Von ihrem geschiedenen Ehemann wurde eine Frau aus Eifersucht schwer misshandelt, mit dem Tod bedroht und erst "in letzter Minute" von der Polizei gerettet. Zunächst gelang es der Mutter von zwei Kindern, wieder auf die Beine zu kommen. Die Industriekauffrau verdrängte tendenziell das Trauma und machte sich beruflich selbständig.
Doch dann kam der Rückschlag: Der wegen des Angriffs rechtskräftig zu Gefängnis verurteilte Ex-Mann floh vor dem Haftantritt. Als die Frau davon erfuhr, brach sie zusammen. Aus Angst entwickelte sie eine schwere Depression. Die jetzt 46-jährige Frau kann wegen der posttraumatischen Belastungsstörung (mit Folgen wie Gewichtsverlust, Infektanfälligkeit, Erschöpfung und Schlaflosigkeit) nicht mehr ganztags arbeiten, lebt von Minijobs und Hartz-IV-Leistungen.
Der Antrag auf eine Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz wurde vom Landesversorgungsamt Hessen abgelehnt: Die Gesundheitsschäden seien durch die Flucht des Ehemannes und nicht durch die Gewalttat ausgelöst worden. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Beschädigtenrente. Dem widersprach das Landessozialgericht Hessen (L 4 VE 14/10).
Die Flucht des Täters vor Beginn der Gefängnisstrafe sei von der ursprünglichen Tat nicht zu trennen. Dass das Opfer deshalb zunehmend unter Angstzuständen und Depression leide, weil es eine erneute Begegnung und Wiederholung der Aggression fürchte, sei eine nachvollziehbare Folge, die kausal auf die Gewalttat zurückzuführen sei. Daher sei der Frau eine Beschädigtenrente zu zahlen.