Familie & Gesundheit

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Elfjährige im Internat von Mitschülerinnen aufgeklärt

Das berechtigt die Mutter nicht dazu, den Schulvertrag zu kündigen

Ein 11-jähriges Mädchen kam in ein Internat. Das erste Schuljahr war noch nicht vorbei, da kündigte die Mutter den Vertrag mit der Schule. Der Aufenthalt im Internat habe ihre Tochter völlig verstört, lautete die Begründung. Die Schulleitung habe es zugelassen, dass das Mädchen mit schädlichen Vorgängen konfrontiert wurde, und damit ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Der Hauptvorwurf: Die Zimmergenossin des Kindes habe mit anderen Schülerinnen heimlich geraucht und sich mit ihnen über Sex und die Beziehungen zwischen Schülern und Schülerinnen im Internat unterhalten. Dabei habe ihre Tochter noch geglaubt, die Kinder würden vom Storch gebracht.

Die rauchende Mitschülerin habe einen Verweis erhalten und sei in ein anderes Zimmer verlegt worden, erklärte die Schule. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Schulvertrags liege nicht vor. So sah es auch das Landgericht Coburg und verurteilte die Eltern zur Zahlung des ausstehenden Schulgelds von 8.000 Euro (23 O 105/10). Ein sofortiger Schulwechsel sei nicht geboten, so das Gericht.

Auch in einem Internat gebe es Einflüsse, die weder Eltern, noch die Schule völlig kontrollieren könnten. Niemand könne es den Schülerinnen verbieten, sich über Dinge zu unterhalten, die sie interessierten. Im Internat seien Kinder verschiedener Altersklassen gemeinsam untergebracht. Deshalb sei von vornherein absehbar gewesen, dass die Tochter hier mit dem Thema Sexualität konfrontiert werden würde.

Dass das Mädchen einmal seinen Glauben an den Klapperstorch verliere, sei unvermeidbar. Daher sei es ohnehin besser, Kinder rechtzeitig auf die Realität vorzubereiten. Dann könnten sie den Einflüssen aus Medien und Umwelt leichter standhalten, denen sie früher oder später ausgesetzt seien. Die Mutter hätte mit der Elfjährigen schon früher über Sexualität sprechen sollen, um sie kindgerecht an das Thema heranzuführen.

Wohnungskredit von den Eltern der Ehefrau

Muss sich der geschiedene Ehemann an der Rückzahlung beteiligen?

Für 372.000 DM hatte ein Ehepaar 1993 eine Eigentumswohnung gekauft, die beiden jeweils zur Hälfte gehörte. Um den Kauf zu finanzieren, hatten die Eheleute Bankkredite aufgenommen. Zusätzlich vereinbarte die Ehefrau mit ihren Eltern einen zinslosen Kredit von 110.000 DM, den sie zehn Jahre später ratenweise zurückzahlen sollte. 2003 wurde die Ehe geschieden. Allein von ihrem eigenen Einkommen konnte die Ehefrau das Darlehen von den Eltern nicht tilgen.

Nun forderte sie vom Ehemann, die Hälfte der Raten zu übernehmen - der weigerte sich. Zu Recht, fand das Oberlandesgericht: Wenn der Ehemann mit der Kreditaufnahme für den Wohnungskauf einverstanden sei, verpflichte er sich damit nicht automatisch zum finanziellen Ausgleich. Vielmehr habe es sich hier um eine "ehebezogene Zuwendung" der Ehefrau gehandelt.

Dem widersprach der Bundesgerichtshof (XII ZR 104/08). Zwar habe das Paar nicht ausdrücklich vereinbart, dass es das Darlehen gemeinsam tilgen werde. Die Ehefrau habe aber den Kredit bei den Eltern auch im Interesse des Ehemannes aufgenommen, um damit die Ehewohnung zu finanzieren.

In so einem Fall könne man auch ohne schriftlichen Vertrag davon ausgehen, dass es dem Willen der Beteiligten entsprach, dass sich der Partner der Kreditnehmerin an der Rückzahlung beteiligt (es sei denn, aus den Umständen des Einzelfalls ergebe sich etwas anderes). Das gelte zumindest dann, wenn der Partner mit der Aufnahme des Kredits, mit dem Erwerb der Immobilie und mit der Verwendung des Kredits für diesen Kauf einverstanden war.

Krankentransport mit der Feuerwehr

Übergewichtiger kann nur so die Wohnung verlassen: Krankenkasse muss die Kosten tragen

Ein gesetzlich krankenversicherter Mann sollte mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren werden. Doch der Patient war derart übergewichtig, dass er weder allein, noch mit Unterstützung der Sanitäter seine Wohnung im ersten Stock eines Mietshauses verlassen konnte. Da sprang die Freiwillige Feuerwehr ein und holte den Mann mit einer Drehleiter auf die Straße herunter. Auf die gleiche Weise brachte sie ihn wieder zurück in die Wohnung.

Die gesetzliche Krankenkasse weigerte sich, die Kosten des Feuerwehreinsatzes zu übernehmen. Begründung: Hier handle es sich nicht um Fahrtkosten zur Klinik, für die sie zuständig sei. Für Einsätze der Feuerwehr müsse die Kommune aufkommen, notfalls müsse der Patient selbst die Kosten tragen.

