Familie & Gesundheit

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Erbengemeinschaft verkauft Haus an den Enkel

Verkauft es der Enkel weiter und missachtet das Wohnrecht der Großmutter, schuldet er ihr Schadenersatz

Als ein alter Herr gestorben war, erbten seine Frau und die zwei Töchter das Einfamilienhaus und etwas Vermögen. Im Haus wollte die Witwe auf jeden Fall wohnen bleiben. Unter dieser Bedingung einigte sich die 75-Jährige mit den Töchtern und ihrem Enkel darauf, die Immobilie dem Enkel zu verkaufen. Auf diese Vereinbarung verließ sich die Großmutter und verzichtete darauf, ihr Wohnrecht ins Grundbuch eintragen zu lassen.

Doch nach etwa eineinhalb Jahren erklärte der Enkel, er kündige nun das "unentgeltliche Nutzungsverhältnis" mit der Oma. Das Haus verkaufte er an ein junges Paar und verlangte dafür mehr als das Doppelte des Betrags, den er selbst gezahlt hatte. Doch die Oma ließ sich das nicht bieten. Sie zog vor Gericht und pochte auf ihr lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht.

Beim Oberlandesgericht Oldenburg erreichte die Großmutter immerhin eine Entschädigung (8 U 174/22). Der Enkel habe nicht beweisen können, dass ein Kündigungsrecht vereinbart worden war, im Gegenteil: Alle anderen Beteiligten hätten bestätigt, dass die Erbengemeinschaft einvernehmlich beschlossen habe, der Enkel könne die Immobilie erwerben — wenn er der Oma lebenslanges Wohnrecht einräume.

Das stehe ihr also zu. Da sie diesen Anspruch nicht ins Grundbuch habe eintragen lassen, könne ihn die Seniorin gegenüber den neuen Eigentümern aber nicht geltend machen. Sie könne jedoch von ihrem Enkel Schadenersatz verlangen für die Umzugskosten und für die Miete, die sie nun zahlen müsse.

Senior holte sich Ehefrau von den Philippinen

Sie verschwieg dem Mann ihre zwei Kinder: Grund genug für eine Aufhebung der Ehe?

Ein 75 Jahre alter Deutscher suchte im Frühjahr 2017 im Internet nach einer Ehefrau aus dem "asiatischen Raum" und nahm im Mai mit einer Interessentin von den Philippinen per Video Kontakt auf. Die Dame hatte zwei Kinder — eines noch minderjährig —, die bei ihr lebten. Davon erzählte sie dem vermögenden Senior allerdings nichts. In Hongkong wurde 15 Monate später ohne Ehevertrag geheiratet. Das Paar hatte sich vorher nie persönlich getroffen.

Erst im September 2020 reiste die Ehefrau nach Deutschland. Vorher gestand sie dem Mann, dass sie Kinder hatte. Mit denen wolle er nichts zu tun haben, lautete die Antwort: Und nach Deutschland dürfe sie die Kinder auf keinen Fall mitnehmen. So reiste sie allein. Besonders innig war die Beziehung also von vornherein nicht. Bereits im November 2021 beantragte der Ehemann bei Gericht, die Ehe aufzuheben — hilfsweise beantragte er die Scheidung.

Der Mann berief sich auf eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch: Demnach kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Partner durch arglistige Täuschung zur Heirat bewogen wurde. Und zwar durch Täuschung über Tatsachen, bei deren Kenntnis er oder sie die Ehe nicht geschlossen hätte. Durch eine Aufhebung hätte die philippinische Ehefrau ihren Erbanspruch verloren. Das Amtsgericht wies den Antrag des Ehemannes ab, dagegen legte er Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sah zumindest die Voraussetzungen für eine Scheidung als erfüllt an: Das Paar lebe seit über einem Jahr getrennt (5 UF 102/22). Grundsätzlich könne das Verschweigen eines minderjährigen Kindes auch eine Aufhebung der Ehe begründen, erklärte das OLG: Kinder brächten schließlich Pflichten mit sich (Unterhalt etc.). Partner müssten daher die Existenz minderjähriger Kinder vor der Heirat ungefragt offenbaren.

Ob im konkreten Fall die Ehefrau den Ehemann arglistig getäuscht habe, sei aber nicht eindeutig belegt. Das Amtsgericht müsse hier nochmals Beweis erheben. Zweifelhaft sei auch, ob die zweite Bedingung für eine Eheaufhebung erfüllt sei: Es müsste nämlich auch sicher feststehen, dass der Ehemann die Frau im Wissen um die Kinder nicht geheiratet hätte.

Daran beständen Zweifel, weil der Senior keinen Ehevertrag vereinbart habe. Das deute darauf hin, dass die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Ehe für ihn keine besondere Rolle spielten. Ein Ehevertrag wäre angesichts des Erbanspruchs einer Ehefrau für seine Kinder aus erster Ehe wirtschaftlich von großer Bedeutung gewesen. Ohne Ehevertrag erbten sie weniger. Das sei dem Mann offenbar egal gewesen. Wenn die zweite Ehefrau Kinder in die Ehe mitbringe, wirke sich das auf die Verteilung des Erbes überhaupt nicht aus.

