2015 war die Mutter bereits dement, trotzdem plante der Vater mit ihr eine USA-Reise. Die drei Kinder des Ehepaares sahen die Gesundheit der Mutter bedroht, zumal sich der nierenkranke Vater nicht einmal zuhause richtig um sie kümmern konnte. Aus diesem Grund holten sie ihre Mutter aus der Ehewohnung, als der Vater abwesend war. Sie hatte den Kindern schon Jahre zuvor eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.
Gegen den Protest des Vaters erwirkten die Kinder beim Amtsgericht den Beschluss, die Mutter in einem Seniorenzentrum unterzubringen. Er behauptete, sie hätten die Unterschrift auf der Vollmacht gefälscht, um sich das Vermögen zu sichern.
Über die "Entführung" war der alte Herr so wütend, dass er die Kinder in einem Testament von 2016 enterbte und ihnen "wegen groben Undanks" den Pflichtteil entzog. Gegen die Einweisung seiner Frau ins Heim klagte er erfolglos. Im Gegenzug beantragten die Kinder bei Gericht, für ihn einen Betreuer zu bestellen.
Nachdem das Amtsgericht festgestellt hatte, dass die Vorsorgevollmacht der Mutter nicht "manipuliert" worden sei, entspannte sich die Lage ein wenig: Der Vater erteilte einem Sohn die Vollmacht, ihn bei der Verwaltung seines Gewerbegrundstücks zu vertreten. Nach dem Tod des Vaters beantragten die Kinder beim Amtsgericht einen Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge. Da mittlerweile auch die Mutter gestorben war, hätten sie das Vermögen zu drei gleichen Teilen geerbt.
Der Vater habe ihnen schließlich verziehen, so das Argument der Kinder, ansonsten hätte er dem Ältesten keine Vollmacht erteilt. Damit sei nicht nur der Entzug des Pflichtteils unwirksam geworden, sondern auch die Enterbung. Sie habe dem Willen des Erblassers jetzt nicht mehr entsprochen. Dem widersprachen das Amtsgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (11 W 94/21 (Wx)).
Dass der Erblasser den Kindern den Pflichtteil entzogen habe, sei durch die "Verzeihung" unwirksam geworden (§ 2337 BGB). Das beziehe sich aber nicht automatisch auf die Enterbung. Ein entsprechender Wille des Vaters sei nicht festzustellen — von vollständiger Versöhnung könne hier nicht die Rede sein, so das OLG. Auch nachdem feststand, dass der Vorwurf der Fälschung nicht zutraf, habe der Vater weiter gegen die Heimunterbringung prozessiert.
Deshalb könne man nicht davon ausgehen, dass der Vater von der Enterbung abgesehen hätte, wenn er 2016 schon gewusst hätte, dass die Vorsorgevollmacht korrekt zustande gekommen war. Denn der eigentliche Grund für diesen Schritt sei seine Wut darüber gewesen, dass die Kinder den Wegzug der Mutter aus der Ehewohnung organisiert hätten. Nach der gesetzlichen Erbfolge stehe das Vermögen daher den Enkeln zu.