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Illegales Online-Glücksspiel

In Malta zugelassener Glücksspiel-Anbieter muss einem Spielsüchtigen den Verlust ersetzen

Online-Casinospiele oder Online-Poker sind in Deutschland illegal. Wer dabei Geld verliert, hat durchaus Chancen, es zurückzubekommen, wie ein Urteil des Landgerichts Bochum zeigt (3 O 75/21).

Von 2018 bis 2020 hatte ein spielsüchtiger Zocker fast 90.000 Euro bei einem illegalen Online-Glücksspiel eingesetzt und über 25.000 Euro verloren. Anbieter ist ein Unternehmen mit Sitz in Malta, das im Internet das Glücksspiel auch in deutscher Sprache präsentiert. Eine Zulassung für Deutschland hat das Unternehmen jedoch nicht.

So begründete der Spieler seine Klage auf Rückzahlung des verzockten Betrags: Der Anbieter verstoße gegen den Glücksspielstaatsvertrag, indem er hierzulande Online-Glücksspiele veranstalte. Er selbst habe von dem gesetzlichen Verbot nichts gewusst.

Der Glücksspiel-Veranstalter erklärte die deutsche Justiz für unzuständig: Über die Forderung müssten maltesische Gerichte entscheiden. Dem widersprach das Landgericht: Bei Verträgen mit Verbrauchern sei das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher wohne — also deutsches Recht. Und nach deutschem Recht sei es verboten, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten.

Gegen dieses Verbot habe das Unternehmen verstoßen, indem es sein Onlineangebot deutschen Spielern zugänglich gemacht habe. Dass der Anbieter für Malta eine Zulassung vorweisen könne, mache das Angebot in Deutschland nicht legal. Der Glücksspielstaatsvertrag solle Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels schützen. Das Internetverbot verfolge den gleichen Zweck.

Dem angestrebten Schutz würde es zuwiderlaufen, wenn der Anbieter eines verbotenen Glücksspiels die Spieleinsätze eines Spielsüchtigen dauerhaft behalten dürfte. Daher wäre die Rückforderung des Spielers auch dann nicht ausgeschlossen, wenn er über das Verbot doch Bescheid gewusst und mit der Teilnahme am Spiel selbst gegen das Verbot von Online- Glücksspielen verstoßen hätte.

Diensthund eines Försters verletzt - im Dienst?

Der Dienstherr des Beamten muss die Tierarztkosten für den Jagdhund übernehmen

Eine Bahnstrecke führt durch den Waldbezirk, für den der Förster zuständig ist. Zu seinen Aufgaben gehört es, den Bewuchs an den Gleisen zu kontrollieren. Auch bei diesen Kontrollgängen begleitet den Förster sein Jagdhund — wie immer im Außendienst. Bei einem dieser Kontrollgänge riss sich der Hund von der Leine los, wurde von einem Zug erfasst und verletzt.

Von seinem Dienstherrn, dem Land Hessen, verlangte der Förster die Tierarztkosten von ca. 2.000 Euro ersetzt. Doch die zuständige Behörde winkte ab. Begründung: Der Förster sei mit dem Hund nicht auf der Jagd, das Tier also "nicht im Dienst" gewesen, als der Unfall passiert sei. Mit Erfolg verklagte der Beamte das Land auf Zahlung.

Auch wenn der Diensthund nicht bei seiner unmittelbaren Aufgabe — der Jagd — verletzt worden sei, habe der Förster Anspruch auf Kostenübernahme, entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden (3 K 1799/19). Hier komme es nur darauf an, dass der Beamte selbst im Dienst gewesen sei. Bäume und Sträucher neben den Gleisen zu kontrollieren, gehöre zu den Dienstpflichten des Försters.

Der Hund begleite ihn bei allen Reviergängen und nicht nur bei der Jagd. Schließlich brauche ein Jagdhund viel Auslauf. Er werde zwar bei den Kontrollgängen an der Bahnstrecke nicht unbedingt benötigt. Davon hänge aber der Anspruch des Beamten auf Schadenersatz nicht ab.

Flug wegen "außergewöhnlicher Umstände" umgeleitet?

Das Flugzeug konnte am Zielflughafen Krakow wegen dichten Nebels nicht landen

Passagier B hatte einen Flug von Dortmund nach Krakow in Polen gebucht, der um 16.20 Uhr starten und um 17.55 Uhr landen sollte. In Krakow herrschte so dichter Nebel, dass der Pilot eine Landung für zu gefährlich hielt. Deshalb wurde die Maschine nach Katowice umgeleitet. Vom Flughafen Katowice aus beförderte die Fluggesellschaft die Passagiere mit dem Bus nach Krakow. Dort kam Herr B schließlich um 22.40 Uhr an, mit einer Verspätung von über vier Stunden.

Das komme einer Annullierung des Fluges gleich, erklärte B und verlangte von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung nach EU-Fluggastrechteverordnung. Im Prinzip stehe ihm bei so einer Verspätung Entschädigung zu, so das Amtsgericht Dortmund: Im konkreten Fall könne sich die Fluggesellschaft aber auf einen "außergewöhnlichen Umstand" berufen (425 C 6696/21).

Widrige Wetterbedingungen seien zwar für sich genommen nicht automatisch als "außergewöhnlicher Umstand" einzustufen, den eine Airline nicht beherrschen könne und mit dem sie im Flugverkehr nicht rechnen müsse. In der Regel könnten Flugzeuge auch bei Nebel starten und landen. Trotzdem habe der Pilot hier die Sicht von ca. 200 Metern nachvollziehbar als zu großes Risiko eingestuft.

Das liege zum einen daran, dass das Flugzeug nur mit Mindest-Instrumenten ausgestattet sei und nur bei einer Sichtweite von mindestens 800 Metern landen könne. Wäre die Flugumleitung nur darauf zurückzuführen, könnte sich die Fluggesellschaft allerdings nicht mit dem Verweis auf einen "außergewöhnlichen Umstand" entlasten. Denn der Ausrüstungsstandard sei mittlerweile deutlich besser, die unterdurchschnittliche Ausstattung ginge auf ihr Konto.