Dagegen wehrte sich der Mann und setzte sich mit seiner Klage gegen die Krankenkasse beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt durch (L 10 KR 59/08). Eine Leistungspflicht der Kommune bestehe nur bei Unglücksfällen wie einem Wohnungsbrand, so das LSG. Hier gehe es jedoch um einen Krankentransport, den die Krankenkasse bezahlen müsse.

Dass die Feuerwehr den Patienten nicht im wörtlichen Sinn gefahren habe, ändere daran nichts: Wenn man ihn nur mit Trage und Drehleiter zum Rettungswagen bringen könne, sei der Feuerwehreinsatz Bestandteil des Krankentransports.

Beamte mit Lebenspartner ...

... haben seit Juli 2009 Anspruch auf den "Ehegattenzuschlag"

Nach dem Bundesbesoldungsgesetz bekommen nur verheiratete Beamte den Familienzuschlag. Doch der Gesetzgeber hat 2001 die Institution der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft geschaffen. Darüber hinaus müssen deutsche Behörden und Gerichte die europäischen Normen zur Gleichbehandlung umsetzen, die jede Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung von Personen verbieten.

Darauf pochten zwei Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, und verlangten den so genannten Ehegatten- oder Familienzuschlag der Besoldungsstufe 1. Seit Juli 2009 können sie ihre Forderung auch auf ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgericht stützen: Das Gebot der Verfassung, die Ehe zu schützen, rechtfertige es nicht, eingetragene Lebenspartner - bei der Hinterbliebenenversorgung etc. - zu benachteiligen, hatten die Verfassungsrichter erklärt.

Deshalb hob das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen auf, die den Anspruch der zwei Beamten auf den Familienzuschlag verneint hatten (2 C 10.09 und 2 C 21.09). Eingetragene Lebenspartner seien in "vergleichbarer Lage wie Ehegatten" und dürften deshalb nicht anders behandelt werden. Ehe und Lebenspartnerschaft seien auch im Hinblick auf den Familienzuschlag als vergleichbar anzusehen.

Geschenktes Haus reicht der Tochter nicht

Sie verklagt den Vater auf Übernahme aller laufenden Kosten ...

Schon vor ein paar Jahren hatte das Ehepaar seiner Tochter das Einfamilienhaus übertragen und sich im notariellen Vertrag ein Nutzungsrecht vorbehalten (juristisch: Nießbrauch). Dann kam es zum großen Familienkrach: Die Eltern trennten sich, der Vater verließ das Haus. Deshalb kann man das Vorgehen der Tochter, die sich auf die Seite der Mutter gestellt hatte, wohl als kleinen Rachefeldzug gegen den Vater deuten.

Jedenfalls zog sie vor Gericht und forderte von ihm, alle laufenden Kosten des Anwesens zu bezahlen. Als "Nießbraucher" müsse er private und öffentliche Lasten des Hauses tragen: Hausrats- und Wohngebäudeversicherung, Strom- und Wasserkosten, Grundsteuer, Müllgebühren, Zeitungsabonnement und die Gebühren fürs Pay-TV.

Das Landgericht Coburg wies die Klage der Frau gegen ihren Vater ab (14 O 107/10). Er habe ihr nie zugesagt, die laufenden Kosten zu übernehmen. Zumindest bestreite er so ein mündliches Versprechen - das aber ohne notarielle Urkunde sowieso nichts wert wäre.

Der notariellen Urkunde, mit der das Anwesen der Tochter übertragen wurde, sei so eine Vereinbarung nicht zu entnehmen - allenfalls die Übernahme öffentlicher Gebühren wie Grundsteuer und Müllgebühr. Doch dazu müsste die Tochter erst einmal Gebührenbescheide vorlegen: Ohne Belege sei auch dieser Anspruch nicht durchzusetzen. Die restlichen Haus- bzw. Lebenshaltungskosten müsse die Tochter auf jeden Fall selbst tragen.

Ehepaar nimmt gemeinsam Kredit auf

Nach der Scheidung will die Ehefrau davon nichts mehr wissen

Ein Ehepaar nahm bei seiner Hausbank ein Darlehen über 52.000 DM auf, um damit Anteile an einer Firma zu kaufen. Nach ein paar Jahren ging die Ehe in die Brüche. Über das Vermögen des Ehemannes wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Als bei der Bank keine Tilgungsraten mehr eingingen, kündigte sie das Darlehen und forderte von der mittlerweile geschiedenen Frau, die restlichen Schulden von 23.000 Euro zurückzuzahlen.

Die stellte sich nun auf den Standpunkt, sie habe den Kreditvertrag nur "pro forma" unterschrieben, aus Liebe. Finanziell wäre sie mit dem Vertrag sowieso überfordert gewesen, hätte nicht mal die Zinsen aus eigenen Mitteln zahlen können. Eigentlich sei nur ihr Ex-Mann Darlehensnehmer gewesen. Diesem Argument widersprach das Kreditinstitut und verwies auf den Grundbesitz der Kundin: Sie sei sehr wohl zahlungsfähig gewesen.

