "mutmaßlichen Ndrangethista" (Ndrangetha heißt die kalabrische Variante der Mafia). Sie verwies auf Berichte des Bundeskriminalamts (BKA) über Ermittlungen gegen den einstigen Pizzabäcker und eine Hausdurchsuchung im Restaurant wegen des Verdachts auf Beteiligung an einem Mord.

Der aus Kalabrien stammende Restaurantbesitzer zog vor Gericht, um die Publikation dieses Verdachts verbieten zu lassen. Das Landgericht München I bejahte seinen Anspruch auf Unterlassung (9 O 19617/08). So einen schwer wiegenden Verdacht dürfe man nur öffentlich äußern, wenn Recherche und Darstellung bestimmten Anforderungen gerecht würden. In einem Sachbuch gehe es ausschließlich um Tatsachen und nicht um erfundene Geschichten oder Meinungsäußerungen.

Die Autorin beziehe sich auf interne Äußerungen des BKA, darauf könne sie ihren Verdacht gegen den Gastwirt aber nicht stützen: Offenkundig seien die Ermittlungsbehörden zu dem Ergebnis gekommen, dass kein hinreichender Verdacht gegen ihn bestehe, denn es sei keine Anklage erhoben worden. Das Buch präsentiere einen Schluss, den die Autorin aus einzelnen Ermittlungsunterlagen ziehe, als Tatsache - obwohl die Behörde selbst dies nie offiziell bestätigte.

Deshalb verstoße es gegen das Persönlichkeitsrecht des Gastwirts, ihn identifizierbar als Mitglied der Ndrangetha darzustellen. Der Verdächtigte komme mit seiner Sicht der Dinge nicht zu Wort, die Autorin verschweige dem Leser des Buches alle entlastenden Umstände. Dass gegen den Gastwirt keine Anklage, geschweige denn ein Urteil vorliege, erfahre der Leser nicht. Die bekannten Morde in einer Duisburger Pizzeria hätten nicht dort stattgefunden, wo der Restaurantbesitzer früher als Pizzabäcker arbeitete - sondern in einem gleichnamigen Lokal, das vom Tatort etwa einen Kilometer entfernt liege. Zur Tatzeit habe der Mann schon längst nicht mehr dort gearbeitet.

Deutsche Urlauber in Brasilien überfallen

Kein Mangel der Reise, für den der Reiseveranstalter haften müsste

Eine deutsche Familie hatte über Weihnachten eine Pauschalreise nach Brasilien gebucht. Kaum war sie in Brasilien angekommen, wurde während des Transfers vom Flughafen zum Hotel der Bus von einer Bande überfallen: Alle Businsassen wurden bis auf die Unterwäsche entkleidet und ausgeraubt. Die Reisenden entschieden trotzdem, den Urlaub fortzusetzen.

Am nächsten Tag gab ein Vertreter des Reiseveranstalters der Familie etwas Geld, um Kleidung und andere notwendige Dinge zu kaufen. Als später noch mehr Kleidung gebraucht wurde, erklärte der Mann, die Familie müsse selbst ein Taxi zum Einkaufszentrum nehmen und sich Geld aus Europa schicken lassen.

Nach dem Urlaub bot der Reiseveranstalter der Familie außergerichtlich 500 Euro Entschädigung an. Der Familienvater lehnte das Angebot ab und verlangte höheren Schadenersatz: Schon der Wert des Gepäcks übersteige den angebotenen Betrag, zudem müsse man ihm einen Teil des Reisepreises zurückzahlen. Denn der Veranstalter habe es versäumt, für Polizeischutz zu sorgen - was angesichts der unsicheren Gegend notwendig gewesen wäre.

Doch für das Landgericht Frankfurt gehörte der Überfall zum "allgemeinen Lebensrisiko", für das der Reiseveranstalter nicht geradestehen müsse (2-19 O 105/08). Davor könne und müsse ein Reiseveranstalter seine Gäste nicht schützen. Sie könnten überall Opfer von Kriminellen werden. Die Kunden hätten daher weder Anspruch auf Schadenersatz, noch könnten sie einen Teil des Reisepreises zurückfordern. Anders läge der Fall nur, wenn in einem Reiseland das Risiko krimineller Übergriffe außergewöhnlich hoch sei.

Norwegen-Reise abgesagt

Reiserücktritt: Wer die Ursache lange bekannter Beschwerden abklären lässt, ist nicht "unerwartet erkrankt"

Ein Münchner buchte Anfang 2007 bei einem Skandinavien-Reiseveranstalter für sich und seine Frau eine Reise durch Norwegens Fjorde. Gleichzeitig schloss er eine Reiserücktrittskostenversicherung ab. Die Schiffsreise kostete insgesamt 3.230 Euro und sollte Ende März 2007 stattfinden.

