Freie Berufe

"Umschuldung - günstig umsteigen"

Rechtsanwalt wittert in diesem Angebot eines Finanzdienstleisters unlautere Konkurrenz

Ein Finanzdienstleister bietet Privatkunden und Unternehmen professionelle Unterstützung bei der Auswahl von Finanzprodukten an. Eine Seite in seinem Internetauftritt trägt die Überschrift: "Umschuldung - günstig umsteigen". Im Text erklärt der Unternehmer, angesichts niedriger Zinsen lohne es sich oft, einen Ratenkredit zu höheren Zinsen vorzeitig abzulösen und auf einen billigeren Kredit umzusteigen. Ratenkredite könnten vorzeitig zurückgezahlt werden. Anschließend ist das Verbraucherkreditgesetz abgedruckt.

Ein Rechtsanwalt sah in dieser Information Werbung für unerlaubte Rechtsberatung: "unerlaubt", weil Rechtsberatung Anwälten vorbehalten ist. Er forderte ein Verbot der Werbung. Beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg erlitt der Anwalt jedoch eine Niederlage (3 U 204/05). Der Titel Umschuldung bedeute nichts weiter, als dass ein Kredit durch günstigere Kredite abgelöst werde, so das OLG. Dafür empfehle sich der Finanzdienstleister mit seinem Angebot.

Auch wenn dann der rechtliche Hinweis erfolge, dass Ratenkredite unschwer kündbar seien, habe dies nichts mit Rechtsberatung zu tun. Für die Einschätzung, ob Umfinanzierung für einen Interessenten in Frage komme, müssten sich Kunde und Finanzdienstleister zwar Gedanken über alte Darlehensverträge und über die Möglichkeiten der Kündigung machen. Hier stehe aber nicht die rechtliche, sondern die wirtschaftliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund.

Aufklärungspflicht des Architekten bei Baumängeln

Haftung für Schäden verjährt nicht, wenn der Architekt diese Pflicht verletzt

1992 war das Einfamilienhaus gebaut worden, schon Anfang 1993 wurden zum ersten Mal Feuchtigkeitsschäden festgestellt. Trotz Nachbesserungsarbeiten des Bauunternehmens traten sie immer wieder auf. 2003 verklagte der Hauseigentümer den Architekten. Ein Bausachverständiger stellte im Rahmen dieses Prozesses fest, dass der Keller mangelhaft abgedichtet war. Das Landgericht wies die Klage des Hauseigentümers jedoch wegen Verjährung ab. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück (VII ZR 133/04).

Ansprüche auf Schadenersatz für Mängel verjährten bei Bauwerken zwar fünf Jahre nach Abnahme oder Fertigstellung, so die Bundesrichter. Hier liege der Fall aber anders, denn der Architekt sei dem Bauherrn bei der Untersuchung und Behebung der Feuchtigkeitsschäden nicht zur Seite gestanden. Als Sachwalter des Bauherrn müsse der Architekt diesen über die Ursachen von Baumängeln umfassend aufklären. Das gelte auch dann, wenn er die Mängel selbst - durch Planungsfehler oder mangelnde Bauaufsicht - (mit)verschuldet habe. Verletze der Architekt diese Beratungspflicht, verjährten die Schadenersatzansprüche des Auftraggebers nicht.

Werbeagentur kauft Domain-Namen

Ist diese Ausgabe als Betriebsausgabe von der Steuer abzusetzen?

Wie erfolgreich ein Auftritt im Internet ist, hängt wesentlich von der Adresse ab - also vom Domain-Namen, den Internetnutzer anklicken oder eingeben, um die Website zu erreichen. Deshalb gibt es mittlerweile einen schwunghaften Handel mit Domains: Gewerbliche Händler lassen attraktive Adressen für sich registrieren, um sie dann zu verkaufen.

Das war auch der Ausgangspunkt folgenden Rechtsstreits: Eine Ein-Mann-Werbeagentur war auf Haus- und Hotelprospekte einer deutschen Region spezialisiert. Deshalb wollte der Werbetexter gerne eine Internetadresse mit regionalem Bezug. Da der Name der Region (= eines bekannten Flusses) jedoch schon an einen "Namenshändler" vergeben war, musste ihm der Werbetexter die Domain abkaufen. Das geschah im Jahr 2000. Bei seiner Einkommensteuererklärung für 2000 zog er den für die Internetadresse gezahlten Betrag als Betriebsausgabe ab.

