Familie & Gesundheit

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Magenverkleinerung auf Kassenkosten?

Übergewichtige müssen es vorher mit konservativer Therapie versuchen

Eine 49-jährige Dortmunderin ist schwer übergewichtig: Ihr Body Mass Index liegt bei 40; sie leidet obendrein unter Diabetes sowie Knie- und Wirbelsäulenbeschwerden. Bei der gesetzlichen Krankenkasse beantragte sie die Übernahme der Kosten für eine operative Magenverkleinerung. Das wurde abgelehnt.

Auch ihre Klage gegen die Krankenkasse war beim Sozialgericht Dortmund nicht von Erfolg gekrönt (S 40 KR 313/07). Übergewichtige Versicherte müssen erst alle konservativen Möglichkeiten der Therapie ausschöpfen, so das Gericht, bevor sie eine Operation durchführen lassen.

Die Patientin müsse sich unter ärztlicher Anleitung einer Adipositastherapie (Adipositas: Übergewicht, Fettsucht) unterziehen, einer integrierten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Vergeblich pochte die Versicherte darauf, sie habe schon an diversen Diät-Programmen teilgenommen, um abzunehmen. Ohne dauerhaften Effekt.

Das beeindruckte das Gericht nicht: Eine Diät sei nicht mit einer integrierten Therapie gemäß den Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und unter ärztlicher Kontrolle vergleichbar. So ein Programm sei viel mehr als eine Diät, beziehe Ernährungsfachkräfte, Physiotherapeuten und Psychologen mit ein. Erst, wenn auch diese Behandlung keine Besserung bewirke, müsse die gesetzliche Krankenkasse für die Kosten einer operativen Verkleinerung des Magens aufkommen.

Risikoschwangerschaft einer Arbeitslosen

Die Bundesagentur für Arbeit entzog ihr wegen des Beschäftigungsverbots die Arbeitslosenhilfe

2003 hatte die junge Mutter ihren Job verloren und meldete sich arbeitslos. Im Anschluss ans Arbeitslosengeld erhielt sie ab April 2004 Arbeitslosenhilfe. Im Sommer wurde die Frau erneut schwanger. Um eine Fehlgeburt zu vermeiden, müsse sie sich sehr schonen, erklärte die Gynäkologin. Nach dem Mutterschutzgesetz bestehe deshalb Beschäftigungsverbot, bis der Mutterschutz beginne.

Als die schwangere Frau das dem Arbeitsamt (so hieß die Arbeitsagentur damals noch) meldete, wurde die Arbeitslosenhilfe gestrichen. Begründung: Wenn sie nicht arbeiten dürfe, also dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, sei sie nicht mehr als arbeitslos einzustufen. Widerspruch und Klage gegen diesen Bescheid blieben lange erfolglos.

Doch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab der Berufung der Frau statt und bestätigte ihren Anspruch auf Leistungen der Arbeitsagentur (L 11 AL 149/07). Werdende Mütter stünden unter besonderem Schutz des Staates. Deshalb sei die Verfügbarkeit der Schwangeren für den Arbeitsmarkt "zu fingieren" und die Arbeitslosenhilfe trotz des Beschäftigungsverbots auszuzahlen.

Ein Leistungsausschluss wäre mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Familie unvereinbar. Bis zum Beginn der Mutterschutzfrist hätte der werdenden Mutter seinerzeit Arbeitslosenhilfe zugestanden. Gleiches gelte auch bei einem Anspruch auf Arbeitslosengeld. (Die Bundesagentur für Arbeit hat gegen das Urteil Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.)

"Totaler Krankenhausaufnahmevertrag" ...

... beinhaltet keinen Anspruch, von bestimmten Ärzten operiert zu werden!

Drei Mal wurde eine gesetzlich krankenversicherte Frau 2001 in einer Klinik am Knie operiert, jeweils durch den leitenden Oberarzt Dr. E. Im Herbst stand ein weiterer Eingriff an. Nach einem Vorgespräch mit Dr. E übernahm ein anderer Arzt die Risikoaufklärung der Patientin. Wer die Operation durchführen würde, war dabei nicht Thema.

Am nächsten Tag operierte Dr. L, der gerade seine Facharztausbildung absolvierte, die Patientin unter Aufsicht eines Oberarztes. Während des Eingriffs kam es zu einer Blutung, ein Nerv war verletzt worden. Trotz weiterer Operationen kann die Patientin seither nicht mehr normal stehen und gehen.

Obwohl kein Kunstfehler vorlag, verklagte die Frau die Klinik auf Schmerzensgeld. Begründung: Sie habe nur in eine Operation durch Oberarzt Dr. E eingewilligt. Im Vorgespräch habe er gesagt, er werde die Operation, sofern möglich, selbst durchführen. Dr. E durch einen unerfahrenen Operateur zu ersetzen, stelle ein Organisationsverschulden des Krankenhauses dar. Dieser Maßnahme hätte sie nie zugestimmt.

Die Patientin habe mit der Klinik einen so genannten "totalen Krankenhausaufnahmevertrag" geschlossen, stellte der Bundesgerichtshof fest (VI ZR 252/08). Bei diesem üblichen Vertrag habe der Patient keinen Anspruch darauf, von einem bestimmten Arzt behandelt und operiert zu werden. Dr. E habe das auch nicht verbindlich zugesagt.

