Im Sommer 2021 hatte Herr V eine Pauschalreise nach Cancun in Mexiko gebucht: Im Februar 2022 wollte er dem deutschen Winter entfliehen. Doch im Herbst 2021 spitzten sich in Mexiko die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Drogenbanden wieder einmal zu. Im Oktober starben zwei Touristen bei einer Schießerei in Tulum, im November zwei Menschen bei einem Schusswechsel an einem Hotelstrand nahe Cancun. Im Dezember schossen Bandenmitglieder in einem Hotel in Cancun um sich.
Danach entschloss sich Herr V, die Reise zu stornieren. Das Auswärtige Amt habe allen deutschen Touristen geraten, in dieser Gegend von Mexiko die Hotelanlagen nicht zu verlassen. So wolle er keinen Urlaub machen, erklärte V, und selbst in den Hotels sei man offenkundig seines Lebens nicht mehr sicher.
Der Reiseveranstalter akzeptierte die Kündigung, forderte aber vom Kunden Stornogebühr. Herr V ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen und zahlte nicht.
Zu Recht, entschied das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt (3 C 223/22). Der Kunde habe aufgrund außergewöhnlicher Umstände am Urlaubsort kostenlos stornieren dürfen. Zwar sei im Sommer 2021, als Herr V die Pauschalreise gebucht habe, schon allgemein bekannt gewesen, dass in Mexiko regelmäßig Drogenbanden aufeinander losgingen. Bisher habe sich jedoch der Drogenkrieg noch nie in gut besuchten touristischen Gebieten abgespielt.
Plötzlich erschien die Sicherheitslage in diesem Gebiet prekär oder zumindest völlig unklar: Die Schießereien in Tulum und Cancum seien außergewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen. Nach dem Tod mehrerer Touristen habe Herr V durchaus davon ausgehen dürfen, dass er am Urlaubsort in Gefahr geraten könnte und zumindest die Reise erheblich beeinträchtigt sein werde. Unter solchen Umständen sei es unzumutbar, eine Reise anzutreten.