Freizeit & Sport

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Ziegenbock stinkt der Nachbarin

Hauseigentümer müssen auch auf dem Dorf nicht jeden Gestank ertragen

Landluft ist gesund, heißt es allgemein. Wer das Pech hat, neben einer Ziegenherde zu wohnen, sieht das wohl anders. So erging es einer bayerischen Hauseigentümerin, die auf dem Dorf wohnt und auf ihrem Grundstück einen Gartengestaltungsbetrieb führt. Insbesondere der Ziegenbock des benachbarten Landwirts stank so fürchterlich, dass Kunden manchmal die Besichtigung der Gartenschau schleunigst abbrachen.

Die Hauseigentümerin verlangte deshalb vom Ziegenhalter, die Beeinträchtigung ihres Eigentums zu unterlassen. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg nach einem Ortstermin (5 U 363/20). Maßstab dafür, ob ein Geruch wesentlich störe, sei allerdings die objektive Einschätzung eines verständigen Anwohners und nicht das rein subjektive Empfinden der tatsächlich gestörten Person, betonte das OLG.

Doch hier könne von einer überempfindlichen Reaktion der Hauseigentümerin keine Rede sein. Wie das OLG vor Ort festgestellt habe, sei der üble Geruch so intensiv, dass er den Aufenthalt auf dem Grundstück erheblich beeinträchtige. Zeugenaussagen, die eine unangenehme, deutlich störende "Geruchskulisse" beschrieben, hätten sich bestätigt. Wenn man sich im Freien quasi die "Nase zuhalten" müsse, schränke das die Nutzung des Hausgrundstücks erheblich ein.

Zwar liege das Grundstück in einem typischen Dorfgebiet mit (noch) landwirtschaftlichem Gepräge. Dennoch müsse es möglich sein, hier ungestört zu wohnen. Aus der dörflichen Umgebung sei nicht abzuleiten, dass die Hauseigentümerin den Gestank des Ziegenbocks aushalten müsse. So eine Störung ihres Eigentums müsse die Anwohnerin nicht hinnehmen. Der Landwirt müsse den Stall verlegen oder andere geeignete Mittel ergreifen, um die Störung abzustellen.

Anbindehaltung von Rindern

Laut Gesetz erlaubt, ist Anbindehaltung dennoch nur mit täglichem Auslauf für die Tiere zu tolerieren

Das Veterinäramt des Kreises Borken in Nordrhein-Westfalen hatte einem Landwirt auferlegt, seinen Kühen zumindest im Sommer (vom 1.6. bis 30.9.) freien Auslauf auf einer Weide, in einem Laufhof oder Ähnlichem zu verschaffen. Die von ihm praktizierte Anbindehaltung sei nicht artgerecht. Rinder müssten die Möglichkeit haben, sich zu bewegen.

Der Landwirt wehrte sich gegen die Anordnung: Ein Auslauf sei nicht nötig, denn die Kühe hätten einen Außenstall. Da das Tierschutzgesetz die Anbindehaltung nicht verbiete, sei ihr Verbot rechtswidrig. Auch bayerische Bauernverbände hätten sich gegen ein Verbot ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht (VG) Münster wies die Klage des Landwirts ab (4 K 2151/19).

Bisher habe der Gesetzgeber die Anbindehaltung von Rindern nicht verboten, räumte das VG ein. Das ändere aber nichts daran, dass sie gegen das Tierschutzgesetz verstoße — das gelte jedenfalls dann, wenn sie ohne Unterbrechung ganzjährig praktiziert werde. Die Anbindehaltung schränke angeborene, arteigene Verhaltensweisen der Rinder so massiv ein, dass sie erheblich darunter leiden.

Daher sei sie nur zu tolerieren, wenn sich die angebundenen Tiere täglich mindestens zwei Stunden auf einer Weide oder in einem Laufhof frei bewegen könnten. Nach den niedersächsischen Tierschutzleitlinien für die Haltung von Milchkühen und Mastrindern kämen Ausnahmeerlaubnisse für dauerhafte Anbindehaltung nur in Betracht bei extremen Witterungsbedingungen oder für Höfe in sehr beengter Lage mitten in einem Dorf. Auf den Hof des Klägers treffe das jedoch nicht zu.

Ohne überzeugende inhaltliche Argumente habe sich der Landwirt dagegen gewandt, die niedersächsischen Tierschutzleitlinien heranzuziehen. Dabei handle es sich um sachverständige Aussagen zu der Frage, wie das Tierschutzgesetz in Bezug auf die Anbindehaltung auszulegen sei. Daran könne man sich sehr wohl auch in Nordrhein-Westfalen orientieren. Dagegen seien die Aussagen süddeutscher Bauernverbände Stellungnahmen von Interessenvertretern, die sich mit den Expertenaussagen der Leitlinien nicht näher auseinandergesetzt hätten.

Outdoor-Sport mit Abstand ist erlaubt

OVG Lüneburg kippt die niedersächsische 2G-Regelung für Sport im Freien

Eine ungeimpfte Golfspielerin beantragte im Eilverfahren, einen Teil der Corona-Verordnung für Niedersachsen nicht mehr umzusetzen — die 2G-Regelung für Sport in Sportanlagen unter freiem Himmel. Diese Regel sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar, beanstandete die Frau, denn sie berücksichtige das weitaus geringere Infektionsrisiko bei Outdoor-Sport nicht.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg gab der Golfspielerin Recht und setzte die 2G-Regelung "außer Vollzug" (14 MN 121/22). Wenn man von Personen einen Impfnachweis oder einen Genesenennachweis verlange, weil sie im Freien Sport treiben wollten, greife dies in unangemessener Weise in ihre Handlungsfreiheit ein, entschied das OVG.