Wenn ein gesetzlich versicherter Patient einem Eingriff zustimme, stimme er auch der Behandlung durch diejenigen Ärzte zu, die nach dem internen Dienstplan zuständig seien. Für das Funktionieren einer Klinik sei das auch unbedingt erforderlich: Denn sie müsse Operationspläne so aufstellen, dass alle Ärzte möglichst gleichmäßig - entsprechend ihrem Können - eingesetzt würden und zugleich eine vernünftige Ausbildung stattfinde.

Wenn ein Patient ohne Zusatzvertrag darauf bestehe, von einem bestimmten Arzt operiert zu werden, müsse er das - anders als hier - eindeutig zum Ausdruck bringen. Das bedeute aber nur, dass kein anderer den Eingriff vornehmen dürfe - nicht, dass der gewünschte Arzt operiere. In so einem Fall müsse der Patient damit rechnen, unbehandelt entlassen zu werden. Anders liege der Fall bei einer Wahlleistungsvereinbarung, bei der der Patient zusätzliches Honorar für die Behandlung durch den gewünschten Mediziner zahle.

Unverträgliche Asthma-Mittel

In bestimmten Fällen darf die gesetzliche Krankenkasse die Kostenerstattung nicht auf den Festbetrag begrenzen

Für bestimmte Gruppen von Arzneimitteln setzt der Gemeinsame Bundesausschuss (Vertreter der Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzteverbände) Festbeträge fest. Das bedeutet: Die gesetzlichen Krankenkassen müssen nur den Festbetrag erstatten, wenn einem Versicherten so ein Medikament verschrieben wird. Die Differenz zwischen Festbetrag und Verkaufspreis der Apotheke müssen die Patienten selbst tragen.

Ein Patient, der unter Bronchialasthma leidet, wird seit 2005 mit dem Medikament Alvesco behandelt. Da für den darin enthaltenen Wirkstoff Ciclesonid ein Festbetrag gilt, der weit unter dem Apotheken-Verkaufspreis liegt, musste der Patient ständig "draufzahlen". Schließlich zog er vor Gericht, um die vollständige Kostenübernahme durchzusetzen.

Das Sozialgericht Aachen gab ihm Recht (S 13 KR 170/10). Das sei ein Ausnahmefall. Denn Alvesco sei das einzige Asthma-Medikament, das der Patient vertrage - eben wegen des Wirkstoffs Ciclesonid. Alle anderen Asthma-Mittel, die zum Festbetrag erhältlich seien, enthielten andere Wirkstoffe, die bei ihm schmerzhafte Nebenwirkungen auslösten.

Das hätten zahlreiche Versuche des Patienten und seines Arztes mit anderen Medikamenten gezeigt. Da der Versicherte also nur mit diesem bestimmten Mittel ordnungsgemäß behandelt werden könne, müsse die gesetzliche Krankenkasse ausnahmsweise die Kosten in voller Höhe erstatten. Auf Dauer sei die Zuzahlung für den Versicherten unzumutbar.

"Master of Science Kieferorthopädie"

Zahnärztin darf diesen akademischen Grad einer österreichischen Universität führen

Eine Zahnärztin in Nordrhein-Westfalen hatte nach dem deutschen Examen zusätzlich an der Donau-Universität Krems den Titel "Master of Science Kieferorthopädie" erworben. Der Titel prangte über ihrer Korrespondenz und schmückte die Online-Präsentation ihrer Praxis. Die Zusatzqualifikation ist mit der eines "Fachzahnarztes für Kieferorthopädie" (nach deutscher Ausbildungsordnung) nicht vergleichbar.

Das meinen aber fälschlicherweise die Patienten, fürchteten Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, die in der Nachbarstadt praktizierten. Sie zogen wegen unlauteren Wettbewerbs gegen die Kollegin vor Gericht: Dass sie diesen Titel verwende, täusche die Patienten. Dem widersprach der Bundesgerichtshof (I ZR 172/08).

Der Mastergrad gehöre zu den akademischen Graden Österreichs, die man in Deutschland - gemäß einem Abkommen zwischen Deutschland und Österreich - führen dürfe. Einen rechtmäßig erworbenen Titel auf dem Praxisschild oder im Internet anzugeben, verstoße weder gegen das Berufsrecht, noch würden so Patienten getäuscht - selbst wenn diese womöglich damit falsche Vorstellungen verknüpften.

Wenn das Publikum diesen Titel missverstehe und denke, der Grad verweise auf eine Qualifikation, die der eines deutschen Fachzahnarztes für Kieferorthopädie entspreche, könne man das nicht ändern. Patienten müssten sich darüber informieren. Wesentlich sei: Dieser Irrtum führe nicht zu einem Risiko für die Patienten, denn die Zahnärztin sei ja fachlich qualifiziert - wenn auch nicht ganz so wie die Kollegen.