Da spielten jedoch die Finanzbeamten nicht mit: Eine Domain sei ein "nicht abnutzbares Wirtschaftsgut"; teilten sie mit. Damit sei ihr Preis nicht als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (zumindest nicht sofort, sondern allenfalls nach einem Weiterverkauf). Das Finanzamt verweigerte auch eine Abschreibung über mehrere Jahre (Absetzung für Abnutzung = AfA). Der Bundesfinanzhof stellte sich auf die Seite der Behörde und wies die Klage des Steuerzahlers gegen den Steuerbescheid ab (III R 6/05).

Da für den Handel mit Domain-Namen ein eigener Markt bestehe, sei eine Internetadresse ein (immaterielles) Wirtschaftsgut. Die Anschaffungskosten seien aber nicht abzuschreiben oder als Betriebsausgaben vom erzielten Gewinn abzuziehen, weil dieses Wirtschaftsgut "nicht abnutzbar" sei. Mit anderen Worten: Die Nutzung einer Internetadresse sei zeitlich nicht beschränkt. Das gelte jedenfalls für Domain-Namen, deren Bekanntheitsgrad unabhängig von Werbung und Zeitgeist sei (was auf Flussnamen zweifelsfrei zutreffe). Deren Wert existiere auch unabhängig von der Pflege der Website durch den Domaininhaber (Pflege bedeutet, sie inhaltlich, optisch, technisch auf dem neuesten Stand zu halten).

Architektin vereinbart Spottpreis

Daran ist sie nach dem Prinzip von Treu und Glauben gebunden

Für das Einfamilienhaus hatte die Architektin mit den Bauherren ein Honorar vereinbart, das die Mindestsätze der Gebührenordnung für Architekten unterschritt. Bei der Schlussrechnung hielt sie sich an diese (eigentlich unzulässige) Vereinbarung und errechnete ein Honorar von 42.630 DM. Später reute es die Architektin, sich so "billig verkauft" zu haben. Sie erhöhte die Forderung auf 67.083 DM.

Da die Bauherren nicht zahlten, klagte die Architektin den Differenzbetrag ein. Doch damit kam sie nicht durch. Es sei widersprüchlich, entschied das Oberlandesgericht Köln, erst ein zu niedriges Honorar auszumachen und dann nach den Mindestsätzen abzurechnen (3 U 191/05). Ein Auftraggeber dürfe sich auf das verlassen, was vereinbart wurde - das gelte zumindest dann, wenn er sich in der Baubranche nicht auskenne und von Mindestsätzen nichts wisse.

Die von den Bauherren vorgelegten Förderanträge machten zudem deutlich, dass sie sich auf die vereinbarte Höhe des Honorars eingestellt hätten: Auf dieser Basis hätten die Auftraggeber die Baunebenkosten mit zehn Prozent angegeben, also die Finanzierung des Hausbaus darauf eingerichtet. Angesichts dessen sei ihnen die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen für Architekten nicht zuzumuten.

Firmenpleite: Steuerberater soll Unterlagen herausrücken

BGH: Für das fertige Arbeitsergebnis ist Honorar fällig ...

Eine GmbH war Pleite gegangen. Der Insolvenzverwalter verlangte von der früheren Steuerberaterin, sie müsse die - bei der DATEV gespeicherten - Daten einem anderen, von ihm benannten Steuerberater übergeben. Es kam zum Rechtsstreit, bei dem die Steuerberaterin zuerst unterlag. Der Steuerberater müsse seinem Mandanten alle Unterlagen herausgeben, die er zur Ausführung des Auftrags erhalten habe, belehrte sie das Oberlandesgericht (OLG).

Das sei zwar richtig, trotzdem habe das OLG dem Insolvenzverwalter vorschnell Recht gegeben, urteilte der Bundesgerichtshof und hob die Entscheidung auf (IX ZR 178/03). Wenn es lediglich um Unterlagen gehe, die die Firma der Steuerberaterin für die Buchführung und die Jahresabschlussarbeiten zur Verfügung gestellt habe, habe der Insolvenzverwalter darauf einen Anspruch. Das OLG müsse aber vorher prüfen, wie weit die Arbeit gediehen sei.

Denn es könnte auch sein, dass sich der Insolvenzverwalter das fertige Arbeitsergebnis der Steuerberaterin ohne Honorar verschaffen wolle. Handle es sich bei den der DATEV übermittelten Datenbeständen um bereits systematisierte und fertig verarbeitete "Rohdaten", schulde der Insolvenzverwalter der Steuerberaterin das vereinbarte Honorar. Ergebnisse ihrer Arbeit müsse sie nicht ohne Vergütung herausgeben.

