Freie Berufe

Blutabnahme für die Eigenbluttherapie

Kurzartikel

Laut Transfusionsgesetz ist die Blutabnahme ausschließlich Ärzten vorbehalten. Homöopathen und Heilpraktiker dürfen ihren Patienten auch für die Eigenbluttherapie kein Blut abnehmen. Eigenbluttherapie bedeutet, Patienten das eigene Blut angereichert mit Sauerstoff-Ozon oder homöopathischen Arzneimitteln wieder zu injizieren. Der Arztvorbehalt soll gewährleisten, dass Blut und Blutbestandteile nur auf sichere Art und Weise gewonnen werden.

Architekt trödelt 23 Monate lang

Ist so lange kein Planungsfortschritt festzustellen, darf der Auftraggeber fristlos kündigen

Der Auftraggeber hatte einen Architekten mit Planungsleistungen beauftragt und bereits Vergütung gezahlt. Nach etwa einem Jahr trudelten erste Entwürfe ein, die der Bauherr als "verspätet und mangelhaft" beanstandete. Als er nach weiteren Monaten immer noch keinen Fortschritt erkennen konnte, schloss er mit dem Architekten eine "Ergänzungsvereinbarung": Demnach sollte der Auftragnehmer nun die Planung beschleunigen …

Aber auch nach dieser Einigung ging nichts voran. Daraufhin kündigte der Auftraggeber den Architektenvertrag fristlos und verlangte die Abschlagszahlungen zurück. Zu Recht, entschied das Kammergericht Berlin (7 U 158/21). Der Bauherr habe den Vertrag wirksam beendet. Wenn ein Architekt schuldhaft die Vertragsfristen erheblich überschreite, sei die Annahme des Auftraggebers begründet, dass sich der Auftragnehmer auch künftig nicht vertragstreu verhalten werde.

Und so liege der Fall hier: Nach Ablauf von fast zwei Jahren fehlten zentrale Inhalte der Vorplanung wie die Kostenschätzung. Das sei ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass der Architekt auch in Zukunft seine Pflichten nicht erfüllen werde. Da er mit seinem Verhalten das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien endgültig zerstört habe, sei es für den Bauherrn unzumutbar, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.

Der Auftraggeber habe die Kündigung auch nicht vorher androhen müssen, denn die "Ergänzungsvereinbarung" habe einen neuen Fristenplan enthalten. Damit sei ohnehin klar gewesen, dass jeder weitere Planungsverzug die Kündigung nach sich ziehen würde. Der Architekt müsse das Geld zurückzahlen.

Treppenhaus mit zu niedriger Durchgangshöhe

Der Architekt muss dafür sorgen, dass von ihm geplante Bauwerk öffentlich-rechtliche Vorschriften erfüllt

Ein Architekt übernahm die Ausführungsplanung für mehrere Stadthäuser. Diese waren noch im Rohbau, als dem Auftraggeber auffiel, dass die Durchgangshöhe in den Treppenhäusern zu niedrig geplant war. Nach der einschlägigen DIN-Vorschrift (18065 Ziff. 6.4) muss die lichte Treppendurchgangshöhe im mittleren Treppenbereich mindestens zwei Meter betragen. In den Rohbauten war sie niedriger.

Der Auftraggeber ließ den Mangel beheben und verlangte dafür vom Architekten Schadenersatz. Der wollte den "schwarzen Peter" weiterschieben und erklärte, das ausführende Bauunternehmen hätte die Mindesthöhe auch unabhängig von seinen Vorgaben einhalten müssen. Dem widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden: Der Architekt verkenne da seine Pflichten (22 U 67/21).

Architekten müssten durch genaue Planung dafür sorgen, dass nach ihren Plänen errichtete Gebäude öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprächen. Der Architekt müsse detaillierte Vorgaben liefern und dürfe sich dabei nicht auf andere Baubeteiligte verlassen. In einzelnen Fällen sei ein erfahrener Bauunternehmer wohl in der Lage, Planungsfehler zu erkennen. Das schränke aber keinesfalls die Verantwortung des Architekten ein.

Im Rahmen der Leistungsphase 5 müssten Architekten Ausführungspläne für alle Gewerke erstellen und mit allen Details zeichnerisch darstellen. Nur bauliche Selbstverständlichkeiten — wie etwa technische Regeln, die zum handwerklichen Grundwissen gehörten — müssten in der Ausführungsplanung nicht ausführlich beschrieben werden.

Pferdekäuferin will Behandlungsunterlagen einsehen

Wurde ihr Dressurpferd vor dem Kauf behandelt, muss sie dies vom Verkäufer, nicht vom Tierarzt fordern

Von Oktober 2019 bis November 2020 war ein wertvolles Dressurpferd in einer Gemeinschaftspraxis von Tierärzten behandelt worden. Auftraggeber war Tierhalter M, der das westfälische Reitpferd 2021 für 500.000 Euro an Frau S verkaufte. Im Kaufvertrag wurde eigens vermerkt, dass die tierärztliche Schweigepflicht gegenüber der Pferdekäuferin nicht gelten sollte.

Doch die Tierärzte fassten auf ihre Bitte hin nur schlagwortartig zusammen, wie sie das Pferd behandelt hatten. Frau S erhielt von ihnen weder detaillierte Behandlungsunterlagen, noch die Röntgenaufnahmen. Verkäufer M hatte nämlich nach dem Abschluss des Kaufvertrags sein Einverständnis mit der Weitergabe der Informationen zurückgezogen. Nun verklagte Frau S die Gemeinschaftspraxis und verlangte Einsicht in die Unterlagen.

Ihre Begründung: Beim Reiten widersetze sich das Pferd massiv, an geordnete Arbeit sei nicht zu denken. Ohne medikamentöse Behandlung könne man das Pferd nicht reiten, schon gar nicht sportlich einsetzen. Es müsse tierärztlich behandelt werden, möglichst in Abstimmung mit den früheren Diagnosen und Therapien. Das ärztliche Schweigegebot sei hier unsinnig und widerspreche dem Tierwohl.

