Familie

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Mann verkauft der Ex-Frau seinen Hausanteil

Erlös aus dem Verkauf des Miteigentumsanteils kann steuerpflichtig sein

Ein Ehepaar hatte 2008 ein Einfamilienhaus gekauft und bezogen. 2015 trennte sich das Paar. Der Ehemann zog aus, die Frau blieb mit dem gemeinsamen Kind im Familienheim. Als es im Scheidungsverfahren um die Aufteilung des Vermögens ging, drohte die Ehefrau mit Zwangsversteigerung der Immobilie. Da entschied sich der Ehemann, ihr seinen hälftigen Miteigentumsanteil zu verkaufen.

Am Gewinn wollte das Finanzamt beteiligt werden, die Behörde verlangte Einkommensteuer.

Grundsätzlich ist der Erlös beim Verkauf einer Immobilie nicht zu versteuern, wenn zwischen Bau oder Anschaffung und dem Verkauf mindestens zehn Jahre liegen. Diese Frist war hier noch nicht abgelaufen. Darüber hinaus gilt: Beim Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie wird keine Einkommensteuer erhoben — vorausgesetzt, sie wurde vom Eigentümer mindestens im Jahr des Verkaufs und während der zwei Jahre zuvor selbst bewohnt.

Der Bundesfinanzhof wies die Klage des Steuerzahlers gegen den Steuerbescheid ab (IX R 11/21). Grundsätzlich sei zwar ein Hausverkauf nicht steuerpflichtig, wenn die Immobilie selbst bewohnt wurde: entweder durchgängig zwischen Kauf und Verkauf oder zumindest im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren. Im konkreten Fall habe der Ehemann jedoch während des Scheidungsverfahrens die Immobilie nicht mehr selbst bewohnt.

Schon 2015 sei er aus dem Familienheim ausgezogen. Damit sei die Bedingung für den steuerfreien Verkauf, die Eigennutzung der Immobilie, weggefallen. Auch eine besondere Zwangslage wie z.B. eine Zwangsversteigerung habe hier nicht vorgelegen, was eine Steuerpflicht ausschließen könne. Letztlich habe der Mann seinen Hausanteil freiwillig verkauft, auch wenn ihn die geschiedene Frau deswegen unter Druck gesetzt habe.

Den Namen der Ex-Frau als Internet-Domain benutzt

Der Mann betrieb unter ihrem Namen eine Webseite und veröffentlichte Fotos von ihr

Schon seit 2014 ist ein ehemaliges Paar geschieden, doch noch immer scheint der Ex-Ehemann auf Rachefeldzug zu sein. Immer wieder einmal beschimpfte er seine Verflossene öffentlich als "vollkommen dumm", "Lügnerin" und "Betrügerin". Dann verfiel der Mann auf die Idee, ihren Namen als Internet-Domain zu verwenden — so dass Internetnutzer den Eindruck bekommen mussten, die Frau betreibe die Webseite selbst.

Hier berichtete er in der Ich-Form auf wenig schmeichelhafte Weise über ihre Rolle als Mutter und in der zerrütteten Ehe. Dazu veröffentlichte der Mann ein Foto, das die Frau von hinten zeigte — nur mit einem Tanga bekleidet. Kommentar zum Bild: "Man zeigt seinen Kindern den Arsch". Vergeblich forderte ihn die Frau auf, das Foto zu entfernen und die Internetseite freizugeben. Der Übeltäter war der Ansicht, keinerlei Rechte verletzt zu haben.

Schließlich zog die Frau vor Gericht, um ihre Forderungen und eine Entschädigung durchzusetzen. Beim Landgericht Coburg hatte die Klage überwiegend Erfolg (12 O 68/21). Der Mann dürfe den Namen seiner Ex-Frau nicht als Internet-Domain verwenden und er müsse die Internetseite freigeben, entschied das Landgericht. Unter einem fremden Namen eine Domain registrieren zu lassen und im Netz zu verwenden, verletze das Namensrecht.

So habe der Mann absichtlich den falschen Eindruck erweckt, seine geschiedene Frau betreibe diese Internetseite selbst und publiziere geschmacklose Fotos. Zwar sei ihr Gesicht auf dem Bild nicht zu sehen, sondern nur ihr Rücken und ihr mit Tangaunterwäsche bekleidetes Gesäß. Doch ergebe sich ein klarer Bezug zu ihrer Person aus dem Domainnamen und aus dem Begleittext zum Bild. Dadurch habe der Mann das Recht seiner früheren Ehefrau am eigenen Bild verletzt.

Eine Entschädigung blieb der Frau allerdings verwehrt. So massiv sei die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nicht gewesen, dass dies mit Geld aufgewogen werden müsse, fand das Landgericht. Schließlich gehe es hier nicht um ein Nacktfoto des Intimbereichs. Vergleichbare Bilder seien heutzutage auch in wöchentlich erscheinenden Werbeprospekten nichts Ungewöhnliches mehr.

Senioren-Paar darf erwachsenen Urenkel nicht adoptieren

Kurzartikel

Eine "Erwachsenenadoption" ist nur bei einer starken inneren Bindung "im Sinn eines Eltern-Kind-Verhältnisses" zulässig. Deshalb lehnte das OLG Oldenburg den Antrag eines alten Ehepaares ab, den erwachsenen Urenkel adoptieren zu dürfen. Gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis sprächen hier der erhebliche Altersunterschied und das intakte Verhältnis des jungen Mannes zu seiner Mutter. Einige Indizien belegten, dass nur Erbschaftsteuer gespart werden solle: Das reiche nicht aus, um eine Adoption zu rechtfertigen.

