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Beim Schnorchelausflug ins Wasser gefallen

Rutscht eine Urlauberin auf einem nassen Bootsrand aus, haftet dafür nicht der Reiseveranstalter

Zum Schnäppchenpreis von 12.604 Euro gönnte sich Ehepaar S vom 18.1. bis 9.2.2020 eine Pauschalreise auf die Insel Mauritius. Als im Hotelzimmer eine Flasche Rum zerbrach, ärgerten sich die Urlauber darüber, dass das Zimmer vom Hotelpersonal nicht sofort gereinigt wurde. Dann wurde Frau S von einer Wespe gestochen. Ihr Gatte entdeckte ein Wespennest in einem Baum neben der Terrasse der Hotelbar. Es wurde vom Hotelpersonal entfernt.

Dann aber kam es noch schlimmer: Bei einem Schnorchelausflug startete das Boot am hoteleigenen Strand, der Guide war beim Einsteigen behilflich. Nach dem Ausflug legte das Boot rückwärts am Strand an und der Guide sprang in den Sand. Frau S wollte ohne seine Hilfe seitlich aussteigen. Sie rutschte auf dem Bootsrand aus, fiel ins etwa 30 Zentimeter tiefe Wasser und verletzte sich an der Hand, mit der sie sich am Grund abstützen wollte.

Die Eheleute beanstandeten schon im Hotel diese "Reisemängel" und verlangten später vom Reiseveranstalter Rückzahlung des Reisepreises und 6.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht Köln konnte jedoch keine Reisemängel erkennen und wies die Klage ab (32 O 334/20). Eine eventuell verspätete Zimmerreinigung nach dem Bruch einer Flasche sei höchstens eine kleine Unannehmlichkeit, die den Erholungswert der Reise nicht beeinträchtige.

Dass Frau S einen Wespenstich habe erleiden müssen, sei bedauerlich, stelle aber keinen Reisemangel dar. Dabei habe sich nur das überall gegenwärtige, allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, dass man von Insekten gestochen werden könne. Ob die "schuldige" Wespe aus dem Nest neben der hoteleigenen Brasserie stammte, stehe ohnehin nicht fest. Und auch der Unfall von Frau S am Ende der Schnorchel-Tour sei nicht dem Reiseveranstalter zuzurechnen.

Bei sportlichen Aktivitäten auf dem Wasser gehe es nass zu, das sei schon aufgrund der Bewegungen des Bootes naheliegend. Obendrein kämen die Passagiere nach dem Schnorcheln nass wieder zurück aufs Boot. Auf einem nassen Bootsrand auszurutschen, gehöre zum privaten Unfallrisiko. Diese Gefahr habe nicht nur der Bootsführer gekannt, sondern sei auch für alle Ausflügler leicht erkennbar gewesen. Darauf hätten sich alle Urlauber einstellen können. Vernünftig wäre es gewesen, Frau S hätte sich auch beim Aussteigen helfen lassen.

Flugverspätung: Flieger musste enteist werden

Ist das im Winter in Minneapolis immer notwendig, liegt kein "außergewöhnlicher Umstand" vor

Herr W hatte für den 5. Dezember 2021 einen Flug von Minneapolis in den USA über Amsterdam nach Düsseldorf gebucht. In Düsseldorf kam der Passagier mit einer Verspätung von fast vier Stunden an. Am Startflughafen war das Flugzeug vor dem Start enteist worden. Es startete verspätet, dadurch verpasste Herr W in Amsterdam seinen Anschlussflug.

Vom Flugunternehmen forderte er deshalb eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung (600 Euro für einen Langstreckenflug). Die stehe ihm wegen der Verspätung von über drei Stunden zu.

Die Fluggesellschaft sah das anders: Hier hätten "außergewöhnliche Umstände" vorgelegen, die sie von der Pflicht befreiten, die Passagiere zu entschädigen. Es habe eben bei der notwendigen Enteisung der Maschine Verzögerungen auf dem Flughafen gegeben.

Das Amtsgericht Düsseldorf entschied den Streit zu Gunsten des Fluggastes (37 C 119/22). Fluggesellschaften seien für die Sicherheit ihrer Maschinen verantwortlich und damit auch für die Enteisung im Winter. Organisationsfehler des Flughafens Minneapolis wären daher der Fluggesellschaft zuzurechnen. Ob die Verspätung tatsächlich auf langsame Abläufe an der Enteisungsanlage zurückzuführen sei, könne hier aber offen bleiben.

Auf "außergewöhnliche Umstände" könne sich die Airline schon deshalb nicht berufen, weil sie die Enteisungszeit im Flugplan nicht berücksichtigt habe. Dabei sei eine Enteisung — nach ihrem eigenen Vortrag — bei winterlichen Starts am Flughafen von Minneapolis immer erforderlich, weil es dort regelmäßig schneie. Das dauere 30 bis 90 Minuten und müsse mit den Passagieren an Bord direkt vor dem Start durchgeführt werden.

Wenn ein Vorgang vor dem Abflug regelmäßig und zwingend durchgeführt werden müsse und dies im Durchschnitt 60 Minuten dauere, müsse das Flugunternehmen diese Zeit im Flugplan einkalkulieren. Eine so verursachte Verspätung sei jedenfalls nicht als "außergewöhnlicher Umstand" anzusehen, für den die Airline nicht verantwortlich sei.

Tierschutzverein stellt Zuchtbetrieb an den Pranger

Wer Unternehmer der Tierquälerei beschuldigt, muss ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben

Ein Tierschutzverein berichtete auf seinem Online-Presseportal über "Tierquälerei", "schockierende Zustände" und "tierschutzwidrige Nottötungen" in einem Kaninchenzuchtbetrieb. In dem Bericht wurden der Firmenname, der Standort des Betriebs und die gezüchtete Kaninchenrasse genannt. Vor der Publikation des Berichts hatten die Autoren die Gesellschafter des Zuchtbetriebs nicht angehört oder mit den Vorwürfen konfrontiert.

