Erbangelegenheiten

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Erbstreit um Bauernhof

Neffe eines Landwirts will gegen den Willen der Verwandtschaft Hoferbe werden

Der 86 Jahre alte, kinderlose Landwirt hatte drei Brüder und eine Schwester. 2013 verpachtete er seinen Hof für die Dauer von zehn Jahren einem Neffen: Hofstelle, acht Hektar Wald und 16 Hektar Grün- und Ackerland. Ein Teil des Grünlands und die Milchquote waren zu diesem Zeitpunkt an einen anderen Landwirt verpachtet, zehn Rinder und eine Milchkuh bildeten den Viehbestand. Der Senior besaß nur zwei ältere Traktoren und kleine Maschinen zur Grasernte.

Der Neffe bewirtschaftete den Hof selbständig im Nebenerwerb. Als der Onkel Ende 2014 starb, beantragte der Nebenerwerbslandwirt bei Gericht ein so genanntes "Hoffolgezeugnis" — d.h. er betrachtete sich als Alleinerben des Hofes und wollte ihn übernehmen.

Zwei Geschwister des Verstorbenen legten Einspruch ein. Die Erbfolge sei nicht gemäß der Höfeordnung zu bestimmen, meinten sie, denn der Betrieb sei nicht mehr rentabel und deshalb kein Hof im Sinne der Höfeordnung. Daher richte sich die Erbfolge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, denen zufolge das Erbe den Geschwistern zustehe.

Das Oberlandesgericht Hamm sprach dem Neffen den Hof zu (10 W 37/16). Der Hof sei mit einem Hofvermerk im Grundbuch eingetragen und beim Erbfall ein Hof gemäß der Höfeordnung gewesen. Er verfüge nicht nur über eine Hofstelle. Sein Wirtschaftswert habe auch den gesetzlichen Mindestbetrag von 5.000 Euro überschritten. Laut Höfeordnung sei ein Hof damit leistungsfähig, selbst wenn man ihn zu diesem Zeitpunkt nicht rentabel bewirtschaften konnte.

Der Neffe des Landwirts sei zum Hoferben berufen, weil er nach dem Willen des Verstorbenen den Hof bewirtschaften sollte. 2013 habe er dem Neffen den Hof für zehn Jahre verpachtet, da sei der Landwirt schon 86 Jahre alt gewesen. Also habe er sicher angenommen, dass der Pachtvertrag nicht vor seinem Tod enden würde. Das rechtfertige die Annahme, dass er dem Neffen den Hof auf Dauer überlassen wollte. Darüber hinaus verfüge der Neffe über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten: Immerhin habe er den landwirtschaftlichen Betrieb schon als Pächter erfolgreich geführt.

Wohnmobil gekauft und verunglückt

Der Kaufvertrag für ein neues Fahrzeug verpflichtet auch die Witwe des Käufers

Auf dem Caravan Salon in Düsseldorf bestellte Herr P bei einem Händler ein neues Wohnmobil des französischen Herstellers Trigano, das ca. 40.000 Euro kostete. Sein aktuelles Womo (Fiat/Pössel) wollte er dafür in Zahlung geben. Mit diesem Gefährt fuhr der Käufer einige Wochen später zum Händler, um das neue Fahrzeug abzuholen. Auf der Hinfahrt verunglückte er und starb kurz darauf an den Verletzungen. Das alte Wohnmobil erlitt Totalschaden.

Seine Witwe bat nun den Händler, den Kaufvertrag rückgängig zu machen: Sie könne das Womo nicht finanzieren, erklärte sie, und habe außerdem dafür keine Verwendung. Daraufhin trat der Händler vom Kaufvertrag zurück, forderte aber von Frau P 6.000 Euro: Gemäß seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehe ihm ein Anteil von 15 Prozent des Kaufpreises als Schadenersatzpauschale zu, wenn ein vereinbartes Geschäft "platze".

Seine Zahlungsklage wurde zunächst vom Landgericht abgewiesen, hatte dann aber beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm Erfolg (28 U 159/14). Als Erbin des verstorbenen Käufers sei Frau P verpflichtet, das gekaufte Fahrzeug abzunehmen, urteilte das OLG. Der Kauvertrag sei auch für sie verbindlich. Da sich die Witwe geweigert habe, das Wohnmobil abzuholen und zu bezahlen, stehe dem Händler die Schadenersatzpauschale zu.

Die entsprechende Klausel in den Geschäftsbedingungen sei wirksam. Sie benachteilige die Kunden nicht unangemessen: Sie hätten nämlich die Möglichkeit, die Schadenspauschale von 15 Prozent zu kürzen, wenn sie nachweisen könnten, dass der Schaden durch den Ausfall des Geschäfts für den Händler geringer ausgefallen sei.

Testament auf Butterbrotpapier?

Enkelkinder einer Verstorbenen legen zweifelhafte Zettel vor: "Testierwille" bleibt fraglich

Die Witwe hatte eine Tochter und einen Sohn. Der Sohn war schon vor ihr gestorben und hatte vier Kinder hinterlassen. Als die Witwe starb und kein Testament aufgefunden wurde, erhielt ihre Tochter gemäß gesetzlicher Erfolge einen Erbschein als Alleinerbin. Doch dann meldeten sich die Enkel beim Nachlassgericht und legten zwei Zettel vor, die ein Testament darstellen sollten.

Sie stammten aus dem Jahr 1986. Ein von Hand ausgeschnittener, zehn Zentimeter großer Zettel trug die Aufschrift: "Tesemt. Haus. Das für J". Mit J war der verstorbene Sohn gemeint, dessen Vorname mit diesem Buchstaben anfing. Der mehrfach gefaltete zweite Zettel war eine Art Butterbrotpapier und trug etwas abgewandelt die gleiche Aufschrift. Beide Zettel waren mit dem Schriftzug der Großmutter unterzeichnet.

