Familie & Gesundheit

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Ehemann katholisch, Ehefrau evangelisch

Finanzamt muss getrennte Kirchensteuerbescheide erlassen

In Deutschland sind die staatlichen Finanzbehörden dafür zuständig, die Kirchensteuer festzusetzen und einzutreiben. Das gilt jedenfalls für die beiden großen christlichen Konfessionen. Ein katholischer Ehemann war jedoch nicht damit einverstanden, dass das Finanzamt in einem Bescheid die Kirchensteuer seiner evangelischen Frau festsetzte, der an beide Eheleute gerichtet war.

Der Bundesfinanzhof gab dem Mann Recht (I R 132/93). Eine Kirche könne nur von ihren eigenen Mitgliedern Steuern erheben. Wenn Ehepartner verschiedenen Konfessionen angehörten, dürfe der Bescheid zur evangelischen Kirchensteuer daher nur an den evangelischen Glaubensangehörigen adressiert werden. Der Steuerbescheid sei unwirksam, soweit er sich an den Ehemann wende.

Werbung für Meditonsin versprach zu viel

Kurzartikel

Die NRW-Verbraucherzentrale setzte das Verbot einiger Werbeaussagen durch, mit denen der Anbieter des homöopathischen Mittels Meditonsin im Internet geworben hatte. Das betraf die Aussage, Meditonsin reduziere die "Intensität der typischen Erkältungssymptome" "rasch und zuverlässig" sowie ähnliche Behauptungen. Dies sei irreführend, so das Landgericht Dortmund. Solche Aussagen erweckten den falschen Eindruck, erkältete Patienten könnten mit Gewissheit Besserung erwarten, wenn sie das Mittel einnehmen.

Kinder brachten ihre demente Mutter ins Heim

Der Vater enterbte deshalb die Kinder und entzog ihnen den Pflichtteil

2015 war die Mutter bereits dement, trotzdem plante der Vater mit ihr eine USA-Reise. Die drei Kinder des Ehepaares sahen die Gesundheit der Mutter bedroht, zumal sich der nierenkranke Vater nicht einmal zuhause richtig um sie kümmern konnte. Aus diesem Grund holten sie ihre Mutter aus der Ehewohnung, als der Vater abwesend war. Sie hatte den Kindern schon Jahre zuvor eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.

Gegen den Protest des Vaters erwirkten die Kinder beim Amtsgericht den Beschluss, die Mutter in einem Seniorenzentrum unterzubringen. Er behauptete, sie hätten die Unterschrift auf der Vollmacht gefälscht, um sich das Vermögen zu sichern.

Über die "Entführung" war der alte Herr so wütend, dass er die Kinder in einem Testament von 2016 enterbte und ihnen "wegen groben Undanks" den Pflichtteil entzog. Gegen die Einweisung seiner Frau ins Heim klagte er erfolglos. Im Gegenzug beantragten die Kinder bei Gericht, für ihn einen Betreuer zu bestellen.

Nachdem das Amtsgericht festgestellt hatte, dass die Vorsorgevollmacht der Mutter nicht "manipuliert" worden sei, entspannte sich die Lage ein wenig: Der Vater erteilte einem Sohn die Vollmacht, ihn bei der Verwaltung seines Gewerbegrundstücks zu vertreten. Nach dem Tod des Vaters beantragten die Kinder beim Amtsgericht einen Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge. Da mittlerweile auch die Mutter gestorben war, hätten sie das Vermögen zu drei gleichen Teilen geerbt.

Der Vater habe ihnen schließlich verziehen, so das Argument der Kinder, ansonsten hätte er dem Ältesten keine Vollmacht erteilt. Damit sei nicht nur der Entzug des Pflichtteils unwirksam geworden, sondern auch die Enterbung. Sie habe dem Willen des Erblassers jetzt nicht mehr entsprochen. Dem widersprachen das Amtsgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (11 W 94/21 (Wx)).

Dass der Erblasser den Kindern den Pflichtteil entzogen habe, sei durch die "Verzeihung" unwirksam geworden (§ 2337 BGB). Das beziehe sich aber nicht automatisch auf die Enterbung. Ein entsprechender Wille des Vaters sei nicht festzustellen — von vollständiger Versöhnung könne hier nicht die Rede sein, so das OLG. Auch nachdem feststand, dass der Vorwurf der Fälschung nicht zutraf, habe der Vater weiter gegen die Heimunterbringung prozessiert.

Deshalb könne man nicht davon ausgehen, dass der Vater von der Enterbung abgesehen hätte, wenn er 2016 schon gewusst hätte, dass die Vorsorgevollmacht korrekt zustande gekommen war. Denn der eigentliche Grund für diesen Schritt sei seine Wut darüber gewesen, dass die Kinder den Wegzug der Mutter aus der Ehewohnung organisiert hätten. Nach der gesetzlichen Erbfolge stehe das Vermögen daher den Enkeln zu.

"Der einzige Tierarzt, der mit dem Endoskop operiert"

Auch für Tiermediziner gilt das ärztliche Werbeverbot

Ein Hamburger Tierarzt wurde in der Presse in einem ganzseitigen Bildbericht mit seinem Namen und seiner Adresse vorgestellt als "der einzige Tierarzt der Welt, der Hunde und Katzen mit dem Endoskop operiert" (einem Instrument zur Besichtigung des Körperinneren). Damit handelte er sich ein Urteil ein, das ihm die Mitarbeit an solchen Publikationen untersagte.