Die Kaninchenzüchter erreichten beim Landgericht ein vorläufiges Verbot: Solange die Vorwürfe nicht bewiesen seien, dürften der Tierschutzverein und dessen Vorsitzender über den Zuchtbetrieb nicht in einer Weise berichten, die es erlaube, den Betrieb zu identifizieren. Gegen das Verbot wehrte sich der Verein. Die Kaninchenzüchter müssten schon wegen des großen öffentlichen Interesses am Tierschutz wahrheitsgemäße Berichterstattung hinnehmen, argumentierten die Tierschützer.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart pochte jedoch auf die journalistische Sorgfaltspflicht (4 U 144/22). Daran müsse sich auch der Tierschutzverein halten, der für sich das Grundrecht der Pressefreiheit in Anspruch nehme — zumal der Vereinsvorsitzende selbst Journalist sei. Beim Hauptvorwurf der tierschutzwidrigen Tötung gehe es nicht um einen sicher feststehenden Sachverhalt, betonte das OLG, sondern um den bloßen Verdacht, dass eine Straftat vorliegen könnte.

Selbstverständlich gehöre es zu den Aufgaben der Medien, Fehlverhalten aufzuzeigen. Wenn es sich allerdings nur um einen Verdacht handle, müssten Journalisten besonders sorgsam vorgehen. Der Vorwurf einer Straftat wiege schwer und greife die persönliche Ehre der Beschuldigten an. Daher hätten die Tierschützer vor einer Veröffentlichung zumindest eine Stellungnahme der Unternehmer einholen müssen.

Wenn "Verdachtsberichterstattung" ermögliche, die Beschuldigten zu identifizieren, stelle dies einen rechtswidrigen Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar - wenn man ihnen nicht zugleich die Möglichkeit einräume, die Vorwürfe zu widerlegen. Das gelte auch für die Kritik an Unternehmen.

Außerplanmäßige Flugzeug-Inspektion erforderlich

Ist die Hälfte aller Maschinen betroffen, kann eine Airline Flugverspätungen nicht vermeiden

Im Oktober 2019 war ein Flug von Zürich nach Stuttgart mit Airbus A220 annulliert worden. Hintergrund: An diesem Tag war bei so einer Maschine der Fluggesellschaft das Triebwerk ausgefallen. Einige Wochen vorher hatte bereits die amerikanische Luftfahrtbehörde angeordnet, wegen technischer Probleme an den Triebwerken des Airbus A220 nach bestimmten Flugzyklen die Maschinen dieses Typs einer Inspektion zu unterziehen.

Passagiere, die den annullierten Flug nach Stuttgart gebucht hatten und mit einem Ersatzflug fast acht Stunden später dort landeten, verlangten vom Flugunternehmen eine Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung ab: Das für die Sicherheit wesentliche technische Problem habe eine Vielzahl ihrer Maschinen betroffen. Daher habe sie den Flug annullieren müssen. Für so einen Fall könne kein Flugunternehmen genügend Ersatzmaschinen vorhalten.

So sah es auch der Bundesgerichtshof: Er wies die Klage auf Ausgleichszahlung ab (X ZR 117/21). Die Flugannullierung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die für die Fluggesellschaft nicht beherrschbar gewesen seien, so die Bundesrichter. Mit technischen Defekten einzelner Maschinen müssten Flugunternehmen immer rechnen, das gehöre zu ihrer normalen Tätigkeit.

Ein außergewöhnlicher und nicht beherrschbarer Umstand — der sie von der Pflicht befreie, die Passagiere zu entschädigen — könne aber vorliegen, wenn ein wesentlicher Teil der Flugzeugflotte betroffen sei. Und so liege der Fall hier. Am fraglichen Tag habe die Airline alle ihre Flugzeuge vom Typ Airbus A220 und damit rund die Hälfte ihrer Kurz- und Mittelstreckenmaschinen wegen des Triebwerkausfalls einer außerplanmäßigen Inspektion unterzogen.

Dies sei notwendig gewesen, um technische Defekte der Maschinen dieses Typs und damit ein hohes Risiko für Fluggäste auszuschließen. In so einem Fall müsse das Flugunternehmen Störungen des Flugbetriebs in Kauf nehmen: Sicherheit sei unter diesen Umständen wichtiger, als Verspätungen und Annullierungen von Flügen zu verhindern. Daher stehe den Passagieren keine Ausgleichszahlung zu.

Landwirt kämpft um Schießerlaubnis

Der Rinderzüchter und Jäger will seine Tiere "stressarm" selbst töten und schlachten

Ein Rinderhalter aus Niedersachsen beantragte bei der Waffenbehörde eine Schießerlaubnis, weil er die Tiere selbst mit Kugelschuss töten und schlachten wollte. Als Jäger hat er zwar sowieso Waffen und einen Waffenschein. Um seine eigenen Rinder auf der Weide erschießen zu dürfen, benötigt er aber laut Waffengesetz eine Extra-Genehmigung.

Die Waffenbehörde lehnte den Antrag ab und gab sich auch nach einem für den Jäger günstigen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht geschlagen: Da seien die Belange der öffentlichen Sicherheit nicht berücksichtigt worden, wandte die Behörde ein, z.B. die Gefahr von Querschlägern. Überhaupt sollten so "wenig Waffen wie möglich" im Volk unterwegs sein und ihr Gebrauch auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

Gefahren für Dritte könne die Waffenbehörde mit genauen Auflagen für die Schussabgabe vorbeugen, erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg: Sie könne diese konkret vorgeben (11 LA 133/22). Hier gehe es nicht um das Anliegen des Gesetzgebers, den Waffengebrauch möglichst einzuschränken. Als Inhaber eines Jagdscheins besitze der Rinderhalter ohnehin ganz legal Schusswaffen und Munition. Es gebe keinen vernünftigen Grund, ihm die Schießerlaubnis zu verweigern.

Dass die Behörde abstreite, dass hier ein anzuerkennendes Interesse an der Genehmigung bestehe, sei nicht nachvollziehbar. Der Landwirt habe vor Gericht anschaulich geschildert, dass die meisten Tiere seiner Herde, die er das ganze Jahr über im Freien halte, sehr scheu seien. Sie würden sich nur mit sehr großem Widerstand einpferchen oder transportieren lassen.

Der Rinderhalter wolle die Tiere möglichst stressfrei töten und das sei mit einem Kopfschuss, der sie auf der Weide unvermittelt treffe, am besten zu erreichen. Dass der Tierhalter als Landwirt, der das Fleisch seiner Rinder ausdrücklich mit dem Argument bewerbe, diese würden "stressarm geschlachtet", ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran habe, eine Schießerlaubnis zu bekommen, liege auf der Hand.