Bei Sportanlagen unter freiem Himmel bestehe nicht automatisch ein erhöhtes Infektionsrisiko. Davon müsse man z.B. bei Sportstudios ausgehen, weil sich dort eine Vielzahl von Personen in einem geschlossenen Raum körperlich betätige und anstrenge. Daher sei es gerechtfertigt, bei "Indoor-Sport" den Zutritt auf Personen zu beschränken, die gegen Corona geimpft oder von Covid-19 genesen seien.

Im Freien treffe dies aber nur auf Mannschaftssportarten zu, die unmöglich mit Masken und mit Abstand ausgeführt werden könnten (Fußball, Basketball etc.). Dagegen komme man bei Individualsportarten wie Tennis oder Golf anderen Spielern nicht zu nahe. Wenn bei Outdoor-Sport das Abstandsgebot problemlos einzuhalten sei, könne von einem erhöhten Infektionsrisiko keine Rede sein. Ein umfassendes Verbot sei deshalb verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Warteschlange an der Sicherheitskontrolle

Fluggäste hatten am Flughafen rechtzeitig eingecheckt: Entschädigung für verpassten Flug?

Ein Ehepaar wollte von Frankfurt aus in die Dominikanische Republik fliegen. Die Maschine sollte um 11.50 Uhr starten. Das Boarding begann um 10.50 Uhr und endete um 11.30 Uhr. Schon um neun Uhr war das Paar am Check-In. Kurz vor 10 Uhr stellten sie sich bei der Sicherheitskontrolle an — am Ende einer schier endlosen Warteschlange. Als das Ehepaar schließlich das Gate erreichte, war das Boarding bereits abgeschlossen.

Die Fluggäste besorgten sich Tickets für einen Ersatzflug am nächsten Tag und übernachteten in Frankfurt. Für die zusätzlichen Kosten verlangten sie Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland, in deren Auftrag eine Sicherheitsfirma die Sicherheitskontrolle am Flughafen organisiert: Da sei es völlig chaotisch zugegangen, erklärten die Eheleute, die Wartezeit sei unzumutbar lang gewesen. Sie seien jedenfalls pünktlich am Flughafen angekommen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab den Fluggästen Recht (1 U 220/20). Grundsätzlich müssten sich Passagiere auf Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle einstellen, betonte das OLG, denn deren Ablauf sei nicht 100-prozentig kalkulierbar. Sie müssten aber nicht unendlich viel Zeit einkalkulieren, sondern dürften sich auf die Empfehlungen des Flughafens und der Fluggesellschaft verlassen.

Demnach sollten Fluggäste bei internationalen Flügen zwei Stunden vor Abflug am Check-In sein. Das Ehepaar habe um neun Uhr früh eingecheckt, also fast drei Stunden vor dem Start. Auch an der Sicherheitskontrolle hätten sich die Passagiere rechtzeitig eingefunden, nämlich 90 Minuten vor dem Ende der Boardingzeit. Nach Ansicht des OLGs reichten 90 Minuten "aller Erfahrung nach" völlig aus, um an Bord zu kommen.

Man könne den Passagieren auch nicht vorwerfen, nach dem Check-In viel Zeit vertrödelt zu haben. Sie hätten erst einmal feststellen müssen, an welchem Gate die Maschine wartete — das Gate habe weder auf den Bordkarte gestanden, noch auf den Anzeigetafeln. Anschließend habe das Paar Gebäck im Bistro erworben und die Toilette aufgesucht. Das könne man nicht als vorwerfbare Zeitverzögerung ansehen. Die Fluggäste treffe keine Mitschuld an dem Malheur.

Im Strandbad auf der Treppe gestürzt

Am Wattenmeer können Stufen nicht so rutschfest sein wie in überdachten Sportstätten

Der Badeausflug zur "Familienlagune Perlebucht" in Büsum endete für eine Besucherin äußerst schmerzhaft mit einem Treppensturz. Vom Außenbereich des Bades führen mehrere Treppen — je nach Wasserstand — ins Watt oder in die Nordsee. Auf dem Weg nach unten rutschte die Frau auf der ersten unter Wasser liegenden Stufe aus. Beim Sturz brach sie sich ein Bein und musste operiert werden.

Vom Betreiber der "Familienlagune" forderte die Verletzte Schadenersatz: Die Stufen seien aus zu glattem Material, warf sie ihm vor. Zusätzlich hätten Moosablagerungen auf der Treppe zu dem Unfall geführt. Dagegen war das Landgericht Itzehoe der Ansicht, die Besucherin sei dafür selbst verantwortlich. Es wies die Zahlungsklage ab und das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte die Entscheidung (11 U 31/21).

Am Wattenmeer könnten Treppen aus Beton schon im Laufe weniger Stunden rutschig werden, weil sich Schwebstoffe ablagerten. Am Meeresstrand sei allemal mit dort typischen Gefahren zu rechnen. Die Badegäste müssten sich auf Schlick, Treibgut, Wellen und Strömungen einstellen, die zu Stürzen führen könnten. Treppen in Strandbädern seien daher üblicherweise mit Handlauf versehen, damit sich Besucher festhalten könnten. In der "Familienlagune" hätten die Treppen sogar einen doppelten Handlauf in der Mitte.

