Familie & Gesundheit

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Testament muss am Schluss unterschrieben werden

Eine Verfügung nach der Unterschrift kann aber ausnahmsweise wirksam sein

Eine Erblasserin schrieb in ihrem Testament, dass die Angehörigen und Enkel sowie ihr Mann nichts erben sollten. Unter der Unterschrift fügte sie noch hinzu: "Wer zuletzt mich pflegt und sorgt, bekommt das Haus, Schmuck und alles." Beim Streit zwischen Familie und dem Pfleger um den Nachlass stellte sich daher die Frage, ob die letzte Verfügung noch von der Unterschrift gedeckt war.

Das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte das gesamte Testament für wirksam (20 W 394/94). Grundsätzlich müsse zwar die Unterschrift hinter allen testamentarischen Verfügungen stehen. Hier ergebe das Testament aber ohne den Zusatz nach der Unterschrift keinen Sinn. Aus dem davor stehenden Text gehe nicht hervor, wer letztendlich erben solle. Deshalb sei die Ergänzung hier ausnahmsweise gültig.

Auch sei inhaltlich an der Verfügung "Wer zuletzt mich pflegt und sorgt, bekommt das Haus, Schmuck und alles" nichts auszusetzen, da die Erblasserin tatsächlich pflegebedürftig gewesen sei und sich ihren Pfleger selbst ausgesucht habe.

Berufsbetreuerin als Erbschleicherin

Die Notarin für die Erbeinsetzung bestellte die Betreuerin gleich selbst: Testament ist nichtig

Ein 85 Jahre alter Mann erlitt Ende 2004 einen schweren Schlaganfall und war danach nicht mehr in der Lage, den Alltag zu bewältigen. Im April 2005 wurde er aus dem Krankenhaus in eine Pflegeeinrichtung verlegt. Das Amtsgericht Hannover richtete für ihn eine rechtliche Betreuung ein. Eine Berufsbetreuerin sollte die gesundheitlichen und finanziellen Angelegenheiten regeln, da der Senior keine nahen Verwandten hatte.

Die Betreuerin verlor keine Zeit. Sie vermittelte dem Pflegebedürftigen nicht nur einen Begleiter für Spaziergänge und fürs Einkaufen. Sie bestellte auch — ohne Auftrag des Betreuten — eine Notarin, um im Pflegeheim sein Testament aufzuschreiben. Das Vermögen belief sich auf ca. 350.000 Euro. Als Erben setzte die Notarin die Betreuerin und den Begleiter ein. Als das Amtsgericht das Betreuungsverhältnis im Dezember 2005 verlängerte, erwähnte die Betreuerin das Testament nicht.

Der Senior starb im April 2012, danach teilten die Erben das Geld unter sich auf. Hier sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen, vermutete das Amtsgericht, und beauftragte einen Nachlasspfleger, der das Vermögen zurückforderte. Zu Recht, entschieden das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht Celle (6 U 22/20). Denn im Mai 2005 sei der Erblasser nicht mehr "testierfähig" gewesen, wie ärztliche Gutachten und Zeugenaussagen bestätigten.

Das bedeute: Er sei nach dem Schlaganfall nicht mehr imstande gewesen, die Tragweite einer testamentarischen Verfügung zu erkennen, die Lage rational zu beurteilen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zudem habe der pflegebedürftige Senior in dieser Ausnahmesituation nicht mehr selbstbestimmt und unbeeinflusst handeln können. Trotz seines hilflosen Zustands habe die Betreuerin pflichtwidrig keinen Mediziner gefragt, ob der Betreute noch testierfähig sei.

Stattdessen habe sie den Zustand unverfroren zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Kaum sei der Patient im Pflegeheim untergebracht worden, habe die Betreuerin die Notarin geholt. Ohne zwingenden Grund sei sie beim Testamentstermin dabei gewesen. Da der Betreute nicht mehr selbst schreiben konnte, habe die Frau gewusst, dass er das Testament allein nicht mehr würde ändern können. Dem Amtsgericht habe sie die Erbeinsetzung bewusst verschwiegen, damit es den Interessenkonflikt nicht prüfte. Das notarielle Testament sei daher sittenwidrig und nichtig.

Frau blieb nach der Trennung in der Ehewohnung

Nach einem Jahr muss sie den Mietvertrag übernehmen oder der Kündigung zustimmen

Im Herbst 2018 hatte das Ehepaar beschlossen, sich zu trennen. Mit dem gemeinsamen Sohn zog der Ehemann Anfang 2019 aus der Ehewohnung aus und beantragte beim Amtsgericht Frankfurt die Scheidung. Die Ehefrau blieb in der vor Jahren gemeinsam angemieteten 5-Zimmer-Wohnung, die der Ehemann weiterhin finanzierte (1.850 Euro Kaltmiete plus 350 Euro Nebenkosten).

Nach neun Monaten bat er sie erfolglos darum, den Mietvertrag allein zu übernehmen. Anschließend wurde in einem Güterichterverfahren versucht, die Mietfrage einvernehmlich zu lösen. Das gelang jedoch nicht. Daraufhin kündigte der Ehemann im November 2019 das Mietverhältnis und forderte von seiner Frau, der Kündigung zuzustimmen. Zu Recht, wie das Amtsgericht Frankfurt entschied (477 F 23297/20 RI).