Muss ein Architekt optimal planen?

Auftraggeberin beruft sich auf Baumängel

Es handelte sich um ein umfangreiches Bauvorhaben mit zehn Mehrfamilienhäusern und 111 Wohneinheiten in München. 1994 wurde ein Architekt mit der Planung beauftragt, acht Jahre später wollte die Bauherrin an seinen Geldbeutel - wegen angeblicher Baumängel. Sie hielt ihm u.a. vor, er habe bei der Bauplanung des Öfteren nicht die kostengünstigste bzw. die objektiv beste Lösung gewählt. Über 13.000 Euro Schadenersatz sollte der Architekt deshalb blechen.

Das Oberlandesgericht München sprach der Bauherrin 3.150 Euro zu, weil der Architekt in einem Punkt gegen die Regeln der Baukunst verstoßen hatte (13 U 5690/03). Grundsätzlich gelte: Architekten seien nicht verpflichtet, für ein Bauvorhaben die objektiv bestmögliche Lösung zu finden oder stets die kostengünstigste Variante zu planen. Derartige Anforderungen würden zu einer uferlosen Haftung der Architekten führen. Sie wären gezwungen, jedes Detail einer Bauplanung daraufhin zu untersuchen, ob nicht eine kostenmindernde oder kostenneutrale Alternative in Betracht komme. (Anders sei die Sache zu beurteilen, wenn es um Kernbereiche der Planung gehe bzw. um Punkte, auf die der Bauherr ausdrücklich größten Wert legte.)

Im konkreten Fall habe z.B. eine Absturzsicherung gefehlt. Auf Vorschlag eines Sachverständigen seien dann Schutzgitter angebracht worden. Das sei technisch vertretbar und von der Bauherrin zu akzeptieren, auch wenn sie diese Lösung unschön finde. Hätte man von vornherein geplant, unterteilte Kippfenster einzubauen, hätte man sich zwar die Schutzgitter (auch kostenmäßig) sparen können. Dies begründe aber noch keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Wann ist ein Eigenheim "bezugsfertig"?

Souterrainwohnung ohne Außentreppe ist nicht "zugänglich"

Ein Architekt hatte die Planung und Bauüberwachung eines Eigenheims übernommen. Vorgesehen war unter anderem eine Souterrainwohnung mit einem eigenen Eingang, zu dem eine Außentreppe führen sollte. Die Bauherren zogen ein, als der Bau noch nicht ganz fertiggestellt war. Vor allem fehlte die besagte Außentreppe. Darüber hinaus beanstandeten die Auftraggeber Mängel, für die der Architekt geradestehen sollte. Ob die Bauherren noch Gewährleistungsansprüche geltend machen konnten, hing laut vertraglicher Vereinbarung davon ab, wann der Bau "bezugsfertig" war.

Der Zeitpunkt, zu dem die Auftraggeber tatsächlich eingezogen sind, spielt dabei keine Rolle, urteilte der Bundesgerichtshof (VII ZR 397/02). Solange die Außentreppe zur Souterrainwohnung nicht gebaut sei, sei das Haus nicht bezugsfertig - auch wenn der Bauherr schon drin wohne. Die Zugänge zum Bau müssten fertiggestellt sein. Es sei den Auftraggebern nicht zuzumuten, die abgeschlossene Wohnung über den Keller zu betreten - ohne Außentreppe sei sie nicht "zugänglich". Solange der Bau nicht bezugsfertig sei, beginne die Verjährungsfrist für die Ansprüche der Auftraggeber nicht zu laufen.

Student verdiente zu viel

Steuerberater muss auf Sozialversicherungspflicht hinweisen

Ein Architekt beschäftigte in seinem Büro ab Oktober 1990 einen studentischen Mitarbeiter. Bei einer Betriebsprüfung stellte sich heraus, dass für den Studiosus trotz einer hohen Zahl geleisteter Stunden keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden waren. Das kam den Architekten teuer zu stehen. Im Herbst 1998 musste er für den Prüfungszeitraum 1994 bis 1998 75.957 DM Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Der Architekt zog seinen Steuerberater zur Rechenschaft.

Ein Steuerberater, der für seinen Mandanten auch im Bereich Lohnbuchhaltung tätig ist, muss diesen auf die Sozialversicherungspflicht von Mitarbeitern hinweisen, erklärte das Oberlandesgericht Köln (8 U 77/03). Ansonsten drohten dem Mandanten große finanzielle Nachteile, für die der Steuerberater hafte.