Das sei Reklame gewesen, stellte das Oberlandesgericht Hamburg fest und warf dem Tierarzt unlauteren Wettbewerb vor (3 U 54/94). Andere Tierärzte, die sich in gebotener Weise bei der Werbung zurückhielten, würden in ihrem beruflichen Fortkommen gehindert, wenn man derartige Artikel zuließe. Das Standesrecht verbiete daher zu Recht jegliche Werbung. Auch wenn das Wettbewerbsrecht in diesem Punkt etwas liberalisiert worden sei: Das Verhalten des Tiermediziners sei zu missbilligen. Hier gehe es nicht um einen Bagatellfall, vielmehr seien die Interessen der Allgemeinheit ernsthaft betroffen.

Offenkundig unwirksames Testament

Wer mit so einer "Urkunde" einen Alleinerbschein beantragt, ist "erbunwürdig" und geht leer aus

Eine Witwe hinterließ drei Kinder. Als ihr Ehemann noch lebte, hatte sie mit ihm zusammen ein gültiges Testament verfasst. Demnach sollten die Kinder erst nach dem Tod beider Elternteile zu gleichen Teilen erben. Tochter A gelang es offenbar Jahre später, die bereits schwer erkrankte Frau zu einer Änderung zu überreden. Da die Mutter nicht mehr gut schreiben konnte, schrieb sie ihr den Testamentstext selbst auf.

Nach dem Tod der Mutter reichte die Tochter beim Nachlassgericht ein Schreiben ein, in dem sie zur alleinigen Erbin des Hauses mitsamt Inventar bestimmt wurde. Es war mit "Testament" überschrieben und von der Mutter unterschrieben. Allerdings handelte es sich um den von Tochter A geschriebenen Entwurf.

Sie habe die Mutter darauf hingewiesen, dass sie den Text selbst noch abschreiben und unterschreiben müsse, erklärte A. Später habe ihr die Mutter das Testament in einem verschlossenen Umschlag ausgehändigt. Deshalb habe sie nicht bemerkt, dass die Mutter ihrem Rat nicht gefolgt sei. Die Mutter habe den Text aber gebilligt und unterschrieben. Daher beantrage sie hiermit einen Alleinerbschein.

Dagegen legte ihre Schwester B Widerspruch ein: Der Text des Einzeltestaments stamme — anders als das gemeinschaftlich verfasste Testament der Eltern — eindeutig nicht aus der Mutter Hand, sondern sei von Schwester A geschrieben. Damit sei dieses Testament offenkundig unwirksam, was A auch wisse.

So sah es auch das Landgericht Kassel: Es verweigerte A nicht nur den Alleinerbschein, sondern erklärte sie für erbunwürdig (6 O 542/22). Ein Testament sei nur wirksam, wenn es vom Erblasser/von der Erblasserin eigenhändig geschrieben sei. A habe gewusst, dass ihr Entwurf kein wirksames Testament war. Trotzdem habe sie versucht, damit einen Alleinerbschein zu bekommen. Sie habe ein ungültiges Testament beurkunden lassen wollen. Dieses Vorgehen erfülle den Tatbestand der "mittelbaren Falschbeurkundung". Infolge dessen stehe A nicht einmal mehr der Pflichtteil zu.

Strittige Alternativtherapien

Die private Krankenversicherung übernahm eineinhalb Jahre die Behandlungskosten: Vertrauensschutz?

Nach einem Herzinfarkt litt eine Patientin dauerhaft unter Herzproblemen, Blockierungen der Wirbelsäule, heftigen Kopfschmerzen und anderen Beschwerden. Sie vertraute auf einen Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, der bei ihr alternative, wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Therapien anwandte (Photonentherapie, Ozontherapie). Mit geringen Abzügen erstattete die private Krankenversicherung der Frau eineinhalb Jahre lang die Behandlungskosten.

Dann forderte das Unternehmen ausführliche Befunde und kündigte schriftlich an, den Leistungsanspruch der Versicherungsnehmerin genau zu prüfen. Dabei kam die Versicherung zu dem Ergebnis, die Leistungen seien größtenteils nicht als medizinisch notwendig einzustufen. Die letzte Rechnung belaufe sich auf 9.542 Euro, davon würden nur 1.679 Euro erstattet. Die Zahlungsklage der Patientin führte beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe nur zu einem Teilerfolg (12 U 194/22).

Nach den Versicherungsbedingungen sei das Unternehmen nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, bestätigte das OLG: Die Wirksamkeit der betreffenden Therapien sei nicht erwiesen, als medizinisch notwendig seien sie nicht anzusehen. Grundsätzlich gelte: Der Versicherer könne seine Leistungspflicht bei jeder Behandlung neu prüfen, auch dann, wenn der Krankheitszustand des/der Versicherten unverändert sei. Mit der Kostenübernahme lege er sich nicht für die Zukunft fest.

Trotzdem müsse der Versicherer hier ausnahmsweise einen Teil der Kosten übernehmen (4.234 Euro). Würden Behandlungskosten über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos erstattet, werde der Versicherungsnehmer darauf vertrauen, dass dies so bleibe. Das begründe allerdings, wie ausgeführt, noch keine Leistungspflicht. Im konkreten Fall habe jedoch das Vertrauen der Versicherten auf die Kostenübernahme ihre Entscheidung zu Gunsten der fraglichen Behandlung stark beeinflusst und das sei für den Versicherer erkennbar gewesen.

