Nach vielen Konflikten und einer körperlichen Attacke des Sohnes gegen die Mutter hatten die Eltern bereits 1997 beim Notar einen Erbvertrag vereinbart. Darin enterbten sie ihren Sohn und ordneten zudem an, dass ihm auch der Pflichtteil entzogen werden solle. Denn er habe seine Mutter so geschlagen, dass sie eine Schädelprellung erlitt. Als die verwitwete Mutter starb, sollte eine soziale Einrichtung erben.
Doch der Sohn verlangte von der Erbin, sie müsse ihm den Pflichtteil auszahlen. Dass ihm die Eltern alles weggenommen hätten, sei nicht gerechtfertigt gewesen. Seine Klage hatte beim Landgericht Frankenthal Erfolg (8 O 308/20). Den Sohn nicht als Erben einzusetzen, sei eine freie Entscheidung der Eltern, betonte das Landgericht. Aber nur sehr schwere Vergehen gegen die Erblasser könnten den Verlust des Pflichtteils begründen. Das dafür ausschlaggebende Fehlverhalten müsse im Testament — bzw. hier im Erbvertrag — eindeutig festgehalten sein.
Daraus müsse klar hervorgehen, welche Hintergründe zum Konflikt führten und welche Folgen der Konflikt bewirkte. Dazu stehe jedoch im Erbvertrag nichts. Das Gericht habe auch in der Verhandlung die Hintergründe nicht wirklich aufklären können. Bewiesen sei also ein schweres Vergehen des Sohnes gegen die Mutter nicht. Vielmehr sei es auch möglich, dass die Körperverletzung bei einem Streit spontan und im Affekt erfolgte. Das rechtfertige nicht unbedingt einen Pflichtteilsentzug.
Nach allem, was der so bestrafte Sohn über die familiären Konflikte berichtet habe, liege der Gedanke nahe, dass der tätliche Angriff im Jahr 1996 nicht der Hauptgrund für den ungünstigen Erbvertrag war. Man müsse eher annehmen, dass die Eltern den Lebenswandel ihres Sohnes nicht billigten.
Das sei aber kein ausreichender Grund, ihm den verfassungsrechtlich geschützten Pflichtteil wegzunehmen — immerhin die Hälfte des Erbes, da er das einzige Kind der Erblasser gewesen sei. Die als Erbin eingesetzte soziale Einrichtung müsse dem Sohn daher den Pflichtteil auszahlen.