Das neue Bürogebäude sah durch seine moderne Glasfassade recht gut aus. Doch die optisch eindrucksvolle Fassade hatte, funktional betrachtet, ihre Tücken. Schnell stellte sich heraus, dass an den Computerarbeitsplätzen der Büros die Sonne blendete. Im Sommer wurden die Räume viel zu heiß. Der Bauherr verlangte vom Architekten, die Kosten für nachträgliche Verbesserungen zu übernehmen: Für den unzulänglichen Blend- und Wärmeschutz sei er verantwortlich.
Keineswegs, konterte der Architekt. Er habe den Bauherrn bereits in der Planungsphase auf die Probleme hingewiesen und darüber informiert, dass innen liegende Vorhänge und eine Querlüftung notwendig werden könnten, damit sich das Gebäude nicht übermäßig aufheize. Außerdem habe er bei der Ausschreibung des Bauprojekts eine Sonnenschutzverglasung eingeplant. Die habe der Bauherr aber aus Kostengründen abgelehnt.
Das treffe zwar zu, so das Oberlandesgericht Stuttgart, erspare dem Architekten aber nicht die Haftung für die Mängel der Fassade (10 U 4/06). Ein vom Gericht beauftragter Bausachverständiger habe dargelegt, dass auch die vom Architekten vorgeschlagenen, zusätzlichen Maßnahmen für den Wärmeschutz nicht ausgereicht hätten. Da sich bei einer Glasfassade die Frage nach dem Wärmeschutz geradezu aufdränge, sei der Architekt verpflichtet, die thermische Situation des geplanten Gebäudes genau zu prüfen und dabei einen Fachplaner einzubinden.
Außerdem: Wenn der Bauherr leichtfertig einen Vorschlag des Architekten zurückweise, müsse der Fachmann den Bauherrn intensiv über die Konsequenzen belehren - und zwar so, dass er die Tragweite der Entscheidung überblicken könne. Welche Folgen fehlender Sonnenschutz für die Nutzer des Gebäudes nach sich ziehe, wisse ein Bauherr normalerweise nicht genau.