Die Ehefrau trug schon jahrelang einen Herzschrittmacher. Seit einigen Monaten litt sie an Schwindelanfällen. Anfang März suchte die Frau routinemäßig die Universitätsklinik auf, um den Herzschrittmacher prüfen zu lassen. Da empfahlen ihr die Ärzte, so schnell wie möglich die Ursache der Schwindelanfälle zu klären. Die Patientin blieb in der Klinik.

Am gleichen Tag stornierte ihr Mann die Norwegen-Reise und verlangte vom Reiserücktrittsversicherer, den Reisepreis zu erstatten. Doch der Versicherer winkte ab: Er müsse nur einspringen, wenn ein Versicherter wegen einer plötzlichen und unerwarteten Erkrankung eine Reise absagen müsse. Davon könne bei einer seit Jahrzehnten bekannten Herzschwäche keine Rede sein.

Das Amtsgericht München gab dem Unternehmen Recht und wies die Zahlungsklage des Versicherungsnehmers ab (154 C 35611/07). Er habe den Urlaub storniert, weil seine Frau stationär in die Universitätsklinik aufgenommen wurde, um dort eine Diagnose durchzuführen. Dies falle jedoch nicht unter das versicherte Risiko.

Sollten die Schwindelanfälle nichts mit der Herzkrankheit zu tun haben, liege vielleicht gar keine Erkrankung vor. Seien sie auf die Herzschwäche zurückzuführen, handle es sich nicht um eine "unerwartete Erkrankung". Schließlich leide die Frau darunter seit Jahren und unter Ohnmachts- und Schwindelattacken seit mindestens einem halben Jahr. Schon vor der Buchung des Norwegen-Urlaubs habe sie sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben.

"Deutschland sucht ..." das hässlichste Jugendzimmer

Möbeldiscounter muss Werbeaktion einstellen, die auf eine Fernsehshow anspielt

Im Sommer 2007 veranstaltete die Möbelmarktkette Roller ein Gewinnspiel: Teilnehmer sollten ein Foto ihres abgewohnten Jugendzimmers auf der Internetseite des Möbeldiscounters einstellen. Per Internet-Abstimmung wählten dann die Kunden "Deutschlands hässlichstes Jugendzimmer". Der Gewinner erhielt ein neues Jugendzimmer (inklusive Teppich, Tapeten und Beleuchtung) im Wert von 1.500 Euro.

Später folgte ein ähnliches Gewinnspiel unter dem Slogan "Roller sucht Deutschlands hässlichstes Wohnzimmer". Bei beiden Werbekampagnen setzte der Möbeldiscounter ein Logo ein, das dem ovalen Markenzeichen der RTL-Fernsehshow "Deutschland sucht den Superstar" sehr ähnlich sah. Der private Fernsehsender RTL hat das Logo als Marke schützen lassen und klagte nun gegen die Möbelmarktkette wegen Verletzung des Markenrechts.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln verurteilte das Unternehmen dazu, diese Werbeaktionen zu unterlassen (6 U 147/08). Außerdem müsse er Auskunft über ihren Umfang geben, damit RTL den Schaden berechnen könne. Denn der Möbeldiscounter habe die Bekanntheit der geschützten Wort-/Bildmarke in unlauterer Weise ausgenutzt, so das OLG. Schon der Titel "Roller sucht Deutschlands hässlichstes Jugendzimmer" solle beim Publikum die Assoziation zur Show "Deutschland sucht den Superstar" wecken.

Das werde durch die grafische Gestaltung des Logos noch verstärkt. Beide Logos seien oval geformt, beide zeigten einen blauen Hintergrund und Lichteffekte am Rand. Das Logo des Möbeldiscounters beziehe sich ganz eindeutig auf das geschützte Markenzeichen von RTL. Durch die Suche nach etwas Hässlichem werde zudem darauf angespielt, dass der Erfolg der Fernsehshow nicht nur darin liege, einen strahlenden Superstar zu ermitteln. Es würden ja immer auch Bewerber vorgestellt, die "eher ein hässliches Entlein" abgäben.

Sabine Christiansen contra Boulevardpresse

Ungenehmigt private Fotos Prominenter zu publizieren, an denen kein Informationsinteresse besteht, ist rechtswidrig

Nach ausgiebiger Berichterstattung über Scheidung und Liebesunglück der Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen stürzte sich die Boulevardpresse im Frühjahr 2006 mit noch größerer Begeisterung auf "ihr neues Glück". Wie viele andere auch zeigte eine Zeitschrift namens "das neue" Fotos von der Prominenten und ihrem neuen Freund beim Bummeln und Einkaufen in Paris. Bildunterschriften: "So verliebt in Paris" und "Wetten, dass sie diesen Mann bald heiratet?"