Im konkreten Fall hätte der Steuerberater - anhand der Lohnsteuerunterlagen - schon am Umfang der Beschäftigung des Studenten erkennen müssen, dass das Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig war. Wäre der Architekt vom Steuerberater richtig informiert worden, hätte er das Arbeitsverhältnis umgestalten und so die Sozialversicherungspflicht vermeiden können. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel gewesen, den Studenten mit verringertem Arbeitspensum zu beschäftigen oder mehrere Studenten mit reduzierter Stundenzahl einzustellen.

Gekränkter Architekt kämpft gegen Abriss

Streit in Berlin um Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors"

Das Land Berlin plant seit Mitte der 90er Jahre, ein Dokumentationszentrum zum Nationalsozialismus ("Topographie des Terrors") zu bauen. Der Gewinner eines internationalen Architekturwettbewerbs wurde mit der Entwurfsplanung beauftragt, ohne Rechtsanspruch auf Fortführung des Auftrags. Mit dem Bau wurde Anfang 2004 begonnen, doch im Mai kündigte das Land Berlin den Vertrag: Das Bauvorhaben würde den Gesamtkostenrahmen von knapp 40 Mio. Euro überschreiten und werde deshalb nicht nach seinem Entwurf vollendet, so die Begründung. Die bereits begonnenen Bauten werde man wieder abreißen. Gegen diese Entscheidung wehrte sich der Architekt vergeblich, legte schließlich Verfassungsbeschwerde ein und beklagte "ehrverletzende Rufschädigung".

Auf Vollendung des Werks habe er keinen Anspruch, erklärte das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2516/04). So sei es im Architektenvertrag vereinbart. Das Recht, über Fortsetzung oder Ende der Bauarbeiten zu entscheiden, liege allein beim Bauherrn, dem Land Berlin. Wie der Abriss das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Architekten verletzen könnte, sei nicht ersichtlich.

Im übrigen habe der Architekt in einem Schreiben an das Land Berlin deutlich gemacht, dass er die Kündigung des Architektenvertrags akzeptiere, wenn man sich über die Abrechnung seiner Leistungen fair und rasch einige. Das zeige, dass er die Kündigung selbst nicht für eine "Ehrverletzung" halte. Jedenfalls sehe er sie wohl bei entsprechender Vergütung als zumutbar an.

"Optimale Vertretung"

Darf eine Anwaltskanzlei so im Internet für sich werben?

"Heute stehen Ihnen acht Rechtsanwälte für die optimale Vertretung Ihrer Interessen in den verschiedensten Rechtsgebieten zur Verfügung. Eine moderne EDV, eine gut ausgestattete Fachbibliothek und der Zugriff auf umfangreiche juristische Datenbanken gewährleisten höchste Beratungsqualität." Mit diesem Text warb eine Anwaltskanzlei auf ihrer Internet-Homepage. Ein Konkurrent hielt das für unzulässig, vor allem den Hinweis auf die "optimale Vertretung". Er zog vor Gericht und wollte die Werbung verbieten lassen.

Den Wettbewerbsprozess verlor der Kläger beim Bundesgerichtshof (I ZR 202/02). Werbung sei Anwälten erlaubt, sofern sie sachlich über die berufliche Tätigkeit informiere, so die Bundesrichter. Nur reklamehafte Anpreisungen seien verboten, die der Würde des Standes widersprechen.

Das treffe hier aber nicht zu. Zwar würden die Leistungen der Kanzlei positiv dargestellt. Die Aussage über "optimale Vertretung" sei jedoch in eine Reihe von Sachangaben (z.B. zur Ausstattung der Kanzlei) eingebettet. Das Wort "optimal" gehe auf das lateinische Wort "optimus" zurück: der Beste. Doch werde es heutzutage in der Werbung so inflationär eingesetzt, dass niemand mehr den Begriff als Superlativ verstehe, der die Konkurrenz abwerten solle. Allein durch die Verwendung dieses Worts werde aus dem Internet-Text noch keine marktschreierische Reklame.

