Familie & Gesundheit

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Zweitwohnungssteuer beschäftigt die Gerichte

Wird eine alleinerziehende Mutter verfassungswidrig benachteiligt?

Klagen gegen die Zweitwohnungssteuer häufen sich. Im konkreten Fall geht es um eine alleinerziehende Mutter und ihre Tochter, eine Schülerin. Sie wohnen außerhalb Hamburgs. Die berufstätige Mutter hat jedoch aus beruflichen Gründen in Hamburg eine Zweitwohnung gemietet.

Da die Frau nicht verheiratet ist, profitiert sie nicht von einer Ausnahmeregelung des Hamburgischen Zweitwohnungssteuergesetzes: Demnach sind Zweitwohnungen von verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft lebenden Eltern von der Zweitwohnungssteuer ausgenommen, wenn die Zweitwohnung überwiegend aus beruflichen Gründen gemietet wurde und die gemeinsame Hauptwohnung außerhalb Hamburgs liegt.

Die Hamburgerin klagte gegen das Hamburgische Zweitwohnungssteuergesetz. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Rechtsstreit noch nicht entschieden, sondern zunächst den Senator für Finanzen der Stadt Hamburg aufgefordert, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Der BFH nimmt nämlich an, dass das Gesetz gegen das Grundgesetz verstoßen könnte (II R 67/08).

Artikel 6 des Grundgesetzes schütze auch Kleinfamilien, die aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehe. Deshalb stelle sich die Frage, ob eine Regelung, nach der verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Personen begünstigt werden, mit der Verfassung vereinbar sei. Dürfe man wirklich eine Familie, die aus einer Mutter und einem Kind in der Schulausbildung bestehe, von dieser Regelung ausschließen?

Scheidung: 1.200 Euro Unterhalt ...

... für die Krankenversicherung der Ex-Frau sind bei einem Sold von 2.600 Euro unverhältnismäßig

Nach 22 Ehejahren ließ sich ein Soldat von seiner Ehefrau scheiden. Er verdiente netto ca. 2.600 Euro. Sie war krankheitsbedingt erwerbsunfähig und erhielt Erwerbsunfähigkeitsrente. Als Ehefrau eines Beamten hatte sie im Krankheitsfall Beihilfe bekommen: Die Kosten trug zu 70 Prozent die Beihilfe, ergänzend war die Frau privat krankenversichert. Durch die Scheidung fiel die Berechtigung zum Bezug von Beihilfe weg.

Im Scheidungsverfahren verurteilte das Amtsgericht den Mann dazu, seiner Frau monatlichen Krankenvorsorgeunterhalt in Höhe von 1.200 Euro zu zahlen: Diesen Betrag müsse sie ausgeben, um einen vergleichbaren privaten Krankenversicherungsschutz zu erreichen. Gegen dieses Urteil legte der Soldat Berufung ein und hatte damit beim Oberlandesgericht Oldenburg Erfolg (14 UF 114/09).

Um den während der Ehe erreichten Standard aufrecht zu erhalten, müsse die Ehefrau in die private Krankenversicherung wechseln. Das zähle im Prinzip zum Unterhaltsbedarf. Im konkreten Fall hätte dies allerdings eine unverhältnismäßige Belastung des unterhaltspflichtigen Ehemannes zur Folge. Von seinem Einkommen müsste er fast die Hälfte abgeben, nur um die Krankenversicherung für seine Frau zu finanzieren.

Unter diesen Umständen müsse man es der Ehefrau zumuten, sich auf den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkasse zu beschränken. Private Krankenversicherungen seien verpflichtet, für solche Fälle einen Basistarif anzubieten: Dieser Tarif biete Personen, die nicht die Aufnahmebedingungen für die gesetzliche Krankenversicherung erfüllten, einen der gesetzlichen Grundversorgung vergleichbaren Versicherungsschutz.

Der Krankenvorsorgeunterhalt werde beschränkt auf einen Betrag von 250 Euro und auf fünf Jahre befristet: Das sei ein Kompromiss zwischen nachehelicher Solidarität und dem Grundsatz der Eigenverantwortung der Frau. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit der Ehefrau hänge nicht mit der Ehe zusammen - eine unbefristete Zahlungspflicht des Ehemannes wäre daher unbillig.

Kein Anspruch mehr auf Kindesunterhalt ...

... wenn die Vaterschaft erst offiziell festgestellt wurde, als die Tochter schon volljährig war

Dass das Mädchen lange nicht wusste, wer der Vater war, und von ihm auch keinen Unterhalt bekam, lag am Verhalten der Mutter, einer DDR-Bürgerin. Das uneheliche Kind war 1986 geboren worden. Schon während der Schwangerschaft hatte die Frau die Frage ihres Bekannten, ob er der Vater des Kindes sei, bewusst falsch mit "Nein" beantwortet. Denn der Mann hatte einen Ausreiseantrag gestellt und sie befürchtete, als Freundin eines Ausreisewilligen werde sie Ärger mit der Stasi bekommen.

