Erbangelegenheiten

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Das verschwundene Testament

Ausnahmsweise erbt ein Neffe, der nur eine Testamentskopie vorlegen kann

Wer einen Erbschein beantragt, ohne seine Ansprüche auf das Originaltestament des Erblassers stützen zu können, hat in der Regel schlechte Karten. Doch: Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Zehn Jahre nach dem Tod des wohlhabenden Herrn W (2001) meldete sich der Neffe der (schon vor ihrem Mann verstorbenen) Frau W beim Amtsgericht. Das Ehepaar hatte keine Kinder, ein Testament war nicht gefunden worden. Daher hatte in der Zwischenzeit ein Nachlasspfleger das Vermögen verwaltet.

Nun legte der Neffe die Kopie eines handschriftlichen Testaments vor, in dem Herr W ihn als Alleinerben einsetzte, und beantragte einen Erbschein. Das Originaltestament blieb verschwunden. Das könnte bedeuten, dass der Erblasser die Originalurkunde bewusst vernichtet und damit das Testament widerrufen habe, urteilte das Amtsgericht. Es erteilte deshalb dem Neffen keinen Erbschein.

Ausnahmsweise könne auch eine Kopie genügen, um Erbansprüche zu begründen, erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (2 Wx 60/11). Allein die Tatsache, dass das Original nicht mehr auffindbar sei, beweise nicht, dass der Erblasser die Erbeinsetzung des Neffen widerrufen wollte.

Wenn die Originalurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet wurde oder einfach verloren ging, könne ein Testament wirksam bleiben. Davon sei auszugehen — sofern niemand einen Widerruf des Testaments beweisen könne, der eigene Ansprüche auf das Erbe geltend mache.

Die Kopie sei allerdings nur anzuerkennen, wenn das Original wirklich von Herrn W stammte. Das hatte das Amtsgericht angezweifelt, doch das OLG ließ sich von der Ehefrau des Neffen überzeugen. Die Frau schilderte anschaulich, wie Herr W 1996 auf dem Krankenbett in einer Klinik das Testament auf einem Papierblock verfasst habe. Sie und ihr Mann seien dabei gewesen.

Dann habe ihnen der Onkel das Testament gegeben, um es zu kopieren. Das habe sie getan, danach das Original zurückgegeben und die Kopie in ein Kochbuch gesteckt. Wo der Onkel das Original aufbewahrte, wisse sie nicht. Ihr Mann und sie hätten aufgrund einer falschen Auskunft geglaubt, mit einer Kopie gebe es keine Chance auf die Erbschaft. Erst Jahre später habe sie in einer Fernsehzeitschrift gelesen, dass das nicht 100prozentig stimmte.

Für das OLG stand damit fest, dass Herr W das Original der Testamentskopie "formgerecht" handschriftlich verfasst hatte. Der Neffe bekam daher den Erbschein.

Erbitterter Streit ums Elterngrab

Eine Tochter ließ die Urnen umbetten: Schmerzensgeld für drei Schwestern

Zuerst war die Mutter der vier Schwestern gestorben. Der Vater ließ sie einäschern und in seinem Wohnort Ulm bestatten. Hier sei ihr Lebensmittelpunkt gewesen und hier wolle auch er beigesetzt werden, so erzählte es der Witwer Bekannten und so geschah es zunächst auch. Schriftlich wurde das allerdings nicht niedergelegt. Das entfachte eine erbitterte Familienfehde um den "richtigen" Friedhof. Die Schwestern waren einander so spinnefeind, dass jede den Blumenschmuck der anderen vom Grab entfernte.

Der Vater hatte Tochter A eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht erteilt. Nach seinem Tod wurde sie als Grabnutzungsberechtigte des Elterngrabs registriert, von dem sie 24 Kilometer entfernt wohnte. Weil ihr so die Grabpflege zu mühsam war, ließ sie die beiden Urnen umbetten und auf den Friedhof an ihrem Wohnort verlegen. Die Schwestern wussten davon nichts. Als sie es erfuhren, zogen die Schwestern vor Gericht: A müsse die Urnen zum Ulmer Friedhof zurückbringen und ihnen Schmerzensgeld zahlen, forderten sie.

Unsinn, konterte Frau A, sie sei im Recht, denn der Vater habe sie mit der Totenfürsorge beauftragt. Außerdem könne sie so das Grab viel besser pflegen. Diese Argumente überzeugten das Landgericht Ulm nicht: Es stellte sich auf die Seite der Schwestern (2 O 356/11). Weder aus dem kommunalen Grabnutzungsrecht, noch aus der Vollmacht könne Frau A ein Recht auf alleinige Totenfürsorge ableiten. Ein Freibrief dafür, eigenmächtig die Toten bzw. ihre Asche umzubetten, sei das erst recht nicht.

Die Totenruhe müsse ungestört bleiben, egal, ob es sich um eine bestattete Leiche oder um eine Urne handle. In erster Linie sei der Wille des Verstorbenen zu wahren, und der wollte neben seiner Frau auf dem Ulmer Friedhof beerdigt werden. Der Wille der Verstorbenen gehe dem Willen der Kinder vor. Das müsse auch Tochter A respektieren, selbst wenn es den Aufwand für die Grabpflege erhöhe. Sie könne auch eine Friedhofsgärtnerei beauftragen — das sei zumutbar.

