Familie & Gesundheit

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Kindesunterhalt zu niedrig vereinbart

Keine verbindliche Zusage der Ehefrau, den Vater teilweise vom Unterhalt freizustellen

2003 ließen sich die Eltern von fünf Kindern scheiden. Vereinbart wurde, dass die Kinder vom Vater Unterhalt bekamen, und zwar 170 Prozent der Regelbeträge (10. Einkommensgruppe nach der Düsseldorfer Tabelle). Zu diesem Zeitpunkt stand allerdings eine Beförderung des Vaters bevor. Dass er danach deutlich mehr verdienen würde, wusste auch die Ehefrau.

Zwei Jahre später verklagte sie im Namen der drei jüngsten, minderjährigen Kinder ihren Ex-Mann auf Zahlung von höherem Kindesunterhalt. Der erklärte, die Scheidungsvereinbarung von 2003 sei verbindlich: Seine Ex-Frau habe ihn in Bezug auf Unterhaltsansprüche quasi "freigestellt", soweit sie die 170 Prozent überschritten. Wenn die Kinder mehr Unterhalt benötigten, müsse die Mutter für den Differenzbetrag einstehen.

Während die Vorinstanzen diese Argumentation akzeptierten, widersprach ihr der Bundesgerichtshof entschieden (XII ZR 18/08). In der Scheidungsvereinbarung sei keine für die Zukunft verbindliche Abrede zu sehen, den Vater oberhalb der 170-Prozent-Marke von Unterhalt zu befreien. Aus der Vereinbarung sei nicht abzuleiten, dass die Mutter selbst für den Differenzbetrag geradestehen wollte - von dem sie gar nicht wusste, wie hoch er ausfallen würde.

Die Frau habe gewusst, dass sich der Ehemann beruflich verbessern würde, doch sei die Höhe des künftigen Einkommens unbekannt gewesen. Also sei auch offen geblieben, wie viel mehr Unterhalt den Kindern dann zustehen würde. Wenn die Mutter trotzdem - obwohl sie damit rechnete, dass der aktuell vereinbarte Unterhalt zu niedrig festgelegt wurde - eine Unterhaltsvereinbarung mit dem Ehemann treffe, sei das offenkundig nur vorläufig.

Ausbildungsunterhalt für Studentin

Sie muss an den Studienort ziehen: Vater muss hohe Fahrtkosten nicht finanzieren

Die volljährige Tochter geschiedener Eltern begann nach dem Abschluss der Fachoberschule ein Studium. Sie wollte gerne weiterhin bei ihrer Mutter wohnen. Doch der Studienort war vom Wohnort weit entfernt - das Hin- und Herpendeln kostete viel Geld. Dafür sollte nun der unterhaltspflichtige Vater der jungen Frau extra zahlen.

Der Vater lehnte ab und wurde von der Tochter auf mehr Unterhalt verklagt: Wie schon die Vorinstanz wies der Bundesgerichtshof die Klage ab (XII ZR 54/06). Der Studentin sei es grundsätzlich zuzumuten, sich eine Wohnung am Studienort zu suchen, wenn dies die finanzielle Belastung für den Vater reduziere. Dessen Interesse daran, die Kosten der Ausbildung so gering wie möglich zu halten, müsse man berücksichtigen.

Der Vater verdiene nur durchschnittlich und müsse auch für den Unterhalt seiner zweiten (arbeitslosen) Ehefrau und den der Tochter aus zweiter Ehe aufkommen. Diese Verpflichtung wiege schwerer als der Wunsch der Studentin, bei der Mutter zu bleiben. Dass sie am Studienort keine Wohnung zu angemessenen Bedingungen finden könne oder durch das Wohnen am Studienort in anderer Weise beinträchtigt würde, sei nicht ersichtlich.

Unwirksamer Ehevertrag

Schwangere Frau zum Verzicht auf Versorgungsausgleich gedrängt

Weil seine Freundin schwanger war, ließ sich der damalige Assistenzarzt (jetzt: Facharzt für Kardiologie) 1992 auf eine Heirat ein - anscheinend eher widerwillig. Jedenfalls bezweifelte er, der Vater des ungeborenen Kindes zu sein und bestand auf einem Ehevertrag. Man vereinbarte Gütertrennung und schloss den Versorgungsausgleich aus. Die Braut hatte ein Lehramtsstudium beendet, arbeitete aber als Exportsachbearbeiterin, weil sie keine Stelle erhalten hatte.

2004 wurde die Ehe geschieden. Das Amtsgericht hielt den Ehevertrag für sittenwidrig und führte den Versorgungsausgleich durch. Die Rechtsbeschwerde des Facharztes dagegen blieb ohne Erfolg. Der Versorgungsausgleich sei angebracht, entschied der Bundesgerichtshof: Denn die Partner hätten bewusst in Kauf genommen, dass die Frau wegen des Kindes aus dem Berufsleben ausscheiden und keine Versorgungsanrechte erwerben würde (XII ZB 94/06).