Das Nachlassgericht akzeptierte zunächst die Zettel als letztwillige Verfügung. Das hätte bedeutet, dass die Tochter nur die Hälfte des Vermögens geerbt hätte, während sich die Enkelkinder — als Erben des Sohnes — die andere Hälfte geteilt hätten. Doch die Tochter legte Widerspruch ein, da auf diesen "dubiosen Zetteln" kein Testierwille ihrer Mutter erkennbar sei. So sah es auch das Oberlandesgericht Hamm (10 W 153/15).

Dass die Erblasserin mit diesen Zetteln ernsthaft eine rechtsverbindliche Anordnung für den Todesfall treffen wollte, sei äußerst zweifelhaft. Ein Pergamentpapier, das wie ein Butterbrotpapier beschaffen sei, statt Papier als Schreibunterlage zu verwenden, sei schon sehr ungewöhnlich. Inhaltlich deute die Buchstabenfolge "Tesemt" als Überschrift und das Fehlen eines vollständigen Satzes darauf hin, dass hier allenfalls ein Entwurf entstehen sollte.

Unbestritten sei die Verstorbene der deutschen Sprache mächtig gewesen. Daher sei davon auszugehen, dass sie einen korrekten Satz formuliert hätte, wenn sie auf dem Butterbrotpapier eine letzte Verfügung hätte schreiben wollen. Die Zettel habe die Frau in einer Schatulle mit gebrauchten Briefumschlägen, also völlig unwichtigen Unterlagen aufbewahrt. Auch das spreche dafür, dass es sich höchstens um Vorüberlegungen handelte. Die Zettel stellten kein wirksames Testament dar. Daher bleibe die Tochter Alleinerbin.

Auch Sparbücher können "verjähren"

30 Jahre nach der letzten Eintragung gibt es kein Geld mehr zurück

1994 fanden die Erben eines 1976 verstorbenen Mannes ein Sparbuch von 1957: Es war auf dessen Namen ausgestellt und wies ein Guthaben von 5.259,60 DM auf. Die Erben verlangten von der Bank 35.195 DM. Dieser Betrag stehe ihnen zu, meinten sie, die Zinsen hätten sie gemäß dem 1957 vereinbarten Zinssatz von 5,75 Prozent berechnet.

Die Bank behauptete, das Guthaben sei längst ausgezahlt und das Sparbuch aufgelöst worden. Damals seien Verfügungen ohne Vorlage des Sparbuchs durchaus üblich gewesen. Vor dem Landgericht Bonn zogen die Erben den Kürzeren, weil sich die Bank jedenfalls auf die Verjährungsfrist berufen konnte (2 O 42/95).

Die Verjährungsfrist betrage nach der Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch beim Auszahlungsanspruch gegen Banken 30 Jahre, erklärte das Landgericht. Der letzte Eintrag im Sparbuch, der für den Beginn der Frist maßgebend sei, liege aber schon mehr als 30 Jahre zurück. Da die Hauptforderung verjährt sei, gebe es auch keine Zinsen mehr.

Pflegerin will erben

Das angebliche Testament einer alten Dame war unleserlich und damit unwirksam

In einer Seniorenunterkunft verstarb 2012 eine alte Dame. Sie hatte dort mit ihrem Ehemann gelebt, der schon ein Jahr zuvor gestorben war. Das Paar hatte in einem Testament seine Beerdigung geregelt, nicht aber die Erbfolge. Denn die stand für die Eheleute ohnehin fest: Sie hatten ja nur ein Kind. Das Nachlassgericht erteilte der Tochter einen Erbschein als Alleinerbin.

Dagegen legte jedoch eine Pflegerin Beschwerde ein. Sie erschien beim Nachlassgericht mit einem Testament, das die Verstorbene angeblich zwei Monate vor ihrem Tod geschrieben hatte. Als Pflegekraft habe sie zur Erblasserin beruflich und privat sehr guten Kontakt gehabt, behauptete die Frau. Eine Kollegin habe ihr dieses Schreiben gegeben, in dem stehe, dass "ihr die Verstorbene alles vermache".

Dem Oberlandesgericht (OLG) Schleswig gelang es jedoch nicht einmal mit Hilfe einer Schriftsachverständigen, den Text zu entziffern (3 Wx 19/15). Auf dieses "Testament" könne sich die Pflegerin nicht berufen, erklärte das OLG: Ein eigenhändig geschriebenes Testament müsse lesbar sein, um die Erbfolge wirksam zu regeln. Es bleibe beim Erbschein für die Tochter der Verstorbenen, die aufgrund gesetzlicher Erbfolge die Mutter beerbe.

Ein Testament sei nur gültig, wenn die Niederschrift eindeutig lesbar sei: Der vom Erblasser/der Erblasserin erklärte Wille müsse in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgehen. Dem von der Pflegerin vorgelegten Schriftstück sei jedoch kein eindeutiger Inhalt zu entnehmen. Da es schon deshalb kein formgültiges Testament darstelle, erübrigten sich weitere Erwägungen.

Fraglich sei nämlich auch, ob die Erblasserin überhaupt noch testierfähig gewesen sei und vor allem: ob die verstorbenen Eheleute in einem Heim im Sinne des Heimgesetzes wohnten. Wenn das zuträfe, wäre es der Pflegerin ohnehin untersagt, geldwerte Leistungen von Heimbewohnern entgegenzunehmen. Doch das könne offen bleiben, weil das Schriftstück sowieso unwirksam sei.

"Wer mir in den letzten Stunden beisteht …"

Im Testament muss der Erbe nicht unbedingt namentlich, aber eindeutig bestimmt sein

Wer ernsthaft will, dass sein Erbe nicht durch gesetzliche Erbfolge an die ungeliebte Verwandtschaft fällt, der muss im Testament präzise formulieren! Das zeigt einmal mehr der folgende Fall: Witwe Q hatte verfügt, "mein Erbe nicht an meine Nichte oder Neffen zu übertragen, die sich nie um mich kümmerten. Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich ‚Alles‘".