Durch die Umbettung der Urnen per Handstreich habe Frau A den Schwestern deutlich ihre Missachtung gezeigt. Sie habe ihnen den Ort der Trauer um die Eltern genommen und die Möglichkeit, selbst die Totenfürsorge auszuüben. Weil sie so deren Persönlichkeitsrechte verletzte, müsse sie jeder Schwester 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Affront und die völlige Uneinsichtigkeit von Frau A rechtfertigten eine solche Sanktion.

Gemeinschaftliches Testament ist "unwiderruflich"

Söhne eines Verstorbenen streiten mit dessen zweiter Ehefrau um das Erbe

Der Vater zweier Söhne war zwei Mal verheiratet. Mit der 1992 verstorbenen ersten Ehefrau und Mutter der Kinder hatte er ein Testament errichtet. Der Vater hatte es 1971 verfasst und mit "Gemeinschaftliches Testament" überschrieben. "Wir, die Eheleute … setzen uns hiermit gegenseitig" zu Erben unseres Nachlasses ein. "Als Nacherben setzen wir unsere Kinder … zu gleichen Teilen ein". Sechs Jahre später hatte seine Frau unterschrieben und hinzugefügt: "Das vorstehende Testament meines Ehemannes soll auch als mein Testament gelten".

1992 erhielt der Witwer einen Erbschein als Alleinerbe. 1995 heiratete er erneut. 2008 setzten sich der Vater und seine zweite Ehefrau per notariellem Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben ein. Als der Vater 2009 starb, beantragten seine Söhne einen Erbschein als Miterben, jeweils zur Hälfte. Dagegen pochte die Stiefmutter auf den Erbvertrag: Damit sei die Einsetzung der Kinder als Schlusserben hinfällig.

Doch das Oberlandesgericht München sprach den Söhnen das Erbe zu: Das Testament von 1971 sei wirksam (31 Wx 249/10). Überschrift und Diktion des Testaments belegten, dass der Erblasser seinerzeit kein Einzeltestament, sondern mit seiner Frau ein gemeinschaftliches Testament errichten wollte. Dass die Ehefrau erst Jahre später unterschrieb, ändere daran nichts.

Zum einen habe sie schriftlich bestätigt, dass die Verfügungen des Ehemannes ihrem Willen entsprachen. Zum anderen zeige dessen Verhalten nach ihrem Tod 1992, dass auch nach seinem Willen das Testament weiterhin gelten sollte. Er habe es beim Nachlassgericht als "gemeinsames Testament von meiner verstorbenen Frau und mir" bezeichnet. Sie hätten beide die Söhne als Schlusserben einsetzen und die Erbfolge einvernehmlich regeln wollen.

Daran sei der Erblasser gebunden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament treffe jeder seine Verfügung mit Rücksicht auf die Verfügung des anderen. Wer den Ehepartner als Alleinerben einsetze, übergehe damit die eigenen Kinder. Das geschehe im Vertrauen darauf, dass der überlebende Ehepartner das gemeinsame Vermögen eines Tages den Kindern weitergeben werde.

Deshalb sei es grundsätzlich ausgeschlossen, dass der überlebende Partner nach dem Tod des anderen die Einsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben widerrufe. Sollte der Erblasser das nicht gewusst haben — wie seine Witwe behaupte —, sei dieser Irrtum unbeachtlich. Die Erbfolge bestimme sich nicht nach dem Erbvertrag von 2008.

Betriebsrente an Verstorbene überwiesen

Der Sohn und Erbe muss die 220 Euro für einen Monat zurückzahlen

Am 23. November 2009 war die alte Frau gestorben. Am 30. November überwies die Rentenkasse ihres ehemaligen Arbeitgebers 220 Euro Betriebsrente für den Monat Dezember. Als die Rentenkasse mit Verspätung vom Tod der früheren Mitarbeiterin erfuhr, forderte sie von deren einzigem Sohn und Erben den Betrag zurück.

Der Mann erklärte, der Nachlass sei dafür zu "dürftig", es sei kein Geld mehr da. Außerdem pochte der Erbe auf § 814 BGB: Die Kasse könne das Geld nicht zurückfordern, weil sie gewusst habe (oder hätte wissen müssen), dass sie zur Leistung nicht mehr verpflichtet war. Mit diesen Einwänden konnte der Mann das Amtsgericht Bad Segeberg jedoch nicht überzeugen (17 C 160/11).

Wie dürftig der Nachlass der Mutter gewesen sei, könne offen bleiben, erklärte das Gericht. Darauf könnten sich Erben berufen, wenn jemand aus dem Nachlass Schulden des/der Verstorbenen eintreiben wolle. Hier gehe es aber nicht um eine Nachlassverbindlichkeit. Die Mutter schuldete der Rentenkasse kein Geld, im Gegenteil. Wäre sie noch am Leben, stünde ihr der Rentenbetrag zu. Der Sohn dagegen habe auf die irrtümlich zu viel gezahlte Summe keinen Anspruch.

Dass die Rentenkasse zur Leistung nicht mehr verpflichtet war und aus Versehen gezahlt habe, stehe der Rückforderung auch nicht entgegen. § 814 BGB sei auf eine irrtümlich gezahlte Rente nicht anwendbar. Denn die Empfänger der Rente wüssten, dass ein Rentenbezug nach dem Tod des Berechtigten "ohne Rechtsgrund" erfolge und dass sie nicht damit rechnen könnten, das Geld behalten zu dürfen.