Säugling bei der Narkose schwer geschädigt

Bei einem Routinefall darf der Anästhesist Patienten bzw. Eltern am Telefon über das Risiko informieren

Eigentlich war es ein einfacher Fall, ein Routineeingriff. Das drei Wochen alte Mädchen musste an der Leiste operiert werden (Leistenhernien). Der Operateur der Kreisklinik sprach mit der Mutter darüber, während der Vater im Wartezimmer ein Aufklärungsformular las und unterschrieb. Zwei Tage vor der Operation telefonierte der Anästhesist mit dem Vater.

Beim Eingriff kam es zu Komplikationen mit der Beatmung. Durch den Zwischenfall bei der Narkose erlitt der Säugling schwere Schäden, Motorik und Artikulationsfähigkeit sind dauerhaft gestört. Ein ärztlicher Fehler lag nicht vor. Im Namen des Kindes forderten die Eltern Schmerzensgeld, gestützt auf den Vorwurf mangelhafter Aufklärung über das Risiko: Der Operateur habe nur mit der Mutter geredet und ein Telefongespräch sei sowieso keine korrekte Aufklärung.

In einfach gelagerten Fällen könne ein Telefonat durchaus genügen, entschied dagegen der Bundesgerichtshof (VI ZR 204/09). Da dürfe sich ein Arzt auch per Telefon davon überzeugen, ob der Patient - bzw. hier: die Eltern - die Informationen verstanden habe. Der Anästhesist habe mindestens eine Viertelstunde mit dem Vater über die extrem seltenen Risiken am Telefon gesprochen - "vertrauensvoll", habe der Vater selbst betont. Da sei nichts offen geblieben.

Obwohl er nur mit der Mutter gesprochen habe, durfte der Operateur davon ausgehen, dass auch der Vater einverstanden war. Der Ehemann habe die Frau begleitet und während des Gesprächs das einschlägige Aufklärungsformular im Wartezimmer studiert. Das könne der Arzt nicht anders verstehen, als dass der Ehemann die Mutter ermächtigt hatte, das Aufklärungsgespräch allein zu führen.

Die Eltern hätten außerdem direkt vor der Operation nochmals Gelegenheit zu Nachfragen gehabt. Anschließend hätten sie dem Eingriff schriftlich zugestimmt. Die Einwilligung sei wirksam, da die Risikoaufklärung korrekt gewesen sei. Klinik und Ärzte hafteten daher nicht für unglücklichen Ausgang der Operation.

"Letzter Strohhalm"

Sind Ausgaben für eine nicht anerkannte Krebstherapie von der Steuer absetzbar?

Die Frau litt an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Im Anschluss an eine Operation unterzog sie sich einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit einem in Europa nicht zugelassenen Medikament. Dazu hatte ihr ein Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren geraten: Denn eine konventionelle Chemotherapie war wegen des geschwächten Gesundheitszustands der Frau nicht mehr möglich.

Die mittlerweile verstorbene Patientin und ihr Ehemann machten bei der Einkommensteuererklärung die Behandlungskosten von 30.000 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte es jedoch ab, diese Summe vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen: Diese Krebsabwehrtherapie sei umstritten und hierzulande nicht anerkannt.

Ausnahmsweise könne man die Ausgaben trotzdem steuerlich berücksichtigen, entschied der Bundesfinanzhof, und änderte damit seine bisherige Rechtsprechung (VI R 11/09). Und zwar dann, wenn eine Krankheit mit begrenzter Lebenserwartung bestehe, die auf übliche Heilbehandlungen nicht mehr anspreche.

Selbst wenn sich der/die Kranke für eine nicht anerkannte, naturheilkundliche Heilmethode entscheide, seien in so einem Fall die Kosten als zwangsläufig (= unvermeidlich im Sinne des Steuerrechts) anzusehen. Denn die Ausweglosigkeit so einer Lebenssituation gebiete den Griff nach jedem Strohhalm. Allerdings müsse die Person, die den Patienten behandle, eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben.

Mutter und Kind zogen nach Kalifornien

Umgangsrecht: Träger der Grundsicherung muss USA-Reisen des Vaters finanzieren

Nach der Trennung des Paares war die Mutter mit dem kleinen Jungen zuerst aus dem Süden Deutschlands nach Berlin gezogen. Dort hatte ihn der Vater regelmäßig besucht. Die Sozialbehörde - der Vater bezog Grundsicherung für Arbeitsuchende - übernahm die Fahrtkosten. 2009 jedoch zogen Mutter und Kind nach Kalifornien. Seither bemühte sich der Mann vergeblich um die Bewilligung von Reisekosten.

Erst beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz setzte er sich durch (L 1 SO 133/10 B ER). In der dem Vater gewährten Regelleistung seien die Kosten nicht enthalten, die für Besuche beim Kind anfielen, so das Gericht. In angemessenem Umfang müsse der Träger der Grundsicherung daher die Kosten für diesen "unabweisbaren, laufenden Bedarf" übernehmen. Immerhin habe der Vater sein Kind schon fast ein Jahr nicht gesehen.

Das sei wichtig, um die bisher enge und gute Verbindung zu dem jetzt sechs Jahre alten Jungen aufrecht zu erhalten. Wie viel Wert der Mann auf den Kontakt lege, zeige die Tatsache, dass er ständig mit dem Kind telefoniere. Auch nach Berlin habe er schon weite Strecken innerhalb Deutschlands zurückgelegt, um den Jungen zu besuchen. Angemessen seien vier Besuche im Jahr von jeweils fünf Tagen Dauer.