Außerdem habe sie "von ihm kein Geld nehmen wollen", erklärte die Frau später. Auch nach der Geburt informierte sie ihren Ex-Liebhaber nicht, obwohl er noch drei Jahre am gleichen Ort wohnte und erst 1989 in den Westen ging. Erst als die Tochter volljährig wurde, lüftete die Mutter das Geheimnis. Nun machte die Tochter den Vater ausfindig, ließ 2008 die Vaterschaft rechtskräftig feststellen und verlangte nachträglich Kindesunterhalt.

Ihr Anspruch sei längst verwirkt, entschied das Oberlandesgericht Dresden (20 UF 311/09). Ihre Mutter habe von Anfang an darauf verzichtet, Kindesunterhalt zu verlangen. Sie habe den Vater nie über seine Vaterschaft unterrichtet. Auch nach seinem Umzug in den Westen habe sich die Mutter nie bemüht, ihn zu informieren oder Ansprüche anzumelden. Dabei hätte man seinen Aufenthaltsort leicht feststellen können.

Wenn ein Anspruch über so lange Zeit nicht geltend gemacht werde, obwohl die Möglichkeit dazu bestehe, dürfe sich der Unterhaltspflichtige darauf einstellen und darauf vertrauen, dass er auch künftig nicht mit Unterhaltsansprüchen konfrontiert werde.

Eltern streiten über die richtige Schule

Auch im Eilverfahren kann es im Interesse des Kindes geboten sein, einen Verfahrenspfleger zu bestellen

Die Eltern des Jungen waren nicht verheiratet. Das Kind lebt bei der deutschen Mutter. Der Vater ist Franzose und mittlerweile in sein Heimatland zurückgekehrt. Ständig stritten die Eltern über die Kindererziehung. 2005 hatte man sich vor Gericht darauf verständigt, dass das Kind - "wenn möglich, bereits im Kindergarten und/oder in der Schule" - zweisprachig erzogen werden sollte.

Als der Junge im Schuljahr 2009/2010 eingeschult wurde, hatte die Mutter für ihn eine Grundschule an ihrem Wohnort ausgewählt, in der ab der 3. Klasse Französisch unterrichtet wird. Doch der Vater wünschte die Einschulung mit französischen Muttersprachlern in einer Europaschule in Berlin. Zu weit weg, fand die Mutter.

Wieder traf man sich vor Gericht: Für das Kind wurde in diesem Eilverfahren kein Verfahrenspfleger bestellt. Das OLG Brandenburg übertrug dem Vater vorübergehend die Befugnis, über die Schulauswahl zu entscheiden. Das Verfassungsgericht Brandenburg hob diesen Beschluss auf (VfGBbg 34/09).

Begründung: Man hätte, um die Belange des Kindes zu wahren, für dieses Familienverfahren einen Verfahrenspfleger bestellen müssen. Bei unübersehbaren Konflikten der Eltern in der Frage der Schulauswahl dränge sich der Gedanke geradezu auf, dass die Eltern ihre eigenen Interessen wichtiger nähmen als die des Kindes. Also müsse man dem Kind eine Person zur Seite stellen, die ausschließlich sein Interesse wahre.

Lebensgefährte finanzierte Haus

Nach seinem Tod fordern die Erben von der Freundin finanziellen Ausgleich

Der Vater zweier erwachsener Kinder war zwar nicht geschieden, lebte aber seit Jahren nicht mehr mit seiner Frau, sondern mit einer Freundin zusammen. 1993 kaufte das Paar ein Haus. Der Mann zahlte dafür 120.000 DM in bar, den Rest von ca. 160.000 DM finanzierte er mit einem Darlehen. Zuerst wurden beide Partner als Miteigentümer zur Hälfte ins Grundbuch eingetragen.

1994 übertrug der Mann seiner Freundin per notariellem Vertrag seinen halben Hausanteil. Dafür räumte sie ihm lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht ein und übernahm die Kreditraten. Ohne Zustimmung des Lebensgefährten durfte sie laut Vertrag nicht über das Haus verfügen, bei einem Scheitern der Lebensgemeinschaft hätte sie ihm seinen Anteil am Grundbesitz (rück-)übertragen müssen. Im Frühjahr 1999 verstarb der Mann.

Nun meldeten sich seine Kinder und Erben. Sie forderten von der Lebensgefährtin Geld: Da der Vater das Haus finanziert habe, hätte er von ihr zumindest Ausgleich für eine Haushälfte verlangen können. Dieser Anspruch sei auf die Erben übergegangen. Dem widersprach der Bundesgerichtshof (XII ZR 92/06).