Die Schwangere habe sich damals in der deutlich schwächeren Verhandlungsposition befunden: wegen der bevorstehenden Geburt und den Zweifeln des Mediziners an der Vaterschaft. Er habe die Heirat vom Ehevertrag abhängig gemacht und dessen Inhalt ohne Mitwirkung der Ehefrau mit dem Notar ausgearbeitet. Dieser Druck auf die Frau habe sich durch ihre wirtschaftliche Situation verschärft. Denn ohne Stelle in ihrem erlernten Beruf hätte sie als ungelernte Kraft und ledige Mutter einer ungewissen Zukunft entgegengesehen.

So, wie der Vertrag konzipiert war, habe er dafür gesorgt, dass die Ehefrau ohne Alterssicherung blieb: Sie sollte den Haushalt führen und das Kind betreuen. Damit wurden alle ehebedingten Nachteile absichtsvoll auf die Ehefrau verlagert. Da diese einseitige Lastenverteilung durch keinerlei Vorteil für sie ausgeglichen wurde - unvereinbar mit dem Gebot ehelicher Solidarität! -, sei der Ehevertrag sittenwidrig und nichtig.

Auf dem Laufband verunglückt

Patientin eines Physiotherapeuten benutzte es eigenmächtig und ohne Anleitung

Der Hausarzt hatte einer Frau Krankengymnastik verordnet. In der Praxis des Physiotherapeuten nahm sie außerdem am Funktionstraining teil. Sie konnte zu diesem Zweck jederzeit die Praxisräume aufsuchen. Bei einem ihrer Besuche beschloss die Patientin, allein das Laufband auszuprobieren - obwohl man ihr dessen Funktionsweise nicht erklärt hatte. Es gehörte nicht zu ihrem Trainingsprogramm.

Die Frau stellte sich auf die Lauffläche und startete das Gerät. Kaum setzte sich das Band in Bewegung, verlor sie das Gleichgewicht und stürzte. Dabei geriet ihr linker Unterarm zwischen das Band und die metallene Verkleidung des Geräts, Hand und Unterarm wurden arg gequetscht. Vom Physiotherapeuten forderte die verletzte Patientin Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihre Zahlungsklage war beim Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg erfolglos (6 U 212/08).

Den Unfall habe sich die Frau selbst zuzuschreiben, so das OLG, sie habe sich durch ihr unvorsichtiges Verhalten selbst gefährdet. In der physiotherapeutischen Praxis würden alle Patienten mit den Geräten vertraut gemacht, an denen sie trainieren sollten. Der nach den gesundheitlichen Bedürfnissen der Patientin erstellte Trainingsplan enthielt kein Laufband. Man habe sie auch darauf hingewiesen, dass sie nur die im Trainingsplan vorgesehenen Geräte benutzen sollte.

Für den Physiotherapeuten und seine Mitarbeiter habe also kein Anlass bestanden, ihr zu zeigen, wie das Laufband funktionierte. Darin sei kein Versäumnis zu sehen: Von einem erwachsenen und vernünftigen Patienten könne man erwarten, dass er nur Geräte benutzt, in die er eingewiesen wurde. Zumindest hätte die Frau die auf dem Gerät angebrachte Gebrauchsanweisung zur Kenntnis nehmen können: Da stehe gut lesbar, dass das Band mit dem (nicht zu übersehenden) roten Knopf sofort zu stoppen sei und auf keinen Fall ohne Aufsichtsperson eingeschaltet werden sollte.

Schwangere Patientin nicht auf HIV getestet

Gynäkologe muss für das aidskranke Kind Schmerzensgeld zahlen

Als die Frau schwanger wurde, war sie höchstwahrscheinlich bereits mit dem HI-Virus infiziert - wie die Experten später im Rechtsstreit um Schmerzensgeld erläuterten. Damals wusste sie allerdings nichts davon. Und ihr Gynäkologe bot der Patientin keinen HIV-Test an. Die Mutter hat den Virus auf ihren Jungen übertragen, bei dem die Aids-Erkrankung schon kurz nach der Geburt ausbrach. Darunter wird er lebenslang leiden.

Mutter und Kind forderten Schmerzensgeld vom Gynäkologen: Die Infektion des Neugeborenen hätte man ziemlich sicher vermeiden können, wenn klar gewesen wäre, dass die Patientin HIV-positiv war. Der Mediziner pochte dagegen auf die Mutterschaftsrichtlinien, in denen stand, ein HIV-Test sei "gegebenenfalls ... bei jeder Schwangeren durchzuführen". Das sei nur eine Empfehlung. Den Test zu unterlassen, sei also kein Verstoß gegen fachärztliche Standards.

Das Landgericht München I gab Gutachten in Auftrag und befragte medizinische Experten (9 O 14628/04). Ergebnis: Allein die Formulierung "gegebenenfalls" widerlege noch nicht, dass es zum fachärztlichen Standard von Gynäkologen gehöre, bei Schwangeren einen HIV-Test zu machen. Ein Sachverständiger habe bei einer repräsentativen Umfrage unter allen Münchner Gynäkologen ermittelt, dass fast alle ihre schwangeren Patientinnen auf HIV testeten (die Quote lag bei 93,3 Prozent). Bei solchen Werten in der medizinischen Praxis könne man schon auf einen Standard schließen.