Die Moderatorin setzte vor Gericht durch, dass die Publikation dieser Bilder untersagt wurde. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Verbot (VI ZR 75/08). Dass Frau Christiansen häufig in der Öffentlichkeit auftrete, gebe der Presse kein Recht, ohne ihre Erlaubnis Fotos zu schießen und zu veröffentlichen. Selbst Prominente hätten Anspruch auf Privatsphäre - auch auf öffentlichen Boulevards.

Die Moderatorin und ihr jetziger Ehemann seien auf den Fotos in erkennbar privaten Situationen als Liebespaar zu identifizieren. So einen Eingriff in ihre Privatsphäre müsse sie nicht hinnehmen. Denn die Berichterstattung bediente kein Informationsinteresse von gesellschaftlicher Relevanz, bestenfalls ein zweifelhaftes Unterhaltungsbedürfnis.

Regisseur krempelte Shakespeare um

Theaterbesucher kann deswegen nicht den Eintrittspreis zurückfordern

Nach dem Besuch einer Inszenierung von William Shakespeares "Viel Lärm um Nichts" war ein Theaterliebhaber empört. Auf lärmenden und rauchenden Mofas waren die Schauspieler auf der Bühne herumgebraust und auch sonst hatte die Aufführung mit der Komödie von Shakespeare nicht so arg viel zu tun. Sie endete - statt mit einer fröhlichen Doppelhochzeit - mit dem dramatischen und von Shakespeare gar nicht vorgesehenen Tod einer Hauptfigur.

Derartiges Treiben sollte man nicht als Stück von Shakespeare ankündigen, fand der Theaterbesucher, das sei Etikettenschwindel. Er verlangte vom Intendanten die 90 Euro zurück, die er für drei Karten (für sich, Frau und Tochter) ausgegeben hatte. Seine Zahlungsklage scheiterte allerdings beim Amtsgericht Hamburg (4 C 370/07).

Jede Theaterinszenierung sei mehr oder weniger eine Interpretation des geschriebenen Stücks und das Resultat der Zusammenarbeit vieler Akteure (des Autors, der Schauspieler, des Regisseurs etc), betonte der Amtsrichter. Sie könne gar nicht "originalgetreu" im engen Sinne sein, also identisch mit einer Inszenierung, wie sie der Autor vielleicht zu seinen Lebzeiten gutgeheißen hätte.

Das heute in Deutschland übliche Regietheater ändere die Vorlagen besonders stark, räumte der Richter ein. Damit müssten informierte Theaterbesucher aber rechnen: Abweichungen seien mittlerweile gang und gäbe. Dass der Schluss eines Stückes modifiziert werde, sei auch nicht unüblich. Durchaus verständlich, wenn dem Theaterliebhaber dieser Umstand missfalle: Auf dem Rechtsweg sei das jedoch nicht zu ändern.

Da sich Theaterbesucher auf freie Interpretationen der Bühnenwerke von vornherein einstellen müssten, seien die Theater auch nicht verpflichtet, in der Werbung oder per Aushang an der Abendkasse darauf hinzuweisen, dass ein Stück in bearbeiteter Version gezeigt werde. Wenn eine Inszenierung nicht so verlaufe, wie sich das der Besucher vorgestellt habe, begründe das keinen Anspruch auf Rückzahlung des Eintrittspreises.

Vivaldi-Oper "Motezuma"

Streit um Urheberrecht an einer wieder entdeckten Opernpartitur

Hauptfigur der Oper Vivaldis ist der Aztekenherrscher Motezuma (meist spanisch geschrieben: Montezuma). Im Jahr 1733 wurde sie unter Leitung des Komponisten am Teatro S. Angelo in Venedig uraufgeführt. Anders als das Libretto galt die Komposition lange als verschollen. 2002 wurden die Noten im Handschriftenarchiv der Sing-Akademie in Berlin entdeckt.

Die Sing-Akademie gab Faksimilekopien der Partitur heraus und ist der Ansicht, ihr stehe das Urheberrecht zu. Wer "ein bislang nicht erschienenes Werk ... erstmals erscheinen lässt", darf es laut Urhebergesetz verwerten. Weil das Düsseldorfer Kulturfestival "Altstadtherbst" 2005 die Oper ohne Genehmigung der Sing-Akademie aufführte, verklagte die Akademie den Veranstalter des Festivals auf Schadenersatz.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Klage ab (I ZR 19/07). Vor Gericht ging es im Wesentlichen um die Frage, ob die Oper "Motezuma" bereits "erschienen" war oder nicht - schwierig zu entscheiden, bei einem Werk, das vor Jahrhunderten uraufgeführt wurde. Konnte das interessierte Publikum damals das Werk kennenlernen?