Das Landgericht Münster wies die Klage ab (108 O 16/22). Die Tierärzte seien an die Schweigepflicht gebunden und für die Forderung von Frau S die falsche Adresse, erklärte das Landgericht. Sollten die Tiermediziner das Dressurpferd falsch behandelt haben, würden eventuelle Ersatzansprüche nicht ihr, sondern Herrn M als Auftraggeber der tierärztlichen Behandlung zustehen. Die Behandlung habe auch nicht dem Verkauf gedient, sei vor dem Vertragsschluss längst beendet gewesen.

Dass der Anspruch auf Auskunft von Tierärzten beim Verkauf eines Tieres auf den Käufer übergehe, sei vom Gesetz nicht vorgesehen. Aus dem Kaufvertrag könne Frau S allerdings einen Anspruch auf Auskunft von ihrem Vertragspartner ableiten. Von Verkäufer M könne sie verlangen, dass er — wie vertraglich vereinbart — die Tierärzte von der Schweigepflicht entbinde. Er müsse dafür sorgen, dass die Mediziner der Käuferin Röntgenaufnahmen und Behandlungsunterlagen zur Verfügung stellten.

Über löchriges Malervlies im Treppenhaus gestürzt

Wer "sehenden Auges" ein gut erkennbares Risiko eingeht, erhält kein Schmerzensgeld

Auf der Treppe eines Mietshauses lag wegen Bauarbeiten schon seit mehreren Wochen ein Malervlies — ziemlich strapaziert und löchrig. Im Haus hat auch ein Fahrdienst Räume gemietet. Der bauleitende Architekt hatte der Firma mitgeteilt, ihre Fahrer sollten die Treppe möglichst nicht benutzen und das Gebäude über den Hintereingang betreten. Diese Anweisung gab die Firma an die Mitarbeiter weiter.

Doch Fahrer K ignorierte sie und lief immer über die Treppe. Eines Tages blieb er beim Hinuntergehen in einem Loch im Malervlies hängen, stolperte und stürzte die Treppe hinab. Der verletzte Fahrer forderte vom Hauseigentümer und vom bauleitenden Architekten 30.000 Euro Schmerzensgeld. Darauf habe K keinen Anspruch, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (3 U 3080/22).

Ausnahmsweise müsse hier der Verletzte den Schaden alleine tragen, so das OLG. Denn K sei "sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen". Den Zustand des Malervlieses habe niemand übersehen können. Und K sei mehrmals täglich hier aus- und eingegangen. Dem offenkundigen Risiko, hier zu stolpern, hätte der Fahrer leicht ausweichen können, wenn er den anderen Gebäudeeingang genommen hätte.

Im Vergleich mit seinem Beitrag zum Treppensturz seien die minimalen Beiträge des Bauleiters und des Hauseigentümers zu vernachlässigen. Sie hätten natürlich das Malervlies erneuern sollen — das schon. Aber da es sich hier um eine offenkundige Gefahr handelte, vor der sich K durch Vorsicht ohne Weiteres selbst hätte schützen können, dürften er und andere Benutzer der "Baustelle Treppenhaus" hier keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen erwarten.

Reihenhausbau schlecht geplant und überwacht

Architekturbüro haftet für unzulänglichen Wärme- und Schallschutz

Ein Ehepaar ließ ein Reihenmittelhaus bauen und beauftragte ein Architekturbüro mit der Planung und Bauüberwachung. Im Architektenvertrag stand zwar nicht, dass es ein Energiesparhaus gemäß "KfW-60-Standard" werden sollte. Doch bei Besprechungen mit den Bauherren betonte eine Architektin mehrmals, sie planten gemäß "KfW-60-Standard". Sie bestätigte dies auch im Kreditantrag der Bauherren, adressiert an die staatliche "Kreditanstalt für Wiederaufbau" (KfW).

Das fertige Reihenhaus erfüllte jedoch die Anforderungen eines Energiesparhauses nicht: weder die Vorgaben für den Schallschutz, noch die für den Wärmeschutz. Deshalb forderten die Auftraggeber vom Architekturbüro einen Vorschuss für den Anbau von Verschattungsanlagen und für den Austausch der Fenster. Sie wollten Fenster mit Drei-Scheiben-Isolierverglasung einbauen.

Die Architekten wiesen die Forderung als völlig überzogen zurück und behaupteten, der Standard eines Energiesparhauses sei nie vereinbart worden. Dem widersprach das Kammergericht Berlin (7 U 1101/20). Auch wenn sich im Vertrag kein Hinweis auf "KfW-60-Standard" finde, folge aus den Umständen des Vertragsschlusses, dass er vereinbart worden sei: Dieser Standard werde beim KfW-Kreditantrag vorausgesetzt.

Strebe ein Bauherr eine staatlich geförderte Finanzierung an, die nur für einen bestimmten Energie-Standard gewährt werde, und der Architekt wisse darüber Bescheid, müsse er auch dafür sorgen, dass dieser Standard erreicht werde. Das habe die bauüberwachende Architektin hier nicht getan. Trotz der Hinweise des Fensterbauers, zweifach verglaste Fenster seien unzureichend, habe sie die vertragswidrigen Fenster einbauen lassen und nicht auf die für den "KfW-60-Standard" notwendige Qualität geachtet.

Das Architekturbüro treffe also erhebliches Verschulden. Schon deshalb sei die Forderung der Bauherren nach Verschattungsanlagen und dem Austausch aller Fenster nicht unverhältnismäßig. Der durch Versäumnisse der Architekten entstandene Baumangel führe zu höheren Heizkosten im Winter und heißen Innenräumen im Sommer. Er mindere also Wohnwert und Wert des Gebäudes erheblich. Das Ehepaar habe ein berechtigtes Interesse an einer vertragsgemäßen Nachbesserung des Gebäudes.

Unentgeltliche Kunden-Akquise oder Architektenvertrag?

Bei längeren, intensiven Planungsleistungen ist von einem Vertrag auszugehen

Ein Bauherr meldete sich bei einem Architekturbüro. Er besprach mit einigen Mitarbeitern sein Bauvorhaben und nannte einen Kostenrahmen. Dann legten die Architekten los: Sie beauftragten eine Baugrunduntersuchung, einen Statiker, führten Aufmaßtermine durch, erarbeiteten ein Brandschutzkonzept und erbrachten weitere Planungsleistungen. Als das Architekturbüro jedoch nach ca. einem Jahr Arbeit dem Bauherrn eine Rechnung übergab, beendete er abrupt die Zusammenarbeit.