Kein Verwandter soll etwas erben

Enterbung ohne Erbeinsetzung So ein "Negativtestament" ist zulässig

Weil sie ein nichteheliches Kind war, war Frau X von klein auf von der gesamten Verwandtschaft "geschnitten" und wie Luft behandelt worden. Das war der Hintergrund für ein sehr ungewöhnliches Testament, das sie später verfasste. Handschriftlich erklärte Frau X, es sei ihr "letzter Wille", alle "Forderungen von Verwandten (mit denen auch seit Jahrzehnten keinerlei Kontakt besteht) ausdrücklich" auszuschließen.

Nach ihrem Tod beantragte ein Neffe, der nach der gesetzlichen Erbfolge Frau X beerbt hätte, einen Erbschein. Unter Verweis auf das Testament der Verstorbenen wies das Nachlassgericht den Antrag ab: Die Verstorbene habe die Verwandten enterbt. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wies die Beschwerde des Neffen gegen diese Entscheidung zurück (15 W 701/10).

So ein Testament komme selten vor, betonte das OLG, denn in dem Fall kassiere der Staat den Nachlass. Und den meisten Menschen sei es dann doch lieber, einem Verwandten das Erbe zuzusprechen. Doch hier sei die Auslegung dessen, was die Erblasserin mit ihren Worten sagen wollte, wirklich nicht schwierig. Frau X habe alle Verwandten umfassend enterben wollen.

In ihrer Lebensgeschichte sei das Motiv dafür zu finden. Das Testament sei sozusagen die Quittung dafür, dass man sie aus jedem Verwandtschaftszusammenhang gerissen habe. So ein Testament sei zulässig: Es handle sich um ein so genanntes "Negativtestament". Das Bürgerliche Gesetzbuch sehe diese Möglichkeit, bestimmte Personen zu enterben, ohne jemanden als Erben einzusetzen, ausdrücklich vor ("Enterbung ohne Erbeinsetzung", § 1938 BGB).

Pflichtteilsstrafklausel im Testament

"Wer nach dem Tod des Vaters Anspruch auf den Pflichtteil geltend macht, wird nicht Erbe"

Herr M hatte im Testament seine zweite Ehefrau als Erbin eingesetzt und seine beiden Kinder aus erster Ehe als Nacherben. Das bedeutet: Erst nach dem Tod der Ehefrau sollten die Kinder sein Vermögen erben. Das Testament enthielt außerdem eine so genannte Pflichtteilsstrafklausel: Wenn der Vater zuerst starb und eines seiner Kinder von der Stiefmutter den Pflichtteil verlangte, sollte es nach deren Tod nicht die Hälfte des Vermögens erben, sondern auf den Pflichtteil beschränkt bleiben.

Als Herr M 2005 starb, erhielt seine Witwe einen Brief vom Anwalt der Stieftochter: Darin forderte er Auskunft über den Grundbesitz des Erblassers und ein Nachlassverzeichnis, damit die Tochter ihren Pflichtteilsanspruch einschätzen könne. Den werde sie geltend machen und auf das Erbe verzichten, kündigte die Tochter an. Weiter passierte dann aber erst einmal nichts.

Fünf Jahre nach ihrem Mann starb Frau M. Nun beantragte und bekam der Sohn einen Erbschein als Alleinerbe des Vaters: Die Schwester habe ihren Pflichtteil geltend gemacht, also treffe sie die testamentarisch verfügte Sanktion. Vergeblich pochte die Frau darauf, dass sie nach der Ankündigung keine rechtlichen Schritte unternommen hatte.

Ihre Beschwerde scheiterte beim Oberlandesgericht Düsseldorf (3 Wx 124/11). Die Tochter von Herrn M habe zwar ihren Anspruch gegen die Stiefmutter nicht durchgesetzt, räumte das Gericht ein. Darauf komme es hier aber nicht an. Die im Testament verfügte Sanktion werde bereits ausgelöst, sobald eines der Kinder den Pflichtteil ernsthaft verlange. Und wie die Schriftsätze des Anwalts belegten, habe die Tochter ihren Anspruch zunächst ernsthaft verfolgt.

Die Strafklausel so auszulegen, entspreche ihrem Zweck: Denn der Erblasser wolle damit in erster Linie erreichen, dass die Witwe nicht vorzeitig mit Forderungen konfrontiert werde, die ihr Erbe schmälerten. Außerdem solle der überlebenden Partnerin die persönliche Belastung erspart bleiben, sich mit den Kindern des verstorbenen Partners vor Gericht auseinandersetzen zu müssen. Angesichts des Anwaltsschreibens habe die Stiefmutter mit einem Prozess rechnen müssen.

Ehefrau reichte vor dem Tod des Mannes die Scheidung ein

Hat er sich zu dem Antrag seiner Frau nicht geäußert, bleibt sie Erbin

Eine Ehefrau reichte beim Familiengericht die Scheidung ein: Die Ehe sei gescheitert und beide Partner wollten sie beenden. Ob das so stimmte, kam nie mehr ans Tageslicht: Ihr Ehemann hielt sich bedeckt und äußerte sich gegenüber dem Gericht nicht zu dem Scheidungsantrag. Als das Verfahren schon begonnen hatte, starb er.

Nun beantragte die Witwe — entsprechend dem Testament des Verstorbenen — einen Erbschein: zur Hälfte für sich selbst, zur Hälfte für den Sohn des Mannes aus erster Ehe. Das fand der Sohn unerhört: Die Frau habe sich scheiden lassen wollen, da könne sie den Vater doch nicht mehr beerben. Ihm habe der Vater gesagt, er werde bei der Anhörung im Scheidungstermin der Scheidung zustimmen. Also sei er als Sohn Alleinerbe.

