Betreuung, Heim und Pflege

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Sturz im Pflegeheim

Krankenkasse eines dementen Heimbewohners verlangt Einsicht in die Krankenakte

Ein 88-jähriger Bewohner eines Pflegeheims, der an fortgeschrittener Demenz leidet, war im Heim gestürzt und mit einem Oberschenkelhalsbruch ins Krankenhaus gebracht worden. Um den Vorgang aufzuklären, verlangte seine Krankenkasse vom Pflegeheim Einsicht in die persönlichen Krankenakten bzw. das Sturzprotokoll. Denn der desorientierte Patient selbst konnte dazu keine Auskunft geben.

Sein Betreuer gab den Unfallerfassungsbogen ans Pflegeheim weiter. Er entband das Heim von der Schweigepflicht und genehmigte die Herausgabe einer Kopie der Pflegedokumentation und des Sturzprotokolls. Doch die Leitung des Pflegeheims legte sich quer: Einsicht in die Krankenakte zu nehmen, sei ein höchstpersönliches Recht des Patienten. Gegenüber der Krankenkasse sei das Heim zu nichts verpflichtet.

Der Anspruch auf Einsicht in die Dokumentationen sei vom Betreuer des Patienten wirksam auf die Krankenkasse übertragen worden, urteilte das Amtsgericht München (282 C 26259/08). Er habe im Namen des Patienten auf die Geheimhaltung verzichtet - das sei zulässig. Oft bestehe geradezu ein Interesse des Patienten daran, dass Dritte mit medizinischem Sachverstand die Patientenunterlagen kontrollierten.

Dadurch werde das Pflegeheim nicht benachteiligt, denn es ändere sich ja nur der Auskunftsberechtigte. Statt des Patienten erhalte die Krankenkasse Informationen. Am Inhalt der Auskunft ändere sich dadurch nichts. Dass sie eventuell zu Ansprüchen der Krankenkasse auf Schadenersatz führen könne, müsse das Heim hinnehmen. Denn auch der Patient könnte - so er dazu in der Lage wäre - Schadenersatz verlangen; vorausgesetzt, der Sturz und die dadurch verursachten Behandlungskosten seien auf Nachlässigkeit oder anderes Fehlverhalten des Pflegepersonals zurückzuführen.

Tochter betreut ihre pflegebedürftige Mutter

Sozialhilfeträger verlangt von ihr zusätzlich Bares fürs Seniorenheim: unzumutbare Härte

Die 1915 geborene Frau lebt in einem Seniorenheim, das nach dem Prinzip "Betreutes Wohnen" geführt wird. Es gibt Gemeinschaftsessen, Pflegekräfte helfen bei der Körperpflege. Im Übrigen sollen sich die Bewohner jedoch selbst versorgen und ihre Wohnungen selbst reinigen. Das konnte die fast blinde und auch schon etwas demente Seniorin nicht mehr leisten. Fast täglich kam ihre Tochter und kümmerte sich um die Mutter, die ansonsten in ein Heim mit Vollzeitpflege hätte umziehen müssen.

Die städtische Sozialbehörde unterstützte die Seniorin mit 700 Euro monatlich, weil deren Rente von 801 Euro für die Heimkosten nicht ausreichte. Ihre Söhne waren mittellos. Also hielt sich die Behörde, um Kosten zu sparen, an die Tochter und forderte Unterhalt. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg wies die Klage der Kommune ab (14 UF 134/09).

Die Seniorin habe gegen die Tochter keinen Anspruch auf Bares, so das OLG, der auf den Träger der Sozialhilfe übergehen könnte. Diese erfülle ihre Unterhaltspflicht voll und ganz durch die Pflege. Persönliche Betreuung, gegründet auf familiäre Verbundenheit, werde den Pflegebedürftigen allemal am besten gerecht. Müsste die Tochter obendrein Geld zahlen, wäre ihr eigener Lebensbedarf nicht mehr gewährleistet: Sie beziehe 1.190 Euro Rente.

Das wäre unzumutbar hart und erschwerte - entgegen den Absichten des Gesetzgebers - die familiäre Betreuung von Pflegefällen. Die Forderung des Sozialhilfeträgers sei auch deshalb in hohem Maße ungerecht und unsinnig, weil ihm die Tochter durch ihre Pflege Ausgaben für eine stationäre Vollzeitpflege erspare, die wesentlich höher wären als der jetzige Zuschuss zu den Heimkosten. Der Umzug der Seniorin in ein teures Pflegeheim wäre nämlich ohne die familiäre Unterstützung unvermeidlich.