Detailfragen der Umgangsregelung

Amtsrichter am Familiengericht bezweifelt seine Zuständigkeit

Der Vater eines zweieinhalbjährigen Kindes hatte sich mit der Mutter dahingehend geeinigt, dass er alle zwei Wochen samstags und sonntags und zwischendurch noch einmal einen halben Tag mit seinem Sohn zusammen sein durfte. Er beantragte später beim Familiengericht, sein Umgangsrecht auszuweiten: Das Kind sollte an den Besuchswochenenden bei ihm auch übernachten. Mit diesem Antrag hatte der Vater keinen Erfolg.

Entgegen der gängigen Gerichtspraxis befand das Amtsgericht Groß-Gerau, es sei nicht seine Aufgabe zu bestimmen, ob es dem Kind guttue, beim Vater zu übernachten (71 F 251/94). Die Mutter habe für ihre Einwände ebenso gute Argumente wie der Vater. Die Mutter verweise auf die Schlafstörungen des Kindes, der Vater nehme an, die Schlafstörungen und sonstigen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes seien auf seinen Auszug zurückzuführen.

Derartige Fragen zu entscheiden, falle nicht in den Bereich des Rechts, so das Amtsgericht, sondern in den der Pädagogik. Ein Familienrichter, der das Kind nur aus der mündlichen Verhandlung kenne, sei damit überfordert, Detailfragen in Bezug auf Kleidung, Ernährung, Übernachten und Aufsicht zu entscheiden. (Was dem Kindeswohl am besten entspricht, wird heutzutage in der Regel auf Basis psychologischer Gutachten und/oder Stellungnahmen des Jugendamts-Personals entschieden.)

Streit um Trennungsunterhalt

Der Ehemann warf seiner Frau vor, sie habe ihre Bedürftigkeit leichtfertig selbst verschuldet

Ein Ehepaar hatte sich im Sommer 2018 getrennt, seit Februar 2020 sind die Partner geschieden. Bereits Anfang 2019 hatte die Ehefrau nicht gezahlten Trennungsunterhalt eingeklagt und gefordert, der Unterhalt müsse bis zur Scheidung auf 434 Euro monatlich erhöht werden. Sie ist Friseurin und verdient im Monat durchschnittlich rund 1.000 Euro netto, zuzüglich ungefähr 100 Euro Trinkgelder.

Der Ehemann, der 1.865 Euro verdient, behauptete, er sei leistungsunfähig. Außerdem sei seine Frau selbst schuld, erklärte er: Sie wäre nicht auf Unterhalt angewiesen, wenn sie nicht mit einem Wechsel des Arbeitsplatzes nach der Trennung 2018 leichtfertig ihr Einkommen vermindert hätte. Sie arbeite jetzt in einer anderen Filiale des Friseurgeschäfts, beziehe dort weniger Gehalt und angeblich auch weniger Trinkgeld. Aber der Trennungsunterhalt müsse sich nach ihrem Einkommen während der Ehe richten.

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied den Streit zu Gunsten der geschiedenen Frau (13 UF 212/19). "Bedürftig" im Sinne des Gesetzes sei sie allemal, da ihr Einkommen während der Trennungszeit wesentlich geringer gewesen sei als das ihres Ehemannes. Dabei komme es nur darauf an, was die Friseurin jetzt tatsächlich verdiene und nicht auf das Gehalt, das sie bis zum Arbeitsplatzwechsel bezogen habe. Denn leichtfertig verringert habe sie ihr Gehalt nun wirklich nicht.

Vielmehr habe die Friseurin früher durch erhebliche Mehrarbeit — 11-Stunden-Schichten! — zusätzlich Geld verdient. Das habe sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr durchhalten können. Durch den Umzug zu ihrer Mutter habe sie sogar Miete gespart. Aber der Umzug habe es eben auch notwendig gemacht, in eine andere, wohnortnähere Filiale des Arbeitgebers zu wechseln. Da gebe es eine "andere Kundenstruktur" und weniger Trinkgeld.

Es könne also keine Rede davon sein, dass die Frau rücksichtslos gegen die Interessen ihres Ehemannes gehandelt habe. Es sei nicht leichtfertig, auf Überstunden zu verzichten, wenn die ständige Mehrarbeit die eigene Gesundheit gefährde.

Wer wird Hoferbin?

Die Tochter des verstorbenen Landwirts kennt sich nicht aus, die Schwester ist "wirtschaftsfähig"

Ein unverheirateter Landwirt war 2020 im Alter von 69 Jahren gestorben, ohne ein Testament zu hinterlassen. Zuletzt hatte er nur noch ca. 20 Rinder gehalten und die Äcker überwiegend von befreundeten Landwirten bewirtschaften lassen. Etwa zwölf Hektar bestellte der Landwirt noch selbst. Dabei half ihm ein Neffe, Sohn seiner Schwester C. C ist Steuerfachangestellte und erledigte für den Landwirt die Buchführung. Nach dem Tod des Bruders beantragte sie beim Landwirtschaftsgericht, ihr den Hof zuzusprechen.

Das Gericht erklärte C zur Hoferbin. Doch die nichteheliche Tochter des Landwirts, die zum Vater nie Kontakt hatte, widersprach und machte geltend, sie sei selbst "wirtschaftsfähig" (d.h. in der Lage, den Hof zu übernehmen). Die Diplom-Chemikerin und passionierte Reiterin wollte aus dem Hof einen "Pferde-Aktivstall" machen. Schwester C habe keine Mittel, die sie in den heruntergewirtschafteten Hof investieren könnte, so die Tochter, und sie sei zu alt, um ihn zu führen. Das würde sie doch nur ihrem Sohn überlassen.

Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts (60L WLw 5/22). Die Tochter habe weder eine landwirtschaftliche Ausbildung, noch betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. Wie die Befragung gezeigt habe, verfüge sie nicht einmal über die Grundkenntnisse, die nach ihrem Konzept eines Pferde-Aktivhofs erforderlich wären, um das Pferdefutter anzubauen.

