Freizeit & Sport

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Kein Mobilfunknetz in der Wohnung

Der Mobilfunkanbieter muss den Kunden für zehn Monate Netzausfall entschädigen

Ein Mobilfunkkunde konnte in seiner Wohnung nicht mehr telefonieren. Nach ein paar Wochen meldete er dem Unternehmen die Störung: Da sei wohl ein Mobilfunkmast ausgefallen. Neun Monate später funktionierte das Netz immer noch nicht. Nun reichte es dem Kunden: Seit zehn Monaten zahle er für nichts! Der Kunde zog vor Gericht und verlangte finanziellen Ausgleich.

Der Mobilfunkanbieter sah das überhaupt nicht ein: Der Sendemast vor Ort sei gar nicht ausgefallen, sondern nur ausgelastet gewesen, weil andere Basisstationen gestört waren. Und im Übrigen hätte der Kunde ja über WLAN telefonieren können. Mit dieser Argumentation kam das Unternehmen jedoch beim Landgericht Göttingen nicht durch: Es muss dem Kunden 2.800 Euro Entschädigung zahlen (4 O 78/23).

Wenn nach einer Kundenbeschwerde eine Störung nicht innerhalb von zwei Tagen beseitigt werde, könnten Verbraucher laut Telekommunikationsgesetz Entschädigung verlangen: ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls der vereinbarten Dienstleistungen. Eine Störung liegt nach Ansicht des Landgerichts auch vor, wenn nicht der Sendemast am Wohnort des Kunden ausfällt, sondern andere Basisstationen.

Um eine Störung anzunehmen, sei kein Mindestradius für einen Ausfall des Funkdienstes erforderlich. Letztlich sei der für den Kunden "zuständige" Sendemast nicht funktionsfähig gewesen — nur darauf komme es an. Der Mobilfunkanbieter könne Kunden erst recht nicht auf die Möglichkeit verweisen, ersatzweise mit per WLAN zu telefonieren: Angesichts der Mängel bei der WLAN-Versorgung sei das WLAN kein gleichwertiger Ersatz für das Telefonieren mit Mobilfunk.

"Scraping" bei Facebook

Schadenersatz für Datendiebstahl? Nicht ohne Beleg für konkreten immateriellen Schaden

Etwa 500 Millionen Facebook-Nutzer waren 2021 von Datendiebstahl betroffen: Unbekannte hatten ihre Daten (Namen, Telefonnummern, Geschlecht) im Darknet veröffentlicht. Die Täter hatten die Daten mit Hilfe der Suchfunktionen von Facebook selbst "eingesammelt". Abgeleitet vom englischen Ausdruck "to scrape together" (zusammenkratzen) wurde diese Methode "scraping" genannt.

Viele Betroffene haben Meta, den Mutterkonzern von Facebook, wegen des Datendiebstahls auf Schadenersatz verklagt. Die Klage einer Facebook-Nutzerin wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm abgewiesen, obwohl es einige Praktiken des Unternehmens, die den "Datenklau" begünstigt hatten, als Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung einstufte (7 U 19/23).

Telefonnummern dürften nicht ohne Einwilligung der Nutzer weitergegeben werden. Um diese Einwilligung zu bekommen, habe Facebook selbst Methoden benützt, die als unzulässig und intransparent anzusehen seien, betonte das OLG. Außerdem habe Meta, nachdem der Datendiebstahl aufgeflogen sei, zuerst nichts unternommen, um weitere illegale Zugriffe auszuschließen.

Entschädigung gebe es für Datendiebstahl aber nur, wenn Nutzer über den illegalen Zugriff hinaus einen "konkreten immateriellen Schaden" plausibel machen könnten, d.h. eine persönliche bzw. psychologische Beeinträchtigung durch den Vorfall.

Nur ein "Gefühl des Unwohlseins", der Hilflosigkeit oder des Erschreckens, wie es die Klägerin geschildert habe, genüge dafür nicht. Zumal ihre Anwälte derlei Gefühle ("Kontrollverlust", Ängste) in identischen Worten in einer Vielzahl von Prozessen gegen Meta vorgetragen hätten, um die Folgen des Datendiebstahls auszumalen. Da falle es schwer, an "konkret-individuelle Betroffenheit" der Facebook-Nutzer zu glauben.

Doppelzimmer mit vier Betten

Missverständnis bei der Hotelbuchung: Reisende bekommen kein Geld zurück

Für acht Personen hatte eine Münchnerin in einem italienischen Hotel vier Doppelzimmer gebucht. Dachte sie jedenfalls. Doch das Hotel reservierte zwei Doppelzimmer mit Betten für jeweils vier Personen — vermutlich ein sprachliches Missverständnis. Nach dem einwöchigen Kurzurlaub in Italien verlangten die Reisenden wegen der unkomfortabel engen Unterkunft die Hälfte des Reisepreises zurück.

Zu Unrecht, entschied das Amtsgericht München (242 C 403/23). Was unter Doppelzimmer zu verstehen sei, sei nicht so eindeutig, wie man meinen könnte. Zimmer für mehr als zwei Personen würden zwar oft als "Mehrbettzimmer" bezeichnet. Es sei aber auch nicht unüblich, diesen Begriff für Zimmer mit einem Doppelbett und zwei weiteren Schlafgelegenheiten zu verwenden. Offenbar hätten weder die Kundin, noch das Hotel bei der Buchung bemerkt, dass man sich nur scheinbar einig geworden war.

Die Buchungsbestätigung habe das Missverständnis nicht ausgeräumt, weil darin die Anzahl der Zimmer nicht angegeben sei. Allerdings könne man davon ausgehen, dass die Vertragsparteien den Beherbergungsvertrag auch ohne Einigung über die Zimmerzahl geschlossen hätten: Denn die Reisenden hätten die Reise nicht abgebrochen, sondern in den gebuchten zwei Doppelzimmern übernachtet. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Reisepreis, dass nur Zimmer für je vier Personen gemeint sein konnten.