Der Erblasser habe das Geld mit Rücksicht auf die Partnerschaft ausgegeben, um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt zu schaffen. Der Zuwendung lag der Wunsch zugrunde, die Lebensgemeinschaft möge Bestand haben. Das sei auch eingetroffen: Eine Partnerschaft sei nicht als gescheitert anzusehen, wenn sie durch den Tod ein natürliches Ende finde. Die finanzielle Zuwendung des Mannes habe den Zweck gehabt und auch erfüllt, zu Lebzeiten an der Immobilie teilzuhaben.

Natürlich handle es sich hier um eine beträchtliche Summe. Doch die Tatsache, dass der Erblasser der Lebensgefährtin seinen Anteil am Hausgrundstück übertragen habe, belege nicht den Willen, finanziellen Ausgleich durchzusetzen - im Gegenteil. Wieso sollte also die Lebensgefährtin nach seinem Tod zu einer Zahlung verpflichtet sein, auf die der Mann zu Lebzeiten offenkundig keinen Wert legte?

Ende einer Lebensgemeinschaft:

Die Mieterin kann vom Ex-Lebensgefährtin verlangen, dass er die Wohnung räumt

Seit fast 25 Jahren lebte das unverheiratete Paar bereits zusammen, als es 2005 eine neue gemeinsame Wohnung bezog. Den Mietvertrag unterzeichnete allein die Frau. 2008 kriselte es in der Beziehung, aus der zwei Kinder hervorgegangen waren. Im März 2009 forderte die Frau ihren Lebensgefährten mit anwaltlichem Schreiben auf, die Wohnung zu räumen und die Schlüssel herauszugeben.

Es bestehe kein Kündigungsgrund, konterte der Freund. Aufgrund ihrer langjährigen Beziehung sei er in mietrechtlicher Hinsicht einem Ehegatten gleichzustellen. Das Wohnhaus, dessen Miteigentümer er sei, sei derzeit nicht bewohnbar. Eventuell werde er sich auf einen Wohnungs-Kompromiss einlassen, wenn man sich über das Sorgerecht für die kleine Tochter einige.

Ein Partner, der nicht Mitmieter sei, habe kein eigenständiges Besitzrecht an der Wohnung der ehemaligen Lebensgefährtin, erklärte das Amtsgericht Neuruppin (42 C 97/09). Der Mann müsse die Wohnung räumen und alle Wohnungsschlüssel herausgeben - unabhängig vom Ausgang des Streits um das Sorgerecht.

Die Ex-Lebensgefährtin habe ihn bereits vor über einem halben Jahr zum Verlassen der Wohnung aufgefordert. Also habe er genügend Zeit gehabt, das halbe Wohnhaus, das ihm gehöre, in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Ihm noch eine weitere Räumungsfrist einzuräumen, komme deshalb nicht in Frage.

Studentin mit nichtehelichem Kind

Zur Höhe des Unterhaltsanspruchs gegen den Vater des Kindes

Die ledige, junge Frau absolvierte ein Magisterstudium (Spanisch und Englisch), als sie 2004 ein Kind bekam. Wegen des Kindes wechselte sie in das Studienfach Lehramt für Realschule (Deutsch und Englisch), weil der Lehrerberuf einfacher als andere mit der Betreuung von Kindern zu vereinbaren ist. Dann ließ sich die Studentin für vier Semester beurlauben. Jetzt befindet sie sich im sechsten Fachsemester Lehramt und beabsichtigt, das Studium im Sommer 2010 abzuschließen.

An den Wochenenden verdiente die Mutter durch Kellnern ein wenig dazu, vom Vater des Kindes erhielt sie 258 Euro Kindesunterhalt. Ab 2008 verlangte sie von ihm auch Unterhalt für sich selbst bis zum Ende des Studiums. Für Ausbildungsunterhalt sei er nicht zuständig, meinte der Mann: Es liege nicht an der Betreuung des Kindes - Kinderkrippe und Großeltern unterstützten die junge Mutter -, dass seine Ex-Freundin ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen könne, sondern am Studium.

Das sei richtig, erklärte das Oberlandesgericht Nürnberg, schließe aber einen Unterhaltsanspruch keineswegs aus (10 UF 360/09). Setze die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ihr Studium fort, stehe ihr auch über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus Unterhalt zu. Durch Studium und Betreuung des Kindes nach der Kinderkrippe sei die Studentin so ausgelastet, dass sie über ihren Minijob hinaus keine weitere Erwerbstätigkeit aufnehmen könne.

Das Studium abzubrechen, könne der Vater nicht ernsthaft vorschlagen, denn der Abschluss werde dem gemeinsamen Kind zugute kommen. Dass die Studentin den Studiengang gewechselt und so die Studienzeit verlängert habe, sei ihr auch nicht vorzuwerfen: Die Begründung - mehr Zeit für das Kind als Lehrerin - erscheine plausibel.

