Familie

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Testament widerrufen?

Verstorbene Großmutter wollte es angeblich vernichten lassen

Im Frühjahr 2010 starb eine Witwe im Alter von 95 Jahren. Sie hinterließ zwei Töchter C und E und zwei Enkel, Söhne der Tochter C. Einem Neffen hatte die Witwe zwei Testamente in verschlossenen Umschlägen zur Aufbewahrung gegeben. Sie hatte die Schriftstücke 2009 im Abstand von wenigen Wochen verfasst. In beiden Testamenten waren die Töchter als Erbinnen eingesetzt, doch im ersten kam die Familie von C "besser weg".

Nach dem Tod der Seniorin brachte der Neffe beide Testamente zum Nachlassgericht. Tochter E beantragte einen Erbschein auf Grund des zweiten Testaments. Dagegen wandten sich Tochter C und deren Söhne. Sie behaupteten, dieses Testament hätte der Neffe vernichten sollen. Das habe die Erblasserin zuletzt oft gesagt. Den letzten Willen der alten Frau, dass das erste Testament gelten solle, habe der Neffe einfach ignoriert.

Doch das Nachlassgericht bewilligte den Erbschein wie von E beantragt. Das Oberlandesgericht München wies die Beschwerde der Schwester C zurück (31 Wx 33/11). Nur wenn das zweite Testament wirksam widerrufen worden wäre, würde das frühere Testament erneut gelten. Das sei aber nicht der Fall.

Wenn ein Erblasser die Testamentsurkunde vernichte oder sie verändere, stelle das einen Widerruf des Testaments dar. Sei er/sie dazu nicht mehr in der Lage, könne er/sie sich eines Dritten bedienen - vorausgesetzt, diese Person führe den Auftrag direkt aus, ohne eigene Entschluss- und Handlungsfreiheit. Außerdem müsse das zu Lebzeiten des Erblassers geschehen.

Im konkreten Fall sei das letzte und damit gültige Testament weder vernichtet, noch verändert worden. Es sei daher wirksam - auch wenn der Enkel behaupte, der Onkel hätte es zerreißen sollen. Diese Botschaft der Großmutter habe er angeblich dem Onkel überbracht.

Allerdings habe der Enkel nicht einmal genau bezeichnen können, welches Testament gemeint war (das "detaillierte Testament von vor ein paar Jahren"). Es könne also keine Rede davon sein, dass die Erblasserin den Neffen als "unselbständig handelndes Werkzeug ihres letzten Willens" angewiesen habe, die Urkunde zu vernichten.

Hinausgeworfener Ehemann zerlegt Wohnungstür

Überrumpelte Ehefrau muss dem Vermieter den Schaden nicht ersetzen

Nach einigen Prügelattacken des Ehemannes war die Ehe am Ende. Auf Antrag der Frau sprach die Polizei wegen "häuslicher Gewaltausbrüche" einen so genannten "Platzverweis" aus, d.h. sie verbot dem Mann wegen drohender weiterer Angriffe, die Wohnung zu betreten. Davon ließ er sich allerdings nicht abschrecken: Kurz darauf zertrümmerte er die Wohnungstür, um hinein zu kommen.

Die Frau konnte gerade noch fliehen. Damit nicht genug: Nun trat der Vermieter auf den Plan und forderte von ihr Schadenersatz für die Türe. Er verwies auf den Mietvertrag: Demnach hatten Mieter auch ohne eigenes Verschulden für vorsätzliche unerlaubte Handlungen anderer Personen und Mitmieter einzustehen. Da sich die Frau weigerte, eine neue Türe zu bezahlen, klagte der Vermieter auf Schadenersatz - ohne Erfolg.

Sogar die fragliche Klausel im Mietvertrag, auf die der Vermieter seinen Anspruch stütze, setze voraus, dass sich die "anderen Personen" mit Wissen und Wollen des Mieters in der Wohnung aufhielten, so das Landgericht Würzburg (3 T 2449/10). Die Klausel sei nicht anwendbar, wenn sich der Ehepartner - wie hier - gegen den Willen der Mieterin gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschaffe.