Die Urlauber hätten nämlich für einen Aufenthalt von einer Woche in einem Vier-Sterne-Hotel mit Vollpension 5.184 Euro gezahlt, also weniger als 100 Euro pro Tag und Person. Das sei für ein Hotel dieser Kategorie mit All-Inklusive-Leistungen ausgesprochen billig. Vor allem dieser Umstand spreche dafür, zu Gunsten des Hotels einen Reisemangel zu verneinen, der die Kunden zur Minderung des Reisepreises berechtigte: Bei so einem Preis sei "redlicherweise" anzunehmen, dass nur zwei Zimmer für je vier Personen gebucht sein sollten.

Landwirt verpachtet Grundstück für eine Reithalle

Baubehörde untersagt deren Nutzung für eine Poloschule und Poloturniere

Ein Landwirt verpachtete 2020 ein Grundstück an die X-GmbH, die hier eine Reithalle und einen Pferdestall mit Boxen errichtete. Die Baubehörde hatte den Bau und den Betrieb eines Reitstalles mit Pferdezucht und Ausbildung für Pferde genehmigt. Doch 2022 beschwerten sich Nachbarn über "Events" mit großem Rummel auf dem Grundstück: Hier wurden im Rahmen der "European Arena Polo Tour" Poloturniere ausgetragen.

Die Baubehörde untersagte dies: Genehmigt sei die Ausbildung eigener Pferde in der Reithalle — Turniere seien davon nicht erfasst. Es liege auf der Hand, dass durch die An- und Abfahrt von Teams, Trainern und Tierpflegern, Rettungsdienst und Publikum eine hohe Verkehrsbelastung und weitaus mehr Lärm entstehe als durch Reitunterricht. Der Landwirt müsse dem illegalen Treiben ein Ende setzen. Für den Wiederholungsfall drohte die Behörde Zwangsgeld an.

Ohne Erfolg focht der Verpächter das Nutzungsverbot an. Das Verbot, die Reithalle gewerblich für eine Poloschule und für Poloturniere zu nutzen, sei rechtmäßig und das angedrohte Zwangsgeld von 3.000 Euro als Sanktion angemessen, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf (28 L 533/23). Laut Baugenehmigung seien in der Halle keine Sportveranstaltungen mit Publikum vorgesehen, entsprechend sei auch der Brandschutz dafür nicht ausgelegt.

Der Landwirt könne sich auch nicht darauf berufen, dass Reithalle und Pferdepension seinem Betrieb dienten, so das VG. Eine Pferdepension könne zwar landwirtschaftliche Tierhaltung darstellen, soweit das Pferdefutter auf eigenen Flächen erzeugt werde. Aber Polosport in einer Reithalle sei nicht für den landwirtschaftlichen Betrieb da. Polounterricht mit "Stick & Ball", Turniere mit Siegerehrung, bei denen Teams in Sponsoren-Shirts auftreten und pro Team ein Nenngeld von 1.200 Euro für die Teilnahme fällig werde — das seien offenkundig gewerblich organisierte Events.

Für die Turnierveranstalterin X-GmbH bilde die Reithalle den Schwerpunkt unternehmerischer Tätigkeit im gewerblichen Sinn — wodurch auch der Verpächter gewerbliche Einnahmen erziele. Diese Nutzung der Halle sei illegal und auch nicht nachträglich genehmigungsfähig: Denn sie nehme keinerlei Rücksicht auf die Nachbarn oder auf Belange des Naturschutzes.

Ehemaliges Rennpferd sein Geld nicht wert?

Die Käuferin möchte ein "Freizeitpferd" und hält die Rennbahnkarriere für einen Mangel

Für 4.300 Euro hatte Reiterin A von Reiterin B den elf Jahre alten Wallach T gekauft. Im Kaufvertrag wurde die Haftung der Verkäuferin für "Eigenheiten" des Pferdes ausgeschlossen. Handschriftlich hatte Frau B diesen Punkt so ergänzt: "Das Pferd wurde nur freizeitmäßig geritten. Es hat keine Dressur- bzw. Springausbildung". Als die Käuferin einige Tage nach Vertragsschluss im Internet recherchierte, wurde ihr klar, dass der Wallach an zahlreichen Pferderennen teilgenommen hatte.

Daraufhin erklärte Frau A den Rücktritt vom Kaufvertrag: Verkäuferin B habe ihr die "Rennbahnkarriere" des Pferdes arglistig verschwiegen. Das sei ein enormer Unterschied, ob man, wie vereinbart, ein unverbrauchtes Freizeitpferd erwerbe oder ein Rennpferd. Auf Grund des hohen Verschleißes beim Renneinsatz müsse T gewiss früher wegen degenerativer Gelenkserkrankungen in Rente geschickt werden als ein Freizeitpferd. Reiterin A forderte den Kaufpreis zurück und Schadenersatz für Tierarztkosten.

Gestützt auf ein Sachverständigengutachten wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg ihre Klage ab (4 U 72/22). Der Einsatz des Wallachs als Rennpferd stelle keinen Mangel dar, der einen Rücktritt vom Vertrag rechtfertigen könnte. Nicht die Leistungen eines Pferdes im Rennsport oder Turniersport führten zu degenerativen Gelenkserkrankungen, habe die Veterinärmedizinerin erläutert.

Diese hingen mit dem Alter des Tieres zusammen sowie mit Art und Qualität der Tierhaltung, vor allem mit dem Bewegungsmanagement. Bei einem elfjährigen Pferd sei generell anzunehmen, dass mit der Zeit Gelenkveränderungen auftreten. Das sei aber bei einem Vollblüter, der Rennen gelaufen sei, nicht wahrscheinlicher als bei einem so genannten Freizeitpferd: Mit zunehmendem Alter nehme eben die Brauchbarkeit als Reitpferd ab.