Das träfe nur zu, wenn der Vater vor dem Tod die Scheidung selbst beantragt oder ihr wenigstens explizit zugestimmt hätte, erklärte das Oberlandesgericht Frankfurt (3 Wx 179/11). Damit hätte die Witwe ihr Erbrecht verloren. Das sei jedoch nicht geschehen. Der Verstorbene habe während des gerichtlichen Verfahrens keine Bemerkung zum Scheidungsantrag gemacht, die in diese Richtung interpretiert werden könnte.

Vielleicht sei die Behauptung des Sohnes wahr, dass der Vater ihm gegenüber sein Einverständnis mit der Scheidung zum Ausdruck gebracht habe. Es stehe aber nicht fest. Erklärungen des Erblassers außerhalb des gerichtlichen Verfahrens gegenüber anderen Personen (zumal gegenüber selbst beteiligten und interessierten Dritten) reichten nicht aus, um das Einverständnis zweifelsfrei zu belegen.

Mutter enterbt einen ihrer Söhne

Das Nachlassgericht darf dem Pflichtteilsberechtigten nicht die Nachlassaufstellung vorenthalten

Als die Witwe und Mutter zweier Söhne starb, hinterließ sie ein bescheidenes Vermögen. Ihren Sohn A, mit dem sie schon lange zerstritten war, hatte die Frau enterbt. Den Sohn B setzte sie im Testament als Alleinerben ein. Nach ihrem Tod forderte A, dem nur der Pflichtteil zustand, beim Nachlassgericht Einsicht in die Nachlassakte. Die gestand man ihm zu.

Allerdings entfernte ein Justizbeamter vorher die Aufstellung des Nachlasses, die Alleinerbe B beim Nachlassgericht eingereicht hatte. Das war unzulässig, entschied das Oberlandesgericht Jena, nachdem A Beschwerde eingelegt hatte (6 W 206/11).

Die zu Kostenzwecken angefertigte Aufstellung dürfe man dem Pflichtteilsberechtigten nicht vorenthalten. Wenn er Akteneinsicht verlange, müsse ihm das Gericht alle Bestandteile der Akte zur Verfügung stellen. So könne sich A zumindest einen Überblick über den Umfang des Nachlasses verschaffen und weitere Angaben des Bruders mit diesem Verzeichnis abgleichen.

Daran habe A ein berechtigtes Interesse, denn vom Umfang des Nachlasses hänge schließlich die Höhe seines Pflichtteils ab. Die Nachlassaufstellung, die der Alleinerbe (beim Antrag auf den Erbschein) erstellt und ans Nachlassgericht geschickt habe, tauge immerhin dazu, den Pflichtteil wenigstens vorläufig einzuschätzen.

Testament ergänzt und mit "D.O." unterzeichnet

Ein Nachtrag unter dem Text ist ohne vollständige Unterschrift unwirksam

Eine Seniorin hatte vor ihrem Tod eigenhändig ein Testament verfasst. Darin vermachte sie "ihren Hausstand" einem Bekannten. Als sie fertig war und den Text schon unterschrieben hatte, fiel ihr noch etwas ein. Unter ihrer Unterschrift fügte sie einen Satz hinzu: Der Bekannte sollte auch das Konto bekommen. Darunter schrieb sie mit der Hand die Abkürzung "D.O.".

Nach dem Tod der Seniorin wollte ihre Tochter kein Geld herausrücken und zog vor Gericht, um den Nachtrag im Testament für unwirksam erklären zu lassen. Vom Oberlandesgericht Celle bekam sie Recht (6 U 117/10). Der Nachtrag sei wegen eines Formfehlers nichtig. Eine Unterschrift müsse den vollen Vor- und Nachnamen des Erblassers enthalten.

"D.O." - diese Buchstaben seien nicht die Initialen der Erblasserin. Vielleicht sollten sie "die Obengenannte" bedeuten. Aber auch das genüge nicht, um eindeutig die Erblasserin als Urheberin des Nachtrags zu identifizieren. Darüber hinaus sei der Inhalt des Nachtrags zu unbestimmt: Wenn jemand bei der Bank zwei Konten habe, sei die Aussage "mein Konto bekommt ..." nicht genau genug.

Pflichtteil "in guter Absicht" eingeschränkt

Vater will verschwenderischen Sohn vor sich selbst schützen: Das muss im Testament begründet werden

Leben erwachsene Kinder auf zu großem Fuß und sind überschuldet, können Eltern per Testament ihren Pflichtteil beschränken (§ 2338 BGB). Das kann durchaus im Interesse der Kinder liegen - der Nachlass ist dann nämlich ihren Gläubigern entzogen. Doch die rechtlichen Hürden dafür liegen hoch, wie der folgende Fall zeigt.

Der Vater eines Sohnes, dem er einen Hang zur Verschwendung nachsagte, hatte getrennt vom Testament eine Liste mit 18 Fehltritten des Filius verfasst, denen er jeweils einen Geldbetrag zuordnete: ein Urlaub in Mauritius, eine nur teilweise bezahlte Reise nach Miami, Geschenke des Vaters - eine Uhr, Ölgemälde - hatte der Undankbare versetzt etc.

Weil der Sohn leichtfertig mit Geld und Dingen umgehe und hoch verschuldet sei, beschränke er dessen Pflichtteil, schrieb der Vater ins Testament. Die Tochter setzte er als Alleinerbin und Testamentsvollstreckerin ein. Dagegen legte der Sohn nach dem Tod des Vaters Beschwerde ein. Mit Erfolg: Beide Verfügungen seien unwirksam, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (3 Wx 214/08).