Nichtraucherschutz als Mangel der Mietsache?

Pächterin eines Altenheims will mit origineller Begründung die Miete kürzen

Die Pächterin eines Münchner Altenheims verlangte vom Eigentümer und Verpächter des Heims, die Pacht herabzusetzen. Begründung: Durch das Bayerische Nichtraucherschutzgesetz sei sie nun gezwungen, in allen Stockwerken ein Raucherzimmer einzurichten, um den Heimbewohnern das Rauchen zu ermöglichen. Dadurch verliere sie Räume mit Betten, die sie ansonsten zahlenden Interessenten überlassen hätte können. Diese Einbuße stelle einen Mangel der Mietsache dar.

Das Oberlandesgericht München verneinte dies: Es gebe keine behördliche Auflage, welche die Dispositionsfreiheit der Pächterin über ihr Heim einschränke (32 U 3956/09). Sie könne dort einen Raucherraum einrichten, sie müsse aber nicht. Verpflichtet sei die Heimleitung nur dazu, das Rauchverbot in den allgemein zugänglichen Räumen durchzusetzen.

In ihren eigenen Räumen könnten die Heimbewohner weiterhin rauchen, in den Gemeinschaftsräumen nicht. Das sei vielleicht für ältere Raucher misslich. Darin sei aber kein Mangel der Mietsache zu sehen. Nichtraucherschutz sei eine vom Gesetzgeber angestrebte Konsequenz der gesetzlichen Regelung. Über deren Zweckmäßigkeit habe das Gericht nicht zu entscheiden.

Pflege-TÜV ist verfassungsgemäß

Gesetzliche Krankenkassen dürfen Berichte über Pflegeheime im Internet veröffentlichen

In einem so genannten Transparenzbericht der gesetzlichen Krankenkassen über die Qualität von Pflegeheimen ("Pflege-TÜV") war ein Pflegeheim aus Bochum mit "befriedigend" bewertet worden. Diese Note fand der Heimbetreiber völlig daneben. Aus Angst um den guten Ruf des Hauses versuchte er deshalb, die Publikation des Berichts im Internet zu verhindern.

Der Pflege-TÜV sei ein verfassungswidriger Eingriff in seine Rechte, kritisierte der Heimbetreiber. Die prüfende Kasse habe die Mängel in der Dokumentation der Pflegeleistungen schwerer gewichtet als die (seiner Meinung nach) gute Pflege selbst. Dieses Argument ließ das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen nicht gelten und lehnte vorläufigen Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung ab (L 10 P 10/10 B).

Nur auf Basis einer aussagekräftigen Dokumentation könne man Pflegequalität verlässlich beurteilen, so das Gericht, auch wenn das für die Heime lästig und kostenintensiv sei. Wenn dem Bericht eine faire, neutrale und sachkundige Prüfung vorausgehe, könne er auch veröffentlicht werden.

Die Prüfkriterien entsprächen dem aktuellen Kenntnisstand: Der Gesetzgeber habe die Bewertungssystematik dem Sachverstand von Organisationen übertragen, die mit der Pflege befasst seien. Auch Träger der Pflegeheime seien beteiligt gewesen. Berichte dienten der Transparenz und verbesserten so die Pflegequalität. Sie könnten im Interesse der Pflegebedürftigen einen Qualitätswettbewerb anstoßen.

Die Pflegeheime seien der Bewertung nicht schutzlos ausgeliefert, sondern könnten bei sachlichen Mängeln dagegen vorgehen. Sie könnten zudem einen abweichenden Kommentar hinzufügen und eine wiederholte Prüfung beantragen. Von diesem Recht habe der Heimträger allerdings im konkreten Fall keinen Gebrauch gemacht - warum auch immer.

Pflegeversicherung muss Pflegeheimen ...

... nach dem Tod von Leistungsempfängern für die Unterkunft nichts mehr zahlen

Streitpunkt zwischen der gesetzlichen Pflegeversicherung und vollstationären Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt waren deren Heimverträge. Diese endeten erst 15 Tage nach dem Sterbetag eines pflegebedürftigen Heimbewohners - es sei denn, der Heimplatz konnte vorher neu belegt werden. In diesem Zeitraum musste die Pflegeversicherung Unterkunfts- und anteilige Investitionskosten weiterzahlen, nur eine Pauschale für ersparte Aufwendungen wurde abgezogen.