Wenige Tage vor ihrem Tod brach die Frau in ihrer Wohnung zusammen. Ein ehemaliger Nachbar, der sie gerade besuchte, rief den Notarzt. Anschließend packte Herr F Kleider für die alte Dame und brachte sie in die Klinik. Dort besuchte er sie mehrmals.

Nach ihrem Tod beantragte Herr F beim Nachlassgericht einen Erbschein als Alleinerbe. Er sei die Person, die Frau Q im Testament als Erbe eingesetzt habe, erklärte er. Das sei hier objektiv bestimmbar, obwohl er nicht namentlich genannt werde. Denn er habe der Erblasserin in den letzten zweieinhalb Stunden ihres Lebens beigestanden, indem er ihre Hand gehalten, ihre Wange gestreichelt und etwas erzählt habe.

Sein Antrag wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Köln abgewiesen (2 Wx 188/14). Dem Testament von Frau Q sei keine wirksame Erbeinsetzung zu entnehmen. In einem Testament müssten entweder die bedachte Person oder die Auswahlkriterien für diese Person so klar bestimmt sein, dass jede Willkür eines Dritten bei deren Auswahl ausgeschlossen sei.

Mit der Formulierung "wer mir in den letzten Stunden beisteht" habe Frau Q jedoch den Erben nicht eindeutig bestimmt. Sie habe nur ein "auslösendes Ereignis" festgelegt. Sie habe damit die Berufung des Erben aus der Hand gegeben und an eine ungewisse Entwicklung der Ereignisse geknüpft oder sogar an einen "Wettstreit" von an der Erbschaft interessierten Personen. Sowohl das Kriterium "beistehen" (körperliche Pflege? seelischer Beistand? Unterstützung im Haushalt?) als auch die Zeitangabe "in den letzten Stunden" könne man unterschiedlich interpretieren.

Habe sich F tatsächlich so um die Erblasserin gekümmert, wie sie es erwartete? Das könne niemand sicher beantworten. Wollte das Gericht dies tun, müsste es letztlich den Erben anhand eigener Kriterien bestimmen, weil die von der Erblasserin vorgegebenen Kriterien nicht präzise genug seien. Das wäre jedoch rechtswidrig.

Benutzungsverbot für geerbte Waffen

Wer ohne Sachkunde und Waffenschein ein Gewehr erbt, muss es "blockiert" aufbewahren

Ein Mann erbte ein Kleinkalibergewehr und bekam dafür auch eine Waffenbesitzkarte. Allerdings konnte er damit nicht allzu viel anfangen, da er nicht berechtigt war, Schusswaffen zu gebrauchen. Ein mit ihm befreundeter Jäger wollte die Waffe gerne einsetzen und beantragte 2010 bei der Jagdbehörde, ihn als Mitberechtigten in die Waffenbesitzkarte einzutragen.

Die Jagdbehörde lehnte den Antrag ab. Begründung: Für mehrere Personen eine gemeinsame Waffenbesitzkarte auszustellen, komme nur in Frage, wenn sie erstens eine Schusswaffe gemeinsam besäßen und wenn zweitens jeder eine waffenrechtliche Erlaubnis habe. Die zweite Bedingung erfülle der Eigentümer des Kleinkalibergewehrs aber nicht. Aus diesem Grund dürfe auch der Jäger mit der Waffe nicht jagen.

Der Jäger kämpfte für sein Anliegen bis zur letzten Instanz, blieb aber auch beim Bundesverwaltungsgericht ohne Erfolg (6 C 36.14). Der Erbe dürfe die ererbte Schusswaffe nicht benützen, so die Bundesrichter, daran sei seine Besitzberechtigung geknüpft. Diese Ausnahmeregelung im Waffengesetz gelte (nur) für Erben von Schusswaffen, die über keine waffenspezifische Sachkunde verfügten.

Weil Schusswaffenbesitz so gefährlich sei, hätten sie nur das Recht — sofern sie zuverlässig genug seien, überhaupt eine Waffe zu besitzen —, diese in funktionsuntauglichem Zustand (= blockiert) aufzubewahren. 2008 sei die Blockierpflicht eingeführt worden, um der Gefahr eines Missbrauchs vorzubeugen. Seither müssten Erben ohne waffenrechtliche Erlaubnis geerbte Waffen blockieren lassen.

Lebensgefährten als Erben eingesetzt

Verwandte interpretieren Hinweis auf Operation im Testament als "Erbeinsetzung unter einer Bedingung"

Da der Verdacht auf einen Tumor bestand, sollte bei einer wohlhabenden, älteren Dame eine Gewebeprobe entnommen werden, um sie untersuchen zu lassen ("Biopsie"). Das ist nur ein Routineeingriff. Trotzdem verfasste die Patientin vorsichtshalber ein Testament. Auf einen kleinen Zettel schrieb sie: "Sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen, vermache ich mein ganzes Vermögen und Haus Herrn A". A war ihr Lebensgefährte.

Die Biopsie verlief problemlos, allerdings verstarb die Frau vier Monate später an der dabei festgestellten Krankheit. Ihr Lebensgefährte beantragte einen Alleinerbschein. Dagegen protestierte die Verwandtschaft — die Schwester, Nichten und Neffen. Ihr Argument: Die Verstorbene habe Herrn A nur für den Fall als Alleinerben einsetzen wollen, dass sie die Biopsie nicht überleben sollte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sah das anders (I-3 Wx 191/14). Die Formulierung im Testament sei auslegungsbedürftig, räumte das OLG ein: Zu klären sei, ob die Erblasserin nur ein Motiv für das Schreiben eines Testaments angeben wollte oder ob tatsächlich eine "Erbeinsetzung unter einer Bedingung" vorliege. Dass Herr A also nur unter der Bedingung erben sollte, dass der Eingriff negativ verlaufen würde.