Das OLG teilte auch nicht die Ansicht der Käuferin, dass der Einsatz von T als "Freizeitpferd" vertraglich vereinbart worden war. Der handschriftliche Zusatz stehe unter genau der Vertragsklausel, die besage, dass aus den genannten Eigenheiten des Pferdes keine Ansprüche abgeleitet werden könnten. Reiterin B habe hier nicht zugesichert, dass T ein "Freizeitpferd sei und sonst nichts". Vielmehr habe sie den Ausbildungsstand des Wallachs dokumentieren und betonen wollen, dass T keine Erfahrung als Spring- oder Dressurpferd habe.

Zusammenbruch beim Triathlon

Sportler will sich partout nicht behandeln lassen und wirft den Sanitätern danach unterlassene Hilfeleistung vor

2017 hatte sich ein Lehrer zu einem "Jedermann-Triathlon" angemeldet. Dabei mussten die Teilnehmer 750 Meter schwimmen, 20,4 km radfahren und fünf km laufen. Vorher mussten alle bei der Anmeldung unterschreiben, dass ihr Trainingszustand diesen Anforderungen entspricht und dass sie über die Gefahren durch Überanstrengung Bescheid wissen. Auch der Lehrer gab diese Erklärung ab und überschätzte seine Leistungsfähigkeit.

Seit zwei Jahren hatte er keinen Wettkampf mehr absolviert. Zudem litt der Mann an Bronchialasthma und hatte gerade erst eine Erkältung hinter sich gebracht. Am Tag des Triathlon-Wettkampfs herrschten mehr als 30 Grad Celsius. Unterwegs wirkte der Hobbysportler bereits erschöpft. Beim Laufen torkelte er auf der Zielgeraden und erreichte das Ziel nur mit Müh und Not. Dort legte sich der Pädagoge ausgepowert auf den Boden.

Sofort eilten Sanitäter herbei, denen er jedoch erklärte, er brauche keine Behandlung. Als sie ihn mit der Trage ins Sanitätszelt bringen wollten, kletterte der "Patient wider Willen" von der Trage. Im Zelt legten ihm die Sanitäter eine Infusion. Sie mussten die Maßnahme aber abbrechen, weil der Mann um sich schlug und randalierte. Schließlich verschlechterte sich sein Zustand so, dass er nicht mehr ansprechbar war — nun riefen die Sanitäter einen Notarzt. In einer Klinik wurden Unterzucker und akutes Nierenversagen diagnostiziert.

Als sich der Lehrer von seinem Kollaps erholt hatte, verklagte er den Veranstalter des Triathlons und den Sanitätsdienst auf Schmerzensgeld: Die verzögerte Behandlung sei als unterlassene Hilfeleistung zu bewerten, meinte er. Das Landgericht Dresden war allerdings anderer Ansicht und wies die Klage ab (10 O 2201/20). Grundsätzlich müssten Patienten einer medizinischen Behandlung vorher zustimmen, betonte das Landgericht.

Und der Triathlet habe im Sanitätszelt mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, man solle ihn in Ruhe lassen und nicht behandeln. Dann könne er nicht nachträglich den Rettungskräften vorwerfen, er sei zu spät behandelt worden. Sie hätten vorschriftsmäßig gehandelt, indem sie seinen Willen respektierten. Selbst wenn der Lehrer möglicherweise schon im Delirium gewesen sei, sei das für die Sanitäter nicht klar erkennbar gewesen.

Auf die Sanitäter habe er keineswegs "verwirrt" gewirkt. Sie seien daher nicht von einem Ausnahmefall ausgegangen: Nur wenn ein Patient offenkundig nicht in der Lage sei, eine eigene Entscheidung zu treffen, dürften Mediziner und Rettungskräfte dessen Willen ignorieren. Schließlich sei nicht nur unterlassene Hilfeleistung, sondern auch eine aufgezwungene Behandlung gegen den Willen des Patienten als Körperverletzung strafbar.

Flughafen wegen Drohnenangriffen geschlossen

Prekäre Sicherheitslage rechtfertigt Flugannullierung: Airline muss aber Alternativflüge anbieten

Im Frühjahr 2021 waren in Erbil (Türkei) eine amerikanische Militärbasis und ein türkisches Militärcamp mit Drohnen angegriffen worden. Deswegen schlossen die kurdischen Behörden vorübergehend den Flughafen in Erbil, um die Sicherheitslage zu prüfen. Eine Fluggesellschaft wollte ebenfalls "auf Nummer Sicher" gehen und annullierte nach der Attacke einige Flüge, darunter einen Flug von Erbil nach Düsseldorf.

Düsseldorfer Fluggäste buchten deshalb einen Ersatzflug bei einer anderen Airline und flogen am geplanten Abreisetag nach Düsseldorf zurück. Für den annullierten Flug verlangten sie von der ersten Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung. Zu Recht, wie das Amtsgericht Düsseldorf entschied (51 C 413/21).

Grundsätzlich könne eine prekäre Sicherheitslage zwar durchaus einen "außergewöhnlichen Umstand" darstellen, dem eine Fluggesellschaft Rechnung tragen müsse. Im Fall einer Flugannullierung sei sie dann von der Pflicht befreit, die Fluggäste dafür zu entschädigen.

Werde ein Flughafen wegen Drohnenangriffen geschlossen, müssten Flugunternehmen politische Stabilität und Sicherheitslage, also ihr Risiko vor Ort selbst einschätzen. Bei dieser Entscheidung müssten sie sich nicht an anderen Airlines orientieren, die den Flughafen trotz eines Anschlags weiterhin anfliegen.