Doch in Krakow hätten bei dem dichten Nebel nicht einmal besser ausgerüstete Flugzeuge landen können, denn auch der Flughafen Krakow sei schlecht ausgerüstet. Das Landesystem dieses Flughafens könne Piloten bei der Landung nicht so unterstützen, wie es bei extrem schlechter Sicht nötig sei. Angesichts dieser Umstände sei die Landung in Katowice und die anschließende Busfahrt die einzig praktikable Lösung gewesen, um die Fluggäste an ihr Ziel zu bringen. Daher schulde ihnen die Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlung.

Ferienclub ohne Pool und Strand

Solche Einschränkungen und Baulärm stellen auch in der Pandemie Reisemängel dar

Für 3.600 Euro hatte ein Ehepaar bei einem Reiseveranstalter einen Pauschalurlaub von 14.3.2020 bis 28.3.2020 gebucht: Flug plus Aufenthalt in einer Clubanlage auf Fuerteventura. Obwohl sich seit Februar 2020 das Coronavirus immer mehr ausbreitete, traten die Eheleute die Reise an. Aufgrund behördlicher Anordnungen zum Infektionsschutz wurde schon am Tag nach ihrer Ankunft der Strandzugang geschlossen, tags darauf der Wellnessbereich, später auch die Poolanlage, die Tennisplätze und das clubeigene Bistro.

Anscheinend dachte sich da das Hotelmanagement: "Eh schon alles egal". Am 16.3. begann ein Bautrupp damit, die Clubanlage zu renovieren. Schlagbohrer und Brenner kamen zum Einsatz, Gerüste wurden aufgebaut und vor dem Bungalow der deutschen Urlauber ein Materialumschlagplatz angelegt. Mit anderen Worten: Von 8 Uhr früh bis 17 Uhr herrschte Baubetrieb mit dem entsprechenden Krach.

Die Reisenden beschwerten sich bei der Reiseleitung vor Ort über die Mängel, brachen nach einer Woche den Urlaub ab und flogen zurück. Der Ehemann verlangte vom Reiseveranstalter für die erste Woche ca. 60 Prozent des Reisepreises zurück und für die zweite Woche Rückzahlung des gesamten Reisepreises.

Zu Recht, entschied das Landgericht Frankfurt (2-24 S 119/21). Die Einschränkungen in der Clubanlage hätten unmittelbar die vom Reiseveranstalter geschuldete Leistung betroffen. Das berechtige den Kunden trotz der Pandemie dazu, den Reisepreis zu mindern. Das Risiko, dass eine Pauschalreise misslinge, trage der Reiseveranstalter und nicht die Reisenden.

Für die Leistungen, die er im Internet oder im Katalog verspreche, müsse er einstehen. Das gelte auch dann, wenn Schließungen coronabedingt behördlich angeordnet werden. Davon abgesehen, habe der Baulärm mit der Pandemie nichts zu tun gehabt. Für die verlorenen Urlaubstage nach dem Abbruch des Urlaubs müsse das Reiseunternehmen den Kunden den vollen Reisepreis ersetzen.

Irreführende Wiesn-Tischreservierung

Eventagentur bot "verbindliche Optionsreservierungen" für das Oktoberfest an

Drei Münchner Festzeltbetreiber (Augustiner, Bräurosl, Hofbräu) wehrten sich gegen die windige Geschäftemacherei einer Berliner Eventagentur. Sie verkaufte auf ihrer Webseite "oktoberfest-tischreservierungen.de" bereits Anfang des Jahres Tischreservierungen für das Oktoberfest 2022, als die Wirte selbst noch nicht mit dem Vorverkauf ihrer Plätze begonnen hatten. (Es stand noch nicht einmal fest, ob das Oktoberfest überhaupt stattfinden würde).

Die Agentur bot z.B. für das Augustiner-Festzelt eine Tischreservierung an: für zehn Personen am Sonntag, 18.9., zum Schnäppchenpreis von 3.120 Euro. Unter der Preisangabe stand: "vorrätig". Die Reservierungsunterlagen inklusive Verzehrgutscheine werde man "per Express" versenden.

Eine Internetseite weiter folgte in einem Kästchen diese Information: "Sie erwerben eine verbindliche Option auf Zuteilung der von Ihnen gewünschten Tischreservierung, da die Oktoberfest-Reservierungen von diesem Festzeltbetreiber erst im Laufe des Jahres vergeben werden".

Da sei von Tickets die Rede, kritisierten die Festzeltbetreiber, obwohl noch gar keine Tischreservierungen verfügbar seien. Deshalb sei das Angebot irreführend. Das "Optionsrecht" der Eventagentur beinhalte keine Tischreservierung mit Besuchsrecht in der Festhalle — darauf müsse die Agentur deutlich hinweisen. Das Landgericht München I entschied, die Agentur müsse den Ticketverkauf unterlassen. Andernfalls werde Ordnungsgeld fällig (4 HK O 1503/22 u.a.).

Option sei nur eine Art von Vorkaufsrecht, das müsse beim Angebot kenntlich sein. Stattdessen spiegle die Agentur im Internet den Interessenten vor, bereits im Besitz von Tischreservierungen mit Einlassunterlagen zu sein, die sie — zu deutlich überhöhten Preisen — an die Kunden weiterleiten könne. Sie verspreche (wenn der Käufer einen bestimmten Tisch zu einem bestimmten Datum anklicke) unterhalb der Preisangabe, die Tickets seien vorrätig und würden per Express verschickt.