Ob das Futter für die Pferde gekauft oder angebaut werden solle und zu welchen Kosten, werde in ihrem Konzept nicht einmal erwähnt. Die Tochter habe nicht gelernt, betriebswirtschaftlich zu kalkulieren und sei nicht in der Lage, den über 50 Hektar großen Betrieb in einen Pferdehof umzuwandeln.

Dagegen habe Schwester C als Steuerfachfrau bessere betriebswirtschaftliche Kenntnisse als die meisten Landwirte. Sie führe seit Jahrzehnten die Bücher für den Bruder und für ihren Mann, der ebenfalls Landwirt sei. C sei mit den Besonderheiten des Hofs vertraut, arbeite auch auf dem Hof ihres Mannes mit, könne melken und Traktor fahren. Dass sie schon 67 Jahre alt sei, ändere nichts an ihrer "Wirtschaftsfähigkeit". Bei der körperlichen Arbeit könne ihr Sohn, ein Agrarbetriebswirt, sie unterstützen — C könnte auch Hilfskräfte überwachen, falls welche benötigt würden.

Die Wirtschaftsfähigkeit eines Hoferben hänge nicht von den Geldmitteln ab, die er oder sie in den Betrieb investieren könne. Vielmehr gehe es darum, ob er oder sie Erträge und Kosten richtig kalkulieren könne. Und das könne die Schwester des Erblassers zweifellos. Wenn sie beabsichtigen sollte, ihren Sohn Äcker und Hof bewirtschaften zu lassen, sei auch das kein Problem: Ein Hoferbe müsse den Hof nicht selbst bewirtschaften, er oder sie müsse nur die Fähigkeit dazu haben.

Ehefrau baut nach der Trennung die Ehewohnung um

Trotzdem steht ihr das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung zu

2018 hatte sich ein Paar nach elf Jahren Ehe getrennt. Der Ehemann lebt mit neuer Partnerin in einer neuen Wohnung zusammen. Ehefrau und Tochter blieben im eigenen Haus: Es gehört zu 88,5 Prozent dem Ehemann, zu 11,5 Prozent der Ehefrau. In dem Anwesen gab es immer schon zwei Wohnungen: Eine Wohnung im Dachgeschoss war vermietet, die restliche Wohnfläche diente als Ehewohnung. Nach der Trennung baute die Ehefrau das Obergeschoss um und integrierte einige Räume in die vermietete Dachgeschosswohnung.

Anfang 2022 beantragte der Mann eine Teilungsversteigerung des Hauses: Er brauche das Geld und sei nicht damit einverstanden, dass seine Frau hier wohnen bleibe. Die Ehewohnung existiere ja nach dem Umbau nicht mehr.

Dagegen wehrte sich die Frau: Man müsse ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen, forderte sie. Das sei für ihren "Ex" durchaus zumutbar: Schließlich zahle sie ihm Nutzungsentschädigung und trage die Hälfte der Kreditraten für das Haus. Obendrein kassiere der Mann den Löwenanteil der Miete für die Dachgeschosswohnung.

Das Oberlandesgericht München gab der Ehefrau Recht (16 UF 907/22). Wenn ein Ehepartner nach der Trennung ausziehe und nicht innerhalb von sechs Monaten ankündige, zurückkehren zu wollen, werde davon ausgegangen, dass dem in der Wohnung verbliebenen Ehepartner das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung zustehe (§ 1361b Abs.4, Bürgerliches Gesetzbuch). Im konkreten Fall habe die Ehefrau zwar einige Räume von der Ehewohnung abgetrennt und in die Dachgeschosswohnung integriert, um sie besser vermieten zu können.

Trotz des Umbaus handle es sich aber immer noch um die Ehewohnung. Eine Ehewohnung sei erst dann keine mehr, wenn beide Partner sie einvernehmlich mit dem festen Willen verlassen, nicht zurückzukehren. Wolle ein Partner aber bleiben, sei es zu seinem Schutz — und zum Schutz der betroffenen Kinder — erforderlich, dass die Ehewohnung während der gesamten Trennungszeit weiterhin als solche gelte. Eine Versteigerung des Hauses gegen den Willen der Ehefrau komme nicht in Frage.

Alleinerbe verkauft Familienheim

Wurde er zum Alleinerben bestimmt, um dies zu verhindern, ist die Erbeinsetzung anfechtbar

Eine Witwe mit zwei erwachsenen Kindern hatte 2002 ein Testament verfasst. Darin setzte sie ihren Sohn als Alleinerben ein, ihre Tochter sollte nur den Pflichtteil erhalten. Dies solle keine Strafe oder Benachteiligung für die Tochter sein, schrieb die Mutter: Aber dieser Weg sei die einzige Möglichkeit, das sanierungsbedürftige Wohnhaus zu erhalten, das eine "Belastung" sei. Sie und ihr verstorbener Mann wollten unbedingt vermeiden, dass das Familienheim "verschleudert" werden müsse.

Nach dem Tod der Mutter im April 2020 beantragte und erhielt der Sohn deshalb einen Alleinerbschein. Den Wert des Wohnhauses ließ er von einem kommunalen Ausschuss ermitteln (710.000 Euro). Auf Basis dieses Werts vereinbarte er mit seiner Schwester die Höhe ihres Pflichtteils. Schon vorher hatte der Erbe jedoch Kontakt zu einem Immobilienmakler aufgenommen. Drei Wochen nach dem Vertrag mit der Schwester verkaufte er das Haus zum Preis von 819.000 Euro.

Als die Schwester davon erfuhr, warf sie ihm arglistige Täuschung vor und focht das Testament an: Die Mutter habe den Bruder nur als Alleinerben eingesetzt, weil sie irrtümlicherweise angenommen habe, so den Verbleib des Wohnhauses im Familienbesitz zu sichern. Da sich der Bruder daran aber nicht gehalten habe, stehe ihr — der Schwester — nun als Miterbin gemäß gesetzlicher Erbfolge die Hälfte des Kaufpreises zu.

