Familie & Gesundheit

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Studentin verlangt mehr Unterhalt vom Vater

Wie weit ist Einkommen aus einer Nebentätigkeit anzurechnen?

Die Sportstudentin erhielt vom Vater ein wenig Unterhalt und zunächst auch Leistungen nach BAföG. Darauf verzichtete sie ab Oktober 2007, weil sie es von da an nur noch als Darlehen bekommen hätte. Etwa 200 Euro verdiente die junge Frau mit Jobs.

Nun verlangte sie für die Examensvorbereitung vom Vater mehr Geld. Ihre Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen: Es rechnete der Studentin das Nebeneinkommen voll an. Dagegen wehrte sich die Tochter und setzte beim Oberlandesgericht (OLG) Jena zumindest Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren durch (1 UF 121/08).

Es habe durchaus Aussicht auf Erfolg, so das OLG. Die Einkünfte aus den Nebenjobs dürften der Studentin allenfalls bis zu einem Drittel angerechnet werden. Alles andere wäre ungerecht, wenn man die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Parteien in Betracht ziehe.

Studenten seien während des Studiums nicht verpflichtet, nebenher ihren Lebensunterhalt zu verdienen, nicht einmal in den Semesterferien. Wenn die Sportstudentin trotzdem jobbe, tue sie also schon mehr, als sie müsste - von dem bisschen Verdient dürfe nicht ausschließlich der Vater profitieren. Außerdem hätten Sportstudenten finanziellen Mehraufwand für Sportausrüstung und Studiengebühren zu bewältigen.

Uneinsichtiger Patient schadet sich selbst

Klinik haftet trotzdem, wenn sie ihn über das Risiko nicht richtig aufgeklärt hat

Ein Patient wurde 1999 wegen eines Tumors der Hypophyse operiert (= Hirnanhangdrüse. Die Hormondrüse im Gehirn steuert andere Drüsen und Organe). Kaum aus der Klinik entlassen, kam er zurück, weil es ihm schlecht ging. Die Mediziner rieten zu einer Infusion. Das lehnte der Patient ab und ließ sich nach Hause bringen. Am nächsten Tag brachte ihn der Notarztwagen wieder in die Klinik: Auf der Intensivstation stellte man einen Schlaganfall fest. Ein Jahr lang war der Mann vollkommen arbeitsunfähig, danach nur eingeschränkt.

Er verklagte Ärzte und Klinik auf Schadenersatz: Sie hätten ihn über drohende Austrocknung und Hormonmangel informieren müssen. Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Klage ab: Eine sofortige Infusion hätte dem Flüssigkeitsmangel vorgebeugt. Da der Patient sie verweigert habe, scheide ein Fehler der Klinik aus. Man könne Patienten ja nicht zur Behandlung zwingen.

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden und hob das Urteil des OLG auf (VI ZR 157/08). Der Neurochirurg hätte den Patienten über das Risiko der Austrocknung und über die Notwendigkeit aufklären müssen, bei Anzeichen eines Flüssigkeits- oder Hormonmangels sofort die Klinik oder den Hausarzt aufzusuchen. Die unterlassene Aufklärung könne durchaus einen groben Behandlungsfehler darstellen.

Daran ändere auch die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Patienten nichts. Denn die sei nur dadurch zu erklären, dass ihm das Risiko nicht ausreichend vor Augen geführt wurde. Patienten, d.h. medizinischen Laien, könne man das Ignorieren ärztlicher Anweisungen nur dann als Mitverschulden ankreiden, wenn sie die Anweisungen oder Empfehlungen verstanden hätten. Das OLG müsse sich mit dem Fall nochmals befassen, um den Ursachenzusammenhang zwischen mangelnder Information und Gesundheitsschaden zu prüfen.

Rückenleiden ist kein "ehebedingter Nachteil"

Nachehelicher Unterhalt für geschiedene Frau darf trotz Krankheit befristet werden

Von 1979 bis 1992 war das Paar verheiratet. Nach der Scheidung betreute die Frau die beiden gemeinsamen Kinder (1981 und 1983 geboren). 1996 erlitt sie einen Bandscheibenvorfall und war deshalb bis 1998 erwerbsunfähig; danach arbeitete sie vier Jahre lang halbtags. Seit 2002 bezieht die geschiedene Frau 800 Euro Erwerbsunfähigkeitsrente, weil sie wegen ihres Wirbelsäulenleidens nicht mehr arbeiten kann.