Der so erweckte falsche Eindruck, Tickets seien sicher verfügbar, werde durch die Zusatzinformation unter der Überschrift "Optionserwerb" keineswegs korrigiert, im Gegenteil. Für den Verbraucher werde dadurch nicht klarer, was er für sein Geld von der Agentur bekomme. Die Formulierung "verbindliche Option" bestätige nur den Irrtum, er habe nun die Tickets sicher — weil verbindlich bestellt. Dabei habe die Eventagentur zum Zeitpunkt der Bestellung nicht gewusst, ob sie die Reservierungswünsche für das Oktoberfest werde erfüllen können.

"Kein Mindestumsatz erforderlich"

Diese Werbung für den Prepaid-Basistarif von "Alditalk" ist irreführend

Im Internet wirbt die Medion AG für den "Basis-Prepaid-Tarif" von "Alditalk" mit dem Versprechen, hier werde "kein Mindestumsatz" verlangt. Das sei falsch, kritisierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen: Bei diesem Tarif könne der Kunde (nach Aktivierung der SIM-Karte) das Startguthaben nur zwölf Monate lang nutzen. Nach Ablauf dieses "Aktivitätszeitfensters" sei der Kunde auf dem Handy noch zwei Monate erreichbar, danach werde die SIM-Karte deaktiviert.

Um das Abschalten zu vermeiden, müsse der Kunde das Guthaben aufladen. Werde der Mindestbetrag von fünf Euro aufgeladen, verlängere sich das Zeitfenster um vier Monate, dann müsse man erneut aufladen. Erreichten Kunden das Maximalguthaben von 200 Euro, müssten sie mindestens fünf Euro vom Guthaben "abtelefonieren" — ansonsten könnten sie nicht mehr aufladen und die Nutzung des Handys nicht mehr verlängern.

Das Landgericht Essen gab den Verbraucherschützern Recht und verbot die Reklame als irreführend (1 O 314/21). Wenn Kunden im Prepaid-Basistarif in regelmäßigen Abständen ihr Guthaben auffüllen müssten, um die Abschaltung zu verhindern, könne keine Rede davon sein, dass bei diesem Tarif kein Mindestumsatz verlangt werde.

Die Werbeaussage erwecke den falschen Eindruck, nach dem Erwerb des Starter-Sets müssten Kunden nichts mehr zahlen, um dauerhaft über das Handy erreichbar zu sein. Das treffe jedoch nicht zu, da die (vertraglich zugesicherte) weitere Nutzung der SIM-Karte von einer Zahlung abhänge, die nichts mit dem Verbrauch des Kunden zu tun habe. Wenn Kunden das maximale Guthaben erreichten, müssten sie darüber hinaus Guthaben verbrauchen, um das so genannte "Aktivitätszeitfenster" verlängern zu können.

84-Jährige trat Flusskreuzfahrt nicht an

Im Sommer 2020 war so eine Reise pandemiebedingt ein unzumutbares Risiko: keine Stornogebühr!

Im Januar 2020, als das Coronavirus noch weitgehend unbekannt war, hatte eine 84-jährige Frau eine Flusskreuzfahrt auf der Donau gebucht. Die einwöchige Kreuzfahrt kostete rund 1.600 Euro und sollte mit 176 Passagieren im Juni 2020 stattfinden. Bekanntlich breitete sich in den folgenden Monaten die Corona-Pandemie aus.

Die Seniorin befürchtete, sie könnte sich anstecken — aufgrund ihres Alters und einer vorgeschädigten Lunge bestand bei ihr ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19. Einige Wochen vor Reisebeginn trat sie deshalb von der Schiffsreise zurück. Der Reiseveranstalter führte die Flusskreuzfahrt schließlich mit nur 100 Passagieren und einem angepassten Hygienekonzept durch. Von der Seniorin verlangte er Stornokosten in Höhe von 85 Prozent des Reisepreises.

Dagegen klagte die Kundin und hatte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof Erfolg (X ZR 66/21). Trete ein Kunde von einer Reise zurück, habe das Reiseunternehmen Anspruch auf Entschädigung bzw. Stornogebühr. Ausgeschlossen sei dieser Anspruch nur, wenn die Gefahr bestehe, dass am Urlaubsort oder während der Fahrt außergewöhnliche Umstände die Reise erheblich beeinträchtigten — wenn z.B. unzumutbare Risiken drohten.

Das sei im konkreten Fall zu bejahen, so die Bundesrichter, daher habe die Kundin kostenfrei kündigen dürfen. An Bord eines Flusskreuzfahrtschiffs gehe es besonders eng zu. Trotz Hygienekonzepts des Reiseveranstalters sei daher für alle Teilnehmer bei so einer Reise die Ansteckungsgefahr groß. Zudem habe es im Sommer 2020 noch keine Impfung und auch keine wirksamen Therapien gegen Covid-19 gegeben.

Für die Seniorin wäre das Gesundheitsrisiko während der Schiffsreise unzumutbar hoch gewesen. Da sie die Kreuzfahrt schon im Januar gebucht habe, habe sie auch nicht von vornherein mit Gefahren für ihre Gesundheit rechnen müssen. An einer beschaulichen Schiffsreise teilzunehmen, sei auch mit 84 Jahren kein Problem — erst die Pandemie und die damit verbundenen Risiken hätten den Charakter der Reise verändert.

Autotür bringt Rennradfahrer zu Fall

Hat der Sportler zum Auto ca. 50 cm Abstand eingehalten, ist Mitverschulden ausgeschlossen

Ein Mediziner, passionierter Triathlet, trainierte mit seinem Rennrad im Bergischen Land. In Engelskirchen fuhr er an einem Auto vorbei, das gerade eingeparkt hatte. Der Autofahrer öffnete die Fahrertür, ohne nach hinten zu schauen. Der Sportler konnte nicht mehr ausweichen, prallte gegen die Autotür und verletzte sich schwer.

Von der Kfz-Versicherung des Autofahrers forderte er Schadenersatz: Er könne nun als Unfallchirurg einige kraftaufwendigere Operation nicht mehr durchführen und am Schwimmtraining für den Triathlon nicht mehr teilnehmen.