Das Landgericht Wuppertal gab der Schwester Recht (2 O 317/21). Ein Testament könne angefochten werden, wenn ein Erblasser es aufgrund einer irrigen Annahme verfasst habe. Im konkreten Fall habe sich die Witwe bei der Erbeinsetzung von der Vorstellung leiten lassen, dass ihr Sohn als Alleinerbe das Haus im Familienbesitz halten würde. Sie wolle es nicht "verschleudert sehen", stehe da wortwörtlich.

Da sich diese Erwartung nicht erfüllt habe, habe die Tochter zu Recht das Testament angefochten: Es sei unwirksam. Mit dem Testament entfalle auch die Geschäftsgrundlage für den Pflichtteilsvertrag zwischen den Geschwistern. Der Sohn sei nicht Alleinerbe, vielmehr gelte nun die gesetzliche Erbfolge, d.h. die Geschwister erbten zu gleichen Teilen.

Vor Gericht habe der Mann auch zugegeben, dass er die Schwester belogen habe: Er habe von vornherein geplant, das Haus zu verkaufen, weil er die nötige Komplett-Sanierung nicht hätte finanzieren können. Bei der Pflichtteilsvereinbarung habe der Bruder die Schwester also tatsächlich arglistig getäuscht. Darauf komme es jetzt aber nicht mehr an, stellte das Landgericht fest, da die im Testament getroffene Regelung ohnehin unwirksam sei.

Scheidung: Mann übernimmt die Ehewohnung

Seine nun höhere Miete wird beim Trennungsunterhalt für die Frau nicht berücksichtigt

Schon vor der Heirat hatte der Mann alleine in der späteren Ehewohnung gelebt. Im Sommer 2018 trennte sich das Ehepaar, die Frau zog aus. Rechtskräftig geschieden sind die Partner seit Februar 2020. Gestritten wurde um die Höhe des Trennungsunterhalts für die Frau, der ihr von Sommer 2018 bis Februar 2020 zustand.

Der unterhaltspflichtige Mann forderte, das Gericht müsse bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrags berücksichtigen, dass sich durch die Trennung für ihn die Miete verdoppelt habe.

Die gestiegenen Wohnkosten minderten seine Unterhaltspflicht nicht, urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (13 UF 212/19). Wenn sich Eheleute endgültig trennten und ein Partner vereinbarungsgemäß die Ehewohnung allein übernehme, hafte dieser Partner (nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist) allein für die Miete. Im konkreten Fall habe der Ehemann mit seiner Frau und mit dem Vermieter im August 2018 vereinbart, die Frau solle aus dem Mietverhältnis entlassen werden.

Dass er von da an die Miete allein zahlen musste, sei klar gewesen. Sollte er damit überfordert sein, müsse er sich eine günstigere Wohnung suchen. Beim Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei fürs Wohnen ein Betrag von 380 Euro vorgesehen. Den Selbstbehalt wegen einer höheren Miete zu erhöhen und dies beim Trennungsunterhalt anzurechnen, komme nur in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige zwangsläufig mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müsse als 380 Euro.

Das treffe hier jedoch nicht zu. Dass sich der geschiedene Mann um günstigeren Wohnraum bemüht habe, habe er nicht dargelegt. Nichts spreche dafür, dass dies unmöglich oder unzumutbar wäre. Der Mann habe sich freiwillig für die jetzige Wohnsituation entschieden.

Kind vor der Kreuzfahrt Corona-positiv

Aufgrund einer nicht eindeutigen Vertragsklausel wurde die ganze Familie von der Reise ausgeschlossen

Für Oktober 2021 hatte ein Mann für sich und seine Familie eine Kreuzfahrt gebucht: von Kiel über Göteborg, Visby, Stockholm und retour. Kaum hatte die Familie vor dem Reisebeginn die Kabinen bezogen, fand ein Coronatest statt. Laut Reisevertrag durften Urlauber die Kreuzfahrt nur mit einem negativen Test antreten. Doch der Sohn wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Daraufhin musste die ganze Familie das Schiff verlassen.

So stand es in den Reisebedingungen: "Im Fall eines positiven Testergebnisses behält sich der Kreuzfahrt-Veranstalter das Recht vor, auch die Mitreisenden des positiv getesteten Gastes von der Kreuzfahrt auszuschließen."

Der Familienvater verklagte den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des Reisepreises (7.180 Euro) und hatte damit beim Landgericht Rostock überwiegend Erfolg (1 O 51/22).

Zu Recht habe der Veranstalter das infizierte Kind nicht mitgenommen. Alle Reisenden auszuschließen, sei jedoch unzulässig gewesen, so das Landgericht: Denn die einschlägige Klausel im Reisevertrag sei intransparent und damit unwirksam. Richtig sei: Wenn eine Familie zusammen anreise, die auch zuhause "in häuslicher Gemeinschaft" lebe, bestehe das Risiko, dass die "Mitreisenden" eines Corona-positiven Gastes trotz eines negativen Tests infiziert seien.

Der Wortlaut der Klausel beziehe sich aber nicht nur auf Familien. Wenn ein Reisender für andere Personen eine Reise mit-buche, sage das nichts Zwingendes über den Kontakt vor dem Reiseantritt aus. Es sei gut möglich, dass sich eine Reisegruppe (oder ein Reisender und sein Mitreisender) erst an Bord treffe und vorher kein Kontakt, also auch keine Ansteckungsgefahr bestand. In so einem Fall wäre ein Ausschluss der Gruppe von der Reise wegen der Infektion einer Person offenkundig unangemessen.

Wenn eine Vertragsklausel nicht eindeutig formuliert sei, gingen Zweifel in Bezug auf ihre Interpretation zu Lasten des Reiseunternehmens. Der Kreuzfahrt-Veranstalter müsse daher den Reisepreis zurückzahlen — mit Ausnahme des Anteils für den infizierten Sohn, von dem wiederum ersparte Aufwendungen des Unternehmens abzuziehen seien.