Diese Vertragsklausel wurde von der Heimaufsicht Sachsen-Anhalts als rechtswidrig beanstandet, soweit sie Leistungsempfänger der gesetzlichen Pflegeversicherung betraf. Deren Zahlungspflicht ende mit dem Sterbetag. Die Heimträger müssten ihre Heimverträge ans Pflegeversicherungsrecht anpassen.

Vergeblich pochten die Heimträger auf eine alte Vorschrift des Heimgesetzes, die solche Vereinbarungen im Interesse der Auslastung der Pflegeheime in begrenztem Umfang zugelassen hatte. Die gelte nur für Verträge mit Bewohnern, die keine stationären Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, urteilte das Bundesverwaltungsgericht (8 C 24.09).

Heimverträge mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung endeten dagegen mit dem Sterbetag des Heimbewohners. Anderslautende Vereinbarungen seien unwirksam. Ansonsten müsste die Sozialversicherung für vorübergehende Leerstände in Heimen doppelt zahlen. Denn bei den Verhandlungen über die Pflegesätze würden diese ja auch schon einkalkuliert.

Vergesslicher Pflegebedürftiger heiratet im Heim

Innenministerium versucht vergeblich, die Ehe aufheben zu lassen

Der alte Herr ist pflegebedürftig und leidet am so genannten "Korsakow-Syndrom", was bedeutet, dass sich der Patient nichts mehr merken kann. Im Herbst 2008 heiratete er eine Bekannte. Da er das Pflegeheim nicht verlassen konnte, fand die Hochzeit dort und nicht auf dem Standesamt statt. Das brandenburgische Innenministerium forderte, wegen der Krankheit des Ehemannes die Ehe aufzuheben.

Vom Amtsgericht bekam die Verwaltungsbehörde Recht, doch das Oberlandesgericht Brandenburg wies ihre Klage ab (13 UF 55/09). Das Grundgesetz garantiere die Freiheit zur Eheschließung, betonten die Richter. Nur wenn eine Person deren Bedeutung nicht erkenne und/oder keine freien Entscheidungen mehr treffen könne, dürfe die Justiz eine Ehe aufheben.

Nach Gesprächen mit den Ärzten und mit der Standesbeamtin kamen die Richter zu dem Schluss, dass das beim Korsakow-Patienten nicht der Fall war. Im Jahr vor der Heirat habe sich durch andere Medikamente sein Zustand deutlich verbessert. Sein Gedächtnis habe nicht gänzlich ausgesetzt. So habe er die Ärzte immer erkannt und ihnen auch bestätigt, dass er heiraten wolle.

Die Standesbeamtin hatte noch ein Jahr vorher eine Heirat abgelehnt: Da der Ehemann starke Schmerzmittel nehmen musste, fürchtete sie, er könne aufgrund der Wirkung der Arzneimittel die Tragweite seines Entschlusses nicht verstehen. Im Herbst 2008 habe er dann aber - auf ihre Nachfragen zur Trauung - in einer Weise reagiert, dass sie davon überzeugt gewesen sei, er wisse, was er tue.

Heimbewohnerin stürzte im Rollstuhl die Treppe hinunter

Ohne konkrete Gefahrensituation müssen Demenzkranke nicht pausenlos überwacht werden

Die demenzkranke Bewohnerin des Pflegeheims lag meist im Bett, wurde jedoch mehrmals in der Woche mobilisiert und (gesichert mit einem Haltegurt) in einen Rollstuhl gesetzt. Damit hatte sie sich vor dem Unfall niemals selbständig bewegt - schon gar nicht bis ins Treppenhaus. Dazwischen lag nämlich eine Tür.

Niemand weiß, wie es am Unglückstag geschah: Doch die alte Frau gelangte mit dem Rollstuhl ins Treppenhaus, stürzte die Treppe hinunter und verletzte sich. Die gesetzliche Krankenkasse kam für die Kosten des Klinikaufenthalts auf und verklagte anschließend den Träger des Pflegeheims auf Schadenersatz: Er müsse dafür einstehen, dass die Demenzkranke nicht richtig beaufsichtigt wurde.

Dem widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf (24 U 141/09). Wenn keine "konkrete Gefahrensituation" bei einem Heimbewohner vorliege, müsse dieser nicht ständig bewacht werden. Der Heimbetreiber müsse nur Maßnahmen ergreifen, die er mit vernünftigem Aufwand durchführen könne.