Der Autofahrer und seine Versicherung erklärten sich bereit, für 75 Prozent des Schadens aufzukommen. Ein Mitverschulden von 25 Prozent gehe aber auf das Konto des Rennradfahrers, meinten sie, weil er zu nah am Auto vorbeigefahren sei. Dass ein Autofahrer nach dem Einparken aussteigen wolle und die Tür öffnen werde, hätte ihm klar sein müssen.

Doch das Landgericht Köln konnte kein Mitverschulden des Verletzten erkennen: Es sprach ihm vollen Schadenersatz und obendrein 3.500 Euro Schmerzensgeld zu (5 O 372/20). Laut Straßenverkehrsordnung müssten sich Autofahrer beim Ein- und Aussteigen so verhalten, dass sie auf keinen Fall andere Verkehrsteilnehmer gefährdeten. Kollidiere ein Radfahrer mit einer beim Vorbeifahren geöffneten Fahrertür, spreche dies in der Regel für ein Verschulden des Autofahrers.

Ein Mitverschulden des Radfahrers sei jedenfalls dann auszuschließen, wenn er einen ausreichenden Sicherheitsabstand von 35 bis 50 cm zum parkenden Auto eingehalten habe. Laut Unfallgutachten sei es im konkreten Fall ein halber Meter gewesen. Der Abstand müsse mindestens so groß sein, dass der Autofahrer die Fahrertür geringfügig öffnen könne. Dafür genüge ein halber Meter. Radfahrer müssten dem Autofahrer nicht so viel Raum lassen, dass er die Fahrertür vollständig öffnen könne.

Auch aus der hohen Geschwindigkeit des Radfahrers sei kein Mitverschulden abzuleiten: Natürlich fahre ein Triathlet auf dem Rennrad deutlich schneller als ein durchschnittlicher Radfahrer. Das könne man einem Sportler nicht vorwerfen. Mit grober Unachtsamkeit von Autofahrern, die schlicht den Verkehr ignorierten, müssten Rennradfahrer nicht rechnen.

Dressurreiterin rügt "Zungenstrecken" ihres Pferdes

Bietet der Verkäufer an, das Tier zur Behandlung abzuholen, steht ihr kein Transportkostenvorschuss zu

Für 12.000 Euro hatte die Dressurreiterin einen fünf Jahre alten Oldenburger Wallach gekauft. Bald darauf meldete sie sich beim Verkäufer und beanstandete, das Pferd strecke häufig die Zunge heraus. Mehrmals erklärte sich der Züchter bereit, das Tier abzuholen und den Zungenfehler zu behandeln. Darauf ließ sich die Käuferin jedoch nicht ein, weil sie den Transport zum Verkäufer selbst durchführen wollte. Dafür forderte sie von ihm einen Kostenvorschuss von 1.200 Euro.

Da der Verkäufer nicht zahlte, erklärte die Reiterin ca. ein Jahr später den Rücktritt vom Kaufvertrag. Eine Frist für die "Nachbesserung der Kaufsache" müsse sie ihm nun nicht mehr setzen, meinte sie: Denn der Verkäufer habe sich endgültig geweigert, den Kaufvertrag zu erfüllen. Die Käuferin zog vor Gericht und verlangte den Kaufpreis zurück sowie Schadenersatz für Stallmiete und Tierarztkosten.

Ihre Klage blieb in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) ohne Erfolg (VIII ZR 109/20). Die Reiterin sei nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, entschied der BGH. Zweifellos stelle das Zungenstrecken einen Sachmangel des Pferdes dar, auch wenn man dieses Verhalten behandeln könne. Die "Nachbesserung" sei aber nicht am Verkäufer gescheitert, sondern an der Käuferin.

Weil jeder Transport Stress für das Tier sei, habe die Reiterin zunächst gefordert, der Verkäufer müsse den Wallach bei ihr untersuchen. Das sei aber nicht erfolgversprechend. Der Züchter müsse erst einmal die Ursache des Zungenfehlers ermitteln. Trete das Verhalten gewohnheitsmäßig auf, könne es auch etwas länger dauern, dem Tier den Fehler abzutrainieren. Dazu müsse der Züchter das Pferd eine Weile in seiner Obhut haben. Zu Recht habe er deshalb auf dem Transport zum Reitstall bestanden.

Später habe die Reiterin ihre Zustimmung zum Transport von einem Transportkostenzuschuss abhängig gemacht. Der stehe ihr aber nicht zu, wenn der Verkäufer als günstigere Alternative anbiete, das Pferd kostenlos abzuholen.

Wenn ein Käufer Mängel rüge, sei er/sie verpflichtet, dem Verkäufer die Kaufsache am geeigneten Ort zur Verfügung stellen, damit dieser die Ursache klären und den Mangel beheben könne. Ansonsten entfalle - so wie im konkreten Fall - die Pflicht des Verkäufers, den Mangel zu beseitigen. Da die Käuferin selbst die Erfüllung des Vertrags vereitelt habe, bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Unterernährtes Rotwild

Jäger muss seinen im viel zu kleinen Gehege gehaltenen Wildbestand auflösen

Der Jäger hatte das seit 80 Jahren bestehende Wildgehege 2004 übernommen. Dort bietet er Praxiskurse für Jagdschüler an und schießt im Herbst Jungtiere zum Fleischverkauf. Dafür liegt eine Schießerlaubnis vor. Waldspaziergänger meldeten im Sommer 2021 dem Veterinäramt des Landkreises, die Tiere hätten zu wenig Futter. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Herde aus einem Hirsch, elf Hirschkühen und elf Kälbern.