Die Rechnung müsse er nicht begleichen, so der Bauherr, denn bei den Arbeiten habe es sich um "honorarfreie Akquise-Tätigkeit" gehandelt (d.h.: um Maßnahmen, die das Architektenbüro durchgeführt habe, um ihn als Kunden zu gewinnen).

Die Zahlungsklage der Architekten hatte beim Oberlandesgericht (OLG) Celle Erfolg (14 U 116/21). Ihnen stehe das verlangte Honorar zu, entschied das OLG: Hier sei davon auszugehen, dass ein Architektenvertrag geschlossen worden sei.

Im Einzelfall sei es oft schwierig, unentgeltliche Kunden-Akquise und zu vergütende Tätigkeit voneinander abzugrenzen. Die Übergänge seien fließend: Allein daraus, dass ein Architekt tätig werde, könne man nicht auf einen Vertrag schließen. Oft versuchten mehrere Bewerber, einen Auftrag zu bekommen — dann könne die Akquise-Tätigkeit schon mal umfangreicher ausfallen.

Im konkreten Fall habe aber das Architekturbüros so intensiv gearbeitet, dass von Akquise keine Rede mehr sein könne. Schon die Dauer der Tätigkeit schließe die Annahme aus, die Architekten hätten die Planung des Bauvorhabens unentgeltlich ausführen wollen. Der Bauherr habe Leistungen in einem Umfang in Anspruch genommen, der nicht "honorarfrei" zu erwarten sei. Darüber hinaus habe der Bauherr mehrmals nach den Kosten gefragt und damit zum Ausdruck gebracht, dass er selbst auch nicht von einer "honorarfreien Akquise" ausgegangen sei.

Dach ungenügend gedämmt

Hat der Dachdecker die Architekten auf Planungsfehler hingewiesen, muss er für den Werkmangel nicht (mit)haften

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) beauftragte ein Architekturbüro, die Sanierung ihres Flachdachs zu planen. Die Arbeiten an der Dachkonstruktion erledigte der Handwerksbetrieb von Dachdecker D. Doch auch nach der Sanierung entsprach die Wärmedämmung des Dachs nicht den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV). Deshalb verlangte die WEG vom Architekturbüro Schadenersatz.

Das Landgericht Flensburg ging von Planungsfehlern der Architekten aus und verurteilte sie dazu, der WEG für die Mängelbeseitigung 93.000 Euro zu zahlen. Die Haftpflichtversicherung der Architekten kam für den Betrag auf und forderte anschließend vom Dachdecker die Hälfte der Schadenssumme: Der Handwerker habe schließlich das mangelhafte Werk ausgeführt. Das Landgericht Flensburg wies die Klage ab (2 O 278/20).

Grundsätzlich müssten Architekten und ausführende Unternehmen für einen Werkmangel zu gleichen Teilen haften, räumte das Landgericht ein. Im konkreten Fall gelte das aber nicht. Denn der Handwerker habe die Architekten nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die ausgeschriebene Dämmung die Anforderungen der EnEV nicht erfülle. Wie das Protokoll einer Baustellenbesprechung mit dem Architekturbüro belege, habe der Dachdecker aus diesem Grund eine Vakuumdämmung empfohlen. Dies sei abgelehnt worden.

Zudem habe der Handwerksbetrieb auch ein Nachtragsangebot vorgelegt, das den Einbau einer stärkeren, besseren Dämmung vorsah. Doch die WEG sei nicht bereit gewesen, die Mehrkosten zu tragen. Um deren Mitverschulden gehe es in diesem Verfahren aber nicht, sondern nur um die Haftungsaufteilung zwischen Architekten und Handwerksbetrieb. Der Dachdecker habe letztlich so gearbeitet, wie von den Architekten vorgegeben.

Das Architekturbüro hätte die Bauherrin über die fachgerechte Ausführung der Dämmmaßnahmen beraten und über die Nachteile der gewählten Lösung aufklären müssen. Da der Handwerker vor dieser gewarnt habe ("nicht fachgerecht"), reiche dies jedenfalls aus, um die Haftung für den Werkmangel vollständig auf das Architekturbüro zu "verlagern".

Dysfunktionale Rollladenkästen, mangelhafte Fliesen

Nur Handwerkerfehler oder auch mangelhafte Bauüberwachung durch die Architekten?

Mit der Planung ihres Einfamilienhauses beauftragten die Bauherren ein Architekturbüro, das auch die Bauüberwachung übernahm. Als der Neubau fertiggestellt war, stellten sich u.a. Mängel an den Rollladenkästen und an den Fliesen in der Küche heraus. Bei den Fliesen zeigten sich Hohlräume, der Fugenmörtel platzte teilweise ab.

Die Auftraggeber verklagten nicht nur die beteiligten Handwerksfirmen, sondern auch das Architekturbüro auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die nötige Sanierung. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Brandenburg: Handwerksfirmen und Architekturbüro hafteten gemeinsam für die Kosten der Mängelbeseitigung (12 U 100/21).

Bauüberwachende Architekten müssten sicherstellen, dass Rollladenkästen gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden. Die Mängel in der Küche habe der gerichtliche Sachverständige darauf zurückgeführt, dass die Fliesen zu früh verlegt worden seien. Offenkundig habe sich der Fliesenleger vor dem Beginn der Arbeiten nicht vergewissert, ob der Untergrund dafür schon geeignet, vor allem trocken genug war.

Auch für diesen Fehler sei das Architekturbüro mitverantwortlich: Es habe gegen die Pflicht zur Bauüberwachung verstoßen und nicht kontrolliert, ob der Handwerksbetrieb diese, beim Verlegen von Fliesen zwingend erforderliche Vorprüfung des Untergrunds vorgenommen habe.