Fitnessstudio ist nicht steuerlich absetzbar

Mitglieder zahlen ihre Beiträge auch für nicht ärztlich verordnete Leistungen des Studios

Wegen ihrer Rückenprobleme hatte der Hausarzt einer Patientin 2018 Wassergymnastik verordnet. Einschlägige Kurse bot das Fitnessstudio an, in dem die Frau Mitglied war. Bei ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 wollte sie die Mitgliedsbeiträge für das Studio als außergewöhnliche Belastung geltend machen.

Doch das Finanzamt lehnte es ab, die Beiträge vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen. Dagegen wehrte sich die Steuerzahlerin, scheiterte aber mit ihrer Klage beim Finanzgericht Niedersachsen (9 K 17/21). Als "außergewöhnliche Belastung" würden nur Heilbehandlungskosten anerkannt, die der/die Steuerpflichtige "zwangsläufig" tragen müsse, so das Finanzgericht.

Mit den Mitgliedsbeiträgen fürs Fitnessstudio bezahlten die Mitglieder jedoch auch Leistungen des Studios, die mit den ärztlich verordneten Kursen überhaupt nicht zusammenhängen: z.B. die Sauna oder die Nutzung des Schwimmbades für nicht ärztlich verordnete Aqua-Fitnesskurse. Solche Leistungen würden nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Personen in Anspruch genommen.

Unerheblich sei, ob die Steuerzahlerin die Sauna tatsächlich nutze oder nicht: Jedenfalls seien ihre Aufwendungen für das Fitnessstudio nicht (oder zumindest nicht vollständig) als zwangsläufige Heilbehandlungskosten einzustufen. Daher stellten sie auch keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes dar.

Lockdown auf Gran Canaria

Pauschalurlauber können wegen Corona-Einschränkungen den Reisepreis mindern

Ein verbraucherfreundliches Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema Corona und Reisemangel: Für März 2020 hatten Eheleute eine zweiwöchige Pauschalreise auf die Kanarischen Inseln gebucht. Zwei Tage nach ihrer Ankunft ordneten die spanischen Behörden wegen der Corona-Pandemie eine Ausgangssperre an. Strände, Pools und andere Angebote der Ferienanlagen auf Gran Canaria wurden gesperrt.

Die Urlauber mussten einige Tage auf ihren Zimmern bleiben, wurden anschließend nach Deutschland zurückgeflogen. Vom Reiseunternehmen verlangten sie eine Minderung des Reisepreises um 70 Prozent. Der Reiseveranstalter wies die Forderung zurück: Der Urlaub sei an staatlichen Corona-Auflagen gescheitert, für so ein "allgemeines Lebensrisiko" müsse er nicht einstehen.

Das Landgericht München I reichte den Rechtsstreit an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter: Er sollte die EU-Pauschalreiserichtlinie auslegen und entscheiden, ob pandemiebedingte Schließungen einen Reisemangel darstellen. Wenn eine Pauschalreise durch staatliche Corona-Maßnahmen beeinträchtigt werde, könnten die Reisenden den Reisepreis mindern, erklärte der EuGH (C-396/21).

Das gelte, obwohl Reiseveranstalter für eine derartige "Störung" nicht verantwortlich seien. Reiseveranstalter müssten nämlich unabhängig von eigenem Verschulden für vertragswidrige, mangelhafte Reiseleistungen haften. Von der Haftung seien Reiseunternehmen nur befreit, wenn ein Reisemangel den Urlaubern selbst zuzurechnen sei.

Dass wegen der Pandemie auch am Wohnort der Urlauber und in vielen anderen Ländern Ausgangssperren und weitere Einschränkungen angeordnet wurden, spiele bei der Haftung keine Rolle. Eine Pandemie stelle trotzdem kein allgemeines Lebensrisiko dar, sondern einen außergewöhnlichen Umstand wie z.B. eine Naturkatastrophe oder unerwartete Kriegshandlungen am Urlaubsort.

Das Landgericht München I muss nun das "Leistungsspektrum" der Gran-Canaria-Reise prüfen und danach entscheiden, welche Preisminderung den beeinträchtigten bzw. ausgefallenen Reiseleistungen entspricht.

Vom Hund ins Ohr gebissen

"Streicheln" begründet kein Mitverschulden am Hundebiss, wenn die Verletzte mit dem Tier vertraut war

Eine junge Frau besuchte ihre Freundin, man plauderte in der Küche. Ein Rottweiler-Rüde saß dabei, der dem Bruder der Freundin gehörte. Die Besucherin war mit dem Hund sehr vertraut, hatte schon oft mit ihm gespielt und gekuschelt. Doch als sie sich diesmal zu ihm hinunterbeugte und ihn am Kopf streichelte, schnappte der Rottweiler nach ihr und biss sie ins linke Ohr.

Die Wunde musste mit vielen Stichen genäht werden. Die Frau war über eine Woche arbeitsunfähig und klagt über anhaltende Schmerzen. Vom Tierhalter verlangte sie Entschädigung, doch der schob die Schuld auf die Verletzte: Sie habe den Hundebiss provoziert, weil sie den Hund beim Fressen gestört habe.

Das Landgericht Frankenthal konnte dagegen kein Verschulden der Frau erkennen und sprach ihr 4.000 Euro Schmerzensgeld zu (9 O 42/21). Grundsätzlich hafteten Tierhalter unabhängig von eigenem Verschulden für die Folgen, wenn ihr Haustier jemanden verletze (es sei denn, das Haustier werde beruflich eingesetzt, was hier nicht zutreffe).

Eigenes Fehlverhalten müsste sich die Verletzte zwar als Mitverschulden anspruchsmindernd anrechnen lassen. Es stelle aber kein falsches Verhalten oder gar eine Provokation des Hundes vor, wenn man ihn streichle oder umarme. Das gelte zumindest dann, wenn eine Bekannte - wie hier - das Tier lange und gut kenne und wenn der Hund ihr gegenüber noch nie aggressives Verhalten an den Tag legte.

Alter Nagel im Huf

Dressurpferd lahmte nach dem Beschlagen durch den Hufschmied

Ein Gestüt für Vielseitigkeitssport hatte den Hufschmied bestellt, um vier Pferde frisch zu beschlagen. Nach dieser Prozedur wurde das Dressurpferd D sofort in die Box zurückgeführt. Am späten Nachmittag reinigte ein Mitarbeiter D’s Hufe und sattelte das Tier. Ein Mitglied der Geschäftsleitung unternahm mit dem Pferd einen leichten Ausritt von ungefähr einer halben Stunde.