Sittenwidrige Bedingung im Testament

Die Tochter sollte das Haus nur erben, wenn sie ihrem Lebensgefährten Hausverbot erteilt

In einem Bochumer Haus lebten in einer Wohnung Tochter und Enkelin der Hauseigentümerin, eine weitere Wohnung bewohnte diese selbst. Tochter und Enkelin sollten das Hausgrundstück einmal erben. Im Eigenheim ging der Lebensgefährte der Tochter "ein und aus", mit dem sie seit vielen Jahren zusammen war. Für die Enkelin war er eine Art Ersatzvater. Man lebte fast wie eine Familie zusammen, obwohl der Mann in der Umgebung eine eigene Wohnung hatte.

Obwohl es mit der Mutter keinen Streit gab, knüpfte sie in ihrem notariellen Testament das Erbe an zwei Bedingungen: Die Erbinnen durften das Haus nicht dem Lebensgefährten übertragen und sie sollten es ihm dauerhaft verbieten, das Grundstück zu betreten.

Das Verbot sollte der Notar als Testamentsvollstrecker überwachen. Wenn die Bedingungen nicht erfüllt würden, sollte er die Immobilie verkaufen und die Hälfte des Erlöses für gemeinnützige Zwecke spenden. Die andere Hälfte sollten sich Tochter und Enkelin teilen.

Die Erbinnen akzeptierten die erste Bedingung. Sie zogen aber vor Gericht, um feststellen zu lassen, dass das Hausverbot eine sittenwidrige (Erb-)Bedingung war. Das Oberlandesgericht Hamm gab den beiden Frauen Recht (10 U 58/21). Erblasser hätten beim Regeln des Nachlasses zwar einen weiten Gestaltungsspielraum, doch hier sei ausnahmsweise von einer sittenwidrigen Bedingung im Testament auszugehen.

Die Tochter solle das Haus nur erben, wenn ihr Lebensgefährte es nicht mehr betrete. Dem langjährigen Lebensgefährten und Ziehvater der Enkelin solle also auf einmal der Zugang zur Wohnung verwehrt sein. Ohne nachvollziehbaren Grund fordere die Erblasserin, das bis zu ihrem Tod praktizierte familiäre Zusammenleben zu beenden.

Diese Bedingung sei nichtig, denn damit werde unzumutbarer Druck auf die Tochter ausgeübt, sich in einem höchstpersönlichen Bereich in einer bestimmten Weise zu verhalten.

Kreditvertrag des Partners mit-unterschrieben

Sittenwidrig: Die Bank wusste, dass die Frau damit finanziell überfordert war

Die 20-jährige Verkäuferin arbeitete in einer Bäckerei und verdiente etwa 1.300 Euro netto im Monat. Um ihrem damaligen Freund einen Gefallen zu tun, unterschrieb auch sie seinen Kreditvertrag mit einer Bank. Er wolle ein Auto kaufen, hatte er ihr erklärt. Tatsächlich wollte der Freund mit dem Geld aber vor allem alte Kredite "umschichten": Der Darlehensvertrag lautete auf rund 90.000 Euro, wofür er monatlich eine Rate von ca. 1.000 Euro zu zahlen hatte.

Zwei Jahre später war der Mann dazu nicht mehr in der Lage. Deshalb kündigte die Bank den Kreditvertrag. Da er den restlichen Betrag von 50.000 Euro erst recht nicht zurückzahlen konnte, verklagte die Bank seine (mittlerweile Ex-) Freundin auf Zahlung. Das Landgericht Osnabrück gab der Bank sogar Recht. Doch das Oberlandesgericht Oldenburg bewahrte die Verkäuferin vor dem Ruin (8 U 172/22).

Die Frau habe nicht selbst Kredit aufgenommen, sondern nur eine Mithaftung übernommen. Derartige Konstellationen seien zwar rechtlich möglich. Im konkreten Fall sei aber der krass einseitig belastende Vertrag nichtig: Er sei sittenwidrig, weil er die Frau offensichtlich finanziell überforderte. Sie müsse daher trotz ihrer Unterschrift nicht für die hohen Schulden ihres ehemaligen Partners haften.

Der Bankmitarbeiter habe beim Vertragsschluss gewusst, wie sehr die junge Frau an ihrem Freund hing und wie viel sie verdiente, genauer gesagt: wie wenig. Dass sie sich mit dem Kreditvertrag dem Freund zuliebe total übernommen habe, sei klar gewesen. Es widerspreche dem Anstandsgefühl, wenn Banken so eine Situation ausnutzten. Noch dazu habe die Verkäuferin nicht einmal geahnt, wie prekär ihre Unterschrift war: Denn sie habe geglaubt, es gehe nur um 7.500 Euro für ein Auto.

Eineiige Zwillinge als mögliche Väter

Streit um Kindesunterhalt: Gericht kommt mit Blutgruppengutachten nicht weiter

Wenn es Streit darüber gibt, wer als Vater eines nichtehelichen Kindes Unterhalt zu zahlen hat, helfen Blutuntersuchungen bei den möglichen Vätern normalerweise weiter. Auf diese Weise kann die Vaterschaft mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ermittelt werden. Diese Methode versagt jedoch, wenn eineiige Zwillinge als Väter in Frage kommen.

Ein Mann wehrte sich dagegen, als Vater in Anspruch genommen zu werden. Er verwies darauf, dass sein Zwillingsbruder ebenfalls mit der Mutter des Kindes "Sex gehabt" habe. Das Oberlandesgericht Hamm erklärte die Blutuntersuchung deshalb hier für untauglich: Demnach könnten beide Männer mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit Vater sein (29 U 200/93).

