Betreuung, Heim und Pflege

Zeige 20 von 91 Urteilen

Elternstreit um Betreuung der behinderten Tochter

Mutter will geistig behinderte, volljährig gewordene Tochter mitbetreuen

Die 1981 geborene Tochter war seit der Geburt wegen eines Hirnschadens geistig behindert. Sie wuchs bei den Eltern auf. Nachdem die Tochter volljährig geworden war, zog sie in eine Einrichtung der Lebenshilfe, wo sie umfassend versorgt und betreut wird. Zusätzlich bestellte das zuständige Amtsgericht den Vater als Betreuer für die Regelung rechtlicher Angelegenheiten. Die Mutter war damit nicht einverstanden: Sie seien beide berufstätig, meinte sie, und daher nur gemeinsam in der Lage, die Betreuung durchzuführen.

Das Oberlandesgericht Schleswig segnete die Entscheidung des Amtsgerichts jedoch ab (2 W 15/05). Anspruch von Eltern auf Sorgerecht gebe es nur für minderjährige Kinder. Werde ein behindertes Kind volljährig, müsse man nicht automatisch beide Elternteile zu Betreuern machen. Die Eltern müssten nun nicht länger alles erledigen: Um die Alltagsprobleme der behinderten Tochter kümmerten sich jetzt im Wesentlichen die Mitarbeiter der Lebenshilfe. Die restlichen Angelegenheiten - wie Gespräche mit Ärzten und Verhandlungen mit Krankenkassen und Behörden - könne ein Betreuer allein problemlos bewältigen.

Seniorin bewohnt allein ein Zwei-Bett-Zimmer

Kein Einzelzimmerzuschlag, wenn im Heimvertrag dazu nichts vereinbart ist

Eine alte Frau wurde 1997 in ein Pflegeheim aufgenommen und bekam dort ein Zimmer, das eigentlich für zwei Personen gedacht war. Dort wohnte sie allein. Im Vertrag stand zu diesem Punkt nichts. Ab Januar 1998 berechnete die Trägerin des Pflegeheims pro Tag einen Einzelzimmerzuschlag von 57,90 DM (später: 29,60 Euro). Der Betreuer der Seniorin zahlte ihn für sie.

Im Januar 2003 starb die alte Frau und der Betreuer erbte ihr kleines Vermögen. Er forderte vom Pflegeheim die Einzelzimmerzuschläge zurück, insgesamt 54.972 Euro. Begründung: Zusatzleistungen dürfe das Heim nur berechnen, wenn diese vorher schriftlich mit dem Pflegebedürftigen vereinbart wurden (Art, Umfang, Dauer der Leistung, Höhe der Zuschläge).

Vom Bundesgerichtshof bekam er Recht (III ZR 400/04). Diese Vorschrift diene dem Schutz der Pflegebedürftigen, damit diese nicht mit überraschenden Forderungen überrumpelt würden. Ein Heimträger schließe kontinuierlich eine Vielzahl von Heimverträgen ab. Von Profis könne man verlangen, extra zu berechnende Zusatzleistungen vorher schriftlich zu vereinbaren.

Senior verwahrlost

Betreuer fordert Zwangseinweisung ins Altenheim

Ein älterer Herr hatte bereits einen Betreuer zur Seite gestellt bekommen, weil er geistig nicht mehr voll auf der Höhe war. Der konnte jedoch nichts dagegen ausrichten, dass die Wohnung des Betreuten total verwahrloste: Sie war völlig verdreckt und mit Müll zugestellt, die Heizung kaputt und der hygienische Zustand katastrophal. Deshalb beantragte der Betreuer beim Vormundschaftsgericht die Genehmigung dafür, den Mann zwangsweise in ein Altenheim einzuweisen: Anders sei die nötige medizinische Behandlung nicht zu gewährleisten, der Betreute würde in seiner Wohnung verkommen, meinte der Betreuer. Seine persönlichen Kontakte könne er auch vom Heim aus pflegen. Der Schützling des Betreuers weigerte sich allerdings hartnäckig, in ein Heim zu gehen.