Mehr müsse der Betreiber nicht tun, um die Stufen gegen Rutschgefahr zu sichern. Grundsätzlich könnten und müssten Badegäste dieser Gefahr selbst begegnen, indem sie sich auf den Treppen vorsichtig bewegten. Die Stufen seien auch keineswegs aus ungeeignetem Material.

Treppen direkt am Meer könnten nicht so rutschfest sein wie Barfußbereiche in Bädern, Krankenhäusern oder Duschräumen von Sportstätten. Für deren Bodenbeläge gälten genaue Vorschriften. Doch derartige Anforderungen wären in Bezug auf Anlagen im Watt sinnlos, die ständig den Gezeiten, starkem Wellengang, Frost und Schlickablagerungen ausgesetzt seien.

Finanzamt nahm es bei Steuerbefreiungen zu genau

Was für den Modellflug gilt, muss auch für den Modellbau gelten

Vereine werden steuerlich begünstigt, wenn sie einen Zweck verfolgen, der der Allgemeinheit dient (juristisch heißen sie dann "gemeinnützig"). Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist gesetzlich geregelt - aber nicht bis ins Detail, wie dieser Rechtsstreit zeigt.

Das Finanzamt anerkannte einen Verein nicht als gemeinnützig, der sich laut Satzung dem Modellflug, Modellbau und Modellsport widmete. Begründung: Nur der Modellflug sei nach der einschlägigen Vorschrift im Steuerrecht als förderungswürdig anzuerkennen. Dies sei sinnvoll, weil er - im Gegensatz zum Modellbau - im Freien stattfinde. Da der Verein nicht nur der Allgemeinheit dienende Aktivitäten entwickle, scheide eine Steuervergünstigung insgesamt aus.

Dieser Steuerbescheid hatte beim Bundesfinanzhof keinen Bestand (I R 153/93). Im Gesetz würden zwar einige steuerbegünstigte Zwecke aufgezählt. Diese Liste sei aber nicht abschließend in dem Sinn, dass alle anderen Aktivitäten nicht als gemeinnützig einzustufen seien. Es könnten durchaus auch Vereine in den Genuss der Steuerbefreiung kommen, die Freizeitaktivitäten förderten, die im Gesetz nicht ausdrücklich aufgelistet seien.

Modellflug als Hobby trage dazu bei, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlangen und bewahren, die für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands von erheblicher Bedeutung seien. Für den Modellbau und den Modellsport gelte aber nichts anderes.

Völlig verwahrloste Ponyherde

Das Veterinäramt nahm der Tierhalterin die Ponys weg und verbot ihr das Halten von Pferden

Im Landkreis Göttingen hatte eine Frau vor einigen Jahren eine Islandponyzucht aufgebaut. Groß war der Erfolg des Unternehmens wohl nicht. Jedenfalls gab sie die Zucht auf und zog woanders hin. Die 14 Pferde übergab sie einer Bekannten, die die Tiere versorgen sollte. Die Halterin behielt sich nur vor, über den Verbleib der Tiere zu bestimmen. Auch der Aufsichtsperson waren die Ponys wohl egal: Versorgt wurden sie sehr schlecht.

Als im Sommer 2020 ein Pferd auf der Weide starb, entdeckte der Amtstierarzt bei seiner Untersuchung, dass es verhungert war. Der Magen-Darm-Trakt war von Parasiten befallen und das Gebiss in so schlechtem Zustand, dass das Pony kein Futter mehr verwerten konnte. Der Amtstierarzt informierte die Pferdehalterin über den schauderhaften Befund und forderte sie auf, sich um die anderen Tiere zu kümmern.

Doch die Frau unternahm nichts dergleichen. Im Herbst inspizierte der Amtstierarzt die Ponyherde auf der Weide und musste feststellen, dass sich auch die übrigen Tiere in erbärmlichem Zustand befanden: unterernährt, mit massiven Zahnschäden und zahlreichen Krankheiten. Daraufhin beschlagnahmte er die ganze Herde. Das Veterinäramt ordnete an, die Ponys zu verkaufen: Das müsse die Tierhalterin akzeptieren, außerdem dürfe sie künftig keine Pferde mehr halten.

Gegen die "Wegnahme" klagte die Frau — obwohl sie gleichzeitig behauptete, sie sei gar nicht mehr die Tierhalterin. Schließlich habe sie die beschlagnahmten Pferde bei einer Betreuerin in Obhut gegeben. Damit kam die Frau beim Verwaltungsgericht Göttingen nicht durch (1 B 319/20).

Sie könne sich der Verantwortung für ihre Herde nicht entziehen, indem sie diese anderen Personen übergebe. Die Ex-Züchterin sei die Tierhalterin, die nach wie vor über die Ponys bestimme. Sie sei also für sie verantwortlich, auch für ihren verwahrlosten, tierschutzwidrigen Zustand. Die Beschlagnahme und das vom Veterinäramt des Landkreises angeordnete Haltungsverbot seien rechtmäßig.

Schiffsreise wegen Corona storniert

Wäre die Kreuzfahrt noch mehr beeinträchtigt gewesen als bei der Buchung absehbar?