Schulden allein genügten nicht für einen gravierenden Eingriff in das Recht des Sohnes. Um den zu rechtfertigen, müsste der Sohn so überschuldet sein, dass späterer Broterwerb auf dem Spiel stehe und die Prognose naheliege, er werde sein Vermögen ganz oder großteils vergeuden. Im konkreten Fall sei der Liste des Vaters zu entnehmen, dass der Lebenswandel des Sohnes nicht seinen Vorstellungen entsprach. Als Beweis dafür, dass der Sohn Vermögen sinnlos verpulvere, tauge das Sündenregister jedoch nicht.

Und vor allem: Es sei kein Bestandteil des Testaments. Der Erblasser müsse aber seine Gründe für die Beschränkung des Rechts auf den Pflichtteil konkret im Testament angeben. Obendrein fehlten darin Hinweise auf das Aktivvermögen des Sohnes und auf die Höhe seiner Schulden.

Vater und Sohn streiten ums Erbe der Großeltern

Schlägt der Vater das Erbe "aus allen Gründen" aus, kann er das nicht wegen Irrtums anfechten

Beim Tod einer Witwe erbten ihre drei Kinder (nach gesetzlicher Erbfolge) zu jeweils gleichen Teilen. Danach sah es aber zunächst nicht aus: Sohn K wusste, dass die Eltern ein handschriftliches Testament verfasst und darin seine zwei Geschwister als Erben eingesetzt hatten. K, der sich mit den Eltern nicht gut verstanden hatte, nahm an, das Testament sei wirksam.

Deshalb schlug er die Erbschaft aus allen "Berufungsgründen" aus. Das bedeutet: Jemand weist ein Erbe zurück, und zwar unabhängig davon, wie er zum Erben berufen wurde - ob sich seine Stellung als Erbe nun der gesetzlichen Erbfolge verdankt, einem Erbvertrag oder ob er qua Testament als Erbe eingesetzt wurde.

Diesen Schritt bereute Herr K bald, als er erfuhr, dass er sich geirrt hatte und das Testament der Eltern unwirksam war. Nun focht er seine Erklärung (das Erbe auszuschlagen) an, die er in Unkenntnis der tatsächlichen Rechtslage abgegeben hatte. Das Nachlassgericht akzeptierte dies und erteilte ihm einen Erbschein, der ihm ein Drittel des Nachlasses verschafft hätte. Doch nun kam ihm sein eigener Sohn in die Quere und legte gegen die Entscheidung Beschwerde ein.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Hamm (15 W 167/10). Wenn jemand ein Erbe "aus allen Berufungsgründen" ausschlage, zeige er damit, dass er auf den Nachlass keinen Wert lege. Dadurch habe Herr K seine Erbenstellung verloren, so dass sein Anteil am Erbe auf seine Kinder übergegangen sei.

Dass er sich über seine Stellung als gesetzlicher Miterbe getäuscht habe, ändere daran nichts. Wer erkläre, ein Erbe aus allen Berufungsgründen auszuschlagen, bringe damit zum Ausdruck, dass ihm der rechtliche Grund gleichgültig sei, auf dem seine Stellung als Erbe beruhte. Also gelte sein "Nein" für alle Berufungsgründe, auch für diejenigen, die ihm unbekannt waren. So eine Erklärung sei nicht wegen Irrtums anfechtbar.

143.492 Erbschaftssteuer für ein Vermächtnis …

... das mit 87.836 Euro viel kleiner ausfiel, als es laut Testament sein sollte

Ein Familienvater hatte in einem Testament von 2001 seine zweite Ehefrau A als Erbin eingesetzt und mit notariell beurkundetem Erbvertrag seinem Sohn T aus erster Ehe einen Betrag von 500.000 Euro vermacht. Da hatte der Mann anscheinend sein Vermögen überschätzt. Als er im Sommer 2003 starb, rückte jedenfalls Frau A kein Geld heraus und erklärte, das gebe der Nachlass nicht her.

Wenigstens 200.000 Euro müsse sie zahlen, urteilte ein Gericht. Das Geld sollte allerdings nicht T erhalten, sondern das Finanzamt. (Die Behörde hatte wegen Steuerschulden von T dessen Anspruch auf das Vermächtnis des Vaters gepfändet.) A zahlte in Teilbeträgen 87.836 Euro, die das Finanzamt auf die Steuerschulden von T anrechnete. Mehr Geld war nicht übrig, wie Frau A durch ein notariell beurkundetes Nachlassverzeichnis belegen konnte.

Nichtsdestotrotz setzte das Finanzamt gegen T eine Erbschaftssteuer von 143.492 Euro fest - berechnet aus einem Wert von 500.000 Euro. Als T protestierte, teilte die Behörde ungerührt mit, bei der Besteuerung komme es nicht darauf an, ob ein Vermächtnis tatsächlich erfüllt wurde. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass T durch das Testament des Vaters bei dessen Tod einen Anspruch auf 500.000 Euro erworben habe.

T's Klage gegen den Steuerbescheid hatte beim Finanzgericht Düsseldorf Erfolg (4 K 3000/09 Erb). Frau A sei Anfang 2009 gestorben, ohne Geld zu hinterlassen, so das Finanzgericht. Dass T aus dem Nachlass seines Vaters kein Geld mehr bekommen werde, sei vorher schon absehbar gewesen und stehe nun endgültig fest. Angesichts dessen wäre es eine unbillige Härte, dem Sohn Erbschaftssteuer für ein Vermächtnis von 500.000 Euro abzuverlangen.