Das Umgangsrecht auf telefonische Kontakte einzuschränken, würde zu einer Entfremdung zwischen Vater und Kind führen. Deshalb müsse die Sozialbehörde Besuchskosten in dem Umfang tragen, den auch ein erwerbstätiger Vater vernünftigerweise aufwenden würde. Die Kosten für einen Flug nach Kalifornien und eine Unterkunft (rund 900 Euro) lägen im Übrigen pro Quartal nicht wesentlich höher als die Kosten für die monatlichen Reisen nach Berlin.

Ehegattensplitting

Finanzgericht fordert es auch für eingetragene Lebenspartnerschaften

Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erobern immer mehr "Terrain", das früher Eheleuten vorbehalten war. Im konkreten Fall geht es um das Ehegattensplitting.

Eine Steuerzahlerin beantragte beim Finanzamt, sie zusammen mit ihrer eingetragenen Lebenspartnerin zur Einkommensteuer zu veranlagen. Das Finanzamt lehnte ab: Der Gesetzgeber habe den Anspruch auf Zusammenveranlagung ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt. Obwohl die Steuerzahlerin den Einkommensteuerbescheid anfocht, ordnete das Finanzamt an, ihn sofort zu vollziehen.

Angesichts der im Grundgesetz festgeschriebenen Förderung von Ehe und Familie habe man bislang manche Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften für gerechtfertigt gehalten, so das Finanzgericht Niedersachsen (10 V 309/10). Diese Rechtsprechung sei vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden.

Die Verfassungsrichter (Beschluss vom 21.7.2010) hatten es für unzulässig erklärt, dass eingetragene Lebenspartner und Eheleute im Schenkungsgesetz und im Erbschaftssteuergesetz ungleich behandelt werden. Die Förderung der Ehe dürfe nicht dazu führen, andere Lebensformen zu benachteiligen - wenn sie mit der Ehe vergleichbar seien. Das Gebot, Ehe und Familie zu schützen, rechtfertige keine Ungleichbehandlung.

Dann sei es auch verfassungswidrig, so das Finanzgericht, Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft vom Ehegattensplitting auszuschließen. Mit dem Verweis auf die Familie sei der Splittingtarif nur für Eheleute nicht zu begründen - differenziere doch das Steuerrecht gerade nicht zwischen kinderlosen Ehen und Ehen mit Kindern. Das Finanzgericht gewährte der Steuerzahlerin vorläufigen Rechtsschutz und setzte den Vollzug des Einkommensteuerbescheids aus. (Das Finanzamt legte Revision ein.)

Im Prozess um Trennungsunterhalt ...

... vom Ehemann verschwieg die Ehefrau ihren Krankengeldzuschuss

Nach über 30 Jahren Ehe hatte sich das Paar 2005 getrennt. Vor Gericht wurde ein Vergleich geschlossen: 550 Euro Trennungsunterhalt sollte der Rentner seiner Frau zahlen. Diese arbeitete noch, litt aber unter einem Gehirntumor und war deshalb lange krankgeschrieben. Die Ehefrau beantragte beim Amtsgericht, den Unterhalt heraufzusetzen.

Wieso eigentlich, hakte der Ehemann nach, sie bekomme doch nun Krankengeld und einen Zuschuss dazu vom Arbeitgeber. Das bestritt die Frau und bestand auf ihrer Forderung. Daraufhin erläuterte der Anwalt des Ehemannes schriftlich dem Gericht, dass der Arbeitgeber der Frau dazu verpflichtet sei. Und tatsächlich erhielt die Frau nach dem Ende der Lohnfortzahlung Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse und ein halbes Jahr lang 162 Euro monatlich Zuschuss vom Arbeitgeber.

Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht gab sie das zu. Das sei Prozessbetrug, erklärte das Oberlandesgericht Düsseldorf (8 UF 14/10). Auch wenn die Ehefrau nur geringfügige Beträge verschwiegen habe, die sie nur vorübergehend kassierte: Wer trotz ausdrücklicher Nachfrage des Unterhaltspflichtigen Einkünfte verschweige, riskiere den Unterhalt.

Im konkreten Fall werde er zwar nicht gestrichen - wegen der Krankheit der Frau, der langen Ehedauer und des geringen Betrags, den sie zu verheimlichen suchte. Aber einen Abzug von der Erhöhung, die man ihr ansonsten zugebilligt hätte, müsse sich die Ehefrau gefallen lassen. Schließlich habe sie an ihren falschen Behauptungen auch noch im Prozess festgehalten. Dabei war schon längst klar, dass sie gemäß den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen einen Zuschuss vom Arbeitgeber erhalten müsse.

Witwe erbt nichts

Beide Ehepartner hatten vor dem Tod des Mannes bereits die Scheidung eingereicht

Herr S beantragte im November 2008 bei Gericht die Scheidung: Seit September 2007 lebe er - innerhalb der Ehewohnung - von seiner Frau getrennt. Frau S war mit der Scheidung einverstanden und stellte später einen eigenen Antrag. Kurz vor der Verhandlung im Sommer 2009 beim Familiengericht starb Herr S. Nun beantragte die Witwe einen Erbschein: Der sollte sie und den gemeinsamen Sohn jeweils zur Hälfte als Erben ausweisen.