Vom notwendigen Selbstbehalt Nichterwerbstätiger (770 Euro) seien die Einkünfte der Frau aus dem Minijob abzuziehen - der Differenzbetrag sei als Unterhalt festzusetzen. Diese Aufteilung trage den Interessen der Parteien angemessen Rechnung. Die Dauer des Unterhalts sei natürlich begrenzt bis zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung.

Kleine Geldgeschenke von der Oma ...

... werden der Mutter dreier Kinder auf das Arbeitslosengeld II angerechnet

Ihre Tochter bezog für sich und drei minderjährige Kinder vom Landkreis Leipzig Hartz-IV-Leistungen (Arbeitslosengeld II). Wenigstens zu Weihnachten und zum Geburtstag sollten sich die Kinder besondere Wünsche erfüllen können, dachte die Oma. Sie überwies für die Kinder zu diesen Gelegenheiten mal 100 Euro, mal 130 Euro (im Laufe eines Jahres insgesamt 570 Euro).

Prompt forderte die Sozialbehörde Sozialleistungen zurück: Geldgeschenke an die Kinder seien als Einkommen zu berücksichtigen, denn sie entlasteten das Haushaltsbudget der Mutter. Vergeblich klagte die Mutter gegen den Bescheid des Jobcenters. Während das Sozialgericht der Familie pro Kind für Geburtstag und Weihnachten jeweils einen Freibetrag von 50 Euro zugestand, war das Landessozialgericht Sachsen noch knauseriger (L 2 AS 248/09).

Die Mutter habe von dem Geld Kleidung für die Kinder gekauft. Genau diesem Zweck diene auch die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anrechnungsfrei dürften Leistungsempfänger nur 50 Euro jährlich - nicht je Anlass, wie das Sozialgericht annahm - erhalten. Geldgeschenke von über 50 Euro beeinflussten die finanzielle Lage des Empfängers so günstig, dass sie als Einkommen anzurechnen seien. (Gegen das Urteil wurde die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.)

Ex-Lebensgefährtin war Mit-Mieterin

Sie muss Mietzahlungen ihres früheren Freundes nicht ausgleichen

Zwei Jahre lebte das unverheiratete Paar in einer Wohnung zusammen, die es gemeinsam gemietet hatte. Die junge Frau schloss ihre Berufsausbildung ab, danach arbeitete sie nicht mehr. Sie bekam bald ein Kind. Die Miete bestritt ihr Lebensgefährte. Da er nicht viel verdiente, ging es finanziell "eng" zu - öfters geriet er mit der Miete in Rückstand.

Im Sommer 2001, kurz bevor das Paar sich trennte, beglich der Mann 2.169 Euro Mietschulden. Einige Wochen nach der Trennung überwies er dem Vermieter weitere 2.046 Euro. Von seiner Ex-Freundin verlangte er die Hälfte der Gesamtsumme ("Gesamtschuldnerausgleich"): Als Mitmieterin hafte sie genauso wie er für die Miete, die sie dem Vermieter schuldeten.

Während die Vorinstanz die Freundin dazu verurteilt hatte, die Hälfte des nach der Trennung überwiesenen Betrags zu übernehmen, ersparte ihr der Bundesgerichtshof (BGH) die Zahlung (XII ZR 53/08). Als Alleinverdiener habe der Mann Miete und Lebensunterhalt finanzieren müssen, stellte der BGH fest. Die junge Mutter habe selbst nichts verdient, sondern das Kind betreut und den Haushalt geführt.

Wenn eine nichteheliche Lebensgemeinschaft so organisiert sei, komme ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich nicht in Frage. Persönliche Leistungen (Haushalt) und wirtschaftliche Leistungen wie die Miete seien nicht gegeneinander aufzurechnen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Mann die letzten Mietschulden erst nach der Trennung beglichen habe.

Tochter betreut ihre pflegebedürftige Mutter

Sozialhilfeträger verlangt von ihr zusätzlich Bares fürs Seniorenheim: unzumutbare Härte

Die 1915 geborene Frau lebt in einem Seniorenheim, das nach dem Prinzip "Betreutes Wohnen" geführt wird. Es gibt Gemeinschaftsessen, Pflegekräfte helfen bei der Körperpflege. Im Übrigen sollen sich die Bewohner jedoch selbst versorgen und ihre Wohnungen selbst reinigen. Das konnte die fast blinde und auch schon etwas demente Seniorin nicht mehr leisten. Fast täglich kam ihre Tochter und kümmerte sich um die Mutter, die ansonsten in ein Heim mit Vollzeitpflege hätte umziehen müssen.