Behördenmitarbeiter kontrollierten das Gehege und stellten fest: Das Rotwild verfügte nur über 0,5 Hektar Fläche, viel zu wenig. Das Gehege war völlig abgeweidet, die Tiere fanden kein Gras mehr, am Futterplatz lagen klägliche Reste von Heu. Die Tiere riefen laut und begannen das von den Kontrolleuren mitgebrachte Futter gierig zu fressen. Fotos zeigten abgemagerte, halb verhungerte Tiere. Der Jäger wurde aufgefordert, das Gehege zu vergrößern und das Wild ausreichend zu füttern.

In Bezug auf das Gehege berief er sich auf Bestandsschutz: So klein sei es ja nun schon seit 80 Jahren … Sein Versprechen, das Wild wie gefordert so zuzufüttern, dass es den ganzen Tag über kontinuierlich Nahrung aufnehmen könne, hielt der Jäger nicht: Immer wieder fanden die Kontrolleure Brachland, leere Heuraufen und auffällig rufende Tiere vor, deren Rippen man zählen konnte.

Wegen massiver Verstöße gegen den Tierschutz ordnete das Veterinäramt an, der Jäger müsse den Wildbestand auflösen. Dagegen wehrte sich der Mann: Er benötige das Gehege, um seine wirtschaftliche Existenz zu sichern. Schon jetzt führe er dort Seminare durch, wolle bald eine Jagdschule gründen … Seine Klage gegen die Anordnung scheiterte jedoch beim Verwaltungsgericht (VG) München (M 23 K 21.5170).

Die einschlägige Fachliteratur zur artgerechten Haltung von Rotwild gehe von einer Mindestgröße des Geheges von zwei Hektar aus, stellte das VG fest. Für jedes erwachsene Tier mit Nachzucht müssten mindestens 2.000 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Es sei zudem das Grundprinzip landwirtschaftlicher Haltung von Rotwild, dass es sich von der Vegetation im Gehege ernähren könne. Das sei in dem abgeweideten, zu Brachland verkommenen Gehege unmöglich.

Dort könne die Herde ihren Nahrungsbedarf weder jetzt, noch künftig mit natürlich wachsendem Futter decken: Das Gehege wäre selbst dann noch zu klein, wenn der Jäger die Hälfte der Tiere abschießen würde. Es gebe daher kein milderes Mittel als die Auflösung der Herde, um den Missstand zu beheben. Auf Bestandsschutz könne sich der Jäger nicht berufen, um Tierschutz-Vorschriften auszuhebeln. Als Besitzer der Herde könne er sie entweder verkaufen oder sie woanders artgerecht unterbringen.

Teilflug mit Verspätung

Fluggesellschaft muss unter Umständen auch für die Verspätung eines Partnerunternehmens haften

Herr X wollte mit seiner Freundin von Ibiza über Madrid nach Frankfurt am Main fliegen. Den zweiten Teil der Reise führte die Fluggesellschaft A, bei der er die Flüge gebucht hatte, selbst durch — den ersten Teilflug das Partnerunternehmen B. Das Paar verpasste wegen einer Verspätung des ersten Flugs den Anschluss in Madrid und erreichte den Zielort Frankfurt zehn Stunden später als geplant.

Dafür verlangte Herr X von Fluggesellschaft A 700 Euro Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung. Seine Klage war beim Bundesgerichtshof erfolgreich (X ZR 101/20). Zwar habe die Reise aus zwei Teilflügen bestanden, so die Bundesrichter, sie seien aber "einheitlich gebucht" worden. Unter diesen Umständen, also wenn eine Gesamtbuchung vorliege, sei so eine Reise als Einheit zu betrachten.

Deshalb könne der Kunde die Fluggesellschaft, die den Flugschein für beide Teilflüge ausgestellt habe, für die Verspätung haftbar machen, auch wenn sie für den Fehler nicht verantwortlich sei. Das spiegle die starke Stellung des Verbraucherschutzes in der Fluggastrechteverordnung wider. Die betroffene Fluggesellschaft könne allerdings ihrerseits Schadenersatz vom konkret verantwortlichen Partnerunternehmen verlangen.

"Abenteuerreicher Urlaub"

Trekking-Reise endet mit ziellosem Umherirren: Touristen bekommen Geld zurück

Im Prospekt des Reiseveranstalters klang alles sehr vielversprechend: Die dreiwöchige Pauschalreise nach Indonesien werde ein sehr abenteuerreicher Urlaub! Unter anderem war ein mehrtägiger Fußmarsch mit Zelten und Trägern durch unwegsames Gebiet geplant, bei dem die Teilnehmer Landschaft und Ureinwohner direkt erleben könnten.

Diese Perspektive erschien einem Reisenden und seinen vier Freunden besonders reizvoll. Der Urlaub endete allerdings für die fünf Kameraden mit einer herben Enttäuschung: Statt einer aufregenden Wanderung wurden ihnen lange Autofahrten geboten, ziellos streifte die Gruppe überwiegend entlang von Straßen herum.

Wird ein Teil einer Reise in erheblich anderer Form als angekündigt durchgeführt, könnten die Reisenden den Reisepreis anteilig mindern, entschied das Landgericht. Das für die Berufung zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte die Entscheidung (18 U 215/93). Die Abenteuerwanderung sei ganz anders ausgefallen als im Prospekt beschrieben: Zielloses Umherirren an befestigten Straßen statt Trekking in schöner Landschaft mit Kontakt zu Einheimischen. Daher könnten die verständlicherweise frustrierten Urlauber einen Teil der Reisekosten zurückverlangen.

Besuche von der Nachbarskatze

Hauseigentümerin kann nicht verlangen, dass die Tierhalterin ihre Katze einsperrt

Eine Hauseigentümerin forderte vor Gericht, gegen eine Katze aus der Nachbarschaft ein "Besuchsverbot" zu verhängen: Das Tier verschmutze ihren Garten mit Kot und habe ihren Vogelkasten beschädigt. Die Katze dringe sogar ins Haus ein, wenn die Terrassentür zum Lüften offenstehe, setze sich auf frisch gewaschene Wäsche und mache sich in der Küche über Speisen her.