Steuerberater gewechselt

Mandant hätte dem ersten Berater noch eine Chance geben müssen

Zwischen einem Steuerberater und seinem Mandanten gab es Unstimmigkeiten über die richtige Bewertung von abgerechneten Leistungen. Der unzufriedene Mandant kündigte auf der Stelle den Vertrag mit seinem Berater und beauftragte mit dem Jahresabschluss seiner Einkommenssteuer einen anderen Steuerberater. Als der erste Steuerberater Honorar forderte, wies ihn der untreue Mandant ab: Schließlich habe er einen weiteren Berater einschalten müssen, diese Mehrkosten verrechne er mit dem geschuldeten (Rest-)Honorar.

Das Oberlandesgericht Koblenz erklärte das Vorgehen des Mandanten für unzulässig (3 U 1027/02). Bevor er den Steuerberatungsvertrag kündigte, hätte er seinem ursprünglichen Steuerberater die Möglichkeit einräumen müssen, seine unzulängliche Arbeit nachzubessern. Nur wenn der Steuerberater Korrekturen ein für alle Mal ablehne, könne der Mandant ohne Federlesen kündigen und sich einen neuen Berater suchen. Das treffe hier aber nicht zu, deshalb schulde der Mandant dem ersten Berater das restliche Honorar.

"Kirchenaustritt erspart Kirchensteuer"

Steuerberater muss eigens darauf hinweisen

Ein Steuerberater wurde um 9.316 Euro (plus Zinsen) ärmer, weil er seine Aufgabe zu eng auslegte. Von einem grundsätzlich falschen Verständnis von seinen Pflichten sprach das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sogar, die die Existenzberechtigung seines Berufes in Frage stelle.

Es ging um eine Vermögenstransaktion, deren Für und Wider Mandant und Steuerberater lange erwogen hatten. Der Steuerberater betonte, in Bezug auf Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer werde sie ohne Auswirkungen bleiben. Er vergaß zu erwähnen, dass für die geplante Gewinnausschüttung Kirchensteuer anfallen würde. Als sich der Mandant nachträglich über die hohe Steuer beschwerte, rechtfertigte sich der Steuerberater, ein Kirchenaustritt sei eine persönliche Gewissensentscheidung und gehe ihn nichts an. Er müsse doch wohl einen "langjährigen Steuerzahler" nicht über die Kirchensteuer belehren.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf belehrte ihn eines Besseren (23 U 39/02). Wie sich der Auftraggeber letztlich entscheide, sei natürlich dessen Sache und nicht die des Steuerberaters. Seine Pflicht wäre es aber gewesen, dem Mandanten die Folgen aller in Betracht kommenden Alternativen umfassend vor Augen zu führen, um ihm eine sachliche Abwägung aller Gesichtspunkte zu ermöglichen. Als Steuerberater dürfe er nicht bestimmte Steuerlasten ausblenden, um einen Entschluss des Steuerpflichtigen (d.h. einen Kirchenaustritt) zu verhindern, der seinen persönlichen Wertvorstellungen zuwiderlaufe.

Dass er die Information darüber "ausklammerte", habe zu einem Steuernachteil für seinen Auftraggeber geführt, weil sich dieser bei umfassender Aufklärung schon damals für einen Kirchenaustritt entschieden hätte. Deshalb müsse der Steuerberater die Steuermehrbelastung durch die Kirchensteuer ausgleichen.

Architekt plante für Rastanlage

Honorar gibt es dafür nur, wenn ein "Auftrag" erteilt wurde

Der staatliche Betreiber von Autobahntankstellen und -raststätten nahm Kontakt zu einem Architekten auf, weil er eine neue Autobahnrastanlage bauen lassen wollte. Der Architekt arbeitete für den (vermeintlichen) Auftraggeber Rohentwürfe aus, den Zuschlag bekam aber ein Kollege. Für seine Planungsleistungen verlangte der Architekt Honorar, was der Bauherr mit der Begründung ablehnte, es habe sich um "unentgeltliche Akquisition" (= Kundenwerbung) gehandelt. Vergeblich klagte der Mann das Honorar ein.

Er hätte beweisen müssen, dass man ihm einen Auftrag erteilt hatte, erklärte ihm das Oberlandesgericht Düsseldorf (5 U 41/02). Allein aus der Tatsache, dass er für das Projekt Rastanlage "tätig geworden" sei, könne man nicht auf einen Auftrag schließen. Gerade bei umfangreichen, kostenintensiven Bauvorhaben sei kostenlose Akquisition gang und gäbe, was bedeute: Der Architekt arbeite Vorschläge aus; was der eventuelle Auftraggeber davon halte, stehe auf einem anderen Blatt. Zahlreiche Architektenleistungen seien "Hoffnungsinvestitionen", mit denen Architekten überhaupt erst versuchten, einen Vertrag zu erhalten.