Der Junge könnte heute gesund sein, wenn der Test nicht versäumt worden wäre. Meist werde der Virus beim Stillen übertragen, manchmal auch schon bei der Geburt. Wenn das Kind einer infizierten Mutter durch Kaiserschnitt zur Welt komme und anschließend auf das Stillen verzichtet werde, sei eine HIV-Infektion fast zu 100 Prozent auszuschließen. Das Versäumnis des Gynäkologen habe daher die Krankheit des Jungen verursacht. (Die Höhe des Schmerzensgeldes wurde noch nicht festgelegt.)

Kein Geld für LASIK-Operation

Private Krankenversicherung muss nur die Kosten medizinisch notwendiger Heilbehandlung erstatten

Ein privat krankenversicherter Münchner ließ sich an den Augen operieren, seine Weitsichtigkeit wurde korrigiert. Dafür gab der Mann 4.324 Euro aus, die Rechnung reichte er anschließend bei seiner Krankenversicherung ein. Doch das Unternehmen zahlte nicht und verwies auf die Versicherungsbedingungen: Weder handle es sich bei Fehlsichtigkeit um eine Krankheit, noch sei die riskante Operation medizinisch notwendig gewesen.

Das leuchtete dem Patienten nun überhaupt nicht ein: Er leide an einer Hornhautverkrümmung, die sei nur durch eine LASIK-Operation zu beseitigen. Mit Brille oder Kontaktlinse gelinge das nicht, also sei der Eingriff medizinisch notwendig. Das verneinte jedoch das Amtsgericht München: Es wies die Klage des Patienten gegen die Versicherung ab (112 C 25016/08).

Wenn es darum gehe abzuwägen, ob ein Eingriff medizinisch notwendig sei, könne das Risiko nicht außer Acht bleiben, betonte die Amtsrichterin. Wer eine Brille trage, korrigiere die Fehlsichtigkeit ohne jedes Risiko. Warum ihm das unmöglich sei, habe der Patient nicht dargelegt. Eine Laseroperation könne das Sehvermögen beeinträchtigen, schlimmstenfalls zu Blindheit führen. Einige Patienten müssten trotz der Operation hinterher weiterhin eine Brille tragen, weil die Fehlsichtigkeit nicht oder nur teilweise beseitigt werden konnte.

Im übrigen beseitige auch ein erfolgreicher Eingriff die Fehlsichtigkeit nicht. Sie werde nur - im Auge selbst durch Abflachung der Hornhaut - korrigiert, was den natürlichen Zustand der Hornhaut irreparabel zerstöre. Eine Laseroperation sei quasi eine Art Schönheitsoperation. Denn sie erspare dem Patienten das lästige Tragen einer Brille durch die optische Korrektur im Auge, ohne die Fehlsichtigkeit selbst - deren Ursache die Form des Augapfels sei - zu heilen.

Verbraucherinsolvenzverfahren:

Schuldnerin beantragt, wegen Therapiekosten einen geringeren Teil vom Gehalt zu pfänden

Eine hoffnungslos überschuldete Arbeitnehmerin musste sich einem Verbraucherinsolvenzverfahren unterziehen. Ein großer Teil ihres Gehalts wurde von da an regelmäßig gepfändet, um damit die Schulden abzustottern. Nach einem Jahr beantragte die Frau, einen geringeren Teil des Arbeitseinkommens zu pfänden: Sie müsse Therapien finanzieren, deren Kostenübernahme die gesetzliche Krankenkasse abgelehnt habe.

Sie leide an einer chronischen depressiven Verstimmung und einer Persönlichkeitsstörung. Eine "multimodale" Therapie mit energetischen Massagen, Osteopathie und Aura-Gruppensitzungen sei erforderlich. Für solche alternativen Behandlungsmethoden zahle die Kasse nicht.

Dann komme es auch nicht in Frage, dafür weniger Gehalt zu pfänden, entschied der Bundesgerichtshof (IX ZB 35/08). Nur wenn dringender Bedarf bestehe, der durch den unpfändbaren Teil des Einkommens nicht gedeckt werden könne, sei so ein Entgegenkommen angezeigt. Immerhin gehe es hier auch um die Interessen der Gläubiger, die dann noch länger auf ihr Geld warten müssten.

Wäre die Schuldnerin auf die medizinische Behandlung dringend angewiesen und stünden die Kosten im angemessenen Verhältnis zum Nutzen, würde die gesetzliche Krankenkasse die Kosten ersetzen. Wenn die Kasse Behandlungskosten mangels Indikation oder Wirtschaftlichkeit nicht übernehme, werde auf den Therapiebedarf auch bei der Pfändung keine Rücksicht genommen.

Der Verlobten Geld gegeben ...

... für ein Haus: Anspruch auf Rückgabe nach dem Scheitern der Verlobung?