Der BGH bejahte dies. Gutachten namhafter Musikwissenschaftler zeigten, dass Auftragswerke für venezianische Opernhäuser - so wie eben "Motezuma" -die ganze Spielzeit lang aufgeführt wurden. Alle Mitwirkenden hätten die Noten bekommen. Regelmäßig sei auch ein Exemplar der Partitur beim Opernhaus hinterlegt worden. Davon konnten sich, das sei allgemein bekannt gewesen, Interessenten wie zum Beispiel auswärtige Fürstenhöfe Abschriften anfertigen lassen. Sowohl das venezianische Opernpublikum wie auch andere Opernfreunde hätten also die Partitur kennenlernen können.

Fernsehsendung über Fürsten-Enkel

Nicht jeder Fernsehbericht über das Privatleben Prominenter verletzt deren Persönlichkeitsrecht

Der private Fernsehsender RTL hatte den Beitrag zwei Tage nach dem Begräbnis des Fürsten Rainier von Monaco ausgestrahlt. Dabei ging es um einen Enkel des Verstorbenen und die Frage nach seiner künftigen Rolle am Hof von Monaco. Gezeigt wurden auch Bilder aus dem Alltagsleben des jungen Mannes, der Freizeitkleidung trug und als umschwärmter Star dargestellt wurde. Der Text charakterisierte ihn durchweg positiv.

Doch schon dies schien der Fürstenfamilie zu viel. Der Prinz verklagte den Sender: Er dürfe diverse Passagen des Berichts nicht mehr ausstrahlen. Doch der Bundesgerichtshof entschied dieses Mal zu Gunsten der Pressefreiheit und gegen die klagefreudige Fürstenfamilie (VI ZR 261/07). Der Beitrag habe sich auf ein zeitgeschichtliches Ereignis bezogen, das Begräbnis des Fürsten. Darüber dürften Fernsehsender ohnehin berichten.

Anknüpfend an dieses Ereignis habe der Bericht den Enkel porträtiert und sich mit der Frage befasst, ob er wohl künftig eine größere Rolle im Fürstentum spielen werde. Der äußerst wohlwollende Text habe lediglich unstreitige Tatsachen erwähnt, die meist belanglos gewesen seien oder sich nur oberflächlich mit der Person des Enkels beschäftigten. Einen tieferen Einblick in seine persönlichen Lebensumstände habe es nicht gegeben. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern dies das Persönlichkeitsrecht des Porträtierten verletzt haben könnte.

Hochzeitsreise zu einer Baustelle

Reiseveranstalter müssen den Kunden die Vertragsbedingungen aushändigen

Ausgerechnet auf der Hochzeitsreise nach Mauritius widerfuhr einem Ehepaar das, was schon vielen Pauschalreisenden den Urlaub verdarb: Die Frischverheirateten landeten auf einer Hotel-Baustelle. Nach der Rückkehr im August 2005 forderte der Kunde vom Reiseveranstalter einen Teil des Reisepreises zurück. Im August 2006 reichte er Klage ein. Doch die Klageschrift wurde dem Reiseveranstalter wegen einer falschen Adresse erst Monate später zugestellt.

Der Reiseveranstalter pochte auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), nach denen Ansprüche der Kunden wegen Reisemängeln ein Jahr nach dem Ende der Reise verjähren. Die AGB hätte der Mauritius-Urlauber im Katalog lesen können, der bei seinem Besuch im Reisebüro auslag. Das hielt der Bundesgerichtshof für unzumutbar (Xa ZR 141/07).

Prinzipiell könne zwar ein Reiseveranstalter die Verjährungsfrist, die laut Gesetz zwei Jahre betrage, in seinen AGB auf ein Jahr verkürzen. Auf seine Reisebedingungen könne er sich aber nur berufen, wenn er den Kunden Gelegenheit gebe, deren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Man könne von ihnen nicht verlangen, im Reisebüro das "Kleingedruckte" im Katalog zu studieren.