Das Oberlandesgericht Hamm fand für eine solche Zwangsmaßnahme keine gesetzliche Grundlage (15 W 189/02). Freiheitsbeschränkungen dürften nur in gesetzlich geregelter Weise vorgenommen werden. Eine Zwangseinweisung in die geschlossene Abteilung eines Krankenhauses oder Pflegeheims sei vorübergehend möglich, wenn Selbstgefährdung des Betroffenen eine solche Maßnahme unumgänglich mache. Hier gehe es aber um einen dauerhaften Wechsel des Aufenthalts und um ein offenes Alten- oder Pflegeheim. Dafür sei keine Zwangseinweisung vorgesehen. Diese Gesetzeslücke könnte nur der Gesetzgeber schließen. Einstweilen bleibe es dabei, dass sich jeder Betreute gegenüber seinem Betreuer auf die grundgesetzlich garantierte Handlungsfreiheit berufen könne.

Dauerbrenner: Unterhaltspflicht gegenüber betagten Eltern

Tauziehen zwischen Sozialhilfeträger und Sohn um Heimkosten

Angesichts knapper Kassen bei den Kommunen entwickeln sich die Konflikte um Sozialhilfe für alte Menschen in Heimen allmählich zum Dauerbrenner: Erneut hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang Kinder zu Unterhaltszahlungen für betagte Eltern herangezogen werden können.

Im konkreten Fall gewährte der Landkreis als Sozialhilfeträger einer im Altersheim lebenden Frau Sozialhilfe, damit sie die durch eigene Einkünfte nicht voll gedeckten Heimkosten aufbringen konnte. Das Geld wollte der Landkreis dann bei ihrem Sohn wieder eintreiben, einem Beamten, der seit Februar 1999 wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt war. Viel Bares war hier nicht zu holen, doch davon ließ sich der findige Sozialhilfeträger nicht beirren: Der Ruheständler lebe mit Ehefrau im eigenen Haus, hieß es, der Vorteil mietfreien Wohnens erhöhe das Einkommen. Den Betrag, den er durch Vermietung einnehmen könnte, müsse der Mann als Unterhalt an seine Mutter abgeben.

Diese Berechnung wies der BGH zurück (XII ZR 123/00). Der Wert mietfreien Wohnens bestimme sich hier nicht nach der objektiven Marktmiete, die durch Vermietung an Fremde zu erzielen wäre. Der Sohn bewohne das Haus nun einmal selbst. Er habe das Eigenheim mit Darlehen finanziert, die Kredite seien noch lange nicht getilgt. Berücksichtige man die daraus resultierende finanzielle Belastung, sei der Mann angesichts seiner bescheidenen Pension außer Stande, für die Heimkosten der Mutter Geld abzuzweigen. Dafür müsse er keine "spürbare und dauerhafte Senkung seines berufstypischen Einkommensniveaus" hinnehmen und keine radikalen Einschnitte in seine Lebensführung, zu der auch das Wohnen im eigenen Haus gehöre.

Behinderter lässt sich vom Krankenwagen zur Kneipe bringen

Betreuer verweigert Einwilligung - Transportdienst bekommt kein Geld

Für einen Rollstuhlfahrer war ein Betreuer bestellt worden, der sich um dessen Vermögensangelegenheiten kümmern sollte. Weil man dem Behinderten nicht mehr zutraute, die Konsequenzen von geschäftlichen Transaktionen zu überblicken, ordnete das Amtsgericht auch einen so genannten "Einwilligungsvorbehalt" an. Das bedeutet: Ohne Einwilligung des Betreuers sind die vom Betreuten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nichtig, abgesehen vom Kauf von Zahnbürsten und ähnlichen Dingen des täglichen Gebrauchs.