Die Vaterschaft eines Zwillingsbruders könne aber durch Beweisaufnahme festgestellt werden: Ausgehend von ihren Aussagen, wann die Brüder jeweils mit der Mutter zusammen waren, müsse man vom Geburtsdatum zurückrechnen. Unterhalt für das Kind müsse dann der Zwillingsbruder zahlen, an dessen Vaterschaft keine schwerwiegenden Zweifel beständen.

Kosten einer Fettabsaugung sind steuerlich absetzbar

Das gilt aber nur, wenn eine krankhafte physische Störung behandelt wurde

Frau X leidet seit langem an einer krankhaften Störung der Fettverteilung ("Lipödem"), bei der sich das Fett vor allem an Beinen, Hüfte und Gesäß der Betroffenen übermäßig vermehrt. Da konservative Behandlungsmethoden erfolglos blieben, ließ sich die Patientin schließlich auf Anraten ihres Arztes Fett absaugen ("Liposuktion"). Ihre Krankenkasse lehnte es ab, die Kosten des Eingriffs zu übernehmen: Dafür liege keine Empfehlung des "Gemeinsamen Bundesausschusses der Krankenkassen" vor.

Als Frau X die Behandlungskosten bei ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnlichen Aufwand geltend machte, winkte auch das Finanzamt ab: Die Liposuktion sei erstens eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode. Zweitens fehle ein Gutachten des Medizinischen Dienstes zur medizinischen Notwendigkeit des Eingriffs. So eine Bescheinigung hätte vor Beginn der Behandlung ausgestellt werden müssen.

Die Klage der Patientin gegen den Steuerbescheid hatte beim Bundesfinanzhof Erfolg (VI R 39/20). Das oberste deutsche Finanzgericht bescheinigte dem Finanzamt, medizinisch nicht auf der Höhe der Zeit zu sein: Unter Medizinern bestehe schon seit 2016 Einigkeit, dass das Fettabsaugen bei einem Lipödem wirksam und zweckmäßig sei. Darüber gebe es keine nennenswerten Debatten mehr.

Dass der "Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen" das Fettabsaugen noch nicht in das Leistungsverzeichnis der von den Krankenkassen zu finanzierenden Behandlungsmethoden aufgenommen habe, spiele bei der Einkommensteuer keine Rolle. Denn die bei Frau X durchgeführte Liposuktion habe nachweislich nicht kosmetischen Zwecken gedient, sondern sei medizinisch notwendig gewesen.

Daher seien die Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung der Steuerzahlerin steuermindernd zu berücksichtigen. Dafür müsse Frau X weder ein amtsärztliches Gutachten, noch eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegen.

Anspruch auf nicht zugelassenes Medikament?

Auch und gerade bei todkranken Versicherten geht die Sicherheit der Arzneimittel vor

Ein 19-jähriger Patient leidet an Duchenne-Muskeldystrophie, einer seltenen, genetisch bedingten Erkrankung, an der die Betroffenen meist schon im frühen Erwachsenenalter sterben. Der Patient ist seit 2015 gehunfähig. Bei seiner Krankenkasse hatte er die Kostenübernahme für das Medikament "Translarna" beantragt. Doch dieses Arzneimittel ist nur für gehfähige Patienten zugelassen.

Mit dieser Begründung lehnte die Krankenkasse die Kostenübernahme ab: Zwei Anträge des Herstellers, die Zulassung für das Medikament auf "nicht mehr gehfähige Dystrophie-Patienten" zu erweitern, seien aufgrund negativer Bewertungen von der Europäischen Arzneimittel-Agentur 2019 abgewiesen worden. Daher habe der Versicherte keinen Anspruch auf Kostenübernahme für dieses Arzneimittel.

Das Bundessozialgericht gab der Krankenkasse Recht (B 1 KR 35/21 R). Wenn sich Versicherte wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung in einer Notlage befänden, werde in der Regel großzügig entschieden. Häufig bekämen sie sogar Medikamente, deren Wirksamkeit medizinisch noch nicht 100-prozentig belegt sei — sofern wenigstens eine geringe Aussicht auf Heilung oder positiven Einfluss auf die Krankheit bestehe.

Davon könne man aber nicht ausgehen, wenn die Arzneimittelbehörde die Unterlagen eines Pharmaunternehmens im Zulassungsverfahren geprüft und negativ bewertet habe. Dabei spiele es keine Rolle, ob die negative Beurteilung auf einer aussagekräftigen medizinischen Studienlage beruhe oder ob der medizinische Nutzen des Medikaments wegen methodischer Probleme bei der Auswahl der Herstellerdaten nicht bestätigt worden sei.

Auch und gerade bei so schweren Erkrankungen müsse die Arzneimittelbehörde die Patienten vor unkalkulierbaren Risiken schützen. Aufgrund ihrer fachlichen Expertise gewährleiste das Zulassungsverfahren eine wissenschaftlich einwandfreie und unabhängige Prüfung, inklusive Ausnahmeregeln für Härtefälle. Auf Arzneimittel ohne Zulassung hätten gesetzlich Krankenversicherte daher grundsätzlich keinen Anspruch.

Heimbewohner starb, bevor über Sozialhilfe entschieden wurde

Das Sozialamt muss dem Altenheim trotzdem die Pflegekosten erstatten

Ein Rentner erkrankte schwer, wurde pflegebedürftig und in einem Altenheim untergebracht. Da seine Rente nicht ausreichte, um die Kosten des Heims zu decken, sollte das Sozialamt den fehlenden Betrag übernehmen. Der Antrag auf Sozialhilfe landete aber erst auf einem Umweg beim zuständigen Landkreis. Der Rentner starb, noch bevor über den Antrag entschieden war.