Daher sei es gerechtfertigt, dem Versicherer einen Teil der Kosten aufzuerlegen. Krankheit und Behandlungsmethoden seien im fraglichen Zeitraum gleichgeblieben. Bevor der Versicherer der Versicherten eine genaue Prüfung ankündigte, habe er die Kosten eineinhalb Jahre lang ohne Vorbehalte erstattet. Dass er dabei regelmäßig kleine Abzüge vornahm, habe die Frau nur so verstehen können, dass die Rechnungen geprüft und im Umfang der Kostenübernahme gebilligt worden seien.

Untaugliche Bandscheibenprothesen eingesetzt

Für Probleme mit zugelassenen Medizinprodukten haften nicht die Mediziner

Die konservativen Therapien seien "ausgereizt", hatte der Orthopäde der Patientin S erläutert, die er wegen Rückenproblemen behandelte: Nun müsse man operieren und Bandscheibenprothesen einsetzen. Sie folgte seinem Rat. Die Eingriffe wurden in einer Fachklinik durchgeführt. Der Chirurg verwendete dabei keine herkömmlichen Prothesen mit Titanplatten, sondern ein neues Modell, das vollständig aus Kunststoff bestand (Cadisc).

Es war wohl unzureichend klinisch erprobt, trotzdem CE-zertifiziert und für den europäischen Markt zugelassen worden. Kurz nach der Markteinführung hatte der Hersteller die ersten Chargen zurückgerufen: Man hatte festgestellt, dass die Prothesen an Höhe verloren und schlecht einwuchsen. Später nahm der Hersteller die Cadisc-Modelle vom Markt. Auch bei Frau S mussten die implantierten Prothesen wieder entnommen werden.

Für diese Tortur verlangte die Patientin Schmerzensgeld von der Klinik und vom Operateur. Sie warf ihnen vor, dass sie unzureichend über die Risiken dieser neuen Behandlungsmethode aufgeklärt worden sei. Doch das Oberlandesgericht Oldenburg wies den Vorwurf zurück (5 U 70/19). Hier gehe es nicht um eine Behandlung, mit der medizinisches "Neuland" betreten wurde — und die deswegen mit unbekannten Risiken behaftet gewesen sei.

Wenn ein Eingriff (noch) nicht medizinischer Standard sei, müsse der behandelnde Arzt den Patienten darüber klar informieren. Doch bei den Bandscheibenprothesen seien sich alle Sachverständigen und Experten einig: Die Cadisc-Prothese sei etwas anders gebaut, unterscheide sich aber von etablierten Prothesen im "Risikoprofil" nicht. Probleme (beim Einwachsen, den Höhenverlust etc.) gebe es auch bei herkömmlichen Prothesen, sie würden heutzutage kritisch beurteilt.

Unbekannte Risiken durch eine "Neulandmethode" drohten also nicht, also hätten die Mediziner darauf auch nicht aufklären müssen. Es sei auch kein Behandlungsfehler gewesen, Cadisc-Prothesen einzusetzen. Ärzte dürften sich grundsätzlich auf CE-zertifizierte, zugelassene Medizinprodukte verlassen.

Für Defizite im Zulassungsverfahren der Medizinprodukte hafteten nicht die Mediziner. Ihnen fehle die Sachkunde, das Material zu beurteilen: Das komme im Medizinstudium nicht vor. Wenn ein Patient geltend mache, ihm sei durch ein CE-zertifiziertes Produkt Schaden entstanden, müsse er sich an die Zulassungsstellen wenden.

Den Namen der Ex-Frau als Internet-Domain benutzt

Der Mann betrieb unter ihrem Namen eine Webseite und veröffentlichte Fotos von ihr

Schon seit 2014 ist ein ehemaliges Paar geschieden, doch noch immer scheint der Ex-Ehemann auf Rachefeldzug zu sein. Immer wieder einmal beschimpfte er seine Verflossene öffentlich als "vollkommen dumm", "Lügnerin" und "Betrügerin". Dann verfiel der Mann auf die Idee, ihren Namen als Internet-Domain zu verwenden — so dass Internetnutzer den Eindruck bekommen mussten, die Frau betreibe die Webseite selbst.

Hier berichtete er in der Ich-Form auf wenig schmeichelhafte Weise über ihre Rolle als Mutter und in der zerrütteten Ehe. Dazu veröffentlichte der Mann ein Foto, das die Frau von hinten zeigte — nur mit einem Tanga bekleidet. Kommentar zum Bild: "Man zeigt seinen Kindern den Arsch". Vergeblich forderte ihn die Frau auf, das Foto zu entfernen und die Internetseite freizugeben. Der Übeltäter war der Ansicht, keinerlei Rechte verletzt zu haben.

Schließlich zog die Frau vor Gericht, um ihre Forderungen und eine Entschädigung durchzusetzen. Beim Landgericht Coburg hatte die Klage überwiegend Erfolg (12 O 68/21). Der Mann dürfe den Namen seiner Ex-Frau nicht als Internet-Domain verwenden und er müsse die Internetseite freigeben, entschied das Landgericht. Unter einem fremden Namen eine Domain registrieren zu lassen und im Netz zu verwenden, verletze das Namensrecht.

So habe der Mann absichtlich den falschen Eindruck erweckt, seine geschiedene Frau betreibe diese Internetseite selbst und publiziere geschmacklose Fotos. Zwar sei ihr Gesicht auf dem Bild nicht zu sehen, sondern nur ihr Rücken und ihr mit Tangaunterwäsche bekleidetes Gesäß. Doch ergebe sich ein klarer Bezug zu ihrer Person aus dem Domainnamen und aus dem Begleittext zum Bild. Dadurch habe der Mann das Recht seiner früheren Ehefrau am eigenen Bild verletzt.