Nach der endgültigen Trennung könne in der Regel ein Ehepartner vom anderen verlangen, dass dieser bei der Kündigung der ehemaligen Ehewohnung mitwirke — auch wenn die Ehe noch nicht rechtskräftig geschieden sei. Von einer endgültigen Trennung sei im konkreten Fall auszugehen: Die Beteiligten ständen sich in drei Gerichtsverfahren gegenüber und hätten auch in diesem Prozess massive Konflikte ausgetragen.

Die Ehefrau behaupte, der Ehemann habe ihr versprochen, Trennungsunterhalt in Form der Miete zu zahlen: 2.200 Euro Unterhalt im Monat sei ja wohl das Mindeste … Belege gebe es dafür aber nicht. Der Ehemann bestreite die Vereinbarung und auch die Höhe des Anspruchs, so das Amtsgericht. Die von der Frau angestellten Berechnungen zum Unterhalt beruhten auf Zahlen aus einem Internetauftritt des Ehemannes und widersprächen seinen Auskünften zum Einkommen. Aber das sei im eigentlichen Scheidungsverfahren zu klären.

Hier gehe es nur um das berechtigte Interesse des Mannes, nicht länger finanziellen Belastungen durch das Mietverhältnis ausgesetzt zu sein. Dagegen könne die Ehefrau nun nicht mehr den Grundsatz der ehelichen Solidarität ins Feld führen. Natürlich habe sie nach der Trennung Zeit gebraucht, um sich neu zu orientieren, um ihre Lebensverhältnisse neu zu ordnen und mit dem Ehemann Regelungen zu finden.

Seit dem Auszug des Mannes sei aber bereits mehr als ein Jahr vergangen. Dieser Zeitraum genüge trotz der komplexen finanziellen Verflechtungen der Eheleute. Die Ehefrau habe also ausreichend Zeit gehabt, sich um eine neue Wohnung zu bemühen. Dazu sei sie verpflichtet, da es abgelehnt habe, in den Mietvertrag der Ehewohnung als Alleinmieterin einzusteigen. Warum nicht in der Lage sei, eine andere Wohnung anzumieten — so ihre Behauptung —, sei nicht nachvollziehbar.

Kunsthaarperücke oder Echthaarperücke?

Bei dauerhaftem Haarausfall muss die Krankenkasse echtes Haar finanzieren

Eine Patientin hat schon vor Jahren ihre Kopfhaare komplett verloren und trägt seither Echthaarperücken. Die gesetzliche Krankenversicherung erstattet allerdings nur den Preis für günstigere Kunsthaarperücken, den sie mit ihren Vertragspartnern — Perückenherstellern — ausgehandelt hat. Kunsthaarperücken seien auf den ersten Blick gar nicht von echtem Haar zu unterscheiden, so der Standpunkt der Krankenkasse.

Das leuchtete der kahlköpfigen Versicherten gar nicht ein: Sie zog vor das Sozialgericht Dresden (S 18 KR 304/18). Sachverständig beraten von einem auf Perücken spezialisierten Friseurmeister entschied das Gericht den Streit zu Gunsten der Frau.

Dass Kunsthaarperücken den Verlust des natürlichen Haares optisch gut kaschieren könnten, wie die Krankenkasse behaupte, sei eher zweifelhaft. Doch das könne hier sogar offenbleiben. Denn im konkreten Fall sei es auf lange Sicht gesehen einfach auch kostengünstiger, Echthaarperücken zu finanzieren, entschied das Sozialgericht.

Anders sei das wohl zu beurteilen, wenn bei Patientinnen — z.B. wegen einer Chemotherapie — vorübergehend die Haare ausfallen. Bei dauerhafter Kahlköpfigkeit aber lohne es sich, den höheren Preis von Echthaarperücken in Kauf zu nehmen. Denn sie halten doppelt so lange, bevor sie unansehnlich werden und ausgetauscht werden müssen. Deshalb müsse die Krankenkasse die Kosten der Echthaarperücken erstatten.

"Dr. X Medizinisches Versorgungszentrum"

Nennt sich ein Versorgungszentrum "Dr. X", muss dort auch ein Arzt mit Doktortitel arbeiten

Eine GmbH betreibt in Deutschland mehrere zahnärztliche Versorgungszentren. Die Firma nannte sich "Dr. X" und auch die Versorgungszentren führten den Namen "Dr. X Medizinisches Versorgungszentrum", kombiniert mit dem Namen des jeweiligen Standorts. In einem dieser Zentren arbeitete 2016 und 2017 über Monate kein einziger Zahnarzt mit Doktortitel.

Der zahnärztliche Bezirksverband zog vor Gericht und verlangte Unterlassung: Solange das lokale Unternehmen keinen promovierten Zahnarzt beschäftige, dürfe es den Titel auch nicht im Namen führen. Der Bundesgerichtshof gab dem Verband Recht: Der Name täusche die Verbraucher bzw. Patienten, wenn nicht einmal der medizinische Leiter des Versorgungszentrums einen Doktortitel innehabe (I ZR 126/19).

Ein akademischer Titel stehe für eine besondere wissenschaftliche Qualifikation, von der sich die Patienten einen individuellen Vorteil versprächen. Promovierten Ärzten trauten Patienten besondere intellektuelle Fähigkeiten zu und vertrauten zudem auf deren guten Ruf und Zuverlässigkeit.

Verbraucher sähen in dem Namen "Dr. X" keineswegs eine Fantasiebezeichnung. Vielmehr verständen sie ihn als Kürzel für einen Unternehmensinhaber. Die GmbH müsse zumindest der Unternehmensbezeichnung einen klärenden Hinweis hinzufügen, um bei potenziellen Patienten einschlägige Irrtümer auszuschließen.