Das Altenheim verlangte vom Sozialamt des Landkreises, die ungedeckten Pflegeleistungen (über 10.000 DM) zu bezahlen. Die Sozialbehörde lehnte jedoch ab, weil der Anspruch auf Sozialhilfe höchstpersönlicher Natur sei. Nach dem Tod des Berechtigten könne nichts mehr bewilligt werden. Dem widersprach das Oberlandesgericht Köln (7 U 127/93).

Die Beteiligten seien sich einig, dass dem verstorbenen Rentner Sozialhilfe zustand. Also sei der Landkreis als zuständiger Sozialhilfeträger gesetzlich zur Hilfeleistung verpflichtet gewesen. Diese Hilfe habe das Altenheim nur vorfinanziert. Wer aber für einen anderen in dessen Interesse Angelegenheiten besorge, könne Ersatz seiner Ausgaben verlangen. Gemäß diesem Rechtsgrundsatz - die so genannte "Geschäftsführung ohne Auftrag" - müsse der Landkreis die Pflegekosten ersetzen.

Vom "Stellvertreter" statt vom "Wahlarzt" behandelt

Dass der Chefarzt verhindert war, stand von vornherein fest: Klinik-Wahlleistungsvereinbarung wirksam?

Ein Patient musste wegen einer dringenden Herzkatheteruntersuchung ins Krankenhaus. Bei der Aufnahme schloss er mit der Klinik eine Wahlleistungsvereinbarung. Demnach hätte ihn der Chefarzt der Fachabteilung untersuchen sollen. Doch die Verwaltungsmitarbeiterin an der Rezeption teilte dem Patienten sofort mit, der Chefarzt sei verhindert und könne die Behandlung nicht persönlich durchführen.

Zusätzlich zur Wahlleistungsvereinbarung unterschrieb der Mann eine Patientenerklärung und versicherte darin, er sei über alle Optionen informiert worden: Er könne sich für das gleiche Honorar von einem Stellvertreter des Chefarztes oder vom diensthabenden Arzt ohne Zuzahlung untersuchen lassen oder die Behandlung verschieben, bis der Wahlarzt zur Verfügung stehe. Er könne auch die Wahlleistungsvereinbarung auflösen und sich in einer anderen Klinik behandeln lassen.

Der Patient ließ sich vom Stellvertreter untersuchen und wurde nach zwei Tagen aus der Klinik entlassen. Doch die Rechnung über 3.143 Euro bezahlte er nicht. Die Wahlleistungsvereinbarung sei unwirksam, erklärte der Mann: Denn das höhere Honorar für die "Wahlleistung Arzt" setze voraus, dass der Arzt seiner Wahl die Untersuchung auch tatsächlich durchführe. Als er die Wahlleistungsvereinbarung bei der Aufnahme in die Klinik unterschrieben habe, sei aber bereits klar gewesen, dass der Chefarzt ihn nicht behandeln könne.

Das Landgericht Heidelberg entschied den Streit ums Honorar zu Gunsten der Klinik (4 S 3/22). Wenn von Anfang an feststehe, dass der Wahlarzt verhindert sei, werde dadurch die Wahlleistungsvereinbarung nicht automatisch unwirksam, so das Landgericht.

Der Chefarzt könne seine Aufgabe wirksam auf einen Stellvertreter übertragen — wenn absehbar sei, dass er wegen eines Urlaubs, einer Krankheit etc. einen Patienten nicht selbst behandeln könne. Die Klinik müsse dann allerdings mit dem Patienten zusätzlich zur Wahlleistungsvereinbarung eine Stellvertretervereinbarung treffen.

Im konkreten Fall sei alles vorschriftsmäßig abgelaufen: Der Patient sei vor Vertragsschluss darüber informiert worden, dass der Wahlarzt verhindert sei und dass Stellvertreter X die wahlärztlichen Leistungen zu den vereinbarten Bedingungen übernehme, wenn der Patient einverstanden sei. Diesem Vorschlag habe er zugestimmt. Vorher sei der Patient über alle anderen Möglichkeiten unterrichtet worden. Nur eine davon — die Herzkatheteruntersuchung zu verschieben — sei für ihn aus medizinischen Gründen nicht in Frage gekommen.

Kein Ordnungsgeld für Mutter

Der Umgang des Vaters mit dem Kind war undurchführbar ungenau geregelt

Das siebenjährige Kind getrenntlebender Eltern wohnt bei der Mutter. Den Umgang mit dem Vater hatte das Amtsgericht im Sommer 2022 folgendermaßen geregelt: "… alle 14 Tage von Freitag nach der Schule bis Montag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 16.09. bis 19.09.2022 sowie an jedem Mittwoch einer Woche nach der Schule bis Donnerstag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 14.09./15.09.2022."

Die Schule startete aber erst am Montag, dem 19. September. Das nahm die Mutter als Anlass, dem Vater den Kontakt mit dem Kind von Freitag, 16.9., bis zum Sonntag, 18.9., zu verweigern: Die Daten seien nicht eindeutig genug festgelegt, so ihre Begründung. Außerdem sei vereinbart gewesen, dass das Kind das Einschulungswochenende bei der Mutter verbringen sollte.