Das Landgericht Coburg gab der Bank Recht und verurteilte die Frau dazu, das Darlehen zurückzuzahlen (13 O 217/10). Die Bankkundin habe so getan, als wäre sie selbst an dem Kredit gar nicht interessiert gewesen. Dabei habe sie selbst von dem Darlehen profitiert - zumindest sei das beabsichtigt gewesen - und die Firmenanteile mit erworben, für die der Kredit aufgenommen wurde. Deshalb sei sie als Darlehensnehmerin anzusehen und nicht als überforderte Bürgin, die nur für jemand anders haftete.

Vater nichtehelicher Kinder ...

... bekommt das Recht zugesprochen, über Schul- und Kindergartenbesuch zu entscheiden

Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 (Gri-Artikel Nr. 51342 vom 22.10.2010) zum Sorgerecht von Vätern nichtehelich geborener Kinder zeigt Wirkung: Als einer der ersten bekam ein unverheirateter Vater aus Brandenburg teilweise das Sorgerecht für seine beiden Kinder zugesprochen (geboren 2003 und 2005).

Im Sommer 2009 hatte sich das Paar getrennt, die Kinder leben seither im Haushalt des Vaters. Doch das Sorgerecht übt die Frau allein aus - wie bei nichtehelich geborenen Kindern bisher üblich, wenn sich die Eltern nicht auf ein gemeinsames Sorgerecht einigen können. In den ersten zehn Monaten nach der Trennung ließ sich die Mutter nicht blicken. Erst seit Mai 2010 besucht sie die Kleinen wieder regelmäßig.

Dem verblüfften Vater kündigte sie im Juni an, sie werde die Kinder aus der Schule bzw. aus dem Kindergarten nehmen und mit Beginn des neuen Schuljahres in Einrichtungen nahe an ihrer Wohnung anmelden. Eigentlich wäre es am besten, sie würden auch gleich zu ihr ziehen. Damit war der Vater ganz und gar nicht einverstanden.

Beim Amtsgericht beantragte er, ihm das Recht zu übertragen, über Schule und Kindergarten zu bestimmen. Das wurde abgelehnt. Seine Beschwerde gegen diese Entscheidung, gestützt auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, hatte beim Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg Erfolg (10 WF 187/10). Mittlerweile könne auch der Vater nichtehelicher Kinder die elterliche Sorge oder einen Teil davon erhalten, so das OLG, wenn dies dem Kindeswohl diene und ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern nicht in Frage komme.

Das treffe im konkreten Fall zu. Da die Mutter beabsichtige, gegen den Willen des Vaters einen Wechsel von Schule und Kindergarten durchzusetzen, sei zudem schnelles Eingreifen erforderlich. Der Vater erhalte das Recht, vorläufig - solange der Streit ums Sorgerecht vom Familiengericht nicht endgültig entschieden sei - über Schul- und Kindergartenbesuch zu entscheiden. Das entspreche dem Wohl der Kinder. Denn so könnten sie wenigstens vorerst in der gewohnten Umgebung bleiben.

Querschnittslähmung nach PRT beim Orthopäden

Der Arzt hielt das Risiko für minimal und klärte den Patienten nicht auf

Konservative Behandlung hatte die Rückenschmerzen des Mannes nicht beseitigt. Deshalb empfahl ihm der Orthopäde eine computer-gestützte periradikuläre Therapie (PRT: eine Nervenwurzelbehandlung durch Injektion). Über das Risiko einer dauerhaften Querschnittslähmung wurde der Patient nicht aufgeklärt. In der von ihm unterschriebenen Einverständniserklärung stand: "Lähmungen (auch Querschnittslähmungen) nach Blutungen ... sind extrem selten".

Dennoch ereilte den Patienten dieses Schicksal, obwohl der Eingriff fachgerecht war. Später klagte er auf Schadenersatz, weil der Orthopäde seine ärztliche Aufklärungspflicht verletzt habe. Der Vorwurf wurde von der Vorinstanz zurückgewiesen: Damals habe noch kein medizinisches Fachblatt über eine Querschnittslähmung nach PRT berichtet. Nach dem damaligen Kenntnisstand habe der Arzt auf dieses rein theoretische Risiko nicht hinweisen müssen.

Mit diesem Argument war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (VI ZR 198/09). Der Umstand, dass "es" bis jetzt noch nicht passiert sei, reiche nicht aus, um das Risiko als "nur theoretisch" einzustufen und eine Aufklärungspflicht zu verneinen. Die Vorinstanz habe die einschlägigen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht richtig gewürdigt: Zweifel hätte sie durch gezieltes Befragen klären müssen.

Der Sachverständige habe nämlich erläutert, dass nach wirbelsäulennahen Injektionen bleibende Lähmungen immer möglich seien. Denn dadurch könnten im zentralen Nervensystem Blutungen entstehen. Auch wenn es die Computer-Kontrolle erlaube, die Nadel sehr genau zu positionieren, könne man so eine Folge nicht ausschließen.

Wenn das zutreffe, sei eine Aufklärungspflicht zu bejahen - angesichts der gravierenden Konsequenzen eines Misserfolgs für den Patienten. Die Vorinstanz müsse sich mit dem Fall nochmals befassen und, sachverständig beraten, die Frage klären, ob schon aufgrund der anatomischen Gegebenheiten der Wirbelsäule bei einer PRT (ebenso wie bei anderen wirbelsäulennahen Injektionen) ganz generell das Risiko einer Querschnittslähmung bestehe und ob dies dem Orthopäden 2001 bekannt sein musste.