Am nächsten Morgen wurde das Tier am Stallboden liegend vorgefunden: D konnte das vordere rechte Bein nicht mehr belasten. Ein Mitarbeiter untersuchte das Bein und entdeckte im Hufstrahl einen alten, ungefähr 3,5 Zentimeter langen Nagel, den er entfernte. Anschließend wurde die Verletzung in einer Pferdeklinik behandelt.

Die Inhaberin des Gestüts veranschlagte die Kosten auf 33.700 Euro und verlangte dafür vom Hufschmied Schadenersatz: Bevor er das Dressurpferd beschlagen habe, habe es nie Probleme mit den Hufen gehabt. Für die Verletzung sei der Hufschmied verantwortlich, weil er so schlampig arbeite. Offenbar habe er Nägel auf den Boden fallen und dort liegen lassen. Andernfalls hätte D nicht auf einen Nagel treten können.

Das Landgericht Koblenz wies die Klage der Pferdebesitzerin ab (3 O 80/21). Sie behaupte, D sei beim Beschlagen der Hufe in den alten Nagel getreten, der sich in den Hufstrahl gebohrt habe. Ein Verschulden des Hufschmieds sei jedoch nicht bewiesen, so das Landgericht, vielmehr gebe es daran begründete Zweifel. Denn zwischen dem Beschlagen und dem Ausritt am Nachmittag habe ein Gestütsmitarbeiter die Hufe des Tieres ausgekratzt. Ihm hätte der Nagel auffallen müssen.

Daher stehe nicht mit Sicherheit fest, dass sich das Dressurpferd schon vor dem Ausritt verletzt habe. Dass der "unordentliche Arbeitsplatz" bzw. die schlampige Arbeitsweise des Hufschmieds die Verletzung verursacht habe, sei möglich. Dass sich D den Nagel anderswo auf dem Gestüt oder auf dem Gelände eingetreten habe, sei aber ebenso wahrscheinlich. Da die Verantwortung des Hufschmieds nicht zweifelsfrei erwiesen sei, müsse er für die Behandlungskosten nicht haften.

Das gebuchte Hotel war geschlossen

Ersatzunterkunft: Dürfen Kunden deswegen eine Pauschalreise kostenlos stornieren?

Im Februar 2020 hatte Herr L für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Mallorca gebucht, die im Juli stattfinden sollte. Anfang Juni trat er vom Reisevertrag zurück und begründete dies mit den Risiken der Corona-Pandemie: Sogar das von ihm im Katalog ausgewählte Hotel sei geschlossen. Der Reiseveranstalter berechnete dem Kunden Stornokosten in Höhe von 25 Prozent des Reisepreises (886 Euro).

Zunächst hatte Herr L mit seiner Klage auf Rückzahlung der Stornogebühr Erfolg. Amtsgericht und Landgericht Düsseldorf argumentierten so: Allein die Tatsache, dass das gebuchte Hotel im Reisezeitraum pandemiebedingt nicht geöffnet gewesen sei, was sich im Juni bereits abzeichnete, hätte die Reise so erheblich beeinträchtigt, dass L kostenlos stornieren dürfe.

Da hätten es sich die Vorinstanzen etwas zu einfach gemacht, fand dagegen der Bundesgerichtshof: So könne man den Anspruch des Reiseunternehmens auf Stornogebühr nicht verneinen (X ZR 84/21). Richtig sei: Kunden könnten nur kostenlos stornieren, wenn außergewöhnliche Umstände absehbar eine Pauschalreise erheblich beeinträchtigten. Möglicherweise traf dies aufgrund der Pandemie sogar zu — zum konkreten Infektionsrisiko auf Mallorca im Juli 2020 habe Herr L jedoch nichts vorgetragen.

Es stehe nicht einmal fest, ob das gebuchte Hotel wegen der Pandemie geschlossen war. Anders als die Vorinstanzen angenommen hätten, stelle die Schließung für sich genommen auch keine erhebliche Beeinträchtigung dar, aufgrund derer Kunden kostenlos stornieren könnten. Unter Umständen sei es als Reisemangel anzusehen, wenn der Reiseveranstalter Urlaubern eine Ersatzunterkunft am gleichen Ort zuweise, die nicht gleichwertig sei.

Eine schlechtere Reiseleistung berechtige Kunden nicht zum kostenlosen Reiserücktritt, wohl aber zur Minderung des Reisepreises. Wann sei eine Ersatzunterkunft als schlechtere Reiseleistung einzustufen? Da spiele die Kategorie des Hotels eine Rolle, die konkrete Lage sowie Art und Umfang der Hotelleistungen. Eventuell auch ein besonderes, für die Unterkunft spezifisches Ambiente, wenn es für die Auswahl des Kunden wichtig war und im Katalog oder auf der Webseite des Reiseunternehmens besonders hervorgehoben wurde.

Im konkreten Fall habe der Reiseveranstalter Herrn L angeboten, die Familie in derselben Ferienanlage, aber in einem Hotel höherer Kategorie unterzubringen. Das sei eher als "Up-date" denn als Reisemangel zu bewerten.

Der Fall werde an die Vorinstanz zurückverwiesen, um zu klären, ob die Mallorca-Reise wegen der Pandemie erheblich beeinträchtigt gewesen wäre. Nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts sei dies nämlich nicht zu beurteilen.

"American Bully" zählt zu den gefährlichen Hunden

Hundehalter wehrt sich erfolglos gegen Anordnungen des Berliner Veterinäramts

Mittelpunkt dieses Streits ist eine Hündin, in deren Impfbuch steht, sie gehöre der Rasse "American Bully" an. Diese Rassebezeichnung ist nämlich auf der Berliner Liste gefährlicher Hunde nicht aufgeführt. Trotzdem verlangte das Veterinäramt Spandau vom Hundehalter, sein Tier entweder als gefährlichen Hund im Sinne des Berliner Hundegesetzes anzuzeigen oder ein Rassegutachten vorzulegen, das das Gegenteil belegen könne.

Hintergrund: Auf der Liste gefährlicher Hunde stehen in erster Linie Kampfhunde, Rassen wie z.B. der American Staffordshire Terrier, der Bullterrier, der Rottweiler und Kreuzungen solcher Hunderassen. Derartige Hunde zu halten, ist häufig mit Auflagen wie Leinenzwang und/oder Maulkorbpflicht verbunden. Bezogen auf den Hundehalter kann es ebenfalls Auflagen geben, z.B., dass er/sie ein Führungszeugnis vorlegen oder eine Sachkundeprüfung ("Hundeführerschein") ablegen muss.