Eine Entschädigung blieb der Frau allerdings verwehrt. So massiv sei die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nicht gewesen, dass dies mit Geld aufgewogen werden müsse, fand das Landgericht. Schließlich gehe es hier nicht um ein Nacktfoto des Intimbereichs. Vergleichbare Bilder seien heutzutage auch in wöchentlich erscheinenden Werbeprospekten nichts Ungewöhnliches mehr.

Senioren-Paar darf erwachsenen Urenkel nicht adoptieren

Kurzartikel

Eine "Erwachsenenadoption" ist nur bei einer starken inneren Bindung "im Sinn eines Eltern-Kind-Verhältnisses" zulässig. Deshalb lehnte das OLG Oldenburg den Antrag eines alten Ehepaares ab, den erwachsenen Urenkel adoptieren zu dürfen. Gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis sprächen hier der erhebliche Altersunterschied und das intakte Verhältnis des jungen Mannes zu seiner Mutter. Einige Indizien belegten, dass nur Erbschaftsteuer gespart werden solle: Das reiche nicht aus, um eine Adoption zu rechtfertigen.

Kind nach Frühgeburt erblindet

Trotz des besonderen Risikos bei Frühgeborenen empfahl die Klinik einen zu späten Kontrolltermin

Bei Frühgeborenen besteht ein sehr hohes Risiko, dass sich die Netzhaut in den Augen ablöst. Das ist schon lange bekannt. Ein bereits in der 25. Schwangerschaftswoche geborener Junge war im Krankenhaus regelmäßig auch vom Augenarzt untersucht worden. Drei Monate nach der Geburt durften die Eltern das Kind mit nach Hause nehmen. Bei der Entlassung wurde ihnen geraten, die Augen des Jungen nach weiteren drei Monaten kontrollieren zu lassen.

Doch schon nach ca. fünf Wochen war das rechte Auge nicht mehr zu retten: Die Netzhautablösung war so fortgeschritten, dass das Kind auf dem rechten Auge vollständig erblindet ist und auf dem linken Auge hochgradig sehbehindert. Im Namen ihres Jungen verklagten die Eltern das Krankenhaus auf Zahlung von Schmerzensgeld: Es sei ein Behandlungsfehler gewesen, eine so späte Kontrolluntersuchung zu empfehlen.

So beurteilte auch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg den Fall und sprach dem Kind 130.000 Euro Schmerzensgeld zu (5 U 45/22). Der medizinische Sachverständige habe erläutert, dass die ärztliche Nachkontrolle der Netzhaut deutlich früher hätte stattfinden müssen. Dann hätte man die Augen weiter behandeln können — so hätte z.B. eine Laserbehandlung zu einem früheren Zeitpunkt noch erfolgreich sein können.

Deshalb müsse das Krankenhaus für den Schaden haften, der durch die falsche Empfehlung entstanden sei. Das Schmerzensgeld setzte das OLG sogar deutlich höher an als gefordert und begründete das so: Das Kind werde lebenslang von Hilfen abhängig sein. Darüber hinaus schulde das Krankenhaus dem Jungen auch Ersatz für materielle Schäden, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeglichen würden.

Detailfragen der Umgangsregelung

Amtsrichter am Familiengericht bezweifelt seine Zuständigkeit

Der Vater eines zweieinhalbjährigen Kindes hatte sich mit der Mutter dahingehend geeinigt, dass er alle zwei Wochen samstags und sonntags und zwischendurch noch einmal einen halben Tag mit seinem Sohn zusammen sein durfte. Er beantragte später beim Familiengericht, sein Umgangsrecht auszuweiten: Das Kind sollte an den Besuchswochenenden bei ihm auch übernachten. Mit diesem Antrag hatte der Vater keinen Erfolg.

Entgegen der gängigen Gerichtspraxis befand das Amtsgericht Groß-Gerau, es sei nicht seine Aufgabe zu bestimmen, ob es dem Kind guttue, beim Vater zu übernachten (71 F 251/94). Die Mutter habe für ihre Einwände ebenso gute Argumente wie der Vater. Die Mutter verweise auf die Schlafstörungen des Kindes, der Vater nehme an, die Schlafstörungen und sonstigen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes seien auf seinen Auszug zurückzuführen.

Derartige Fragen zu entscheiden, falle nicht in den Bereich des Rechts, so das Amtsgericht, sondern in den der Pädagogik. Ein Familienrichter, der das Kind nur aus der mündlichen Verhandlung kenne, sei damit überfordert, Detailfragen in Bezug auf Kleidung, Ernährung, Übernachten und Aufsicht zu entscheiden. (Was dem Kindeswohl am besten entspricht, wird heutzutage in der Regel auf Basis psychologischer Gutachten und/oder Stellungnahmen des Jugendamts-Personals entschieden.)

Streit um Trennungsunterhalt

Der Ehemann warf seiner Frau vor, sie habe ihre Bedürftigkeit leichtfertig selbst verschuldet

Ein Ehepaar hatte sich im Sommer 2018 getrennt, seit Februar 2020 sind die Partner geschieden. Bereits Anfang 2019 hatte die Ehefrau nicht gezahlten Trennungsunterhalt eingeklagt und gefordert, der Unterhalt müsse bis zur Scheidung auf 434 Euro monatlich erhöht werden. Sie ist Friseurin und verdient im Monat durchschnittlich rund 1.000 Euro netto, zuzüglich ungefähr 100 Euro Trinkgelder.