Vor der Buchung eines Urlaubs müsse der Kunde im Reisebüro sämtliche Vertragsbedingungen erhalten. Auch nach EU-Pauschalreiserichtlinie seien Reiseveranstalter grundsätzlich verpflichtet, den Kunden ihre AGB auszuhändigen. Da dies nicht geschehen sei, habe der Mauritius-Urlauber über die verkürzte Verjährungsfrist nicht Bescheid gewusst. Demnach sei seine Forderung nicht verjährt. (Über die Höhe seines Anspruchs muss nun das Landgericht Frankfurt am Main entscheiden.)

Caroline contra Boulevardpresse

Krankheit von Ernst August ist Privatsache, kein zeitgeschichtliches Ereignis

In der Zeitschrift NEUE REVUE erschien 2005 ein Artikel mit der Überschrift "Caroline - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres Vaters. Sie weint am Bett ihres Mannes". Der Artikel befasste sich mit einer lebensgefährlichen Krankheit ihres Mannes.

Ernst August Prinz von Hannover leide nicht zufällig an Bauchspeicheldrüsenentzündung, denn er lebe "wie im Rausch". "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach Meran". Jetzt hätten ihn die Ärzte gewarnt: "Kein Tropfen Alkohol mehr ... sonst ...". Der Text ist garniert mit einem Foto, welches das Paar 2003 während des Skiurlaubs zeigt: auf einer Terrasse in Zürs am Arlberg vor leeren Gläsern am Tisch sitzend. Caroline hebt eine Weinflasche hoch.

Dieses Foto habe in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, urteilte der Bundesgerichtshof, und gab der Unterlassungsklage gegen den Zeitschriftenverlag statt (VI ZR 272/06). In solchen Fällen sei immer abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der Pressefreiheit. Wesentlich sei dabei, ob die Presse eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtere, also die Leser informiere, oder ob sie lediglich die Neugier nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedige.

Ein Erholungsurlaub gehöre auch bei Prominenten zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre. Das Paar in dieser Situation zu fotografieren, sei also unzulässig. Der Text beschäftige sich nicht sachlich mit dem Zusammenhang von Alkoholmissbrauch und gesundheitlichen Folgen, sondern mit Trinkgewohnheiten und Gesundheitszustand des Prinzen. Diese höchstpersönliche Angelegenheit gehe die Öffentlichkeit nichts an.

Hartz-IV für Haustiere?

Hundezüchter findet, Erlöse aus der Zucht seien nicht als Einkommen zu werten

Die Familie mit vier Kindern hielt einige Haustiere (Pferd, Pony, Katze) und züchtete Hunde der Rasse Retriever. Zeitweise versorgte sie über 40 Hunde. Durch den Verkauf von Welpen erzielte der Familienvorstand monatlich Einnahmen von ca. 2.400 Euro. Dazu kamen die einmalige Spende eines Onkels (2.000 Euro) und das Kindergeld (ca. 690 Euro pro Monat). Zu viel, um als hilfsbedürftig eingestuft zu werden, fand die Sozialbehörde. Sie strich dem Familienvater Anfang 2009 die Hartz-IV-Leistungen.

Die stünden ihm zu, argumentierte der Mann, denn die Erlöse aus der Hundezucht seien nicht als Einkommen zu bewerten. Diese Einnahmen benötige er, um die Unterhaltskosten für alle Tiere aufzubringen. Der Widerspruch des Hundezüchters gegen die Entscheidung der Sozialbehörde hatte beim Sozialgericht Gießen keinen Erfolg (S 29 AS 3/09 ER).

Er müsse zuallererst den Gewinn aus der Zucht verwenden, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten, erklärte das Gericht. Von den Brutto-Einnahmen dürfe er nur die Betriebsausgaben für die Hundezucht abziehen, d.h. die Kosten der Aufzucht von Welpen.

Zähle man die Einnahmen, das Geschenk des Onkels und das Kindergeld zusammen, sei der Bedarf der Familie abgedeckt. Daher habe der Familienvater keinen Anspruch mehr auf Unterstützung. Es komme nicht in Frage, für den Unterhalt anderer Tiere Hartz-IV-Leistungen zu beziehen. Haustiere zu halten, sei "reines Privatvergnügen".

Hotel in Dubai überbucht

Für "vertane Urlaubszeit" haften nur Reiseveranstalter, nicht Reisevermittler

Ein Kurzurlaub in Dubai sollte es sein. Mit ihrer Tochter wollte eine Münchnerin im November 2007 dorthin fliegen. Im Reisebüro ließ sie sich über die Angebote der Fluggesellschaften informieren. Schließlich buchte die Frau dort den Flug und eine Woche Aufenthalt im Hotel Hilton Ras Al Khaimah (2.638 Euro). Vor Ort stellte sich heraus, dass im Hotel kein Zimmer mehr frei war. Es gab auch kein Ersatzhotel.