Der Ehemann sei der Wohnung verwiesen worden und habe keine Schlüssel für die Wohnung mehr besessen. Wenn er rechtswidrig eindringe und vorsätzlich die Tür aufbreche, sei der so verursachte Schaden nicht der überrumpelten und bedrohten Mieterin anzulasten. Der Vermieter müsse sich schon an den Übeltäter halten.

Eilige Trennung: Frau nahm Sohn mit

Bis zur endgültigen Entscheidung über das Sorgerecht muss sie ihn dem Vater zurückgeben

Das unverheiratete Paar bekam 2007 einen Sohn. Das Sorgerecht übernahmen die Eltern gemeinsam, der Mann anerkannte die Vaterschaft. Kurz vor Weihnachten 2010 verließ die Frau nach heftigem Streit überstürzt ihren Lebensgefährten und zog mit dem Kind in eine andere Stadt. Mit Einverständnis des Vaters, behauptete die Mutter. Gegen seinen Willen, behauptete der Vater.

Anfang Januar beantragte der Mann, ihm die Alleinsorge oder wenigstens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Jungen zu übertragen. Nach Gesprächen mit allen Beteiligten und dem Jugendamt stimmte das Familiengericht diesem Antrag zu. Die Mutter musste dem Vater das Kind übergeben.

Bis der Streit um das Sorgerecht entschieden und das dafür notwendige Sachverständigengutachten fertig sei, bleibe der Junge beim Vater, bestätigte das Oberlandesgericht Saarbrücken (6 UF 40/11). Dort sei das Kind sozial integriert und habe den Kindergarten besucht. Den Jungen in der ersten Phase der Trennung Hals über Kopf aus seiner gewohnten Umgebung herauszureißen, um "Fakten zu schaffen", widerspreche dem Kindeswohl.

Denn: Würde im Sorgerechtsverfahren beschlossen, dass der Vater den Jungen betreuen solle, müsste das Kind im Frühjahr nach wenigen Wochen schon wieder von der Mutter zum Vater umziehen und erneut die Bezugsperson wechseln. Umgekehrt sei es weniger gravierend: Werde der Mutter das Kind im Verfahren doch "zugesprochen", verzögere sich der Umzug in die andere Stadt nur eine Weile.

Allerdings werde das eigenmächtige, ja rücksichtslose Verhalten der Mutter zu bedenken sein, wenn es darum gehe, ihre Eignung fürs Kindererziehen zu beurteilen. Einen naturgegebenen Vorrang der mütterlichen Bindung zum Kind gebe es nicht mehr, zumindest dann nicht, wenn das Kind auch zum Vater eine gute Beziehung aufgebaut habe. Das sei hier der Fall: Der Junge habe sehr bestimmt den Wunsch bekundet, zum Vater zurückzukehren. Zumindest vorerst kehre jetzt Ruhe ein.

Berliner zieht zum Partner nach München

In Berlin Job gekündigt: Jobcenter darf ihm deswegen nicht das Arbeitslosengeld sperren

Wieder ein Schritt in Richtung Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften: Kündigt einer der Partner sein Arbeitsverhältnis, um zum Partner in eine andere Stadt zu ziehen, darf ihm deshalb nicht das Arbeitslosengeld gesperrt werden, entschied das Sozialgericht München (S 57 AL 816/08).

Der konkrete Fall: Nach fünf Jahren Arbeit am Empfang eines Berliner Hotels kündigte der Rezeptionist das Arbeitsverhältnis. Denn sein Freund, mit dem er in Berlin schon einige Jahre zusammengelebt hatte, musste aus beruflichen Gründen nach München ziehen. Eine Trennung kam für den Hotel-Angestellten nicht in Frage, also zog er ebenfalls um.

In München fand er nicht gleich eine Arbeitsstelle. Der Mann meldete sich beim Jobcenter arbeitslos. Doch Geld sah er erst mal nicht: Die Behörde sperrte für zwölf Wochen das Arbeitslosengeld, weil er freiwillig seinen Arbeitsplatz aufgegeben und so selbst die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Ein wichtiger Grund dafür sei nicht erkennbar …

Gegen den ablehnenden Bescheid des Jobcenters klagte der Neu-Münchner und pochte auf Gleichbehandlung: Bei Partnerschaften zwischen Mann und Frau werde es regelmäßig als akzeptabler Grund für eine Kündigung anerkannt, wenn jemand zum Partner ziehen wolle. Da werde keine Sperre verhängt.