Gegen die Anordnung der Behörde wehrte sich der Hundehalter: Beim "American Bully" handle es sich um eine z.B. in den USA anerkannte eigene Rasse. Das sei bekannt gewesen, als die Berliner Liste gefährlicher Hunde aufgestellt worden sei. Wenn die Rasse auf der Liste fehle, könne sein Tier nicht als gefährlich gelten — das wäre ja Willkür.

Beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin blitzte der Hundehalter jedoch ab (37 K 517/20). Es stützte seine Entscheidung auf das Gutachten eines Sachverständigen, nach dem die Hündin Merkmale eines American Staffordshire Terriers aufweist. Um einen Hund als gefährlich im Sinne des Berliner Hundegesetzes einzustufen, sei das ausreichend, so das VG. Das gelte jedenfalls dann, wenn wesentliche Merkmale des Tieres mit dem Rassestandard einer auf der Liste stehenden Hunderasse übereinstimmten.

Die Forderung der Veterinärbehörde sei daher berechtigt und vom Hundehalter zu befolgen. Wenn die Rassebezeichnung "American Bully" nicht wörtlich so auf der Liste genannt werde, stehe das der Einstufung als gefährlicher Hund nicht entgegen. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass der Name "American Bully" keine eigenständige Hunderasse bezeichne, sondern eine "Designer-Rasse", die dem American Staffordshire Terrier im Charakter sehr ähnlich sei.

Kunden stornierten USA-Flugbuchung

Wird der Flug später von der Fluggesellschaft annulliert, besteht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung

Ein Paar hatte seine Hochzeit in den USA geplant und schon im Frühjahr 2020 Flüge für den Herbst gebucht: den Hinflug von Frankfurt über New York nach Miami für den 10.10.2020 und den Rückflug für den 23.10.2020. Mitte August teilte die Fluggesellschaft den Kunden mit, den Hinflug könne sie coronabedingt nicht sicher bestätigen. Am 11.10. werde aber sicher ein USA-Flug stattfinden.

Auf den Ersatzflug ließen sich die Kunden nicht ein, weil sie in Amerika feste Termine einhalten mussten. Ende August kündigten sie den Beförderungsvertrag mit der Airline schriftlich und stornierten ihre Buchung. Das Flugunternehmen annullierte den Flug einige Wochen später.

Das Paar erhielt den Ticketpreis zurück, forderte aber zusätzlich eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung: Die stehe Fluggästen zu, wenn ein Flug annulliert werde, fanden die frisch Vermählten. Das Landgericht Frankfurt wies ihre Zahlungsklage ab (2-24 S 3/22).

Als die Fluggesellschaft den fraglichen Flug annulliert habe, bestand keine bestätigte Flugbuchung mehr. Wochen vorher hätten die Kunden die Buchung bereits storniert und damit zum Ausdruck gebracht, auf die geschuldete Beförderung zu verzichten. Unter diesen Umständen könnten sie aus der Fluggastrechteverordnung keine Ansprüche mehr ableiten, wenn der Flug zu einem späteren Zeitpunkt von der Fluggesellschaft annulliert werde.

Krankentransport verzögert?

Die Reisekrankenversicherung schuldet einen Transport erst, wenn die versicherte Person objektiv transportfähig ist

Frau S verreiste gerne und hatte deshalb eine so genannte Personenassistanceversicherung abgeschlossen. Das ist eine Auslandsreisekrankenversicherung, die u.a. Leistungen umfasst wie "medizinische Notrufhotline", "weltweit professionelles Notfallmanagement" und im Notfall auch die Organisation eines medizinisch sinnvollen Krankentransports während einer Reise.

Bei einer Gruppenreise erkrankte Frau S: Wegen Bauchschmerzen und anhaltender Übelkeit brachte sie der Reiseleiter in die nächstgelegene Klinik. Dort erfolgten einige Untersuchungen, allerdings ohne klare Diagnose. Dr. Z, der Reiseleiter, rief ihre Reisekrankenversicherung an und teilte mit, die Gruppe reise nun in die Stadt H weiter. Frau S wolle mit einem privat organisierten Bus ins dortige Krankenhaus fahren.

Vorher müsse die Versicherung Kontakt zu den behandelnden Ärzten der Klinik aufnehmen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, antwortete die zuständige Mitarbeiterin. Erst nach einigen Verhandlungen wurde Versicherungsnehmerin S ins Krankenhaus H verlegt. Dort wurde ein Blinddarmdurchbruch festgestellt und operiert. Später verlangte Frau S von der Versicherung Schmerzensgeld für gesundheitliche Beeinträchtigungen und Schadenersatz für Folgekosten.

Für ihren Vorwurf, die Versicherung habe den Krankentransport zu spät veranlasst und damit den Versicherungsvertrag verletzt, fand das Oberlandesgericht (OLG) Bremen keine Anhaltspunkte (3 U 16/21). Unbestritten habe es sich um einen medizinischen Notfall gehandelt, stellte das OLG fest. Schon vor der Kontaktaufnahme mit der Versicherung war Frau S mit massiven Krämpfen in der Klinik. Einen Krankentransport im Ausland könne die Versicherung aber erst organisieren, wenn die versicherte Person objektiv transportfähig sei.

Andernfalls wäre ein Transport nicht zu rechtfertigen. Hilfe bei dessen Organisation könne die Versicherung nur auf Basis einer Abstimmung mit den ausländischen Ärzten leisten. Das Unternehmen sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, mit ihnen diese Frage zu klären. Aus der Ferne könne niemand beurteilen, ob ein Transport medizinisch sinnvoll und vertretbar sei. Mit den Ärzten habe die Versicherung sofort Kontakt aufgenommen, die Prüfung der Lage also keineswegs verzögert.

Versicherungsnehmer könnten nicht erwarten, dass das Versicherungsunternehmen ohne verlässliche Informationen zur Transportfähigkeit über einen Krankentransport entscheide. Bei einem privat organisierten Transport wäre das Risiko erst recht unkalkulierbar gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass es gerade wegen der Fahrt nach H zum Blinddarmdurchbruch gekommen sein könnte. Sollten vorher die Klinikärzte eine Blinddarmentzündung übersehen haben, wäre das ohnehin nicht von der Versicherung zu vertreten.

Hund verstand keinen Spaß!