Der Ehemann, der 1.865 Euro verdient, behauptete, er sei leistungsunfähig. Außerdem sei seine Frau selbst schuld, erklärte er: Sie wäre nicht auf Unterhalt angewiesen, wenn sie nicht mit einem Wechsel des Arbeitsplatzes nach der Trennung 2018 leichtfertig ihr Einkommen vermindert hätte. Sie arbeite jetzt in einer anderen Filiale des Friseurgeschäfts, beziehe dort weniger Gehalt und angeblich auch weniger Trinkgeld. Aber der Trennungsunterhalt müsse sich nach ihrem Einkommen während der Ehe richten.

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied den Streit zu Gunsten der geschiedenen Frau (13 UF 212/19). "Bedürftig" im Sinne des Gesetzes sei sie allemal, da ihr Einkommen während der Trennungszeit wesentlich geringer gewesen sei als das ihres Ehemannes. Dabei komme es nur darauf an, was die Friseurin jetzt tatsächlich verdiene und nicht auf das Gehalt, das sie bis zum Arbeitsplatzwechsel bezogen habe. Denn leichtfertig verringert habe sie ihr Gehalt nun wirklich nicht.

Vielmehr habe die Friseurin früher durch erhebliche Mehrarbeit — 11-Stunden-Schichten! — zusätzlich Geld verdient. Das habe sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr durchhalten können. Durch den Umzug zu ihrer Mutter habe sie sogar Miete gespart. Aber der Umzug habe es eben auch notwendig gemacht, in eine andere, wohnortnähere Filiale des Arbeitgebers zu wechseln. Da gebe es eine "andere Kundenstruktur" und weniger Trinkgeld.

Es könne also keine Rede davon sein, dass die Frau rücksichtslos gegen die Interessen ihres Ehemannes gehandelt habe. Es sei nicht leichtfertig, auf Überstunden zu verzichten, wenn die ständige Mehrarbeit die eigene Gesundheit gefährde.

Wer wird Hoferbin?

Die Tochter des verstorbenen Landwirts kennt sich nicht aus, die Schwester ist "wirtschaftsfähig"

Ein unverheirateter Landwirt war 2020 im Alter von 69 Jahren gestorben, ohne ein Testament zu hinterlassen. Zuletzt hatte er nur noch ca. 20 Rinder gehalten und die Äcker überwiegend von befreundeten Landwirten bewirtschaften lassen. Etwa zwölf Hektar bestellte der Landwirt noch selbst. Dabei half ihm ein Neffe, Sohn seiner Schwester C. C ist Steuerfachangestellte und erledigte für den Landwirt die Buchführung. Nach dem Tod des Bruders beantragte sie beim Landwirtschaftsgericht, ihr den Hof zuzusprechen.

Das Gericht erklärte C zur Hoferbin. Doch die nichteheliche Tochter des Landwirts, die zum Vater nie Kontakt hatte, widersprach und machte geltend, sie sei selbst "wirtschaftsfähig" (d.h. in der Lage, den Hof zu übernehmen). Die Diplom-Chemikerin und passionierte Reiterin wollte aus dem Hof einen "Pferde-Aktivstall" machen. Schwester C habe keine Mittel, die sie in den heruntergewirtschafteten Hof investieren könnte, so die Tochter, und sie sei zu alt, um ihn zu führen. Das würde sie doch nur ihrem Sohn überlassen.

Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts (60L WLw 5/22). Die Tochter habe weder eine landwirtschaftliche Ausbildung, noch betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. Wie die Befragung gezeigt habe, verfüge sie nicht einmal über die Grundkenntnisse, die nach ihrem Konzept eines Pferde-Aktivhofs erforderlich wären, um das Pferdefutter anzubauen.

Ob das Futter für die Pferde gekauft oder angebaut werden solle und zu welchen Kosten, werde in ihrem Konzept nicht einmal erwähnt. Die Tochter habe nicht gelernt, betriebswirtschaftlich zu kalkulieren und sei nicht in der Lage, den über 50 Hektar großen Betrieb in einen Pferdehof umzuwandeln.

Dagegen habe Schwester C als Steuerfachfrau bessere betriebswirtschaftliche Kenntnisse als die meisten Landwirte. Sie führe seit Jahrzehnten die Bücher für den Bruder und für ihren Mann, der ebenfalls Landwirt sei. C sei mit den Besonderheiten des Hofs vertraut, arbeite auch auf dem Hof ihres Mannes mit, könne melken und Traktor fahren. Dass sie schon 67 Jahre alt sei, ändere nichts an ihrer "Wirtschaftsfähigkeit". Bei der körperlichen Arbeit könne ihr Sohn, ein Agrarbetriebswirt, sie unterstützen — C könnte auch Hilfskräfte überwachen, falls welche benötigt würden.

Die Wirtschaftsfähigkeit eines Hoferben hänge nicht von den Geldmitteln ab, die er oder sie in den Betrieb investieren könne. Vielmehr gehe es darum, ob er oder sie Erträge und Kosten richtig kalkulieren könne. Und das könne die Schwester des Erblassers zweifellos. Wenn sie beabsichtigen sollte, ihren Sohn Äcker und Hof bewirtschaften zu lassen, sei auch das kein Problem: Ein Hoferbe müsse den Hof nicht selbst bewirtschaften, er oder sie müsse nur die Fähigkeit dazu haben.

