Freizeit & Sport

Zeige 20 von 2008 Urteilen

Bedeutet "Buchung abschließen" Zahlungspflicht?

Online-Hotelbuchung ist nur wirksam, wenn der Schaltflächen-Text auf die Zahlungspflicht hinweist

Eine Hotelbuchung per "Booking.com" zog ein juristisches Tauziehen nach sich: Ein Verbraucher wollte über die Internet-Plattform für fünf Nächte vier Doppelzimmer in einem Hotel reservieren. Er klickte auf die Schaltfläche "Ich reserviere". Dann gab er seine persönlichen Daten und die Namen der Mitreisenden ein und klickte auf die Schaltfläche "Buchung abschließen". Da zum gebuchten Datum niemand im Hotel erschien, stellte die Hotelinhaberin dem Verbraucher 2.240 Euro Stornierungskosten in Rechnung.

Das Amtsgericht Bottrop hatte über ihre Zahlungsklage zu entscheiden. Das Gericht war der Ansicht, dass die Schaltfläche auf "Booking.com" nicht die Anforderungen des EU-Rechts zum Verbraucherschutz erfüllt. Demnach kommt ein Onlinevertrag mit einem Verbraucher — hier also der "Beherbergungsvertrag" mit dem Hotel — nur zustande, wenn auf der Schaltfläche steht "zahlungspflichtig bestellen". Oder eine andere, ebenso eindeutige Formulierung.

Verbraucher verbänden aber den Begriff "Buchung" nicht zwangsläufig damit, dass sie sich zur Zahlung von Entgelt verpflichten, fand das Amtsgericht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeute "buchen" häufig nur "unentgeltlich vorbestellen" bzw. reservieren.

Das Amtsgericht fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach, ob der Vertragsschluss ausschließlich von den Worten auf der Schaltfläche abhänge oder ob Gerichte auch die Begleitumstände des Bestellvorgangs berücksichtigen müssten.

Damit ein Vertrag zustande kommt, muss für den Verbraucher bei Online-Bestellungen — wie der strittigen Hotelbuchung — allein aufgrund der Formulierung auf der Schaltfläche klar sein, dass er durch das Anklicken eine Zahlungsverpflichtung eingeht, urteilte der EuGH (C-249/21). Ansonsten spielte er den "Ball zurück".

Wie im deutschen Sprachraum der Begriff "Buchung" verstanden werde, könne nur das deutsche Amtsgericht klären. Verbinde der durchschnittlich informierte, aufmerksame Verbraucher das Wort "Buchung" automatisch mit einer Zahlungspflicht? Sollte die Antwort darauf "nein" lauten, weil der Ausdruck "Buchung abschließen" mehrdeutig sei, entspreche die Schaltfläche von "Booking.com" nicht den Anforderungen der EU-Richtlinie.

"Angelzirkus" wird verboten

Der Betreiber einer Angelteichanlage verstieß regelmäßig gegen das Tierschutzgesetz

Herr F hatte einen kleinen Stausee gepachtet, um eine Angelteichanlage zu betreiben. Beim Landratsamt beantragte er die Erlaubnis zum "gewerbsmäßigen Handel mit lebenden Fischen". F wollte Fische ankaufen, eine Weile in Netzgehegen im Stausee halten und dann in den See entlassen, wo sie geangelt werden sollten.

Die Behörde genehmigte das Betriebskonzept mit Auflagen: Nach dem Einsetzen in Netzgehege müsse F eine Schonzeit von acht Wochen abwarten und danach die Fische kontaktlos in den Angelteich entlassen, ohne sie vorher einzufangen. Das würde großen Stress für die Tiere bedeuten.

Kaum war die Angelteichanlage eröffnet, gingen bei der Veterinärbehörde des Landratsamts Anzeigen ein, dass F gegen das Tierschutzgesetz verstoße. Offenbar fing er häufig Forellen mit dem Kescher und warf sie in den See — den Anglern sozusagen vor die Haken.

Deshalb verbot ihm die Behörde das Handeln mit lebenden Fischen und den Angelteichbetrieb. Gegen das Verbot zog der Mann vor Gericht: Eine Schonzeit von acht Wochen sei zu lang, in anderen Bundesländern gälten viel kürzere Fristen. Im Prinzip habe er die Fische immer kontaktlos in den See entlassen. Den Kescher benutze er nur, wenn Fische in den Netzgehegen zu verenden drohten …

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz glaubte ihm nicht und bestätigte das Verbot (3 K 848/21.KO). Für landwirtschaftliche Teichwirtschaft sei keine behördliche Erlaubnis vonnöten, hier aber schon. Denn Herr F kaufe die Tiere nicht für die Fischzucht, sondern für kommerziellen Angelsport. Er kaufe weitgehend fangreife Forellen, damit Angler sie gegen Entgelt mit hoher Fangquote aus dem Stausee herausfischen könnten.

Aufgrund mehrerer Zeugenaussagen ständen regelmäßige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz fest, so das VG. Waidgerechte Fischerei sei trotz der damit verbundenen Schmerzen der Fische zulässig, weil sie dazu diene, Nahrung zu gewinnen. Es verstoße aber gegen den Tierschutz, wenn Fische — die sich bereits im Netzgehege und damit in Menschenhand befänden — gekeschert in einen Angelteich eingesetzt würden, nur um Anglern ihr Vergnügen zu bieten.

Betriebspraxis sei es gewesen, Fische mit dem Kescher zu fangen, in den See zu werfen und sofort zum Angeln freizugeben. Dass so ein "Angelzirkus" dem Tierschutzgesetz widerspreche, darauf habe die Veterinärbehörde Herrn F mehrmals explizit hingewiesen. Die Hinweise habe er aus betrieblichem Interesse ignoriert. Daher sei das Verbot verhältnismäßig. Denn: Dürfte F die Angelteichanlage weiter betreiben, wäre mit weiteren Verstößen zu rechnen.

Mallorca-Urlaub wegen Corona abgeblasen

Allein das hohe Alter eines Kunden berechtigt ihn nicht zum kostenlosen Reiserücktritt

Im Januar 2020, als er vom Corona-Virus noch nichts ahnte, hatte Herr T für sich und seine Frau bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise gebucht: eine Woche auf Mallorca im September. Da die Zahl der Infektionen im Lauf des Sommers zurückging, tendierte das ältere Ehepaar erst einmal dazu, die Reise trotz des Infektionsrisikos zu wagen. Anfang August überwog dann doch die Sorge.

