Der alte Herr lebte schon länger mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Kinder hatte er keine, aber vier Nichten bzw. Neffen. Diese hatte er vor Jahren in einem notariellen Testament zu je einem Viertel als Erben eingesetzt und seiner Lebensgefährtin einen runden Geldbetrag vermacht. Später verfasste er ein zweites Testament.
Darin ordnete er an, dass "das Haus und meine anderen Sachen bekommen soll, wer sich bis zu meinem Tode um mich kümmert". Nach einem Schlaganfall pflegten ihn seine Lebensgefährtin und Neffe N. Als der alte Herr starb, hinterließ er 16.000 Euro Geldvermögen und ein Wohnhaus, das ca. 90.000 Euro wert war.
Das Nachlassgericht befragte Verwandte, Freunde und Bekannte und kam zu dem Schluss, die Lebensgefährtin und N hätten das im Testament aufgestellte Kriterium erfüllt: Sie hätten sich um den Erblasser "gekümmert". Deshalb stellte das Nachlassgericht zwei Erbscheine zu je einer Hälfte aus. Dagegen legte jedoch der Neffe Beschwerde ein und forderte, ihn als Alleinerbe anzuerkennen.
Damit schadete er der Lebensgefährtin des verstorbenen Onkels, aber auch sich selbst. Denn das Oberlandesgericht München erklärte das erste Testament für gültig (31 Wx 55/13). Das zweite Testament bestimme keinen Erben und sei unwirksam. Das Nachlassgericht solle den Erben/die Erben nach dem Kriterium auswählen, wer sich um den Erblasser "gekümmert" habe. Das Kriterium sei aber total unbestimmt.
Damit könnten körperliche Pflege, Hilfe bei der Hausarbeit oder seelische Stütze gemeint sein. Mit dieser unklaren Formulierung im Testament werde letztlich die Bestimmung des Erben auf das Nachlassgericht übertragen — das sei unzulässig. Erblasser müssten im Testament zumindest so konkrete Auswahlkriterien angeben, dass nicht das freie Ermessen Dritter ausschlaggebend für die Auswahl des Erben sei.
Da das zweite Testament nichtig sei, gelte das erste, in dem der Erblasser seiner Lebensgefährtin eine fixe Geldsumme vermacht und die vier Nichten und Neffen zu je einem Viertel zu Erben bestimmt habe. N erbte somit weniger, als wenn er den Erbschein gemäß dem späteren Testament akzeptiert hätte.