Zweite Ehe als "ehebedingter Nachteil"

Ehefrau verlor durch zweite Heirat ihren unbefristeten Unterhaltsanspruch

22 Jahre lang war die Frau mit ihrem ersten Ehemann verheiratet gewesen. Die Ehe wurde 1977 "wegen Untreue" des Ehemannes geschieden. Schon ein Jahr später hatte auch die Ehefrau einen neuen Partner gefunden, sie heiratete ihn 1978. Ein paar Jahre später verließ sie der zweite Ehemann. 1987 fand die Scheidung statt. Es folgte ein endloser Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt.

Als 2008 auf Antrag des Ehemannes Nr.2 das Amtsgericht den Unterhaltsanspruch der Frau von 700 Euro auf 500 Euro herabsetzte und zudem bis Juni 2011 befristete, ging sie in Berufung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob das Urteil des Amtsgerichts auf (8 UF 173/09).

Der Ehemann könne nicht verlangen, dass seine Ex-Frau nach den Prinzipien des neuen Unterhaltsrechts von 2008 behandelt werde. Den Unterhalt nur befristet bis 2011 zu zahlen, komme nicht in Frage, weil die Ehefrau durch die zweite Heirat gravierende finanzielle Nachteile in Kauf genommen habe. Sie habe dadurch nämlich ihren Unterhaltsanspruch gegenüber dem ersten Ehemann verloren.

Dieser Anspruch hätte sich weiter nach altem Recht gerichtet und hätte unbefristet gegolten. Nach dem Tod des ersten Ehemannes hätte die Frau eine Geschiedenen-Witwenrente erhalten. Durch die zweite Ehe seien diese Ansprüche entfallen, die jetzige Versorgungslücke der Frau sei also durch die Ehe bedingt.

Ginkgo-Extrakt: Lebensmittel oder Arzneimittel?

Pharmaunternehmen kämpft gegen Hersteller von "Wirkungsgetränken"

Das Pharmaunternehmen verkauft u.a. Kapseln mit dem Trockenextrakt der Ginkgo-biloba - eine aus China stammende Pflanze, der heilende Wirkungen zugeschrieben werden. Das Unternehmen sah die "Wirkungsgetränkelinie Carpe Diem" eines Getränkeherstellers als Konkurrenz an: Zu diesen Produkten gehörte ein Mischgetränk "Ginkgo" mit 0,02% Ginkgo-Extrakt, Wasser, Traubenzucker und anderen Zutaten.

Der Kapselproduzent verlangte ein Verbot: Ohne Zulassung als Arzneimittel dürfe das Getränk nicht mit dem Namen "Ginkgo" vertrieben werden. Das Oberlandesgericht Köln lehnte das Verbot ab. Begründung: Auf der Flasche stehe: "Empfohlen werden täglich ein bis zwei Gläser". Daher liege kein pharmakologischer Effekt vor; der sei erst ab 120 mg Ginkgo-Extrakt pro Tag zu erreichen. Das Getränk sei nicht als Arzneimittel einzustufen.

Dem widersprach der Bundesgerichtshof (I ZR 19/08). Nach der Lebenserfahrung verständen Verbraucher die vage Empfehlung einer Trinkmenge nicht als Angabe einer strikten oberen Grenze. Außerdem: Welche Menge ein Konsument zu sich nehme, hänge auch davon ab, welche Gläser er benutze. Wer "ein bis zwei Gläser" mit einem Volumen von 250 ml trinke, nehme bereits 100 mg Ginkgo-Extrakt zu sich.

Die Möglichkeit, dass Verbraucher aus einer 1-Liter-Flasche mehr trinken, liege nahe. Deshalb könne man die pharmakologische Wirkung des Getränks nicht verneinen. Bei einer Tagesdosis von 120 mg sei es als Arzneimittel anzusehen und benötige eine entsprechende Zulassung - wenn der Hersteller das Mischgetränk weiterhin in der gleichen Aufmachung und unter gleichem Namen verkaufen wolle.

Zum Beweis eines "ehebedingten Nachteils":

Hätte die Ehefrau ohne Heirat verbeamtete Lehrerin am Gymnasium werden können?

Die 1957 in Belgien geborene Frau hatte dort Abitur abgelegt. Sie brach wegen ihrer ersten Ehe ein Medizinstudium ab und kam nach Deutschland. Nach dem Tod ihres ersten Mannes belegte Frau T Sprachkurse, um anschließend ein Lehramtsstudium zu beginnen. Doch dann lernte sie ihren zweiten Mann kennen. Frau T bekam 1987 Zwillinge, betreute die Kinder und arbeitete nebenbei in der Immobilienfirma des Mannes mit. 1995 wurde die Ehe geschieden.

Danach zog Frau T allein die Kinder auf und absolvierte gleichzeitig das Lehramtsstudium, das sie mit "sehr gut" abschloss. Seither ist sie bei einem Freien Gymnasium beschäftigt und verdient ca. 1.500 Euro. Ihr Ex-Mann zahlt 923 Euro nachehelichen Unterhalt. Er zog vor Gericht, um diese Pflicht loszuwerden.