Herr T trat vom Reisevertrag zurück und begründete dies mit seinem hohen Alter und diversen Vorerkrankungen: Bei ihm sei die Gefahr für einen schweren Verlauf von Covid-19 groß, dieses Risiko könne er nicht eingehen, erklärte der Senior. Der Reiseveranstalter zahlte gemäß seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen 75 Prozent des Reisepreises zurück und behielt 25 Prozent als Stornogebühr.

Das Amtsgericht Düsseldorf wies die Klage des Kunden auf Rückzahlung in voller Höhe ab (54 C 483/20). Kostenlos dürften Kunden den Reisevertrag nur kündigen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass ihre Pauschalreise erheblich beeinträchtigt sein werde. Anfang August habe man aber die Infektionszahlen auf Mallorca — und damit das Gesundheitsrisiko — in der zweiten Septemberhälfte nicht vorhersehen können. Stehe der Reisebeginn nicht direkt bevor, sei es für Reisende zumutbar, vor einem Reiserücktritt die Entwicklung abzuwarten.

Dass der Kunde aufgrund seines Alters und seiner gesundheitlichen Disposition zur Corona-Risikogruppe gehöre, begründe für sich genommen keinen Anspruch auf Rückzahlung des vollen Reisepreises. Ob ein "außergewöhnlicher Umstand" vorliege, der einen kostenlosen Reiserücktritt rechtfertige, sei objektiv zu bestimmen: Hier also nach den zu erwartenden Gefahren für die Gesundheit am Zielort — unabhängig von der Konstitution des einzelnen Reisenden.

Das Befinden der Kunden sei deren persönlicher Risikosphäre zuzurechnen. Eine Pandemie stelle für Reiseveranstalter und für ihre Kunden gleichermaßen ein Risiko dar. Dieses Risiko müsse nicht ein Vertragspartner alleine tragen.

Wiederbeschaffungswert von Donna Asana umstritten

Tierarzt wehrt sich gegen die hohe Schadenersatzzahlung für das tote Dressurpferd

Im Januar 2020 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) München einen Tierarzt zur Zahlung von 250.000 Euro Schadenersatz an eine Dressurreiterin: Ihr Dressurpferd Donna Asana war nach einer homöopathischen Eigenblutbehandlung an einer allergischen Reaktion gestorben ("anaphylaktischer Schock").

Gegen das Urteil legte der Tierarzt Revision ein, weil der vom OLG beauftragte Sachverständige seiner Ansicht nach den Wert des Pferdes zum Todeszeitpunkt weit überschätzt hatte: Es sei für eine anaphylaktische Reaktion anfällig gewesen, das mindere den Wert des Tieres. Die Klage der Reiterin müsse abgewiesen werden, soweit der Schadenersatz für den Verlust des Pferdes 50.000 Euro übersteige.

Beim Bundesgerichtshof (BGH) erreichte der Mediziner zumindest einen Teilerfolg (VI ZR 87/20). Von Wertverlust habe das OLG nichts wissen wollen, so der BGH, und dies folgendermaßen begründet: Ob das Tier für eine allergische Reaktion besonders anfällig gewesen sei, spiele keine Rolle. Denn bevor so eine Reaktion auftrete, wisse niemand davon. Also hätten potenzielle Käufer des Dressurpferdes diese Anfälligkeit nicht als wertmindernden Faktor berücksichtigt.

Mit dieser Argumentation war der BGH nicht einverstanden: Wenn es darum gehe, den finanziellen Schaden durch den Verlust eines Tieres zu bemessen, komme es auf seine objektiven Eigenschaften an. Wem wann welche Eigenschaften des Pferdes bekannt gewesen seien, sei unerheblich. Man müsse also einen eventuellen Wertverlust bei der Schadenersatzhöhe berücksichtigen — andernfalls würde die Dressurreiterin durch den Schadenersatz finanziell besser dastehen als vor dem Tod des Pferdes.

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache ans OLG zurück, der Rechtsstreit geht also in die nächste Runde. Ob der Schadenersatz so drastisch gekürzt wird, wie vom Tierarzt gewünscht, ist allerdings fraglich. Schließlich hat der Mediziner das Dressurpferd vor der tödlichen letzten Dosis sechsmal mit einer Mischung aus Eigenblut und Homöopathika behandelt, wie dem Urteil des OLG zu entnehmen ist.

Und laut Sachverständigengutachten wird eine allergische Reaktion immer wahrscheinlicher, je öfter ein Pferd potenziell Allergie auslösenden Stoffen gespritzt bekommt. Demnach hat der Tierarzt, wenn auch auf Wunsch der Reiterin, die wertmindernde "Anfälligkeit" des Dressurpferdes selbst herbeigeführt.

Voreiliger Rücktritt von der Flusskreuzfahrt

Kundin muss Stornogebühr zahlen, weil sie das Corona-Infektionsrisiko zu früh als zu hoch bewertete

Bei einem Reiseveranstalter hatte eine Frau aus Nordrhein-Westfalen eine Flusskreuzfahrt in Frankreich gebucht, die im August 2020 stattfinden sollte. Doch dann kamen ihr wegen der Corona-Pandemie Bedenken: Am 22.6. erklärte sie den Rücktritt vom Reisevertrag und verlangte die Anzahlung von 1.439 Euro zurück. Der Reiseveranstalter überwies allerdings kein Geld. Stattdessen teilte er der Kundin mit, er werde die Anzahlung mit der Stornogebühr in Höhe von 25 Prozent des Reisepreises verrechnen.

Die Zahlungsklage der 60-Jährigen scheiterte beim Landgericht Bochum (10 S 9/21). Bei einem Reiserücktritt entfalle der Anspruch des Reiseveranstalters auf die Stornogebühr, wenn außergewöhnliche Umstände — wie z.B. erhebliche Gesundheitsrisiken — absehbar die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen werden. Das müsse zumindest wahrscheinlich sein.