Krankengeld wird auf Elterngeld angerechnet

Bezieht eine erkrankte teilzeitbeschäftigte Mutter Krankengeld, reduziert das ihr "ElterngeldPlus"

Im Juli 2015 hatte eine Arbeitnehmerin einen Sohn zur Welt gebracht. Nach dem Mutterschutz setzte sie ihre Berufstätigkeit in Teilzeit fort und beantragte ElterngeldPlus.

Hintergrund: ElterngeldPlus fördert Eltern, die ihr Kind gemeinsam erziehen, aber in der Elternzeit beruflich nicht komplett pausieren wollen. Das Basiselterngeld wird bis zu 14 Monate gezahlt (65% des Nettoeinkommens vor der Geburt, maximal 1.800 Euro). Teilzeitbeschäftigte Eltern erhalten mit ElterngeldPlus nur die Hälfte des ihnen zustehenden Basiselterngelds, das aber doppelt so lange, also maximal 28 Monate.

Neun Monate nach der Geburt des Kindes erkrankte die Arbeitnehmerin und bezog statt Gehalt drei Monate lang Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung. Die für das Elterngeld zuständige Behörde des Bundeslandes rechnete das Krankengeld in vollem Umfang auf das ElterngeldPlus an: Die junge Mutter erhielt in dieser Zeit nur den gesetzlichen Mindestbetrag von 150 Euro im Monat.

Gegen die Kürzung wehrte sich die Arbeitnehmerin, ihre Klage blieb jedoch in allen Instanzen bis hin zum Bundessozialgericht erfolglos (B 10 EG 3/20 R). Wenn Eltern andere Leistungen des Staates oder der Sozialversicherung beziehen, würden diese vollständig auf das Elterngeld angerechnet.

Das gelte auch für Krankengeld, gleichgültig, ob die Eltern während der Elternzeit Basiselterngeld oder ElterngeldPlus bekämen. Der Verzicht auf eine Anrechnung von Krankengeld wäre eine zusätzliche Förderung, die das Bundeselterngeldgesetz nicht vorsehe.

Sorgerechtsstreit über Impfung

Entscheiden darf darüber der Elternteil, der sich an die Empfehlungen der "STIKO" hält

Getrenntlebende Eltern, die das elterliche Sorgerecht für ihr Kleinkind gemeinsam ausüben, stritten darüber, ob es gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) geimpft werden sollte. Die Mutter war dafür. Doch der Vater verlangte, es müsste erst einmal gerichtlich überprüft werden, ob das Kind dafür gesund genug sei. Daraufhin beantragte die Mutter beim Familiengericht, man möge ihr die Entscheidung über die Standard-Schutzimpfungen für Kinder übertragen.

Diese Lösung entspreche dem Wohl des Kindes am besten, fand das Familiengericht. Der Protest des Vaters wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zurückgewiesen (6 UF 3/21). Bei Uneinigkeit in der Impffrage werde die Entscheidungsbefugnis regelmäßig auf den Elternteil übertragen, der sich nach den fachlichen Empfehlungen der STIKO richte, erklärte das OLG.

Im konkreten Fall gebe es keinen Grund, ein medizinisches Sachverständigengutachten zur allgemeinen Impffähigkeit des Kindes einzuholen. Die STIKO wäge bei jedem Impfstoff genau ab zwischen den Risiken einer Impfung und den Risiken, die durch ihr Unterlassen entständen. Ihren Empfehlungen entsprechend prüfe zudem jeder Kinderarzt vor dem Impfen den aktuellen Gesundheitszustand des Impflings und berücksichtige dabei selbstverständlich eventuelle Symptome, die gegen eine Impfung sprächen.

Getrenntes Ehepaar streitet um Kfz-Brief

Ehemann muss ihn nicht übergeben: Fahren kann die Frau mit dem Familienauto auch ohne Kfz-Brief

Ein Ehepaar hatte sich getrennt und ein gerichtliches Verfahren zur Aufteilung der Haushaltsgegenstände eingeleitet. Wem der gemeinsam genutzte VW-Bus gehörte, war umstritten. Jedenfalls hatte der Ehemann der Ehefrau einstweilen das Familienauto "zum Gebrauch überlassen", wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) heißt.

Zusätzlich verlangte sie von ihm den Kfz-Brief (jetzt: Zulassungsbescheinigung Teil II). Den herauszugeben, lehnte der Ehemann jedoch ab. Nun sollte die Justiz den Konflikt lösen. Das Amtsgericht war der Ansicht, die Ehefrau sei die Eigentümerin des Fahrzeugs. Daher stehe ihr auch der Kfz-Brief zu.

Doch das Oberlandesgericht Brandenburg gab dem Ehemann Recht (13 UF 114/20). Die Ehefrau sei auf ein Fahrzeug angewiesen, aber nicht auf den Kfz-Brief. Um mit dem VW-Bus zu fahren, benötige sie nur den Kfz-Schein (jetzt: Zulassungsbescheinigung Teil I). Nutzen könne sie also das Familienauto ohnehin.

Unabhängig von der Eigentumsfrage habe ein getrenntlebender Ehepartner gegen den anderen Partner Anspruch auf die Herausgabe von Haushaltsgegenständen, wenn er/sie diesen Gegenstand benötige, um einen eigenen Haushalt zu führen (§ 1361a BGB). Die Eigentumsverhältnisse würden dadurch nicht verändert. Wieso ein Kfz-Brief erforderlich sein sollte, um einen eigenständigen Haushalt zu führen, sei nicht ersichtlich.