Trotzdem müsse im konkreten Fall die Fluggesellschaft die Düsseldorfer Passagiere für die Flugannullierung entschädigen: Denn das Unternehmen habe es versäumt, den Kunden die nächstmöglichen Alternativen zum annullierten Flug anzubieten. Dazu sei sie aber bei einer Annullierung verpflichtet — und Ersatzflüge habe es offenkundig gegeben.

Polizeihund beißt Kind

Lässt der Hundeführer das Tier fahrlässig frei laufen, muss er persönlich für die Folgen einstehen

Ein Polizeibeamter war mit seinem Diensthund am Strand spazieren gegangen und hatte ihn dort von der Leine gelassen. Ohne besonderen Anlass fiel der Hund ein spielendes Kind an, biss es in den Kopf und in die Beine. Das Kind wurde sofort ärztlich behandelt, erlitt zum Glück keine dauerhaften Verletzungen bzw. Narben.

Das Land Schleswig-Holstein, Dienstherr des Polizeihundeführers, zahlte an die Mutter 2.000 Euro Schmerzensgeld. Diese Summe hatte die Frau im Namen des Kindes gefordert. Anschließend verlangte das Bundesland den Betrag vom Polizeibeamten: Er hafte persönlich für den Vorfall, weil er seine Pflichten als Hundeführer grob verletzt habe.

Das sah der Beamte anders: Er ließ es auf einen Rechtsstreit mit dem Dienstherrn ankommen. Das Landgericht Lübeck besichtigte den fraglichen Strandabschnitt, befragte die Mutter des Kindes und gab schließlich dem Bundesland Recht (15 O 81/22). Der Polizeibeamte habe grob fahrlässig gehandelt.

In der Freizeit dürfe der Hundeführer das Tier nicht frei laufen lassen. Das gelte jedenfalls dann, wenn unbeteiligte Dritte in der Nähe seien. Als der Beamte den Hund von der Leine ließ, seien Mutter und Kind nicht weit von ihm entfernt gewesen — er habe sie gar nicht übersehen können. Der Strandabschnitt sei sehr gut zu überblicken und kurz vor der Hundeattacke habe das Kind auf einem kleinen Steindeich balanciert.

Hunde müssten immer so geführt werden, dass von ihnen keinerlei Gefahr ausgehe. Dieses Gebot gelte selbstverständlich auch für Polizeihunde. Wenn ein Polizeihundeführer grob fahrlässig gegen diesen Grundsatz verstoße, müsse er persönlich für die Folgen geradestehen. (Der Beamte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Heimlich den Klassenlehrer fotografiert

Schüler verschickte die Bilder an Mitschüler: Ein schriftlicher Verweis ist angemessen

Ein Berliner Schüler hatte während des Unterrichts heimlich mit dem Tablet seinen Klassenlehrer fotografiert und die Bilder über Nachrichtendienste unter den Mitschülern verbreitet. So sprach es sich natürlich herum … auch unter den Lehrern. Nach dem Motiv befragt, gab der Achtklässler an, er habe sich so schrecklich gelangweilt.

Auf einer Klassenkonferenz beschloss das Kollegium, dem Schüler einen schriftlichen Verweis zu erteilen und den Verweis ins Schuljahreszeugnis einzutragen. Dagegen wehrten sich die Eltern im Namen ihres Sohnes ohne Erfolg: Das Verwaltungsgericht Berlin erklärte die Reaktion für angemessen (3 K 211/22).

Ein schriftlicher Verweis habe nicht den Charakter einer Strafe. Vielmehr diene die pädagogische Maßnahme der Erziehung des Schülers und dazu, das Funktionieren des Unterrichts zu gewährleisten. Der Übeltäter habe objektiv gegen die Hausordnung der Schule verstoßen, den Unterricht gestört und das Persönlichkeitsrecht des Lehrers verletzt. Den Sachverhalt pädagogisch zu beurteilen, sei Sache der Schule: Hier habe sie einen Ermessensspielraum.

Gerichtlich zu überprüfen sei nur, ob die Schule den Sachverhalt richtig ermittelt habe und ob die beschlossene Maßnahme verhältnismäßig sei. Dies sei hier zu bejahen. Die Fotos hätten sich an der Schule "viral" verbreitet: Es bestehe also durchaus die Gefahr, dass Mitschüler diese Aktion nachahmten. Wenn man dazu noch das uneinsichtige Verhalten des Schülers berücksichtige, sei der schriftliche Verweis die mildeste Ordnungsmaßnahme, die hier in Frage komme.

Irreführende E-Mail von der Fluggesellschaft

Kunde klickt die Option "Ich möchte eine Erstattung anfordern" an und storniert damit die Flugbuchung

Herr H hatte bei einer Fluggesellschaft einen Hin- und Rückflug von Nürnberg über Zürich nach Miami gebucht und dafür rund 4.000 Euro gezahlt. Ein halbes Jahr vor dem USA-Urlaub teilte das Unternehmen per E-Mail mit, in Nürnberg werde die Maschine eineinhalb Stunden später starten als geplant. Der Kunde könne die geänderte Buchung akzeptieren, die Reise verschieben oder eine Erstattung anfordern. Diesen drei Optionen waren Buttons zugeordnet, per Mausklick sollte H eine Option wählen.

H klickte Button 3 an, dessen Text lautete: "Ich möchte eine Erstattung anfordern". Eine Warnung, dass er damit den Beförderungsvertrag kündigte, erfolgte nicht. Die Airline bestätigte auch nicht, dass nun die Buchung storniert war. Zwei Tage später erhielt H ohne weitere Hinweise eine Erstattung von 432 Euro. Er meldete sich beim Online-Service-Center und wurde informiert. Nun forderte er die Airline auf, die Buchung wiederherzustellen: Das sei ja wohl ein Irrtum gewesen.