Die Tierhalterin, die zwei Häuser weiter wohnte, bestritt, dass ihre Katze für diese Untaten verantwortlich war. Das Amtsgericht Ahrensburg wies die Klage der Hauseigentümerin gegen die Tierhalterin ab (49b C 505/21). Besuche freilaufender Katzen müssten in einer Umgebung mit vielen Einfamilienhäusern hingenommen werden, auch wenn sie zu geringfügigen Problemen führten.

Man könne Katzen nicht als "Stubentiger" im Haus oder ständig angeleint im Garten halten. Das wäre praktisch nicht umsetzbar und vor allem nicht artgerecht. Damit würde die klagende Hauseigentümerin allen Tierhaltern in der Nachbarschaft vorschreiben, dass sie ihre Katzen einsperren, also quasi "im Käfig halten" müssten: So eine Rechtsposition sei nicht schützenswert.

Dass Katzen ins Haus spazierten, könne die Frau ohne Weiteres verhindern, indem sie die Terrassentür nicht unbeobachtet offenstehen lasse. Dies und offen herumstehende Speisen provozierten natürlich Besuche durch neugierige Katzen. Dass es das "beklagte" Tier war, das für Schmutz und Schäden im Garten gesorgt habe, habe die Hauseigentümerin außerdem nicht beweisen können.

Urlaub im Hochrisikogebiet

Darf der Arbeitgeber deshalb wegen "selbstverschuldeter Arbeitsunfähigkeit" die Entgeltfortzahlung verweigern?

Eine Arbeitnehmerin flog Ende Januar 2022 in die Dominikanische Republik, die kurz zuvor vom Robert-Koch-Institut als Hochrisikogebiet eingestuft worden war. Am Abflugtag lag dort die Inzidenz bei 377,7 — in Deutschland allerdings bereits bei 878,9. Im Februar fiel die Inzidenz in der Dominikanischen Republik auf 72,5, in Deutschland stieg sie auf 1465,4.

Direkt nach dem Urlaub wurde die Frau positiv auf Corona getestet. Die Arbeitgeberin akzeptierte ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht und verweigerte die Entgeltfortzahlung während der Krankentage. Begründung: Erstens sei die Arbeitnehmerin gar nicht arbeitsunfähig, sie habe keinerlei Symptome einer Corona-Erkrankung. Zweitens habe sie das Problem selbst verschuldet, indem sie leichtsinnigerweise in ein Hochrisikogebiet gereist sei.

Die Arbeitnehmerin klagte die Entgeltfortzahlung ein und hatte damit beim Arbeitsgericht Kiel Erfolg (5 Ca 229 f/22). Dass die Arbeitnehmerin symptomfrei sei, schließe den Anspruch auf Entgeltfortzahlung keineswegs aus, betonte das Gericht. Da sie nicht im Homeoffice tätig sein könne, sich aber isolieren müsse (Quarantäne), sei sie als arbeitsunfähig anzusehen. Das gelte auch dann, wenn es der Arbeitnehmerin ihren eigenen Aussagen nach "ganz gut gehe". Eine vom Hausarzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beweise dies zur Genüge.

Und selbst verschuldet habe die Frau ihre Arbeitsunfähigkeit erst recht nicht. Das träfe höchstens zu, wenn die Inzidenzwerte im Urlaubsgebiet deutlich höher gewesen wären als hierzulande.

Davon könne aber keine Rede sein: Die Ansteckungsrate sei zur Urlaubszeit in der Dominikanischen Republik wesentlich niedriger gewesen als am Wohn- und Arbeitsort der Arbeitnehmerin. Sie habe sich mit dem Urlaub also keineswegs leichtsinnig selbst gefährdet. In ein Hochrisikogebiet zu reisen, sei unter diesen Umständen nicht gefährlicher gewesen als das Leben im Alltag.

"Inbox-Werbung" ist unzulässig

Im Posteingangsfach kostenloser E-Mail-Dienste darf Reklame nur mit Erlaubnis des Nutzers eingeblendet werden

Ausgangspunkt des Verfahrens war der Streit zweier Stromlieferanten. Ein Stromunternehmen hatte einen so genannten Freemail-Dienst (d.h. einen kostenlosen E-Mail-Provider wie z.B. GMX oder web.de) damit beauftragt, seine Werbung in den Mail-Eingangs-Ordnern der Kunden anzuzeigen ("Inbox"). Der Konkurrent sah darin einen Wettbewerbsverstoß: Derartige Reklame setze die Einwilligung der Nutzer voraus.

Der Bundesgerichtshof gab dem Konkurrenten Recht (I ZR 25/19). Ohne eine ausdrückliche Genehmigung der Kunden des Mail-Dienstes sei es wettbewerbswidrig, illegal und eine unzumutbare Belästigung, Inbox-Reklame einzublenden.

Natürlich finanzierten sich Freemail-Dienste teils durch Werbung. Nutzer, die pauschal ihr Einverständnis mit Werbeeinblendungen erklärten, um für die Nutzung des E-Mail-Dienstes nichts zahlen zu müssen, stimmten damit aber nicht zugleich der Inbox-Werbung zu.

Vielmehr müssten die Nutzer klar und präzise über die Modalitäten der Verbreitung von Inbox-Reklame informiert worden sein — insbesondere darüber, dass die Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. Wenn Nutzer danach trotzdem einwilligten, die Werbenachrichten zu erhalten, sei das Einverständnis wirksam erteilt.

Kreuzfahrtschiff nimmt kranken Reisenden nicht mit

Der Krebspatient war nachweislich reisefähig und bekommt den Reisepreis zurück

Ein Ehepaar hatte für November/Dezember 2019 eine Kreuzfahrt gebucht. Beim Einchecken frühmorgens in Dubai klagte ein Rollstuhlfahrer über Kopfschmerzen und Schwindel, war zeitlich und örtlich desorientiert. Der Hausarzt hatte dem krebskranken Mann attestiert, er sei reisefähig. Vorsichtshalber wurde er in Dubai im Krankenhaus noch einmal untersucht. Da sich der Zustand des Patienten jedoch deutlich besserte, hielten ihn auch die Mediziner dort für reisefähig.