Impfschaden eines Soldaten?

Die bloße Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs begründet keinen Anspruch auf Entschädigung

2010 war der damals 22 Jahre alte Soldat vor einem Auslandseinsatz gegen Gelbfieber geimpft worden. In den folgenden Monaten klagte er über Schwindelanfälle, Sprachprobleme, unsicheren Gang und verlangsamte Augenbewegungen. Der Truppenarzt erklärte es für möglich, dass die neurologischen Ausfälle mit der Impfung zusammenhingen. Daraufhin forderte der Soldat Entschädigung von der Bundeswehr.

Doch der Dienstherr sah sich nicht in der Pflicht: Mittlerweile sei bei dem Mann eine Gehirnentzündung (Rhombenzephalitis) festgestellt worden. Es gebe diverse Anhaltspunkte dafür, dass er bereits vor der Gelbfieber-Impfung daran erkrankt sei.

Wenn früher gelegentlich Sprachstörungen oder verzögerte Blickbewegungen auftraten, habe das nur an Überarbeitung gelegen, konterte der Soldat. Jetzt leide er an den Folgen eines berufsbedingten Impfschadens, für den ihn der Dienstherr gemäß Infektionsschutzgesetz entschädigen müsse.

Dass die Impfung die neurologische Erkrankung verursacht habe, stehe nicht mit Gewissheit fest, urteilte das sachverständig beratene Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen: Es wies deshalb die Klage auf Entschädigung ab (L 10 VE 11/16). Die bloße Möglichkeit, dass der Impfstoff den Soldaten geschädigt habe, reiche für einen Rechtsanspruch auf Entschädigung nicht aus. Einen Impfschaden müsse man nach gesicherten Ergebnissen der medizinischen Forschung beurteilen.

Die genaue Ursache der Rhombenzephalitis sei wissenschaftlich noch nicht erforscht, was auch auf andere neurologische Erkrankungen zutreffe. Fest stehe dagegen: Der verwendete Impfstoff sei über 600 Millionen Mal verimpft worden — dennoch gebe es in medizinischen Schriften keine Hinweise darauf, dass als Folge neurologische Ausfälle auftraten. Das sei den Arbeitsergebnissen der Ständigen Impfkommission und der weltweiten Forschung zu Impfschäden zu entnehmen.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit gebe es also für die Gehirnentzündung des Soldaten andere Gründe, zumal er bereits vor der Gelbfieber-Impfung erste Symptome der Krankheit gezeigt habe. Alle befragten Sachverständigen hätten es ausgeschlossen, dass Überarbeitung der Grund für diese Symptome gewesen sein könnte.

Weisheitszahn gezogen, Nerv verletzt

Patient wirft der Zahnärztin Behandlungsfehler und unzureichende Aufklärung vor

Vor einigen Jahren hatte sich der Patient von seiner Zahnärztin schon einmal einen Weisheitszahn im Unterkiefer ziehen lassen, da war alles gutgegangen. Beim zweiten Eingriff wurde der Trigeminusnerv (Nervus lingualis) geschädigt, mit schmerzhaften Folgen. Seither kämpft der Patient um Entschädigung: Der Zahnärztin warf er Behandlungsfehler vor. Außerdem habe sie ihn vor dem Eingriff unzureichend aufgeklärt.

Die Zahlungsklage des Patienten scheiterte beim Oberlandesgericht (OLG) Dresden (4 U 1775/20). Gestützt auf Sachverständigengutachten habe schon das Landgericht zu Recht einen Behandlungsfehler verneint, stellte das OLG fest. Die Operation sei gemäß medizinischen Standards erfolgt. Auch bei größter Vorsicht könne beim Ziehen eines unteren Weisheitszahnes der Nervus lingualis geschädigt werden. Das sei ein typisches Risiko dieses Eingriffs.

Auch den Vorwurf unzulänglicher Aufklärung über das Behandlungsrisiko wies das OLG zurück. Die erfahrene Zahnärztin habe den Patienten laut Aufklärungsbogen auf die Gefahr von Nervschädigungen hingewiesen, die eventuell auch dauerhaft ausfallen könnten. Die Höhe dieses Risikos müssten Ärzte nicht mit genauen Prozentzahlen beziffern. Ein allgemeiner Hinweis auf mögliche Folgen der Operation reiche aus (Nervschädigungen, Gefühls- und Geschmacksstörungen).

Die Zahnärztin habe den Patienten auch nicht über die Möglichkeit informieren müssen, den Eingriff in einer kieferchirurgischen Praxis durchführen zu lassen. Es gehöre zum Behandlungsstandard einer Zahnarztpraxis, Weisheitszähne im Unterkiefer zu entfernen. Chancen und Risiken des Eingriffs seien identisch mit denen in einer kieferchirurgischen Praxis. Von einer echten Behandlungsalternative könne daher keine Rede sein. Über alternative Behandlungsmöglichkeiten müssten Mediziner ihre Patienten nur informieren, wenn es medizinisch gleichwertige Alternativen gebe, die jeweils mit unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen verbunden seien.