Die Tür zum Treppenhaus sei geschlossen, aber nicht abgeschlossen. Aufgrund ihrer eingeschränkten motorischen Fähigkeiten sei es fast ausgeschlossen, dass die Heimbewohnerin sie selbst geöffnet habe. Also müsse ein anderer Heimbewohner oder ein "wohlmeinender" Besucher die Tür aufgemacht haben. Das sei nicht mehr zu klären. Mit so unvorsichtigem Verhalten müsse der Heimträger nicht rechnen.

Pflegeheime könnten unmöglich jedem Heimbewohner während der Mobilisierungsphase im Rollstuhl einen eigenen "Aufpasser" zur Seite stellen. Angesichts der angespannten personellen Situation würde diese Forderung nur dazu führen, dass Demenzkranke nicht mehr mobilisiert würden. Dabei sei doch gerade die Selbständigkeit der Heimbewohner zu fördern, um ihnen trotz Pflegebedürftigkeit im Heim ein angemessenes Leben zu ermöglichen.

Fehlende Mutterliebe ...

... rechtfertigt Kürzung des Elternunterhalts - gestrichen wird er nicht

Im Alter von 90 Jahren war die Seniorin 2010 im Pflegeheim gestorben. Da Rente und Leistungen der Pflegeversicherung für die Heimkosten nicht gereicht hatten, war die Sozialbehörde eingesprungen. Schon seit die Mutter Anfang 2007 ins Heim kam, forderte die Behörde von deren Sohn Ersatz für einen Teil der Unterkunftskosten.

Der Rentner bezog rund 1750 Euro und weigerte sich, für seine Mutter "auch nur einen Cent zu zahlen". Bereits kurz nach der Geburt 1942 habe sie ihn zur Oma gebracht, sich kaum um ihn gekümmert. Immer habe sie ihn schikaniert und den Bruder vorgezogen. Die Mutter habe er zuletzt 30 Jahre lang nicht gesehen. Nie habe sie ihn besucht, nicht einmal bei der Geburt der Enkel.

Warum spielt das nach ihrem Tod vor Gericht eine Rolle? Weil die Sozialbehörde vom Sohn nur dann nachträglich einen Beitrag zum Unterhalt der Mutter verlangen kann, wenn diese selbst einen Anspruch darauf hatte. Deshalb bestritt der Rentner ihren Unterhaltsanspruch - während die Sozialbehörde keinen Grund erkennen mochte, warum die Mutter ihn verwirkt haben sollte.

Das Oberlandesgericht Celle schob die Lieblosigkeit der Mutter mehr oder weniger auf die Zeitumstände (15 UF 272/09). Seine ruppige Erziehung entspreche den damaligen Anschauungen, z.B. dass er während seiner Ausbildung zum Schlosser vom monatlichen Ausbildungsgeld von 25 DM der Mutter 20 DM geben musste. Das Kind emotional zu vernachlässigen, sei (nur) aus heutiger Sicht als erzieherisches Versagen anzusehen.

Während der schwierigen Umstände im Krieg sei es aber nicht als gravierendes Fehlverhalten einzustufen, das es rechtfertigen würde, den Elternunterhalt ganz zu streichen. Der Betrag, den der Sohn für die Mutter zahlen müsse, werde jedoch um ein Viertel gekürzt, weil 30 Jahre lang kein persönlicher Kontakt mehr bestanden habe. Das vom Gesetzgeber bei der Regelung der Unterhaltspflicht vorausgesetzte emotionale Eltern-Kind-Verhältnis sei praktisch nicht gelebt worden.

Eine Treppe benutzt man auf eigene Gefahr ...

Rentner stürzte im Pflegeheim seiner Frau die Kellertreppe hinunter

Die Ehefrau des Rentners war in einem Pflegeheim untergebracht. Bei einem Besuch erfuhr er, dass sie sich mit dem Heimleiter gestritten hatte und ihr Aufenthalt bald zu Ende gehen würde. Nun sollte der Mann den Schrank seiner Frau im Keller ausräumen. Eine Krankenschwester begleitete ihn. Schon am oberen Treppenabsatz beschwerte er sich über die "schummrige Beleuchtung". Da könne sie nichts dran ändern, erklärte die Schwester.

Am Ende der Treppe stürzte der 79-Jährige und brach sich mehrere Rippen. Vom Heimträger forderte er 4.900 Euro Schmerzensgeld: Die Treppe sei eine einzige Gefahrenquelle: schlecht beleuchtet und mit einem Handlauf versehen, der an der vorletzten Stufe schon ende. Das Heim sei für den untragbaren Zustand verantwortlich.