Zwei Freunde hatten Anfang Juni 2020 eine Mittelmeerkreuzfahrt gebucht, die vom 24.11.2020 bis 5.12.2020 geplant war: Von Civitavecchia aus sollten Palermo, Valletta, Barcelona, Marseille und Genua angelaufen werden. Im Juli teilte der Reiseveranstalter mit, die Reise werde um einige Tage verkürzt und der Preis reduziert. Im September teilte er mit, Startpunkt solle nun Genua sein. Von dort aus werde das Schiff nur in Civitavecchia, Neapel, Palermo und Valletta anlegen.

Die Reisenden akzeptierten beide Änderungen. Sie erhielten am 6.11. die Buchungsbestätigung und zahlten den restlichen Reisepreis. Doch dann: schnelle Reue. Aufgeschreckt durch aktuelle Nachrichten über die Ausbreitung der Corona-Pandemie in Italien stornierten die Freunde noch am gleichen Tag die Reise. Einer von ihnen leide an Diabetes und gehöre zur Risikogruppe, erklärten sie. Wegen des nun rapide steigenden Infektionsrisikos könnten sie daher nicht an der Kreuzfahrt teilnehmen.

Der Veranstalter verlangte 90 Prozent des Reisepreises als Stornogebühr. Daraufhin klagten die Kunden auf vollständige Rückzahlung und verwiesen auf die Reisewarnung des Auswärtigen Amts vom 8.11. Nach der Rückkehr hätten sie sich isolieren müssen, weil das Land als Risikogebiet eingestuft wurde. Museen, Restaurants, Bars etc. — alles sei geschlossen gewesen. Obendrein habe der Veranstalter weitere Ausflüge aus dem Programm gestrichen. Diese Entwicklung hätten sie bei der Buchung nicht vorhersehen können.

Das bestritt der Kreuzfahrtveranstalter: Die Kunden hätten die Reise nach dem ersten Lockdown gebucht und damit auch das Infektionsrisiko durch die Pandemie billigend in Kauf genommen. Sie hätten auch damit rechnen müssen, dass sich die Lage im Herbst verschlechtern würde. Mit dieser Argumentation war das Amtsgericht München nicht einverstanden (113 C 3634/21). Richtig sei: Mit der Buchung hätten die Kunden die im Juni 2020 schon bekannten, coronabedingten Beeinträchtigungen der Kreuzfahrt akzeptiert.

Im November zu stornieren sei daher nur dann kostenlos möglich, wenn zwischen Juni und November zusätzliche Probleme aufgetreten seien, die die Kreuzfahrt noch mehr beeinträchtigt hätten. Genau das treffe hier aber zu: Denn die "zweite Infektionswelle" habe Italien ab Oktober geradezu überrollt. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sei von 3,8 im Juni auf 345 am 6.11. gestiegen.

Auch wenn Wissenschaftler für Herbst eine weitere "Welle" vorhergesagt hätten: Mit einer so massiven Verschlechterung (Reisewarnung, drohende Quarantäne, noch weniger Landausflüge) mussten die Kunden nicht rechnen, als sie Mitte September zuletzt die Buchung bestätigten. Weder die Politik, noch die Bevölkerung habe erwartet, dass die Infektionszahlen trotz aller Gegenmaßnahmen so rasant steigen würden. Daher sei der Reiserücktritt berechtigt gewesen. Der Veranstalter habe keinen Anspruch auf Stornogebühren.

"Kaiser Milton" muss bezahlt werden

Der Käufer des verstorbenen Hengstes durfte nicht wegen Mängeln vom Kaufvertrag zurücktreten

Bei der Körung des Trakehner-Zuchtverbands im Oktober 2017 hatte der Hengst "Kaiser Milton" souverän gesiegt. Im Sommer 2021 starb er mit nur sechs Jahren. Am Jahresende nahm auch der langwierige Rechtsstreit um das Pferd ein Ende. Kein gutes Ende allerdings für Burkhard Wahler vom Klosterhof Medingen, der den Hengst bei der Auktion nach der Körung für 320.000 Euro ersteigert hatte.

Kurz danach reklamierte der Trakehner-Züchter Lahmheit des Pferdes und trat vom Kaufvertrag zurück. Darauf ließ sich die Trakehner-Händlerin nicht ein, die den Hengst seinerzeit in Kommission für den Eigentümer verkauft hatte: Sie verlangte vom Käufer die Zahlung des Kaufpreises plus Mehrwertsteuer und Nebenkosten, insgesamt rund 380.000 Euro. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig (6 U 56/18).

Herr W. habe gewusst, dass der Hengst vor der Körung nur einem eher oberflächlichen Gesundheitscheck unterzogen wurde. Werde ein Pferd zur Körung zugelassen, sei dies nicht verbunden mit "letzter Gewissheit über seinen gesundheitlichen Zustand". Die Befunde des Untersuchungsprotokolls seien jedoch Orientierungspunkte in der Frage, welche "Beschaffenheit des Pferdes" vertraglich vereinbart worden sei.

Als die Auktion stattfand, habe das Pferd nicht gelahmt. Über eine Fehlbildung am linken Vorderhuf, aus der sich eventuell Lahmheit entwickeln konnte, habe der Käufer aufgrund von Röntgenaufnahmen Bescheid gewusst. Daher sei sie Bestandteil der vereinbarten Beschaffenheit — einschließlich des damit verbundenen Risikos — und nicht als Mangel des Tieres einzustufen. Später sei bei "Kaiser Milton" auch ein Herzfehler diagnostiziert worden.