Pferdekoppel neben der Tierarztpraxis

Nachbarin kann die Nutzung des Grundstücks für "Pferdepatienten" nicht verhindern

Eine Tierärztin unterhält neben ihrem Wohnhaus, in dem sich auch die Praxis befindet, eine Pferdekoppel mit Unterstand. Die Koppel war 2016 vom Landratsamt mit Auflagen genehmigt worden: Nur wenige Pferde sollten hier stehen und im Sommer nicht dauerhaft, sondern maximal fünf Stunden. Ein Bekannter der Tierärztin nutzte die Koppel gelegentlich für seine Pferde, ansonsten wurden hier "Pferdepatienten" zur Beobachtung untergebracht.

2021 beantragte die Tierärztin, die Beschränkung auf fünf Stunden aufzuheben — so sei eine Behandlung nicht praktikabel. Die Nachbarschaft werde durch die Koppel nicht beeinträchtigt: Ihre "Patienten" und auch die Pferde des "Pächters" ständen hier immer nur kurze Zeit. Und der anfallende Mist werde täglich zur nahegelegenen Reithalle gebracht. Das Landratsamt genehmigte die Änderung.

Eine Nachbarin, deren Haus etwa 40 Meter entfernt vom Pferdestall der Tierärztin liegt, erhob daraufhin prinzipiell Einspruch: Im "allgemeinen Wohngebiet" hätte die Koppel schon 2016 nicht genehmigt werden dürfen. Sie sei aufgrund der vorherrschenden West-Wetterlagen dem Urin- und Mistgeruch der Pferde ungehindert ausgesetzt. Da sie an einer Lungenkrankheit leide, sei der Ammoniak-Geruch für sie besonders schädlich und im Sommer unerträglich. Die Baugenehmigung verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Dem widersprach das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach (AN 3 S 22.01039). Der Standort sei kein reines Wohngebiet, sondern ein gemischtes Wohn- und Gewerbegebiet am Ortsrand, stellte das VG fest: mit Tankstelle, Fahrschule, Reithalle etc. Nicht zuletzt präge die Pferdehaltung der Reithalle die Umgebung: Entsprechende Geräusche und Gerüche seien ortsüblich.

Als lärmscheue Tiere verursachten Pferde aber ohnehin kaum Geräusche. Ihr Wiehern überschreite nicht einmal die strengen Lärm-Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet. Die Geruchsbelastung auf dem Anwesen der Nachbarin sei — trotz der Lage ihres Grundstücks in der Westwindzone — bei einem Abstand von 40 Metern unerheblich. Auf der Koppel Mist zu lagern, sei sowieso verboten: Praxismitarbeiter entfernten ihn täglich.

Selbst wenn die Anwohnerin tatsächlich lungenkrank wäre - was sie nicht belegt habe -, hätte das Landratsamt mit der Genehmigung nicht gegen das Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme verstoßen. Auch Gerichte müssten sich bei ihren Abwägungen am Empfinden von Durchschnittsmenschen orientieren: Gesundheitliche Besonderheiten der Nachbarn spielten da keine Rolle. Das Nachbarrecht regle allgemein die Beziehungen zwischen Grundstückseigentümern und nicht die der konkret betroffenen Personen.

Undichte Fenster und Türen eingebaut

Der Architekt haftet nicht für Produktionsfehler der vom Handwerker verbauten Elemente

Der Bauherr hatte eine Fensterbau-Fachfirma damit beauftragt, in einem Neubau Fenster und Türen einzubauen. Der Fensterbauer hatte dem Auftraggeber ein Angebot auf Basis eines Leistungsverzeichnisses für das Gewerk Fenster/Türen unterbreitet, das der Architekt des Bauvorhabens erstellt hatte. Als die Arbeiten des Handwerkers beendet waren — das Gebäude war noch ein Rohbau —, bemerkte der Architekt unter den eingebauten Elementen Feuchtigkeit.

Auf die Undichtigkeiten wies er den Handwerker und das Bauunternehmen bei einer Baubesprechung hin. Einige Nachbesserungen brachten keinen durchschlagenden Erfolg. Die spätere Schadenersatzklage des Bauherrn gegen den Fensterbauer führte zu nichts, da die Fachfirma zu diesem Zeitpunkt bereits "pleite" war. Daraufhin verlangte er vom Architekten Schadenersatz wegen mangelhafter Leistung. Das Landgericht Flensburg wies die Klage des Auftraggebers ab (2 O 244/19).

Dass die Elemente Schlagregen nicht standhielten, sei laut Sachverständigengutachten auf Produktionsfehler zurückzuführen und habe nichts mit der Leistung des Architekten zu tun. Die Ausschreibung für den Fensterbau sei fachgerecht gewesen: Man müsse im Leistungsverzeichnis nicht ausdrücklich eine bestimmte Klasse der Schlagregendichtheit vorgeben, wenn der Handwerker den Standort und das Anforderungsprofil der Elemente kenne.

Der Architekt habe mit den RAL-Richtlinien und den anerkannten Regeln der Technik die maßgeblichen Anforderungen klar formuliert. Wären die Elemente einwandfrei produziert worden, hätten sie die geforderte Schlagregendichtheit erfüllt. Der Handwerker habe seine Arbeit auch fachgerecht geplant und ausgeführt: Mangelnde Bauüberwachung sei dem Architekten also ebenfalls nicht vorzuwerfen. Die Undichtigkeiten seien nicht auf der Baustelle entstanden und auch nicht auf den ersten Blick erkennbar gewesen.

Schon während der Rohbauphase habe der Architekt auf die Mängel aufmerksam gemacht und Nachbesserungen initiiert. Ein Fehler sei auch nicht darin zu sehen, dass er die Verwendung von Fensterelementen ohne CE-Kennzeichnung gebilligt habe: Eine fehlende CE-Kennzeichnung begründe keinen Sachmangel. Ob ein Produkt den anerkannten Regeln der Technik entspreche oder nicht, stehe damit nicht fest. Fehle die Kennzeichnung, sage dies also nichts über die Qualität eines Bauprodukts aus.

Dachgeschosswohnung umgebaut

Hätten die Architekten die Bauherren über eine Steuervergünstigung informieren müssen?