Die Behauptung des Patienten, bei korrekter Aufklärung hätte er sich von einem Kieferchirurgen behandeln lassen, sei unglaubwürdig. Zum einen sei er bis dahin von der Zahnärztin immer mit Erfolg behandelt worden. Zum anderen hätte ein Arztwechsel das Risiko dieses Eingriffs in keiner Weise verringert. (Beschlüsse des OLG Dresden vom 21.12.2020 und vom 28.1.2021)

Geschiedene Frau will Ehewohnung nicht räumen

Nur im Jahr nach der Scheidung kann sie verlangen, dass der Mann ihr seine Eigentumswohnung überlässt

Während der Ehe hatte das Paar in der Eigentumswohnung des Ehemannes zusammengelebt. Als sich das Paar 2014 trennte, zog er aus und überließ ihr die Wohnung. Auch nach der Scheidung im Dezember 2015 nutzte die Frau seine Wohnung allein, zahlte dafür weder Miete noch Nebenkosten. Im selben Haus besaß sie zwar auch eine Wohnung, die sie aber 2016 einem Sohn übertrug.

Zunächst forderte der Mann von seiner Ex-Frau, für die frühere Ehewohnung zumindest Nutzungsentschädigung zu zahlen. Später verlangte er — ebenso erfolglos — von ihr, die Wohnung zu räumen.

Zu Recht, urteilte der Bundesgerichtshof (XII ZB 243/20). Grundsätzlich könne bei einer Scheidung der Partner, der mehr auf die Ehewohnung angewiesen sei, vom anderen Partner verlangen, ihm die Wohnung zu überlassen (§ 1568a Bürgerliches Gesetzbuch). Das gelte aber nur zeitlich begrenzt, nämlich für ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung.

Dass in solchen Fällen Nutzungsverhältnisse ohne Mietvertrag entstehen, habe der Gesetzgeber möglichst vermeiden wollen. Deshalb habe er im Interesse der Rechtsklarheit vorgesehen, dass ein Überlassungsverhältnis im Regelfall spätestens ein Jahr nach der Scheidung (miet-)vertraglich abgesichert werden sollte — auch und gerade dann, wenn der zur Überlassung verpflichtete Partner (Allein-)Eigentümer der Ehewohnung sei.

Der Anspruch auf Überlassung greife in dessen Eigentumsrecht ein. Zeitlich beschränkt auf ein Jahr, sei dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt, weil die Ehewohnung der Lebensmittelpunkt der Familie sei. Im konkreten Fall sei die Jahresfrist seit mehr als vier Jahren abgelaufen. Die geschiedene Frau habe mit dem Ex-Mann und Eigentümer weder einen Mietvertrag abgeschlossen, noch stehe ihr aufgrund anderer Vereinbarungen der Besitz an der Wohnung zu. Sie müsse die Wohnung daher räumen und herausgeben.

Mieterin entdeckt Geld in der Wand

Hat ein verstorbener Vormieter Bargeld versteckt, handelt es sich nicht um eine herrenlose Fundsache

Die Münchnerin war gerade in die Mietwohnung eingezogen und hatte einen Elektriker bestellt, um einige Installationen zu überprüfen. Darunter auch eine defekte Steckdose. Handwerker und Mieterin schraubten gemeinsam die Schutzvorrichtung ab. In einem Hohlraum in der Wand, verdeckt durch die Steckdose, entdeckten sie Bargeld: fast 80.000 Euro in Euronoten und Dollarnoten.

Mit dem Elektriker brachte die Frau das Geld zur Polizei, die es später dem städtischen Fundbüro übergab. Ein Fundbüro-Mitarbeiter forschte nach und kam zu dem Schluss, der Betrag gehöre wohl zum Nachlass des — 2010 in der Wohnung verstorbenen — Vormieters T. Für dessen Nachlass habe das Amtsgericht seinerzeit eine Nachlasspflegerin bestellt, die immer noch ermittle, welche Verwandte als Erben in Frage kommen könnten. Das Fundbüro übergab das Bargeld der Nachlasspflegerin.

Wer die Banknoten im Hohlraum versteckt habe, stehe überhaupt nicht fest, fand dagegen die Mieterin. Man habe die ehemaligen Mieter nicht alle ausfindig machen können. Daher stehe ihr das gefundene Geld zu: Der Finder erwerbe das Eigentum an der Fundsache, wenn sich der Eigentümer nicht innerhalb der nächsten sechs Monate melde. Die 6-Monats-Frist beginne mit der Anzeige der Fundsache bei den Behörden zu laufen.

Doch die Nachlasspflegerin wies die Forderung der Mieterin zurück: Sie war sicher, dass der 2010 verstorbene Vormieter die Banknoten in der Wand aufbewahrt hatte. Nach seinem Tod hätten die Angehörigen vergeblich die Wohnung durchsucht. Auch das Fundbüro sei wegen passender Datumsangaben auf dem Packpapier davon ausgegangen, dass Herr T der Eigentümer gewesen sei. Seinen Erben stehe daher der Betrag zu.

So sah es auch das Amtsgericht München, also ging die Mieterin leer aus (111 C 21915/19). Die Mieterin habe die Banknoten zwar gefunden. Sie seien aber keine herrenlose Sache, die in das Eigentum der Finderin übergehen könnte. Vormieter T habe sein Eigentum daran nicht aufgegeben. Das Geld sei versteckt worden und nicht verloren gegangen. Demnach gehe das Eigentum an dem Barvermögen auf den oder die Erben von T über.

Die Mieterin habe keine plausiblen Argumente dafür vorgetragen, warum das Geld nicht von T stammte. Sie habe auch keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, welcher andere Vormieter die Banknoten versteckt haben könnte.

Beziehungs-Aus: Streit um die Katzen

Bekam einer der Partner beide Tiere geschenkt, sind sie sein Eigentum

Von einem Bekannten, der sich aus beruflichen Gründen nicht mehr um seine zwei Hauskatzen kümmern konnte, bekam Herr X die Tiere geschenkt. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin holte er die Katzen im Sommer 2016 ab. Die Unterhaltskosten — Ausgaben für den Tierarzt inklusive — übernahm überwiegend die Frau, die Impfpässe wurden auf beide Partner ausgestellt.