Ehefrau baut nach der Trennung die Ehewohnung um

Trotzdem steht ihr das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung zu

2018 hatte sich ein Paar nach elf Jahren Ehe getrennt. Der Ehemann lebt mit neuer Partnerin in einer neuen Wohnung zusammen. Ehefrau und Tochter blieben im eigenen Haus: Es gehört zu 88,5 Prozent dem Ehemann, zu 11,5 Prozent der Ehefrau. In dem Anwesen gab es immer schon zwei Wohnungen: Eine Wohnung im Dachgeschoss war vermietet, die restliche Wohnfläche diente als Ehewohnung. Nach der Trennung baute die Ehefrau das Obergeschoss um und integrierte einige Räume in die vermietete Dachgeschosswohnung.

Anfang 2022 beantragte der Mann eine Teilungsversteigerung des Hauses: Er brauche das Geld und sei nicht damit einverstanden, dass seine Frau hier wohnen bleibe. Die Ehewohnung existiere ja nach dem Umbau nicht mehr.

Dagegen wehrte sich die Frau: Man müsse ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen, forderte sie. Das sei für ihren "Ex" durchaus zumutbar: Schließlich zahle sie ihm Nutzungsentschädigung und trage die Hälfte der Kreditraten für das Haus. Obendrein kassiere der Mann den Löwenanteil der Miete für die Dachgeschosswohnung.

Das Oberlandesgericht München gab der Ehefrau Recht (16 UF 907/22). Wenn ein Ehepartner nach der Trennung ausziehe und nicht innerhalb von sechs Monaten ankündige, zurückkehren zu wollen, werde davon ausgegangen, dass dem in der Wohnung verbliebenen Ehepartner das alleinige Nutzungsrecht an der Wohnung zustehe (§ 1361b Abs.4, Bürgerliches Gesetzbuch). Im konkreten Fall habe die Ehefrau zwar einige Räume von der Ehewohnung abgetrennt und in die Dachgeschosswohnung integriert, um sie besser vermieten zu können.

Trotz des Umbaus handle es sich aber immer noch um die Ehewohnung. Eine Ehewohnung sei erst dann keine mehr, wenn beide Partner sie einvernehmlich mit dem festen Willen verlassen, nicht zurückzukehren. Wolle ein Partner aber bleiben, sei es zu seinem Schutz — und zum Schutz der betroffenen Kinder — erforderlich, dass die Ehewohnung während der gesamten Trennungszeit weiterhin als solche gelte. Eine Versteigerung des Hauses gegen den Willen der Ehefrau komme nicht in Frage.

Alleinerbe verkauft Familienheim

Wurde er zum Alleinerben bestimmt, um dies zu verhindern, ist die Erbeinsetzung anfechtbar

Eine Witwe mit zwei erwachsenen Kindern hatte 2002 ein Testament verfasst. Darin setzte sie ihren Sohn als Alleinerben ein, ihre Tochter sollte nur den Pflichtteil erhalten. Dies solle keine Strafe oder Benachteiligung für die Tochter sein, schrieb die Mutter: Aber dieser Weg sei die einzige Möglichkeit, das sanierungsbedürftige Wohnhaus zu erhalten, das eine "Belastung" sei. Sie und ihr verstorbener Mann wollten unbedingt vermeiden, dass das Familienheim "verschleudert" werden müsse.

Nach dem Tod der Mutter im April 2020 beantragte und erhielt der Sohn deshalb einen Alleinerbschein. Den Wert des Wohnhauses ließ er von einem kommunalen Ausschuss ermitteln (710.000 Euro). Auf Basis dieses Werts vereinbarte er mit seiner Schwester die Höhe ihres Pflichtteils. Schon vorher hatte der Erbe jedoch Kontakt zu einem Immobilienmakler aufgenommen. Drei Wochen nach dem Vertrag mit der Schwester verkaufte er das Haus zum Preis von 819.000 Euro.

Als die Schwester davon erfuhr, warf sie ihm arglistige Täuschung vor und focht das Testament an: Die Mutter habe den Bruder nur als Alleinerben eingesetzt, weil sie irrtümlicherweise angenommen habe, so den Verbleib des Wohnhauses im Familienbesitz zu sichern. Da sich der Bruder daran aber nicht gehalten habe, stehe ihr — der Schwester — nun als Miterbin gemäß gesetzlicher Erbfolge die Hälfte des Kaufpreises zu.

Das Landgericht Wuppertal gab der Schwester Recht (2 O 317/21). Ein Testament könne angefochten werden, wenn ein Erblasser es aufgrund einer irrigen Annahme verfasst habe. Im konkreten Fall habe sich die Witwe bei der Erbeinsetzung von der Vorstellung leiten lassen, dass ihr Sohn als Alleinerbe das Haus im Familienbesitz halten würde. Sie wolle es nicht "verschleudert sehen", stehe da wortwörtlich.

Da sich diese Erwartung nicht erfüllt habe, habe die Tochter zu Recht das Testament angefochten: Es sei unwirksam. Mit dem Testament entfalle auch die Geschäftsgrundlage für den Pflichtteilsvertrag zwischen den Geschwistern. Der Sohn sei nicht Alleinerbe, vielmehr gelte nun die gesetzliche Erbfolge, d.h. die Geschwister erbten zu gleichen Teilen.