Die Eigentümer einer Frankfurter Dachgeschosswohnung hatten diese umbauen und sanieren lassen. Mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung war ein Architekturbüro (A-GmbH) beauftragt. Als das Bauvorhaben beendet war, behielten die Auftraggeber einen Teil des Honorars ein. Sie verrechneten diesen Betrag mit ihrem Anspruch auf Schadenersatz, erklärten sie.

Ihr Vorwurf: Die A-GmbH habe behauptet, beim Innenausbau spielten Gesichtspunkte des Denkmalschutzes keine Rolle. Das sei falsch gewesen. Wenn sie, die Eigentümer, richtig informiert worden wären, hätten sie das Bauvorhaben im denkmalgeschützten Gebäude fördern lassen können und wären so in den Genuss einer Steuervergünstigung gekommen (Sonderabschreibung). Durch die Fehlinformation des Architekturbüros sei ihnen ein (Steuer-)Schaden von rund 5.000 Euro entstanden.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied den Streit zu Gunsten der A-GmbH (29 U 185/20). Grundsätzlich gelte zwar: Wenn ein Architekt die Entwurfsplanung für ein Bauvorhaben übernehme, müsse er den Auftraggeber darüber informieren, ob das Vorhaben genehmigt werden müsse. Das sei hier der Fall.

Die A-GmbH hätte also die Bauherren darauf hinweisen müssen, dass die geplanten Umbaumaßnahmen eine Genehmigung der Denkmalschutzbehörde voraussetzten. Eventuell wäre dann der von den Bauherren behauptete Steuerschaden — die entgangene Abschreibungsmöglichkeit von Baukosten — nicht entstanden.

Dafür hafte aber das Architekturbüro trotz der Pflichtverletzung nicht. Im Vertragsrecht gelte nämlich: Der Verstoß gegen eine Beratungspflicht begründe nur dann einen Anspruch des unzureichend Beratenen auf Schadenersatz, wenn das Ziel der Beratungs- oder Hinweispflicht genau darin bestehe, den eingetretenen Schaden zu verhindern. Die Pflicht von Architekten, auf erforderliche Genehmigungen von Behörden hinzuweisen, ziele jedoch nicht darauf, dem Auftraggeber steuerliche Vergünstigungen zu erschließen.

Ob ein Bauvorhaben genehmigungspflichtig sei, müssten Architekten klären, um festzustellen, ob das Vorhaben überhaupt realisierbar sei und unter welchen Bedingungen. Architekten seien aber nicht verpflichtet, in jeder möglichen Hinsicht die Vermögensinteressen der Auftraggeber wahrzunehmen. Etwas anderes könne gelten, wenn ein Auftraggeber ein Bauvorhaben von vornherein als Abschreibungsobjekt betrachte — und der Architekt darüber beim Vertragsschluss Bescheid wisse. So liege der konkrete Fall aber nicht.

Architekt ließ sich mit Leistungsbeschreibung viel Zeit

Darf die Bauherrin aus diesem Grund den Architektenvertrag kündigen?

Die Eigentümerin eines Berliner Wohnhauses hatte beschlossen, das Dachgeschoss zu zwei Wohnungen auszubauen und diese zu verkaufen. Im Dezember 2013 beauftragte sie einen Architekten mit der Ausführungsplanung. So schnell wie möglich müsse er eine Leistungsbeschreibung erstellen, teilte ihm die Bauherrin mit: Einen Kaufinteressenten habe sie schon gefunden, nun wolle sie unbedingt zügig mit den Baumaßnahmen beginnen.

Kein Problem, antwortete der Architekt per E-Mail: Für die geforderten Leistungen habe er im Januar und Februar Zeit, so dass sie mit dem Umbau im März 2014 anfangen könne. Schriftlich festgehalten wurde die Vereinbarung nicht. Bis Ende März 2014 erstellte der Architekt nur einige Grundrisszeichnungen und bemühte sich bei der Baubehörde darum, die Baugenehmigung um Dachterrassen zu erweitern.

Die Auftraggeberin beanstandete die Verzögerung: Ohne das immer noch fehlende Leistungsverzeichnis könne sie mit Baufirmen nicht verhandeln, der Architekt müsse es bis 4. April liefern.

Da das nicht klappte, kündigte die Bauherrin am 9. April 2014 den Architektenvertrag. Ihr sei ein Käufer abgesprungen, so die Begründung, weil der Architekt nicht wie zugesagt termingerecht arbeite. Der Auftragnehmer schickte eine Rechnung "über seine komplette Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen": Ein Honoraranspruch von 21.650 Euro brutto sei noch offen.

Als die Hauseigentümerin nicht zahlte, zog der Architekt vor Gericht, erreichte beim Kammergericht Berlin jedoch nur einen Teilerfolg (21 U 1030/20): Er dürfe nur die bis zur Kündigung geleisteten Arbeiten abrechnen (7.235 Euro), so das Gericht, denn die Kündigung sei wirksam. Bis Anfang März habe der Architekt weder eine zeichnerische Ausführungsplanung, noch eine detaillierte Leistungsbeschreibung für das Bauvorhaben erstellt.

Dieser Zwischentermin sei fix vereinbart worden, auch wenn die Parteien die Frist nicht "kalendermäßig" festgelegt hätten. Denn die Auftraggeberin habe beim Vertragsschluss klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sehr großen Wert auf baldigen Baubeginn legte — und der Auftragnehmer habe sich damit einverstanden erklärt. Im Januar und Februar 2014 könne er die Bedingungen für den Baubeginn schaffen, habe er geschrieben.

Zu diesen Bedingungen gehöre zwingend ein Leistungsverzeichnis, auf dessen Grundlage die Hauseigentümerin in Verhandlungen mit Bauunternehmen einsteigen könne. Sie habe den Architektenvertrag "aus wichtigem Grund" kündigen dürfen, weil der Architekt den verbindlich vereinbarten Termin für den Baubeginn — Anfang März — nicht eingehalten habe.