Die Münchnerin erhielt das Geld zurück - doch ihre Klage gegen das Reisebüro auf Schadenersatz wegen "vertaner Urlaubszeit" war erfolglos. Nur Reiseveranstalter hafteten für derlei "immaterielle Schäden", erklärte das Amtsgericht München (264 C 13861/08). Das Reisebüro sei aber ein Reisevermittler und kein Reiseveranstalter.

Ein Reiseveranstalter plane selbständig Reisen und führe sie (mit unterschiedlichen Partnern wie Fluggesellschaften etc.) in eigener Verantwortung durch. Der Kunde buche ein fixes Paket von Leistungen, das meist in Katalogen beschrieben werde. Diese Leistungen garantiere der Reiseveranstalter.

Das Reisebüro habe den ins Wasser gefallenen Dubai-Urlaub vermittelt und die Kundin beraten. Dadurch werde es jedoch nicht zu einem Reiseveranstalter. Das Reisebüro habe die Reise nicht in alleiniger Regie geplant und organisiert. Vielmehr habe die Kundin selbst Reiseziel und Reisezeitpunkt bestimmt. Die Reise sei keine Katalogreise, sondern eine Individualreise gewesen.

Englischer Verleger darf Nachdrucke von NS-Zeitungen verkaufen

An vor 1939 erschienenen Exemplaren hat Bayern kein Urheberrecht

Vergeblich versuchte der Freistaat Bayern einen britischen Verleger daran zu hindern, hierzulande unter dem Titel "Zeitungszeugen" Nachdrucke von NS-Zeitungen zu verkaufen ("Angriff", "Völkischer Beobachter"). Neben den Faksimiles aus der schlechten, alten Zeit enthält jede Ausgabe einen "Zeitungsmantel" mit wissenschaftlichen Kommentaren. Dem wissenschaftlichen Beirat gehören namhafte Historiker wie Hans Mommsen an. "Zeitzeugen" druckt auch bürgerliche oder kommunistische Zeitungen von damals nach.

Das Land Bayern pochte auf sein Urheberrecht - Bayern ist Rechtsnachfolger des NS-Verlages Eher, der die Nazi-Blätter seinerzeit herausgab - und beantragte bei Gericht, die NS-Nachdrucke zu verbieten. Der englische Verleger, der von seinem deutschen Beirat unterstützt wird, nannte den Verbotsantrag Zensur: Ihm gehe es darum, insbesondere der Jugend ein authentisches Bild von der nationalsozialistischen Epoche zu vermitteln.

Das Urheberrecht erlösche 70 Jahre nach der Erstveröffentlichung, erklärte das Landgericht München I (21 O 1425/09). Mit dieser Begründung lehnte das Gericht ein generelles Verbot der Nachdrucke ab. Nur über Zeitungen, die nach dem 1. Januar 1939 erschienen, könne der Freistaat Bayern frei verfügen. So weit werde sein Verbotsantrag akzeptiert. Jeder, der sich wissenschaftlich mit der NS-Zeit befasse, dürfe aus NS-Publikationen zitieren. Das umfasse allerdings nicht das Recht, gegen den Willen des Urheberrechts-Inhabers ganze Zeitungen nachzudrucken.

Zeitungen, die vor dem 1. Januar 1939 publiziert wurden, dürfe der Verleger dagegen weiterhin anbieten. Ein vorsorgliches Verbot weiterer Ausgaben von "Zeitzeugen" komme nicht in Frage: Seien die Originale älter als 70 Jahre, habe der Freistaat Bayern keine urheberrechtlichen Ansprüche mehr. (Bayern hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Beim Badminton die Achillessehne gerissen

Unfallversicherung verweigerte zu Unrecht die Invaliditätsleistung

Als der Sportler beim Badmintonspiel versuchte, einen schwierigen Ball mit einem sehr schnellen Antritt noch zu erlaufen, riss ihm die Achillessehne am rechten Fuß. Nach dem Krankenhausaufenthalt meldete der Mann die Sache seiner privaten Unfallversicherung. Doch die ließ ihn abblitzen, weil dies kein "Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen sei".

Das Landgericht Dortmund sah das allerdings anders und sprach dem Sportler eine Invaliditätsleistung von 3.200 Euro zu (2 O 449/07). Gemäß den vereinbarten Versicherungsbedingungen (AUB 99) liege ein Unfall nicht nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer einer plötzlichen Krafteinwirkung von außen ausgesetzt sei. Als Unfall gelte es auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung ein Gelenk verrenkt oder Muskel, Sehnen oder Bänder gezerrt oder zerrissen werden.