Anwältin war mal Spitzensportlerin

Entsprechende Hinweise in einer Kanzleibroschüre sind "zulässige Imagewerbung"

Im Jahr 2000 hatte die auf Sportrecht spezialisierte Anwältin ihre Kanzlei eröffnet. In ihrer Kanzleibroschüre stellte sie sich mit einem kurzen Lebenslauf vor, der auch ihre sportliche Karriere umriss (10 Jahre Hochleistungssport in der rhythmischen Sportgymnastik; Mitglied der Nationalmannschaft der Deutschen Demokratischen Republik; mehrfache DDR-Meisterin und Gewinnerin internationaler Wettkämpfe). Ein konkurrierender Rechtsanwalt hielt dies für verbotene Reklame. Er zog vor Gericht und erreichte, dass die Sportlerin zur Unterlassung verurteilt wurde. Gegen diese Entscheidung legte die Anwältin Verfassungsbeschwerde ein.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte, das von der Anwältin angegriffene Urteil habe die Berufsfreiheit falsch ausgelegt (1 BvR 2108/02). Rechtsanwälte dürften das Publikum über ihre berufliche Tätigkeit informieren, natürlich sachlich in Form und Inhalt. Verboten sei nur "anpreisende Reklame", die das Vertrauen der Rechtssuchenden in die "Integrität der Anwaltschaft" untergraben könnte. Davon könne hier aber nicht die Rede sein.

Eine Selbstdarstellung dieser Art sei kein sensationelles "Sich-Herausstellen", sondern eine wahrheitsgemäße Information über besondere Kenntnisse. Gerade bei einer Rechtsanwältin mit dem Interessenschwerpunkt Sportrecht gebe es zur eigenen sportlichen Betätigung einen beruflichen Bezug. Außerrechtliche Kenntnisse und Erfahrungen eines Anwalts seien für manche Mandanten nützlich und beeinflussten daher auch deren Anwaltsauswahl. Gegen diese Wirkung von "Imagewerbung" auf die Konkurrenz der Anwälte sei nichts einzuwenden.

Ebbe in der kommunalen Kasse

Aus "wichtigem Grund" darf eine Stadt den Preisträgern eines Architekturwettbewerbs den Bauauftrag wieder entziehen

Eine Stadt schrieb Anfang 1993 einen Architekturwettbewerb für eine integrierte Gesamtschule aus. Der Gewinner sollte 30.000 DM und den Bauauftrag bekommen (zumindest die Phasen 2 bis 5 des § 15 der Hono-

rarordnung für Architekten: Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungs- und Ausführungsplanung). Und so geschah es zunächst auch: Die Sieger erhielten den Auftrag, auf der Basis des preisgekrönten Entwurfs den Schulhaus-Neubau zu planen. Doch später wurde ihnen das Projekt entzogen. Weil über der städtischen Kasse der Pleitegeier schwebte, nahm die Stadt ihre Zusage an die Architekten zurück und realisierte einen kostengünstigeren Entwurf ihres Bauamtes. Die freischaffenden Architekten klagten auf Schadenersatz für entgangenen Gewinn.

Doch der Bundesgerichtshof billigte das Vorgehen der Stadt: Angesichts des finanziellen Notstands dürfe sie von ihrer Zusage abrücken (III ZR 433/02). 1993 seien die Gewerbesteuereinnahmen 1993 eingebrochen, die Stadt habe fast 12 Millionen Mark weniger eingenommen als erwartet. Dieser Verlust sei so drastisch, dass man auf den preisgekrönten Entwurf habe verzichten und billiger bauen müssen. Auch nach Umplanungen durch die Architekten hätten sich im Vergleich zu dem Entwurf des Bauamts immer noch Mehrkosten von etwa 1,4 Millionen DM ergeben.

"Geistiger Heiler" braucht keine Zulassung als Heilpraktiker

BVerfG: Seine Tätigkeit stellt keine "Ausübung der Heilkunde" dar

Ein Mann im Clinch mit den Behörden: Er arbeitete als so genannter "geistiger Heiler", der seine Klienten durch Handauflegen kurierte (oder auch nicht). Man verweigerte ihm die erforderliche Berufserlaubnis, weil er keine Heilpraktikerprüfung vorzuweisen hatte. Seine Klage gegen diese Entscheidung blieb zunächst erfolglos, erst beim Bundesverfassungsgericht bekam der Heiler Recht (1 BvR 784/03).