Da das Unternehmen darauf nicht reagierte, kam es zum Streit über die Ticketkosten. Die Fluggesellschaft müsse sie zurückzahlen, entschied das Amtsgericht Köln: H habe mit dem Klick auf Button 3 die Buchung nicht wirksam storniert (133 C 189/22). Formulierungen auf Buttons zum Anklicken müssten eindeutig sein. Die Regeln für Online-Verbraucherbestellungen seien auch auf standardisierte E-Mails anwendbar, in denen Unternehmen Verbrauchern per Auswahl-Button die Vertragsbeendigung ermöglichten.

Zum Schutz der Verbraucher müssten in beiden Fällen die Schaltflächen verständlich sein und korrekt auf alle Konsequenzen des Klicks hinweisen. Gegen diese Regel werde hier im E-Mail-Text und mit dem Button-Text krass verstoßen. Die Formulierung "Ich möchte eine Erstattung anfordern" sei komplett irreführend: Denn der Kunde erhalte nach den Tarifbedingungen des Unternehmens nicht den Ticketpreis zurück, sondern nur Steuern und Gebühren.

Dabei sei im Begleittext der Mail sogar vom "Recht auf eine Erstattung des Ticketpreises" die Rede. Erst bei Prüfung der Reiseunterlagen könnten Kunden entdecken, dass damit in Wahrheit nicht der Ticketpreis, sondern Steuern und Gebühren gemeint seien. Der E-Mail-Text lasse auch keinen Schluss darauf zu, dass der Kunde mit einem Klick auf Option 3 den Beförderungsvertrag kündige — ohne dazwischen geschaltete Sicherheitsabfrage (Wollen Sie die Buchung wirklich stornieren?) und ohne Aussicht auf Erstattung des Flugpreises.

Flugverspätung wegen stürmischer Böen

Entschädigung für Passagiere: Fluggesellschaften müssen sich auf schlechtes Wetter einstellen

Eine Lübecker Familie machte Urlaub in Griechenland. Am Tag des gebuchten Rückflugs herrschte stürmischer Wind und wirbelte den Flugplan der Airline durcheinander. Sie buchte die Familie um. Die Urlauber landeten deshalb nicht wie geplant am Nachmittag in Lübeck, sondern erst nachts in Hannover, kurz vor drei Uhr früh. Von der Fluggesellschaft verlangte der Familienvater vergeblich eine Entschädigung für die verspätete Rückkehr.

Das Unternehmen berief sich darauf, dass es die Maschine schon beim Hinflug von Deutschland nach Griechenland wegen starker Böen habe umleiten müssen. Das habe weitere Umleitungen und Umbuchungen nach sich gezogen, also habe man den Flugplan insgesamt nicht mehr einhalten können. Für schlechte Wetterbedingungen müssten Flugunternehmen nicht einstehen.

Das Amtsgericht Lübeck sah das anders und sprach dem Kunden die geforderte Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung zu. Das Urteil wurde vom Landgericht Lübeck bestätigt (14 S 33/22). Schlechtes Wetter stelle für sich genommen keinen "außergewöhnlichen Umstand" dar, mit dem sich Fluggesellschaften bei einer so erheblichen Verspätung entlasten könnten. Das sei kein Umstand, den eine Airline "nicht beherrschen" könne.

Flugunternehmen müssten vielmehr jederzeit mit Gewittern, starkem Regen oder Schneefall rechnen, betonte das Landgericht. Auch stürmischer Wind lasse das Recht der Passagiere auf Entschädigung nicht automatisch entfallen. Das treffe nur zu, wenn ein Sturm so stark sei, dass Flugzeuge nicht mehr starten und landen könnten bzw. der Flughafen komplett gesperrt werden müsse.

Auch mit dem Verweis auf wetterbedingten Kerosinmangel, der sie zum Umleiten von Flügen gezwungen habe, könne sich die Airline der Haftung nicht entziehen. Auf solche Fälle müssten Flugunternehmen vorbereitet sein: Flugzeuge müssten genügend Treibstoffreserven für ihre Flüge mitführen. Ob hier die Kerosinreserve den europäischen Richtlinien entsprach, sei vor Gericht offen geblieben. Das Unternehmen habe es behauptet, aber nicht belegt.

Haftstrafen für Landwirte wegen Tierquälerei

Urteil des Landgerichts Memmingen im "Allgäuer Tierschutzskandal" ist rechtskräftig

Vor vier Jahren veröffentlichte eine Tierschutzorganisation ein Video, das Tierquälerei in Allgäuer Ställen zeigte und zu Ermittlungen gegen mehrere Betriebe führte. Darunter auch der Hof des Landwirts Johann H und seines 25 Jahre alten Sohnes Florian. Trotz wiederholter Mahnungen und Anordnungen des Veterinäramts hatten sie offensichtlich kranke Rinder nicht behandeln lassen.

Sie hielten ihre Tiere in einem überfüllten Stall mit viel zu wenig Liegeplätzen — der Kot stand darin bis zu einem halben Meter hoch. Das Landgericht Memmingen sprach von "verheerenden Bedingungen" und verurteilte die Landwirte im November 2022 wegen quälerischer Misshandlung von Nutztieren.

Gegen den Vater verhängte es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus muss er 12.000 Euro an einen Gnadenhof überweisen. Mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung traf es den Sohn härter. Wohl auch deshalb, weil er acht Kälber mit einem ungeeigneten Gerät und ohne Schmerzmittel enthornt hatte.

Die Revision der beiden Angeklagten blieb erfolglos: Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil (1 StR 145/23). Die Landwirte hätten kranke Rinder entweder gar nicht oder viel zu spät von Tierärzten behandeln lassen. Die Tiere hätten daher länger anhaltende, erhebliche Schmerzen erdulden müssen, erklärten die Bundesrichter. Viele Rinder habe man am Ende notschlachten müssen.