Die Kundin habe aber nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit dargelegt, dass im Juni 2020 eine schwerwiegende Beeinträchtigung zu befürchten war. Dabei komme es nur auf die Prognose zum Zeitpunkt des Reiserücktritts an. Stelle sich nachträglich heraus, dass die Reise tatsächlich durch die Pandemie beeinträchtigt war — so dass sich der Rücktritt im Nachhinein darauf stützen ließe —, dürfe das vor Gericht keine Rolle spielen.

Einerseits begründe das Zusammensein auf einem Schiff, also auf relativ engem Raum, ein höheres Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken, räumte das Landgericht ein. Andererseits habe sich das Infektionsgeschehen im Mai und Juni im Vergleich zu den Vormonaten erheblich abgeflacht. Für das Reiseziel Frankreich seien am 15.6., also eine Woche vor dem Reiserücktritt, alle Reisebeschränkungen und die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes aufgehoben worden.

Daher habe am 22.6. keineswegs festgestanden, dass die erst ca. zwei Monate später stattfindende Flusskreuzfahrt durch die Pandemie beeinträchtigt sein würde. Die Kundin hätte daher die weitere Entwicklung des unwägbaren Pandemiegeschehens abwarten müssen — das Risiko durch die Ungewissheit in einer Pandemie müssten Reiseveranstalter nicht alleine tragen. Mit dem Rücktritt bis vier Wochen vor Reisebeginn zu warten, sei für Reisende zumutbar.

Mit dem Smartphone in Kanada unterwegs

Mobilfunkunternehmen müssen Reisende auf hohe Gebühren im Nicht-EU-Ausland hinweisen

Ein Münchner Verein hatte für seinen Vorstand einen Flatrate-Mobilfunk-Vertrag abgeschlossen. Kostenpunkt: 50,17 Euro pro Monat. Als der Vereinsvorstand nach Kanada reiste, wählte sich das Handy dort ins Netz ein. Am Ende der Reise waren Roamingkosten von 2.464 Euro aufgelaufen. Einen Teil zahlte der Verein. Das Mobilfunkunternehmen erließ ihm per Kulanzgutschrift 400 Euro.

Die restliche Forderung trat es an eine Inkassofirma ab, die den Verein auf Zahlung von 1.961 Euro verklagte. Vor Gericht ging es im Wesentlichen um die Frage, ob der Mobilfunkanbieter den Kunden vor den drohenden hohen Kosten hätte warnen müssen. Auf jeden Fall, fand der Verein. Der Standpunkt des Unternehmens: Informationspflicht bestehe nur gegenüber Verbrauchern, aber nicht in Bezug auf Vereine oder Firmen.

Das Amtsgericht München sah das anders (113 C 23543/20). Der Verein müsse noch 552 Euro begleichen, die restliche Summe könne die Inkassofirma nicht verlangen. Der Kunde könne dem Anspruch des Mobilfunkunternehmens eine berechtigte Forderung nach Schadenersatz entgegenhalten: Denn der Anbieter habe gegen seine Pflicht verstoßen, den Kunden über hohe Kosten im Nicht-EU-Ausland zu informieren. Schließlich werde ein Flatrate-Tarif vereinbart, weil der Kunde auf berechenbare Kosten Wert lege.

Die Informationspflicht des Mobilfunkunternehmens sei in erster Linie aus dessen "überlegener Sachkunde" abzuleiten. Mobilfunkkunden könnten horrende Kosten durch Roaming nicht verhindern, weil sie deren Entstehen gar nicht erst bemerkten. Im Gegensatz dazu habe der Mobilfunkanbieter jederzeit Einblick in Höhe und Ursache der Kosten. Er könne die Kunden auch problemlos durch automatisierte Nachrichten per SMS oder E-Mail darauf hinweisen.

Im konkreten Fall sei der Kunde zwar kein Verbraucher, sondern ein Verein. Diese Tatsache rechtfertige es aber nicht, dass das Mobilfunkunternehmen seine überlegene Sachkunde ausnütze. Bei unternehmerischen Vertragspartnern sei allerdings die Grenze, ab der Informationspflicht bestehe, höher anzusetzen. Denn bei ihnen könne man Erfahrung im Geschäftsverkehr unterstellen, deshalb seien sie weniger schutzbedürftig als "Otto Normalverbraucher". Bei Geschäftskunden besteht nach Ansicht des Amtsgerichts Informationspflicht ab einem Betrag in zehnfacher Höhe des Basistarifs (hier also: 501,70 Euro).

Dressurreiter wegen Tierquälerei angezeigt

Weil er sich an das FEI-Verbot der Rollkur hielt, sprach ihn das Amtsgericht frei

Ein Dressurreiter wurde wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angeklagt. Während einer Europameisterschaft soll er auf dem Abreiteplatz die berüchtigte Rollkur angewendet und so seinem Pferd G "anhaltende Schmerzen" zugefügt haben. So stand es im Strafbefehl vom April 2021. Beim Training mit Rollkur oder Hyperflexion wird der Kopf des Pferdes stark mit den Zügeln nach unten zur Brust gezogen.

Der Reiter bestritt den Vorwurf, diese aggressive Trainingsmethode eingesetzt zu haben. Gegen die Regeln der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) habe er nicht verstoßen, bestätigten der Turniersteward und ein Mitglied des Dressurkomitees. Deshalb sprach ihn das Amtsgericht Aachen frei (454 Cs 106/21).

Der Reiter dürfe darauf vertrauen, kein Unrecht zu tun, wenn er sich gemäß dem Regelwerk der FEI verhalte, so das Amtsgericht. Die FEI lege großen Wert auf den Schutz der Pferde. Der Angeklagte habe keine aggressive Kraft angewendet, sondern das so genannte "Low, Deep and Round" (LDR), d.h. eine kurze Flexion ohne Kraftaufwand, die von der FEI akzeptiert werde. Nach FEI-Reglement ist sie bis zu zehn Minuten lang auf dem Abreiteplatz erlaubt.

Dagegen habe sich die FEI von der Rollkur als Trainingsmethode — nach einigem Zögern in dieser Frage — im Jahr 2008 entschieden distanziert: "Die FEI verurteilt Hyperflexion in jeder reitsportlichen Disziplin als ein Beispiel von mentalem Missbrauch". Sie sei bei internationalen Wettbewerben auf dem Abreiteplatz verboten.