Die Klage des Rentners gegen das Heim wurde vom Amtsgericht München abgewiesen (121 C 31386/09). "Treppen müssten nicht schlechthin gefahrlos" sein, erklärte die zuständige Richterin. Wer eine Treppe benutze, müsse aufpassen. Die Heimleitung müsse Gefahren nur beseitigen oder vor ihnen warnen, wenn sie nicht erkennbar seien und Benutzer der Treppe sich darauf nicht einstellen könnten.

Dass der Handlauf nicht bis ganz unten reiche, stelle keinen Mangel dar: Weder signalisiere ein Treppengeländer das Ende einer Treppe, noch sei der Heimträger rechtlich verpflichtet, den Handlauf bis ganz unten zu verlängern. Auch schummriges Licht begründe keinen Anspruch auf Entschädigung. Wenn es unzureichend gewesen sein sollte, hätte der Rentner die Treppe nicht benutzen sollen. Das gelte um so mehr, wenn er sich darüber ohnehin schon erfolglos beschwert habe.

Wegen einer Krankheit ins Seniorenheim gezogen

Die Aufenthaltskosten sind als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen

Nach stationärer Behandlung in einer psychiatrischen Klinik zog die 74-Jährige auf ärztliche Empfehlung hin in ein Seniorenheim. Je nach dem, wie sich ihre Krankheit besserte oder nicht, sollte der Aufenthalt im Heim dauerhaft sein oder nur vorübergehend. Deshalb gab die Frau auch ihre kleine Wohnung nicht auf. Bei ihrer Steuererklärung machte sie die Heimkosten als außergewöhnliche Belastung geltend.

Die Finanzbeamten lehnten es ab, sie steuermindernd zu berücksichtigen. Begründung: Die Seniorin sei weder pflegebedürftig - sie sei nicht in eine Pflegestufe eingruppiert -, noch besitze sie einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkmalen "H" oder "BI". Das sei aber die Bedingung dafür, die Heimkosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Steuerrechts anzuerkennen.

Von diesen strengen Grundsätzen rückte der Bundesfinanzhof jedoch bei diesem Fall ab (VI R 38/09). Die Seniorin müsse zwar keine zusätzlichen Kosten für Pflegeleistungen tragen und habe keinen Schwerbehindertenausweis. Aber das sei nicht zwingend erforderlich, wenn Ärzte dem/der Steuerpflichtigen bescheinigten, dass der Heimaufenthalt aufgrund einer Erkrankung notwendig sei.

Altersbedingte Kosten stellten keine außergewöhnliche Belastung dar, doch krankheitsbedingte Kosten könnten als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Bei krankheitsbedingtem Aufenthalt in einem Seniorenheim seien die Unterkunfts- und Verpflegungskosten (abzüglich einer Haushaltsersparnis) vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen.

Zu wenig Personal im Pflegeheim

Hält sich der Heimbetreiber nicht an die vereinbarte "Quote", wird die Pflegevergütung gekürzt

Eine GmbH & Co.KG betreibt seit 2004 ein Pflegeheim mit 150 Betten, Wie im Pflegeversicherungsgesetz vorgesehen, traf das Unternehmen mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern eine Vereinbarung über die personelle Ausstattung, d.h. die Vollzeitstellen für Pflegekräfte und Mitarbeiter. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung stellte nach ca. einem Jahr erhebliche Mängel im Pflegebereich fest.

Das Sozialamt des Landkreises prüfte weiter und wertete die Dienstpläne aus. Ergebnis: Das Heim hatte im Durchschnitt 3,5 Vollzeitkräfte zu wenig eingesetzt und stattdessen eine Menge Überstunden angeordnet. Daraufhin beschloss die Kreisverwaltung, die Pflegevergütung (für alle Pflegestufen pro Tag) um 2,58 Euro zu kürzen. Dem schlossen sich die Pflegekassen und auch die Schiedsstelle an, die über den Streit zu entscheiden hatte.

Vergeblich klagte der Heimbetreiber gegen den Schiedsspruch, das Landessozialgericht Hessen bestätigte ihn (L 8 P 29/08 KL). Das Pflegeheim habe nicht ausreichend Personal angestellt und damit seine Pflichten verletzt. In Bezug auf die Höhe der finanziellen Sanktion stehe der Schiedsstelle Entscheidungsspielraum zu, denn das Gesetz enthalte keine genauen Vorgaben. Jedenfalls sei es aber sachgerecht, den Kürzungsbetrag anhand der eingesparten Personalkosten zu berechnen.