Das sei zu viel - selbst wenn die Berechnung der Behörde der Rechtslage entspreche. Steuern könnten aber im Ausnahmefall auch niedriger festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige ansonsten in eine bedenkliche Problemlage geraten würde. Steuerpflichten dürften den Betroffenen finanziell nicht "erdrosseln" und ihn auf Jahre hinaus in eine Schuldenfalle "stecken".

Grundsatzurteil des BGH ...

... zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs für Enterbte

Werden Kinder von den Eltern enterbt, haben sie Anspruch auf den so genannten Pflichtteil (= die Hälfte dessen, was ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge zustünde). Hat der Erblasser/die Erblasserin einen Teil des Vermögens verschenkt, können enterbte Kinder einen "Pflichtteilsergänzungsanspruch" gegen den oder die Erben geltend machen. Das bedeutet: Der verschenkte Betrag wird zum Nachlass dazugerechnet, dadurch erhöht sich der Pflichtteil.

Das gilt auch für Lebensversicherungen, die der Erblasser/die Erblasserin auf sein/ihr Leben abgeschlossen hat. Strittig ist neuerdings, wie diese bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen sind. Bisher war die Basis der Berechnung die Summe der eingezahlten Prämien, einige Gerichte erklärten in den letzten Jahren jedoch die ausgezahlte Versicherungssumme für maßgebend.

Es kommt auf den Rückkaufswert der Versicherung zum Zeitpunkt des Todes an, entschied nun der Bundesgerichtshof (IV ZR 73/08, IV ZR 230/08). In beiden Fällen waren Söhne enterbt worden: Der Vater des einen hatte seinen Bruder als Alleinerben eingesetzt und mit einer Lebensversicherung beglückt - der Vater des anderen hatte das Vermögen inklusive einer Lebensversicherung seiner zweiten Ehefrau zugedacht.

Beide Söhne verlangten, ihr Pflichtteilsergänzungsanspruch müsse nach der vollen Versicherungsleistung berechnet werden. Auf diese Weise hätte ihnen eine wesentlich höhere Summe zugestanden. So weit wollten die Bundesrichter nicht gehen. Indem sie den Rückkaufswert - von Lebensversicherungen mit widerruflichem Bezugsrecht - zur Berechnungsgrundlage erklärten, haben sie die Lage der Enterbten aber zumindest ein wenig verbessert.

Um wie viel, hängt allerdings von der Versicherung ab: Denn bei einigen Lebensversicherungen erreicht der Rückkaufswert nach drei, bei anderen erst nach acht oder gar zehn Jahren die Höhe der eingezahlten Prämien. Es sei der "objektive Marktwert" der Versicherung zum Zeitpunkt des Todes festzustellen, so die Bundesrichter. Die "schwindende persönliche Lebenserwartung des Erblassers" dürfe in die Wertermittlung nicht einfließen.

Streit ums Erbe

War die Mutter nach einem Schlaganfall "testierunfähig"?

Die Witwe und Mutter von vier Kindern war im Alter von 82 Jahren gestorben. In einem eigenhändig geschriebenen Testament hatte sie im Oktober 2000 ihren ältesten Sohn als Alleinerben eingesetzt, der sie in den letzten Jahren versorgt und betreut hatte. Sie vererbte ihm eine Doppelhaushälfte und Vermögen im Wert von 123.000 Euro.

Doch die Geschwister beantragten, dem Bruder keinen Erbschein als Alleinerben auszustellen: Ihre Mutter sei nach einem 1998 erlittenen Schlaganfall dement gewesen und nicht in der Lage, ein Testament zu verfassen. Der Nachlass müsse unter die Geschwister aufgeteilt werden. Der Bruder widersprach: In letzter Zeit sei es der Mutter besser gegangen, sie habe sogar die Ziffern am Bankautomaten selbstständig eingeben können. Er habe ihr beim Schreiben des Testaments zwar etwas geholfen, aber sie habe es inhaltlich verstanden und so gewollt.

Doch das Bayerische Oberste Landesgericht verließ sich auf die medizinischen und psychiatrischen Sachverständigengutachten und erklärte das Testament für unwirksam (1Z BR 112/04). Dass einzelne intellektuelle Fähigkeiten noch ansatzweise vorhanden waren, widerlege nicht die Aussagen der Mediziner, die bei der Mutter einmütig und ohne Zweifel vaskuläre Demenz festgestellt hätten. Die Erblasserin sei demnach im Herbst 2000 in ihrer Kritik- und Urteilsfähigkeit so eingeschränkt gewesen, dass sie sich weder ein klares Urteil bilden, noch danach eigenständig handeln konnte.

"Testierfähig" seien nur Personen, welche die Bedeutung einer Willenserklärung erfassten, sich dabei von normalen Erwägungen leiten ließen und frei von Einflüssen anderer, interessierter Personen handelten. Dies sei bei dementen Personen ausgeschlossen. Auch "klare Momente zwischendurch" gebe es bei diesem Krankheitsbild nicht. Gemäß der gesetzlichen Erbfolge gehöre daher das Erbe zu gleichen Teilen den vier Geschwistern.

Was ist "persönliche Habe"?