Wer einen Hund mit "übergriffigem Verhalten" provoziert, wird für eine Bissverletzung nicht entschädigt

Die Stammkundin einer Bäckerei kam meistens mit ihrem Hund, dessen Leine sie vor dem Laden befestigte. Gelegentlich machte sich eine Mitarbeiterin der Bäckerei einen Spaß daraus, dem draußen vor der Tür sitzenden Hund ein Geschirrtuch auf den Kopf zu legen. Weil das Tier damit so lustig ausgesehen habe, erklärte eine Kollegin, wie "ein altes Mütterchen". Eines Tages biss der Hund die Angestellte in die Hand, als sie das Tuch wieder entfernen wollte.

Von der Tierhalterin verlangte die Frau Schadenersatz. Ihre Klage scheiterte allerdings beim Oberlandesgericht Zweibrücken: Die Verletzte habe sich so unvorsichtig verhalten, dass die Tierhalterin für den vom Hund angerichteten Schaden nicht einstehen müsse (2 U 32/21). Tierhalterhaftung sei hier ausgeschlossen. Die Ansicht der Verletzten, ihr harmloses Spiel habe das Tier nicht provoziert, entbehre jeder Grundlage.

Sie habe mit ihren "Späßchen" die Gefahrenlage geschaffen, die den Hundebiss auslöste. Offenkundig sei es ein übergriffiges Verhalten, einem Hund ein Tuch auf den Kopf zu legen. Das müsste eigentlich auch Personen klar sein, die sich mit Hunden nicht gut auskennen. Dass einem Hund das Tuch auf dem Kopf missfalle, könne er naturgemäß nicht formulieren, sondern nur mit einer aggressiven Reaktion zeigen.

Dass die Bäckereiangestellte den Hund schon längere Zeit kenne und ihm schon öfter ein Geschirrtuch auf den Kopf gelegt habe, ändere nichts am Vorwurf großen Leichtsinns. Bei ihren "Späßen" habe sie die allgemein bekannte Tiergefahr ignoriert und das Risiko einer entsprechenden Reaktion des Tieres massiv erhöht. Schließlich habe Frau sogar selbst eingeräumt, dass der Hund ihre Hand schon vor dem Biss öfter "im Maul gehabt" habe.

Unfall vor der Reitstunde

Auch erfahrene Reiter sollten nicht ohne Hilfe auf ein widerspenstiges Pferd aufsteigen

Frau X hielt auf ihrem Reiterhof mehrere Pferde und gab Reitstunden. Reiterin Y war regelmäßig auf dem Hof und hatte die meisten Pferde schon geritten. An einem Nachmittag erschien sie zu einer Reitstunde. Die Hofinhaberin war zu diesem Zeitpunkt noch abwesend, wenn auch unterwegs zum Reitplatz. Frau Y stieg mit dem linken Fuß in den Steigbügel von Reitpferd A. Doch bevor sie das rechte Bein hinüberschwingen konnte, rannte das Pferd los und buckelte.

Die Reiterin stürzte zu Boden und brach sich den linken Unterarm und das Handgelenk. Mehrere Operationen folgten, die Verletzte war einige Wochen lang arbeitsunfähig. Von Tierhalterin X forderte sie Schadenersatz und Schmerzensgeld. Zu Recht, entschied das Landgericht Bielefeld, es kürzte allerdings die Ansprüche der Verletzten wegen Mitverschuldens um die Hälfte.

Reitlehrerin X legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein, scheiterte damit aber beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm (7 U 55/21). Da der Unfall durch ein Tier verursacht wurde, das der Erwerbstätigkeit der Tierhalterin diene, hafte Frau X für die Folgen nicht verschuldensunabhängig, so das OLG: Sie müsse dafür nur einstehen, wenn ihr ein Verstoß gegen die "verkehrsübliche Sorgfalt" gegenüber einer Reitschülerin vorzuwerfen sei. Das treffe hier jedoch zu.

Korrekt wäre es gewesen, Frau Y beim Aufsteigen Hilfestellung zu geben oder die Schülerin vor der Reitstunde anzuweisen, sie solle nicht ohne Hilfe aufsteigen. Zwar sei Frau Y eine erfahrene Reiterin. Doch A sei zum Unfallzeitpunkt noch kein zuverlässiges Reitpferd gewesen. Erst einige Wochen vorher habe für A die Anreitphase begonnen und zwei Tage vor dem Unfall habe das Tier bereits gebuckelt. Da wäre also Vorsicht geboten gewesen.

Beim Aufsteigen sei die Reitlehrerin nicht dabei gewesen. Sie habe Frau Y auch nicht ermahnt, auf Hilfestellung zu warten. Dass eine geübte Reiterin schon mal alleine aufsitze, wenn die Reitlehrerin noch anderweitig beschäftigt sei, sei nicht sonderlich überraschend. Frau Y hätte dies zwar unterlassen und vorsichtiger sein sollen — zumal sie das Pferd A kannte. Ihr ein Mitverschulden von 50 Prozent anzurechnen, sei daher angemessen. Mehr aber auch nicht: Mit so einem Ausraster des Pferdes habe sie nicht unbedingt rechnen müssen.

Umgangstermine sind einzuhalten

Vater kam mit dem Sohn nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurück und muss Ordnungsgeld zahlen

Die Berliner Eltern leben getrennt. Das Familiengericht hatte penibel geregelt, dass der dreieinhalb Jahre alte Junge die erste Woche der Herbstferien 2021 mit dem Vater verbringt, die zweite mit der Mutter. Der Vater flog mit dem Jungen nach Nordspanien und sollte ihn der Mutter am Sonntag, den 17.10.2021, um 17 Uhr übergeben. Der Rückflug am 17.10. sollte um 8.45 Uhr in Berlin landen.

Als der Vater am Vortag im Internet einchecken wollte, stellte er fest, dass der Flug storniert worden war. Sofort meldete er sich bei der Umgangsbegleiterin und teilte mit, dass er am 18.10. einen Lufthansa-Ersatzflug nehmen werde. Das brachte die Mutter auf die Palme, die am 18.10. mit dem Kind nach Südspanien in den Urlaub fliegen wollte.

Einen Tag zu spät zurückzukommen, sei nicht akzeptabel, fand die Frau: Der Vater hätte auf Buchungsportalen leicht Rückflüge mit freien Plätzen am 17.10. finden können. Hektisch wurde telefoniert. Schließlich erreichte die Mutter bei "ihrer" Fluggesellschaft, dass der Junge gegen Aufpreis auf dem Zwischenstopp ihres Flugs nach Südspanien in Madrid zusteigen konnte. Die Umgangsbegleiterin überredete den Vater, das Kind am 18.10. mit dem Zug nach Madrid zum Flughafen zu bringen.