Zwei Jahre später trennte sich das Paar. Herr X zog provisorisch zu Bekannten, während er noch eine Wohnung suchte. Deshalb ließ er einige Sachen in der Wohnung der Ex-Freundin. Mit ihr vereinbarte er auch, dass die Katzen noch eine Weile bleiben könnten. Schließlich fand Herr X eine Wohnung und holte seine Sachen ab. Nun wollte die Frau aber die Katzen nicht mehr hergeben.

Daraufhin zog der Mann vor Gericht und verlangte die Tiere zurück: Sie gehörten ihm, denn der Voreigentümer habe sie ihm allein geschenkt. So beurteilte auch das Landgericht Koblenz den Konflikt (13 S 41/20). Die Ex-Partnerin müsse die Katzen, ihre Impfpässe und den Kratzbaum herausgeben. Der ehemalige Tierhalter habe bestätigt, dass er nicht dem Paar, sondern allein Herrn X die Tiere versprochen und geschenkt habe. X sei daher Alleineigentümer.

Dass sich die Ex-Partnerin in der früher gemeinsam genutzten Wohnung um die Tiere gekümmert und Geld für deren alltäglichen Unterhalt ausgegeben habe, begründe kein Miteigentum. Auch die Tatsache, dass ihr Name in den Impfpässen eingetragen sei, stelle keinen Eigentumsnachweis dar.

Kind vom Pferd getreten

Die Tierhalterin haftet nicht für den Unfall: Bei einem Reitturnier dürfen Eltern ein Kleinkind nicht aus den Augen lassen

An Pfingsten veranstaltete ein Reitverein ein Turnier, das jedermann ohne Eintrittsgeld besuchen konnte. Auf dem weitläufigen Wiesengelände wurden landwirtschaftliche Maschinen ausgestellt, dahinter parkten die Pferdetransporter und Pferdeanhänger der Turnierteilnehmer. Ein Ehepaar besuchte mit seinem knapp drei Jahre alten Kind das Reitturnier. Zwischen Springplatz und Reithalle trafen die Eltern Verwandte und Bekannte. Sie setzten sich an einen Biertisch, um sich zu unterhalten.

Währenddessen schlenderte das Kleinkind unbemerkt zu den Pferdetransportern. Die Tiere standen nach den Wettkämpfen wieder in den Anhängern, deren Rampen und Luken wegen der Hitze an diesem Tag geöffnet waren. Das Kind fütterte zunächst von außen ein Pferd. Dann kletterte es in den Anhänger, wo es vom Huf eines Pferdes am Kopf getroffen wurde. Seither streiten die Eltern mit der Pferdebesitzerin, deren Tierhalter-Haftpflichtversicherung und mit dem Turnierveranstalter darüber, wer für die Behandlungskosten aufkommen muss.

Während das Oberlandesgericht Karlsruhe den Eltern nur ein Mitverschulden von einem Drittel zur Last gelegt hatte, entschied der Bundesgerichtshof, sie müssten für die Folgen des Pferdetritts allein geradestehen (VI ZR 210/18). Da sie Risiken noch nicht erkennen könnten, müssten Kleinkinder lückenlos beaufsichtigt werden. Das gelte erst recht bei einem Turnier, wo der Kontakt zu Pferden zu gefährlichen Situationen führen könne.

Auf dieser Veranstaltung hätten die Eltern das Kleinkind nicht aus den Augen lassen dürfen. Dass es sich unbemerkt entfernen konnte, belege, wie krass die Eltern ihre Aufsichtspflicht vernachlässigten. Der Pferdehalterin und dem Reitverein sei dagegen nicht vorzuwerfen, beim Turnier Sicherungsmaßnahmen versäumt zu haben. Teilnehmer und Veranstalter müssten nicht damit rechnen, dass ein dreijähriges Kind unbeaufsichtigt in einen Pferdeanhänger steige.

Sie hätten sich vielmehr darauf verlassen dürfen, dass Besucher mit Kindern ihre Aufsichtspflicht wahrnehmen und dafür sorgen, dass sich die Kinder nicht den Pferden näherten. Die Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters und der Tierhalter werde durch die Aufsichtspflicht der Eltern "sozusagen neutralisiert". Eltern müssten kleine Kinder auf einem Reitturnier so genau beobachten, dass sie die Kleinen gegebenenfalls sofort "an der Hand nehmen" könnten.

Erbschaftssteuer fürs Eigenheim

Die Befreiung von der Erbschaftssteuer entfällt, wenn die Immobilie innerhalb von zehn Jahren verkauft wird

Das Ehepaar hatte lange im eigenen Haus gewohnt, jedem Partner gehörte eine Hälfte der Immobilie. Als der Ehemann 2017 starb, erbte die Ehefrau dessen Hausanteil. Für ein Eigenheim fällt keine Erbschaftssteuer an, wenn es der Erbe weiterhin selbst bewohnt. Wird die Immobilie innerhalb von zehn Jahren verkauft, entfällt jedoch die Steuerbefreiung.

Im konkreten Fall verkaufte die Witwe das Einfamilienhaus Ende 2018 und zog in eine Eigentumswohnung um. Daraufhin änderte das Finanzamt den Erbschaftssteuerbescheid und verlangte nachträglich Erbschaftssteuer für die geerbte Haushälfte.