Vor Gericht habe der Mann auch zugegeben, dass er die Schwester belogen habe: Er habe von vornherein geplant, das Haus zu verkaufen, weil er die nötige Komplett-Sanierung nicht hätte finanzieren können. Bei der Pflichtteilsvereinbarung habe der Bruder die Schwester also tatsächlich arglistig getäuscht. Darauf komme es jetzt aber nicht mehr an, stellte das Landgericht fest, da die im Testament getroffene Regelung ohnehin unwirksam sei.

Scheidung: Mann übernimmt die Ehewohnung

Seine nun höhere Miete wird beim Trennungsunterhalt für die Frau nicht berücksichtigt

Schon vor der Heirat hatte der Mann alleine in der späteren Ehewohnung gelebt. Im Sommer 2018 trennte sich das Ehepaar, die Frau zog aus. Rechtskräftig geschieden sind die Partner seit Februar 2020. Gestritten wurde um die Höhe des Trennungsunterhalts für die Frau, der ihr von Sommer 2018 bis Februar 2020 zustand.

Der unterhaltspflichtige Mann forderte, das Gericht müsse bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrags berücksichtigen, dass sich durch die Trennung für ihn die Miete verdoppelt habe.

Die gestiegenen Wohnkosten minderten seine Unterhaltspflicht nicht, urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (13 UF 212/19). Wenn sich Eheleute endgültig trennten und ein Partner vereinbarungsgemäß die Ehewohnung allein übernehme, hafte dieser Partner (nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist) allein für die Miete. Im konkreten Fall habe der Ehemann mit seiner Frau und mit dem Vermieter im August 2018 vereinbart, die Frau solle aus dem Mietverhältnis entlassen werden.

Dass er von da an die Miete allein zahlen musste, sei klar gewesen. Sollte er damit überfordert sein, müsse er sich eine günstigere Wohnung suchen. Beim Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei fürs Wohnen ein Betrag von 380 Euro vorgesehen. Den Selbstbehalt wegen einer höheren Miete zu erhöhen und dies beim Trennungsunterhalt anzurechnen, komme nur in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige zwangsläufig mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müsse als 380 Euro.

Das treffe hier jedoch nicht zu. Dass sich der geschiedene Mann um günstigeren Wohnraum bemüht habe, habe er nicht dargelegt. Nichts spreche dafür, dass dies unmöglich oder unzumutbar wäre. Der Mann habe sich freiwillig für die jetzige Wohnsituation entschieden.

Kind vor der Kreuzfahrt Corona-positiv

Aufgrund einer nicht eindeutigen Vertragsklausel wurde die ganze Familie von der Reise ausgeschlossen

Für Oktober 2021 hatte ein Mann für sich und seine Familie eine Kreuzfahrt gebucht: von Kiel über Göteborg, Visby, Stockholm und retour. Kaum hatte die Familie vor dem Reisebeginn die Kabinen bezogen, fand ein Coronatest statt. Laut Reisevertrag durften Urlauber die Kreuzfahrt nur mit einem negativen Test antreten. Doch der Sohn wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Daraufhin musste die ganze Familie das Schiff verlassen.

So stand es in den Reisebedingungen: "Im Fall eines positiven Testergebnisses behält sich der Kreuzfahrt-Veranstalter das Recht vor, auch die Mitreisenden des positiv getesteten Gastes von der Kreuzfahrt auszuschließen."

Der Familienvater verklagte den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des Reisepreises (7.180 Euro) und hatte damit beim Landgericht Rostock überwiegend Erfolg (1 O 51/22).

Zu Recht habe der Veranstalter das infizierte Kind nicht mitgenommen. Alle Reisenden auszuschließen, sei jedoch unzulässig gewesen, so das Landgericht: Denn die einschlägige Klausel im Reisevertrag sei intransparent und damit unwirksam. Richtig sei: Wenn eine Familie zusammen anreise, die auch zuhause "in häuslicher Gemeinschaft" lebe, bestehe das Risiko, dass die "Mitreisenden" eines Corona-positiven Gastes trotz eines negativen Tests infiziert seien.

Der Wortlaut der Klausel beziehe sich aber nicht nur auf Familien. Wenn ein Reisender für andere Personen eine Reise mit-buche, sage das nichts Zwingendes über den Kontakt vor dem Reiseantritt aus. Es sei gut möglich, dass sich eine Reisegruppe (oder ein Reisender und sein Mitreisender) erst an Bord treffe und vorher kein Kontakt, also auch keine Ansteckungsgefahr bestand. In so einem Fall wäre ein Ausschluss der Gruppe von der Reise wegen der Infektion einer Person offenkundig unangemessen.

Wenn eine Vertragsklausel nicht eindeutig formuliert sei, gingen Zweifel in Bezug auf ihre Interpretation zu Lasten des Reiseunternehmens. Der Kreuzfahrt-Veranstalter müsse daher den Reisepreis zurückzahlen — mit Ausnahme des Anteils für den infizierten Sohn, von dem wiederum ersparte Aufwendungen des Unternehmens abzuziehen seien.

Nikotin als erhöhtes Risiko für die Heilung

Dieser Hinweis des Zahnarztes stellt klar, dass die Behandlung auch misslingen kann

Dem Patienten sollten Zahnprothesen eingesetzt werden. Vor dem Eingriff sprach der Zahnarzt mit dem Raucher darüber und betonte besonders, dass die Prothese in der Regel schlechter einheile, wenn Patienten Alkohol und Nikotin konsumierten. Als der Heilungsprozess dann tatsächlich fehlschlug, klagte der Patient auf Schmerzensgeld.