Doch das Nachlassgericht winkte ab: Das Erbrecht eines überlebenden Ehepartners entfalle, wenn der Erblasser vor seinem Tod die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt habe. Dass Frau S nun behaupte, eine Versöhnung wäre möglich gewesen, widerspreche ihren Aussagen im Scheidungsverfahren.

Vergeblich legte die Witwe gegen diese Abfuhr Rechtsbeschwerde ein: Das Oberlandesgericht Rostock bestätigte die Entscheidung (3 W 104/09). Das Trennungsjahr sei hier bereits zu Ende gewesen und die Eheleute hätten beide die Scheidung eingereicht. Angesichts dessen sei es wenig glaubwürdig, wenn Frau S nun darauf beharre, sie hätte sich gern mit dem Ehegatten bei der Anhörung vor dem Familiengericht versöhnt.

Die "Sinnesänderung" verdanke sich wohl dem Bestreben, das Erbe anzutreten. Denn es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Partner den Scheidungsantrag hätten zurücknehmen wollen, im Gegenteil. Die nachgeschobenen Angaben der Witwe stünden in krassem Gegensatz zu allen Informationen, die den Akten des Familiengerichts zum Stand der Ehe zu entnehmen seien.

Hörschaden bei der Geburt

In welchem Umfang haftet der verantwortliche Gynäkologe für späteren Verdienstausfall?

Wegen eines Fehlers des Gynäkologen bei der Geburt 1977 leidet ein heute 33 Jahre alter Mann unter motorischen Störungen und einem Hörschaden. Vom Mediziner forderte der - derzeit arbeitslose - Tischler Entschädigung für Nachteile in seiner beruflichen Entwicklung. Den Verdienstausfall berechnete er aus der Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld und dem Gehalt, das er nach einem Hochschulstudium hätte erzielen können.

Das sei zu hoch gegriffen, entschied das OLG Braunschweig. Wenn es um eine Prognose gehe, was aus dem Mann ohne Geburtsschaden hätte werden können, sei das familiäre Umfeld heranzuziehen. Der Vater sei EDV-Lehrer an einer Berufsschule, der Bruder Kommunikationstechniker. Das OLG schätzte den Vermögensschaden auf 80 Prozent der Differenz zwischen dem Nettoverdienst eines Tischlers und dem eines (nicht akademisch ausgebildeten) Technikers.

Die Revision des Mediziners gegen dieses Urteil wies der Bundesgerichtshof zurück (VI ZR 186/08). Über die berufliche Zukunft eines Babys könne man natürlich keine zuverlässigen Aussagen treffen. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz - um die Höhe des Schadens abzuschätzen - Ausbildung und Berufsqualifikation von Eltern und Geschwistern herangezogen habe.

Zwar lasse auch der berufliche Erfolg von Eltern und Geschwistern keinen zwingenden Rückschluss auf den potenziellen Lebensweg des geschädigten Kindes zu. Hier gehe es aber nicht um eine wissenschaftlich exakte Aussage, sondern um eine Schätzung. Dass jede Prognose in Bezug auf die Entwicklung des Geschädigten unsicher sei, habe die Vorinstanz ausreichend berücksichtigt: mit einem Abschlag von 20 Prozent vom möglichen Verdienst als Kommunikationstechniker.

Immerhin habe auch der Leiter der Gehörlosenschule dem ehemaligen Schüler Begabung bescheinigt: Ohne Hörschäden hätte er einen anderen Beruf als Tischler ergreifen können.

Eigentumswohnung für die Enkelin

Ein Ergänzungspfleger muss den Schenkungsvertrag genehmigen, weil er "rechtlich nicht nur vorteilhaft" ist

Die Großmutter wollte der (noch minderjährigen) Enkelin die kleine Eigentumswohnung schenken, in der sie selbst wohnte. Ein Schenkungsvertrag wurde aufgesetzt, in dem sich die alte Dame ein lebenslanges Wohnrecht garantieren ließ. Doch das Grundbuchamt spielte nicht mit: Der Vertrag werde nur wirksam, wenn ein Ergänzungspfleger ihn genehmige.

Hintergrund: Ist ein Rechtsgeschäft für einen Minderjährigen "nicht nur vorteilhaft", muss es vom gesetzlichen Vertreter genehmigt werden. Das sind in der Regel die Eltern oder ein Vormund. Ausnahme: Rechtsgeschäfte zwischen dem Minderjährigen und Personen, die den Eltern oder dem Vormund nahestehen (Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie). Dann ist wegen möglicher Interessenkonflikte ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der die Interessen des Minderjährigen vertritt (z.B. das Jugendamt oder ein Anwalt).

Da im konkreten Fall der Vater der Beschenkten "in gerader Linie" mit der Großmutter verwandt ist, forderte das Grundbuchamt, ein Ergänzungspfleger müsse den Vertrag prüfen und bewilligen. Vergeblich legte die Familie gegen den Behördenbescheid Beschwerde ein und verwies darauf, dass die Schenkung für das Mädchen von Vorteil sei.