Nach dem Urlaub beantragte die Mutter, gegen den Vater Ordnungsgeld festzusetzen. Zu Recht, entschied das Berliner Kammergericht (16 WF 29/22). Der Mann habe es fahrlässig versäumt, für den Fall von Problemen mit dem Rückflug einen Zeitpuffer einzuplanen. Wie häufig es derzeit im Flugverkehr zu Ausfällen und Verzögerungen komme, sei allgemein bekannt.

Wer den Rückflug so knapp vor dem Rückgabetermin buche, gehe das Risiko ein, den Termin zu versäumen. Auch für das Kind wäre es besser gewesen, den Rückflug für den 16.10 vorzusehen, anstatt ihm zwei lange Flüge an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zuzumuten.

Der Vater habe es für unzumutbar erklärt, den von der Fluglinie angebotenen Ersatzflug am 18.10. verfallen zu lassen und kostenpflichtig einen früheren Rückflug zu buchen. Da verkenne er allerdings, wie verbindlich Umgangstermine seien. Wer mit seiner Planung darauf keine Rücksicht nehme, müsse dann eben Unannehmlichkeiten und zusätzliche Kosten in Kauf nehmen, um den Umgangstermin einzuhalten. Andere Flüge hätte es jedenfalls gegeben.

Wäre der Vater erst, wie beabsichtigt, am 18.10. nach Berlin zurückgeflogen, hätte das den Urlaub der Mutter vereitelt oder ihr zumindest die Mehrkosten für die Umbuchung auf einen späteren Flug aufgebürdet. Da er bereits mehrmals ohne Rücksicht auf die Belange seiner Ex-Partnerin Umgangszeiten eigenmächtig verändert und Vereinbarungen ignoriert habe, sei eine Geldbuße alles in allem angemessen.

Ehrenamtliches Chormitglied ist unfallversichert

Chorsängerin verunglückte auf der Fahrt zum Adventsingen in der evangelischen Kirchengemeinde

Ein Frauenchor hatte mit dem Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde einen Auftritt vereinbart. In deren Räumen sollte ein öffentliches Adventssingen stattfinden, das die Kirchengemeinde sogar im lokalen Amtsblatt als kirchliche Veranstaltung ankündigte.

Eine Chorsängerin holte zwei andere Sängerinnen mit dem Auto ab. Bei der Fahrt zum Auftritt verunglückte sie auf eisglatter Straße. Während die Mitfahrerinnen nur leicht verletzt wurden, ist die Autofahrerin seither gelähmt.

Von der gesetzlichen Unfallversicherung (d.h. von der für Vereine und Religionsgemeinschaften zuständigen Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) verlangte die Schwerverletzte Leistungen. Doch die Berufsgenossenschaft verneinte Versicherungsschutz, ebenso die Unfallkasse, die für ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich engagierte Personen zuständig ist.

Die Klage der Chorsängerin auf Versicherungsleistungen scheiterte beim Landessozialgericht: Die Ehrenamtlerin sei nicht im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft tätig gewesen, so das Gericht. Im Chor singe sie vielmehr aus "Freude am Gesang" und an der Gemeinschaft, also zu ihrem eigenen Vergnügen. Die Chorsängerin pochte dagegen darauf, dass auch private Tätigkeiten im Interesse des Gemeinwohls vom Versicherungsschutz umfasst seien.

So sah es auch das Bundessozialgericht: Die Frau sei auf dem Weg zum Adventssingen in den Räumen einer Kirchengemeinde unfallversichert gewesen (B 2 U 19/20 R). Der Versicherungsschutz sei nicht mehr davon abhängig, dass der/die Betroffene direkt für eine Religionsgemeinschaft tätig sei. Zwar sei der Frauenchor eine private Organisation. Doch das Adventssingen sei von der Kirchengemeinde mit-organisiert worden.

Der Chor sei freiwillig, unentgeltlich und im Interesse des Gemeinwohls im Rahmen einer kirchlichen Veranstaltung aufgetreten. Um an diesem Auftritt teilzunehmen, sei die Chorsängerin bei dem Verkehrsunfall unterwegs gewesen. Der Weg dorthin hänge also mit dem versicherten Ehrenamt zusammen. Dass die Sängerin vor allem singe, weil es ihr Freude bereite, ändere daran nichts. Es gehöre zum Wesen des Ehrenamts, dass es mit Freude ausgeübt werde.

Familie verpasst Überseeflug

Das jüngste Kind durfte nicht durch die automatisierte Grenzkontrolle EasyPASS

Eine Familie mit drei Kindern hatte einen Überseeflug gebucht, der um 12.15 Uhr starten sollte. Die Reisenden gaben ihr Gepäck um 10.07 Uhr am Check-in-Schalter auf. Nach einem Einkaufsbummel stellten sie sich um 11.10 Uhr vor der Sicherheitskontrolle an, die sie um 11.35 Uhr passierten. Anschließend ging die Familie zur elektronischen Passkontrolle EasyPASS, die automatisch die Echtheit und Gültigkeit elektronischer Reisedokumente überprüft.

Da Kinder unter zwölf Jahren — wie die jüngste Tochter des Ehepaares — EasyPASS nicht nutzen dürfen, wurde die Familie an die Passkontrolle durch Personal verwiesen. Dort führte ein Problem mit einem anderen Fluggast zu einer längeren Verzögerung. Der Familienvater wies zwar eine Mitarbeiterin darauf hin, dass die Zeit knapp werde und sie ihren Flug versäumen könnten. Doch in der Warteschlange ließ man die Familie nicht vor.

Prompt kamen die Reisenden am Gate zu spät und verpassten den Flug. Der Familienvater verklagte den Flughafenbetreiber auf Schadenersatz für Ersatztickets sowie zusätzliche Hotel- und Fahrtkosten (rund 2.980 Euro): Er habe sich auf die Internet-Informationen des Flughafenbetreibers zum EasyPASS-System verlassen, dort werde aber das Mindestalter für dessen Nutzung nicht erwähnt.

Die Klage des Mannes scheiterte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (III ZR 204/21). Für die Passkontrollen sei allein die Bundespolizei zuständig, so die Bundesrichter: Der Flughafenbetreiber könne hier keinen Einfluss nehmen. Insbesondere dürften seine Mitarbeiter nicht einzelne, verspätete Passagiere bei der Passkontrolle "vorziehen". Außerdem sei die Passkontrolle durch das Personal sowieso zügig durchgeführt worden.