Das Sozialgericht München gab dem Mann in diesem Punkt Recht: Wer wegen des Nachzugs zum gleichgeschlechtlichen Partner kündige, gegen den dürfe keine Arbeitslosengeld-Sperre verhängt werden. Ob ein "wichtiger Grund" vorliege oder nicht, dürfe nicht von der sexuellen Orientierung abhängen, das wäre willkürlich. Ausschlaggebend sei die Intensität der Beziehung: Und die sei hier durchaus mit einer Ehe vergleichbar.

Trotzdem wurde die Klage des ehemaligen Hotelangestellten abgewiesen: Weil er nicht alle "zumutbaren Anstrengungen unternommen habe, um Arbeitslosigkeit infolge des Umzugs" abzuwenden. Er hätte rechtzeitig - d.h. vor der Kündigung im Hotel - das Arbeitsamt einschalten und sich schon von Berlin aus intensiv um Arbeit in München bemühen müssen.

Kindertagesstätte kündigt Betreuungsvertrag

Eine Kündigungsfrist von drei Monaten ist nicht zu beanstanden

Ab Herbst 2007 besuchte der (jetzt fünf Jahre alte) Sohn berufstätiger Eltern eine Münchner Kindertagesstätte mit Ganztagsbetreuung. Das Kind leidet an hochgradiger Allergie. In der Kindertagesstätte deponierten die Eltern deshalb eine Notfallkiste für ihn mit verschiedenen Medikamenten und einem Notfallpass. Ende März 2011 kündigte die Kindertagesstätte den Betreuungsvertrag zum 30. Juni, ohne dies zu begründen.

Dagegen klagten die Eltern: Die Kündigungsfrist von drei Monaten (die allerdings im Betreuungsvertrag so vereinbart war) sei zu kurz. Zudem sollten Kinder aus pädagogischen Gründen die gesamte Kindergartenzeit in einer Einrichtung verbringen. Im Übrigen sei die Kündigung schon deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie letztlich wegen der Allergie und den damit verbundenen Umständen ausgesprochen worden sei. Darüber hätten die Betreuer aber von Anfang an Bescheid gewusst.

Die Kindertagesstätte hielt jedoch das Risiko eines allergischen Schocks für zu groß für die Mitarbeiter. Und die vereinbarte Kündigungsfrist sei wesentlich länger als die gesetzlich vorgeschriebene von zwei Wochen.

So sah es auch das Amtsgericht München: Die Kündigung sei wirksam (222 C 8644/11). Gemäß dem bürgerlichen Gesetzbuch könnten Dienstverträge ohne Angabe von Gründen in den ersten zwei Wochen jedes Monats bis zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigungsklausel im Betreuungsvertrag sehe eine großzügigere Regelung vor und gelte für beide Seiten. Das sei nicht zu beanstanden.

Ein Wechsel der Kindertagesstätte sei nicht ideal, aber zu verkraften. Anders als in der Schule gebe es kein "Kindergartenjahr", das es für den Jungen zwingend notwendig machen würde, in der Einrichtung zu bleiben. Kindergartenplätze seien zwar in München ein knappes Gut. Da der Junge aber über drei Jahre alt sei, hätten die Eltern einen Rechtsanspruch auf einen anderen Kindergartenplatz. Die Kündigungsregelung benachteilige sie daher nicht unangemessen.

Als dritten Vornamen kann ein Mädchen ...

... auch den Geburtsnamen des Vaters - "Bock" - führen

Die Eltern des Mädchens hatten bei der Heirat ihre Geburtsnamen beibehalten und keinen Ehenamen bestimmt. Für die im März 2009 geborene Tochter wählten sie den Familiennamen der Mutter als Nachnamen. Auf dem Standesamt erklärten die Eltern, das Mädchen solle die Vornamen "Clara Elisabeth Bock" erhalten. Bock ist der Nachname des Vaters.