Derartige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und gegen die Nutztierhaltungsverordnung seien mit "Betriebsblindheit" und Überforderung nicht zu entschuldigen, auf die die Landwirte sich berufen hätten. Über die Freiheitsstrafen hinaus dürften sie fünf Jahre lang keine "landwirtschaftlichen Nutztiere" mehr halten.

Für eine Dubai-Reise braucht man einen Reisepass

Reiseveranstalter sind nicht verpflichtet, Kunden auf Selbstverständliches hinzuweisen

Das Amtsgericht München hat die Klage eines Kunden gegen einen Reiseveranstalter abgewiesen: Er verlangte den Reisepreis von 2.200 Euro zurück, weil eine einwöchige Pauschalreise nach Dubai ins Wasser gefallen war. Der Kunde und seine Begleiterin konnten die Reise nicht antreten, weil er keinen gültigen Reisepass besitzt. In dieser Hinsicht treffe Reiseveranstalter keine Informationspflicht, erklärte das Amtsgericht München (171 C 3319/23).

Reiseveranstalter und Reisebüros müssten ihre Kunden natürlich über die Einreisebedingungen im Urlaubsland informieren, etwa über die Notwendigkeit eines Visums und wie lange es üblicherweise dauere, ein Visum zu bekommen. Ohne derlei Bestimmungen zu beachten, könnten die Urlauber ihr Ziel nicht erreichen. Reiseprofis müssten die Kunden auch auf unbekannte Gegebenheiten und besondere Umstände am Urlaubsziel oder in Transitländern hinweisen, über die Kunden in der Regel nicht Bescheid wüssten.

Sie müssten die Kunden bei der Reisebuchung aber nicht davon in Kenntnis setzen, dass sie für Reisen Reisedokumente bräuchten: Das sei selbstverständlich und nicht nur sehr reiseerfahrenen Touristen bekannt.

Erfolglos wandte der Kunde ein, dass Urlauber für Reisen in EU-Mitgliedsstaaten keinen Reisepass, sondern nur einen Personalausweis benötigten: Dass es innerhalb der EU möglich sei, ohne gültigen Pass zu reisen, stelle die Ausnahme dar und nicht die Regel, betonte das Amtsgericht.

Schlachten von Freilandrindern

Wagyu-Züchter dürfen zwei Rinder durch Kugelschuss auf der Weide töten

Einmal mehr musste sich die Justiz mit der Frage "Kugelschuss oder Bolzenschuss?" befassen. Nebenerwerbslandwirte, die ihre Wagyu-Rinder ganzjährig im Freien halten, hatten 2021 vom Landkreis die Erlaubnis erhalten, zwei Rinder mit Kugelschuss auf der Weide zu töten. Ein Jahr später beantragten sie erneut eine Genehmigung, die der Landkreis jedoch diesmal mit Verweis auf Sicherheitsrisiken ablehnte.

Nur wenn das Schlachten im Standardverfahren mit Bolzenschuss Mensch oder Tier gefährde, dürfe ausnahmsweise der Kugelschuss angewandt werden, lautete die Auskunft. Doch die Rinderzüchter verfolgten ihr Anliegen weiter und bekamen vom Verwaltungsgericht (VG) Koblenz Recht (3 K 39/23.KO).

Rinder, die ganzjährig im Freien weideten, dürften durch Kugelschuss auf der Weide getötet werden, erklärte das VG. Die Ansicht des Landkreises, der Bolzenschuss sei generell dem Kugelschuss vorzuziehen, gehe fehl: Bei Freilandrindern sei vielmehr der Kugelschuss als das Regelverfahren anzusehen. Korrekt angewendet, sei diese Schlachtmethode nämlich mit weniger Schmerz und Stress für die Tiere verbunden.

Beim Bolzenschuss müsse man das Rind fixieren und ruhigstellen — das sei für Freilandrinder extrem belastend. Zudem bestehe bei dieser Methode stets die Gefahr einer fehlerhaften Betäubung. Daher dürfe der Landkreis die Erlaubnis für den Kugelschuss nicht verweigern, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür im Prinzip vorlägen. Das sei hier der Fall: Die Rinder würden ganzjährig im Freien gehalten und der Züchter verfüge über den nötigen Sachkundenachweis.

Kein Geld vom Jobcenter für einen Hund

Tierhaltung gehört nicht zum Existenzminimum, das der Sozialstaat finanzieren muss

Schon seit vielen Jahren bezieht der arbeitslose Antragsteller Hartz-IV-Leistungen (jetzt: Bürgergeld). Beim Jobcenter beantragte er 2.000 Euro extra, weil er sich einen Hund anschaffen wollte, und zusätzlich 200 Euro im Monat für die Unterhaltskosten des Tieres. Da ihm das Jobcenter dafür kein Geld bewilligte, zog der Mann vor Gericht.

Ein Hund könne ihm Familie ersetzen und soziale Kontakte ermöglichen, so begründete der Hilfeempfänger seine Klage auf Kostenübernahme. Er brauche nach der Corona-Pandemie einen Begleiter als Hilfe, um die "schweren Folgen sozialer und finanzieller Isolation" auszugleichen. So ein Hund sorge zudem für eine "feste Tagesstruktur".

Die Klage scheiterte beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 9 AS 2274/22). Der Wunsch nach einem Tier begründe keinen Anspruch auf höhere Sozialleistungen, erklärte das LSG: Hundehaltung sei kein Bestandteil des Existenzminimums, das der Sozialstaat für Hilfsbedürftige gewährleisten müsse. Das Sozialgesetzbuch sehe keinen Mehrbedarf für Tierhaltung vor — es sei denn, es handle sich um einen ärztlich verschriebenen Therapiehund.