Im Untersuchungsprotokoll werde aber nur ein geringes Herznebengeräusch "ohne Krankheitswert" erwähnt und eine Nachuntersuchung empfohlen. Wie sich dieser Befund entwickeln würde, habe man nicht voraussehen können: Der Zustand konnte sich verschlechtern, aber auch verbessern. Dass da ein Risiko bestanden habe, sei aber klar gewesen. Wer mit diesem Wissen ein Pferd erwerbe, könne nicht nachträglich einen Mangel geltend machen, wenn sich das Risiko verwirkliche.

Fazit: Der Züchter habe nicht nachgewiesen, dass der Hengst 2017 mangelhaft gewesen sei, so das OLG. Nur dann hätte er wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten können.

Verfilmter Missbrauchsskandal

Ehemaliger Odenwaldschüler kann nicht verhindern, dass der Film im Fernsehen oder Kino gezeigt wird

Von 1982 bis 1985 war Herr X Schüler der Odenwaldschule, früher berühmt für Reformpädagogik — später für den sexuellen Missbrauch vieler Schüler durch das Lehrpersonal. X gehörte zu den betroffenen Schülern, die Jahre später den Skandal aufdeckten. In einem Dokumentarfilm ("Und wir sind nicht die Einzigen") äußerte er sich dazu, schrieb unter Pseudonym ein Buch darüber.

Den 2014 in der ARD ausgestrahlten Spielfilm "Die Auserwählten" lehnte X dagegen ab: Dass die zentrale Filmfigur namens "Frank Hoffmann" ihn darstellen solle, sei erkennbar. Diese Szenen dürften nicht mehr öffentlich gezeigt werden, forderte Herr X.

Den Rechtsstreit gegen den Regisseur und die Produzentin des Spielfilms verlor er in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VI ZR 441/19). Es gehöre zur Kunstfreiheit, an reale Ereignisse anzuknüpfen, erklärten die Bundesrichter. Im Film werde daraus eine neue ästhetische Wirklichkeit geschaffen. Auch wenn die Verfilmung durchaus das Persönlichkeitsrecht von X betreffe: Hier überwiege die künstlerische Freiheit, zumal die verfremdete Darstellung das Leiden der Opfer nicht verharmlose.

Sie würden auch keineswegs herabwürdigend gezeichnet, X selbst sogar mit großer Sympathie. Der Film verfolge in künstlerischer Form dasselbe Ziel wie Herr X, die Öffentlichkeit über die Vorgänge und das Leid der Opfer aufzuklären. Auch der Regisseur wolle zeigen, wie unter scheinbar idyllischen Umständen Machtstrukturen und bestimmte Verhaltensmuster zu einem "institutionalisierten" Missbrauch führen konnten.

Es gebe kein allgemeines Recht darauf, nicht als Vorbild für eine Figur in einem Kunstwerk zu dienen. Zudem könne sich Herr X nicht auf seine Privatsphäre berufen, wenn es um Tatsachen gehe, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Alle im Film dargestellten Vorgänge habe er selbst bekannt gemacht, habe seine Sicht der Dinge in verschiedenen Medien dargelegt. In seinem Buch beschreibe er außerdem den Missbrauch weitaus detaillierter als der Film, der ihn immer nur andeute.

Vier Jagdhunde im Zwinger

Eine Außenzwingeranlage für mehrere Hunde ist in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig

Das Anwesen des Jägers liegt in einem allgemeinen Wohngebiet. Ohne Baugenehmigung hatte er im Garten einen Hundezwinger für vier Jagdhunde errichtet. Als die Bauaufsichtsbehörde davon erfuhr, teilte sie dem Mann mit, mehr als zwei Hunde dürfe er in der Außenanlage nicht dauerhaft unterbringen.

Gegen den Behördenbescheid wehrte sich der Jäger und behauptete, seine Hunde störten die Nachbarschaft nicht. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Hunde in Zwingern auch nachts bellen und die Nachtruhe erheblich stören könnten, urteilte dagegen das Verwaltungsgericht (VG) Trier (7 L 3342/21). Das gelte umso mehr, wenn mehrere Hunde gleichzeitig im Zwinger gehalten würden.

In einem allgemeinen Wohngebiet sei Tierhaltung zulässig, solange sie sich im Rahmen der üblichen Freizeitbeschäftigung bewege, so das VG. Vier ausgewachsene Jagdhunde im Freien sprengten dieses Maß und beeinträchtigten das Wohnen in der direkten Umgebung. Daher hätte der Hauseigentümer keine Baugenehmigung für die Außenzwingeranlage bekommen — wenn er sie denn beantragt hätte.

Nur im Ausnahmefall dürften in einer Außenanlage mehr als zwei Hunde gehalten werden. Das sei zum Beispiel dann zu tolerieren, wenn in der Nachbarschaft bereits vergleichbare Zwinger ständen oder wenn die Umgebung besonders locker bebaut sei mit sehr großen Grundstücken im ländlichen Raum. So eine Ausnahmesituation liege hier jedoch nicht vor.