Das kümmerte den fidelen Rollstuhlfahrer nicht weiter: Er bestellte in regelmäßigen Abständen einen Krankentransportwagen, um sich zu seinen Lieblingskneipen bringen zu lassen. Der Krankentransportdienst schickte schließlich für zehn Fahrten eine Rechnung über rund 370 Euro (die Einzelfahrt kostete zwischen 20 und 60 Euro). Nun kam der Betreuer ins Spiel: Er bezahlte weder die Rechnung, noch genehmigte er die Ausflugsfahrten. Schließlich klagte der Krankentransportdienst das Geld ein - ohne Erfolg.

Er habe keinen Anspruch auf die Fahrtkosten, entschied das Landgericht Gießen (1 S 313/02). Die vom Betreuten abgeschlossenen "Beförderungsverträge" seien mangels Einwilligung des Betreuers unwirksam. Diese Regelung solle den Betreuten davor schützen, sein Vermögen zu vergeuden bzw. sein Geld für sinnlose Dinge auszugeben. Zwar bleibe dem Betreuten ein Entscheidungsspielraum für die kleinen Dinge des täglichen Lebens, für die Beförderung mit dem Krankentransportdienst sei aber die Zustimmung des Betreuers erforderlich. Denn für einen behinderten Sozialhilfeempfänger sei der Fahrpreis des Krankentransporters keineswegs "geringfügig". Kein Durchschnittsverdiener würde so ohne Weiteres 20 bis 60 Euro für Fahrten zu einer Bar ausgeben.

Hirngeschädigter Mann wird künstlich ernährt

Kann der Sohn und Betreuer ein Ende der lebenserhaltenden Maßnahme durchsetzen?

In diese Situation hatte er niemals kommen wollen: Mit 72 Jahren erlitt ein Mann durch einen Infarkt einen Hirnschaden und war nicht mehr ansprechbar. Über eine Sonde wurde er künstlich ernährt. Sein Sohn wurde als Betreuer eingesetzt und war auch für die Gesundheitsfürsorge zuständig. Gemeinsam mit Schwester und Mutter präsentierte er eine Erklärung, die sein Vater zwei Jahre zuvor verfasst hatte: Wenn sein Gehirn einmal geschädigt sein sollte und/oder lebenswichtige Funktionen des Körpers ausfallen sollten, wolle er nicht künstlich am Leben gehalten werden.

Der Sohn forderte deshalb, die künstliche Ernährung des Vaters einzustellen. Eine Besserung seines Zustands sei nicht mehr zu erwarten. Der Bundesgerichtshof verwies ihn an das Vormundschaftsgericht (XII ZB 2/03). Grundsätzlich stehe der Wille des Patienten im Mittelpunkt. Habe dieser in einer Patientenverfügung klargestellt, dass er im Falle des nahen Todes keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünsche, müsse man diesen Willen respektieren.

Komplizierter liege der Fall jedoch, wenn ein Betreuer bestellt worden sei. Wenn der Betreuer eine lebenserhaltende Behandlung beenden wolle, brauche er dafür die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts. Bei Fragen im Grenzbereich menschlichen Lebens und Sterbens müsse man Lösungen finden, die alle Beteiligten rechtlich verantworten könnten. Dies sei Aufgabe des Vormundschaftsgerichts.

Schwägerin sollte Einkommen offenlegen

Brüder streiten um Aufteilung der Heimkosten für die Mutter

Eine alte Frau kam 1998 ins Altenpflegeheim. Ihre geringe Rente reichte bei weitem nicht für die Heimkosten, monatlich mussten 1.036 Mark "draufgelegt" werden. Das Sozialamt hielt sich an einen der Söhne und forderte von ihm das Geld. Der Mann erklärte sich bereit zu zahlen. Allerdings war er der Ansicht, dass auch sein Bruder einen Teil des Unterhalts für die Mutter übernehmen müsste. Der Bruder war im Betrieb seiner Ehefrau angestellt. Um die Pflegeheimkosten gerecht aufteilen zu können, forderte der Mann seine Schwägerin auf, ihm Auskunft über ihre Einkünfte zu geben.