Der Langzeitarbeitslose habe sich aber bewusst nicht an seine Krankenkasse gewandt. Denn er benötige nach seiner eigenen Aussage keine "medizinische" Leistung, sondern einen "Begleithund" als Unterstützung bei Sozialkontakten. Soziale Kontakte könne er in seinem Wohnumfeld aber auch ohne Hund pflegen — zu Hundebesitzern und zu anderen Personen.

Trotz der corona-bedingten Isolationsvorschriften befinde sich der Hilfeempfänger auch nicht in einer außergewöhnlichen Lebenssituation, die er ohne Hund nicht bewältigen könne. Gesundheit und Leben seien nicht gefährdet.

Medizinische Beratung zum Reiserücktritt

Bietet eine Versicherung Kunden so einen Service an, ist der ärztliche Rat für sie verbindlich

Eine Münchnerin hatte für sich und ihre Freundin S eine kurze Pauschalreise nach Ibiza gebucht und für beide eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Kurz vor der Reise wurde bei ihr ein Knoten in der Schilddrüse festgestellt. Erst für den Tag vor dem Hinflug konnte sie einen Arzttermin zur weiteren Abklärung des Befunds bekommen.

Die Reiserücktrittsversicherung bot als Service eine medizinische Stornoberatung an: "Wir unterstützen Sie bei der Entscheidung, ob und wann sie ihre Reise stornieren sollten", versprach das Unternehmen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Bei diesem Beratungsservice rief nun Frau S an und erhielt von einer Ärztin den Rat, den Ibiza-Urlaub sofort zu stornieren. Daran hielten sich die Freundinnen.

Zu ihrem Erstaunen weigerte sich jedoch das Versicherungsunternehmen, die vom Reiseveranstalter berechneten Stornokosten zu ersetzen. Begründung: Eine "unerwartete schwere Erkrankung" im Sinne der Versicherungsbedingungen habe nicht vorgelegen. Die Stornoberatung gebe nur Empfehlungen zum Zeitpunkt des Reiserücktritts, treffe aber keine Aussage dazu, ob ein "versichertes Ereignis" vorliege (sprich: eine "unerwartete schwere Erkrankung").

Frau S verklagte das Unternehmen auf Zahlung und bekam vom Amtsgericht München Recht (122 C 7243/22). Dass es die Versicherung ablehne, die Stornokosten zu übernehmen, widerspreche eklatant ihren eigenen AVB, stellte das Gericht fest. Da stehe klipp und klar: Wenn die Stornoberaterin empfehle, eine Reise zu stornieren, seien Versicherungsnehmer verpflichtet, dies unverzüglich zu tun.

Zudem empfehle die Versicherung den Kunden, den Beratungsservice bei "Unsicherheit über das Eintreten des Versicherungsfalls" zu kontaktieren. Also gehe es bei der Beratung in erster Linie darum zu klären, "ob" sie stornieren sollten — und nicht nur um das "wann". Ansonsten wäre ja auch eine Rücksprache mit Medizinern überflüssig.

Wenn eine Reiserücktrittsversicherung so einen Service anbiete, müsse sie sich die Auskünfte der Mediziner an ihrem Servicetelefon auch zurechnen lassen. Gemäß den AVB dürften die Kunden jedenfalls darauf vertrauen, dass die ärztliche Empfehlung verbindlich sei. Könnte die Ärztin — anders als in den AVB behauptet — keine Aussage dazu treffen, ob ein Grund für eine Stornierung gegeben sei, dann müsste sie die Versicherungsnehmer darauf beim Beratungsgespräch hinweisen.

Kanada-Flug: Economy statt Business Class

Darf der Kunde wegen des Reiseveranstalter-Fehlers kostenlos von der Reise zurücktreten?

Im September 2022 wollte Herr X mit seiner Frau eine einwöchige Rundreise im Osten Kanadas unternehmen. Sie kostete für das Paar rund 9.500 Euro. Um besonders komfortabel zu fliegen, hatte Herr X mit dem Reiseveranstalter vereinbart, für den Direktflug von Frankfurt nach Toronto sollten Business-Class-Plätze gebucht werden. Das kostete zusätzlich ca. 3.000 Euro pro Person.

Im August erhielt das Ehepaar die Reiseunterlagen mit den Abflugzeiten. Darin war eine Grenze von 23 kg pro Person für "Freigepäck" angegeben. Das machte Herrn X nicht stutzig: Erst beim Online-Check-In am Tag vor dem Abflug stellte er fest, dass eine Mitarbeiterin des Reiseveranstalters versehentlich Economy-Flüge gebucht hatte.

Als er den Veranstalter anrief und sich beschwerte, bot ihm das Unternehmen sofort an, den Aufpreis für die Business-Class-Plätze zurückzuzahlen: Anders könne man den Fehler leider nicht mehr "ausbügeln", lautete die Auskunft, denn die Business-Class sei ausgebucht. Doch darauf ließ sich der Kunde nicht ein: Er trat von der Reise zurück und verlangte den gesamten Reisepreis zurück.

Da der Reiseveranstalter nur 7.000 Euro erstattete, zog Herr X vor Gericht und verlangte weitere 4.800 Euro. Zu Recht, entschied das Landgericht Frankfurt (2-24 O 96/22). Das "Downgrade" auf die Economy-Class verändere eine wesentliche Reiseleistung und rechtfertige hier einen Reiserücktritt. Allgemein gelte zwar: Bei einer Pauschalreise sei der Aufenthalt am Reiseziel wichtiger als der Transport zum Reiseziel. Und die Rundreise in Kanada hätte uneingeschränkt stattfinden können.

Doch im konkreten Fall sei die normalerweise nur "dienende Funktion" des Transports anders zu bewerten. Denn die Kanadareise habe nur acht Tage dauern sollen, so dass An- und Abreise bereits rund ein Viertel der Reisezeit ausmachten. Das Downgrade hätte daher den Erholungszweck der Reise erheblich beeinträchtigt: Das habe der Kunde nicht akzeptieren müssen. Zudem sei allein der Aufpreis für die Business-Class so hoch gewesen wie der Preis von 70 Prozent der Reiseleistungen pro Person.