Ihr Ex-Mann, der 2.200 Euro monatlich verdient, wollte schon mehrmals die Unterhaltszahlungen einstellen (zuletzt zahlte er 700 Euro im Monat). Das Amtsgericht befristete auf seinen Antrag hin den Unterhalt bis Februar 2011. Vergeblich legte die Frau dagegen Berufung ein und pochte auf ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Die Berufung scheiterte beim Oberlandesgericht Koblenz (13 UF 594/08).

Bei der Scheidung seien Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich durchgeführt worden, so die Richter. Den Ehemann darüber hinaus unbefristet auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen, käme nur in Betracht, wenn die Ehefrau aufgrund ehebedingter Nachteile hilfsbedürftig wäre.

Das treffe jedoch nicht zu. Das Rückenleiden der Frau und ihre Erwerbsunfähigkeit hätten nichts mit der Ehe zu tun. Im Februar 2011 werde der Ex-Ehemann neun Jahre lang Unterhalt gezahlt haben. Mehr nacheheliche Solidarität dürfe die Frau nicht erwarten. Eine Krankheit sei eine schicksalhafte Entwicklung, die es nicht rechtfertige, den Mann auf Dauer in die Pflicht zu nehmen.

Auto und Zugewinnausgleich

Zählt ein Wagen bei der Scheidung zum Hausrat oder wird er beim Zugewinnausgleich berücksichtigt?

Das kommt darauf an: Wird ein Wagen während der Ehe von beiden Partnern benutzt, gehört er zum Hausrat. Dann bekommt ihn der Partner, der ihn dringender braucht - also z.B. die Ehefrau, wenn sie das Sorgerecht für Kinder übertragen bekommt und diese mit dem Auto in die Schule bringen muss. Der Wert des Autos wird dann beim Zugewinnausgleich - wenn bei der Scheidung das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen aufgeteilt wird - nicht berücksichtigt.

Im konkreten Fall hatte eine Frau kurz nach der - zunächst als vorübergehend geplanten - Trennung ein Darlehen aufgenommen und damit ein Auto finanziert. Diese Zahlungsverpflichtung sollte beim Zugewinnausgleich angerechnet werden, forderte die ausgleichspflichtige, weil mehr verdienende Ehefrau, um einen geringeren Betrag ausgleichen zu müssen.

Dagegen verwahrte sich ihr Mann und behauptete, der Wagen sei ein Familienfahrzeug und zähle zum Hausrat. Davon könne hier keine Rede sein, erklärte das Oberlandesgericht Naumburg (8 WF 19/09). Seine Frau habe das Auto nach der Trennung gekauft und sei alleinige Halterin. Auch den Kredit zahle sie allein ab. Mit dem Familienleben habe das Fahrzeug nichts mehr zu tun. Der Wagen und die dazugehörigen Kredit-Verbindlichkeiten seien daher beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen.

"Kinderkrebshilfe" sollte Vermögen erben

Sohn des Verstorbenen: Erbeinsetzung ist unbestimmt, also nichtig

Ein älterer Herr hatte 1994 ein Testament verfasst, in dem er die "Kinderkrebshilfe" als Erbin einsetzte. Es ging um ein stattliches Vermögen. Als der Mann gestorben war, beantragte sein Sohn einen Erbschein als Alleinerbe: Die Bezeichnung "Kinderkrebshilfe" sei vollkommen unbestimmt. Organisationen, die sich für krebskranke Kinder einsetzten, gebe es viele. Die Erbeinsetzung sei daher unwirksam, weil nicht klar sei, wer das Geld bekommen solle.

Auch die Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe beantragte auf Grund des Testaments einen Alleinerbschein zu ihren Gunsten und erhielt ihn vom Amtsgericht Dillingen (VI 57/07). Die Erbeinsetzung sei wirksam, erklärte der Amtsrichter, denn die gemeinnützige Organisation sei im Testament so bezeichnet, dass man sie durchaus als Erbin ermitteln könne.

Die "Deutsche Krebshilfe" sei seit den 70er Jahren in Deutschland öffentlich aufgetreten. Auch unter der Bezeichnung "Kinderkrebshilfe" habe sie Spenden gesammelt, speziell um Krebserkrankungen bei Kindern zu erforschen und zu bekämpfen. Unter diesem Namen war sie bekannt und im Bewusstsein der Allgemeinheit verankert.

Dass der Erblasser 1994 diese Organisation zur Erbin bestimmen wollte, stehe daher fest. Erst 1996 sei dieser Teil der Deutschen Krebshilfe aus organisatorischen Gründen in die "Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe" ausgegliedert worden.