Tödlicher Badeunfall im Freibad

Ein Bademeister muss sich nicht ununterbrochen am Beckenrand aufhalten

An einem heißen Augusttag 2015 herrschte in einem kleinen Freibad in Niederbayern Hochbetrieb. Von etwa 150 Badegästen im Schwimmbecken ist die Rede. Nur kurz ging der Bademeister in sein Bademeisterhäuschen am Rande des Beckens, um Wasserproben zu nehmen. Da holte ihn ein Badegast: Offenbar sei da ein Schwimmer in Not … Sie zogen ihn mit vereinten Kräften aus dem Wasser. Doch ihre Versuche, den Verunglückten wiederzubeleben, blieben erfolglos.

Die Familie des ertrunkenen Badegastes verklagte die kommunale Betreiberin des Schwimmbads und den Bademeister auf Schadenersatz: Bei geschätzt 350 bis 400 Badegästen hätte die Badeaufsicht am Beckenrand stehen bleiben müssen, so die Kläger. Von seinem Häuschen aus könne der Bademeister kaum sehen, was unter der Wasseroberfläche vor sich gehe. Bei so vielen Besuchern hätte man zudem eine zweite Badeaufsicht engagieren müssen.

Das Landgericht Landshut hielt die Vorwürfe für unbegründet und wies die Schadenersatzklage ab. Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte die Entscheidung (1 U 7114/20). Das Freibad sei relativ klein. Hier sei auch ein einzelner Bademeister in der Lage, das Treiben zu beaufsichtigen. Durch die verglaste Front des Bademeisterhäuschens könne die Badeaufsicht das Schwimmbecken problemlos überblicken, im Stehen wie auch im Sitzen. Der Bademeister handle also nicht pflichtwidrig, wenn er sich nicht permanent am Beckenrand aufhalte.

Grundsätzlich müsse eine Badeaufsicht nicht jeden einzelnen Schwimmer lückenlos beobachten, so das OLG. Das sei gar nicht möglich. Da nur ein einziger Badegast die Gefahrensituation erkannt habe, sei der Verunglückte wohl ganz plötzlich von der Wasseroberfläche verschwunden. Deshalb hätte ihn der Bademeister wohl selbst vom Beckenrand aus nicht sofort bemerkt: Es hätte sich ja auch um einen tauchenden Freibadbesucher handeln können.

Ob jemand sich unter Wasser bewege oder leblos im Wasser treibe, sei bei Sonneneinstrahlung und Wellenbewegungen nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Wie lange der Verunglückte unter Wasser war, sei nicht mehr genau zu klären. Aber zwischen dem Alarm des Zeugen und dem Beginn der Reanimation durch den Bademeister seien höchstens zwei Minuten vergangen.

Ungeimpfte Musicaldarstellerin flog raus

Die Kündigung ist wirksam: Arbeitgeber dürfen in ihrem Betrieb ein 2G-Modell durchsetzen

Mit zwei "Event-GmbHs" hatte eine Schauspielerin Arbeitsverträge geschlossen: für Proben und Auftritte in einem Musical. Noch vor Beginn der Proben erfuhren die Arbeitgeberinnen, dass die Darstellerin nicht gegen das Coronavirus geimpft war. Dieses Risiko wollten sie nicht eingehen, obwohl die Frau anbot, täglich einen Testnachweis vorzulegen. Die GmbHs kündigten die Arbeitsverträge fristgerecht.

Die Schauspielerin erhob Kündigungsschutzklage und berief sich auf das "Maßregelungsverbot" im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 612a): Arbeitgeber dürften Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausübten. Da es keine Impfpflicht gebe, hätte man ihr also nicht mit der Begründung kündigen dürfen, dass sie ungeimpft sei.

Doch das Arbeitsgericht Berlin erklärte die Kündigung für wirksam (17 Ca 11178/21). Es stehe einem Arbeitgeber frei, in seinem Unternehmen das "2G-Modell" durchzusetzen und nur geimpfte oder von Corona genesene Mitarbeiter zu beschäftigen. Pech für die Schauspielerin, wenn das mit ihrer persönlichen Entscheidung gegen die Impfung unvereinbar sei.

Deshalb liege aber noch lange keine "rechtswidrige Maßregelung" vor. Die Arbeitgeberinnen hätten nicht wegen einer unerwünschten, persönlichen Haltung zur Corona-Schutzimpfung gekündigt. Hier gehe es vielmehr um eine vernünftige unternehmerische Entscheidung für das "2G-Modell".

Täglich negative Corona-Testergebnisse ungeimpfter Mitarbeiter zu prüfen, sei aufwendig und beeinträchtige die Betriebsabläufe. Obendrein stellten die strengeren Quarantäneregeln für Ungeimpfte ein höheres Risiko dar, weil das betroffene Personal länger ausfalle. Die Schauspielerin könne nicht verlangen, dass die "Event-GmbHs" ein aufwendigeres Schutzkonzept umsetzten, um ihr entgegenzukommen. Neben der unternehmerischen Freiheit der Arbeitgeberinnen sei zudem das Interesse der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen, sich nicht zu infizieren.

Schlafen im Flieger war unmöglich

In der Business-Class rechtfertigt ein Sitz ohne Liege-Position eine Preisminderung

Ein Geschäftsreisender hatte für 4.091 Euro bei einer Fluggesellschaft einen Langstreckenflug in der Business Class gebucht (Hin- und Rückflug). Den Rückflug führte ein Tochterunternehmen durch. Der Fluggast hatte gezielt einen Nachtflug (23.40 Uhr bis 5.30 Uhr) ausgewählt. Denn er wollte im Flugzeug schlafen, um am nächsten Tag einigermaßen ausgeruht Termine wahrnehmen zu können.

Daraus wurde jedoch nichts, denn sein Sitzplatz ließ sich nicht in eine liegende Position verstellen. Von der Fluggesellschaft verlangte der Passagier deshalb einen Teil des Flugpreises zurück.

Zu Recht, wie das Landgericht Frankfurt entschied (2-24 S 80/21). Der Kunde könne den Ticketpreis, der auf den Rückflug nach Frankfurt entfalle, um 40 Prozent mindern, Die Fluggesellschaft müsse also 818 Euro zurückzahlen.