Den Reisenden sei auch kein Mitverschulden vorzuwerfen, weil sie die Reiseunterlagen nicht aufmerksam genug gelesen und deshalb den Fehler nicht früher bemerkt hätten. Nur Reise-Profis hätten schon an der angegebenen Obergrenze für das Freigepäck erkannt, dass Economy-Class gebucht worden war. Laien wüssten nicht, dass die Grenze von 23 kg nur in der Economy-Class gelte.

Nerviges Ping-Pong

Anwohnerklage bleibt erfolglos: Auf einem Spielplatz ist Tischtennisspielen erlaubt

Mitten in einem Dorfgebiet liegt der Spielplatz, der einer Anwohnerin Kummer bereitet. In erster Linie ist es das Klack-Klack der Tischtennisbälle, das die benachbarte Hauseigentümerin stört. Vergeblich verlangte sie von der Gemeinde, die Tischtennisplatte zu entfernen. Auch einer Klage war kein Erfolg beschieden.

Lärm auf Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen sei von den Anwohnern hinzunehmen und stelle keine "relevante Störung" dar, entschied das Verwaltungsgericht Trier (9 K 1721/23). Das gelte erst recht, wenn der Spielplatz nicht in einem reinen Wohngebiet liege. Auf einem Spielplatz sollten sich Kinder bis 14 Jahren richtig austoben — dafür sei er gedacht.

Eine Tischtennisplatte ergänze dieses Angebot und solle es den Kindern ebenfalls ermöglichen, ihr ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewegung auszuleben. Die Kommune sei daher nicht verpflichtet, das Spielgerät zu entfernen. Auf einem Spielplatz gehe es naturgemäß laut zu. Da ragten einige Anfeuerungsrufe und das unregelmäßige Geräusch der Tischtennisbälle nicht sonderlich heraus. Auch sie seien daher von den Nachbarn zu dulden.

Anders sei es zu bewerten, wenn hier Jugendliche oder Erwachsene außerhalb der festgelegten Öffnungszeiten spielten. Dafür habe die Gemeinde den Spielplatz und die Tischtennisplatte nicht aufgebaut — diese Störung sei ihr deshalb auch nicht zuzurechnen. Wenn so eine Störung auftrete, müsse sich die Anwohnerin an die Polizei und nicht an die Gemeinde wenden.

Flug-Handgepäck nur begrenzt kostenfrei

Kurzartikel

Eine Fluggesellschaft kann die kostenfreie Mitnahme von Handgepäck beschränken auf Gepäckstücke einer gewissen Größe (hier: 40 cm x 30 cm x 25 cm). Für das Befördern von Handgepäck dürfen Flugunternehmen prinzipiell keinen Aufpreis verlangen, wenn Gewicht und Größe vernünftigen Anforderungen entsprechen. Das ist hier aber der Fall: Die von der Airline vorgegebenen Maße sind so angemessen, dass sie nicht dazu führen, dass Passagiere praktisch immer Zuschlag für Gepäck zahlen müssen.

Regenzeit stellt keinen Reisemangel dar

Urlauberin wollte wegen des schlechten Wetters in Ecuador den Reisepreis mindern

Bei einem Reiseveranstalter hatte Frau T für sich und ihren Partner eine Rundreise durch Ecuador gebucht. Für die Pauschalreise im Dezember 2021 zahlte das Paar rund 18.000 Euro. Doch die Traumreise wurde vor allem wegen des schlechten Wetters zum Flop. Nach der Rückkehr verlangte Frau T vom Reiseveranstalter 6.000 Euro zurück: Ihr stehe wegen diverser Reisemängel eine Minderung des Reisepreises zu, fand die Kundin.

Und ihre Mängelliste war lang: Im Dezember herrsche in Ecuador Regenzeit. Deshalb habe man vom (laut Prospekt) "traumhaft schönen Kratersee" bei der Rundwanderung wegen Nebels nichts gesehen. Auch bei der Fahrt durch die Westkordilleren — Aussicht Fehlanzeige. Zwei Tage habe die Gruppe den Amazonas-Dschungel durchquert, bei starkem Regen habe sich aber kein Tier blicken lassen.

Der Programmpunkt "Besuch einer Fledermaushöhle" sei wegen Überflutung gestrichen worden, auch ein anderer Tagesausflug sei ausgefallen. In einem Hotel habe es kein warmes Wasser gegeben. Bei der mehrtägigen Fahrt auf einem Katamaran sei ein defekter Generator so laut gewesen, dass man nachts nicht habe schlafen können.

Das Landgericht Frankfurt gestand der Frau nur 800 Euro zu (2-24 O 102/22). Für die Wetterbedingungen sei der Reiseveranstalter nicht verantwortlich, betonte das Landgericht: Sie stellten keinen Reisemangel dar. Entgegen der Ansicht von Frau T sei das Unternehmen auch nicht dazu verpflichtet, Reisende darüber zu informieren, dass im Dezember in Ecuador Regenzeit sei. Vielleicht zähle das nicht zum Allgemeinwissen, es sei aber durch eine einfache Internetrecherche leicht herauszufinden.

Der Ausfall einiger Ausflüge, die fehlende Warmwasserversorgung in einem Hotel und die Lärmbelästigung auf dem Katamaran seien dagegen als Mängel der Pauschalreise einzustufen, so das Landgericht. Aus diesem Grund sei der Tagesreisepreis für die betroffenen Reisetage zu mindern. Insgesamt müsse der Reiseveranstalter der Kundin 800 Euro zurückzahlen. (Frau T hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)