Wohnanlage mit Schwimmbad

Wird das Becken nur von den Wohnungseigentümern genutzt, muss es nicht vom Gesundheitsamt kontrolliert werden

In öffentlichen Schwimmbädern wird die Wasserqualität regelmäßig kontrolliert, damit keine Krankheitserreger die Gesundheit der Badegäste schädigen. Dafür ist laut Infektionsschutzgesetz das Gesundheitsamt zuständig.

Eine Wohnungseigentumsanlage verfügte über ein kleines Bad (Schwimmbecken, Sauna, Solarium, Dusche). Die Eigentümergemeinschaft staunte nicht schlecht, als ihr eine Verfügung des Gesundheitsamts zugestellt wurde: Das Schwimmbadwasser müsse künftig einmal im Monat durch ein Fachlabor untersucht werden, forderte das Amt.

Dagegen wehrte sich die Eigentümergemeinschaft und bekam vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Recht (13 A 2489/06). Das Schwimmbecken einer Eigentumswohnungsanlage werde "ausschließlich privat genutzt", d.h. von den Eigentümern und Mietern der Wohnungen. Die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes beträfen dagegen nur Schwimmbäder, die kontinuierlich von einem "größeren und wechselnden Personenkreis" genutzt werden.

Der Wechsel in einer Wohnanlage halte sich jedoch in Grenzen. Dass gelegentlich neue Mieter eintauchten (in einzelnen Fällen auch mal Gäste von Eigentümern oder Mietern), mache das Schwimmbad noch nicht zu einem öffentlichen Bad. Es sei nicht für ständig wechselnde Benutzer gedacht.

Hilfeempfängerin wohnt zu teuer

Erhöht sich der Wohnbedarf durch ein Kind, ist sie erneut über den angemessenen Mietpreis zu informieren

Früher hatte die Mutter eines unehelichen Sohnes Sozialhilfe bezogen. Der Sozialhilfeträger hatte ihr bereits im Frühjahr 2004 mitgeteilt, dass ihre Wohnung für sie und das Kind zu teuer sei. Im Herbst brachte die Frau einen zweiten Sohn zur Welt.

Als zum Jahreswechsel 2004/2005 das Arbeitslosengeld II eingeführt wurde, übernahm die Sozialbehörde nicht mehr ihre tatsächlichen Unterkunftskosten, sondern nur noch die - nach den neuen Regelungen als angemessen angesehene - Kaltmiete für drei Personen. Man habe die Hilfeempfängerin schon längst informiert, dass ihre Miete zu hoch sei, erklärte der zuständige Sachbearbeiter.

Aber ihr Wohnbedarf sei doch durch das zweite Kind gewachsen, protestierte die alleinerziehende Mutter. Sie verklagte die Sozialbehörde auf Zahlung der Kaltmiete in voller Höhe und bekam vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Recht (L 3 AS 80/07). Grundsätzlich hätten Empfänger von Hartz-IV-Leistungen zwar nur Anspruch auf die Übernahme angemessener Unterkunftskosten, betonten die Richter.

Doch müsse der Hilfeempfänger wissen, welche Miete für seine Familie angemessen sei. Das verstehe sich nicht von selbst, wenn der Wohnbedarf durch Familienzuwachs steige. Deshalb hätte die Sozialbehörde die Frau darüber informieren müssen, welche Unterkunftskosten ab der Geburt des zweiten Kindes für sie gelten und ob ihre Miete nach wie vor als unangemessen anzusehen sei. Da dies versäumt wurde, habe die Frau Anspruch auf Übernahme der vollen Kaltmiete.

Mitarbeiterin in Elternzeit - Firma geht pleite

Wird ein Betrieb endgültig stillgelegt, ist eine Kündigung während der Elternzeit zulässig

Während der Elternzeit darf der Arbeitgeber keinem Arbeitnehmer kündigen. Oder wenigstens nur "in besonderen Fällen", wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde die Kündigung für zulässig erklärt. So steht es im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber im Dezember 2006 mitgeteilt, dass sie bald ein Kind erwarte und nach der Mutterschutzzeit drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Kurz darauf stellte allerdings die Firma den Geschäftsbetrieb ein, im Januar 2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Bald darauf meldete sich der Insolvenzverwalter beim Freistaat Bayern und beantragte, das Arbeitsverhältnis der jungen Mutter kündigen zu dürfen.