Unterhaltsschulden beim Sohn

Wie wird der Unterhalt des Vaters für ein jüngeres Kind bei der Zwangsvollstreckung berücksichtigt?

Ein Vater zahlte den Unterhalt für seinen Sohn nur sehr zögerlich und blieb immer wieder etwas schuldig. Die Mutter erwirkte im Namen des Sohnes den gerichtlichen Beschluss, das Geld per Zwangsvollstreckung einzutreiben. Nur 960 Euro monatlich sollten dem Vater für seinen Lebensunterhalt verbleiben. Gegen den Beschluss wehrte sich der Mann und verwies darauf, dass er auch für sein jüngeres Kind E Unterhalt zahlen müsse.

Laut Gesetz wäre das ein Betrag von 322 Euro monatlich gewesen. Tatsächlich zahlte der Vater aber wegen seines geringen Gehalts für E nur 248 Euro. Das Landgericht Mainz erhöhte den pfändungsfreien Betrag — d.h. den Betrag, den der Vater behalten darf — um 248 Euro. Vergeblich beantragte der Vater, den pfändungsfreien Betrag um 322 Euro zu erhöhen, also um den gesetzlich geschuldeten Unterhalt.

Der Bundesgerichtshof lehnte dies ab (VII ZB 35/20). Hier gehe es um die Frage, wie der pfändungsfreie Betrag zu bestimmen sei, wenn der Vater auch weiteren Unterhaltsberechtigten Unterhalt schulde. Konkret: Das jüngere Kind dürfe durch die Zwangsvollstreckung — die der ältere Sohn betreibe, um den Vater zur Zahlung des Unterhalts zu zwingen — nicht benachteiligt werden.

Dieses Ziel erfordere es jedoch nicht, den pfändungsfreien Betrag um die Summe zu erhöhen, die nötig wäre, um die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem jüngeren Kind ganz zu erfüllen — wenn der Vater diese tatsächlich nur teilweise erfülle. Im Gegenteil: Würde man dem Vater (= Unterhaltsschuldner) zugestehen, den gesetzlich geschuldeten Betrag von 322 Euro zu behalten, wäre gerade nicht sichergestellt, dass das jüngere Kind diesen Betrag wirklich bekomme.

Zahle ein Unterhaltspflichtiger nur unregelmäßig, sei es vielmehr praxisgerecht, beim pfändungsfreien Betrag nur den Durchschnitt des wirklich geleisteten Unterhalts zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, dass der Vater künftig an das Kind E mehr zahlen wolle bzw. könne, sei damit ja nicht ausgeschlossen. Auf Antrag könne das Gericht dafür den pfändungsfreien Betrag befristet erhöhen.

Der Vater eines nichtehelichen Kindes hat Elternrechte

Er muss bei der Adoption durch Mutter und/oder Stiefvater gefragt werden

Das Bundesverfassungsgericht hat erneut eine Bestimmung des Familienrechts außer Kraft gesetzt, die zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterschied. Dabei ging es um die Rolle des Vaters bei der Adoption seines nichtehelich geborenen Kindes. Wenn er bisher die Adoption durch die Mutter oder den Stiefvater nicht billigte, so war dies unerheblich. Denn das Gesetz verlangte dafür nur die Einwilligung der Mutter (§ 1747 BGB). Manche Vormundschaftsgerichte hörten den leiblichen Vater nicht einmal an.

Diese Regelung verstoße gegen das vom Grundgesetz garantierte natürliche Recht von Eltern, sich um ihre Kinder zu kümmern, entschieden nun die Karlsruher Verfassungsrichter (1 BvR 790/91). Ein Vater habe gegenüber seinem Kind Elternrechte, auch wenn er mit der Mutter nicht verheiratet sei. Dagegen spreche auch nicht, dass es nach wie vor ledige Väter gebe, die sich um ihr Kind nicht kümmerten.

Im Adoptionsverfahren müsse das zuständige Vormundschaftsgericht nichtehelichen Vätern rechtliches Gehör gewähren. Bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber dürften in den genannten Fällen Adoptionen nur noch mit Zustimmung des Vaters erfolgen. Lehne er die Adoption ab, müsse das Verfahren bis zur gesetzlichen Neuregelung ausgesetzt werden.

Erbvertrag unwirksam

Ein wirksames Ehegattentestament kann einen zuvor von den Gatten geschlossenen Erbvertrag aufheben

Eine 84-jährige Witwe starb im Dezember 2021. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einem gepflegten Zweifamilienhaus mit großem Grundstück. Mit ihrem zweiten Ehemann hatte die Erblasserin 1998 einen Erbvertrag geschlossen, in dem die Eheleute die Söhne der Frau aus erster Ehe zu gleichen Teilen als Erben einsetzten. Ersatzerben sollten deren Kinder sein. Sohn B war schon vor der Mutter gestorben und hinterließ eine Tochter.

Sohn K hatte seit 2009 eine Generalvollmacht der Mutter, die ihn berechtigte, in ihrem Namen alle Rechtsgeschäfte zu erledigen — falls sie selbst nicht mehr geschäftsfähig sein sollte. Die Vollmacht wurde 2021 erneuert und notariell beglaubigt. Als die Seniorin im Dezember 2021 mit Corona ins Krankenhaus aufgenommen wurde, ließ sich Sohn K vom Notar das Eigentum an der Immobilie übertragen: im eigenen Namen und im Namen der Mutter.

Dem Grundbucheintrag von K als Alleineigentümer des Hauses widersprach seine Nichte. Sie pochte auf den Erbvertrag der Großmutter von 1998, nach dem sie, die Enkelin, nach dem Tod des Vaters Ersatzerbin werden sollte. Doch zum Pech der Enkelin fanden sich im Haus der Großmutter zwei wortgleiche Ehegattentestamente der Erblasserin und ihres zweiten Ehemannes aus dem Jahr 2003: Darin legten die Eheleute fest, der Ehe- und Erbvertrag solle in einem Punkt geändert werden: Sohn K werde zum Alleinerben bestimmt.