Dagegen wehrte sich die Frau: Sie habe das Eigenheim nicht mehr selbst nutzen können, weil sie nach dem Tod ihres Mannes unter Depressionen und Angstzuständen gelitten habe. Schließlich sei er im Haus gestorben, das habe sie sehr mitgenommen. Deshalb habe ihr Arzt dringend zu einem Umzug geraten.

Bei einem Verkauf des Familienheims entfalle die Steuerbefreiung nur dann nicht, wenn für den Verkauf zwingende Gründe vorlägen, erklärte das Finanzgericht Münster (3 K 420/20). Und das treffe laut Gesetz nur zu, wenn es dem Erben absolut unmöglich sei — z.B. wegen Pflegebedürftigkeit — im Eigenheim selbständig einen Haushalt zu führen.

Das Finanzgericht räumte ein, der Tod des Ehemannes im Haus und die dadurch ausgelöste Depression hätten die Frau gewiss sehr belastet. Im rechtlichen Sinn stelle das trotzdem keinen "zwingenden Grund" dar, die eigene Immobilie aufzugeben und umzuziehen. Die Ausnahmeklausel im Gesetz werde so streng ausgelegt, weil die Steuerbefreiung für Familienheime die Grundeigentümer - verglichen mit "Inhabern anderer Vermögenswerte" - ohnehin bevorzuge.

Einmal gilt österreichisches, dann wieder deutsches Recht

Ein etwas verwunderliches Urteil des Finanzgerichts Münster

In Österreich muss der Vater seiner verheirateten Tochter eine Aussteuer zahlen. Daher verklagte eine Österreicherin, die zusammen mit ihrem Ehemann in ihrer Heimat wohnt, ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Vater vor einem deutschen Gericht. Mit Erfolg. In derartigen Fällen müssen nämlich unsere Gerichte nach ausländischem Recht entscheiden.

Als Trost versuchte der Vater, die Kosten der Aussteuer wenigstens als außergewöhnliche Belastung anerkennen zu lassen. Das Finanzamt winkte jedoch ab und wurde dabei vom Finanzgericht Münster unterstützt (13 K 3510/92 E). Die Aufwendungen steuermindernd zu berücksichtigen, komme nur in Frage, wenn sich der Betroffene aus rechtlichen oder sittlichen Gründen der Belastung nicht entziehen könne. Das richte sich aber wiederum nach der deutschen Rechtsordnung, die keine Aussteuer vorsehe. Daher gebe es keinen Steuerabzug für die Aussteuer.

Gesetzliche Krankenkasse zahlt nicht für Heilpraktikerin

Pflicht zur Kostenübernahme besteht nur für ärztliche Behandlungen

Nach einer Nierentransplantation 2005 kam ein gesetzlich krankenversicherter Mann nicht mehr richtig auf die Beine. Er leidet an zahlreichen Erkrankungen wie Asthma und einem chronischen Erschöpfungssyndrom. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung erkannte ihm Pflegegrad I zu. 2018 wollte sich der Versicherte in einem Naturheilzentrum behandeln lassen und beantragte bei der Krankenkasse die Kostenübernahme.

Er leide an einem sehr schweren Erschöpfungssyndrom, erklärte er, das sei bedrohlich. Kassenärzte, die eine adäquate Behandlung durchführten, gebe es nicht. Privatärzte, die er vorgeschlagen habe, habe die Krankenkasse abgelehnt. Das "Zentrum" sei zwar eine Naturheilpraxis, doch Diagnostik und Therapie orientierten sich an wissenschaftlichen Kriterien.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab: Heilpraktiker seien nicht berechtigt, ihre Leistungen über die gesetzliche Krankenversicherung abzurechnen. Sie könne daher die Behandlungskosten nicht übernehmen. Ohne Erfolg klagte der Versicherte auf Kostenersatz: Für die Behandlung einer Heilpraktikerin müsse er selbst zahlen, entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 4 KR 470/19).

Die Krankenkasse habe dem Patienten lediglich mitgeteilt, was das Sozialgesetzbuch zwingend vorschreibe: Nur Ärzte dürften gesetzlich Versicherte behandeln. Nicht-ärztliche Heilbehandler dürften sie nicht selbständig behandeln, allenfalls auf ärztliche Anordnung (wie z.B. Physiotherapie auf ärztliches Rezept). Die Approbation, also die Zulassung als Arzt, sei als berufliche Mindestqualifikation vorgeschrieben.

Unstreitig führe im genannten Naturheilzentrum eine Heilpraktikerin die Behandlung durch, auch wenn der Versicherte dies als "klassische Behandlung" bezeichne. Jedenfalls behandle dort kein approbierter Arzt. Auch wenn schulmedizinische Maßnahmen bisher angeblich erfolglos waren: Versicherte hätten keinen Anspruch darauf, dass Behandler in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden, die laut Sozialgesetzbuch davon ausgeschlossen seien.

Prämien für Facebook-Likes

Werbemethoden einer Apotheke als wettbewerbswidrig verboten

Wegen einer Klage der Wettbewerbszentrale prüfte das Landgericht Bonn die Werbemethoden einer Bonner Apotheke. Die Apotheken-Inhaberin belohnte Likes auf ihrem Facebook-Account: Wer im sozialen Netzwerk mit einem Like sein Gefallen an der Apotheke kundtat, erhielt "zwei Schlosstaler", die er in der Apotheke gegen Prämien eintauschen konnte. Die Wettbewerbshüter hielten dieses Vorgehen für unlauteren Wettbewerb.