Parkett verformt sich durch Fußbodenheizung

Architektenbüro hatte das Parkett nicht auf Temperaturbeständigkeit geprüft

Ein Wohnungsbauunternehmen hatte eine Architekten-GmbH, mit der es schon öfter zusammengearbeitet hatte, mit dem Neubau einiger Mehrfamilienhäuser beauftragt. Die meisten Wohnungen wurden mit Parkett ausgestattet. Das Bauunternehmen wünschte Parkett der bewährten Marke B. Als jedoch der Parkettverleger dem Architekturbüro das Fabrikat C anbot, waren alle Beteiligten einverstanden.

Mit der Temperaturbeständigkeit des Produkts setzten sich die Architekten nicht auseinander. Schon bald nach dem Einzug der Mieter verformte sich das über Fußbodenheizungen verlegte Parkett durch zu große Hitze: Es vertrug nur eine Oberflächentemperatur von maximal 26 Grad Celsius. Das Bauunternehmen als Auftraggeber forderte von der Architekten-GmbH Schadenersatz für die Kosten des Parkett-Austauschs.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach dem Auftraggeber nur ein Drittel des erforderlichen Betrags zu (23 U 153/20). Grundsätzlich hafte das Architekturbüro für die Folgen seiner Pflichtverletzung, das Bauunternehmen nicht auf das Temperaturproblem hingewiesen (genauer: es nicht daran erinnert) zu haben. Um Parkettschäden zu vermeiden, dürfe man die Fußbodenheizung nicht mit einer Oberflächentemperatur von mehr als 26 Grad betreiben.

Als die Handwerksfirma anbot, Parkett des Fabrikats C zu verlegen, hätten die Architekten vor einer Zusage die Gleichwertigkeit dieses Produkts mit dem in der Ausschreibung genannten Parkett B prüfen müssen — gerade im Punkt Temperaturbeständigkeit. Das Bauunternehmen und sein Heizungs-Fachplaner hätten dann das Problem bei der Planung berücksichtigen können, d.h. sie hätten die Oberflächentemperatur mit technischen Maßnahmen begrenzt oder eventuell doch ein anderes Parkett gewählt.

Schadenersatz in voller Höhe stehe dem Auftraggeber jedoch wegen überwiegenden Mit-Verschuldens nicht zu. Das Wohnungsbauunternehmen habe nämlich in der Vergangenheit mehrmals Parkett auf Fußbodenheizungen verlegen lassen und das Temperaturproblem gekannt. Also hätte sich der Auftraggeber über die Anforderungen des Parketts C in erster Linie selbst informieren und die technische Lösung mit dem Architekten und dem Fachplaner abstimmen müssen. (Das Bauunternehmen hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Wiederbeschaffungswert von Donna Asana umstritten

Tierarzt wehrt sich gegen die hohe Schadenersatzzahlung für das tote Dressurpferd

Im Januar 2020 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) München einen Tierarzt zur Zahlung von 250.000 Euro Schadenersatz an eine Dressurreiterin: Ihr Dressurpferd Donna Asana war nach einer homöopathischen Eigenblutbehandlung an einer allergischen Reaktion gestorben ("anaphylaktischer Schock").

Gegen das Urteil legte der Tierarzt Revision ein, weil der vom OLG beauftragte Sachverständige seiner Ansicht nach den Wert des Pferdes zum Todeszeitpunkt weit überschätzt hatte: Es sei für eine anaphylaktische Reaktion anfällig gewesen, das mindere den Wert des Tieres. Die Klage der Reiterin müsse abgewiesen werden, soweit der Schadenersatz für den Verlust des Pferdes 50.000 Euro übersteige.

Beim Bundesgerichtshof (BGH) erreichte der Mediziner zumindest einen Teilerfolg (VI ZR 87/20). Von Wertverlust habe das OLG nichts wissen wollen, so der BGH, und dies folgendermaßen begründet: Ob das Tier für eine allergische Reaktion besonders anfällig gewesen sei, spiele keine Rolle. Denn bevor so eine Reaktion auftrete, wisse niemand davon. Also hätten potenzielle Käufer des Dressurpferdes diese Anfälligkeit nicht als wertmindernden Faktor berücksichtigt.

Mit dieser Argumentation war der BGH nicht einverstanden: Wenn es darum gehe, den finanziellen Schaden durch den Verlust eines Tieres zu bemessen, komme es auf seine objektiven Eigenschaften an. Wem wann welche Eigenschaften des Pferdes bekannt gewesen seien, sei unerheblich. Man müsse also einen eventuellen Wertverlust bei der Schadenersatzhöhe berücksichtigen — andernfalls würde die Dressurreiterin durch den Schadenersatz finanziell besser dastehen als vor dem Tod des Pferdes.

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache ans OLG zurück, der Rechtsstreit geht also in die nächste Runde. Ob der Schadenersatz so drastisch gekürzt wird, wie vom Tierarzt gewünscht, ist allerdings fraglich. Schließlich hat der Mediziner das Dressurpferd vor der tödlichen letzten Dosis sechsmal mit einer Mischung aus Eigenblut und Homöopathika behandelt, wie dem Urteil des OLG zu entnehmen ist.

Und laut Sachverständigengutachten wird eine allergische Reaktion immer wahrscheinlicher, je öfter ein Pferd potenziell Allergie auslösenden Stoffen gespritzt bekommt. Demnach hat der Tierarzt, wenn auch auf Wunsch der Reiterin, die wertmindernde "Anfälligkeit" des Dressurpferdes selbst herbeigeführt.

Hochzeitsfeier wegen Corona ausgefallen

Der vom Brautpaar engagierte Fotograf darf die Anzahlung nicht behalten

Der Termin am Standesamt fand im November 2020 statt, die kirchliche Trauung mit großer Feier war für Mai 2021 geplant. Das Münchner Brautpaar hatte einen Fotografen mit Hochzeitsfotos beauftragt. Zwei Stunden Arbeit am Standesamt, zehn Stunden sollte der Fotograf im Mai knipsen. Als Gesamtpreis wurden 3.000 Euro vereinbart, die halbe Summe zahlte das Paar an.

Am Standesamt konnte der Fotograf seinen Auftrag erfüllen. Doch die kirchliche Trauung und die Hochzeitsfeier musste das Paar absagen, weil im Mai 2021 Veranstaltungen und Feiern wegen der Corona-Pandemie verboten waren. Deshalb forderten die Auftraggeber den Fotografen auf, vom Vorschuss 1.000 Euro zurückzuzahlen. Für die ausgefallene Feier Fotos anzufertigen, sei objektiv unmöglich gewesen. Daher stehe ihnen das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten.