Die städtische Sozialbehörde unterstützte die Seniorin mit 700 Euro monatlich, weil deren Rente von 801 Euro für die Heimkosten nicht ausreichte. Ihre Söhne waren mittellos. Also hielt sich die Behörde, um Kosten zu sparen, an die Tochter und forderte Unterhalt. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg wies die Klage der Kommune ab (14 UF 134/09).

Die Seniorin habe gegen die Tochter keinen Anspruch auf Bares, so das OLG, der auf den Träger der Sozialhilfe übergehen könnte. Diese erfülle ihre Unterhaltspflicht voll und ganz durch die Pflege. Persönliche Betreuung, gegründet auf familiäre Verbundenheit, werde den Pflegebedürftigen allemal am besten gerecht. Müsste die Tochter obendrein Geld zahlen, wäre ihr eigener Lebensbedarf nicht mehr gewährleistet: Sie beziehe 1.190 Euro Rente.

Das wäre unzumutbar hart und erschwerte - entgegen den Absichten des Gesetzgebers - die familiäre Betreuung von Pflegefällen. Die Forderung des Sozialhilfeträgers sei auch deshalb in hohem Maße ungerecht und unsinnig, weil ihm die Tochter durch ihre Pflege Ausgaben für eine stationäre Vollzeitpflege erspare, die wesentlich höher wären als der jetzige Zuschuss zu den Heimkosten. Der Umzug der Seniorin in ein teures Pflegeheim wäre nämlich ohne die familiäre Unterstützung unvermeidlich.

Nichtraucherschutz als Mangel der Mietsache?

Pächterin eines Altenheims will mit origineller Begründung die Miete kürzen

Die Pächterin eines Münchner Altenheims verlangte vom Eigentümer und Verpächter des Heims, die Pacht herabzusetzen. Begründung: Durch das Bayerische Nichtraucherschutzgesetz sei sie nun gezwungen, in allen Stockwerken ein Raucherzimmer einzurichten, um den Heimbewohnern das Rauchen zu ermöglichen. Dadurch verliere sie Räume mit Betten, die sie ansonsten zahlenden Interessenten überlassen hätte können. Diese Einbuße stelle einen Mangel der Mietsache dar.

Das Oberlandesgericht München verneinte dies: Es gebe keine behördliche Auflage, welche die Dispositionsfreiheit der Pächterin über ihr Heim einschränke (32 U 3956/09). Sie könne dort einen Raucherraum einrichten, sie müsse aber nicht. Verpflichtet sei die Heimleitung nur dazu, das Rauchverbot in den allgemein zugänglichen Räumen durchzusetzen.

In ihren eigenen Räumen könnten die Heimbewohner weiterhin rauchen, in den Gemeinschaftsräumen nicht. Das sei vielleicht für ältere Raucher misslich. Darin sei aber kein Mangel der Mietsache zu sehen. Nichtraucherschutz sei eine vom Gesetzgeber angestrebte Konsequenz der gesetzlichen Regelung. Über deren Zweckmäßigkeit habe das Gericht nicht zu entscheiden.

Wie viel Kindesunterhalt ...

... kann man einem arbeitslosen Hilfsarbeiter abzwacken?

Es ging um den Unterhalt für zwei (neun und zwölf Jahre alte) Kinder eines geschiedenen Ehepaares. Während die Mutter für die Mädchen mehr Geld forderte, behauptete der arbeitslose Vater, er könne nicht mehr zahlen als die 50 Euro pro Kind, die ihm das Familiengericht auferlegt hatte. Das Oberlandesgericht Dresden wies die Klage auf Zahlung von Mindestunterhalt ab (24 UF 342/09).

Der seit über vier Jahren arbeitslose Vater habe sich zwar nicht genug um freie Stellen beworben, so die Richter. Deshalb sei ihm "fiktives Einkommen" zuzurechnen - aber nur so viel, wie er wirklich verdienen könnte, wenn er sich ausreichend um Arbeit bemüht hätte. Man könne den Mann nicht zur Zahlung von Mindestunterhalt verurteilen, wenn es für ihn objektiv unmöglich sei, ein Einkommen zu erzielen, das dafür ausreichen würde.

In seinem gelernten Beruf als Feinmechaniker habe der Vater zuletzt vor 25 Jahren gearbeitet, danach sei er nur noch als ungelernter Hilfsarbeiter tätig gewesen. Laut Auskunft des Jobcenters habe ihm der zuständige Sachbearbeiter zwar immer wieder Jobangebote unterbreitet, meist von Zeitarbeitsfirmen: Das seien aber immer nur Hilfstätigkeiten im Lager, im Verkauf oder im Callcenter gewesen.

Dass der Arbeitslose nicht vermittelt werden konnte, sei zum Teil auf fehlende Eignung zurückzuführen. Manchmal habe es auch daran gelegen, dass er keinen Führerschein habe. Fest stehe jedenfalls: Bei keinem dieser Angebote hätte der Vater mehr als 1.000 Euro monatlich verdient, bei den meisten weniger. Mehr als ein fiktives Einkommen von 1.000 Euro aus ungelernter Helfertätigkeit sei ihm daher nicht zuzurechnen. Aus diesem Grund bleibe es bei den 50 Euro Unterhalt pro Kind.