Daraufhin wies das Oberlandesgericht Hamm den Einspruch der Enkelin ab (10 U 68/22). Unabhängig vom Notartermin, bei dem sich Sohn K das Haus habe übertragen lassen, gehöre ihm das Hausgrundstück schon aufgrund des Ehegattentestaments. Die Enkelin sei nicht Miteigentümerin geworden. Durch ein wirksames Ehegattentestament könne ein zuvor von den Eheleuten geschlossener Erbvertrag wirksam aufgehoben werden.

Und das Ehegattentestament im konkreten Fall sei wirksam. Beide Schriftstücke erfüllten die Formanforderungen: Sie seien eigenhändig verfasst, mit Ort und Datum versehen sowie von beiden Eheleuten unterschrieben. Auch das gute Schreibmaterial deute nicht darauf hin, dass die Erblasserin und ihr Ehemann nur ein unverbindliches Konzept aufsetzen wollten. Zudem hätten die Eheleute im Text einen direkten Bezug zum Erbvertrag von 1998 hergestellt: Das Ehegattentestament solle den Erbvertrag ändern, werde ausdrücklich betont. Nicht beide Söhne sollten erben, sondern K Alleinerbe werden.

Neue Familie, neuer Familienname?

Stimmt der leibliche Vater des Kindes der Namensänderung nicht zu, ist sie nur schwer durchzusetzen

Die Mutter eines 2008 geborenen Mädchens hat nach dem Scheitern der ersten Ehe wieder geheiratet und ein weiteres Kind bekommen. Sie möchte, dass ihre Tochter den neuen Familiennamen trägt und die Tochter wünscht sich das auch. Doch der psychisch erkrankte leibliche Vater, der zu dem Mädchen seit Jahren keinen Kontakt mehr hat, konnte sich nicht dazu durchringen, der Namensänderung zuzustimmen.

Ohne Einwilligung des leiblichen Vaters ist es nicht einfach, eine Namensänderung zu erreichen. Das gilt sogar dann, wenn die Mutter — wie hier — das alleinige Sorgerecht für das Kind hat.

Das Familiengericht kann die Einwilligung des Vaters "ersetzen", aber nur, wenn es "für das Kindeswohl erforderlich" ist. Allein das Interesse daran, dass alle Mitglieder der "neuen Familie" den gleichen Namen tragen, genügt dafür nicht. Denn der Gesetzgeber hält auch das "Namensband" für wichtig, also die Bindung des Kindes zum "namensgebenden", nicht sorgeberechtigten Elternteil: Namenskontinuität soll die Regel sein.

Im konkreten Fall hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen den Willen des Vaters der Namensänderung zugestimmt. Begründung: Das Thema Familienname belaste das Mädchen so sehr, dass es zu weinen beginne, sobald es nur zur Sprache komme. Und in der Schule müsse es ständig erklären, warum es anders heiße als seine Mutter. Dabei habe doch das Kind ohnehin keine Bindung mehr an den Vater.

Dieser Argumentation widersprach der Bundesgerichtshof (XII ZB 29/20). Man müsse hier das Kindeswohl und das Interesse des Vaters an der Namenskontinuität gründlich abwägen. Allein die Tatsache, dass es so lange keinen Kontakt zwischen Vater und Kind gegeben habe, belege nicht, dass er sich für das Mädchen nicht interessiere. Das OLG habe die psychischen Probleme des Vaters außer Acht gelassen, die für den mangelnden Kontakt der Grund sein könnten.

Darüber hinaus habe das OLG das Mädchen selbst dazu nicht angehört und auch nicht geprüft, ob der Wunsch des Kindes mit einem Doppelnamen erfüllt werden könnte. Es würde den Interessen beider Seiten Rechnung tragen, entweder den Namen des Vaters an den der Stieffamilie anzuhängen oder den Namen des Vaters dem Namen der Stieffamilie voranzustellen. Das OLG hätte die Namensänderung jedenfalls nicht billigen dürfen, ohne vorher zu klären, ob ein Doppelname in Betracht komme.

Weiß ein Selbstmörder, was er tut?

Lebensversicherung zahlt nur ausnahmsweise bei Suizid

Die Lebensversicherung zahlt im Prinzip nicht, wenn sich der Versicherte selbst das Leben genommen hat. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Selbstmord auf eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit zurückzuführen, der Verstorbene also nicht mehr Herr seines Willens war.

Auf diese Ausnahme berief sich ein Ehemann, der nach dem Suizid seiner Frau die vereinbarte Versicherungssumme von 128.000 DM forderte. Seine Frau habe die Trennung von ihm nicht verarbeiten können und ohne Rücksicht auf ihre mütterliche Pflicht gegenüber den Kindern gehandelt. Dieser Realitätsverlust zeige eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe verweigerte die Versicherung die Zahlung aber zu Recht (12 U 24/93).

Der Selbstmord der Frau möge zwar unerklärlich erscheinen, weil er sich als weit übersteigerte Reaktion auf Eheprobleme, insbesondere die Untreue des Mannes, darstelle. Das allein lasse aber noch nicht den Schluss zu, dass die Frau nicht mehr gewusst habe, was sie tat. Der Sachverständige habe ihr zwar neurotische Depression attestiert, dabei handle es sich jedoch nicht um eine krankhafte psychische Störung. Daher sei die Lebensversicherung nicht zur Leistung verpflichtet.