Dafür spreche hier aber nichts. Eine Biopsie werde normalerweise, so auch hier, nur mit örtlicher Betäubung vorgenommen. Man könne so gut wie ausschließen, dass so ein Eingriff tödlich ende — wie das manchmal bei einer Vollnarkose vorkomme. Die Erblasserin habe also die Erbeinsetzung ihres Lebensgefährten unabhängig von der Biopsie gewollt. Herr A habe Anspruch auf einen Erbschein als Alleinerbe.

Hoffnung aufs Erbe enttäuscht

Verwandte sieht sich um das Erbe einer Seniorin betrogen und klagt für Kaffeeklatsch Arbeitslohn ein

Als die Tante ein Testament verfasste und ihren Neffen und dessen Ehefrau als Erben ihres Vermögens einsetzte, war die Welt noch in Ordnung. Erbtanten muss man hegen und pflegen, dachte sich die Verwandtschaft. Die Frau des Neffen besuchte die Seniorin regelmäßig zum Kaffeeklatsch, brachte zum Geburtstag selbstgebackenen Käsekuchen mit, begleitete sie zum Einkaufen und zum Arzt.

Die Idylle endete jäh, als die beiden Damen wegen einer Bankvollmacht in Streit gerieten. Wütend zerriss die Tante das Testament. Nun sah sich die treusorgende Verwandte um den Lohn für ihre Liebesmüh gebracht. Sie zog vor das Arbeitsgericht: 7.000 Euro Arbeitslohn veranschlagte sie für ihre Begleitdienste und den Kaffeeklatsch bei der Tante, die sie schließlich nur wegen des Testaments besucht habe. Für ihre Bemühungen berechne sie einen Stundensatz von 20 Euro.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm ließ die Frau abblitzen (5 Sa 451/12). Besuche zu vergüten, sei im Familienkreis nicht üblich. Eine Einladung zu Weihnachten, das Backen eines Käsekuchens und Gespräche am Kaffeetisch: Da gehe es nicht um klassische Dienstleistungen, für die jemand ein Entgelt verlangen könnte, so das LAG. Im Übrigen seien weder der zeitliche Umfang der Tätigkeit, noch eine konkrete Vergütung vereinbart worden.

Gegenleistung für die Hilfsdienste habe zwar die in Aussicht gestellte Erbschaft sein sollen. Wer einer anderen Person helfe, weil er erwarte, sie zu beerben, könne aber keinen Lohn verlangen, wenn diese Erwartung fehlschlage. Weder nach rechtlichen, noch nach moralischen Maßstäben seien Gefälligkeiten unter Verwandten "entlohnungspflichtig".

Pflege als Gegenleistung für ein Grundstück

Auch so eine Vereinbarung kann ins Grundbuch eingetragen werden

Ein Ehepaar übertrug in einem notariellen Vertrag seinem Sohn und der Schwiegertochter das Familiengrundstück. Die Kinder verpflichteten sich zu der Gegenleistung, die Eltern bis zu deren Tod zu pflegen, soweit es ihnen nach ihrer "Ausbildung und ihren Kenntnissen zumutbar" sei.

Diese "Pflegeverpflichtung" wollte die Familie ins Grundbuch eintragen lassen. Doch der zuständige Beamte weigerte sich, weil er den Begriff der Zumutbarkeit für "ungenau" hielt. Er dürfe laut Gesetz nur ausreichend "bestimmbare Leistungen" ins Grundbuch eintragen. Die Eltern versuchten schließlich, den Eintrag in einem gerichtlichen Verfahren durchzusetzen.

Der Bundesgerichtshof gab ihnen recht (V ZB 43/94). Es genüge, wenn Art, Gegenstand und Umfang der Leistung aufgrund "objektiver Umstände bestimmbar" seien. Im Falle einer "Pflegeverpflichtung" könne man die von den Kindern geforderte (Gegen-)Leistung an den Kosten einer bezahlten Pflegekraft messen. Was dabei "zumutbar" sei, werde durch die beruflichen und familiären Verhältnisse präzisiert. Aus diesem Grunde könne die Regelung im notariellen Vertrag auch ins Grundbuch eingetragen werden.

Wer bekommt den Bauernhof?

Brüder streiten um Hoferbfolge: Notarieller Vertrag oder gesetzliche Erbfolge?

Das alte Ehepaar hatte den Hof vor ca. 30 Jahren an Hans verpachtet, den ältesten Sohn. Nach dem Tod des Vaters 1989 bestimmte die Mutter Hans mit notariellem Vertrag zum Hoferben. Seither ging es mit dem landwirtschaftlichen Betrieb bergab. 2003 musste Hans die Milchviehhaltung aufgeben, die sich nicht mehr lohnte.

Er verlegte sich aufs Pferdezüchten, doch der Schuldenberg wurde immer höher. 2004 veräußerte die Mutter Milchquote und Grundbesitz, um Schulden zu tilgen. Auch Geschwister unterstützten Hans finanziell, um die Zwangsversteigerung des Hofes zu verhindern.

Kurz vor dem Tod der — zu diesem Zeitpunkt bereits dementen — Mutter verpachtete 2014 ihr Betreuer den Hof an einen jüngeren Bruder, nennen wir ihn Fritz. Als die Mutter gestorben war, pochte Hans auf den notariellen Vertrag, laut dem er den Hof bekommen sollte. Dagegen war Fritz der Ansicht, mit dem Abschluss des Pachtvertrags 2014 habe die Mutter ihm die Bewirtschaftung des Hofes dauerhaft übertragen. Also sei er jetzt der Hoferbe.

Das Oberlandesgericht Hamm gab Fritz Recht, allerdings mit einer anderen Begründung (10 W 5/15). Der Pachtvertrag sei hier nicht ausschlaggebend, denn die Erblasserin habe Fritz den Hof nicht selbst verpachtet. Sie sei 2014 nicht mehr "testierfähig" gewesen. Daher stehe nicht fest, ob der Vertrag ihrem frei gebildeten Willen entsprach.