Rechtlich gesehen, sei der Schenkungsvertrag "nicht nur vorteilhaft", erklärte der Bundesgerichtshof (V ZB 206/10). Denn die Beschenkte werde dadurch auch mit Pflichten belastet, für die sie mit der geschenkten Wohnung und mit ihrem sonstigen Vermögen hafte. Die Enkelin bekomme nicht nur das Eigentum an der Wohnung, sondern werde dadurch auch Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Eigentümer müssten sich anteilig an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums beteiligen (Instandhaltung, Verwaltung etc.). Diese Kosten könnten je nach dem Zustand des Gebäudes ein erhebliches Ausmaß annehmen. Wenn die Eigentümergemeinschaft jemandem etwas schulde, hafteten die Eigentümer gegenüber den Gläubigern mit ihrem Vermögen.

Fehlende Mutterliebe ...

... rechtfertigt Kürzung des Elternunterhalts - gestrichen wird er nicht

Im Alter von 90 Jahren war die Seniorin 2010 im Pflegeheim gestorben. Da Rente und Leistungen der Pflegeversicherung für die Heimkosten nicht gereicht hatten, war die Sozialbehörde eingesprungen. Schon seit die Mutter Anfang 2007 ins Heim kam, forderte die Behörde von deren Sohn Ersatz für einen Teil der Unterkunftskosten.

Der Rentner bezog rund 1750 Euro und weigerte sich, für seine Mutter "auch nur einen Cent zu zahlen". Bereits kurz nach der Geburt 1942 habe sie ihn zur Oma gebracht, sich kaum um ihn gekümmert. Immer habe sie ihn schikaniert und den Bruder vorgezogen. Die Mutter habe er zuletzt 30 Jahre lang nicht gesehen. Nie habe sie ihn besucht, nicht einmal bei der Geburt der Enkel.

Warum spielt das nach ihrem Tod vor Gericht eine Rolle? Weil die Sozialbehörde vom Sohn nur dann nachträglich einen Beitrag zum Unterhalt der Mutter verlangen kann, wenn diese selbst einen Anspruch darauf hatte. Deshalb bestritt der Rentner ihren Unterhaltsanspruch - während die Sozialbehörde keinen Grund erkennen mochte, warum die Mutter ihn verwirkt haben sollte.

Das Oberlandesgericht Celle schob die Lieblosigkeit der Mutter mehr oder weniger auf die Zeitumstände (15 UF 272/09). Seine ruppige Erziehung entspreche den damaligen Anschauungen, z.B. dass er während seiner Ausbildung zum Schlosser vom monatlichen Ausbildungsgeld von 25 DM der Mutter 20 DM geben musste. Das Kind emotional zu vernachlässigen, sei (nur) aus heutiger Sicht als erzieherisches Versagen anzusehen.

Während der schwierigen Umstände im Krieg sei es aber nicht als gravierendes Fehlverhalten einzustufen, das es rechtfertigen würde, den Elternunterhalt ganz zu streichen. Der Betrag, den der Sohn für die Mutter zahlen müsse, werde jedoch um ein Viertel gekürzt, weil 30 Jahre lang kein persönlicher Kontakt mehr bestanden habe. Das vom Gesetzgeber bei der Regelung der Unterhaltspflicht vorausgesetzte emotionale Eltern-Kind-Verhältnis sei praktisch nicht gelebt worden.

Ortsvorsteher bestätigte Testament: Es war aber nichtig

Kommune haftet für den Verlust derjenigen, die hätten erben sollen

Das Ehepaar verstand sich gut mit seinem Mieter, Herrn K. Er beschloss, den Vermietern sein Vermögen von ca. 100.000 Euro zu vererben. 2006 setzte der Ehemann handschriftlich den Text für ein Testament auf, das die Eheleute als alleinige Erben bestimmte. Mit Herrn K ging er ins Rathaus von Baden-Baden zum Ortsvorsteher (ein ehrenamtlicher Vertreter des Bürgermeisters).

Der Ortsvorsteher wies zwar darauf hin, dass er keine Testamente beurkunden dürfe. Dann fügte er jedoch den Vermerk hinzu, dass es in seiner Gegenwart unterschrieben wurde. Herr K hatte an dem Schriftstück des Vermieters nur das Datum geändert. Der Ortsvorsteher steckte das Testament in einen Briefumschlag, verschloss ihn und versah ihn mit einem Dienstsiegel.

Nach dem Tod des Herrn K kam das böse Erwachen für die Erben: Das Nachlassgericht erklärte das Testament für nichtig, weil es nicht vom Erblasser eigenhändig geschrieben war. Von der Stadt forderte die Vermieterin (deren Mann mittlerweile ebenfalls verstorben ist) Schadenersatz für den Verlust des Erbrechts: Der Ortsvorsteher habe so getan, als sei das Testament rechtswirksam.

Die Stadt müsse sich das pflichtwidrige, missverständliche Verhalten des Amtsträgers zurechnen lassen, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (12 U 102/10). 76.000 Euro stünden der Frau zu. Denn der Ortsvorsteher habe den falschen Eindruck erweckt, das Testament sei "in Ordnung". Er sei mit den zwei Männern den Text durchgegangen; anschließend habe er die Echtheit der Unterschrift bestätigt und das Dienstsiegel auf dem Umschlag angebracht. Dieses Tun habe dienstlichen Charakter.