Erst am Ende der Elternzeit, entschied die zuständige Behörde. Doch das Bundesverwaltungsgericht verpflichtete sie - auf die Klage des Insolvenzverwalters hin -, die Kündigung sofort und uneingeschränkt zuzulassen (5 C 32.08). Werde ein Betrieb dauerhaft stillgelegt, liege ein "besonderer Fall" im Sinne des BEEG vor. Dann dürfe und müsse die Arbeitsschutzbehörde der Kündigung einer Arbeitnehmerin in Elternzeit zustimmen.

Streit um Beerdigungskosten

Sozialhilfeträger verlangt von der Witwe, das Geld bei der Schwiegermutter einzutreiben

Der Ehemann der Sozialhilfeempfängerin war 2007 gestorben. Für die Beerdigung gab die Witwe 1.394 Euro aus, für die sie anschließend vom Sozialhilfeträger Ersatz verlangte. Der lehnte die Kostenübernahme ab und erklärte, die Witwe müsse sich an die 80-jährige Schwiegermutter halten. Von seiner Mutter hätte der 58-jährige erwerbsunfähige Mann Unterhalt verlangen können. Und wenn die Witwe die Beerdigung nicht finanzieren könne, müsse die Mutter auch dafür aufkommen.

Doch die Schwiegermutter hatte es längst abgelehnt, die Kosten zu übernehmen. Deshalb zog die Witwe vor Gericht und verklagte den Sozialhilfeträger. Das Bundessozialgericht gab ihr Recht und verurteilte die Behörde dazu, die Beerdigungskosten zu ersetzen (B 8 SO 23/08 R). Die Frau sei hilfebedürftig und könne nicht auf eine fiktive Hilfe von der zahlungsunwilligen Schwiegermutter verwiesen werden.

Für die Hilfeempfängerin sei es unzumutbar, gegen die Schwiegermutter einen langwierigen Prozess mit unsicherem Ausgang zu führen. Dass die Seniorin trotz des Alters ihres Sohnes unterhaltspflichtig gewesen sein sollte, sei nach den Umständen des Falles eher unwahrscheinlich. Bei dieser Sachlage müsse - jedenfalls bei andauernder Hilfebedürftigkeit der Witwe - der Sozialhilfeträger die Beerdigung finanzieren.

Spielplatz einer großen Wohnanlage ...

... ist gemäß öffentlichem Baurecht mit Spielgeräten auszustatten

Ein Ehepaar mit zwei Kindern hatte eine Wohnung in einer Wohnungseigentumsanlage mit 71 Einheiten gekauft. Anfang 2008 zog die Familie ein. Bald baten die neuen Eigentümer die Hausverwaltung schriftlich darum, "Angebote für Spielgeräte" einzuholen, um den Spielplatz "aufzupeppen". Ein Spielplatz war von der Baubehörde schon während des Baus (1977/78) genehmigt worden: Mehr als ein Sandkasten wurde jedoch nicht angelegt.

Im Frühjahr beschloss die Mehrheit der Wohnungseigentümer auf einer Eigentümerversammlung, den Spielplatz nicht zu verändern. Diesen Beschluss focht die Familie an und beantragte, den Spielplatz mit mindestens drei Spielgeräten auszustatten. Das Amtsgericht Andernach gab ihr im Prinzip Recht und erklärte den Beschluss für ungültig (60 C 417/08 WEG).

Wohnungseigentümer könnten verlangen, dass Vorschriften des öffentlichen Baurechts eingehalten werden: Und laut Bauordnung Rheinland-Pfalz sei für eine Wohnanlage ab 24 Einheiten ein Spielplatz mit mindestens drei Spielgeräten einzuplanen. Verpflichte das öffentliche Baurecht die Eigentümergemeinschaft zu bestimmten Baumaßnahmen, seien diese durchzuführen, um einen "ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums" herzustellen.

Ein Spielplatz müsse den vielfältigen Bedürfnissen von Kleinkindern bis zum Alter von sechs Jahren Rechnung tragen: Ein Sandkasten genüge dafür nicht. Die Eigentümergemeinschaft müsse dem Erwerb von Spielgeräten zustimmen. Darüber zu entscheiden, welche Spielgeräte wo angeschafft werden sollten, sei nun wiederum Sache der Eigentümerversammlung.

Gering verdienender Ehepartner ...

... kann verlangen, dass die Steuerschuld der Eheleute getrennt ermittelt wird

In der Regel werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dann haften sie gemeinsam - als "Gesamtschuldner" - für ihre Steuerschuld. Das bedeutet: Errechnet das Finanzamt für ein Ehepaar eine Nachzahlung, kann es von jedem Partner die volle Summe fordern.