Das Landgericht Bonn gab ihnen Recht und untersagte das Prämienangebot als wettbewerbswidrig (14 O 82/19). Prämien stellten eine Art Entlohnung dar. Also handle es sich hier um Reklame mit Empfehlungen, für die die Apothekerin einen finanziellen Anreiz setze. Die Likes auf Facebook erweckten aber den Anschein objektiver Bewertung durch die Kunden.

Äußerungen (vermeintlich) neutraler Dritter wirkten in der Werbung immer objektiver als Eigenwerbung und erweckten mehr Vertrauen. Verbraucher sähen die Zahl der Likes als Zeichen für Kundenzufriedenheit an. Daher sei diese Art von Werbung irreführend, wenn das Belohnungssystem im sozialen Netzwerk nicht offengelegt werde.

Unzulässig sei es auch, dass die Inhaberin ihre Apotheke auf der Webseite als "exklusive Notfall-Apotheke" bezeichne. Auch wenn die Apotheke tatsächlich länger geöffnet habe: Wenn die Apothekerin am Notdienst teilnehme, sei das kein besonderes Angebot. Denn in der Stadt beteiligten sich alle Apotheken am Notdienst. Daher dürfe die Apothekerin nicht den Eindruck erwecken, sie biete damit eine ganz besondere Dienstleistung.

Krankenschein ade

Gesetzlich Krankenversicherte müssen die elektronische Gesundheitskarte verwenden

Lange hat es gedauert, nun ist die elektronische Gesundheitskarte (eGK) da. Viele Versicherte begegnen dieser Neuerung allerdings mit Misstrauen. Zwei gesetzlich Krankenversicherte klagten sogar, um sie nicht benutzen zu müssen. Begründung: Die Karten selbst und die damit verknüpfte Technik zeigten massive Sicherheitsmängel. Sensible Gesundheitsdaten würden unzureichend gegen den Zugriff Unbefugter geschützt, so ihr Einwand. Die zwei Kläger wollten weiterhin einen Krankenschein verwenden.

Die eGK enthält ein Foto des/der Versicherten und einen Chip, auf dem Daten gespeichert sind (Name, Anschrift, Geschlecht, Krankenversicherungsnummer etc.). Bei Besuchen in einer Arztpraxis können die Daten online mit den Daten der Krankenkasse abgeglichen, eventuell aktualisiert werden. Mit der eGK als "Schlüssel" können sich Versicherte auch identifizieren, um ihre elektronische Patientenakte einzusehen.

Das Bundessozialgericht wies die Klagen gegen die eGK ab (B 1 KR 7/20 R; B 1 KR 15/20 R). Gesetzlich Versicherte könnten von ihren Krankenkassen keinen Krankenschein mehr verlangen. Künftig müssten sie in Arztpraxen und Kliniken mit der eGK nachweisen, dass sie berechtigt seien, Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Der Gesetzgeber wolle mit dieser Verpflichtung den Missbrauch von Sozialleistungen verhindern und Ärzten die Abrechnung von Leistungen erleichtern. Beides seien legitime Ziele.

Zudem entspreche die Gestaltung der eGK der Europäischen Datenschutzgrundverordnung. Die Verarbeitung personenbezogener Daten werde auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt, Datensicherheit sei gewährleistet. Dass der Einsatz der eGK zwingend vorgeschrieben werde, sei daher kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Patientenrechte. Und einige Anwendungsmöglichkeiten, wie z.B. das Anlegen einer elektronischen Patientenakte, blieben ohnehin freiwillig.

Diabetes-Patientin am Fuß operiert

War die Aufklärung des Chirurgen über eine konservative Behandlungsalternative unzulänglich?

Schon seit 2006 war die Diabetikerin in der darauf spezialisierten Abteilung einer Klinik ambulant behandelt worden — auch wegen schlecht heilender Geschwüre am Fuß, wie sie bei zuckerkranken Patienten häufig vorkommen ("diabetisches Fußsyndrom"). Auf Empfehlung des Dr. C wurde im Sommer 2013 ein Geschwür an der Ferse operiert.

Anschließend verlangte die Patientin Schadenersatz vom Klinikträger: Sie sei über die Alternative einer konservativen Behandlung und über die besonderen Operationsrisiken bei Diabetes nur unzureichend aufgeklärt worden. Das Landgericht Dresden wies die Klage der Patientin ab, das Oberlandesgericht (OLG) Dresden bestätigte das Urteil (4 U 905/20).

Der von ihr unterschriebene Aufklärungsbogen belege, dass sie vor dem Eingriff von Dr. C mündlich ordnungsgemäß informiert worden sei, so das OLG. Die Spalte mit den Risiken fülle der Mediziner immer gemeinsam mit den Patienten aus. Nach seinen handschriftlichen Einträgen habe Dr. C die Patientin über Infektionsrisiken, über die Möglichkeit einer Wundheilungsstörung und weiterer Operationen unterrichtet.

Das genüge den Anforderungen, zumal die Patientin nach mehreren Operationen und jahrelanger ambulanter Behandlung über ihre Diabeteserkrankung gut informiert gewesen sei.

Über die Option einer konservativen Behandlung müssten Mediziner nur dann umfassend aufklären, wenn sie eine gleichwertige Alternative zur Operation darstelle. Dann bestehe für den Patienten eine echte Wahlmöglichkeit. Das sei jedoch nicht der Fall, wenn, wie hier, bei konservativer Behandlung das Risiko steige, dass der Fuß amputiert werden müsse.