Trotzdem verweigerte ihm die Reiseveranstalterin die Mitreise. Enttäuscht flog das Paar nach Hause. Die Ehefrau verklagte die Reiseveranstalterin auf Rückzahlung des Reisepreises und bekam vom Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Recht (6 U 15/21). Die Reiseveranstalterin hätte den Kunden mitnehmen müssen, so das OLG. Nach den Reisebedingungen hätte dies der Kapitän entscheiden müssen, der hier anscheinend gar nicht gefragt wurde.

Das spiele aber keine entscheidende Rolle: Hätte der Kapitän den Mann von der Kreuzfahrt ausgeschlossen, wäre dies ebenfalls falsch gewesen. Zwar sei es dem Reisenden morgens beim Check-In sehr schlecht gegangen. Der Schiffsarzt habe ihn daher ins Krankenhaus bringen lassen, um seinen Gesundheitszustand und die Reisetauglichkeit prüfen zu lassen. Dort sei er aber gründlich untersucht, sogar ein MRT gefertigt worden.

Danach habe es Entwarnung gegeben: Die Symptome am Morgen seien nur auf eine Dehydrierung zurückzuführen, der Mann habe zu wenig getrunken. Fazit: Patient is fit to fly and fit to cruise. Auf Basis dieser Diagnose habe keine Gefahr bestanden, dass sich der Zustand des Patienten während der Schiffsreise spontan verschlechtern könnte. Da man ihm die Mitreise also zu Unrecht verwehrt habe, müsse die Reiseveranstalterin den Reisepreis in voller Höhe erstatten.

Fluggesellschaft annullierte Flüge

Den Ticketpreis darf das Unternehmen nur an den Kunden, nicht ans Reisebüro zurückzahlen

Mit der Lufthansa wollte eine Frau im November 2020 in Urlaub fliegen. Vor der Buchung hatte sie sich im Reisebüro D beraten lassen. Dort zahlte sie schließlich auch: 1.176 Euro für Hin- und Rückflug. Doch aus der Reise wurde nichts. Fünf Tage vorher annullierte die Airline die Flüge. Damit war der Ärger aber noch nicht zu Ende: Über Monate bemühte sich die Kundin vergeblich darum, den Ticketpreis zurückzubekommen.

Schließlich schaltete sie einen Anwalt ein. Dem Anwalt teilte die Lufthansa per E-Mail vom 14. April 2021 mit, sie habe das Geld dem Reisebüro D überwiesen: Gemäß ihren Geschäftsbedingungen erfolgten Rückzahlungen an denjenigen, der die Tickets gezahlt habe. Beim Reisebüro war aber nichts mehr zu holen. Deshalb verklagte die Kundin die Fluggesellschaft auf Rückzahlung.

Zu Recht, wie das Amtsgericht Köln entschied (149 C 269/21). Auch wenn die Lufthansa ans Reisebüro D gezahlt habe, habe die Kundin immer noch Anspruch auf Erstattung. Was in den Geschäftsbedingungen (AGB) der Airline zur Rückzahlung stehe, ändere daran nichts, da die AGB der EU-Fluggastrechteverordnung widersprächen. Demnach müsse die Rückzahlung direkt an den Fluggast erfolgen, wenn ein Flug annulliert werde — unabhängig von Buchungsmodalitäten.

Das ergebe sich schon aus dem Zweck der Fluggastrechteverordnung, den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten. Der Fluggast zahle den Ticketpreis und sei daher "Anspruchsinhaber" in Bezug auf die Rückzahlung. An die Kundin habe die Fluggesellschaft aber unstreitig nichts gezahlt.

Das Reisebüro vermittle nur die Flüge und sei nicht berechtigt, die Rückzahlung des Flugpreises entgegenzunehmen. Es sei denn, es werde von einem Fluggast dazu bevollmächtigt. Das treffe hier jedoch nicht zu.

Statt in Berlin-Tegel in Schönefeld gelandet

Flug zu nahem Flughafen umgeleitet: Das begründet keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung

Mit der Austrian Airlines war ein Passagier von Wien nach Berlin geflogen. Ursprüngliches Ziel war der Flughafen Berlin-Tegel, doch die Maschine landete mit einer Stunde Verspätung auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld. Die Fluggesellschaft bot den Passagieren weder an, sie zum Flughafen Tegel zu transportieren, noch übernahm sie die Fahrtkosten für die Weiterfahrt.

Der erboste Kunde verlangte 250 Euro Ausgleichszahlung. Dafür sah das Flugunternehmen allerdings keinen guten Grund: Erstens sei die Verspätung auf schlechtes Wetter beim Vor-Flug zurückzuführen, dafür sei sie nicht verantwortlich. Zweitens begründe die Umleitung zu einem nahen Flughafen keinen Anspruch auf eine pauschale Entschädigung, wie es bei einer Verspätung von über drei Stunden der Fall wäre.

Das mit dem Rechtsstreit befasste österreichische Gericht legte ihn dem Europäischen Gerichtshof vor, der der Fluggesellschaft im Prinzip Recht gab (C-826/19). Sie könne sich auf einen außergewöhnlichen Umstand beim vorangegangenen Flug berufen, sofern ein direkter Zusammenhang zwischen diesem Umstand (Wetterbedingungen beim Vor-Flug) und der verspäteten Ankunft des Fluges bestehe.

