Die Busfahrerinnen und Busfahrer eines kommunalen Verkehrsbetriebs arbeiten im Schichtdienst und jedes zweite Wochenende. So auch der Vater dreier Schulkinder. Da die Mutter die Familie verlassen hatte, zog er die Kinder alleine auf.
Deshalb beantragte der Busfahrer bei der Arbeitgeberin Teilzeit ohne Schichtdienst: Er wollte seine Arbeitszeit von 39 auf 37,5 Stunden reduzieren und auf die Wochentage Montag bis Freitag zwischen 8 und 16 Uhr verlegen. Anders könne er die Kinder nicht betreuen, erklärte der Mann: Schule und Kita endeten um 16 Uhr. Die Arbeitgeberin müsse es ihm ermöglichen, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Sein Chef lehnte den Antrag strikt ab: Die Organisation des Betriebs mache es unmöglich, wunschgemäß für einzelne Mitarbeiter einen individuellen Dienstplan mit festen Arbeitszeiten zu basteln, behauptete er.
Allerdings warb die Arbeitgeberin einige Monate nach diesem Gespräch auf ihrer Internetseite um neue Mitarbeiter mit dem Versprechen, die zeitlichen Wünsche von Eltern, insbesondere von Alleinerziehenden, könnten "flexibel in die Dienstpläne integriert" werden.
Das Landesarbeitsgericht Hamburg entschied, dass die Arbeitgeberin dem Antrag des Busfahrers entsprechen muss (1 Sa 50/20). Es sei nicht ersichtlich, inwiefern es betriebliche Arbeitsabläufe wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen könnte, die Arbeitsstunden des Vaters auf die gewünschte Zeit an Wochentagen zu verlegen.
Wenn so ein Wunsch das Betriebskonzept massiv störte, würde die Arbeitgeberin wohl kaum neu eingestellten Fahrern und Fahrerinnen anbieten, ihre Arbeitszeit flexibel zu gestalten.
Nach ihrem derzeit gültigen Arbeitszeitsystem müssten Mitarbeiter abwechselnd an sieben Tagen pro Woche und an 256 Tagen im Jahr rund um die Uhr arbeiten. Familienfreundlich sei dieses Modell gewiss nicht, schon gar nicht für Alleinerziehende. Abends und am Wochenende seien Schulen und Kitas geschlossen.
Wenn die Arbeitgeberin nun aber bei neuen Mitarbeitern eine Abweichung von ihrem Arbeitszeitsystem für akzeptabel halte, sei es völlig unverständlich, warum sie gegenüber dem angestellten Fahrer behaupte, dies würde ihr Organisationskonzept empfindlich stören. Auf dessen Interessen als alleinerziehender Vater Rücksicht zu nehmen, sei für die Arbeitgeberin zumutbar.