Die Witwe und Mutter von vier Kindern war im Alter von 82 Jahren gestorben. In einem eigenhändig geschriebenen Testament hatte sie im Oktober 2000 ihren ältesten Sohn als Alleinerben eingesetzt, der sie in den letzten Jahren versorgt und betreut hatte. Sie vererbte ihm eine Doppelhaushälfte und Vermögen im Wert von 123.000 Euro.
Doch die Geschwister beantragten, dem Bruder keinen Erbschein als Alleinerben auszustellen: Ihre Mutter sei nach einem 1998 erlittenen Schlaganfall dement gewesen und nicht in der Lage, ein Testament zu verfassen. Der Nachlass müsse unter die Geschwister aufgeteilt werden. Der Bruder widersprach: In letzter Zeit sei es der Mutter besser gegangen, sie habe sogar die Ziffern am Bankautomaten selbstständig eingeben können. Er habe ihr beim Schreiben des Testaments zwar etwas geholfen, aber sie habe es inhaltlich verstanden und so gewollt.
Doch das Bayerische Oberste Landesgericht verließ sich auf die medizinischen und psychiatrischen Sachverständigengutachten und erklärte das Testament für unwirksam (1Z BR 112/04). Dass einzelne intellektuelle Fähigkeiten noch ansatzweise vorhanden waren, widerlege nicht die Aussagen der Mediziner, die bei der Mutter einmütig und ohne Zweifel vaskuläre Demenz festgestellt hätten. Die Erblasserin sei demnach im Herbst 2000 in ihrer Kritik- und Urteilsfähigkeit so eingeschränkt gewesen, dass sie sich weder ein klares Urteil bilden, noch danach eigenständig handeln konnte.
"Testierfähig" seien nur Personen, welche die Bedeutung einer Willenserklärung erfassten, sich dabei von normalen Erwägungen leiten ließen und frei von Einflüssen anderer, interessierter Personen handelten. Dies sei bei dementen Personen ausgeschlossen. Auch "klare Momente zwischendurch" gebe es bei diesem Krankheitsbild nicht. Gemäß der gesetzlichen Erbfolge gehöre daher das Erbe zu gleichen Teilen den vier Geschwistern.