Im konkreten Fall komme es darauf aber nicht an: Denn: Passagiere hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung, wenn ihr Flug nur zu einem Ausweichflughafen umgeleitet werde, der in unmittelbarer Nähe des eigentlich vorgesehenen Zielflughafens liege. (So ein Anspruch komme allenfalls dann in Betracht, wenn die Fluggäste nach der Weiterfahrt vom Ausweichflughafen den ursprünglichen Zielflughafen mit einer Verspätung von über drei Stunden erreichten.)

Allerdings müsse die Airline bei so einer Umleitung den Fluggästen von sich aus anbieten, die Kosten der Beförderung zum gebuchten Zielflughafen zu übernehmen (oder zu anderen, mit ihnen vereinbarten nahen Zielorten). Da die Austrian Airlines dies versäumt habe, müsse sie dem Kunden die Kosten der Weiterfahrt in angemessener Höhe ersetzen.

"Unbegrenzt für 0 ct/Min. telefonieren"

Irreführende Werbung von "1&1" für Telefon-Flatrate mit kostenpflichtigen Ausnahmen

Einmal mehr erstritt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein Urteil gegen die irreführende Werbung eines Telefonanbieters. Er zog gegen die Internetreklame des Unternehmens "1&1" Telecom vor Gericht, weil sie die Verbraucher täusche: Sie könnten "unbegrenzt für 0 ct/Min. ins deutsche Festnetz telefonieren", werde ihnen da versprochen. Wer einen Mobilfunktarif wähle, erhalte eine Flatrate fürs Festnetz und für alle deutschen Mobilfunknetze.

Klinge erst mal gut, treffe aber nicht zu. Denn nach den Vertragsbedingungen gelte die Flatrate nicht für Servicedienste mit "geographischen Festnetznummern" (Ortsvorwahl), bemängelte der vzbv. Immerhin 100 Seiten lang war die Liste der kostenpflichtigen Festnetznummern … Dazu gehörten u.a. Rufnummern, die es ermöglichen, an Telefonkonferenzen teilzunehmen. Während der Pandemie viel benutzt: Dass dafür trotz Flatrate 2,9 Cent pro Minute fällig wurden, erfuhren viele Homeoffice-Arbeiter erst nachträglich.

Das Landgericht Koblenz gab den Verbraucherschützern Recht und verbot die Reklame als irreführend (3 HK O 43/20). Der Verbraucher verstehe die "1&1"-Werbung so, dass die Flatrate für alle Anrufe ins Festnetz gelte — also über die Entgeltpauschale hinaus keine Kosten anfallen. Wer für eine Telefon-Flatrate werbe, müsse auf kostenpflichtige Ausnahmen klar und unmissverständlich hinweisen, so das Landgericht. Im konkreten Fall seien so viele Servicedienste mit Ortsvorwahl betroffen, dass man kaum noch von Ausnahmen sprechen könne.

Die Reklame für die Festnetz-Flatrate erwecke einen völlig falschen Eindruck und das offenbar absichtlich: Denn der Hinweis auf Ausnahmen und die lange Liste der kostenpflichtigen Rufnummern mit Ortsvorwahl sei auf der Internetseite des Unternehmens schwer zu finden. Während die Flatrate auffällig herausgestrichen werde, müssten Internetnutzer lange klicken und scrollen, um die Informationen zu den kostenpflichtigen Rufnummern zu finden.

Anwohnerklage gegen Geflügelzuchtbetrieb

Hauseigentümerin muss sich mit den rundherum üblichen Gerüchen abfinden

In einem Umkreis von zwei Kilometern rund um das Wohnhaus im Außenbereich befinden sich zahlreiche gewerbliche Tiermastbetriebe, überwiegend für Geflügel. In rund 150 Metern Entfernung liegt ein Grundstück mit zwei Ställen für 13.000 Masthähnchen, die allerdings ab 2012 nicht mehr genutzt wurden. 2014 erlaubte der Landkreis dem Eigentümer dieses Grundstücks, die Ställe an einen Züchter von Junghennen zu verpachten.

Weil sie Gestank befürchtete, klagte Frau X, Eigentümerin des Wohnhauses, gegen die Baugenehmigung: In der Umgebung sei aufgrund des Strukturwandels die Landwirtschaft rückläufig, argumentierte sie, Stallgeruch also nicht mehr "ortstypisch". Noch dazu sei da eine gewerbliche Tierhaltungsanlage geplant, die ihr Grundstück intensiver beeinträchtigen würde als ein Bauernhof. Dies sei für Anwohner unzumutbar, zumal die Ställe mit veralteter Lüftungstechnik ausgerüstet seien.

Welche Geruchsimmissionen man als unzumutbar oder als akzeptabel bewerte, hänge von den Bedingungen im Einzelfall ab, erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (1 LB 20/19). Im ländlichen Außenbereich seien Tiergerüche "ortsüblich": Was anderswo nicht mehr akzeptabel wäre, präge hier die Umgebung. Wohnen genieße hier von vornherein weniger Schutz. Das gelte unabhängig davon, ob die Gerüche von einer landwirtschaftlichen oder von einer gewerblichen Tierhaltungsanlage stammten.

Das Grundstück der Anwohnerin liege zwischen mehreren großen Zuchtbetrieben und sei damit bereits erheblich vorbelastet. Anders als Frau X behaupte, sei die Umgebung nach wie vor von Intensivtierhaltung geprägt und nicht von Wohnbauten. Nach übereinstimmender Schätzung der Sachverständigen würden sich die Immissionen durch den Junghennen-Stall im Rahmen des hier Zumutbaren (25% der Jahresstunden) bewegen. Das sei sicher lästig, aber nicht gesundheitsschädlich.

"Schädlichen Umwelteinwirkungen" im Sinne des Gesetzes werde die Anwohnerin also in Zukunft nicht ausgesetzt. Solange die Immissions-Grenzwerte nicht überschritten werden, spiele es auch keine Rolle, ob die Lüftung im Stall dem aktuellen Stand der Technik entspreche. Darauf hätten die Nachbarn dann keinen Anspruch.