Der Vater eines zweieinhalbjährigen Kindes hatte sich mit der Mutter dahingehend geeinigt, dass er alle zwei Wochen samstags und sonntags und zwischendurch noch einmal einen halben Tag mit seinem Sohn zusammen sein durfte. Er beantragte später beim Familiengericht, sein Umgangsrecht auszuweiten: Das Kind sollte an den Besuchswochenenden bei ihm auch übernachten. Mit diesem Antrag hatte der Vater keinen Erfolg.
Entgegen der gängigen Gerichtspraxis befand das Amtsgericht Groß-Gerau, es sei nicht seine Aufgabe zu bestimmen, ob es dem Kind guttue, beim Vater zu übernachten (71 F 251/94). Die Mutter habe für ihre Einwände ebenso gute Argumente wie der Vater. Die Mutter verweise auf die Schlafstörungen des Kindes, der Vater nehme an, die Schlafstörungen und sonstigen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes seien auf seinen Auszug zurückzuführen.
Derartige Fragen zu entscheiden, falle nicht in den Bereich des Rechts, so das Amtsgericht, sondern in den der Pädagogik. Ein Familienrichter, der das Kind nur aus der mündlichen Verhandlung kenne, sei damit überfordert, Detailfragen in Bezug auf Kleidung, Ernährung, Übernachten und Aufsicht zu entscheiden. (Was dem Kindeswohl am besten entspricht, wird heutzutage in der Regel auf Basis psychologischer Gutachten und/oder Stellungnahmen des Jugendamts-Personals entschieden.)