Zwölf Jahre lang war das Paar verlobt gewesen, bis die Frau schließlich die Verlobung beendete. 110.000 Euro hatte der Mann seiner Verlobten gegeben, als das Haus, in dem er mit seiner früheren Ehefrau gelebt hatte, versteigert worden war. Damit erwarb die Verlobte das Einfamilienhaus, in dem das Paar anschließend mehrere Jahre wohnte. Während dieser Zeit baute der Mann das Haus um.

Als die Beziehung zu Ende war, verlangte er von der heiratsunwilligen Braut Geld zurück. Anders als bei den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei dies bei Verlobten nicht von vornherein ausgeschlossen, erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (11 W 1/09). Denn Verlobte stünden bereits in einem rechtlich geregelten Verhältnis, so das OLG, so dass nach dem Scheitern der Verlobung Ausgleichsansprüche für Zuwendungen in Frage kämen.

Hier habe der Mann seiner Partnerin Geld gegeben in der Erwartung, dass die Beziehung Bestand haben werde und dass so das gemeinsame Heim finanziert werde. Die Geschäftsgrundlage für diese Zuwendung sei entfallen, da die Partnerin das Verlöbnis aufgelöst habe. Daher sei die Vereinbarung zwischen den Parteien an die veränderten Verhältnisse anzupassen.

Das bedeute nun allerdings nicht, dass der Mann Anspruch auf Rückzahlung des ganzen Betrags habe. Denn er habe mit seiner Ex-Verlobten sieben Jahre lang kostenfrei in dem Haus gewohnt. Also habe sich der mit der Zuwendung verfolgte Zweck für ihn zumindest teilweise erfüllt. Der Wert des Wohnens sei auf 500 Euro monatlich zu veranschlagen. Demnach müsse ihm die ehemalige Braut nur 60.000 Euro zurückgeben.

Vater missbrauchte geistig behinderte Tochter

Deren Betreuerin verklagte ihn im Namen der Tochter auf Schmerzensgeld

Das geistig und körperlich schwer behinderte Mädchen wurde von seinem Vater sexuell missbraucht. Es wurde schwanger und brachte eine Tochter zur Welt. Mittlerweile lebt das vergewaltigte Mädchen in einem Pflegeheim. Die Betreuerin verlangte im Namen ihres Schützlings vom Vater 7.500 Euro Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Vater zur Zahlung (19 U 29/07). Die Tochter sei unfähig zu jedem Widerstand: Das habe der Vater genutzt für sexuelle, inzestuöse Übergriffe. Eine Vergewaltigung richte sich gegen die personale Würde der Frau. Das sei durch ein Schmerzensgeld auszugleichen, selbst wenn man hier davon ausgehen müsse, dass die Missbrauchte aufgrund ihrer massiven geistigen Behinderung den Missbrauch verstandesmäßig nicht als solchen wahrgenommen habe.

Auch die Beschwerlichkeiten der Schwangerschaft und der Schnittentbindung habe das Mädchen erdulden müssen. Die Betreuerin könne der Tochter mit dem Schmerzensgeld Annehmlichkeiten verschaffen, die ihr im Pflegeheim sonst nicht zur Verfügung stünden, und so für ein bisschen mehr Lebensfreude sorgen.

Bei einem Streit ums Sorgerecht ...

... geht es ums Kindeswohl, nicht darum, vermutete Fehler eines Elternteils zu bestrafen

Das Ehepaar hatte sich 2005 getrennt. Die damals vier Jahre alte Tochter A wurde im so genannten "Wechselmodell" von beiden Elternteilen betreut. 2007 bekam die Mutter vom Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Sie zog mit dem Kind in die Stadt G, um dort eine Arbeit aufzunehmen (was nicht geschah). Dort wohnt ihr Lebensgefährte. Gleichzeitig ließ sich die Frau auf eine großzügige Umgangsregelung ein: A durfte fast jedes Wochenende beim wieder verheirateten Vater in P verbringen. Mittlerweile geht das Mädchen in G zur Schule.

Der Vater wollte es zu sich nehmen und beantragte deshalb das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind. Das erhielt er auch - was das Amtsgericht mit der Unzuverlässigkeit der Mutter begründete, die über den Grund ihres Umzugs bewusst falsche Angaben gemacht habe. Die Beschwerde der Mutter wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Dresden zurückgewiesen.

Begründung: Sie klammere sich ans Kind, anstatt den Umgang mit dem Vater zu fördern. A habe berichtet, die Mutter sei immer traurig, wenn sie beim Vater sei. Das Mädchen habe sich zwar in G gut eingelebt. Aber letztlich habe die Mutter den nochmaligen Aufenthaltswechsel und Schulwechsel zu verantworten, weil sie ohne Zustimmung des Vaters und ohne Notwendigkeit nach G gezogen sei. Der Wunsch von A, bei der Mutter zu wohnen, entspreche eher der Befindlichkeit der Mutter als den Bedürfnissen des Kindes.

Diese Argumentation wurde vom Bundesverfassungsgericht kritisiert: Die Verfassungsbeschwerde der Mutter gegen den Beschluss des OLG sei begründet, weil er ihr Elternrecht verletzte (1 BvR 142/09). Die Abwägung des OLG orientiere sich nicht am Kindeswohl, sondern sei geprägt vom Gedanken, ein vermeintliches Fehlverhalten der Mutter zu sanktionieren. Dass diese bewusst die Unwahrheit über den Umzug gesagt habe, sei durch nichts belegt.