Seine Ex-Frau habe für die Heirat keine finanziellen Nachteile in Kauf genommen, fand der Immobilienmakler: Sie sei damals schon 29 Jahre alt gewesen, eine Stelle als verbeamtete Gymnasiallehrerin hätte sie nicht mehr erreicht. Das Amtsgericht gab ihm Recht, doch das Oberlandesgericht Celle sah das anders (10 UF 9/10). Frau T habe praktisch bewiesen, dass sie den Lehrerberuf ausüben könne. Das rechtfertige auch die Annahme eines dauerhaften ehebedingten Nachteils: Ohne Ehe und Kinder wäre sie längst verbeamtet.

Nach dem Tod des ersten Mannes habe sie bereits das Studium vorbereitet. Nach der Trennung vom zweiten Ehemann habe sie es - trotz Kinderbetreuung! - sofort aufgenommen und innerhalb der Regelstudienzeit sehr erfolgreich abgeschlossen. Das zweite Examen habe sie wegen einer Krankheit zwar nicht bestanden, ohne Doppelbelastung hätte sie es aber wohl geschafft.

Als verbeamtete oder im öffentlichen Dienst angestellte Gymnasiallehrerin würde die Frau längst ein gutes Gehalt erzielen. Die Differenz zwischen dem möglichen, guten Gehalt und ihrem jetzigen Einkommen sei höher als der nacheheliche Unterhalt, den der Ex-Mann bezahle. Mit dem Betrag sei er eigentlich ganz gut bedient.

Kleinkind fiel in Regentonne: schwerbehindert

Sozialhilfeträger fordert vom Vater Schadenersatz für seine Leistungen

Die unverheirateten Eltern eines Kleinkindes lebten nicht zusammen, übten aber das Sorgerecht gemeinsam aus. Der eineinhalb Jahre alte Junge wohnte bei der Mutter und besuchte jedes zweite Wochenende den Vater im Haus der Großeltern. Im Sommer blieb das Kind im Garten kurz allein und da passierte das Unglück: Es fiel in eine ungesicherte Regentonne und blieb etwa zehn Minuten unter Wasser.

Der Junge trug schwere Hirnschäden davon und muss auf Dauer betreut werden. Der zuständige Sozialhilfeträger übernahm Behandlungskosten und zahlte Sozialleistungen für das Kind. Dafür wollte er sich am Vater schadlos halten. Er müsse Schadenersatz zahlen, weil er seine Aufsichtspflicht verletzt habe und für den Unfall verantwortlich sei.

Vor Gericht ging es um die Frage, ob der Vater das "Haftungsprivileg" in Anspruch nehmen kann, das "in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen" zusteht. Was bedeutet das?

Wird ein Kind durch ein Elternteil oder Geschwister geschädigt, haftet der Schädiger nicht. Denn das Kind soll nicht zusätzlich dadurch beeinträchtigt werden, dass ein Angehöriger der Haushaltsgemeinschaft Schadenersatz zahlen muss. Denn so vermindert sich das Einkommen des Haushalts, also auch des Kindes. Ganz zu schweigen vom Konfliktpotenzial in der Familie.

Wenn der schädigende Elternteil nicht mit dem geschädigten Kind zusammenlebe, seien solche negativen Konsequenzen für das Kind nicht zu befürchten, so das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 14/09). Daher sei es sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber die Haftung unterschiedlich regle, je nachdem, ob der Familienangehörige mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft oder getrennt von ihm lebe.

Im konkreten Fall sei das Verhältnis von Vater und Kind jedoch fast vergleichbar mit dem Leben in einem Haushalt. Denn der Vater übe das Sorgerecht aus und betreue das Kind regelmäßig im Haus seiner Eltern. Er zahle Unterhalt und gebe vermutlich darüber hinaus mehr Geld für das Kind aus, als er müsste. Wenn das so zutreffe, dürfe der Sozialhilfeträger von ihm keinen Schadenersatz fordern. Das müsse nun die Vorinstanz überprüfen.

Geschiedenes Paar streitet um Reparaturkosten fürs Haus

Fünf Jahre nach der Scheidung ist dafür nicht mehr das Familiengericht zuständig

Nach zwölf Jahren wurde die Ehe 2004 geschieden. Schon zwei Jahre vorher war die Frau mit den Kindern aus dem Einfamilienhaus ausgezogen, das den Partnern zu gleichen Teilen gehörte. Später zog der Ex-Mann aus und Frau und Kinder wieder ein. Seit 2009 steht das Haus leer und soll nach einer Renovierung verkauft werden. Ein Bausachverständiger schätzte die Modernisierungskosten auf fast 14.000 Euro.

Nun beantragte der Ehemann Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen seine Frau: Um ihm zu schaden, habe sie beim Auszug vieles zerstört. Deshalb müsse die Frau Schadenersatz leisten, etwa die Hälfte der Renovierungskosten (6.715 Euro) müsse sie herausrücken. Das Landgericht erklärte sich für nicht zuständig und verwies den Mann ans Familiengericht. Das Familiengericht am Amtsgericht Holzminden verwies den Fall jedoch zurück ans Landgericht (12 F 104/10).