Der Vorwurf unvollständiger Information durch den Flughafenbetreiber gehe fehl. Dessen Hinweise zum EasyPASS-System seien offenkundig nicht vollständig oder abschließend. Die Reisenden hätten sich über die Nutzungsbedingungen auf der Webseite der Bundespolizei genauer informieren müssen. Im Übrigen sollten sich Fluggäste - auch diejenigen, die über EasyPASS Bescheid wüssten - nicht auf die ständige Betriebsbereitschaft der computergestützten Grenzkontrolle verlassen.

Das Ehepaar habe sich die prekäre Situation selbst zuzuschreiben, denn es habe keinen ausreichenden Zeitpuffer eingeplant. Auch am Flughafen hätten sich die Reisenden noch nach den Modalitäten von EasyPASS erkundigen können. Zwischen der Aufgabe des Gepäcks und der Sicherheitskontrolle wäre dafür Zeit genug gewesen. Stattdessen habe die Familie eine Stunde leichtsinnig verbummelt und sich in Geschäften umgeschaut.

Ausbildungsdarlehen des Arbeitgebers

Ob ein Pilot 60.000 Euro zurückzahlen musste, hing vom Zugang einer E-Mail ab

Ein künftiger Pilot erhielt von einer großen deutschen Fluggesellschaft ein Darlehen von 60.000 Euro: Das war der geforderte Eigenanteil an der Pilotenausbildung, den der Mann nicht selbst hätte finanzieren können. Vertraglich wurde vereinbart, dass die Airline auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten würde — für den Fall, dass sie dem Mann nicht innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss der Ausbildung die Übernahme in ein "Cockpit-Arbeitsverhältnis" anbieten könne.

Die Ausbildung schloss der "Flugführer" am 26.10.2013 ab, demnach endete die Frist für das Arbeitsangebot am 26.10.2018. Ein entsprechendes Schreiben des Flugunternehmens erreichte den Piloten erst am 27.10. Doch die Airline pochte darauf, sie habe am vorletzten Tag der Frist eine E-Mail mit einem Arbeitsangebot abgeschickt. Der Pilot wurde eingestellt und musste in Raten von 500 Euro pro Monat das Ausbildungsdarlehen abstottern.

Nach fast zwei Jahren forderte er die Raten zurück und den Erlass des restlichen Darlehens: Der Arbeitgeber habe die vereinbarte Frist für das Arbeitsangebot nicht gewahrt: Am 25.10. und am 26.10.2018 sei ihm keine E-Mail dieses Inhalts zugegangen. Das Landesarbeitsgericht Köln gab dem Arbeitnehmer Recht (4 Sa 315/21).

Die Fluggesellschaft behaupte, das Schreiben als Anhang einer E-Mail am 25.10.2018 an die Mailadresse des Piloten gesendet zu haben. Dass eine E-Mail verschickt worden sei, belege jedoch nicht, dass sie dem Empfänger auch zugegangen sei. Das sei vielmehr ungewiss. Wie auch bei Briefpost sei es technisch möglich, dass eine Nachricht nicht ankomme: Dieses Risiko müsse nicht der Adressat der E-Mail tragen.

Der Versender einer E-Mail (hier: der Arbeitgeber) entscheide, auf welche Art er dem Empfänger seine Willenserklärung (hier: das Angebot auf einen Arbeitsvertrag) übermittle. Daher trage der E-Mail-Versender auch das Risiko, dass die Nachricht möglicherweise nicht ankomme. Zudem könne der Absender dieses Risiko ohne Weiteres vermeiden. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht habe, hätte der Arbeitgeber nur eine Lesebestätigung anfordern müssen.

20 Stunden Flugverspätung

Eine Fluggesellschaft muss alles Zumutbare tun, um für Ersatzbeförderung zu sorgen

Kuba-Urlauber - ein Ehepaar mit zwei Kindern - hatten einen Rückflug von Santa Clara nach München gebucht. Da ein Unwetter den Flughafen von Santa Clara zerstörte, wurde die Familie auf einen Ersatzflug umgebucht, der in Varadero startete. Diesen Flug verzögerte jedoch ein medizinischer Notfall: Die Ersatzmaschine musste wegen eines anderen Passagiers außerplanmäßig in Florida zwischenlanden.

Dort wurde das Flugzeug überprüft, anschließend musste die Crew eine vorgeschriebene Ruhepause einhalten. Schließlich landete die Familie mit über 20 Stunden Verspätung in München. Der Familienvater forderte von der Fluggesellschaft 2.400 Euro Ausgleichszahlung.

Das Landgericht Landshut wies seine Klage ab: Wenn ein Fluggast lebensbedrohlich erkranke, müsse die Maschine (not-)landen. Das sei — ebenso wie das Unwetter auf Cuba — ein außergewöhnlicher Umstand, der laut EU-Fluggastrechte-Verordnung die Fluggesellschaft von der Pflicht befreie, die Passagiere für eine erhebliche Verspätung zu entschädigen. Sie habe die Verzögerung nicht verhindern können. In so einem Fall könne man von der Airline auch nicht verlangen, allen Fluggästen umgehend eine Ersatzbeförderung anzubieten.

Ob ein Ersatzflug möglich gewesen wäre, sei unklar, betonte dagegen der Bundesgerichtshof: Denn dazu habe das Flugunternehmen nichts vorgetragen - das sei aber keineswegs entbehrlich (X ZR 97/21). Zweifellos sei die Airline nicht für Unwetter oder den Notfall verantwortlich. Die Ausgleichszahlung bleibe ihr trotzdem nur erspart, wenn eine Ersatzbeförderung unmöglich gewesen sei. Denn Fluggesellschaften müssten im Interesse der Passagiere alles Zumutbare versuchen, um eine Flugannullierung oder eine erhebliche Verspätung zu vermeiden.

Welche Maßnahmen zumutbar seien, hänge von den Umständen im Einzelfall ab. Wenn es einen früheren Flug nach München gab — durchgeführt von der betroffenen Fluggesellschaft selbst oder von einem anderen Unternehmen —, hätte die Airline den Fluggästen diesen Flug anbieten müssen. Es sei denn, so ein Angebot hätte für sie angesichts ihrer Kapazitäten an diesem Tag und an diesem Ort ein untragbares Opfer dargestellt. Das Landgericht müsse sich nochmals mit dem Rechtsstreit befassen und aufklären, ob das der Fall gewesen sei.