Der Bundesgerichtshof sah dafür keine Rechtsgrundlage (XII ZR 229/00). Geschwister müssten sich den Unterhalt ihrer Eltern aufteilen, anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Also müssten sie sich gegenseitig über ihre wirtschaftliche Situation informieren. Aber die Ehefrau des Bruders müsse weder für den Unterhalt ihrer Schwiegermutter sorgen, noch sei sie verpflichtet, dem Schwager Auskunft über Einkommen und Vermögen zu erteilen.

Direkt könne der Mann also von der Schwägerin keine Informationen verlangen. Indirekt jedoch schon: Denn der Bruder müsse seine wirtschaftliche Situation offenlegen, die auch von der Ehefrau abhänge. Wieviel Unterhalt der Bruder zahlen müsse, könne man erst beurteilen, wenn klar sei, wie sich das Einkommen der Ehefrau auf seine finanziellen Verhältnisse auswirke.

Pflegebedürftiger braucht Rollstuhl

Geld von der privaten Krankenversicherung?

Ein alter Mann lebte im Pflegeheim. Da er sich nicht mehr bewegen konnte, beschaffte seine Familie einen Rollstuhl. Vergeblich verlangte der Versicherungsnehmer von der privaten Krankenversicherung die Kosten erstattet. Auch mit seiner Klage gegen die Versicherung hatte er keinen Erfolg. Die Zuständigkeit der Krankenversicherung ende da, wo es nichts mehr zu heilen oder zu bessern gebe, erklärte das Kammergericht in Berlin (6 W 82/02). Sie komme nicht für Kosten auf, die durch "dauerhafte Hilflosigkeit eines pflegebedürftigen Kranken" entstünden.

Der Versicherungsnehmer sei pflegebedürftig und auch der Rollstuhl falle in den Bereich der Pflege, weil er ausschließlich auf dem Gelände des Pflegeheims eingesetzt werde. Gegenstand der Krankenversicherung seien Rollstühle nur dann, wenn ein Versicherungsnehmer geistig und körperlich fit genug sei, um außerhalb der Heimsphäre am öffentlichen Leben teilzunehmen, und wenn er dafür ein Hilfsmittel benötige. Das könne man beim Versicherungsnehmer jedoch ausschließen.

Tochter erbt Vermögen

Betreuer klagt für geistig behinderten Sohn den Pflichtteil ein

In ihrem Testament setzte eine Frau die Tochter als Alleinerbin ein. Zum Nachlass gehörte beträchtliches Immobilienvermögen und ein Unternehmen. Ihrem Sohn - der als Kind eine Gehirnhautentzündung hatte, seither geistig behindert ist und in einem privaten Pflegeheim lebt - vermachte sie ein Mietshaus. Dieses Vermächtnis schlug der Betreuer des Sohnes aus und forderte von der Alleinerbin für seinen Schützling den Pflichtteil. Dagegen pochte die Schwester auf das Testament: Die Mutter habe dem Sohn den Pflichtteil entziehen wollen, um den Bestand des Unternehmens zu sichern. Ihr Bruder sei bestens versorgt und könne wegen seiner Behinderung mit weiterem Vermögen ohnehin nichts anfangen.

Auch für die Verfügung über das eigene Vermögen per Testament gebe es in der Verfassung Schranken, urteilte das Oberlandesgericht München (19 U 3447/01). Den nächsten Familienangehörigen müsse ein angemessener Anteil am Vermögen bleiben. Nur bei schweren schuldhaften Vergehen gegen den Erblasser dürfe dieser einem seiner Kinder den Pflichtteil entziehen. Mit dem im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz der Familie wäre es unvereinbar, könnten Eltern behinderten Kindern den Pflichtteil mit der Begründung vorenthalten, so sei es wirtschaftlich vernünftiger.