Die Beförderung sei mangelhaft gewesen. Denn bei einer Beförderung in der Business-Class, die wesentlich mehr koste, dürfe der Fluggast auch einen höheren Komfort erwarten. Der höhere Komfort müsse vor allem bei einem Flug in den Nachtstunden die Möglichkeit umfassen, den Sitz in eine Ruhe/Schlaf-Position zu verstellen. Das sei bei dem Sitz, der dem Geschäftsreisenden zugewiesen wurde, nicht möglich gewesen.

Beim Hallentennis Fensterscheibe zerbrochen

Der Mieter des Hallenplatzes muss den Schaden an der Tennishalle ersetzen

Ein Hobbyspieler mietete regelmäßig einen Platz in der Tennishalle. Eines Tages geriet er im Eifer des Gefechts über die Außenlinie seines Platzes hinaus. Sie liegt 2,50 Meter entfernt von der Außenwand der Halle. Als er versuchte, einen Ball zu erwischen, rannte der Tennisspieler aus Versehen gegen eines der großformatigen Fenster in der Außenwand — die Scheibe zerbrach beim Aufprall.

Zwei Wochen später ließ die Hallenbetreiberin eine neue Scheibe einsetzen. Die Reparatur kostete 2.299 Euro, davon übernahm die Haftpflichtversicherung des Spielers 776 Euro. Doch die Platzvermieterin forderte von ihm nicht nur die Reparaturkosten in voller Höhe, sondern auch Schadenersatz für zwei Wochen entgangene Platzmiete, insgesamt ca. 8.000 Euro.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle wies ihre Klage mit der Begründung ab, dem Tennisspieler sei kein Verschulden vorzuwerfen: Er habe versucht, einen Ball zu retournieren und sich dabei natürlich auf den Ball und nicht auf die Umgebung konzentriert. Nach den Regeln der International Tennis Federation (ITF) dürfe der Rückschläger auch außerhalb der Linien jede Position einnehmen.

Hier gehe es nicht um Tennisregeln, sondern um ein Mietverhältnis, so der trockene Kommentar des Bundesgerichtshofs (XII ZR 46/21).

Mieter seien verpflichtet, die Mietsache pfleglich zu behandeln. Für Schäden an der Mietsache müssten sie einstehen. Diese "Obhutspflicht" gelte auch in der Tennishalle. Wer einen Tennisplatz miete, müsse sich auf den für den Sport gemieteten Raum beschränken. Anders als das OLG meine, sei daher sehr wohl von einem Verschulden des Sportlers auszugehen, der in der Halle eine Scheibe beschädige — das gelte auch dann, wenn er nicht gegen Tennisregeln der ITF verstoßen habe.

Trotz dieses eindeutigen Fazits verwiesen die Bundesrichter den Fall ans OLG zurück: Eventuell sei der Vermieterin Mitverschulden vorzuwerfen, das müsse das OLG nun noch prüfen. Offenbar sei nämlich der Abstand zwischen Außenwand und Seitenlinie des Platzes in dieser Halle geringer als von der ITF empfohlen (nur 2,5 statt 3,05 Meter). Außerdem müsse der Einwand des Spielers geprüft werden, die Qualität der zerstörten Glasscheibe habe nicht der zugelassenen Fensterverglasung für eine Tennishalle entsprochen.

Schlechte "Noten" für Immobilienmakler

Makler muss sich eine negative Beurteilung auf einem Bewertungsportal gefallen lassen

Der Immobilienmakler hatte im Internet eine Wohnung zum Kauf angeboten. Herr X meldete sich: Er interessiere sich für die Immobilie, allerdings finde er den Kaufpreis viel zu hoch. X bat den Makler, dem Verkäufer sein — wesentlich niedrigeres — Angebot vorzulegen. Dessen Antwort lautete: "Unseriöse" Angebote gebe er nicht weiter. Dennoch schickte der Makler Herrn X ein Exposé.

Auch ein zweites Kaufangebot von X (höher, aber immer noch unter dem aufgerufenen Kaufpreis) wurde nicht akzeptiert. Der Makler vermittelte die Wohnung einem Interessenten, der mehr zahlte. Auf dem Bewertungsportal "Google Places" gab Herr X dem Immobilienmakler die schlechteste Note (ein Stern) und schrieb dazu: "Ich persönlich empfand Herrn … als arrogant und nicht hilfsbereit. Herr … sagte mir, Kunde ist man, wenn man gekauft hat. Offensichtlich nicht vorher, so habe ich mich auch gefühlt".

Gegen diese Beurteilung zog der Immobilienmakler gerichtlich zu Felde, allerdings ohne Erfolg. Die Bewertung sei nicht rechtswidrig, entschied das Oberlandesgericht Schleswig (9 U 134/21). Kritik an seinem Geschäftsgebaren müsse sich der Makler gefallen lassen, auch wenn das an der Geschäftsehre kratze. Das Werturteil des enttäuschten Kaufinteressenten, der das Auftreten des Maklers arrogant fand, sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Zudem zitiere Herr X wörtlich eine Bemerkung des Maklers. Die Bewertung enthalte also eine wahre Tatsachenbehauptung, die dem Werturteil zugrunde liege. Wahre Aussagen müssten auch dann hingenommen werden, wenn sie sich für den Betroffenen nachteilig auswirken könnten. Das Interesse des Maklers, seinen guten Ruf zu wahren, müsse hinter dem Recht des Herrn X auf Meinungsfreiheit zurücktreten.

Bei dieser Abwägung der Interessen müsse man auch berücksichtigen, dass der Makler aktiv den Auftritt im Bewertungsportal nutze, um seine Geschäfte zu befördern. Wenn jemand mit seiner gewerblichen Leistung unzufrieden sei, müsse der Makler dann eben auch schlechte Noten akzeptieren. Zudem seien Online-Kundenbewertungssysteme gesellschaftlich erwünscht, weil sich hier Verbraucher/innen zu Produkten austauschen und ihre Informationsfreiheit wahrnehmen könnten.