Doch sei Fritz gemäß der Höfeordnung als jüngstes Kind zum Hoferben berufen, nachdem andere jüngere Geschwister auf das Erbe verzichtet hätten. Der Hof liege in einem Gebiet, in dem das Jüngstenrecht gelte. Demnach stehe nicht dem Erstgeborenen unter mehreren Miterben der Hof zu, sondern dem Jüngsten. Hofeigentümer könnten die gesetzlich vorgeschriebene Erbfolge gemäß der Höfeordnung zwar per Testament oder Erbvertrag ändern.

Trotz des notariellen Vertrags zu Gunsten von Hans erbe Hans jedoch nicht den Hof. Denn er sei nicht "wirtschaftsfähig" im Sinne der Höfeordnung. Wer einen Hof selbständig bewirtschaften wolle, benötige landwirtschaftlich-technische, aber auch organisatorisch-rechnerische Kenntnisse und Fähigkeiten. Und in dieser Hinsicht bestünden bei Hans begründete Zweifel. Auch der Verlauf des Wirtschaftens in den letzten 30 Jahren zeige erhebliche Defizite.

Einsturzgefährdetes Gebäude

Der ehemalige Eigentümer muss die Abrisskosten tragen

Wer ein baufälliges Gemäuer erbt und mit dem Grundstück nichts anzufangen weiß, sollte die Erbschaft am besten ausschlagen, wie folgender Fall zeigt. Herr V erbte so ein marodes Gebäude. Er nahm das Erbe zwar an, gab dann aber nach reiflichem Überlegen das Eigentum am Grundstück auf. Gegenüber dem Grundbuchamt erklärte er, auf das Eigentum zu verzichten. Damit fällt das Grundstück — gemäß § 928 Satz 2 BGB — der Staatskasse des Bundeslandes zu, in dem es liegt (hier: Sachsen-Anhalt).

Nichtsdestotrotz forderte die Bauaufsichtsbehörde Herrn V auf, den Abriss des Gebäudes zu finanzieren. Das sollte ca. 32.000 Euro kosten. Hintergrund: Ein Bausachverständiger hatte festgestellt, dass das alte Haus einsturzgefährdet war und Nachbarn sowie Passanten gefährden könnte.

Der unglückliche Erbe fiel aus allen Wolken und wehrte sich. Die Forderung sei unverhältnismäßig. Er habe durch den Verzicht keinerlei Erlös erzielt und von dem Grundstück auch nicht auf andere Weise wirtschaftlich profitiert. Außerdem lägen die Abrisskosten weit über dem Verkehrswert des Grundstücks.

Doch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt segnete den Bescheid der Behörde ab und verurteilte den Ex-Eigentümer dazu, die Abrisskosten zu tragen (2 M 147/14). Herr V wäre schon vor der Aufgabe des Eigentums verpflichtet gewesen, das Gebäude instandsetzen oder abreißen zu lassen. Wenn von einer "herrenlosen Sache" Gefahr ausgehe, dürfe die Bauaufsichtsbehörde auch frühere Eigentümer in die Pflicht nehmen.

Sinn dieser Regelung: Eigentümer sollten Belastungen durch baufällige Gebäude — oder andere mit dem Grundstück verbundene Risiken — nicht auf die Allgemeinheit abwälzen können. Prinzipiell sei die Haftung ehemaliger Eigentümer zwar auf den Verkehrswert des Grundstücks begrenzt. Sie könne aber ausnahmsweise auch darüber hinausgehen. Das sei zum Beispiel dann zumutbar, wenn der ehemalige Eigentümer eine vom Grundstück ausgehende Gefahr bewusst in Kauf genommen oder das Grundstück "in Kenntnis der Gefahr erworben" habe.

Letzteres treffe hier zu. Der Erbe habe den desolaten Zustand des Gebäudes gekannt und dennoch das Erbe nicht ausgeschlagen. Er hätte auch die Möglichkeit gehabt, die Annahme der Erbschaft nachträglich anzufechten. Da er dies unterlassen habe, hafte er trotz der Aufgabe des Eigentums für die Abrisskosten. Anders läge der Fall, wenn die Gefahrenlage erst nach dem Verzicht auf das Eigentum entstanden wäre. Dann dürfte die Behörde den früheren Eigentümer zu deren Beseitigung nur eingeschränkt heranziehen.

Pfleger dürfen Betreute nicht beerben

Erbvertrag zu Gunsten der Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes ist unwirksam

Die Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes hatte im Krankenhaus eine alte Dame kennengelernt. Die Seniorin war ledig, wohlhabend und hatte keine Kinder. Von da an sahen sich die Frauen zweimal in der Woche zum Mittagessen. Gelegentlich unternahmen sie gemeinsame Ausflüge. Der ambulante Pflegedienst betreute die Seniorin mehrere Jahre lang bis zu ihrem Tod.

Ein Jahr vorher hatte sie mit der Geschäftsführerin beim Notar einen Erbvertrag geschlossen und die Bekannte als Alleinerbin eingesetzt. Der Nachlass war rund 100.000 Euro wert. Nach dem Tod der alten Dame erhielt die Bekannte vom Nachlassgericht zunächst einen Erbschein. Doch dann legte die Aufsichtsbehörde ihr Veto ein: Der Erbvertrag verstoße gegen gesetzliche Regelungen (§7, Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen).

Damit war die Pflegedienstleiterin die Erbschaft wieder los: Ihre Beschwerde dagegen blieb beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ohne Erfolg (21 W 67/14). Der Erbvertrag sei unwirksam, bestätigte das OLG. Über die vereinbarte Vergütung hinaus dürften sich Leiter und Mitarbeiter von Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen von ihren Betreuten und Pflegebedürftigen kein Geld (und keine geldwerten Leistungen) als Gegenleistung für die Pflege versprechen oder geben lassen.