Sorgeberechtigte Großeltern ...

... haben Anspruch auf "Leistungen zum Unterhalt" für die Enkel

Die sehr junge Mutter hatte zwei Jungs von verschiedenen Vätern geboren. Die Väter kümmerten sich nicht darum - und die Mutter war ebenfalls weder willens, noch in der Lage, die Kinder zu erziehen. 1996 sprangen ihre Eltern ein und erklärten sich dazu bereit. Das Vormundschaftsgericht übertrug den Großeltern das Sorgerecht. Seither leben die Enkel bei ihnen.

Da der Großvater dauerhaft berufsunfähig ist, muss die Familie mit einer sehr kleinen Rente auskommen. Deshalb beantragten die Großeltern 2004 "Leistungen zum Unterhalt von Jugendlichen in Vollzeitpflege", wie sie das Sozialgesetzbuch für Eltern vorsieht. Nur für die Eltern, fand die Sozialbehörde, und wies den Antrag der Großeltern ab.

Zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht Bautzen entschied (1 A 54/08). Der Anspruch auf "Leistungen zum Unterhalt" und "Hilfe zur Erziehung" entfalle nicht dadurch, dass kein Elternhaus im üblichen Sinne vorhanden sei. Die Jugendlichen würden von den sorgeberechtigten Großeltern angemessen betreut und erzogen.

Diese seien nicht verpflichtet, den Unterhalt der Enkel zu bestreiten, weil sie ihn gar nicht finanzieren könnten. An dieser Situation werde sich so bald nichts ändern, da der Großvater seinen Job nicht mehr ausübe. Daher hätten die Großeltern Anspruch auf Unterhalt für die beiden Jugendlichen.

Frisch gebackene Mutter versäumt Klagefrist

Finanzgericht hält eine "normale Geburt" alsEntschuldigung nicht für ausreichend

Ein Antrag auf höheres Kindergeld für das erste Kind von Frau H war abgelehnt worden. Gegen so einen ablehnenden Bescheid können die Eltern einen Monat lang klagen. Frau H versäumte diese Klagefrist, die am 13.8.2009 ablief. Fünf Tage vorher hatte sie ihr zweites Kind bekommen.

Bei Gericht beantragte die Mutter, so behandelt zu werden, als hätte sie die Klagefrist nicht versäumt (juristisch: "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand"). Begründung: Wegen der Geburt habe sie die Klage nicht einreichen können, die Frist also ohne Verschulden versäumt.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte dafür überhaupt kein Verständnis und erteilte Frau H eine herbe Abfuhr (2 K 3539/09). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht. Bei normalem Verlauf sei die Geburt eines Kindes keine Krankheit.

Wenn - wie hier - keine Komplikationen aufträten und alles normal verlaufe, könne sich die Mutter danach bald wieder um ihren Alltag kümmern. Ein, zwei Tage nach der Geburt hätte Frau H durchaus Klage erheben oder zumindest jemanden damit beauftragen können. Auch die Tatsache, dass ihr die Hebamme Bettruhe verordnet habe, ändere daran nichts.

Kind mit Schlaganfall ...

... in der Klinik zu langsam behandelt: Schmerzensgeld für Behinderung

Da die Mutter berufstätig war, wurde das Mädchen nach der Schule in einem Studienseminar betreut. Die (damals: 2004) zehnjährige Schülerin fühlte sich beim Seilspringen plötzlich unwohl und sprach mit der Aufsicht. Ein Telefonat mit der Mutter ergab, dass es vielleicht neue, pupillenerweiternde Tropfen vom Augenarzt nicht so gut vertrage. Doch wenig später begann das Mädchen zu zucken, der Herzschlag wurde langsamer.

Da rief der Seminarleiter einen Notarztwagen. Die Notärztin gab dem Kind Medikamente und ließ es sofort in eine Klinik bringen. Den Ärzten dort habe von den Symptomen her klar sein müssen, dass alles auf einen Schlaganfall hindeutete - so später der medizinische Sachverständige. Dennoch ließen sie sich unverständlich viel Zeit. Fast 50 Minuten dauerte es, bis eine Computertomografie durchgeführt wurde. Bis dahin geschah nichts.

Die heute 17-jährige Schülerin blieb deswegen dauerhaft behindert, leidet an Gehstörungen, kann nicht gut greifen und links nicht gut sehen. Ihre Klage gegen die Klinik hatte beim Landgericht München I jetzt Erfolg: Es sprach ihr 120.000 Euro Schmerzensgeld zu (9 O 23466/06).