Influencer und Marketing

Eine Bloggerin muss Beiträge, in denen sie geschenkte Produkte vorführt, als Werbung kennzeichnen

Gemäß dem Wettbewerbsrecht handelt unlauter und damit rechtswidrig, wer den kommerziellen Charakter seiner geschäftlichen Aktivitäten nicht offenlegt. Nicht zum ersten Mal mahnte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. aus diesem Grund die Influencerin Diana zur Löwen ab: Sie präsentiert auf Instagram regelmäßig Mode und andere Lifestyle-Produkte. Schon 2018 musste die Bloggerin eine Unterlassungserklärung abgeben, weil sie Reklame in ihren Beiträgen nicht kenntlich gemacht hatte.

2019 führte sie wieder einmal auf Instagram Ohrringe und Kleidung vor und empfahl sie den Internetnutzern. Die Kleidung hatte Frau zur Löwen selbst gekauft, die Ohrringe hatte sie vom Hersteller geschenkt bekommen. Klickten Internetnutzer auf so genannte tap tags im Foto, wurden sie auf die Webseite der Verkäufer weitergeleitet. Dass es sich hier um Werbung handelte, blieb unerwähnt.

Diesmal forderten die Wettbewerbshüter von der Influencerin nicht nur Unterlassung, sondern auch eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro: Die hatte ihr ein Gericht 2018 für den Fall eines erneuten Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht angedroht. Den Rechtsstreit gewann der Verband in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (I ZR 35/21).

Wer im Internet Beiträge poste, in denen er/sie fremde Produkte präsentiere, müsse diese Veröffentlichung als Werbung kennzeichnen, so die Bundesrichter. Das gelte jedenfalls dann, wenn Influencer für die Präsentation eine Gegenleistung erhielten. Und eine Gegenleistung könne auch darin bestehen, dass Frau zur Löwen das vorgeführte Produkt vom Hersteller geschenkt bekomme. In Bezug auf die präsentierten Ohrringe stelle der beanstandete Instagram-Auftritt daher Werbung dar, die als solche gekennzeichnet werden müsse.

Soweit Blogger selbsterworbene Ware vorführten, bestehe für die entsprechenden Beiträge keine Kennzeichnungspflicht. Natürlich verkaufe Frau zur Löwen die Waren nicht, für die sie werbe. Dennoch seien ihre Präsentationen im Internet als geschäftliche Aktivität anzusehen — schon deshalb, weil sie mit ihrem Instagram-Profil ihre Bekanntheit und ihren Werbewert steigere. Deshalb müsse sie die Internetnutzer über den kommerziellen Charakter ihres Blogs informieren.

Corona verdarb Kreuzfahrt

Die Reiseveranstalterin ist für die Pandemie nicht verantwortlich, muss dennoch den Reisepreis mindern

Die Karibik-Kreuzfahrt eines Berliner Ehepaares (von 28.2. bis 13.3.2020 zum Gesamtreisepreis von 4.598 Euro) verlief bis zum 7.3.2020 wie vorgesehen. Dann machte sich die gerade ausbrechende Corona-Pandemie bemerkbar. Die geplanten Landgänge in Grenada, Martinique, Trinidad und Tobago wurden von den Behörden verboten. Das Schiff durfte nur in den Häfen ankern, um Lebensmittel aufzunehmen. In den letzten Tagen gab es an Bord keine Buffets und keine Freizeitangebote mehr.

Die Reiseveranstalterin zahlte wegen der Einschränkungen 1.379 Euro zurück. Doch die frustrierten Urlauber forderten Rückzahlung des Reisepreises in voller Höhe. Die Tage ohne jeden Reisehöhepunkt hätten die Kreuzfahrt insgesamt nutzlos gemacht. Die Reise habe einen Wert von Null Euro gehabt.

So weit ging das Amtsgericht Köln nicht, es sprach den Kunden aber weitere 713 Euro Preisminderung zu (133 C 611/20). Dass die Reiseleistungen mangelhaft ausfielen, sei zwar der Pandemie geschuldet und nicht der Reiseveranstalterin zuzurechnen, betonte das Amtsgericht. Reiseveranstalter hafteten jedoch unabhängig von eigenem Verschulden für das Gelingen einer Reise.

Die Corona-Pandemie habe sich direkt auf wesentliche Reiseleistungen ausgewirkt und den Erfolg der Reise teilweise vereitelt. Das Leben an Bord sei eingeschränkt gewesen, die Route sei geändert und Landgänge auf den Inseln verboten worden. Daher sei eine Minderung des Reisepreises für die letzten sechs Tage der Kreuzfahrt angemessen.

P.S.: Andere Amtsgerichte schätzten die Situation anders ein: Einschränkungen aufgrund der Pandemie seien als allgemeines, weltweites Lebensrisiko anzusehen, das jeden überall treffen könne. Reiseveranstalter müssten dafür nicht einstehen. Sie müssten nur für reisespezifische Risiken haften, die unmittelbar ihrer Unternehmenssphäre zuzurechnen seien. Mit diesen unterschiedlichen Sichtweisen wird sich wohl bald der Bundesgerichtshof beschäftigen müssen.

Reitunfall: "Tiergefahr" oder Reitfehler?

Gestürzte Reitanfängerin scheitert mit Schmerzensgeldklage gegen den Pferdehalter

Das Pferd "Ronald" war nach Aussagen von Zeugen an diesem Tag sehr nervös gewesen — wohl eine zu schwierige Aufgabe für die unerfahrene Reiterin, die das Tier noch nie geritten hatte. Zuerst rutschte sie mit dem Fuß aus dem Steigbügel, musste absteigen und stieg dann wieder auf. Kurz danach wechselte das Pferd vom Trab in den Galopp. Das brachte die Reiterin aus dem Gleichgewicht, sie fiel vom Pferd.

Beim Sturz prallte sie mit dem Kopf gegen einen Holzpfosten der Reithalle und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Freiwillig zahlte die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Pferdebesitzers der Frau 2.000 Euro Schmerzensgeld. Die Verletzte verlangte jedoch vom Tierhalter mehr Geld. Tierhalter müssten unabhängig von eigenem Verschulden für Schäden haften, die ihr Tier anrichte. Unfallursache sei das unberechenbare Verhalten des Pferdes gewesen: "Ronald" sei auf einmal durchgegangen.