Dem habe er nicht zugestimmt, konterte der Vater des Kindes und beantragte beim Amtsgericht, gegen die Ex-Partnerin Ordnungsgeld festzusetzen. Dagegen legte die Frau Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ersparte ihr die 300 Euro Geldbuße (5 WF 29/23). Umgangsregelungen müssten so konkret gefasst sein, dass für die Beteiligten ganz klar sei, welche Pflichten sie erfüllen müssten, betonte das OLG.

Art, Ort und Zeit des Umgangs mit dem Kind müssten exakt feststehen. Dem werde die Regelung des Amtsgerichts nicht gerecht, genauer gesagt: Sie sei überhaupt nicht zu erfüllen. An Schultagen sei klar, dass der Vater das Kind von der Schule abholen solle. Aber für Tage ohne Schulbesuch fehle jede Regelung. Wenn kein Schulbesuch stattfinde, welcher Zeitpunkt sei dann mit "nach der Schule" gemeint?

An welchem Ort die Mutter an solchen Tagen das Kind dem Vater übergeben solle, sei ebenfalls unklar. Angesichts dessen sei es nicht gerechtfertigt, gegen sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Umgangsregelung zu verhängen. Das wäre unverhältnismäßig — auch wenn die Frau offenbar die Umgangsregelung, dass das Kind das ganze Wochenende beim Vater verbringen sollte, sehr eigenwillig in ihrem Sinne (um-)interpretiert habe.

Kein Recht auf ein Zweitgutachten

Versicherter verlangt von der Krankenkasse mehr Hilfe für einen Arzthaftungsprozess

Krankenkassen sollen ihre Versicherten unterstützen, wenn diese wegen ärztlicher Behandlungsfehler Ansprüche geltend machen wollen. Allerdings nicht unbegrenzt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (L 16 KR 432/22). Im konkreten Fall wollte ein 57 Jahre alter Mann den Operateur auf Schmerzensgeld verklagen, der ihn aufgrund einer Vorhautverengung beschnitten hatte.

Mit diesem Anliegen wandte sich der Patient an die Krankenkasse: Seit dem Eingriff leide er an Impotenz und Schmerzen, was zudem Depressionen ausgelöst habe. Der Mann führte die Probleme auf einen Behandlungsfehler zurück. Außerdem sei er nicht richtig über die Operation aufgeklärt worden. Ihm gehe es aber nicht nur um Geld, sondern um ein schmerzfreies, funktionsfähiges Geschlechtsteil — notfalls müsse ihm ein anderer Mediziner auf Kosten des Operateurs eine Ersatzvorhaut transplantieren.

Seine Krankenkasse beauftragte den Medizinischen Dienst mit einem Gutachten zu eventuellen Behandlungsfehlern. Doch das Ergebnis gefiel dem Versicherten ganz und gar nicht: Eine Beschneidung sei nicht geeignet, Beschwerden wie Impotenz zu verursachen, erklärte der Medizinische Dienst. Nun forderte der Versicherte ein weiteres Gutachten, außerdem müsse man seine Frau als Zeugin vernehmen. Als die Krankenkasse dies ablehnte, zog der Mann vor Gericht.

Doch das LSG urteilte, auf mehr Unterstützung habe er keinen Anspruch. Die gesetzliche Krankenversicherung habe mit dem Gutachten ihre Hilfspflicht erfüllt. Krankenkassen sollten Versicherten die Beweisführung in Arzthaftungsprozessen erleichtern, indem sie Auskunft geben über die von Medizinern gestellten Diagnosen und über die angewandte Therapie, indem sie ärztliche Unterlagen anfordern und Gutachten beim Medizinischen Dienst beauftragten.

Wenn ein Versicherter mit dem Resultat so eines Gutachtens unzufrieden sei, müsse die Krankenkasse deswegen jedoch nicht weitere Gutachten einholen oder selbst Ermittlungen für den Prozess beginnen und Zeugen vernehmen.

Testament beim Nachlassgericht nicht aufzufinden

Die von der Mutter als Alleinerbin eingesetzte Tochter bekam trotzdem einen Erbschein

Eine Witwe verfasste 2017 handschriftlich ein Testament, in dem sie Frau A, eine ihrer Töchter, als Alleinerbin einsetzte. Die zweite Tochter, Frau B — die sie seit Jahren nicht gesehen hatte — sollte von der Erbfolge ausgeschlossen sein und eine Abfindung von 5.000 Euro erhalten. Von einer Rechtsanwältin, die wegen eines Hausübergabevertrags bei ihr war, ließ sich die Witwe auch bei der Formulierung des Testaments beraten.

Das Schriftstück steckte sie in einen kleinen Briefumschlag, den sie zusammen mit einem Anschreiben für das Nachlassgericht in einen größeren Umschlag schob. Diesen Umschlag warf der Lebensgefährte von Tochter A in den Briefkasten des Amtsgerichts. Bei der Nachlassabteilung des Gerichts kam jedoch nur das Anschreiben, nicht das Testament an. Das fiel erst auf, als die Witwe Anfang 2021 starb und Frau A einen Erbschein als Alleinerbin beantragte.

Diesem Antrag widersprach ihre Schwester und bestritt, dass das Testament verloren gegangen sein könnte. Die Erblasserin habe es vielmehr zerstört, um es zu widerrufen. Doch das Amtsgericht Hameln befragte die Rechtsanwältin und andere Zeugen zum Inhalt des Testaments und kam zu dem Schluss, dass Tochter A der Erbschein trotz der fehlenden Testamentsurkunde zustand (18 VI 135/21).