Das Amtsgericht München gab dem Paar Recht (154 C 14319/21). Die vereinbarte Leistung habe der Fotograf nicht erbringen können, da der Auftrag nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden konnte (juristisch: Fixschuld). Die Brautleute hätten mit dem Fotografen keinen Ersatztermin vereinbaren können, denn an einer Hochzeitsfeier dieses Kalibers seien eine Menge Leute beteiligt. So einen Termin müsse das Paar mit den Arbeitgebern absprechen, mit der Kirche, mit dem Veranstaltungsort der Feier, mit Lieferanten und mit Gästen.

Alle Beteiligten nochmals zu einem Termin zu versammeln, sei fast ein unmögliches Unterfangen — zumal die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen ja nach Mai 2021 andauerten. Der Fotograf habe am Standesamt zwei Stunden lang Fotos angefertigt. Das entspreche einem Sechstel der vereinbarten Zeit. Ihm stehe daher ein Sechstel der vereinbarten Vergütung zu, d.h. 500 Euro. Die restliche Anzahlung von 1.000 Euro müsse der Fotograf zurückzahlen.

Solaranlagen-Leistung falsch berechnet

Eine Eigentümergemeinschaft verlangt vom beratenden Ingenieur Schadenersatz

Eine Eigentümergemeinschaft beauftragte ein Ingenieurbüro mit "Vor-Ort-Energieberatung". Der Ingenieur empfahl, die Heizungsanlage durch eine Gas-Brennwert-Anlage und eine Solaranlage zu ersetzen. So wurde es auf der Eigentümerversammlung beschlossen — auf Basis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Ingenieurs, der dann auch die Anlagen plante und die Installation überwachte.

Der Bau der Solaranlage werde ca. 45.000 Euro kosten, hatte der Berater geschätzt, ihr Betrieb werde jährlich 74.844 kWh Strom sparen. Das entspreche (bei 0,07 Euro pro kWh = Strompreis von 2011) einem Betrag von 5.239 Euro. In ca. achteinhalb Jahren sollte sich demnach die Anlage amortisiert haben. Dieses Ziel wurde nicht annähernd erreicht, die Berechnungen des Planers waren fehlerhaft. Im Laufe von fünf Jahren schwankte die Energieersparnis durch die Solaranlage zwischen 11.282 kWh und 16.486 kWh.

Deshalb verklagte die Eigentümergemeinschaft den beratenden Ingenieur auf Zahlung von über 30.000 Euro Schadenersatz: Sie habe die Solaranlage nur in Auftrag gegeben, weil er eine hohe Energieersparnis versprochen habe. Angesichts ihrer geringen Leistung stelle die Anlage eine Fehlinvestition dar.

Die Anlage leiste vielleicht weniger als erwartet, erklärte das Landgericht, das habe aber nicht zu einem finanziellen Schaden für die Eigentümer geführt. Immerhin werde weniger Strom verbraucht als früher. Mit dieser Begründung wies das Landgericht die Klage der Eigentümergemeinschaft ab.

Damit war das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht einverstanden (22 U 66/21). Anders als angenommen, amortisiere sich die Anlage nicht nach achteinhalb Jahren. Die Ermittlung der Energieersparnis gehörte zur Planungsaufgabe. Falsche Berechnungen seien der Grund für den Planungsauftrag ans Ingenieurbüro und für den Installationsauftrag gewesen. Insofern sei sehr wohl von einem Schaden auszugehen. Der sei aber anders zu berechnen, als die Eigentümergemeinschaft meine.

Der Ingenieur müsse sie finanziell nicht so stellen, als würde die Anlage funktionieren wie versprochen. Denn zum einen habe sich der Planer da zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet: Eine Solaranlage mit der versprochenen Leistung sei technisch gar nicht realisierbar. Zum anderen könnten die Eigentümer die Solaranlage insgesamt über 20 Jahre lang nutzen und damit stetig Energie sparen, wenn auch nicht so viel wie erhofft.

Um den Schaden durch die falsche Beratung zu berechnen, müsse man die Kosten der Anlage ihren Erträgen gegenüberstellen: den Erträgen, die bis jetzt erzielt wurden und künftigen Erträgen, die die Anlage bis zum Ende ihrer Lebensdauer noch erzielen könne. Bei stetig steigenden Energiepreisen dürfte der Vorteil durch die Anlage mindestens bei 25.000 Euro liegen. Demnach belaufe sich der zu ersetzende Schaden auf knapp 11.000 Euro (20.000 Euro minus KfW-Zuschuss für die Anlage).

Bauherr wollte ein Flachdach

Der Architekt sollte das Haus "genehmigungsfähig" planen, doch laut Bebauungsplan waren Flachdächer unzulässig

Ein Dilemma für den beauftragten Architekten: Für den Bauherrn eines Einfamilienhauses sollte er eine "genehmigungsfähige Planung" erstellen. Der Auftraggeber wollte unbedingt ein Flachdach. Im kommunalen Bebauungsplan waren in der Umgebung des Baugrundstücks jedoch andere Dachformen mit einer bestimmten Dachneigung vorgeschrieben. Die Gemeinde legte Wert auf eine "homogene Gestaltung" der Neubauten.

Für ein Flachdach wäre eine Ausnahmegenehmigung nötig gewesen ("Befreiung" von den Vorschriften des Bebauungsplans). Da sie von der Baubehörde nicht erteilt wurde, weigerte sich der Auftraggeber, dem Architekten das vereinbarte Honorar zu zahlen: Seine Leistung sei für ihn, den Bauherrn, wertlos. Es wäre die Aufgabe des Architekten gewesen zu prüfen, ob der Wunsch des Bauherrn überhaupt realisierbar sei, und ihn dann auf das Genehmigungsrisiko hinzuweisen.

Der Architekt klagte das Honorar ein, verlor jedoch den Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (2 U 2751/19). Vergeblich berief er sich darauf, dass der Bauherr über den Bebauungsplan Bescheid gewusst und damit auch das Genehmigungsrisiko übernommen habe.