Nach dem Sachverständigengutachten stand es für das Gericht fest, dass die Klinikärzte damals zu viel Zeit verloren. Das sei als grober Behandlungsfehler zu werten. Denn bei einem Schlaganfall komme es auf jede Minute an. Auch der Notarztwagen, der das Kind schließlich in die Neurochirurgie der Uniklinik weitertransportierte, sei zu spät bestellt worden.

Selbstmord misslungen: Ehefrau im Wachkoma

Wie viel nachehelichen Unterhalt muss der Mann für sie aufbringen?

Der Ehemann hatte die Scheidung eingereicht. Über die Trennung war die Frau so unglücklich, dass sie versuchte, sich das Leben zu nehmen. Das gelang ihr nicht: Sie liegt seither im Wachkoma. Unterhalt und Pflege kosten monatlich 6.000 Euro. Die Frau bezieht eine Erwerbsminderungsrente von 1.050 Euro und Pflegegeld. Ihr Ehemann verdient - ohne Abzüge - etwa 4.000 Euro.

Für die Patientin wurde vom Vormundschaftsgericht eine Betreuerin bestellt. Sie verklagte im Namen der Ehefrau den Ehemann auf Zahlung von 2.950 Euro Unterhalt. Das sei bei weitem zu hoch gegriffen, erklärte das Oberlandesgericht Düsseldorf: Dem Mann müsse mindestens die Hälfte des ehelichen Einkommens bleiben (8 WF 224/09).

Der Unterhaltsbedarf der Ehefrau sei zwar in diesem tragischen Fall nicht nur nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen. Denn bedingt durch die Pflegekosten sei ihr Unterhaltsbedarf erhöht. Trotzdem gelte der Grundsatz, dass das Einkommen des Ehepaares halbiert werden müsse. Das schränke den Unterhaltsanspruch der Ehefrau ein: Nur 1.240 Euro im Monat stünden ihr zu.

Mutter verweigert Begutachtung des Kindes

Gericht muss im Sorgerechtsstreit ihr Erscheinen notfalls mit Zwangsmitteln durchsetzen

Kurz nach der Geburt des Kindes 2000 trennten sich die Eltern. Die Mutter, die damals das Sorgerecht erhielt, leidet unter Wahnvorstellungen: Aus Angst vor einem atomaren Vernichtungsschlag zog sie mit dem Jungen 2007 mehrfach innerhalb Deutschlands um, später nach Österreich, dann nach Bolivien. Mit Unterstützung des Jugendamts beantragte der Vater bei Gericht, das Sorgerecht auf ihn zu übertragen: Die Frau sei verrückt und außerstande, den Jungen zu erziehen.

Das Familiengericht entzog der Mutter das Recht, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Ob ihre Erziehung das Kindeswohl gefährde, müsse von einem psychologischen Sachverständigen überprüft werden, so das Gericht, das müsse die Mutter ermöglichen. Die Frau dachte jedoch gar nicht daran, an einer psychologischen Begutachtung mitzuwirken.

Nach einigem juristischen Hin und Her landete der Rechtsstreit beim Bundesgerichtshof (XII ZB 68/09). Der Staat müsse hier sein "besonderes Wächteramt" für das Kindeswohl wahrnehmen, so die Bundesrichter, d.h. alle Möglichkeiten nutzen, um die Sache aufzuklären und eine Entscheidung zu Lasten des Kindes zu verhindern. Die Vorinstanz müsse die Frau im Beisein eines psychologischen Sachverständigen gerichtlich anhören und dazu notfalls ihr persönliches Erscheinen mit Zwangsmitteln durchsetzen.

Lehrerin will drittes Jahr Erziehungsurlaub nachholen

Zeitliche Übertragung von Erziehungsurlaub muss bis zum dritten Geburtstag des Kindes beantragt werden

Eine Lehrerin, Beamtin des Landes Baden-Württemberg, hatte 2002 einen Sohn zur Welt gebracht. Seinerzeit nahm sie nicht die volle Dauer des Erziehungsurlaubs (= drei Jahre), sondern nur zwei Jahre in Anspruch. Im Januar 2008, da war der Junge schon fünfeinhalb Jahre alt, stellte die Mutter beim Oberschulamt Stuttgart den Antrag, ihr nun das dritte Jahr Erziehungsurlaub zu gewähren.

Das Oberschulamt lehnte dies ab: Laut Gesetz sei für Beamte zwar die Möglichkeit vorgesehen, einen Teil des Erziehungsurlaubs auf später zu verschieben (bis zum achten Geburtstag des Kindes und höchstens ein Jahr). Aber das müsse bis zum dritten Geburtstag des Kindes beantragt werden, was hier versäumt wurde.

Gegen den negativen Bescheid der Behörde setzte sich die Lehrerin zur Wehr: Sie sei vom Dienstherrn, dem Bundesland, über die Frist nicht informiert worden. Die Klage scheiterte beim Verwaltungsgericht Stuttgart (3 K 3673/08).