Das sollte die Verbundenheit zwischen Vater und Tochter dokumentieren, aber auch deren koreanische Wurzeln. Denn die Großmutter mütterlicherseits, die vor 35 Jahren Deutsche wurde, stammt aus Korea. Und im Koreanischen bedeutet "Bock" Glück. Das Standesamt hielt den Vornamen "Bock" für unzulässig und legte das Problem der Justiz vor.

Das Landgericht fand den Namen ebenso fragwürdig wie die Standesbeamten: "Bock" ähnele keinem einzigen weiblichen Vornamen und werde im deutschen Sprachgebrauch nur zur Bezeichnung männlicher Tiere wie "Ziegenbock" verwendet. Das werde später Anlass für Hänseleien und sexuell motivierte Wortspiele bieten - "geiler Bock", "bockig", "null Bock" - und so möglicherweise das Wohl des Kindes beeinträchtigen.

Doch das Oberlandesgericht Frankfurt teilte diese Bedenken nicht und wies das Standesamt an, den Namen in das Geburtenregister einzutragen (20 W 284/10). Dass der Name "Bock" nur als Nachname gebräuchlich sei, gefährde das Wohl des Kindes nicht. Das Recht der Eltern, Namen frei zu wählen, umfasse auch ausgefallene oder der Phantasie entstammende Vornamen. Das Geschlecht des Kindes brächten die ersten beiden Vornamen deutlich genug zum Ausdruck.

Außerdem sei der Name "Bock" für das Kind identitätsstiftend, weil er die besondere Beziehung zum Vater und zur Großmutter reflektiere. Witzeleien in Kindergarten oder Schule könne die Familie später vermeiden, indem sie den dritten Vornamen im Alltag nicht gebrauche - das sei ohnehin üblich. Letztlich sei es nicht die Aufgabe der Standesämter und Gerichte, Eltern zur Wahl sinnvoller Namen für die Kinder anzuregen.

Tochter betreut eigenes Kind ...

... und beginnt erst danach ein Studium: Damit verwirkt sie nicht den Ausbildungsunterhalt

2001 hatte die 20-Jährige das Abitur gemacht und anschließend ein freiwilliges soziales Jahr geleistet. Anfang 2003 bekam die unverheiratete junge Frau ein Kind, das sie dreieinhalb Jahre betreute. Ab Oktober 2006 studierte sie Sozialpädagogik und schloss das Studium 2009 ab. Da ihr (geschiedener) Vater keinen Ausbildungsunterhalt zahlte, bekam sie vom BAföG-Amt 585 Euro monatlich als Vorschuss. Vom Vater des Kindes erhielt die Studentin kein Geld.

Ihren eigenen Vater verklagte sie auf Unterhalt, um die Schuldenlast beim BAföG-Amt zu reduzieren. Er müsse der Tochter nachträglich 206 Euro pro Monat zahlen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil (XII ZR 127/09). Vergeblich wandte der Vater ein, die Tochter habe ihre Ausbildung alles andere als zielstrebig und konsequent betrieben. Daher schulde er keinen Unterhalt.

Die junge Frau habe das Studium verzögert begonnen, aber aus gutem Grund, fand der BGH. Ein "soziales Jahr" sei ihr im Rahmen einer Orientierungsphase zuzugestehen. Und ein Kind zu erziehen, verletze erst recht nicht die Pflicht, sich zügig und ernsthaft um eine Berufsausbildung zu bemühen. Sie habe daher Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.

In den ersten drei Lebensjahren sei es geboten, ein Kind persönlich zu betreuen. Danach habe die Tochter zum nächstmöglichen Termin mit dem Studium begonnen und es in der Regelstudienzeit beendet. Der Vater müsse ebenso wie die Mutter für einen Teil des Bedarfs der Tochter einstehen. Dass die Tochter - immer noch traumatisiert durch die Scheidung der Eltern - Kontakt mit ihm ablehne, berechtige ihn auch nicht dazu, den geringen Unterhaltsbetrag zu verweigern.