Alzheimer-Kranke fällt von der Toilette

Pflegeheim haftet für die Unfallfolgen

Durch ihre Alzheimer-Erkrankung hatte die Frau praktisch alles vergessen, was sie in ihrem Leben jemals gewusst hatte. Sie war zwar physisch in ganz guter Verfassung, konnte aufstehen und in Begleitung gehen. Ansonsten war sie jedoch unfähig wie ein Säugling, irgendetwas eigenständig zu tun. Am Tag des Unglücks brachte die Pflegerin die Seniorin zur Toilette und setzte sie dort ab. Dann drehte sich die Pflegerin kurz um, um am Waschbecken das Gebiss zu reinigen. Da fiel die alte Dame mit einem Plumps zu Boden und zog sich eine Fraktur zu. Die Krankenkasse zahlte für die Behandlung 5.800 Euro und forderte anschließend vom Pflegeheim das Geld zurück. Das Heim wies alle Vorwürfe von sich: Die Alzheimer-Kranke sei noch nie plötzlich von der Toilette aufgestanden und die Pflegerin habe sich nur einen Augenblick abgewendet.

Dennoch war die Pflegerin schuld an dem Unfall, entschied das Landgericht Stuttgart (10 O 372/02). Wie weit man Patienten beim Gang auf die Toilette beaufsichtigen müsse, sei von deren Hilfebedürfnis abhängig. Bei Alzheimer im letzten Stadium dürfe sich der Pfleger nicht umdrehen und einen Meter weggehen. In solchen Fällen müsse der Pfleger die Patienten ständig im Auge behalten und bereit sein "zuzugreifen".

Den Einwand des Pflegeheims, dass die Vorgaben der Pflegeversicherung einen solchen Zeitaufwand nicht zuließen, wiesen die Richter zurück. Diese müssten dann eben an die Realität in den Heimen angepasst werden. Wesentlich sei es, für Patienten, die ihr Tun nicht steuern könnten, jede Gefahr auszuschließen. Wenn sich ein Baby durch einen Sturz von der Wickelkommode verletze, stehe die Schuldfrage schließlich auch nicht zur Diskussion. Das Pflegeheim müsse die Behandlungskosten übernehmen.

Keine "Zwangsscheidung"

Betreuer kann Auflösung einer homosexuellen Lebenspartnerschaft nicht durchsetzen

Sie gehörten zu den ersten, die 2001 ihre gleichgeschlechtliche Beziehung "legalisierten": Im August 2001 trat das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in Kraft, gleich darauf ließ sich das Paar eintragen. Doch ein halbes Jahr später wurde einer der Partner bei einem Unfall schwer verletzt. Seither ist er ein Pflegefall und nicht mehr ansprechbar. Das Vormundschaftsgericht bestellte für ihn zwei Betreuer. Mit dem Argument, die zwei Männer hätten vor dem Unfall über die Ernsthaftigkeit ihrer Partnerschaft gestritten, setzten sich die Betreuer für die Auflösung der Lebenspartnerschaft ein. Sie gaben im Namen des Betreuten die - nach dem LPartG für eine Trennung erforderliche - Erklärung ab, er wolle die Partnerschaft nicht fortsetzen, sondern getrennt leben.

Weder beim Vormundschaftsgericht, noch beim Oberlandesgericht (OLG) Köln konnten sich die Betreuer durchsetzen (16 Wx 16/04). Eine solche Erklärung könne nur der Betroffene persönlich abgeben, so das OLG. Auch wenn einer der Partner geschäftsunfähig sei, dürften nicht die Betreuer stellvertretend die Partnerschaft beenden. Im konkreten Fall sei kein eigener Wille des Geschäftsunfähigen mehr festzustellen. Wollte man aus diesem Grund die Entscheidung den Betreuern übertragen, liefe das auf eine Zwangsaufhebung der Partnerschaft hinaus. Auch eine Ehe könne nur geschieden werden, wenn ihr Scheitern objektiv feststehe - ein Antrag des gesetzlichen Vertreters eines geschäftsunfähigen Ehegatten genüge dafür nicht.