Tochter arbeitet zwischen Ausbildung und Studium

Eltern bekommen Kindergeld, obwohl das Einkommen des Kindes den Grenzbetrag überschritt

Bis Juni 2007 absolvierte die junge Frau eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau. Um die Zeit bis zum Studium zu überbrücken, das sie im Oktober aufnahm, arbeitete sie drei Monate im erlernten Beruf. In dieser Zeit verdiente die Versicherungskauffrau so viel, dass die Familienkasse ihren Eltern das Kindergeld für das gesamte Jahr 2007 vorenthalten wollte.

Ihr Einkommen lag nämlich mit Ausbildungsvergütung und Verdienst als Versicherungskauffrau über dem jährlichen Höchstbetrag von 7.680 Euro. Wird diese Grenze überschritten, ist das Kindergeld zu streichen. Was die Tochter in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten verdiene, sei bei den Einkünften zu berücksichtigen, teilte die Familienkasse den Eltern mit.

Die Klage des Vaters auf Kindergeld hatte beim Finanzgericht Münster Erfolg (1 K 4425/08 Kg). Während die Tochter ihre Berufsausbildung absolviere, stehe dem Vater prinzipiell Kindergeld zu, so das Finanzgericht. Das gelte also für Januar bis Juni sowie ab Oktober 2007. Wenn das Kind, wie hier, in der Übergangszeit einer gut dotierten Erwerbstätigkeit nachgehe, seien die Eltern in diesem Zeitraum nicht unterhaltspflichtig. Daher stehe ihnen für die Übergangszeit kein Kindergeld zu.

Umgekehrt zähle der Verdienst der Tochter in dieser Übergangszeit dann auch nicht als Bemessungsgrundlage für das Kindergeld. Vollzeitbeschäftigung zwischen zwei Ausbildungsabschnitten sei beim Jahresgrenzbetrag nicht anzurechnen. (Die Familienkasse hat gegen das Urteil Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt.)

Chiropraktiker löst Wirbelblockade ...

... und verletzt dabei eine Arterie: Schmerzensgeld mangels Risikoaufklärung

Eine 24-Jährige ging wegen Kopfschmerzen und Beschwerden im Halswirbelbereich (HWS) zunächst zum Hausarzt. Dessen Spritzen wirkten nicht. Deshalb konsultierte die junge Frau einen Allgemeinmediziner, der sich auf Sportmedizin und Chirotherapie spezialisiert hatte. Er stellte fest, dass der vierte Halswirbel blockiert war, und löste diese durch chiropraktische Manipulation. Eine Woche später brachte ein Krankenwagen die Frau in die Notaufnahme einer Klinik.

Beim Einrenken der HWS-Blockade sei die Wirbelarterie (arteria vertebralis) verletzt worden, lautete die Diagnose. Sehr starke Kopfschmerzen und Durchblutungsstörungen von Hirnbereichen waren die Folge, die wiederum Sehstörungen, Taubheit in den Fingern und Schwindel auslösten. Nach zwei Wochen wurde die Frau aus der Klinik entlassen und vom Hausarzt weiter behandelt. Vom Sportarzt forderte sie 15.000 Euro Entschädigung für den Behandlungsfehler.

Ein ärztlicher Kunstfehler sei nicht bewiesen, erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Das OLG sprach der Patientin jedoch 7.500 Euro Schmerzensgeld wegen unterlassener Risikoaufklärung zu (5 U 10/08). Sie habe dem Eingriff nicht wirksam zugestimmt, so das OLG, weil sie vorher nicht über Erfolgsaussichten, Gefahren und mögliche Alternativen informiert wurde. Deshalb sei die chiropraktische Behandlung rechtswidrig gewesen.

Verletzungen der Arterien gehörten zu den seltenen, aber typischen Risiken manueller Eingriffe an der Halswirbelsäule. Das betreffe nicht nur unsachgemäße Rotationsbewegungen, sondern bei entsprechender Konstitution des Patienten auch durchaus sachgerecht durchgeführte manuelle Therapie. Grundsätzlich müssten Ärzte einen Patienten auch über seltene Risiken aufklären, wenn diese im Fall des Falles den Patienten schwer belasten würden.

Das treffe bei einer Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff - mit möglicher Hirnschädigung bis hin zur Todesfolge - zweifellos zu. Weil das "Einrenken" durch den Chiropraktiker ambulant und ohne vorbereitende Maßnahmen durchgeführt werde, gehe der unwissende Laie von einer risikolosen Routinemaßnahme aus. Anders als bei einer Operation rechne er hier nicht mit möglicherweise gravierenden Komplikationen, die sein Leben grundlegend verändern könnten. Um so wichtiger sei es, Patienten vorher gründlich über die Gefahren zu informieren.