"Fake-Vertrag" nach Identitätsdiebstahl

Inkassounternehmen will Geld für einen Mobilfunkvertrag eintreiben, den die Betroffene nicht abgeschlossen hatte

Böse Überraschung im Briefkasten: Frau H erhielt ein Schreiben von einem Inkassounternehmen. Darin wurde sie aufgefordert, für einen im November 2017 abgeschlossenen Mobilfunkvertrag 650 Euro zu zahlen. Allerdings hatte die Frau diesen Vertrag nicht selbst geschlossen — eine andere Person hatte beim Mobilfunkanbieter ihre Daten angegeben.

Frau H war das Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Leistungen vom Mobilfunkunternehmen (z.B. eine SIM-Karte) hatte sie nie erhalten. Deshalb bat sie einen Verbraucherschutzverband um Hilfe. Der Verband mahnte zunächst das Inkassounternehmen wegen unlauterer Geschäftspraktiken ab. Als die Abmahnung erfolglos blieb, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht.

Die Inkassofirma dürfe keine Forderungen erheben, denen kein Vertragsverhältnis zugrunde liege, erklärte der Verband. Das seien unlautere Geschäftsmethoden. So sah es auch der Bundesgerichtshof: Die Zahlungsaufforderung sei unlauter und gegenstandslos, da die Behauptung der Inkassofirma falsch sei, Frau H habe einen Mobilfunkvertrag geschlossen (I ZR 17/21).

Solche unbegründeten Forderungsschreiben könnten die betroffenen Adressaten in die Irre führen. Da per Telefon oder per Klick im Internet schnell mal ein Vertrag geschlossen sei, manchmal auch unfreiwillig, könnten sich auch verständige Durchschnittsverbraucher von solchen Forderungen täuschen lassen. Wer davon ausgehe, versehentlich einem Vertrag zugestimmt zu haben, werde wahrscheinlich der Zahlungsaufforderung nachkommen und die vermeintliche "Schuld" begleichen.

Reiserücktritt wegen Coronavirus

War das Risiko bei der Buchung bekannt, kann trotz Reisewarnung Stornogebühr anfallen

Spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnung aus, weil im Urlaubsland das Coronavirus-Infektionsrisiko hoch ist, können Kunden in der Regel eine Pauschalreise kostenlos stornieren. Anders entschied im konkreten Fall das Amtsgericht Leipzig, weil der betroffene Kunde seine Reise erst im Juni 2020 gebucht hatte — also im Wissen um das Pandemie-Risiko.

Im September 2020 sollte der Urlaub auf Gran Canaria stattfinden, für den der Kunde beim Reiseveranstalter 743 Euro angezahlt hatte. Kurz vor der Reise gab jedoch das Auswärtige Amt für Spanien (inklusive Kanarische Inseln) eine Reisewarnung heraus, weil dort die Ansteckungszahlen explodierten. Nun trat der Kunde vom Reisevertrag zurück: Auf Gran Canaria seien außergewöhnliche Umstände aufgetreten, die seine Reise erheblich beeinträchtigen würden, erklärte er.

Doch der Reiseveranstalter verlangte Stornogebühren und das zu Recht, wie das Amtsgericht Leipzig entschied (102 C 7217/20). Eine Reisewarnung bedeute nicht immer, dass Kunden ihre Reise kostenlos stornieren könnten, stellte das Amtsgericht fest. Als der Kunde im Juni 2020 die Reise gebucht habe, habe er über die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Risiken längst Bescheid gewusst. Jeder wisse, dass sich in dieser weltweiten Krise die Situation überall schnell ändern könne.

Also habe dem Kunden im Juni klar sein müssen, dass im September eine Reisewarnung für sein Reiseziel Gran Canaria gelten könnte. Dieses Risiko habe der Kunde bei der Buchung bewusst in Kauf genommen. Da in den Monaten vorher für fast alle beliebten Touristenziele Reisewarnungen ausgesprochen wurden, könne man da nicht mehr von "außergewöhnlichen Umständen" sprechen. Daher stehe dem Reiseveranstalter Stornogebühr zu, die mit dem angezahlten Betrag zu verrechnen sei.

Ausgleichszahlung auch für vorverlegten Flug

Wird der Start von der Airline um mehr als eine Stunde vorverlegt, gilt der Flug als annulliert

Ein österreichisches Gericht und das Landgericht Düsseldorf baten den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klarstellungen zu mehreren Rechtsstreitigkeiten. Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssen Fluggesellschaften Passagiere entschädigen, wenn sie einen Flug annullieren oder wenn das Flugzeug mit mehr als drei Stunden Verspätung am Zielort landet.

Die zentrale Frage an den EuGH: Steht Fluggästen auch dann eine Ausgleichszahlung zu, wenn eine Maschine früher als vorgesehen startet? Die Antwort des EuGHs lautete "Ja": Ein Flug sei als annulliert anzusehen, wenn er von der ausführenden Fluggesellschaft um mehr als eine Stunde vorverlegt werde (C-146/20 u.a.).

Das zeitliche Verschieben nach vorne könne für die Passagiere nämlich genauso wie eine Flugverspätung zu erheblichen Unannehmlichkeiten führen. Wenn sie z.B. mit der Bahn zum Flughafen fahren wollten, müssten sie die Anfahrt um-organisieren, um den Flug zu erreichen. Biete die Bahn keine passende Alternative, könne ein Fluggast eventuell das Flugzeug gar nicht nehmen und müsse umbuchen.