Das konnten Herr K und der Vermieter nur so verstehen, als sei in dieser Sache alles Notwendige geregelt und das Testament gültig. Der Ortsvorsteher hätte es ablehnen müssen, überhaupt tätig zu werden. Er hätte erkennen können, dass sein Tun so interpretiert werden würde, als garantiere er für die Gültigkeit des Testaments. Dem Ehepaar sei allerdings ein Mitverschulden anzurechnen: Auch Laien müssten wissen, dass Testamente eigenhändig verfasst werden müssten.

Ehefrau beantragt Treffen mit dem Familienhund

OLG Hamm sieht keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf "Umgang"

Wie es die Eheleute vereinbart hatten, blieb der Hund nach der Trennung beim Ehemann. Sie hatten ihn einst gemeinsam angeschafft. Auch die Ehefrau hing jedoch sehr an dem Tier und beantragte schließlich bei Gericht, ihr ein Umgangsrecht zuzubilligen: An zwei Tagen die Woche wollte sie ihn für einige Stunden um sich haben.

Doch die Familienrichter am Oberlandesgericht Hamm fanden dafür keine Rechtsgrundlage (II-10 WF 240/10). Selbst wenn man den Hund zum Hausrat des getrennt lebenden Ehepaares zählen wollte, so das Gericht, wären die Vorschriften für die Verteilung des Hausrats nicht anwendbar: Da werde nur die dauerhafte Zuteilung von Sachen an einen der Partner geregelt. Zeitlich begrenzte Nutzungsregelungen für bestimmte Sachen seien nicht vorgesehen.

Regelungen über den Umgang mit gemeinsamen Kindern seien ebenso wenig einschlägig. Dabei gehe es in erster Linie um das Wohl der Kinder und nicht um die emotionalen Bedürfnisse des Ehepartners, der von ihnen getrennt leben müsse.

"Ergänzungspflegschaft"

Oma möchte für den Enkel mehr Kindesunterhalt vom Vater

Nach dem Tod der Mutter wohnte der Jugendliche beim Vater, mit dem er sich noch nie gut verstanden hatte. Wieder gab es Streit, schließlich ließ der Vater den Sohn zur Großmutter ziehen. Das Jugendamt war damit einverstanden.

Der Vater erteilte der Großmutter Vollmachten, überwies ihr monatlich das Kindergeld (182 Euro) und eine Halbwaisenrente (193 Euro). Er müsse darüber hinaus Barunterhalt für den Sohn zahlen, fand die Oma, und schlug beim Jugendamt eine Ergänzungspflegschaft vor.

Hintergrund: Ergänzungspfleger werden vom Familiengericht eingesetzt, um die Belange von Minderjährigen zu vertreten, wenn das den Eltern oder einem Vormund wegen eines Interessenkonflikts nicht möglich ist. Ein sorgeberechtigter Elternteil darf das Kind nicht in einem Prozess gegen sich selbst vertreten (auch nicht in Verfahren gegen nahe stehende Personen wie Ehepartner oder Verwandte in gerader Linie).

Das Familiengericht setzte deshalb für den Aufgabenkreis "Unterhaltsansprüche" eine Ergänzungspflegerin ein, die den Anspruch des Jungen gegen den Vater durchsetzen sollte. Die Beschwerde des Vaters gegen diesen Beschluss wies das Oberlandesgericht Dresden zurück (24 UF 157/10).

Er dürfe den Sohn in dieser Sache nicht vertreten. Die Großmutter betreue den Enkel über längere Zeit. Sie sei daher berechtigt, die Finanzen für den Jungen zu verwalten und für die Angelegenheiten des täglichen Lebens zu verwenden. Sie dürfe aber nicht vor Gericht den Anspruch des Enkels auf Kindesunterhalt gegen den sorgeberechtigten Vater geltend machen.

Das müsse eine Ergänzungspflegerin übernehmen: Zu Recht habe das Familiengericht die Pflegschaft angeordnet. Sollte im Unterhaltsprozess festgestellt werden, dass der Vater seinen Zahlungspflichten nicht nachkomme und das Kindeswohl vernachlässige, könnte man ihm eventuell das Sorgerecht teilweise entziehen.

Eine Treppe benutzt man auf eigene Gefahr ...

Rentner stürzte im Pflegeheim seiner Frau die Kellertreppe hinunter

Die Ehefrau des Rentners war in einem Pflegeheim untergebracht. Bei einem Besuch erfuhr er, dass sie sich mit dem Heimleiter gestritten hatte und ihr Aufenthalt bald zu Ende gehen würde. Nun sollte der Mann den Schrank seiner Frau im Keller ausräumen. Eine Krankenschwester begleitete ihn. Schon am oberen Treppenabsatz beschwerte er sich über die "schummrige Beleuchtung". Da könne sie nichts dran ändern, erklärte die Schwester.