Erblasser löst durch unklare Formulierung im Testament Streit aus

Seine Ehefrau beschrieb der Verstorbene im Testament mit sarkastischem Unterton als eine Art Hausdrachen. Mit seinem Sohn war er wohl auch nicht gut ausgekommen: Der habe sich nie für ihn interessiert, fügte er hinzu. Deshalb setze er seine Tochter als Alleinerbin ein. Die Grundstücke vermachte der Familienvater teils Frau und Tochter, teils anderen Verwandten. Dann folgten die Sätze: "Das Mobiliar erhält meine Ehefrau. Die übrige persönliche Habe erbt meine Tochter und ihr Ehemann".

Das Paar hatte sich allerdings schon einige Jahre vor dem Tod des Vaters getrennt. Als es nun um die Aufteilung des Vermögens ging - Bankguthaben, Wertpapiere, Sparkassenbriefe im Wert von über 200.000 Euro -, pochte der ehemalige Schwiegersohn auf das Testament: Ihm stehe die Hälfte des Vermögens zu, denn der Verstorbene habe "Tochter und Ehemann" gleichberechtigt bedacht. Die Tochter sah das verständlicherweise anders, schließlich klagte ihr Ex-Mann seine Ansprüche ein. Das Landgericht München I musste deshalb klären, was der Erblasser wohl mit "übriger persönlicher Habe" gemeint haben könnte (23 O 13892/03).

Nach allgemeinem Sprachgebrauch seien darunter Gegenstände des persönlichen Gebrauchs zu verstehen, zu denen der Eigentümer eine persönliche Beziehung habe (z.B. Kleidung, Schmuck und Bücher). Vermögen gehöre nicht dazu: Geld sei immer ein "unpersönlicher Gegenstand". Für diese Interpretation spreche auch die Systematik des Testaments: Denn der Erblasser habe sich darin zuerst mit den Grundstücken befasst, dann mit dem Mobiliar und zuletzt mit der "persönlichen Habe". Damit könnten also keine größeren Vermögenswerte gemeint sein. Der ehemalige Schwiegersohn des Erblassers sah also kein Geld: Er legte gegen das Urteil Berufung ein.

Tochter vererbt Ferienwohnung an Altenheim

Vermächtnis ist unwirksam, wenn die Mutter dort noch wohnt

Die Tochter hatte es für eine gute Regelung gehalten: Im Falle ihres Ablebens sollte das Altenheim, in dem ihre Mutter lebte, ihre Ferienwohnung erben, schrieb sie in das Testament. Schließlich waren sie beide immer sehr zufrieden gewesen damit, wie die alte Dame untergebracht war und versorgt wurde. Die Mutter sollte bis zum Tod die Wohnung benutzen dürfen und dafür alle anfallenden Kosten übernehmen.

Als die Tochter tatsächlich vor ihrer Mutter starb - sie kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben -, nahm der Heimträger das Erbe an. Doch das Vormundschaftsgericht verweigerte seine Zustimmung: Das Testament sei in diesem Punkt unwirksam, denn nach dem Heimgesetz dürften Bewohner eines Altenheims und deren Angehörige dem Heim (außer dem vereinbarten Entgelt) nichts zukommen lassen oder vererben - zumindest nicht, solange der Bewohner noch am Leben sei.

Das Oberlandesgericht München bestätigte, dass diese Vorschrift auch für Angehörige von Heimbewohnern gilt (33 Wx 119/06). Sie solle verhindern, dass die Arg- und Hilflosigkeit alter Menschen finanziell ausgenutzt und Druck auf die Bewohner ausgeübt werde, was ihr Testament angehe. Auch sollten nicht aufgrund von Zusatzleistungen einige Senioren besser behandelt werden als andere. Das Verbot werde nur dann aufgehoben, wenn das Heim nachweislich nichts von dem Testament wusste und der Bewohner bereits verstorben sei.

Der Tochter den Pflichtteil entzogen

Unwirksam: Die Begründung im Testament war nicht nachvollziehbar

Ein Ehepaar setzte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben und den Sohn als Schlusserben ein. Im Testament hieß es weiter: "Unsere Tochter enterben wir aus folgendem Grund: wegen schwerer Kränkung und böswilliger Verleumdung". Nach dem Tode des Ehemannes klagte die Tochter ihren Pflichtteil ein und setzte sich durch. Begründung des Gerichts: Der Vorgang, auf den das Ehepaar die Entziehung des Pflichtteils stützte, sei im Testament zu allgemein - also ungenügend - benannt.

Das Bundesverfassungsgericht billigte diese Argumentation und wies die Verfassungsbeschwerde der Witwe gegen das Urteil zurück (1 BvR 62/00). Die Entziehung des Pflichtteils sei ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte eines Kindes. Die Testierfreiheit der Eltern werde daher nicht zu sehr eingeschränkt, wenn man von ihnen verlange, den Grund dafür im Testament genau anzugeben.

Vielleicht könnten die Beteiligten Vorwürfe wie "Kränkung" oder "Verleumdung" einem konkreten Vorgang zuordnen. Für Richter, die sich möglicherweise in einem Prozess mit dem Testament befassen müssten, sei ein so pauschaler Vorwurf nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar.

Testament geändert

Sind Änderungen gültig, die auf einer Fotokopie des Originaltestaments vorgenommen werden?

Eine (geschiedene und kinderlose) alte Frau setzte im September 2002 einen langjährigen Bekannten als Alleinerben ein. Das handschriftlich von ihr verfasste Originaltestament kopierte sie, behielt die Kopie und gab das Original dem Bekannten. Wenig später erfuhr sie von ihrer unheilbaren Krebserkrankung. Daraufhin änderte sie ihre Meinung und formulierte schriftlich, sie wolle ihr Vermögen der Hospizbewegung spenden, sobald sie ein geeignetes Hospiz gefunden hätte.