Wenn es um den Heimflug von einer Reise gehe, würden Passagiere durch eine Vorverlegung dazu gezwungen, den Urlaub früher zu beenden. Das nehme ihnen die Möglichkeit, am letzten Tag frei über ihre Zeit zu verfügen. Daher stehe in so einem Fall den Passagieren eine Ausgleichszahlung zu. Von dieser Zahlungspflicht seien Fluggesellschaften nur befreit, wenn sie einen Flug nur geringfügig vorverlegten, d.h. um weniger als eine Stunde.

Reitunfall an der Longe

Beim Reitunterricht für Kinder ist besondere Vorsicht geboten

Drei Kinder nahmen Reitstunden in einer Reithalle. Angestellte führten die Ponys an der Longe. Plötzlich fiel ein achtjähriges Mädchen vom Pferd, das dadurch aus dem Tritt geriet und wiederum auf das Kind stürzte. Das Mädchen brach sich ein Bein und verletzte sich an der Schulter. Nach einer Operation in der Klinik musste es sechs Wochen lang im Rollstuhl sitzen.

Die Eltern verklagten den Inhaber der Reithalle im Namen ihres Kindes auf Entschädigung. Zu Recht, entschied das Landgericht und sprach der kleinen Reitschülerin 10.000 Euro Schmerzensgeld zu. Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte diese Entscheidung (2 U 142/20). Der Betreiber der Reitsportanlage hafte als Tierhalter — unabhängig von persönlichem Verschulden — für den Schaden, den das Pferd durch seine Reaktion verursacht habe.

Dem Kind könne man kein Mitverschulden an dem Unfall ankreiden. Das gelte selbst dann, wenn das Mädchen eventuell die Kommandos der Angestellten falsch verstanden oder falsch ausgeführt haben sollte. Bei Anfängern, erst recht bei Kindern in diesem Alter und ohne jede Reiterfahrung, müsse man grundsätzlich mit Reitfehlern rechnen. Daher sei beim Reitunterricht für Kinder immer besondere Vorsicht geboten.

Der Reithallen-Inhaber könne sich auch nicht mit dem Argument entlasten, dass das gestürzte Pony als sehr ruhig bekannt sei und am Unfalltag "ganz entspannt" wirkte. Das Tier sei schließlich erst seit einem halben Jahr in seinem Besitz. Außerdem sei das Pferd nie explizit daraufhin getestet worden, ob und wie es auf Reitfehler von Kindern reagiere.

Zu spät am Boarding-Gate

19 Minuten nach Boarding-Beginn darf eine Airline die Mitnahme der Passagiere verweigern

Im März 2019 wollte Frau S mit einem Freund nach Ägypten fliegen. Für insgesamt 2.732 Euro hatten sie eine Pauschalreise gebucht. Auf den Flugtickets war die Abflugzeit am Frankfurter Flughafen mit 17:25 Uhr angegeben, das Boarding sollte um 16:55 Uhr beginnen. Gegen 17:14 Uhr erschienen die Urlauber am Gate. Da erklärten ihnen Mitarbeiter der Airline, nun sei es zu spät: Das Boarding sei bereits abgeschlossen.

1.220 Euro zahlte Frau S für Ersatzflüge, die sie bei einer anderen Fluggesellschaft buchte. Diesen Betrag verlangte sie nach dem Urlaub vom Reiseveranstalter zurück und obendrein Minderung des Reisepreises. Begründung: Die mit ihm kooperierende Fluggesellschaft hätte sie und den Freund am Gate nicht zurückweisen dürfen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, noch einzusteigen: Das Flugzeug habe das Gate erst um 17:39 Uhr verlassen.

Die Flugverspätung sei nur darauf zurückzuführen, dass ihr Gepäck wieder ausgeladen werden musste, erklärte das Amtsgericht München (275 C 17530/19). Anspruch auf Schadenersatz für die Tickets hätten die Reisenden nicht, denn sie seien knapp zwölf Minuten vor dem planmäßigen Abflug der Maschine am Gate erschienen — eindeutig zu spät. Die Fluggesellschaft habe das Boarding keineswegs zu früh beendet: Airlines müssten keine Boarding-Mindestzeit gewährleisten. Ein Reisemangel liege daher nicht vor.

Flugunternehmen seien nicht verpflichtet, Passagiere bis kurz vor dem Start zusteigen lassen. Die Flugunternehmen bestimmten frei, wann sie das Boarding beendeten — gemäß den eigenen Arbeitsabläufen und je nachdem, was für Startvorbereitungen noch zu treffen seien. In Einzelfällen sei es wohl gut möglich, Fluggäste auch nach dem Schließen der Flugzeugtüren noch einzulassen. Wollte man Passagieren aber einen generellen Anspruch darauf zugestehen, würde das den Flugverkehr erheblich stören.

Grundsätzlich müssten Fluggäste das Abfluggate pünktlich zur Boarding-Time erreichen oder jedenfalls wenige Minuten danach. Wer 19 Minuten nach der angegebenen Boarding-Time ankomme, nehmen damit das Risiko in Kauf, nicht mehr befördert zu werden. Die Zusatzkosten hätten die Urlauber selbst verursacht.