Am Ende der Treppe stürzte der 79-Jährige und brach sich mehrere Rippen. Vom Heimträger forderte er 4.900 Euro Schmerzensgeld: Die Treppe sei eine einzige Gefahrenquelle: schlecht beleuchtet und mit einem Handlauf versehen, der an der vorletzten Stufe schon ende. Das Heim sei für den untragbaren Zustand verantwortlich.

Die Klage des Rentners gegen das Heim wurde vom Amtsgericht München abgewiesen (121 C 31386/09). "Treppen müssten nicht schlechthin gefahrlos" sein, erklärte die zuständige Richterin. Wer eine Treppe benutze, müsse aufpassen. Die Heimleitung müsse Gefahren nur beseitigen oder vor ihnen warnen, wenn sie nicht erkennbar seien und Benutzer der Treppe sich darauf nicht einstellen könnten.

Dass der Handlauf nicht bis ganz unten reiche, stelle keinen Mangel dar: Weder signalisiere ein Treppengeländer das Ende einer Treppe, noch sei der Heimträger rechtlich verpflichtet, den Handlauf bis ganz unten zu verlängern. Auch schummriges Licht begründe keinen Anspruch auf Entschädigung. Wenn es unzureichend gewesen sein sollte, hätte der Rentner die Treppe nicht benutzen sollen. Das gelte um so mehr, wenn er sich darüber ohnehin schon erfolglos beschwert habe.

Familie bekommt Hausverbot im Schwimmbad

Kommune muss höhere Fahrtkosten zu einer Therme nicht ersetzen

Eine Münchner Familie - mit fünf Kindern zwischen drei Monaten und fünf Jahren - besuchte im Sommer fast täglich ein kommunales Schwimmbad in der Nähe. Dessen Leiter verbot eines Tages der Familie für die Dauer eines Jahres den Zutritt zum Bad. Begründung: Die Familie halte sich prinzipiell nicht an die Anweisungen des Personals.

Gegen das Hausverbot klagten die Eltern und setzten sich in diesem Punkt durch. Bei einem so langen Verbot hätte die Betreiberin des Schwimmbads vorher eine Abmahnung aussprechen müssen, entschied das Amtsgericht. Ohne Erfolg blieb jedoch der Versuch der Familie, Schadenersatz für die Mehrkosten zu erhalten, die ihr durch Aufenthalte in der Therme Erding entstanden waren.

Dorthin war die Familie in der Zeit des Hausverbots ausgewichen. Da die Stadt München mit dem Verbot "ihre quasi monopolartige Stellung ausgenutzt" habe, argumentierten die Kläger, müsse die Kommune zumindest die 750 Euro Fahrtkosten übernehmen. Doch das Amtsgericht München wies die Klage ab (163 C 21065/09).

Auch wenn im Wohnbereich der Familie nur ein städtisches Bad existiere: Der Leiter des Schwimmbades habe das Verbot für zulässig und notwendig gehalten. Er habe die Familie also keineswegs vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Das Hausverbot habe weder die Gesundheit, noch das Eigentum der Familie verletzt, allenfalls ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht.

In diesem Punkt käme ein Anspruch auf Schadenersatz in Frage, aber nur dann, wenn die Familie öffentlich gedemütigt worden wäre. Das treffe jedoch nicht zu: Das Hausverbot sei schriftlich erteilt und der Familie zugeschickt worden.

Gelernter Tischler betreibt Hausmeisterservice

Was tun, wenn er davon den Mindestunterhalt für zwei Kinder nicht finanzieren kann?

Nach der Scheidung der Eltern lebten die beiden Söhne, 12 und 14 Jahre alt, bei der Mutter. Der Vater zahlte für jeden 125 Euro monatlich. Der gelernte Tischler hatte früher als angestellter Hausmeister in einem Altenheim gearbeitet und 1.400 Euro netto im Monat verdient. Dann hatte er sich mit einem Hausmeisterservice selbständig gemacht, mit wechselndem Erfolg.

Von seinen bescheidenen Gewinnen müsse er leben und die Krankenversicherung finanzieren, argumentierte der Mann. Deshalb könne er für die Söhne nicht mehr Geld abzweigen. Schließlich zog die Mutter im Namen der Jungen vor Gericht, um höheren Unterhalt durchzusetzen. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Schleswig entschied (10 UF 243/09).

Wenn der Vater mit seinem Hausmeisterservice, also durch selbständige Tätigkeit, nicht genügend verdiene, um den Mindestunterhalt für seine Kinder aufzubringen, dann müsse er sich nachhaltig um eine besser bezahlte Arbeit als Angestellter bemühen. Er sei gesund, sei kontinuierlich im Berufsleben gestanden und habe eine handwerkliche Ausbildung. Nach Überzeugung des Gerichts könnte der Unterhaltspflichtige als Angestellter 1.290 Euro netto im Monat erzielen.

Diese Summe müsse er sich daher bei der Berechnung des Unterhalts als fiktives Einkommen zurechnen lassen. Die Alternative dazu, den Hausmeisterservice aufzugeben: Er behalte - angesichts seit kurzem leicht steigender Gewinne- seine selbständige Tätigkeit bei und verdiene vorerst die fehlenden Mittel durch eine Nebentätigkeit auf Mini-Job-Basis dazu.