Das Gericht hielt es aufgrund der Zeugenaussagen für bewiesen, dass die Erblasserin ein formwirksames Testament verfasst und nicht widerrufen hatte: Sie habe Frau A als Alleinerbin eingesetzt, das stehe fest. Deren Lebensgefährte habe das Testament zum Amtsgericht zur Aufbewahrung gebracht. Da die Nachlassabteilung jedoch nur das Anschreiben gefunden habe, sei zu vermuten, dass das Testament beim Öffnen der Post im großen Umschlag geblieben und versehentlich zusammen mit ihm entsorgt worden sei.

Frau B habe ihre Behauptung, die Mutter habe das zugunsten von A verfasste Testament später widerrufen, nicht einmal ansatzweise belegen können. Sie habe nicht einmal Umstände benennen können, die einen Widerruf nahelegten, geschweige denn ein anderslautendes Testament vorgelegt. Seit 2013 habe sie zur Erblasserin keinen Kontakt mehr gehabt.

Weniger Gehalt, um Trennungsunterhalt zu sparen?

Ehefrau wirft dem Mann vor, den Jobwechsel absichtlich herbeigeführt zu haben

Nach über 20 Jahren Ehe hatte sich ein Paar 2017 getrennt, das Scheidungsverfahren zog sich lange hin. Einstweilen verpflichtete das Amtsgericht den Dachdeckermeister (Gehalt: 5.886 Euro netto) dazu, für die halbtags berufstätige Frau 1.999 Euro Trennungsunterhalt zu zahlen. Anfang 2021 wechselte er den Arbeitgeber und verdiente danach deutlich weniger: 3.300 Euro netto im Monat.

Deshalb beantragte der Ehemann bei Gericht, den Trennungsunterhalt zu streichen oder zumindest herabzusetzen: Entscheidend seien die aktuellen Einkommensverhältnisse.

Dagegen wehrte sich die Frau: Ihr Ehemaliger habe seinen guten Job nicht "schicksalhaft verloren", wie er behaupte, sondern die Kündigung provoziert, indem er einen Geschäftsführer der GmbH massiv beleidigte. Er habe sich den Arbeitsplatzverlust selbst zuzuschreiben. Wenn ein Unterhaltspflichtiger seine verringerte Zahlungsfähigkeit selbst verschuldet habe, könne er sich darauf nicht berufen: Das niedrigere Gehalt sei beim Unterhalt nicht zu berücksichtigen.

Die Vorwürfe fand das Oberlandesgericht Hamm unbegründet (5 UF 44/22). Die E-GmbH habe das Arbeitsverhältnis beendet und es sei nicht festzustellen, dass der Dachdecker die Kündigung — und das damit verknüpfte geringere Einkommen — durch Fehlverhalten mutwillig herbeigeführt hätte. Bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer seien unterschiedliche Vorstellungen zur Firmenführung formuliert worden. Mit "klaren Worten", habe der Dachdecker eingeräumt.

Sachliche Differenzen in Sachen Geschäftsführung belegten jedoch nicht, dass sich der Ehemann der familiären Unterhaltspflicht entziehen wollte. Wenn man seine Erwerbsbiographie, Qualifikation und sein Alter in Rechnung stelle, entspreche sein aktuelles Gehalt dem auf dem Markt objektiv erzielbaren Gehalt. Dass er sich für diese Anstellung entschieden habe, sei ihm daher nicht vorzuwerfen, auch wenn das für die Ehefrau finanzielle Nachteile bedeute.

Allerdings sei die großzügige Abfindung (51.910 Euro netto) des früheren Arbeitgebers zum Einkommen zu rechnen — damit müsse der Dachdeckermeister sein jetzt verringertes Einkommen aufstocken, verteilt auf einen längeren Zeitraum von vier Jahren. Das sei angemessen, da der Mann auch für den jüngsten Sohn noch bis 2025 Unterhalt zu zahlen habe. Die wirtschaftlichen Nachteile, die Frau und Sohn durch den Arbeitsplatzwechsel des Ehemannes hinnehmen müssten, würden so ausreichend abgemildert.

Eigentumswohnung der Mutter überlassen

Nach deren Tod wurde die Wohnung verkauft: Ist der Verkaufserlös zu versteuern?

Ein Ehepaar hatte 2009 eine Eigentumswohnung erworben, die es kostenlos der Mutter der Ehefrau zur Verfügung stellte. Als die Mutter 2016 starb, verkauften die Eigentümer die Wohnung. Dass das Finanzamt für den Gewinn aus dem Verkauf Steuern festsetzte, fanden sie rechtswidrig. Die Steuerzahler klagten gegen den Einkommensteuerbescheid.

Ihr Argument: Wenn selbst genutzte Immobilien verkauft würden, sei das Geschäft grundsätzlich steuerfrei. Das gelte auch dann, wenn Kinder der Steuerzahler eine Immobilie bewohnt hätten. Zwischen Kindern und anderen unterhaltsberechtigten Personen zu unterscheiden, sei widersprüchlich. Außerdem habe die Ehefrau die Mutter so oft besucht, dass man durchaus von "Eigennutzung" sprechen könne.

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied den Streit im Sinne der Steuerbehörde (14 K 1525/19 E, F). Im konkreten Fall sei nicht von selbst genutztem Wohnraum auszugehen. Dass sich die Ehefrau besuchsweise dort aufgehalten habe, reiche nicht aus, um "Selbstnutzung" zu bejahen. Das gelte auch für häufige Besuche … Dass im Unterschied dazu von "selbst genutztem Wohnraum" ausgegangen werde, wenn Eigentümer unterhaltsberechtigten Kindern eine Immobilie überlassen, sei sachlich gerechtfertigt.