Das gelte auch für ambulante Pflegedienste. Diese Regelung solle verhindern, dass Pfleger und Betreuer die Hilflosigkeit bzw. Arglosigkeit alter, pflegebedürftiger Menschen zu ihrem Vorteil ausnutzten. So solle auch jede Einflussnahme beim Verfassen von Testamenten ausgeschlossen werden. Eine Erbeinsetzung, die direkt mit der Pflege der Erblasserin zusammenhänge, verstoße gegen das Gesetz. Diesen Zusammenhang habe die Pflegedienstleiterin zwar bestritten, doch bleibe ein begründeter Zweifel.

Das OLG räumte ein, dass zwischen ihr und der Verstorbenen wohl eine freundschaftliche Bindung bestanden hatte, die über eine Geschäftsbeziehung hinausging. Dennoch: Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung sei nicht erkennbar und in so einer Konstellation wohl auch praktisch unmöglich. Motive und Gründe der Zuwendung seien offen. Daher greife auch im konkreten Fall das gesetzliche Verbot.

Dem Insolvenzgericht Erbschaft verschwiegen

Damit gefährdet die Schuldnerin den Erfolg des Privatinsolvenzverfahrens

Frau S hatte das Privatinsolvenzverfahren fast hinter sich gebracht. Das Insolvenzgericht hatte ihr bereits das Ende des Verfahrens angekündigt, mit dem Schuldner die Möglichkeit bekommen, ihre Schulden loszuwerden ("Restschuldbefreiung").

Solange das Verfahren andauert, müssen Schuldner allerdings einige Auflagen erfüllen. So zum Beispiel, wenn sie etwas erben. Sie müssen erstens dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder, der ihr Verfahren betreut, die Erbschaft melden. Zweitens müssen sie dem Treuhänder die Hälfte des Erbes für die Gläubiger überlassen.

Um eine Erbschaft ging es auch im konkreten Fall: Als die Mutter von Frau S starb, hinterließ sie ihr kleines Vermögen Frau S und deren Schwester zu gleichen Teilen. Erst drei Monate nach dem Tod der Mutter erhielt der Treuhänder von Frau S den Erbschein. Mehrmals forderte er sie vergeblich auf, die Hälfte des Erbes herauszurücken. Daraufhin brummte ihr das Insolvenzgericht die Kosten des Insolvenzverfahrens auf, die Schuldnern normalerweise "gestundet" werden.

Erfolglos legte Frau S dagegen Beschwerde ein. Sie habe sich pflichtwidrig verhalten und das geerbte Vermögen verheimlicht, hielt ihr das Amtsgericht Göttingen vor (74 IN 94/10). Die Pflicht, eine Erbschaft anzuzeigen, bestehe ab dem Zeitpunkt, zu dem die Erbschaft angenommen werde (oder nicht mehr ausgeschlagen werden könne). Spätestens 14 Tage später müsse die Meldung beim Gericht und beim Treuhänder eingehen.

Frau S habe die Erbschaft sechs Wochen nach dem Tod der Mutter angetreten. Ihr Anwalt habe den Treuhänder aber erst drei Monate später darüber informiert. Darüber hinaus habe sie dem Treuhänder die Hälfte des geerbten Vermögens vorenthalten.

Dass das Vermögen zwischen ihr und der Schwester noch nicht aufgeteilt sei, entschuldige dieses Verhalten nicht: Schuldner, die erbten, müssten die Verwertung des Nachlasses beschleunigen und gegebenenfalls schon zuvor dem Treuhänder einen Mindestbetrag aus dem Barnachlass zahlen.

Mit ihrem Verstoß gegen die Auflagen der Insolvenzordnung gefährde Frau S den Erfolg des gesamten Insolvenzverfahrens: Er berechtige nämlich die Gläubiger dazu, bei Gericht zu beantragen, die Restschuldbefreiung für Frau S wieder aufzuheben.

Generalvollmacht ist kein Testament

Handschriftliche Zusätze des Erblassers zum Schreiben seiner Lebensgefährtin reichen nicht

Nach dem Tod eines Mannes stellte das Nachlassgericht seiner Adoptivmutter einen Erbschein als Alleinerbin aus. Dagegen protestierte die Lebensgefährtin des Verstorbenen. Sie legte dem Gericht die Kopie einer Generalvollmacht ihres Lebensgefährten vor, die sie allerdings selbst verfasst hatte.

Dieses Schriftstück stellte ihrer Ansicht nach ein Testament dar, obwohl der Verstorbene nur folgenden Zusatz selbst geschrieben hatte: "bevollmächtige (Frau …), mein Interesse in privaten und geschäftlichen Angelegenheiten wahrzunehmen, allein Erbin bei Tod danach". Die Frau beantragte, der Adoptivmutter den Erbschein zu entziehen. Der stehe von Rechts wegen ihr zu.

Doch das Nachlassgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart anerkannten das Schriftstück nicht als gültiges Testament (8 W 387/14). Das Schreiben erfülle nicht die Formvorschriften für ein Testament. Weder habe es der Erblasser eigenhändig geschrieben, noch habe er es unterschrieben. Wenn — wie hier — eine andere Person eine Erklärung verfasse, die der spätere Erblasser nur handschriftlich ergänze, stelle das keine wirksame "letztwillige Verfügung" dar.

Das gelte selbst dann, wenn der Verstorbene den Inhalt der Erklärung gebilligt haben sollte. So schreibe es das Erbrecht zwingend vor. Von "fremder Hand" könne keine Erbeinsetzung geschehen. Bewerte man den handschriftlichen Zusatz des Erblassers für sich, müsse man feststellen: Auch der Zusatz formuliere nicht deutlich und klar den Willen, die Lebensgefährtin als Alleinerbin einzusetzen.

Ex-Ehefrau als Alleinerbin?