Frau will Kind der Lebenspartnerin adoptieren

Bundesverfassungsgericht: Lebenspartnergesetz verstößt nicht gegen das Elternrecht

Eine Frau beantragte beim Amtsgericht Schweinfurt die Erlaubnis dafür, das im Juli 2006 geborene Kind ihrer Lebenspartnerin zu adoptieren. Kindesmutter und Kindesvater waren einverstanden, auch das Jugendamt befürwortete die Adoption.. Das Amtsgericht setzte das Adoptionsverfahren aus und bat das Bundesverfassungsgericht um eine Entscheidung.

Das Lebenspartnergesetz verstoße gegen den im Grundgesetz verankerten Schutz von Ehe und Familie, so das Amtsgericht. Denn durch die Adoption des leiblichen Kindes eines Lebenspartners werde dem anderen Lebenspartner eine Rechtsstellung eingeräumt, die der eines leiblichen Elternteils gleiche. Eltern eines Kindes könnte aber nur dessen Mutter und Vater sein.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Vorlage des Amtsgerichts schon aus formalen Gründen für unzulässig (1 BvL 15/09). Davon abgesehen, setze sie sich nur ungenügend mit dem Wandel des Rechtsverständnisses von Elternschaft auseinander.

Auch wenn ein Ehegatte ein Kind des Partners adoptiere ("Stiefkindadoption"), werde er/sie einem leiblichen Elternteil gleichgestellt. Die Stellung zu einem Kind werde nicht allein durch die biologische Abstammung definiert, sondern auch aufgrund der sozial-familiären Verantwortungsgemeinschaft vermittelt. Der biologischen Abstammung gebühre nicht zwingend der Vorrang, wie das Amtsgericht meine.

Paranoide Patientin sprang aus dem Fenster

Psychiatrische Klinik muss der Krankenkasse die Behandlungskosten erstatten

Im Juli 2002 hatte ein Münchner Klinikum für Psychiatrie bei Frau X eine akute paranoid-halluzinatorische Psychose diagnostiziert. Bei dieser Art von psychischer Erkrankung besteht die Gefahr, dass sich die Patienten umbringen oder auf andere Weise selbst gefährden.

Patientin X wurde zwar bald entlassen, kam aber nach wenigen Tagen zurück, weil sich ihr Zustand verschlechtert hatte. Eine Krankenschwester brachte die Frau in ein Krankenzimmer im ersten Stock. Kurz darauf sprang die Patientin aus dem Fenster und verletzte sich schwer.

Die gesetzliche Krankenkasse kam für die Behandlungskosten auf und verklagte anschließend die psychiatrische Klinik auf Schadenersatz. Zu Recht, wie das Landgericht München I entschied (9 O 23635/06). Die Klinik müsse für die Folgen des Fenstersturzes haften, weil sie gegen die anerkannten fachärztlichen Regeln der Psychiatrie verstoßen habe.

So erklärte es der Sachverständige: Das Wissen darüber, dass paranoide Patienten unberechenbar seien und zum Suizid neigten, gehöre in Fachkreisen sozusagen zum Einmaleins. Die Patientin sei offenkundig nicht geheilt gewesen, sondern sehr angeschlagen ins Krankenhaus zurückgekehrt.

Unter diesen Umständen hätte man sie nach der Wiederaufnahme auf keinen Fall in einem Raum ohne gesicherte Fenster allein lassen dürfen. Solche Patienten seien entweder in einem Zimmer mit gesicherten Fenster unterzubringen oder zu überwachen. Da dies versäumt wurde, gehe der fatale Fenstersprung auf das Konto der Klinik.

Junge darf "Djehad" heißen

Im Arabischen ist der Name gebräuchlich und gefährdet nicht das Kindeswohl

Muslimische Eltern wollten ihrem Neugeborenen den Vornamen "Djehad" geben. Der Begriff ist hierzulande nur in der Übersetzung "Heiliger Krieg" geläufig. Deshalb weigerte sich der deutsche Standesbeamte, den Namen ins Geburtenbuch einzutragen: So ein Name werde den Jungen später beeinträchtigen, denn seit den Anschlägen in New York habe "Djehad" in Deutschland eine sehr negative Bedeutung.

Das Kammergericht in Berlin hatte da weniger Bedenken (12 U 18/06). Im Arabischen sei dieser Begriff als männlicher Vorname gebräuchlich und werde auch nicht so eng - als "Krieg" - definiert. "Djehad" stehe vielmehr für die Pflicht jedes Muslimen, sich für die Verbreitung des Glaubens zu engagieren, sich geistig und im sozialen Leben dafür einzusetzen. Diese Namenswahl sei weder verunglimpfend noch anstößig - auch wenn radikale Islamisten in jüngster Zeit den Begriff verengt hätten.

Von ihnen werde er im Sinn eines bewaffneten Kampfes gegen Ungläubige mit allen Mitteln, auch Mitteln des Terrors, verwendet. Das rechtfertige es aber nicht, das Recht von Eltern auf die freie Wahl eines Vornamens für ihr Kind einzuschränken. Deren Motive für diese Wahl spielten keine Rolle: Ob ein Vorname das Kindeswohl gefährde oder nicht, hänge nur vom Namen selbst ab.

Geschiedener Mann beantragt Wohngeld ...