Die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern beinhalte auch Ausgaben für Wohnraum. Eltern seien verpflichtet, Kindern Wohnraum zur Verfügung zu stellen: Aufgrund dieser Pflicht werde das Überlassen einer Immobilie an Kinder als "Selbstnutzung" bewertet. Entsprechend seien Aufwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder auch bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen, Aufwendungen für andere Personen dagegen nicht.

Umgangsrecht mit dem "gemeinsamen" Hund

"Beziehungs-Aus": Landgericht plädiert für ein Wechselmodell wie bei Scheidungskindern

Herr A und Herr B, die früher ein Paar waren, hatten sich während ihrer Beziehung einen Labradorrüden zugelegt. Nach der Trennung blieb der Hund bei Herrn A, doch Ex-Partner B wollte sich ebenfalls um das Tier kümmern. Von A verlangte er, ihm regelmäßigen Umgang mit dem Hund zu ermöglichen, mindestens im Zwei-Wochen-Rhythmus.

Sein ehemaliger Lebensgefährte wollte ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Begründung: Für Rudeltiere wie Hunde sei es besser, nur von einem der Partner betreut zu werden. Hunde bräuchten — ähnlich wie im Rudel — eine Hauptbezugsperson. Deshalb sei ihm das Tier allein zuzuweisen.

Das Landgericht Frankenthal konnte Herr A mit dieser Argumentation nicht überzeugen (2 S 149/22). Da die ehemaligen Partner den Hund gemeinsam angeschafft hätten, stehe B das Recht auf Umgang mit dem Tier zu, erklärte das Landgericht. Miteigentümer eines Hundes könnten voneinander verlangen, einer "Benutzungsregelung" zuzustimmen.

Hier müsse man nicht zwingend zwischen den beiden Miteigentümern eine "Entweder-oder-Entscheidung" treffen. Die von B geforderte Lösung sei absolut interessengerecht: Die Miteigentümer sollten sich abwechselnd jeweils zwei Wochen lang um den Hund kümmern. Dass so ein "Wechselmodell" das Wohl des Tieres gefährden könnte, sei nicht ersichtlich.

Ehefrau versuchte, ihren Mann mit Insektengift umzubringen

Dass die Giftmenge dafür nicht ausgereicht hätte, rechtfertigt keine Strafmilderung

Eine Frau sprühte ihrem Ehemann das Insektengift "Detmol" auf das Vesperbrot, um ihn zu töten. Dieser spuckte jedoch wegen des bitteren Geschmacks schon den ersten Bissen wieder aus.

Ein Sachverständiger stellte fest, dass auch die in der gesamten Spraydose enthaltene Giftmenge bei weitem nicht tödlich gewesen wäre. Aus diesem Grund wertete das Landgericht die Tat zwar als Mordversuch, milderte die Strafe jedoch ab. Begründung: Die Frau habe "aus grobem Unverstand" verkannt, dass die Giftmenge nicht tödlich sein konnte.

Dieses Urteil hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Bestand (1 StR 846/94). Aus "grobem Unverstand" handle nur, wer von einem allgemein bekannten Ursachenzusammenhang völlig abwegige Vorstellungen habe. Bei ihrem Mordversuch habe sich die Ehefrau aber nicht grundsätzlich geirrt: Insektengift sei durchaus geeignet, Menschen zu töten. Sie habe sich nur über die erforderliche Dosis getäuscht. Darin liege aber keine Verkennung des Kausalzusammenhangs, so dass die dafür vorgesehene Strafmilderung hier nicht in Betracht komme. Das Landgericht müsse noch einmal über das Strafmaß entscheiden.

Ehemann katholisch, Ehefrau evangelisch

Finanzamt muss getrennte Kirchensteuerbescheide erlassen

In Deutschland sind die staatlichen Finanzbehörden dafür zuständig, die Kirchensteuer festzusetzen und einzutreiben. Das gilt jedenfalls für die beiden großen christlichen Konfessionen. Ein katholischer Ehemann war jedoch nicht damit einverstanden, dass das Finanzamt in einem Bescheid die Kirchensteuer seiner evangelischen Frau festsetzte, der an beide Eheleute gerichtet war.

Der Bundesfinanzhof gab dem Mann Recht (I R 132/93). Eine Kirche könne nur von ihren eigenen Mitgliedern Steuern erheben. Wenn Ehepartner verschiedenen Konfessionen angehörten, dürfe der Bescheid zur evangelischen Kirchensteuer daher nur an den evangelischen Glaubensangehörigen adressiert werden. Der Steuerbescheid sei unwirksam, soweit er sich an den Ehemann wende.

Zweijähriger startete Auto

Die Mutter ging kurz weg und ließ die Autoschlüssel liegen: Aufsichtspflichtverletzung

Großmutter, Mutter und Kind hatten an einer Familienfeier teilgenommen. Als sie zu Ende ging, brachte die Mutter den zweieinhalbjährigen Jungen schon mal ins Auto. Sie setzte ihn in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz, ohne ihn anzuschnallen. Den Autoschlüssel legte die Frau aufs Armaturenbrett und ging kurz zurück ins Haus, um etwas zu holen. Das Kleinkind krabbelte vom Kindersitz, nahm den Autoschlüssel und startete den Wagen.