Im Vertrag stehe nur, es sollten Vorgespräche mit dem Bauamt über die "evtl. notwendige Befreiung" von den Festsetzungen des Bebauungsplans geführt werden, stellte das OLG fest. Daraus sei nicht abzuleiten, dass der Auftraggeber das Genehmigungsrisiko tragen sollte. Dass kurz über eine "eventuell" nötige Ausnahmegenehmigung gesprochen wurde, belege dies nicht ansatzweise.

Der Architekt habe dem Bauherrn nicht einmal erläutert, dass die Befreiung möglicherweise scheitern könnte — diese Möglichkeit habe er nämlich selbst nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Eine nicht genehmigungsfähige Planung sei für den Auftraggeber nutzlos. Die Leistung des Architekten sei mangelhaft, da er sich dazu verpflichtet habe, eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung zu erstellen und diese Aufgabe nicht erfüllt habe. Von Ausnahmen abgesehen, sei das Genehmigungsrisiko das Risiko des Architekten. Der Bauherr schulde ihm kein Honorar.

"Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie"

Wer kieferorthopädische Leistungen ohne Fachzahnarzt-Prüfung anbietet, muss in der Reklame darauf hinweisen

Die regionale Zahnärztekammer rügte den Internetauftritt eines niedergelassenen Zahnarztes als irreführend. Er hat in Österreich eine Zusatzausbildung absolviert und den Titel "Master of Science Kieferorthopädie (MSC)" erworben. Seither erbringt er in seiner Praxis schwerpunktmäßig kieferorthopädische Leistungen.

Die dreijährige Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie hat er jedoch nicht durchlaufen. Deshalb dürfe er im Internet nicht mit Angaben wie "Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie" oder "Kieferorthopädie in der …-Straße" werben, forderte die Zahnärztekammer.

Dass solche Angaben bei Patienten die falsche Vorstellung erwecken, der Mediziner sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, konnte sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf nicht vorstellen: Dem durchschnittlich informierten Verbraucher sei bekannt, dass Zahnärzte kieferorthopädische Leistungen auch ohne die Zusatzqualifikation "Fachzahnarzt für Kieferorthopädie" durchführen dürften, meinte das OLG.

Diese Aussage widerspreche jeder Erfahrung, erklärte jedoch der Bundesgerichtshof (I ZR 114/20). In der Regel wüssten Patienten nicht viel über berufsrechtliche Regelungen für Ärzte. Dass das für Ärzte bestehende Verbot, außerhalb ihres Fachgebiets tätig zu werden, für Zahnärzte nicht gelte, dürfte wohl den meisten Patienten unbekannt sein.

Bei der Angabe "Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie" im Internet gingen sie daher ohne Weiteres davon aus, es mit einem Fachzahnarzt zu tun zu haben, der eine entsprechende Prüfung bestanden habe.

Unstreitig biete der Zahnarzt seit Jahren kieferorthopädische Leistungen an, die Angabe sei also zutreffend. Aber auch eine objektiv richtige Angabe könne irreführend sein, wenn sie bei Verbrauchern zu einer falschen Vorstellung führe. Diese Vorstellung könne zudem die Entscheidung von Patienten, ob sie sich in dieser Praxis behandeln lassen, beeinflussen. Denn mit dem Titel "Fachzahnarzt" verbänden die meisten Menschen besondere Kompetenz.

Daher müsse der Zahnarzt mit aufklärenden Hinweisen dafür sorgen, dass bei den Patienten kein Irrtum aufkomme. Er könne z.B. seinen richtigen Titel nennen, auf die Art der erworbenen Zusatzqualifikation und seine praktischen Erfahrungen verweisen.

Mieter erleiden Rauchgasvergiftung

Heizungs-Abgase zogen nach provisorischem Umbau nicht mehr ab: Dafür haftet der Architekt als Bauaufsicht

Mieter eines Reihenhauses landeten mit Rauchgasvergiftung im Krankenhaus. Was war passiert? In einer Siedlung wurden zwölf Reihenhäuser saniert und umgebaut, dabei sollten Kamine zurückgebaut werden. Der den Umbau planende Architekt hatte zugleich die Bauaufsicht übernommen. Die Häuser wurde mit Gasthermen geheizt, deren Abgase bisher über die funktionierenden Kaminzüge abzogen.

Der Architekt wies den Bauunternehmer an, während der Arbeiten provisorische Ableitungen für die Abgase zu schaffen. In einem Haus verstopften die Bauarbeiter jedoch nur den Kaminzug mit Mineralwolle. Vielleicht dachten sie leichtsinnigerweise, Ende Mai/Anfang Juni werde schon niemand heizen …

Elf Tage später stellten jedoch die Mieter dieses Hauses die Heizung an. Da die Abgase durch den verschlossenen Kaminzug nicht abzogen, stieg in der Raumluft die Konzentration von Kohlenmonoxid an, bis die Mieter erkrankten.

Vom Architekten verlangten sie Schadensatz: Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Köln (7 U 117/20). Die beim Betrieb der Gastherme anfallenden Abgase seien bisher über die Kamine abgeleitet worden — in dieses System habe der Architekt mit seinen Planungen und Maßnahmen eingegriffen und angeordnet, ein Provisorium einzurichten. Angesichts der damit verbundenen Gefahr für die Mieter der Auftraggeberin hätte er sich vergewissern müssen, ob die provisorischen Ableitungsmaßnahmen auch richtig ausgeführt wurden.

Schließlich sei er auch für die Bauüberwachung zuständig gewesen. Das Funktionieren der Provisorien hätte der Architekt regelmäßig kontrollieren müssen. Abgase stellten ein Risiko dar. Da könne sich der Architekt nicht einfach darauf berufen, dass er doch mit einem zuverlässigen Bauunternehmer kooperierte, der regelmäßig für die Wohnungsbaugesellschaft Aufträge ausführe. Die provisorische Ableitung von zwölf Kaminzügen vor Ort zu überprüfen, sei für die Bauaufsicht weder zeitlich, noch technisch unzumutbar gewesen.