... für sich und drei Kinder: Das setzt familiäres Zusammenleben voraus

Bei der Scheidung wurde den Eltern gemeinsam das Sorgerecht für die drei Kinder übertragen. Die zwei jüngeren blieben bei der Mutter, der ältere Sohn wohnte in der neuen Wohnung des Vaters. Obwohl er die jüngeren Kinder kaum noch sah, beantragte der Mann Wohngeld für einen Haushalt mit vier Personen. Begründung: Es sei ja möglich, dass sie künftig alle drei den Beschluss fassten, bei ihm zu wohnen.

Die Wohngeld-Behörde gewährte ihm nur die Summe für einen Zwei-Personen-Haushalt. Auch beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg kam der Vater mit seinem Anliegen nicht durch (4 LC 319/06). Das Wohngeld sei unter anderem von der Haushaltsgröße abhängig: Zum Haushalt zählten Kinder jedoch nur, wenn sie mit dem Wohngeldempfänger eine Wohngemeinschaft bildeten, so die Richter. Sie müssten in der Wohnung ihren Lebensmittelpunkt haben, was hier nicht zutreffe.

Die einschlägige Vorschrift des Wohngeldgesetzes widerspreche keineswegs dem grundgesetzlichen Schutz der Familie, wie der Kläger und auch die Vorinstanz behaupteten. Wohngeld solle ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen gewährleisten - wenn es denn ein familiäres Zusammenleben tatsächlich gebe. Es werde nicht für die bloße Möglichkeit des Zusammenlebens ausgezahlt.

Elterngeld und Gehaltsnachzahlung

Eine Nachzahlung erhöht das Elterngeld nur, wenn sie vor der Geburt des Kindes erfolgt

Die Höhe des Elterngeldes wird nach dem Gehalt berechnet und beträgt 67 Prozent des Nettoeinkommens im Jahr vor der Geburt. Eine Lehrerin, angestellt beim Erzbistum Köln, stritt mit dem Arbeitgeber darüber, ob eine Gehaltsnachzahlung dabei berücksichtigt werden muss.

Eine Gehaltserhöhung für die Monate Oktober bis Dezember 2006 war ihr im März 2007 ausgezahlt worden, drei Monate vor der Geburt ihres Sohnes. Der Arbeitgeber und auch das Sozialgericht Köln waren der Ansicht, eine Nachzahlung aus dem vorangegangenen Kalenderjahr erhöhe das Einkommen und damit das Elterngeld nicht.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen korrigierte diese Entscheidung (L 13 EG 25/09). Gehalt, das in den zwölf Monaten vor der Geburt eines Kindes nachgezahlt werde, erhöhe das Elterngeld auch dann, wenn sich die Nachzahlung auf das vorangegangene Kalenderjahr beziehe, urteilte das Landessozialgericht.

Nicht berücksichtigt werden dagegen Gehaltsnachzahlungen, die Eltern erst nach der Geburt des Kindes bekommen. Deshalb wurde die Klage einer Physiotherapeutin abgewiesen: Die Frau hatte einen Teil des ihr zustehenden Lohns (4.766 Euro) in einem arbeitsgerichtlichen Prozess erstritten, allerdings erst nach der Geburt ihres Kindes (Urteil vom 26.8.2009 - L 13 EG 5/09).

Der Betrag wurde daher nicht zum Einkommen gezählt. Der Gesetzgeber habe nur Einkommen berücksichtigen wollen, das den Eltern in den zwölf Monaten vor der Geburt zufließe, so das Gericht, um auf diese Weise die Verwaltung zu vereinfachen. Das sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wellness-Kur in Privatklinik

Steuerberater will Kurkosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen

Im Frühjahr 2003 hatte der Steuerberater in einer teuren Privatklinik eine 19-tägige Kur absolviert: Stärkung des Immunsystems durch diverse Präparate, Sauerstoff-Aktiv-Therapie, Heilfasten, autogenes Training, Wassergymnastik. Nicht alles, was gut tut, wird von der privaten Krankenversicherung bezahlt: Im konkreten Fall blieb der Steuerberater, der rund 6.600 Euro ausgegeben hatte, auf Kosten von 4.395 Euro sitzen.

Diese Summe machte er in seiner Einkommensteuererklärung für 2003 als außergewöhnliche Belastung geltend, die das Finanzamt steuermindernd berücksichtigen sollte. Doch die Finanzbeamten verlangten von ihm ein amtsärztliches Attest, das die medizinische Notwendigkeit der Kur bescheinigt: Als außergewöhnliche Belastung würden nur unvermeidliche Ausgaben anerkannt. Da so ein Attest aber vor dem Kuraufenthalt erstellt werden muss, wurde der Antrag abgelehnt.

Die Klage des Steuerberaters gegen den Steuerbescheid scheiterte beim Finanzgericht Düsseldorf, obwohl er ein Attest "nachschob" (17 K 3411/08 E). Die medizinische Indikation einer Kur sei oft schwer zu beurteilen, so das Finanzgericht. Daher werde ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest nur in Ausnahmefällen akzeptiert. Im Prinzip müsse vor einer Kur feststehen, welche medizinischen Maßnahmen unverzichtbar seien und warum die Behandlung nicht am Wohnort möglich sei. Außerdem sei das nachgereichte Attest nicht aussagekräftig.