Das Auto schnellte ruckartig nach vorne und traf die Großmutter, die etwa eineinhalb Meter entfernt auf einer Bank saß. An beiden Kniegelenken schwer verletzt, musste die Großmutter lange im Krankenhaus behandelt werden. Ihre Krankenkasse kam für die Behandlungskosten auf und forderte den Betrag anschließend von der Mutter des Jungen zurück: Sie habe ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Gegen den Vorwurf wehrte sich die Mutter: Sie sei nur ein oder zwei Minuten weg gewesen und habe die Autotüren weit offengelassen. Dass das Kind in der kurzen Zeit so eine komplexe Handlung ausführen könnte, damit habe sie nicht rechnen müssen. Doch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg gab der Krankenkasse Recht: Kleinkinder müsse man ununterbrochen beaufsichtigen (14 U 212/22).

Die Mutter habe das Kind allein im Auto sitzen lassen und die Schlüssel dort abgelegt: Damit habe sie eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Der Vorgang sei keineswegs so außergewöhnlich, wie die Mutter meine, betonte das OLG: Kleine Kinder ahmten prinzipiell gerne die Erwachsenen nach. Dass sie auch gerne mit Schlüsseln spielten und versuchten, sie in Schlösser zu stecken, zeige die Erfahrung.

Dass der Junge dies mit dem Autoschlüssel und dem Zündschloss versuchen könnte, liege also keinesfalls jenseits des "Vorstellbaren". Die Mutter hätte das Kleinkind im Kindersitz anschnallen und die Schlüssel mitnehmen müssen. Sie hätte auch jemanden darum bitten können, kurz auf den Jungen aufzupassen. Da sie ihre Aufsichtspflicht verletzt habe, hafte sie für den dadurch entstandenen Schaden.

Werbung für Meditonsin versprach zu viel

Kurzartikel

Die NRW-Verbraucherzentrale setzte das Verbot einiger Werbeaussagen durch, mit denen der Anbieter des homöopathischen Mittels Meditonsin im Internet geworben hatte. Das betraf die Aussage, Meditonsin reduziere die "Intensität der typischen Erkältungssymptome" "rasch und zuverlässig" sowie ähnliche Behauptungen. Dies sei irreführend, so das Landgericht Dortmund. Solche Aussagen erweckten den falschen Eindruck, erkältete Patienten könnten mit Gewissheit Besserung erwarten, wenn sie das Mittel einnehmen.

Kinder brachten ihre demente Mutter ins Heim

Der Vater enterbte deshalb die Kinder und entzog ihnen den Pflichtteil

2015 war die Mutter bereits dement, trotzdem plante der Vater mit ihr eine USA-Reise. Die drei Kinder des Ehepaares sahen die Gesundheit der Mutter bedroht, zumal sich der nierenkranke Vater nicht einmal zuhause richtig um sie kümmern konnte. Aus diesem Grund holten sie ihre Mutter aus der Ehewohnung, als der Vater abwesend war. Sie hatte den Kindern schon Jahre zuvor eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.

Gegen den Protest des Vaters erwirkten die Kinder beim Amtsgericht den Beschluss, die Mutter in einem Seniorenzentrum unterzubringen. Er behauptete, sie hätten die Unterschrift auf der Vollmacht gefälscht, um sich das Vermögen zu sichern.

Über die "Entführung" war der alte Herr so wütend, dass er die Kinder in einem Testament von 2016 enterbte und ihnen "wegen groben Undanks" den Pflichtteil entzog. Gegen die Einweisung seiner Frau ins Heim klagte er erfolglos. Im Gegenzug beantragten die Kinder bei Gericht, für ihn einen Betreuer zu bestellen.

Nachdem das Amtsgericht festgestellt hatte, dass die Vorsorgevollmacht der Mutter nicht "manipuliert" worden sei, entspannte sich die Lage ein wenig: Der Vater erteilte einem Sohn die Vollmacht, ihn bei der Verwaltung seines Gewerbegrundstücks zu vertreten. Nach dem Tod des Vaters beantragten die Kinder beim Amtsgericht einen Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge. Da mittlerweile auch die Mutter gestorben war, hätten sie das Vermögen zu drei gleichen Teilen geerbt.

Der Vater habe ihnen schließlich verziehen, so das Argument der Kinder, ansonsten hätte er dem Ältesten keine Vollmacht erteilt. Damit sei nicht nur der Entzug des Pflichtteils unwirksam geworden, sondern auch die Enterbung. Sie habe dem Willen des Erblassers jetzt nicht mehr entsprochen. Dem widersprachen das Amtsgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (11 W 94/21 (Wx)).

Dass der Erblasser den Kindern den Pflichtteil entzogen habe, sei durch die "Verzeihung" unwirksam geworden (§ 2337 BGB). Das beziehe sich aber nicht automatisch auf die Enterbung. Ein entsprechender Wille des Vaters sei nicht festzustellen — von vollständiger Versöhnung könne hier nicht die Rede sein, so das OLG. Auch nachdem feststand, dass der Vorwurf der Fälschung nicht zutraf, habe der Vater weiter gegen die Heimunterbringung prozessiert.

Deshalb könne man nicht davon ausgehen, dass der Vater von der Enterbung abgesehen hätte, wenn er 2016 schon gewusst hätte, dass die Vorsorgevollmacht korrekt zustande gekommen war. Denn der eigentliche Grund für diesen Schritt sei seine Wut darüber gewesen, dass die Kinder den Wegzug der Mutter aus der Ehewohnung organisiert hätten. Nach der gesetzlichen Erbfolge stehe das Vermögen daher den Enkeln zu.