Anfang Oktober strich die kranke Frau auf der Kopie des Testaments die Einsetzung ihres Bekannten zum Alleinerben durch. Darüber schrieb sie "Testamentsänderung", versehen mit Datum und Unterschrift. Auch andere handschriftliche Ergänzungen und Änderungen bestätigte sie jeweils mit Datum und Unterschrift. Sie setzte aber keinen anderen Erben ein - vermutlich suchte sie noch nach einem Hospiz. Nach ihrem Tod stritten ihre Vettern mit dem Bekannten um das Erbe.

Das Amtsgericht verweigerte der Verwandtschaft den Erbschein, weil Änderungen auf einer Fotokopie nicht den Formvorschriften entsprächen. Daher sei der Widerruf des Testaments unwirksam. Dem widersprach das Oberlandesgericht München (31 Wx 72/05). Das Originaltestament vom September liege ja vor, so die Richter. Und zusammen mit dem Originaltestament stellten die handschriftlichen Änderungen auf der Kopie ein verständliches und einheitliches Ganzes dar.

Erblasser müssten ihr Testament nicht in einer einzigen Urkunde niederlegen und nicht in einer einzigen Handlung verfassen. Sie könnten auch eigenhändig Ergänzungen und Änderungen vornehmen und ein Testament auf mehreren Blättern schreiben. Der Text müsse allerdings eine einheitliche Willenserklärung darstellen und unterschrieben sein. Ergänzungen auf einer Kopie könnten zusammen mit dem Original ein formwirksames Testament sein. Hier sei außerdem besonders zu berücksichtigen, dass die Erblasserin das Original nicht bei sich hatte und schwer krank war. Der Widerruf sei gültig. Da kein neuer Erbe eingesetzt worden sei, gelte die gesetzliche Erbfolge. Das Vermögen erhielten also die Verwandten.

Witwe setzt nichtehelichen Sohn des Mannes als Erben ein

Doch er stirbt vor der Erblasserin - wer wird Ersatzerbe?

Zum nichtehelichen Sohn ihres Mannes und zu dessen Familie hatte die Frau immer ein gutes Verhältnis. Weil sie keine eigenen Kinder hatte, setzte sie ihn deshalb nach dem Tod ihres Mannes per Testament als Alleinerben ein. Doch der Erbe starb kurz vor ihr. Nun mussten Ersatzerben gefunden werden: Die Kinder des Erben erhoben ebenso Anspruch auf das Vermögen der Erblasserin wie die gesetzlichen Erben, ihre Neffen.

Stirbt der Erbe vor dem Erblasser, bekommen in der Regel die Kinder des Erben das Vermögen, so das Bayerische Oberste Landesgericht (1Z BR 44/04). Das gelte aber nur, wenn der/die Verstorbene das Vermögen eigenen Kindern vererbt habe, das Vermögen also an die Enkel gehe. Im konkreten Fall dagegen sei der Alleinerbe mit der Erblasserin gar nicht verwandt gewesen. Also müsse erst geprüft werden, ob die Familie mitbedacht werden sollte.

Was dem mutmaßlichen Willen der Verstorbenen entspreche, könne man nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Doch so viel stehe fest: Die Witwe habe den Sohn ihres Ehemannes im Testament immerhin als "Neffen" bezeichnet und zu dessen Familie einen guten Kontakt gehabt. Deshalb sei hier anzunehmen, dass sie dessen Kinder als Ersatzerben berufen hätte, wenn sie an die Möglichkeit eines vorzeitigen Todes ihres Erben gedacht hätte.

Kinder aus erster Ehe streiten mit Witwe ums Erbe

Ist aus einer Pflichtteilsstrafklausel eine Einsetzung der Kinder als Schlusserben abzuleiten?

Nach dem Tod seiner ersten Frau hatte der Vater von vier Kindern erneut geheiratet und seine zweite Ehefrau im Testament als Alleinerbin eingesetzt. Als der Mann starb, beanspruchten jedoch auch seine Kinder das Erbe. Sie pochten auf ein früheres Testament: Ihre Eltern hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Wie viele andere Ehepaare auch, versäumten sie es allerdings, die Schlusserbenfrage zu regeln, d.h. Erben zu bestimmen, die nach beider Tod das Vermögen bekommen sollten.

Die Kinder des Verstorbenen leiteten dennoch aus einer Klausel des ersten Testaments ab, dass sie Schlusserben werden sollten. (Eine solche Regelung ist auch für den überlebenden Partner verbindlich, also hier für den Vater.) Und zwar aus der Pflichtteilsklausel: "Sollte ein Kind sein Erbteil geltend machen, so soll es auf sein Pflichtteil gesetzt werden, auch für das Erbteil des überlebenden Ehegatten."

Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah darin keine "Schlusserbeneinsetzung" und erteilte der Witwe den Erbschein (14 Wx 28/05). Eine solche Klausel verfolge allein die Absicht, den überlebenden Ehegatten davor zu schützen, dass ein Kind nach dem Tod eines der Partner sofort seinen Anteil am Vermögen verlangt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute umgekehrt die geduldigeren Kinder als Schlusserben einsetzen wollten. Die Kinder seien nirgends im Testament als Erben bezeichnet und könnten daher nur ihren Pflichtteil beanspruchen.