Diese Version des Unfallhergangs wurde vom Pferdebesitzer rundweg bestritten: Nicht die so genannte "Tiergefahr", sondern ein Reitfehler habe zu dem Sturz geführt. Die Reiterin habe "Ronald" durch Anpressen der Beine sozusagen den Befehl zum Galopp gegeben. Das Tier habe nur gehorcht. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befragte mehrere Zeugen und gab dann dem Tierhalter Recht (2 U 106/21).

Dass das Pferd durchgegangen sei und so den Unfall ausgelöst habe, stehe nicht fest, erklärte das OLG. Eine andere Reiterin habe ausgesagt, das Tier sei normal und sanft in den Galopp übergegangen. Man habe aber vor dem Sturz gemerkt, dass die Chemie zwischen Reiterin und Pferd nicht stimmte — die Frau habe sehr unsicher gewirkt.

Daher sei es gut möglich, so die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die Reiterin aus Unsicherheit die Beine angepresst und damit dem Tier den Befehl zum Galopp gegeben habe, ohne dies eigentlich zu wollen. Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld habe sie daher nicht.

Wasserschaden in der Schiffskabine

Ein Leck beeinträchtigt kurz eine Kreuzfahrt: Unannehmlichkeit oder Reisemangel?

Während einer Kreuzfahrt durch die Karibischen Inseln tropfte Wasser in die "Juniorsuite" deutscher Urlauber. Ein Rohrbruch auf dem Schiff hatte den Wasserschaden verursacht. Kurz vor 19 Uhr meldeten die Reisenden der Reiseleitung an Bord, der Teppich in ihrer Kabine sei nass. Daraufhin wurde das Leck sofort beseitigt, am nächsten Tag stellten Mitarbeiter in der Kabine ein Trocknungsgerät auf.

Vom Kreuzfahrtveranstalter verlangte der Kunde wegen des Wasserschadens 800 Euro zurück: Der Reisemangel rechtfertige eine Preisminderung, auch wenn das Leck schnell behoben worden sei. Aber das Trocknungsgerät sei unglaublich laut gewesen. Man habe es den ganzen Tag und eine ganze Nacht lang arbeiten lassen müssen. Niemand habe schlafen können, auch das Kleinkind nicht.

Dann hätte die Familie das Gerät ausstellen sollen, erklärte das Kreuzfahrtunternehmen. Ein Bagatell-Wasserschaden sei jedenfalls nicht als Reisemangel zu bewerten. So sah es auch das Landgericht Rostock: Es wies die Zahlungsklage des Kunden ab (1 O 111/21). Der Wassereinbruch stelle allenfalls eine Unannehmlichkeit dar. Daraus sei kein Anspruch auf Minderung abzuleiten. Schon um 21 Uhr sei die Leckage repariert gewesen.

In der Kabine sei nur ein Teil des Teppichbodens im Eingangsbereich feucht geworden. Dieser Umstand habe die Gebrauchstauglichkeit der Suite nicht nennenswert beeinträchtigt. Am Folgetag hätten Mitarbeiter des Reiseveranstalters ein Trocknungsgerät zur Verfügung gestellt. Dieses Gerät hätte die Familie während der Nacht ohne Weiteres abschalten können, ebenso zwischendurch tagsüber, z.B. wenn das Kleinkind schlafen musste. Der Kläger behaupte einfach das Gegenteil, ohne jeden Beleg.

Mini-Schwein "Bruce" muss weichen

Vermieterin kündigte dem Mieter wegen seines ungewöhnlichen Haustiers

Der Mieter sah eigentlich gar keinen Grund für so viel Aufregung. Er habe die Hausverwaltung über das neue Haustier informiert, erklärte er. Mehrere Hundehalter im Mietshaus hätten Tiere, die mindestens so groß seien wie sein Bruce — also ungefähr kniehoch. Da mache ja auch niemand Aufhebens davon … Doch die Vermieterin hielt ein Mini-Schwein in einer ihrer Wohnungen für untragbar, zumal das Ein-Zimmer-Appartement des Tierhalters nur 35 qm groß ist.

Vielleicht hatte sie auch nur nach einem weiteren Grund gesucht, dem Tierfreund zu kündigen. Denn es war schon der dritte Versuch der Hauseigentümerin, ihn loszuwerden. Ein anderes Mal hatte sie dem Mieter vorgeworfen, dass er zwei Türen beschädigt habe. Dann wieder sollte er einen Teil des Hofes unerlaubt eingezäunt und als Terrasse genutzt haben: Und dann noch dies: Seine Freundin wohne ohne Genehmigung mit in der Wohnung.

Schließlich erhob die Vermieterin Räumungsklage am Amtsgericht Hannover (468 C 7351/21). Vergeblich pochte der Mieter darauf, dass er zu 80 Prozent schwerbehindert sei und das Hausschwein in erster Linie wegen seiner segensreichen therapeutischen Wirkungen halte.

Da das Gericht eher der Ansicht der Hauseigentümerin zuneigte, stimmte der Mieter schließlich einem Vergleich zu: Er versprach, mit Bruce spätestens bis Ende August auszuziehen. 60 Prozent der Prozesskosten muss der Tierhalter allerdings zahlen, die Vermieterin die restlichen 40 Prozent.

Bergunglück fordert zwei Tote

Überlebender verlangt von einem anderen Bergsteiger wegen lebensgefährlicher Verletzungen Schadenersatz

Zwei Dreierseilschaften, die sich nicht kannten, wollten unabhängig voneinander einen über 4000 Meter hohen Alpengipfel besteigen. Die erste Seilschaft kletterte ungefähr 50 bis 70 Meter über der zweiten und stürzte plötzlich - die Ursache blieb ungeklärt. Die Stürzenden rissen die nachfolgende Seilschaft mit. Alle fielen über eine Abbruchkante in eine Gletscherspalte und erlitten mehr oder weniger schwere Verletzungen.

Zwei der sechs Bergsteiger wurden von nachstürzenden Schneemassen verschüttet und konnten nur noch tot geborgen werden. Ein Bergsteiger der unteren Seilschaft wurde lebensgefährlich verletzt (Rippenbrüche mit Verletzung der Lunge, Trümmerbrüche an Füßen und Beinen, Kopfverletzungen) und musste sich mehreren schweren Operationen unterziehen.