Scheidungswillige Ehefrau überlegt es sich anders

Nach dem Trennungsjahr wird die Ehe dennoch geschieden, wenn der Ehemann darauf besteht

Im März 2022 wurde ein Berliner Ehepaar geschieden. Das Paar lebte seit Oktober 2020 getrennt, beide Partner haben die Scheidung beantragt. Doch beim Scheidungstermin im März 2022 erklärte die Ehefrau, sie ziehe ihren Scheidungsantrag zurück. Sie wolle sich nun doch mit ihrem Mann versöhnen. Daran sei er nicht interessiert, stellte der Ehemann klar, er wolle geschieden werden. Das Familiengericht sprach die Scheidung aus.

Dagegen legte die Frau beim Kammergericht Berlin erfolglos Beschwerde ein (16 UF 65/22). Wenn Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung beantragt hätten, gehe die Justiz vom Scheitern der Ehe aus, stellte das Gericht fest. Das treffe hier zu. Nach Aussagen beider Partner habe der Ehemann im Oktober 2020 die Frau aus der damaligen Ehewohnung "hinausgeworfen". Sie lebten also seit einem Jahr und neun Monaten getrennt.

An diesem Fakt ändere sich nichts, auch wenn jetzt die Frau die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen wolle. Denn ihr Mann habe klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit sei, zu ihr zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Auch wenn sich nur ein Partner endgültig abwende und auf der Scheidung bestehe, sei eine Ehe als "irreparabel" zerrüttet anzusehen.

Als Antwort auf ihre Rechtsbeschwerde habe der Mann erneut seinen Scheidungswillen betont und erklärt, sein Wille sei seiner Frau bestens bekannt. Ihre Beschwerde diene nur dazu, das Verfahren zu verzögern. Angesichts dieser Reaktion stehe fest: Versöhnung sei keinesfalls zu erwarten.

Videokameras am Doppelhaus

Mutter befürchtet, vom Sohn überwacht zu werden: Müssen die Kameras wieder weg?

In ländlicher Umgebung hatte die Familie vor vielen Jahren ein Doppelhaus gebaut. Eine Hälfte bewohnt die Mutter mit ihrem Ehemann, die andere Hälfte ihr Sohn. Weitere Nachbarn gibt es nicht. Mutter und Sohn sind seit Jahren total zerstritten. Im Sommer 2020 installierte er vor und hinter seiner Haushälfte zwei Highend-Kameras mit intelligenter Videotechnologie.

Sie können Daten speichern und verarbeiten, Personen zählen und erkennen. Die vordere Kamera erfasste den gesamten Einfahrtsbereich und die Zufahrtstraße. Die hintere Kamera war auf die Gärten hinter dem Doppelhaus und die angrenzenden Felder ausgerichtet.

Nach einem Streit über die Videokameras erhielt die Mutter ein Anwaltsschreiben: Darin teilte der Sohn mit, auf seinem Grundstück seien bereits Reifen zerstochen worden und sein neues Auto sei "diebstahlsgefährdet". Deshalb benötige er Überwachungskameras. Alle gefilmten Bereiche, die nicht zu seinem Grundstück gehörten, würden verpixelt.

Darauf wollte sich die Mutter aber nicht verlassen: Filmaufnahmen störten ihre Privatsphäre, die "Verpixelung" könne jederzeit aufgehoben werden. Sie zog vor Gericht und verlangte, der Sohn müsse die Aufnahmegeräte entfernen.

Das Amtsgericht Bad Iburg gab ihr Recht (4 C 366/21). So, wie die Videokameras jetzt installiert und ausgerichtet seien, verletze dies das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn. Und zwar unabhängig davon, ob die Kameras tatsächlich Teile des Grundstücks nebenan erfassten.

Ein Unterlassungsanspruch der Nachbarn bestehe bereits dann, wenn diese objektiv befürchten müssten, überwacht zu werden — was angesichts des langwierigen Familienkonflikts durchaus nachvollziehbar erscheine. Wie sich auch im Prozess gezeigt habe, sei das familiäre Verhältnis durch und durch von Misstrauen geprägt. Der bedrückende Gedanke, möglicherweise ständig gefilmt zu werden, setze die Mutter und ihren Ehemann unter "Überwachungsdruck".

Daher müsse der Sohn die Kameras entfernen oder so anbringen, dass die Linsen das Nachbargrundstück erfassen könnten. Die Verpixelung ändere am Unterlassungsanspruch der Nachbarn nichts: Man könne sie in der Tat unschwer rückgängig machen und das sei von außen nicht zu überprüfen.

Ehemann will sein Einkommen nicht offenlegen

Von der Auskunftspflicht im Scheidungsverfahren kann man sich nicht mit hoher Zahlung freikaufen

In einem Scheidungsverfahren ging es unter anderem um die Höhe des nachehelichen Unterhalts für die Ehefrau. Sie verlangte vom Ehemann Auskunft über sein Einkommen, doch das wollte er auf keinen Fall offenlegen. Um die Frau milde zu stimmen, überwies ihr der vermögende Gatte eine Million Euro.

Gleichzeitig teilte er mit, die Summe sei mit "etwaigen Ansprüchen auf Trennungs- und gegebenenfalls nachehelichen Unterhalt zu verrechnen" und als Vorauszahlung auf den Zugewinnausgleich anzusehen. Mit diesem Betrag sei ihr Unterhaltsbedarf ja wohl für längere Zeit gedeckt.

Mit der Verrechnung sei sie einverstanden, erklärte die Frau, dennoch bestehe sie auf der Auskunft. Ein Unterhaltsanspruch sei trotz dieser Zahlung nicht ausgeschlossen. Ohne Auskunft könne sie ihre Ansprüche nicht einschätzen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab der Ehefrau Recht (5 UF 197/21).

Schließlich habe der Gatte sie dazu aufgefordert, die hohe Einmalzahlung mit Unterhalt und Zugewinnausgleich zu verrechnen. Dazu müsse die Ehefrau aber erst einmal ihren Unterhaltsanspruch kennen. Wenn es darum gehe, den Unterhaltsbedarf der Partnerin zu ermitteln, sei die Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Von dessen Einkommen hänge es auch ab, ob und wie lange der Unterhalt zeitlich befristet werde.