Auf Antrag eines der Partner weicht das Finanzamt von dieser Praxis ab. Dann ermitteln die Finanzbeamten zwei getrennte Schuldbeträge und jeder Partner hat nur den auf ihn selbst entfallenden Teil der Steuerschuld zu zahlen. So geschah es im Fall eines Berliner Ehepaares. Der Ehemann hatte immer viel weniger verdient als seine Frau und war von ihr finanziell unterstützt worden. Vor der Scheidung beantragte er, die Steuerschuld aufzuteilen.

Das sei pure Schikane, protestierte die mittlerweile geschiedene Ehefrau. Wenn ein Partner kein oder nur ein geringes Einkommen habe, sei ein Antrag auf getrennte Veranlagung unwirksam: Genauso müsse das Finanzamt nun den nachträglichen Antrag ihres Mannes auf Aufteilung der Steuerschuld behandeln und diesen ablehnen. Doch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg sah das anders und stellte sich auf die Seite des Ehemannes (7 K 7453/06 B).

Er habe ein berechtigtes Interesse an der Aufteilung der Steuerschuld, da er dadurch eine hohe Steuererstattung bekomme. Logischerweise müsse dann die Ehefrau aus dem gleichen Grund eine höhere Nachzahlung übernehmen. Hätte sie den ursprünglich errechneten, niedrigeren Betrag sogleich fristgerecht gezahlt, wäre die Sache erledigt gewesen und eine nachträgliche Aufteilung nicht in Frage gekommen. (Die Ehefrau hat gegen das Urteil Revision eingelegt.)

Mittagessen im Kindergarten

Kommune darf dafür einen monatlichen Pauschalbeitrag erheben

Die rheinland-pfälzische Gemeinde Freinsheim kassierte für jedes Mittagessen, das ein Kind im kommunalen Kindergarten zu sich nahm, von den Eltern 2,50 Euro extra. Darüber beschwerten sich die Kindergärtnerinnen, weil die Abrechnung viel Zeit kostete. Deshalb führte die Kommune ab Sommer 2007 eine Verpflegungspauschale von 45 Euro pro Monat ein.

Die Eltern zahlten also nicht mehr nur für die Mahlzeiten, die ihre Kinder tatsächlich gegessen hatten, sondern einen fixen Betrag, der davon unabhängig war. Die Eltern zweier Kleinkinder widersprachen dem Kostenbescheid und zogen vor Gericht: Eigentlich solle der Besuch eines Kindergartens kostenlos sein, beanstandeten sie, damit sei die Pauschale unvereinbar.

Doch das Oberverwaltungsgericht Koblenz fand an der monatlichen Pauschale nichts auszusetzen (7 A 10431/09.OVG). Nach dem Willen des Gesetzgebers sei nur das Regelangebot der Kindergärten kostenlos - nicht aber Wahlangebote wie das Mittagessen. Auch mit der Änderung des Zahlungsmodus habe die Gemeinde ihren Ermessensspielraum nicht überschritten: Jedes Essen einzeln abzurechnen, führe zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Diesen Aufwand zu reduzieren, sei ein berechtigtes Anliegen der Kommune.

"Pille" gegen Akne verschrieben

Gesetzliche Krankenkasse fordert Geld vom Frauenarzt

Ein Frauenarzt im Clinch mit einer gesetzlichen Krankenkasse: Die Krankenkasse forderte vom Mediziner Ersatz für Leistungen, die sie "grundlos" für Patientinnen gezahlt hatte. Der Stein des Anstoßes war die "Anti-Baby-Pille": Der Frauenarzt hatte sie einigen Patientinnen verschrieben. Allerdings nicht, um eine Schwangerschaft zu verhüten, sondern um ihre Akne zu behandeln.

Der Mediziner war sich keiner Schuld bewusst: Mit der Anti-Baby-Pille könne man Hautprobleme wirksam und kostengünstig behandeln. Doch "so einfach" kann man es sich wohl nicht machen - entscheidend sind die Vorschriften. So sah es jedenfalls das Sozialgericht Düsseldorf und verurteilte den Frauenarzt zur Zahlung an die Krankenkasse (S 14 KA 166/07).

Die gesetzliche Krankenversicherung müsse nur medizinisch notwendige Arzneimittel finanzieren. Die Anti-Baby-Pille sei aber kein Medikament. Damit werde keine Krankheit behandelt, sie diene der Empfängnisverhütung. Als Arzneimittel sei das Verhütungsmittel nicht zugelassen.

Außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung dürfe ein Medikament nur ausnahmsweise verordnet werden, wenn es um eine lebensgefährliche Krankheit gehe. Das treffe hier nicht zu. (Der Mediziner hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Ehefrau arbeitete als Prostituierte

Ehemann setzt den teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch

2003 hatte das Paar geheiratet. Im Sommer 2006 kam es nach einer Reise der Ehefrau in ihr Heimatland zu einem Riesenkrach: Sie hatte vor dem Urlaub mit der EC-Partnerkarte ohne Wissen ihres Mannes einen größeren Geldbetrag von dessen Bankkonto abgehoben und damit das Konto überzogen. Nun nahm er ihr die EC-Partnerkarte ab.

Ein Jahr später fand der Ehemann eine Rechnung, ausgestellt von einer Zeitschrift namens "M. diskret" für Anzeigen, die seine Frau geschaltet hatte. Er ließ sich die Zeitschrift zuschicken und fand darin ein Inserat, in dem sich seine Frau als Prostituierte anbot. Daraufhin reichte der Mann die Scheidung ein und beantragte gleichzeitig, den Versorgungsausgleich auszuschließen.

An den Rentenansprüchen, die ihr Mann ab 2006 erworben habe, werde die Frau nicht mehr beteiligt, entschied das Oberlandesgericht Bremen (4 UF 30/09). Alles andere wäre angesichts ihres gravierenden Verstoßes gegen die eheliche Treuepflicht grob unbillig, erklärten die Richter.

Hinter dem Rücken ihres Mannes habe die Ehefrau quasi ein Doppelleben geführt und in einer Nachbarstadt als Prostituierte gearbeitet. Ihren Mann habe sie angelogen und von einer 800-Euro-Stelle als Kindermädchen in M. erzählt. Dabei habe sie öffentlich - in Zeitschriften und im Internet, Fotos inklusive - Liebesdienste angeboten.

Damit habe sie nur ihre Reisen in die Heimat finanzieren wollen, argumentierte die Ehefrau. Von ihrem Mann habe sie ja nichts mehr bekommen. Der Ehemann habe immerhin die Kosten des gemeinsamen Haushalts getragen, konterten die Richter, und außerdem Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt, von denen sie jetzt profitieren wolle. Sie habe dagegen ihre Einnahmen für sich allein verbraucht.

Sittenwidriges Testament zu Lasten der Steuerzahler

ARGE darf bei groáer Erbschaft die Leistungen an einen Arbeitslosen einstellen

Ein 52-j"hriger Langzeitarbeitsloser und Hartz-IV-Empf"nger aus Dortmund erbte von seiner Mutter 240.000 Euro. Im notariellen Testament hatte die Mutter ihren Bruder als Testamentsvollstrecker eingesetzt: Er msse dafr Sorge tragen, dass der Nachlass erhalten bleibe, verfgte sie.

Ihr Sohn solle in den Genuss von Zinsen kommen, ohne dass ihm die "ffentlichen Zuwendungen verloren gingen. Der Onkel sollte dem Erben kleinere Geldbetr"ge fr Urlaube, Kleidung, Hobbys oder medizinische Behandlung auszahlen, soweit sie nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden k"nnten.

Dennoch stellte die Grundsicherungsbeh"rde (JobCenter / ARGE Dortmund) ihre Zahlungen an den Arbeitslosen ein. Die Klage des Erben auf weitere Sozialleistungen blieb beim Sozialgericht Dortmund ohne Erfolg (S 29 AS 309/09 ER): Darauf sei er nicht mehr angewiesen, so das Gericht. Der bisherige Hilfeempf"nger k"nne nun seinen Lebensunterhalt kurzfristig sicherstellen, indem er Aktien verwerte.

Um seine Hilfebedrftigkeit langfristig zu beenden, msse er das sittenwidrige Testament anfechten, das einseitig zu Lasten der Allgemeinheit gehe. Die Freiheit, in einem Testament uneingeschr"nkt ber Verm"gen zu disponieren, k"nne nicht so weit gehen, dass die Mutter dem Erben Annehmlichkeiten wie Hobbys und Reisen aus dem Nachlass finanziere, w"hrend fr dessen Lebensunterhalt der Steuerzahler aufkommen solle.