Dieser Rechtsstreit hänge nicht mit der Auflösung der Ehe zusammen, erklärte der Amtsrichter - fünf Jahre nach der Scheidung. Es handle sich nicht um eine Familiensache, für die das Familiengericht zuständig wäre. Hier gehe es vielmehr um einen tatsächlichen oder vermeintlichen Anspruch gegen die Ex-Frau auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher Zerstörung.

Die Anschuldigungen des Ehemannes belegten zwar, dass die ehemaligen Eheleute ihren Paarkonflikt und die Trennung psychologisch noch nicht bewältigt hätten. Diese Tatsache allein begründe jedoch keine Zuständigkeit des Familiengerichts für einen Rechtsstreit allgemeiner Art, dessen Anlass Jahre nach der Scheidung stattgefunden habe.

Heimbewohnerin stürzte im Rollstuhl die Treppe hinunter

Ohne konkrete Gefahrensituation müssen Demenzkranke nicht pausenlos überwacht werden

Die demenzkranke Bewohnerin des Pflegeheims lag meist im Bett, wurde jedoch mehrmals in der Woche mobilisiert und (gesichert mit einem Haltegurt) in einen Rollstuhl gesetzt. Damit hatte sie sich vor dem Unfall niemals selbständig bewegt - schon gar nicht bis ins Treppenhaus. Dazwischen lag nämlich eine Tür.

Niemand weiß, wie es am Unglückstag geschah: Doch die alte Frau gelangte mit dem Rollstuhl ins Treppenhaus, stürzte die Treppe hinunter und verletzte sich. Die gesetzliche Krankenkasse kam für die Kosten des Klinikaufenthalts auf und verklagte anschließend den Träger des Pflegeheims auf Schadenersatz: Er müsse dafür einstehen, dass die Demenzkranke nicht richtig beaufsichtigt wurde.

Dem widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf (24 U 141/09). Wenn keine "konkrete Gefahrensituation" bei einem Heimbewohner vorliege, müsse dieser nicht ständig bewacht werden. Der Heimbetreiber müsse nur Maßnahmen ergreifen, die er mit vernünftigem Aufwand durchführen könne.

Die Tür zum Treppenhaus sei geschlossen, aber nicht abgeschlossen. Aufgrund ihrer eingeschränkten motorischen Fähigkeiten sei es fast ausgeschlossen, dass die Heimbewohnerin sie selbst geöffnet habe. Also müsse ein anderer Heimbewohner oder ein "wohlmeinender" Besucher die Tür aufgemacht haben. Das sei nicht mehr zu klären. Mit so unvorsichtigem Verhalten müsse der Heimträger nicht rechnen.

Pflegeheime könnten unmöglich jedem Heimbewohner während der Mobilisierungsphase im Rollstuhl einen eigenen "Aufpasser" zur Seite stellen. Angesichts der angespannten personellen Situation würde diese Forderung nur dazu führen, dass Demenzkranke nicht mehr mobilisiert würden. Dabei sei doch gerade die Selbständigkeit der Heimbewohner zu fördern, um ihnen trotz Pflegebedürftigkeit im Heim ein angemessenes Leben zu ermöglichen.

Magenverkleinerung auf Kassenkosten?

Übergewichtige müssen es vorher mit konservativer Therapie versuchen

Eine 49-jährige Dortmunderin ist schwer übergewichtig: Ihr Body Mass Index liegt bei 40; sie leidet obendrein unter Diabetes sowie Knie- und Wirbelsäulenbeschwerden. Bei der gesetzlichen Krankenkasse beantragte sie die Übernahme der Kosten für eine operative Magenverkleinerung. Das wurde abgelehnt.

Auch ihre Klage gegen die Krankenkasse war beim Sozialgericht Dortmund nicht von Erfolg gekrönt (S 40 KR 313/07). Übergewichtige Versicherte müssen erst alle konservativen Möglichkeiten der Therapie ausschöpfen, so das Gericht, bevor sie eine Operation durchführen lassen.

Die Patientin müsse sich unter ärztlicher Anleitung einer Adipositastherapie (Adipositas: Übergewicht, Fettsucht) unterziehen, einer integrierten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Vergeblich pochte die Versicherte darauf, sie habe schon an diversen Diät-Programmen teilgenommen, um abzunehmen. Ohne dauerhaften Effekt.

Das beeindruckte das Gericht nicht: Eine Diät sei nicht mit einer integrierten Therapie gemäß den Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und unter ärztlicher Kontrolle vergleichbar. So ein Programm sei viel mehr als eine Diät, beziehe Ernährungsfachkräfte, Physiotherapeuten und Psychologen mit ein. Erst, wenn auch diese Behandlung keine Besserung bewirke, müsse die gesetzliche Krankenkasse für die Kosten einer operativen Verkleinerung des Magens aufkommen.

Risikoschwangerschaft einer Arbeitslosen

Die Bundesagentur für Arbeit entzog ihr wegen des Beschäftigungsverbots die Arbeitslosenhilfe

2003 hatte die junge Mutter ihren Job verloren und meldete sich arbeitslos. Im Anschluss ans Arbeitslosengeld erhielt sie ab April 2004 Arbeitslosenhilfe. Im Sommer wurde die Frau erneut schwanger. Um eine Fehlgeburt zu vermeiden, müsse sie sich sehr schonen, erklärte die Gynäkologin. Nach dem Mutterschutzgesetz bestehe deshalb Beschäftigungsverbot, bis der Mutterschutz beginne.