Der Mann verklagte den einzigen Überlebenden der oberen Seilschaft auf Schadenersatz, inklusive Ersatz für Verdienstausfall in zwei Jahren Arbeitsunfähigkeit: Die obere Seilschaft habe leichtsinnig gehandelt. Vor allem seien die Seillängen zwischen den drei Mitgliedern zu groß gewesen, auf den Blankeisflächen hätten die Kletterer keine Eisschrauben gesetzt.

Doch das Oberlandesgericht Stuttgart verneinte einen Anspruch auf Schadenersatz (10 U 77/91). Dem Kletterer sei kein fahrlässiges Handeln vorzuwerfen. Für die Unfallfolgen müsste er nur geradestehen, wenn seine Seilschaft infolge mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen gestürzt wäre. Der vom Gericht befragte Sachverständige habe aber überzeugend ausgeführt, dass der Abstand zwischen den Mitgliedern der ersten Seilschaft nicht zu groß war. Die sehr erfahrenen Bergsteiger hätten auch keine Eisschrauben setzen müssen, das sei auf dieser Route nicht üblich.

Reise abgebrochen, weil die Mutter starb

Der Reiseveranstalter muss nur die "ersparten Aufwendungen" zurückzahlen

Herr S hatte für sich und seine Ehefrau bei einem Reiseveranstalter eine lang ersehnte Traumreise nach Neuseeland gebucht. Über Singapur wollten die Urlauber nach Neuseeland fliegen und mit dem Mietwagen zwei Monate lang das Land erkunden. 11.590 Euro hatte Herr S für die Reise gezahlt. Doch: Kaum waren die Reisenden angekommen, erfuhren sie, dass die Mutter von Herrn S gestorben war.

Nach drei Tagen brachen sie den Urlaub ab und flogen zurück. Der Reiseveranstalter schrieb dem Kunden 1.218 Euro auf den Reisepreis gut und erreichte immerhin, dass andere "Leistungsträger" (Autovermieter, Hotels) Kosten nicht in Rechnung stellten. Weitere Rückzahlungen lehnte das Reiseunternehmen ab: Nach dem Reiseantritt komme eine Kündigung des Reisevertrags nur aufgrund von Reisemängeln in Frage. Reisemängel würden aber nicht geltend gemacht.

Herr S klagte auf Rückzahlung des — nach Abzug der Gutschrift — restlichen Reisepreises von 10.372 Euro. Beim Oberlandesgericht (OLG) Köln erreichte er nur einen Teilerfolg (16 U 169/20). Herr S habe den Reisevertrag aus wichtigem Grund gekündigt, indem er mit seiner Frau vorzeitig zurückreiste, stellte das OLG fest. Dem Grunde nach könnten die Reisenden vom Reiseveranstalter also Geld zurückverlangen.

Allerdings hätten die Reisenden die Reise aus einem Grund abgebrochen, der nichts mit den Leistungen des Reiseveranstalters zu tun habe, sondern aus einem Grund, der ihrer "eigenen Sphäre zuzurechnen" sei, nämlich der Tod einer nahen Angehörigen. Unter diesen Umständen könne der Reiseveranstalter die volle Vergütung beanspruchen, er müsse sich nur die "ersparten Aufwendungen anrechnen lassen".

Wenn man vom Reisepreis die Gutschrift des Reiseveranstalters und andere, nicht berechnete Kosten abziehe, bleibe ein Anspruch auf Rückzahlung von 3.800 Euro.

Corona-Quarantäne statt Zypern-Urlaub

Eine behördlich angeordnete Quarantäne stellt keinen Reisemangel dar

Vom 8.3.2020 bis zum 22.3.2020 hatte Ehepaar X eine Pauschalreise nach Zypern gebucht, inklusive Busrundreise auf der Insel. Kurz nach der Ankunft stellte sich heraus, dass eine Mitreisende mit COVID-19 infiziert war. Daraufhin ordnete das lokale Gesundheitsamt für alle Reisegäste und die örtliche Reiseleitung eine befristete Quarantäne bis zum 24.3.2020 an. Die Reiseveranstalterin bezahlte die Unterkunft für die letzten zwei Tage.

Herr X war der Ansicht, sie müsse den Reisepreis zurückzahlen: Reiseveranstalter hafteten auch unabhängig von eigenem Verschulden für das Gelingen der von ihnen angebotenen Reisen. Zudem habe es die Reiseveranstalterin versäumt, die Urlauber über die drohenden außergewöhnlichen Umstände zu informieren. Sie habe die Reise durchgeführt, obwohl die Wirkungen der Corona-Krise den Reiseverkehr schon erheblich beeinträchtigten.

Das Reiseunternehmen wies die Forderung des Kunden zurück: Eine behördlich angeordnete Quarantäne, die der Sicherheit der Urlauber diene, stelle keinen Mangel der Reise dar. Anspruch auf Minderung oder Rückzahlung des Reisepreises bestehe daher nicht. So sah es auch das Amtsgericht München (172 C 23599/20). Unannehmlichkeiten, die nichts mit den Reiseleistungen des Veranstalters oder mit speziellen Risiken einer Reise zu tun hätten, müssten Reisende einfach hinnehmen.

Ohne die Anweisung der Gesundheitsbehörde hätte das Reiseunternehmen die geschuldeten Reiseleistungen einwandfrei erbringen können. Wenn eine Behörde aufgrund der Corona-Pandemie eine Quarantäne anordne, verwirkliche sich damit ein allgemeines Lebensrisiko. Dem Risiko, einer infizierten Person zu begegnen und sich wegen dieses Kontakts isolieren zu müssen, wäre das Ehepaar auch am Wohnort, unabhängig von der Zypernreise ausgesetzt gewesen.

Auch der Vorwurf unzulänglicher Information der Urlauber sei unbegründet. Unstreitig habe zum Reisebeginn noch keine Reisewarnung vorgelegen. Dass sich das Coronavirus ausgerechnet auf der Insel Zypern schon im Februar — als die Pandemie in ganz Europa noch am Anfang stand — besonders verbreitet hätte, habe Herr M einfach mal behauptet, aber natürlich nicht belegen können. Nicht nachvollziehbar sei daher der Vorwurf, die Reiseveranstalterin hätte Anfang März die Reise zwingend abblasen müssen.