Im Scheidungsverfahren entfalle die Auskunftspflicht des/der Unterhaltspflichtigen nur, wenn von vornherein zweifelsfrei feststehe, dass kein Unterhaltsanspruch des Partners/der Partnerin bestehe.

15-Jährige verlangte Corona-Impfung

Wenn die Mutter der Tochter die Impfung verweigert, missbraucht sie ihr Sorgerecht

Das 15 Jahre alte Mädchen lebt schon seit Februar 2020 nicht mehr bei der Mutter, die das alleinige Sorgerecht hat. Die Tochter möchte nicht in den Haushalt der Mutter zurück und das war nicht der einzige Streitpunkt. Gegenüber Mitarbeitern des Jugendamts äußerte die Jugendliche mehrmals, sie wolle sich unbedingt gegen Corona impfen lassen. Doch die Mutter lehnte die Covid-19-Impfung strikt ab.

Im November 2021 leitete deshalb das Jugendamt beim Familiengericht Pirmasens ein Verfahren ein. Das Gericht entzog der Mutter antragsgemäß das Recht, über die Impfung zu entscheiden und übertrug es dem Jugendamt ("Ergänzungspflegschaft"). Gegen den Teilentzug des Sorgerechts legte die Frau erfolglos Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken erklärte die Maßnahme für gerechtfertigt (2 UF 37/22). Wenn das Wohl eines Kindes auf dem Spiel stehe und der sorgeberechtigte Elternteil nicht gewillt sei, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, müsse das Familiengericht dies tun. Dass die Mutter der Tochter die Impfung verweigere, richte sich gegen das Kindeswohl und sei als Missbrauch des Sorgerechts anzusehen.

Die 15-Jährige dürfe darüber selbst entscheiden. Ihr nachdrücklicher Wunsch, sich impfen zu lassen, sei aufgrund ihres Alters als "Akt der Selbstbestimmung" zu werten und zu beachten. Nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts sei die Minderjährige absolut in der Lage, die Tragweite dieser Entscheidung zu begreifen.

Dass die Jugendliche es ernst meine, wenn sie den Kontakt zur Mutter nachdrücklich ablehne, sei ebenfalls nicht zu bezweifeln. Da sich die Mutter dem Wunsch des Mädchens nach einer Impfung entschieden verschließe, sei eine konstruktive und dem Kindeswohl entsprechende Lösung nur durch den Teilentzug des Sorgerechts möglich.

Umgangstermine sind einzuhalten

Vater kam mit dem Sohn nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurück und muss Ordnungsgeld zahlen

Die Berliner Eltern leben getrennt. Das Familiengericht hatte penibel geregelt, dass der dreieinhalb Jahre alte Junge die erste Woche der Herbstferien 2021 mit dem Vater verbringt, die zweite mit der Mutter. Der Vater flog mit dem Jungen nach Nordspanien und sollte ihn der Mutter am Sonntag, den 17.10.2021, um 17 Uhr übergeben. Der Rückflug am 17.10. sollte um 8.45 Uhr in Berlin landen.

Als der Vater am Vortag im Internet einchecken wollte, stellte er fest, dass der Flug storniert worden war. Sofort meldete er sich bei der Umgangsbegleiterin und teilte mit, dass er am 18.10. einen Lufthansa-Ersatzflug nehmen werde. Das brachte die Mutter auf die Palme, die am 18.10. mit dem Kind nach Südspanien in den Urlaub fliegen wollte.

Einen Tag zu spät zurückzukommen, sei nicht akzeptabel, fand die Frau: Der Vater hätte auf Buchungsportalen leicht Rückflüge mit freien Plätzen am 17.10. finden können. Hektisch wurde telefoniert. Schließlich erreichte die Mutter bei "ihrer" Fluggesellschaft, dass der Junge gegen Aufpreis auf dem Zwischenstopp ihres Flugs nach Südspanien in Madrid zusteigen konnte. Die Umgangsbegleiterin überredete den Vater, das Kind am 18.10. mit dem Zug nach Madrid zum Flughafen zu bringen.

Nach dem Urlaub beantragte die Mutter, gegen den Vater Ordnungsgeld festzusetzen. Zu Recht, entschied das Berliner Kammergericht (16 WF 29/22). Der Mann habe es fahrlässig versäumt, für den Fall von Problemen mit dem Rückflug einen Zeitpuffer einzuplanen. Wie häufig es derzeit im Flugverkehr zu Ausfällen und Verzögerungen komme, sei allgemein bekannt.

Wer den Rückflug so knapp vor dem Rückgabetermin buche, gehe das Risiko ein, den Termin zu versäumen. Auch für das Kind wäre es besser gewesen, den Rückflug für den 16.10 vorzusehen, anstatt ihm zwei lange Flüge an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zuzumuten.

Der Vater habe es für unzumutbar erklärt, den von der Fluglinie angebotenen Ersatzflug am 18.10. verfallen zu lassen und kostenpflichtig einen früheren Rückflug zu buchen. Da verkenne er allerdings, wie verbindlich Umgangstermine seien. Wer mit seiner Planung darauf keine Rücksicht nehme, müsse dann eben Unannehmlichkeiten und zusätzliche Kosten in Kauf nehmen, um den Umgangstermin einzuhalten. Andere Flüge hätte es jedenfalls gegeben.

Wäre der Vater erst, wie beabsichtigt, am 18.10. nach Berlin zurückgeflogen, hätte das den Urlaub der Mutter vereitelt oder ihr zumindest die Mehrkosten für die Umbuchung auf einen späteren Flug aufgebürdet. Da er bereits mehrmals ohne Rücksicht auf die Belange seiner Ex-Partnerin Umgangszeiten eigenmächtig verändert und Vereinbarungen ignoriert habe, sei eine Geldbuße alles in allem angemessen.