Als die schwangere Frau das dem Arbeitsamt (so hieß die Arbeitsagentur damals noch) meldete, wurde die Arbeitslosenhilfe gestrichen. Begründung: Wenn sie nicht arbeiten dürfe, also dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, sei sie nicht mehr als arbeitslos einzustufen. Widerspruch und Klage gegen diesen Bescheid blieben lange erfolglos.

Doch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab der Berufung der Frau statt und bestätigte ihren Anspruch auf Leistungen der Arbeitsagentur (L 11 AL 149/07). Werdende Mütter stünden unter besonderem Schutz des Staates. Deshalb sei die Verfügbarkeit der Schwangeren für den Arbeitsmarkt "zu fingieren" und die Arbeitslosenhilfe trotz des Beschäftigungsverbots auszuzahlen.

Ein Leistungsausschluss wäre mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Familie unvereinbar. Bis zum Beginn der Mutterschutzfrist hätte der werdenden Mutter seinerzeit Arbeitslosenhilfe zugestanden. Gleiches gelte auch bei einem Anspruch auf Arbeitslosengeld. (Die Bundesagentur für Arbeit hat gegen das Urteil Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.)

"Totaler Krankenhausaufnahmevertrag" ...

... beinhaltet keinen Anspruch, von bestimmten Ärzten operiert zu werden!

Drei Mal wurde eine gesetzlich krankenversicherte Frau 2001 in einer Klinik am Knie operiert, jeweils durch den leitenden Oberarzt Dr. E. Im Herbst stand ein weiterer Eingriff an. Nach einem Vorgespräch mit Dr. E übernahm ein anderer Arzt die Risikoaufklärung der Patientin. Wer die Operation durchführen würde, war dabei nicht Thema.

Am nächsten Tag operierte Dr. L, der gerade seine Facharztausbildung absolvierte, die Patientin unter Aufsicht eines Oberarztes. Während des Eingriffs kam es zu einer Blutung, ein Nerv war verletzt worden. Trotz weiterer Operationen kann die Patientin seither nicht mehr normal stehen und gehen.

Obwohl kein Kunstfehler vorlag, verklagte die Frau die Klinik auf Schmerzensgeld. Begründung: Sie habe nur in eine Operation durch Oberarzt Dr. E eingewilligt. Im Vorgespräch habe er gesagt, er werde die Operation, sofern möglich, selbst durchführen. Dr. E durch einen unerfahrenen Operateur zu ersetzen, stelle ein Organisationsverschulden des Krankenhauses dar. Dieser Maßnahme hätte sie nie zugestimmt.

Die Patientin habe mit der Klinik einen so genannten "totalen Krankenhausaufnahmevertrag" geschlossen, stellte der Bundesgerichtshof fest (VI ZR 252/08). Bei diesem üblichen Vertrag habe der Patient keinen Anspruch darauf, von einem bestimmten Arzt behandelt und operiert zu werden. Dr. E habe das auch nicht verbindlich zugesagt.

Wenn ein gesetzlich versicherter Patient einem Eingriff zustimme, stimme er auch der Behandlung durch diejenigen Ärzte zu, die nach dem internen Dienstplan zuständig seien. Für das Funktionieren einer Klinik sei das auch unbedingt erforderlich: Denn sie müsse Operationspläne so aufstellen, dass alle Ärzte möglichst gleichmäßig - entsprechend ihrem Können - eingesetzt würden und zugleich eine vernünftige Ausbildung stattfinde.

Wenn ein Patient ohne Zusatzvertrag darauf bestehe, von einem bestimmten Arzt operiert zu werden, müsse er das - anders als hier - eindeutig zum Ausdruck bringen. Das bedeute aber nur, dass kein anderer den Eingriff vornehmen dürfe - nicht, dass der gewünschte Arzt operiere. In so einem Fall müsse der Patient damit rechnen, unbehandelt entlassen zu werden. Anders liege der Fall bei einer Wahlleistungsvereinbarung, bei der der Patient zusätzliches Honorar für die Behandlung durch den gewünschten Mediziner zahle.

Unverträgliche Asthma-Mittel

In bestimmten Fällen darf die gesetzliche Krankenkasse die Kostenerstattung nicht auf den Festbetrag begrenzen

Für bestimmte Gruppen von Arzneimitteln setzt der Gemeinsame Bundesausschuss (Vertreter der Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzteverbände) Festbeträge fest. Das bedeutet: Die gesetzlichen Krankenkassen müssen nur den Festbetrag erstatten, wenn einem Versicherten so ein Medikament verschrieben wird. Die Differenz zwischen Festbetrag und Verkaufspreis der Apotheke müssen die Patienten selbst tragen.

Ein Patient, der unter Bronchialasthma leidet, wird seit 2005 mit dem Medikament Alvesco behandelt. Da für den darin enthaltenen Wirkstoff Ciclesonid ein Festbetrag gilt, der weit unter dem Apotheken-Verkaufspreis liegt, musste der Patient ständig "draufzahlen". Schließlich zog er vor Gericht, um die vollständige Kostenübernahme durchzusetzen.