Die zweite, pflichtteilsberechtigte Ehefrau eines Verstorbenen kann das Testament anfechten

Gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau hatte der (damals 58 Jahre alte) Mann 2003 ein Testament verfasst, in dem sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Per Nachtrag hatten sie außerdem vereinbart, dass das Testament auch für den Fall einer Scheidung gelten sollte. 2011 ließ sich das Ehepaar tatsächlich scheiden. Kurz darauf heiratete der Mann erneut.

2012 verfasste er ein notarielles Testament, in dem er alle früheren "letztwilligen Verfügungen" widerrief. Allerdings erfuhr seine Ex-Frau davon nichts. Als der Mann 2013 starb, beantragte die erste Frau einen Erbschein als Alleinerbin.

Diesem Antrag widersprach die zweite Ehefrau und focht das Testament von 2003 an: Demnach würde sie als pflichtteilsberechtigte Ehefrau übergangen. Das widerspreche dem Willen des Verstorbenen und könne nicht rechtens sein.

Die erste Ehefrau erbt nicht, entschied das Oberlandesgericht Hamm (15 W 14/14). Das Testament von 2003 sei zwar — entsprechend der Regelung im Nachtrag zum Testament — durch die Scheidung nicht unwirksam geworden. Der Verstorbene habe das frühere Testament 2012 auch nicht wirksam widerrufen: Denn das Testament von 2003 hätte er gegenüber seiner ersten Ehefrau widerrufen müssen, ihr habe er aber das neue Testament mit dem Widerruf nicht übermittelt.

Dennoch könne die zweite Ehefrau die Erbeinsetzung im während der ersten Ehe verfassten Testament anfechten: Denn als Ehepartnerin des Erblassers stehe ihr ein Pflichtteil zu, was das Testament von 2003 naturgemäß nicht berücksichtige. Laut Gesetz (§ 2079 Bürgerliches Gesetzbuch) könnten übergangene Pflichtteilsberechtigte ein Testament anfechten, wenn sie erst nach dessen Errichtung pflichtteilsberechtigt wurden. Und so liege der Fall hier.

Dieser gesetzlichen Regelung liege die Annahme zugrunde, dass im Normalfall Erblasser eine(n) Pflichtteilsberechtigte(n) im Testament nicht übergehen. Davon könne man auch hier ausgehen. Hätte der Mann 2003 schon gewusst, dass er später ein zweites Mal heiraten würde, hätte er die letztwillige Verfügung anders gestaltet. Dafür spreche auch der Inhalt des Testaments von 2012. Das Testament von 2003 sollte zwar nach dem Willen des Erblassers trotz der Scheidung gelten. Doch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass es auch bei einer zweiten Heirat gelten sollte.

Versprechen darf man nicht brechen

Die Zusage eines Landwirts, den Hof an den Sohn zu übergeben, ist ein verpflichtender Vorvertrag

27 Jahre lang hatte K auf dem Hof der Eltern gearbeitet - ohne Bezahlung. Nur Kost und Logis bekam er. Als Sohn K heiratete, half die Ehefrau im Lokal der Familie mit. Auch sie sah dafür keinen Pfennig. Ab 1999 bewirtschaftete K den Hof allein, nachdem sich der Vater aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste.

Einst hatte er dem Sohn den Hof versprochen, allerdings wurde die geplante Übergabe nie vertraglich fixiert und notariell beglaubigt. Nach einigen Streitereien änderte der Vater seine Meinung und setzte 2003 einen Bruder von K in einem Erbvertrag als Alleinerben ein. Sohn K reagierte darauf mit einer Klage auf Nachzahlung von Arbeitslohn. Später zog er erneut vor Gericht und verlangte vom Vater die Übergabe des Hofs.

Der Vater müsse mit ihm einen Übergabevertrag schließen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (9 U 9/11). Bei landwirtschaftlichen Familienbetrieben könne das mündliche Versprechen einer Hofübergabe auch formlos gültig sein, ohne notariellen Vertrag. So ein Versprechen sei als verbindlicher Vorvertrag anzusehen, wenn ein Kind des Hofeigentümers sein Leben auf dieses Versprechen einrichte, d.h. im Vertrauen darauf längere Zeit unentgeltlich auf dem Hof arbeite und keine eigene wirtschaftliche Existenz aufbaue. Das treffe hier eindeutig zu.

Während Bruder M die Gaststätte betreibe, habe K den Hof geführt. Er habe keine Altersvorsorge getroffen, die Eltern hätten für ihn keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Schon seit dem Jahr 1980 habe K die Arbeit auf dem Hof im Wesentlichen allein organisiert. Nach 1999 habe der Vater plötzlich behauptet, K sei dazu nicht in der Lage. Dabei habe der Hof z.B. die Milchreferenzmenge nur verloren, weil sich der Hofeigentümer zurückzog, ohne einen Übergabevertrag zu schließen. Künftig wolle K Ziegen halten und mit Demeter zusammenarbeiten, das sei wirtschaftlich vernünftig.

Das OLG konnte keinen Grund dafür erkennen, K den Hof trotz jahrzehntelanger Schufterei vorzuenthalten. Nur eine erhebliche Verfehlung des Sohnes wie etwa ein tätlicher Angriff würde den Vater dazu berechtigen, sein Versprechen zu brechen. Familiäre Auseinandersetzungen seien normal. Der 2003 zwischen dem Vater und Sohn M geschlossene Erbvertrag sei unwirksam, soweit er den Hof betreffe.

Private Rentenversicherung: Wer kriegt das Geld?

Die Bezugsberechtigung im Todesfall war im Versicherungsschein nicht geregelt

Eine ältere Dame, alleinstehend und kinderlos, hatte bei einem Versicherungsunternehmen zwei private Rentenversicherungen in Kombination mit Lebensversicherungen abgeschlossen. Als Einmalbetrag zahlte sie 50.852 Euro und 20.340 Euro ein. Im Fall ihres Todes sollte das Unternehmen die Gesamtsumme erstatten — abzüglich der Beträge, die die Versicherungsnehmerin bereits als Altersrente erhalten hatte.