Und so liege der Fall hier. Ein schneller, kurzer Sprint führe zu einer maximalen Anspannung der betroffenen Muskelgruppen, was die mit dem Wadenmuskel verbundene Achillessehne maximal belaste. Diese intensive Kraftanstrengung gehe deutlich über das normale Maß - Gehen oder Laufen im Alltag - hinaus.

"Hartplatzhelden.de"

Internetportal darf Amateurfußball nicht gegen den Willen des Fußballverbands verwerten

Eine hessische Internet-Firma betreibt unter anderem die Fußball-Website "Hartplatzhelden.de". Hier werden Filmszenen von Fußballspielen aus dem Amateurbereich gezeigt, die Fußballfans einsenden. Man kann die Szenen auch aus dem Internet auf Rechner herunterladen.

Dagegen wehrte sich der Württembergische Fußballverband (WFV): Er sei Veranstalter der Fußballspiele im Amateurbereich und ihm allein stehe das Recht zu, sie in den Medien zu verwerten. Auf diese Weise erhalte er die Mittel, die er benötige, um seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart gab der Unterlassungsklage des WFV statt (2 U 47/08). Gegen den Willen des Fußballverbands dürften auf einem frei zugänglichen Internetportal keine Videomitschnitte von Amateurspielen zum Abruf angeboten werden, urteilten die Richter.

Der WFV sei spielleitende Stelle für Verbandsspiele, Pokalspiele, Auswahlspiele, Turnier- und Hallenspiele, die auf seinem Verbandsgebiet ausgetragen werden. Filmaufzeichnungen von diesen Spielen dürften nicht ohne Genehmigung des Verbands zum Zweck der Wiedergabe vervielfältigt und verbreitet werden. (Die Internet-Firma hat Revision zum Bundesgerichtshof angekündigt.)

Tunesienreise zu spät storniert?

Der Sohn des Versicherungsnehmers hatte sich das Nasenbein gebrochen

Ein Münchner hatte für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Djerba in Tunesien gebucht und gleichzeitig eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen. Fünf Tage vor dem Urlaub brach sich der elfjährige Sohn beim Sport das Nasenbein. Ein HNO-Ärztin versorgte ihn ambulant und stillte die Blutung. Mehr sei wohl nicht nötig, meinte sie, der Junge könne in Urlaub fahren.

Doch bei der letzten Untersuchung am Tag des Abflugs stellte die Ärztin fest, dass der Nasenbeinbruch begradigt werden musste. Dabei riss die Nasenscheidewand ein, der Junge blutete stark. Nun stornierte der Vater die Tunesienreise doch noch, buchstäblich in letzter Minute. Der Reiseveranstalter stellte dem Kunden Stornokosten von 2.894 Euro in Rechnung.

Von der Reiserücktrittskostenversicherung erhielt er allerdings nur 1.670 Euro: Noch am Unfalltag hätte der Versicherungsnehmer die Reise absagen müssen, so der Versicherer, dann wären nur 65 Prozent Stornokosten angefallen. Der Mann habe also seine Pflicht verletzt, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Beim Amtsgericht München holte der Familienvater mit seiner Zahlungsklage gegen den Versicherer weitere 644 Euro heraus (275 C 9001/08).

Unmittelbar nach dem Unfall sei für den Versicherungsnehmer nicht vorhersehbar gewesen, dass der Urlaub ins Wasser fallen würde, erklärte die Amtsrichterin. In der Regel müsse ein Nasenbeinbruch nicht operiert werden. Das sei keine schwere Krankheit, die den Antritt einer Reise objektiv unzumutbar mache. Deshalb sei der Familienvater nicht verpflichtet gewesen, den Urlaub auf der Stelle abzusagen - zumal ihm auch die Ärztin versicherte, der Junge könne fliegen. Erst am Tag des Abflugs sei klar geworden, dass aufgrund besonderer Umstände doch eine Operation nötig war.

Kellner schickte Straßenmusiker weg

Schmerzensgeld für unfreiwillige "Hauptrolle" in einem Artikel - Foto inklusive

Eine Zeitschrift für Popkultur veranstaltete 2007 ein kleines Experiment: Zwei Sänger - darunter Rea Garvey, Sänger der Band Reamonn - traten als Straßenmusikanten in Heidelberg auf. Die Aktion sollte eine Art von "Bordsteinduell" darstellen und zeigen, wie schwer es Straßenmusiker haben. Als Rea Garvey vor einem Restaurant Gitarre spielte und sang, kam nach einer Weile ein Kellner heraus und schickte ihn weg: Hier dürfe der Gitarrenspieler keine Musik machen, sonst bekomme er, der Kellner, Ärger mit dem Chef.