Das Sozialgericht Aachen gab ihm Recht (S 13 KR 170/10). Das sei ein Ausnahmefall. Denn Alvesco sei das einzige Asthma-Medikament, das der Patient vertrage - eben wegen des Wirkstoffs Ciclesonid. Alle anderen Asthma-Mittel, die zum Festbetrag erhältlich seien, enthielten andere Wirkstoffe, die bei ihm schmerzhafte Nebenwirkungen auslösten.

Das hätten zahlreiche Versuche des Patienten und seines Arztes mit anderen Medikamenten gezeigt. Da der Versicherte also nur mit diesem bestimmten Mittel ordnungsgemäß behandelt werden könne, müsse die gesetzliche Krankenkasse ausnahmsweise die Kosten in voller Höhe erstatten. Auf Dauer sei die Zuzahlung für den Versicherten unzumutbar.

"Master of Science Kieferorthopädie"

Zahnärztin darf diesen akademischen Grad einer österreichischen Universität führen

Eine Zahnärztin in Nordrhein-Westfalen hatte nach dem deutschen Examen zusätzlich an der Donau-Universität Krems den Titel "Master of Science Kieferorthopädie" erworben. Der Titel prangte über ihrer Korrespondenz und schmückte die Online-Präsentation ihrer Praxis. Die Zusatzqualifikation ist mit der eines "Fachzahnarztes für Kieferorthopädie" (nach deutscher Ausbildungsordnung) nicht vergleichbar.

Das meinen aber fälschlicherweise die Patienten, fürchteten Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, die in der Nachbarstadt praktizierten. Sie zogen wegen unlauteren Wettbewerbs gegen die Kollegin vor Gericht: Dass sie diesen Titel verwende, täusche die Patienten. Dem widersprach der Bundesgerichtshof (I ZR 172/08).

Der Mastergrad gehöre zu den akademischen Graden Österreichs, die man in Deutschland - gemäß einem Abkommen zwischen Deutschland und Österreich - führen dürfe. Einen rechtmäßig erworbenen Titel auf dem Praxisschild oder im Internet anzugeben, verstoße weder gegen das Berufsrecht, noch würden so Patienten getäuscht - selbst wenn diese womöglich damit falsche Vorstellungen verknüpften.

Wenn das Publikum diesen Titel missverstehe und denke, der Grad verweise auf eine Qualifikation, die der eines deutschen Fachzahnarztes für Kieferorthopädie entspreche, könne man das nicht ändern. Patienten müssten sich darüber informieren. Wesentlich sei: Dieser Irrtum führe nicht zu einem Risiko für die Patienten, denn die Zahnärztin sei ja fachlich qualifiziert - wenn auch nicht ganz so wie die Kollegen.

Säugling bei der Narkose schwer geschädigt

Bei einem Routinefall darf der Anästhesist Patienten bzw. Eltern am Telefon über das Risiko informieren

Eigentlich war es ein einfacher Fall, ein Routineeingriff. Das drei Wochen alte Mädchen musste an der Leiste operiert werden (Leistenhernien). Der Operateur der Kreisklinik sprach mit der Mutter darüber, während der Vater im Wartezimmer ein Aufklärungsformular las und unterschrieb. Zwei Tage vor der Operation telefonierte der Anästhesist mit dem Vater.

Beim Eingriff kam es zu Komplikationen mit der Beatmung. Durch den Zwischenfall bei der Narkose erlitt der Säugling schwere Schäden, Motorik und Artikulationsfähigkeit sind dauerhaft gestört. Ein ärztlicher Fehler lag nicht vor. Im Namen des Kindes forderten die Eltern Schmerzensgeld, gestützt auf den Vorwurf mangelhafter Aufklärung über das Risiko: Der Operateur habe nur mit der Mutter geredet und ein Telefongespräch sei sowieso keine korrekte Aufklärung.

In einfach gelagerten Fällen könne ein Telefonat durchaus genügen, entschied dagegen der Bundesgerichtshof (VI ZR 204/09). Da dürfe sich ein Arzt auch per Telefon davon überzeugen, ob der Patient - bzw. hier: die Eltern - die Informationen verstanden habe. Der Anästhesist habe mindestens eine Viertelstunde mit dem Vater über die extrem seltenen Risiken am Telefon gesprochen - "vertrauensvoll", habe der Vater selbst betont. Da sei nichts offen geblieben.

Obwohl er nur mit der Mutter gesprochen habe, durfte der Operateur davon ausgehen, dass auch der Vater einverstanden war. Der Ehemann habe die Frau begleitet und während des Gesprächs das einschlägige Aufklärungsformular im Wartezimmer studiert. Das könne der Arzt nicht anders verstehen, als dass der Ehemann die Mutter ermächtigt hatte, das Aufklärungsgespräch allein zu führen.

Die Eltern hätten außerdem direkt vor der Operation nochmals Gelegenheit zu Nachfragen gehabt. Anschließend hätten sie dem Eingriff schriftlich zugestimmt. Die Einwilligung sei wirksam, da die Risikoaufklärung korrekt gewesen sei. Klinik und Ärzte hafteten daher nicht für unglücklichen Ausgang der Operation.