Vodafone‘s "Selbstzahlerpauschale" ist unzulässig

Kurzartikel

Damit die Kunden möglichst ihre Rechnungen per Bankeinzug beglichen, forderte Vodafone Kabel Deutschland eine so genannte "Selbstzahlerpauschale" von 2,50 Euro, wenn Kunden ihre Rechnungen stattdessen mit SEPA-Überweisung bezahlten. Diese Praxis ist seit Januar 2018 unzulässig. Zwar galt die Regelung von Vodafone nur für ältere Verträge, doch der EuGH stellte nun eindeutig klar: Jede Extra-Gebühr für bestimmte Arten der Zahlung ist verboten - unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde.

Ist das Coronavirus eine Naturkatastrophe?

Reiseabbruchversicherung soll die Kosten eines Ersatz-Rückflugs aus Sri Lanka übernehmen

Zwei Freunde hatten für März 2020 eine Urlaubsreise nach Sri Lanka gebucht und dafür eine Reiserücktrittsversicherung inklusive Reiseabbruchversicherung abgeschlossen. Der Rückflug sollte am 29. März stattfinden, wurde jedoch wegen der Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie von der Fluggesellschaft "gecancelt". Die beiden Reisenden buchten Ersatz-Rückflüge für den 27. März.

Um mit der letzten Maschine mitzukommen, die vor der Schließung des Flughafens auf der Insel startete, zahlten sie für zwei Tickets 3.610 Euro. Diesen Betrag sollte der Reiseversicherer übernehmen. Doch das Unternehmen zahlte nichts und pochte auf seine Versicherungsbedingungen: Versicherungsschutz für die Mehrkosten einer nicht-planmäßigen Rückreise bestehe nur, wenn am Urlaubsort eine Naturkatastrophe herrsche. Eine Pandemie gehöre nicht zu den aufgezählten, versicherten Risiken.

Das Amtsgericht München sah in der Corona-Pandemie keine Naturkatastrophe und wies die Klage der Urlauber ab (275 C 23753/20). Eine Naturkatastrophe wirke sich plötzlich und direkt auf die Umwelt aus, betonte die Amtsrichterin. Die Wirkungen der Pandemie träten dagegen nur vermittelt über politische Entscheidungen staatlicher Instanzen ein. Diese Ermessensentscheidungen könnten höchst unterschiedlich ausfallen, Staaten passten ihre Schutzkonzepte der aktuellen Pandemie-Situation im Land an.

Im Unterschied zu einer Naturkatastrophe — wie z.B. ein Vulkanausbruch, der Menschen vielleicht einige Wochen lang gefährde — stelle die Pandemie eine längerfristige Gefahr für die Gesundheit dar und breite sich global aus. Aber keineswegs einheitlich, so dass man sie auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit nicht als Katastrophe einstufen könne: Einerseits handle es sich um dasselbe Ereignis, andererseits entwickelten sich Infektionszahlen und staatliche Maßnahmen in verschiedenen Ländern unterschiedlich. Und sie entwickelten sich in jedem Land in Wellen, schwankten also stark.

Segeltörn wegen Corona abgeblasen

Wer einen Yachtcharter-Vertrag storniert, erhält die Anzahlung nicht zurück

Im Februar 2020 mietete ein Mann aus dem Umkreis von München eine Yacht: Ende August wollte er eine Woche lang mit Freunden rund um die Balearen segeln. Für den Segeltörn zahlte er über 16.000 Euro an. Doch Mitte August nahmen in Spanien die Corona-Infektionen merklich zu. Das Auswärtige Amt sprach für das spanische Festland, aber auch für die Inselgruppe der Balearen eine Reisewarnung aus.

Daraufhin stornierte der Segler den Yachtcharter-Vertrag und verlangte vom Vermieter die Anzahlung zurück. Die Reise könne er aufgrund der Corona-Krise nicht antreten, erklärte er: Zum einen wolle er sich nicht anstecken. Zum anderen könne er es sich nicht leisten, nach dem Segelurlaub in Quarantäne zu gehen. Verschieben wolle er die Reise auch nicht, weil er sich entschlossen habe, ein eigenes Schiff zu kaufen.

Der Vermieter ließ sich auf die Forderung nicht ein und pochte auf Einhaltung des Vertrags. Zu Recht, entschied das Landgericht München I: Der Vermieter müsse nichts zurückzahlen (15 O 13263/20). Die Reisewarnung berechtige den Mieter nicht dazu, den Charter-Vertrag zu kündigen. Reisen nach Spanien seien im August 2020 nicht verboten worden. Die Crew hätte sich anschließend nur isolieren müssen, bis negative Testergebnisse vorgelegen hätten.

Und vor allem: Bei einem Segeltörn mit wenigen Personen sei das Infektionsrisiko wesentlich geringer als bei einem Urlaubsaufenthalt in einem großen Hotel. Da könnte er einen Reiserücktritt mit Ansteckungsgefahr begründen, nicht aber bei einer Segelreise. Wenn der Segler trotzdem beschließe, den Urlaub abzublasen, sei das seine persönliche Entscheidung. Auf die Reisewarnung könne er sich da aber nicht berufen. Die Zahlungspflicht bleibe bestehen.

Reiseveranstalter insolvent, Flug annulliert

Kurzartikel

Kann eine Flugpauschalreise nach Mexiko nicht stattfinden, weil der Reiseveranstalter Insolvenz anmelden musste, erhalten die Reisenden von der Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung. Da die Airline die Passagiere hätte befördern können und der Flug nur wegen der Pleite des Veranstalters "gecancelt" werden musste, hat das Flugunternehmen die Annullierung nicht zu verantworten.