Diese Szene wurde von Mitarbeitern des Magazins fotografiert und zu einem Artikel verarbeitet. Ein Foto zeigte den Kellner, wie er den Musiker verscheuchte. Kommentar: "Dann stürmt plötzlich ein Kellner aus dem Restaurant ... Sie können hier keine Musik machen". Rea Garvey entschuldigte sich, grinste, schüttelte ihm die Hand und packte die Gitarre ein. "Das ist wirklich authentisch. Die gleiche Erfahrung habe ich früher auch gemacht. Egal, wie gut oder schlecht du spielst - irgendwann wirst du immer weitergeschickt". Irgendwann höre in Heidelberg der Spaß auf.

Nachdem der Artikel erschienen war, wurde der Kellner mehrmals darauf angesprochen: Ob er denn derjenige sei, bei dem der Spaß aufhöre ... Der Kellner verklagte die Herausgeberin des Popmagazins auf Schmerzensgeld, weil sie mit der Publikation des Fotos sein Recht am eigenen Bild verletzt habe. Das Landgericht sprach ihm 2.000 Euro zu, vom Oberlandesgericht Karlsruhe wurde die Entscheidung bestätigt (6 U 209/07).

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertige es nicht, das Foto des Kellners ohne dessen Wissen und Einverständnis zu veröffentlichen. Selbst wenn man einräume, dass die Zeitschrift das Publikum über die Arbeit von Straßenmusikern sozialkritisch aufklären wollte: Dazu sei es nicht nötig gewesen, das Foto abzubilden. Auf die Person, die einen bestimmten Musiker wegschickt, komme es nicht an, wenn es um die allgemeine Aussage gehe, dass Straßenmusiker ständig von ihren Auftrittsorten vertrieben werden.

Man hätte den Kellner auch problemlos mit den üblichen technischen Mitteln unkenntlich machen können, anstatt ihn als Holzkopf zu identifizieren und zu blamieren, der eine bekannte Persönlichkeit nicht erkannte. Der Wortbericht unterstelle ihm Humorlosigkeit und unterwürfige Sturheit. Von den Lesern werde so ein Bericht naturgemäß mit Spott und Schadenfreude aufgenommen.

Stasi-Spitzel will sein Foto nicht im Internet sehen

Das Bild zeigt ihn in den Räumen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR

Freiwillig hatte sich Herr T für die Aufgabe beim Ministerium für Staatssicherheit nicht gemeldet. Wie viele Mitarbeiter der Stasi hatte man ihn mit Drohungen zur Kooperation überredet: Wegen seiner Kenntnis von illegalen Antiquitätenverkäufen nach Westberlin drohte eine Gefängnisstrafe. Um die zu vermeiden, hatte sich der Mann als informeller Mitarbeiter (IM) anwerben lassen.

Ein ehemaliger DDR-Oppositioneller berichtet auf seiner Internetseite über Stasi-Aktivitäten in und um Erfurt. Auf dieser Website ist zu sehen, wie ein Militärstaatsanwalt im Dezember 1989 im Ministerium für Staatssicherheit Räume versiegelt. Neben ihm steht Herr T, dessen Name und Funktion aufgeführt werden.

Das wollte Herr T nun dem Betreiber der Website verbieten lassen: Er habe schließlich im Staatsapparat der DDR kein Amt bekleidet. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertige es nicht, ihn 20 Jahre danach noch an den Pranger zu stellen. Die Klage von Herrn T scheiterte beim Landgericht München I (9 O 1277/09).

Hier gehe es um ein wahrhaft historisches Bilddokument, so das Gericht. Über geschichtlich bedeutsame Ereignisse dürfe in vollem Umfang berichtet werden. Gerade die Besonderheit des Augenblicks und die damalige Funktion von Herrn T machten die Publikation des Fotos notwendig. Im System habe er sehr wohl eine exponierte Stellung gehabt: Als einer von nur wenigen IM sei er sogar zur "Zersetzung von Feinden" eingesetzt worden.

Vor diesem Hintergrund müsse sein (grundsätzlich anerkennenswertes) Interesse an Anonymität zurücktreten hinter das Interesse des Betreibers der Website. Dessen Tun werde geschützt durch die Freiheit der Wissenschaft. Der Mann versuche, die Wahrheit über die DDR aufzudecken und arbeite historische Ereignisse auf. Das sei fester Bestandteil jeder freien und pluralistischen Gesellschaft - inklusive der Veröffentlichung von Bildern und Porträts von Personen, soweit Personen sprichwörtlich Geschichte machten.