Wer die Summe bekommen sollte, stand allerdings nicht in den Versicherungsscheinen. Nach dem Tod der Dame meldete sich ihr Neffe bei der Versicherung, den sie in ihrem Testament als Alleinerben eingesetzt hatte. Ihm als Erben ständen die Restbeträge aus den zwei Versicherungen zu (zusammen ca. 59.000 Euro), meinte er. Das wurde jedoch vom Versicherungsunternehmen bestritten. Die Versicherung verweigerte eine Auszahlung.

Der Sachbearbeiter habe der Tante in einem Begleitschreiben zu den Versicherungsscheinen mitgeteilt, dass die Restbeträge nach ihrem Tod an die gesetzlichen Erben ausgezahlt würden, behauptete die Versicherung. Der Neffe sei aber per Testament eingesetzt.

Er habe der Tante von allen Angehörigen am nächsten gestanden, erklärte der Neffe und verklagte das Versicherungsunternehmen auf Zahlung. Zu Recht, entschied das Landgericht Coburg: Als Erbe sei der Neffe auch bezugsberechtigt (22 O 598/13).

Bei einem Versicherungsvertrag komme es allein auf den Versicherungsschein an, diese Urkunde beweise den Inhalt des Vertrags. Unglücklicherweise sei aber in den Versicherungsscheinen der Tante die Bezugsberechtigung im Todesfall nicht geregelt. Daher gelte der allgemeine Grundsatz des Erbrechts: Erben treten an die Stelle des Erblassers/der Erblasserin.

Selbst wenn die Versicherung in einem Begleitschreiben etwas anderes angekündigt hätte — was ohnehin nicht belegt sei —, wäre der Erbe bezugsberechtigt. Denn aus Sicht der Versicherungsnehmerin ergäbe es keinen Sinn, wenn sie einen Erben einsetze und trotzdem, entgegen ihren Absichten in Bezug auf die Erbfolge, andere Personen wesentliche Vermögensbestandteile erhielten.

Zukünftige Erben wollen den Tod der Tante nicht abwarten

"Gefeilsche" um den Nachlass darf erst nach ihrem Tod beginnen

1982 schloss eine - damals 72-jährige, unverheiratete - Frau mit ihrer Nichte und ihrem Neffen einen Erbvertrag. Darin setzte sie die beiden Verwandten als Erben ein. Im Gegenzug sollten sie der Tante bei einem Neubau behilflich sein und noch andere Leistungen erbringen. Nach einem Streit überließ die Tante jedoch 1986 den wesentlichen Bestandteil des Vermögens, ihren Grundbesitz, einem anderen Verwandten, der ihr dafür ein Wohnrecht einräumte und zusicherte, sie zeitlebens zu pflegen.

Dagegen zog die Nichte gerichtlich zu Felde. Die Grundstücke jemand anderem zu überlassen, widerspreche ihrem vertraglich festgelegten Erbrecht, meinte sie. Die Nichte wollte sofort, d.h. schon zu Lebzeiten der Tante geklärt haben, dass der Grundbesitz nach dem Tod der Tante ihr und ihrem Bruder zustand.

Das Oberlandesgericht München erklärte diese Klage jedoch für unzulässig (30 U 913/94). Die Würde der noch lebenden Tante gebiete es, ein derartiges Gefeilsche um ihr Hab und Gut zu vermeiden. Es seien auch keine wirtschaftlichen Interessen erkennbar, die hier eine Ausnahme zuließen. Daher bleibe es bei dem Grundsatz, dass die Erben erst nach dem Tod der Erblasserin um ihre Anteile streiten könnten.

"Ein für alle Male abgefunden"

Wer das in einem Erbvertrag erklärt, spricht damit einen Erbverzicht aus

1991 starb ein Vater von zwei Kindern. Danach schloss die Witwe mit ihrer (1960 geborenen) Tochter und dem (1972 geborenen) Sohn einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. Demnach erwarb der Sohn den Erbteil der Schwester und zahlte ihr dafür 100.000 Euro. Das Geld gab ihm die Mutter. Der 19-Jährige befand sich noch in der Ausbildung und hätte die Summe nicht aufbringen können.

In dem Vertrag erklärte die Schwester, sie sei mit dieser Zahlung "vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden". 2013 starb die Mutter, ohne ein Testament zu hinterlassen. Als der Sohn einen Erbschein als Alleinerbe beantragte, erlebte er eine böse Überraschung. Die Schwester widersprach dem Antrag: Sie sei gesetzliche Miterbin, meinte sie, auf ihr Erbrecht habe sie nie ausdrücklich verzichtet.

Mit diesem Manöver hatte die Frau beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm keinen Erfolg (15 W 92/14). Der Sohn sei Alleinerbe, so das OLG, weil die Tochter 1991 auf ihr gesetzliches Erbe nach dem Tode der Mutter verzichtet habe. Auch wenn das Wort "Erbverzicht" nicht explizit im Vertrag stehe, ergebe sich aus dessen Inhalt ein Erbverzicht.

Der Wortlaut des Vertrags sei eindeutig: Die Tochter habe erklärt, sie sei nach Zahlung des vereinbarten Betrags "ein für alle Male abgefunden". Gegenstand dieser Regelung sei das "elterliche Vermögen" gewesen, nicht nur der Nachlass des Vaters. Auch die Formulierung "unter Lebenden und von Todes wegen" spreche dafür, dass ihr Erbrecht endgültig geregelt wurde und die Schwester nach dem Tod der Mutter nichts mehr bekommen sollte.

Das sei auch für einen juristischen Laien verständlich. Da der Bruder damals nicht über Geldmittel verfügte, sei zudem allen Beteiligten klar gewesen, dass die Tochter mit 100.000 DM aus dem elterlichen Vermögen abgefunden wurde. Und damit habe sie ihren Erbanteil von einem Viertel, der ihr nach dem Tod des Vaters zustand, immerhin fast verdoppelt. Das Endergebnis sei also durchaus gerecht.