Begründung: Dass der Eingriff grundsätzlich misslingen könne, habe ihm der Mediziner nicht klargemacht. Er habe ihn nur auf seinen Lebenswandel angesprochen, also sei die Risikoaufklärung unzulänglich gewesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle konnte im konkreten Fall jedoch kein Aufklärungsdefizit erkennen (I U 52/22).

Chirurgische Eingriffe seien nicht immer erfolgreich, so das OLG: Möglicherweise wüssten nicht alle Patienten darüber Bescheid. Im konkreten Fall habe der Zahnarzt diese Information jedoch nicht "unterschlagen", im Gegenteil: Im Zusammenhang mit dem Lebenswandel des Patienten sei das Misserfolgs-Risiko sehr wohl Thema gewesen.

Der Zahnarzt habe mit ihm erörtert, inwiefern seine Gewohnheiten wie Rauchen und Alkoholkonsum den Erfolg der Behandlung verzögern oder gar gefährden könnten. Das Risiko eines Misserfolgs bestehe grundsätzlich immer, werde durch die Lebensführung im Einzelfall nur deutlich erhöht. Nach diesem Hinweis habe der Patient von der Möglichkeit eines Fehlschlags ausgehen müssen, auch wenn er mit dem Rauchen aufgehört hätte.

Unterhaltsschulden beim Sohn

Wie wird der Unterhalt des Vaters für ein jüngeres Kind bei der Zwangsvollstreckung berücksichtigt?

Ein Vater zahlte den Unterhalt für seinen Sohn nur sehr zögerlich und blieb immer wieder etwas schuldig. Die Mutter erwirkte im Namen des Sohnes den gerichtlichen Beschluss, das Geld per Zwangsvollstreckung einzutreiben. Nur 960 Euro monatlich sollten dem Vater für seinen Lebensunterhalt verbleiben. Gegen den Beschluss wehrte sich der Mann und verwies darauf, dass er auch für sein jüngeres Kind E Unterhalt zahlen müsse.

Laut Gesetz wäre das ein Betrag von 322 Euro monatlich gewesen. Tatsächlich zahlte der Vater aber wegen seines geringen Gehalts für E nur 248 Euro. Das Landgericht Mainz erhöhte den pfändungsfreien Betrag — d.h. den Betrag, den der Vater behalten darf — um 248 Euro. Vergeblich beantragte der Vater, den pfändungsfreien Betrag um 322 Euro zu erhöhen, also um den gesetzlich geschuldeten Unterhalt.

Der Bundesgerichtshof lehnte dies ab (VII ZB 35/20). Hier gehe es um die Frage, wie der pfändungsfreie Betrag zu bestimmen sei, wenn der Vater auch weiteren Unterhaltsberechtigten Unterhalt schulde. Konkret: Das jüngere Kind dürfe durch die Zwangsvollstreckung — die der ältere Sohn betreibe, um den Vater zur Zahlung des Unterhalts zu zwingen — nicht benachteiligt werden.

Dieses Ziel erfordere es jedoch nicht, den pfändungsfreien Betrag um die Summe zu erhöhen, die nötig wäre, um die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem jüngeren Kind ganz zu erfüllen — wenn der Vater diese tatsächlich nur teilweise erfülle. Im Gegenteil: Würde man dem Vater (= Unterhaltsschuldner) zugestehen, den gesetzlich geschuldeten Betrag von 322 Euro zu behalten, wäre gerade nicht sichergestellt, dass das jüngere Kind diesen Betrag wirklich bekomme.

Zahle ein Unterhaltspflichtiger nur unregelmäßig, sei es vielmehr praxisgerecht, beim pfändungsfreien Betrag nur den Durchschnitt des wirklich geleisteten Unterhalts zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, dass der Vater künftig an das Kind E mehr zahlen wolle bzw. könne, sei damit ja nicht ausgeschlossen. Auf Antrag könne das Gericht dafür den pfändungsfreien Betrag befristet erhöhen.

Der Vater eines nichtehelichen Kindes hat Elternrechte

Er muss bei der Adoption durch Mutter und/oder Stiefvater gefragt werden

Das Bundesverfassungsgericht hat erneut eine Bestimmung des Familienrechts außer Kraft gesetzt, die zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterschied. Dabei ging es um die Rolle des Vaters bei der Adoption seines nichtehelich geborenen Kindes. Wenn er bisher die Adoption durch die Mutter oder den Stiefvater nicht billigte, so war dies unerheblich. Denn das Gesetz verlangte dafür nur die Einwilligung der Mutter (§ 1747 BGB). Manche Vormundschaftsgerichte hörten den leiblichen Vater nicht einmal an.

Diese Regelung verstoße gegen das vom Grundgesetz garantierte natürliche Recht von Eltern, sich um ihre Kinder zu kümmern, entschieden nun die Karlsruher Verfassungsrichter (1 BvR 790/91). Ein Vater habe gegenüber seinem Kind Elternrechte, auch wenn er mit der Mutter nicht verheiratet sei. Dagegen spreche auch nicht, dass es nach wie vor ledige Väter gebe, die sich um ihr Kind nicht kümmerten.

Im Adoptionsverfahren müsse das zuständige Vormundschaftsgericht nichtehelichen Vätern rechtliches Gehör gewähren. Bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber dürften in den genannten Fällen Adoptionen nur noch mit Zustimmung des Vaters erfolgen. Lehne er die Adoption ab, müsse das Verfahren bis zur gesetzlichen Neuregelung ausgesetzt werden.