Die Vorschriften über den Erziehungsurlaub seien sehr strikt, so die Richter: Habe das Kind, für das ein Beamter/eine Beamtin Erziehungsurlaub nehmen wolle, das dritte Lebensjahr vollendet, bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Erziehungsurlaub mehr - gleichgültig, ob er vorher vollständig oder nur teilweise genommen wurde.

Der Dienstherr müsse seinen Lehrerbedarf langfristig planen und rechtzeitig wissen, ob, wie lange und bis zu welchem Zeitpunkt Lehrer in Erziehungsurlaub gehen wollten. Deshalb habe der Gesetzgeber eine Ausschlussfrist festgelegt, nach deren Ablauf der Anspruch auf Erziehungsurlaub erlösche. Ein Extra-Hinweis des Dienstherrn auf diese Frist sei unnötig.

Pflege-TÜV ist verfassungsgemäß

Gesetzliche Krankenkassen dürfen Berichte über Pflegeheime im Internet veröffentlichen

In einem so genannten Transparenzbericht der gesetzlichen Krankenkassen über die Qualität von Pflegeheimen ("Pflege-TÜV") war ein Pflegeheim aus Bochum mit "befriedigend" bewertet worden. Diese Note fand der Heimbetreiber völlig daneben. Aus Angst um den guten Ruf des Hauses versuchte er deshalb, die Publikation des Berichts im Internet zu verhindern.

Der Pflege-TÜV sei ein verfassungswidriger Eingriff in seine Rechte, kritisierte der Heimbetreiber. Die prüfende Kasse habe die Mängel in der Dokumentation der Pflegeleistungen schwerer gewichtet als die (seiner Meinung nach) gute Pflege selbst. Dieses Argument ließ das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen nicht gelten und lehnte vorläufigen Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung ab (L 10 P 10/10 B).

Nur auf Basis einer aussagekräftigen Dokumentation könne man Pflegequalität verlässlich beurteilen, so das Gericht, auch wenn das für die Heime lästig und kostenintensiv sei. Wenn dem Bericht eine faire, neutrale und sachkundige Prüfung vorausgehe, könne er auch veröffentlicht werden.

Die Prüfkriterien entsprächen dem aktuellen Kenntnisstand: Der Gesetzgeber habe die Bewertungssystematik dem Sachverstand von Organisationen übertragen, die mit der Pflege befasst seien. Auch Träger der Pflegeheime seien beteiligt gewesen. Berichte dienten der Transparenz und verbesserten so die Pflegequalität. Sie könnten im Interesse der Pflegebedürftigen einen Qualitätswettbewerb anstoßen.

Die Pflegeheime seien der Bewertung nicht schutzlos ausgeliefert, sondern könnten bei sachlichen Mängeln dagegen vorgehen. Sie könnten zudem einen abweichenden Kommentar hinzufügen und eine wiederholte Prüfung beantragen. Von diesem Recht habe der Heimträger allerdings im konkreten Fall keinen Gebrauch gemacht - warum auch immer.

Ist vorzeitige Menopause eine Krankheit?

Beamtin bekommt Beihilfe für eine Hormonersatztherapie

Frau T ist noch keine 40 Jahre alt, kam aber schon in die Wechseljahre. Das nennt der Mediziner "vorzeitige Menopause". Ein Prozent aller Frauen ist von diesem Problem betroffen, das mit verfrühtem Hormonmangel einhergeht. Um diesen Mangel zu behandeln, verschrieb ein Gynäkologe der Beamtin T das Medikament Cyclo-Progynova.

Für Beamte übernimmt der staatliche Arbeitgeber einen Teil der Gesundheitskosten: per Beihilfe. Als die Beamtin die Rezepte für Cyclo-Progynova bei der baden-württembergischen Beihilfestelle einreichte, lehnte es die Behörde jedoch ab, dafür Beihilfe zu gewähren: Das sei ein Mittel zur Empfängnisregelung, dafür sei keine Beihilfe vorgesehen. Außerdem sei eine vorzeitige Menopause keine Krankheit.

Dem widersprach das Verwaltungsgericht Stuttgart (12 K 699/10). Eine vorzeitige Menopause sei sehr wohl eine Krankheit im Sinne der Beihilfeverordnung. Der Gynäkologe habe der Frau das Medikament nicht zur Empfängnisverhütung verordnet, sondern um den Hormonmangel auszugleichen.

Verfrühter Hormonmangel sei für sich genommen bereits als krankhafter Zustand anzusehen. Werde er nicht behandelt, könne dies zu weiteren Krankheiten führen wie Osteoporose und Herzproblemen. Daher sei eine Hormonersatztherapie in solchen Fällen medizinisch notwendig.