Begründung: Die Tätigkeit des Antragstellers beschränke sich darauf, die "Selbstheilungskräfte" der Patienten durch Handauflegen zu aktivieren. Dafür seien keine medizinischen Fachkenntnisse nötig, wie sie Heilpraktikern in der Prüfung abverlangt würden. Im Gegenteil: Der Heiler wirke spirituell und stehe religiösen Riten näher als der Medizin. Was er tue, erwecke bei den Patienten kaum den Eindruck, Ersatz für medizinische Betreuung zu sein - wer hier Genesung suche, setze sein Vertrauen gerade nicht in die Heilkunde.

Allerdings müsse man im Interesse der Volksgesundheit sicherstellen, dass Patienten zum Arzt gingen. Der Heiler müsse klar darauf hinweisen, dass sein Tun keine medizinische Behandlung ersetze. Dafür brauche er aber keine Zulassung als Heilpraktiker, diesen Zweck erfüllten Hinweistafeln oder Merkblätter in seiner Praxis. Es sei Sache der Gewerbeaufsicht zu kontrollieren, ob der Heiler diese Pflicht zur Information erfülle.

Fotograf stellt einem Zeitungsverlag Fotoabzüge zur Verfügung

Kann er auf sein Eigentumsrecht pochen und deren Rückgabe verlangen?

Ein Berufsfotograf überließ einem Zeitungsverlag verschiedene Fotoabzüge für dessen Bildarchiv. Das Archiv diente der Zeitungsredaktion dazu, Artikel zu bebildern; für jede Veröffentlichung erhielt der Fotograf Honorar. Eines Tages verlangte er die Fotoabzüge zurück und berief sich auf sein Eigentum. Doch der Verlag wollte das Bildmaterial nicht mehr herausrücken.

Das Oberlandesgericht München wies die Klage des Fotografen auf Herausgabe der Bilder ab (29 U 3316/03). Zwar stehe auf der Rückseite der Abzüge "Foto nur leihweise". Das widerspreche aber der ganzen Transaktion. Der Fotograf habe die Abzüge an den Verlag geschickt, um Honorar zu erzielen. Also müsse er daran interessiert sein, dass die Redaktion seine Bilder möglichst lange behalte. Das liege auch im Interesse des Verlags, wenn er Bilder ins Archiv aufnehme - auch weil der Zeitungsverlag nicht dafür haften wolle, wenn Abzüge bei der Redaktionsarbeit abgenutzt oder beschädigt würden. Mit der Aufnahme ins Archiv gehe das Eigentum an den Abzügen auf den Verlag über.

Davon werde das Urheberrecht des Fotografen an seinen Aufnahmen nicht berührt. Darüber hinaus habe er ja die Negative, im Bedarfsfall könne er sie also jederzeit für eigene Zwecke vervielfältigen.

Umbau erheblich teurer

Architekt muss vor wirtschaftlichen Risiken warnen

Der Architekt hatte die voraussichtlichen Kosten für ein Bauvorhaben kalkuliert. Als die Auftraggeber das Sanierungsobjekt schon während der Rohbauphase verkaufen wollten, äußerte er Bedenken, weil die Kostenentwicklung ungewiss sei. Die Bauherren, ein Ehepaar, ließen sich jedoch vom Verkauf nicht abhalten, obwohl der Verkaufspreis deutlich unter dem späteren Verkehrswert des sanierten Gebäudes lag. Da die tatsächlichen Baukosten die geplanten Kosten weit überstiegen, zahlte das Ehepaar bei dem Geschäft gewaltig drauf. Dafür sollte der Architekt finanziell geradestehen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab den Auftraggebern teilweise Recht (I-21 U 24/03). Spätestens bei der Vorplanung müsse ein Architekt die finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn ermitteln und den wirtschaftlichen Rahmen des Bauvorhabens abstecken. Besonders bei Sanierungen und Umbauten führten unvorhersehbare Schwierigkeiten oft zu erheblicher Kostensteigerung. Das wisse jeder Architekt. Und im konkreten Fall habe der Planer bei der Schätzung noch nicht einmal alle Kostengruppen berücksichtigt. Höhere Kosten waren also zu erwarten, darauf hätte er die Auftraggeber eindringlich hinweisen müssen: Sie allgemein auf die Möglichkeit von Änderungen aufmerksam zu machen, genüge nicht.