Kranker Ehemann als Gewalttäter

Ausschluss des Versorgungsausgleichs setzt schuldhaftes Handeln voraus

Das Ehepaar hatte 1960 geheiratet. Im Alter wurde der Mann schwer krank, erlitt zwischen 2004 und 2007 drei Schlaganfälle. Seine hilflose Wut über seine Probleme tobte er offenbar an seiner berufstätigen Ehefrau aus: In dieser Zeit verprügelte er sie mehrmals. Die Frau erstattete Strafanzeige, beantragte Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz und reichte die Scheidung ein.

Da sie immer schon besser verdient hatte als ihr Mann, war sie bei der Scheidung eigentlich zum Versorgungsausgleich verpflichtet. Vom Amtsgericht forderte sie jedoch, den Ausgleich wegen der Gewalttätigkeit ihres Ehemannes nicht durchzuführen. So geschah es auch, doch die Beschwerde des Ehemannes hatte beim Oberlandesgericht Saarbrücken Erfolg (9 UF 5/09).

Im Strafverfahren wegen Körperverletzung habe das Landgericht festgestellt, dass der Ehemann zum Zeitpunkt der Prügelei schuldunfähig gewesen sei, erklärten die Richter. So gesehen, sei es nicht grob unbillig, der Ehefrau den Versorgungsausgleich aufzuerlegen. Eine Eheverfehlung, die nicht schuldhaft begangen wurde, rechtfertige den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht. Der Ehemann habe es während der Ehezeit auch nicht grob leichtfertig und in illoyaler Weise unterlassen, seine eigene Altersvorsorge zu betreiben.

Sturz im Pflegeheim

Krankenkasse eines dementen Heimbewohners verlangt Einsicht in die Krankenakte

Ein 88-jähriger Bewohner eines Pflegeheims, der an fortgeschrittener Demenz leidet, war im Heim gestürzt und mit einem Oberschenkelhalsbruch ins Krankenhaus gebracht worden. Um den Vorgang aufzuklären, verlangte seine Krankenkasse vom Pflegeheim Einsicht in die persönlichen Krankenakten bzw. das Sturzprotokoll. Denn der desorientierte Patient selbst konnte dazu keine Auskunft geben.

Sein Betreuer gab den Unfallerfassungsbogen ans Pflegeheim weiter. Er entband das Heim von der Schweigepflicht und genehmigte die Herausgabe einer Kopie der Pflegedokumentation und des Sturzprotokolls. Doch die Leitung des Pflegeheims legte sich quer: Einsicht in die Krankenakte zu nehmen, sei ein höchstpersönliches Recht des Patienten. Gegenüber der Krankenkasse sei das Heim zu nichts verpflichtet.

Der Anspruch auf Einsicht in die Dokumentationen sei vom Betreuer des Patienten wirksam auf die Krankenkasse übertragen worden, urteilte das Amtsgericht München (282 C 26259/08). Er habe im Namen des Patienten auf die Geheimhaltung verzichtet - das sei zulässig. Oft bestehe geradezu ein Interesse des Patienten daran, dass Dritte mit medizinischem Sachverstand die Patientenunterlagen kontrollierten.

Dadurch werde das Pflegeheim nicht benachteiligt, denn es ändere sich ja nur der Auskunftsberechtigte. Statt des Patienten erhalte die Krankenkasse Informationen. Am Inhalt der Auskunft ändere sich dadurch nichts. Dass sie eventuell zu Ansprüchen der Krankenkasse auf Schadenersatz führen könne, müsse das Heim hinnehmen. Denn auch der Patient könnte - so er dazu in der Lage wäre - Schadenersatz verlangen; vorausgesetzt, der Sturz und die dadurch verursachten Behandlungskosten seien auf Nachlässigkeit oder anderes Fehlverhalten des Pflegepersonals zurückzuführen.

Eigenheimzulage

Wer bekommt sie, wenn ein Ehepartner aus dem Eigenheim auszieht?

Eine Ehe ging in die Brüche. Die Ehefrau verließ das gemeinsam gebaute Einfamilienhaus. Ihr Mann bewohnte es weiterhin. Er übernahm alle laufenden Kosten und die Kreditraten für den Bankkredit, den die Eheleute für den Bau aufgenommen hatten. Bei der Steuererklärung beantragte die berufstätige Frau nach wie vor die Eigenheimzulage. Doch die Finanzbeamten winkten ab.

Zu Recht, wie das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied (12 K 12220/08). Steuerzahler hätten Anspruch auf die Eigenheimzulage, wenn sie ein (gekauftes oder gebautes) Haus selbst nutzten oder das Haus unentgeltlich einem Angehörigen überließen, betonten die Finanzrichter. Trenne sich ein Ehepaar, stehe dem Partner, der das Eigenheim verlasse, die Hälfte der Zulage also nur dann zu, wenn er seine Haushälfte dem anderen Partner kostenlos überlasse.