Auch das vom Steuerzahler vorgelegte Gutachten der Kurklinik, dass Fettleber, Diabetes und sein Wirbelsäulenleiden behandelt wurden, genüge nicht. Dafür sei keine Kur nötig. Viele der in Rechnung gestellten Leistungen (von Ärzten, Diätberatern, Physiotherapeuten etc.) hätte der Patient auch am Wohnort erhalten können. Sie dienten überwiegend der Erholung oder der körperlichen Ertüchtigung (Qi Gong, Massagen, Ergometertraining).

Das sei sicher gut für die Gesundheit, aber nicht zwingend notwendig, um bestimmte Krankheiten zu heilen oder zu lindern. Von Reiseveranstaltern werde so etwas als Wellnessurlaub angeboten. Die Privatklinik selbst empfehle im Internet allen Menschen über 40 ihre Behandlung zur Stärkung des Immunsystems, zum Beispiel Freizeitgolfern als "Erlebnis-Wochen Gesundheit und Golf".

18-Jähriger ohne Schulabschluss ...

... hat Anspruch auf Unterhalt bis zum qualifizierten Hauptschulabschluss

Der junge Mann, gerade 18 geworden, hatte die Gesamtschule ohne einen Abschluss beendet und besuchte nun eine Berufsfachschule. Hier konnte er auch den qualifizierten Hauptschulabschluss nachholen. Der Schüler lebte bei der Mutter. Bis zu seinem 18. Geburtstag hatte er vom Vater 100 Euro Unterhalt monatlich erhalten.

Als der Junge volljährig geworden war, wollte der Vater gar nichts mehr zahlen. Erstens verdiene er nur wenig, so die Begründung, und zweitens unterliege sein Sohn ja nun nicht mehr der allgemeinen Schulpflicht. Dem widersprach das Oberlandesgericht Naumburg: Der Besuch einer einjährigen Berufsfachschule könne sehr wohl als allgemeine Schulausbildung zu bewerten sein (4 WF 44/08).

Das gelte zumindest dann, wenn ein Schüler - wie hier - noch keinen qualifizierten Abschluss erreicht habe und auf der Berufsfachschule dazu Gelegenheit bekomme. Allein der Umstand, dass der Junge inzwischen volljährig geworden sei, bedeute nicht, dass er nun für sich selbst sorgen könne und keinen Unterhalt mehr benötige.

In so einem Fall gehe die Rechtsprechung davon aus, dass sich das unterhaltsberechtigte Kind bis zum 21. Lebensjahr in der allgemeinen Schulausbildung befinde. Erst nach Abschluss der Berufsfachschule müsse der Sohn seinen Lebensunterhalt selbst verdienen - erst dann entfalle die Unterhaltspflicht des Vaters.

Mutter einer Siebenjährigen muss nur halbtags arbeiten

Hilfe der Großeltern soll ihr und nicht dem Vater zugute kommen

Nach der Scheidung bemühte sich die Frau, die eine siebenjährige Tochter zu betreuen hatte, um einen Job. Die gelernte Buchhändlerin fand eine (Drei-Viertel-)Stelle als Verkäuferin: Sie arbeitete 80 feste Stunden vormittags - was einer halben Stelle entspricht - und 30 flexible Stunden an Abenden und Wochenenden.

Das kleine Mädchen besuchte zuerst bis 14 Uhr den Kindergarten; anschließend die Grundschule, dort wurde es ebenfalls bis 14 Uhr betreut. Ein Antrag der Mutter auf Nachmittags-Betreuung im Hort wurde abgelehnt. Wenn sie abends oder am Wochenende arbeitete, kümmerten sich ihre Eltern um das Kind.

Der Ex-Mann zog vor Gericht, um den Betreuungsunterhalt für die Frau streichen zu lassen: Jetzt sei sie zur Vollzeitarbeit verpflichtet. Das wurde vom Bundesgerichtshof verneint (XII ZR 102/08). Da die Frau ein siebenjähriges Kind betreue, könne man von ihr nicht erwarten, länger als halbtags zu arbeiten.

Trotzdem habe sie zumindest versucht, die Tochter nachmittags unterzubringen. Das sei ihr nicht gelungen, den ablehnenden Bescheid habe sie als Beweis vorgelegt. Wenn die Frau dennoch eine Drei-Viertel-Stelle bewältige - ermöglicht durch ihre Eltern -, tue sie mehr als ihre Pflicht. Das werde beim Unterhaltsanspruch nicht angerechnet.

Wenn die Großeltern in die Bresche sprängen und abends oder am Wochenende das Kind aufnähmen, dann verfolgten sie damit den Zweck, den "Stress" für die Tochter abzumildern und ihr die Gelegenheit zu geben, das Einkommen aufzubessern. Diese freiwillige Leistung der Großeltern solle dann auch der Mutter des Kindes und nicht dem Vater zugute kommen.