Hätte er in der gebotenen Weise Klartext geredet, wären die Auftraggeber wohl so vernünftig gewesen, auf den frühzeitigen Verkauf zu verzichten, vermuteten die Richter. Da das Ehepaar jedoch die Warnungen des Architekten in den Wind geschlagen und durch eigenes Verhalten zum wirtschaftlichen Misserfolg des Projekts entscheidend beigetragen hatte, blieb es auf 60% des Schadens sitzen. Der Architekt musste sich mit 40% beteiligen.

Teppichboden auf Parkett verklebt

Architekt muss nicht vor offenkundigem und bekanntem Risiko warnen

Eine Versicherung bezog Büroräume und ließ diese neu ausstatten. Ein auf Stundenlohnbasis angeheuertes Architekturbüro sollte den Umbau überwachen. Unter anderem wollte die Versicherung auf dem Parkett einen Teppichboden verlegen lassen, den sie selbst eingekauft hatte. Der Bodenverleger empfahl, den Teppich zu verkleben: Nur so sei er fest genug, um den Rollen der Bürostühle standzuhalten. Die Versicherung war damit einverstanden.

Als der Mietvertrag endete, stellte der Vermieter fest, dass der Parkettboden übel aussah. Er forderte Schadenersatz. Die Versicherung zahlte und verlangte ihrerseits Ersatz vom Architekturbüro. Der beratende Architekt hätte auf die Folgen des Verklebens hinweisen und sie über die Möglichkeit informieren müssen, eine andere Art von Belag lose auf dem Parkett zu verlegen. Der Architekt schob den Schwarzen Peter dem Bodenverleger zu, der wiederum darauf pochte, dass das Parkett durch hineingefräste Kabelkanäle sowieso schon zerstört gewesen sei ...

Die Klage des Versicherungsunternehmens gegen das Architekturbüro scheiterte beim Landgericht München I (11 O 24048/05). Die Auftraggeberin habe einen Bodenbelag gekauft, der nach den Regeln der Technik geklebt werden musste. Und wer auf dieser Unterlage einen Teppich verklebe, nehme Schäden beim Ablösen bewusst in Kauf, so das Gericht. Parkett gehöre zu den hochempfindlichen Belägen und dürfe nicht einmal nass gewischt werden. Das gehöre zum Allgemeinwissen.

Von einer Verletzung der Beraterpflichten könne hier also keine Rede sein. Ein Hinweis auf Banalitäten, die offenkundig und jedem Laien bekannt seien, sei überflüssig. Auch über alternative Beläge habe der Architekt die Auftraggeberin nicht informieren müssen, da das Parkett ohnehin kaputt gewesen sei.

Schlamperei bei der Bauüberwachung

Architekt ist für Pfusch bei der Isolierung allein verantwortlich

Die Isolierarbeiten an dem Neubau waren so ein Murks, dass dem Sachverständigen die Haare zu Berge standen: Die Bodenfolie war nicht verschweißt, eine Noppenfolie seitenverkehrt verlegt. Statt der vereinbarten Doppeldrainage gab es nur eine einfache. Und die Abdichtungen waren niedriger als vorgesehen.

Der Architekt, der die Bauaufsicht hatte, redete sich heraus: Die Fehler bei Drainage und Noppenfolie habe er doch frühzeitig beanstandet. Statt sich lange mit Gutachten aufzuhalten, hätte der Bauherr die Fehler lieber gleich beheben sollen. Dass sich nun die Bausubstanz verschlechtert habe und deshalb der für die Beseitigung der Mängel notwendige Aufwand gestiegen sei, gehe auf das Konto des Auftraggebers. Bei Arbeiten wie dem Verlegen der Bodenfolie müsse ein Architekt nicht ständig als Aufpasser dabei sein.

Damit kam der Architekt beim Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken jedoch nicht durch (8 U 274/01). All die Mängel bei den überaus wichtigen Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten seien nur mit schlampiger Bauaufsicht zu erklären, so das OLG. Dafür sei allein der Architekt verantwortlich.

Natürlich habe der Bauherr das Recht, erst einmal die Mängel und ihre Ursachen feststellen zu lassen, um seinen Anspruch auf Schadenersatz zu klären. Darauf würde der Bauherr entgegen seinen eigenen Interessen verzichten, wenn er die Baumängel vorzeitig auf eigene Kosten beheben ließe. Dass sich dies verzögerte, sei nicht dem Bauherrn, sondern dem Architekten zuzuschreiben, der es trotz offenkundig schlechter Arbeit weit von sich wies, Schadenersatz zu leisten.