Der Anspruch entfalle jedoch, wenn der andere Partner für das Wohnen eine Nutzungsentschädigung zahle. Das treffe hier zu, denn: Wenn derjenige, der im Haus bleibe, als Ausgleich dafür Kreditraten und Kosten übernehme, sei das einer Nutzungsentschädigung gleichzusetzen. Daher habe die Ehefrau keinen Anspruch mehr auf die halbe Eigenheimzulage - nur der das Haus nutzende Ehemann könne seine Hälfte der Zulage weiterhin geltend machen.

Partnermonate beim Elterngeld ...

... benachteiligen verheiratete Paare nicht gegenüber Alleinerziehenden

Nach dem Bundeselterngeldgesetz können Alleinerziehende 14 Monate Elterngeld beziehen. Zusammen lebende Eltern haben Anspruch auf zwölf Monate Elterngeld. Zwei Monate länger können sie es erhalten, wenn jeder der beiden Elternteile mindestens zwei Monate lang Elterngeld beansprucht (Partnermonate).

Eine verheiratete Mutter aus Münster zog gegen diese Regelung vor Gericht: Sie benachteilige verheiratete Eltern und verstoße daher gegen den verfassungsmäßig verankerten Schutz von Ehe und Familie. In Patchwork-Familien bekämen Mütter 14 Monate Elterngeld, auch wenn sie mit einem neuen Partner zusammen lebten. Ehepaaren dagegen schreibe man vor, dass die Väter auch eine "Auszeit" nehmen müssten - sonst gebe es das Elterngeld nur zwölf Monate lang.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hielt diese Einwände nicht für stichhaltig und wies die Klage ab (L 13 EG 27/09). Der Gesetzgeber müsse nicht alle denkbaren Fallkonstellationen regeln, die der Sammelbegriff"Patchwork-Familie" bezeichne.

Der nur durch die Partnermonate mögliche Bezug von Elterngeld für zwei zusätzliche Monate zwinge verheiratete bzw. zusammen lebende Eltern nicht dazu, ihr Familienleben in bestimmter Weise zu gestalten. Hier handle es sich vielmehr um ein Angebot für Familien, das sie annehmen oder ausschlagen könnten. Ein verfassungswidriger Eingriff in das Familienleben liege darin nicht.

Für das Einfrieren von Samenzellen ...

... muss die gesetzliche Krankenversicherung nicht zahlen

Den jungen Mann hatte ein schwerer Schicksalsschlag getroffen: Die Diagnose lautete Hodenkrebs. Er musste sich operieren lassen und einer Chemotherapie unterziehen. Da Patienten durch diese Behandlung zeugungsunfähig werden können, wollte der Kranke vorbeugen und vor dem Eingriff Samenzellen einfrieren lassen.

Als es die gesetzliche Krankenversicherung ablehnte, diese Maßnahme zu finanzieren, zog der junge Mann vor Gericht, um die Kostenübernahme durchzusetzen. Er verwies auf einen Präzedenzfall: Das Bundesverwaltungsgericht habe einem Beamten aus Rheinland-Pfalz die Kostenübernahme zugestanden.

Das sei nicht übertragbar, erklärte das Sozialgericht Aachen: Für die gesetzliche Krankenkasse gelten nicht die gleichen Maßstäbe wie für die Beihilfe (S 13 KR 115/09). Welche Maßnahmen für gesetzlich Versicherte in Frage kommen, bestimme allein der "Gemeinsame Bundesausschuss" für die gesetzlichen Krankenversicherungen. So auch bei Maßnahmen, mit denen die Zeugungsfähigkeit gesichert werden solle, wenn sie durch Krankheit verloren zu gehen drohe.

Und laut den Richtlinien des "Gemeinsamen Bundesausschusses" sei die so genannte "Kryokonservierung", also das Einfrieren der Samenzellen, nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Daher hätten gesetzlich Krankenversicherte darauf keinen Anspruch, selbst wenn sie an Hodenkrebs litten.

Dass die Beihilfe für Beamte in Rheinland-Pfalz anders vorgehe, stelle keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Dem Gesetzgeber stehe bei der Ausgestaltung verschiedener Leistungssysteme ein weiter Ermessensspielraum zu. Zum Beispiel schließe auch das Beihilferecht des Landes Nordrhein-Westfalen die Kostenübernahme für das Einfrieren von Samenzellen der NRW-Beamten aus.