Vater seit dem Krieg psychisch krank

Tochter muss für die ungedeckten Kosten des Pflegeheims nicht aufkommen

Ein Soldat war als psychisches Wrack aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekommen und lebte ab August 1949 in einer psychiatrischen Klinik. Seine 1939 geborene Tochter wuchs ohne Vater auf. Erst im Jahre 2000 hörte sie plötzlich wieder von ihm: 1998 war er aus der Klinik in ein Alten- und Pflegeheim abgeschoben worden, für dessen Kosten seine Rente nicht reichte. Der Landkreis sprang mit Sozialhilfe ein, forderte aber gleichzeitig von der Tochter, sich mit 1.031 DM monatlich an den Kosten zu beteiligen.

Die Frau war selbst schon Rentnerin und bezog 2.480 Mark im Monat, die Rente ihres Ehemannes belief sich auf 2.160 Mark. Das Paar wohnte im Haus der gemeinsamen Tochter. Das Einkommen hätte also gereicht, um etwas abzuzweigen - dennoch wies der Bundesgerichtshof die Klage des Landkreises ab (XII ZR 326/01).

Die Frau habe in der Vergangenheit schon genug mitgemacht, meinten die Richter. Sie habe während des Kriegs und auch danach vom Vater keine emotionale und materielle Zuwendung erfahren. Er sei psychisch zerstört aus dem Krieg heimgekehrt und nicht mehr in der Lage gewesen, sich um die Familie zu kümmern. Man habe sich nach 1949 nie mehr gesehen, unter diesen Umständen könne kaum noch von "Familienbanden" die Rede sein. Angesichts dessen wäre es eine "unbillige Härte", der Tochter Unterhaltsleistungen abzuverlangen.

Seniorin läuft weg

Wer haftet für die Folgen eines Sturzes?

Die alte Dame war 78 Jahre alt, als sie in das Heim kam. Ein Gutachter stellte Altersgebrechlichkeit und eine leichte Demenz fest. Ein Jahr später lief die Frau zum ersten Mal weg: Sie wollte ihre Schwester in einem anderen Heim besuchen. Danach machte sie ab und zu einen Spaziergang zu ihrer früheren Wohnung, ohne vorher Bescheid zu geben. Eines Tages verschwand sie wieder: Gegen 19.30 Uhr war die Seniorin ins Bett gebracht worden. Als eine Pflegerin eine Stunde später nach ihr sah, war das Zimmer leer. Vergeblich suchte man im Heim nach der alten Dame, dann wurde die Polizei eingeschaltet. Die Beamten fanden die Frau am nächsten Tag auf einem Spielplatz, wo sie gestürzt war und sich das Bein gebrochen hatte. Ihre Krankenversicherung forderte daraufhin vom Heim Schadenersatz für die Behandlungskosten, weil das Pflegepersonal die alte Dame unzulänglich überwacht habe.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass das Heim für die Sturzfolgen nicht haftet (27 U 237/03). Zwar sei belegt, dass die desorientierte Seniorin öfters eigenmächtig Spaziergänge gemacht habe. Sie ständig zu überwachen, sei trotzdem - aus finanziellen Gründen - unmöglich. Das Personal habe an dem fraglichen Tag angenommen, die Frau befinde sich bereits im Bett. Deswegen könne man den Betreuern keinen Vorwurf machen.

Bettgitter anzubringen, schränke die Grundrechte der Patienten ein und müsse erst vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden. Außerdem hätten im konkreten Fall weder der Gutachter noch die Pflegekasse einen Anlass gesehen, die Frau in einem Pflegeheim mit geschlossener Abteilung unterzubringen. Die Ein- und Ausgänge im Heim schon ab 19.30 Uhr zu schließen, wie es die Versicherung fordere, würde die anderen Heimbewohner und deren Besucher zu sehr einschränken.

Alter Mann stürzt im Heim vom Stuhl

Pflegepersonal muss abwägen, ob ein Gurt nötig ist

Es war nicht das erste Mal, dass der alte Mann im Pflegeheim stürzte. Der 73-Jährige war erst kürzlich auf den Hinterkopf gefallen, einmal hatte er sich die Knie aufgeschlagen. Diesmal, als er am Tisch in seinem Zimmer saß, kippte er einfach vom Stuhl und brach sich einen Lendenwirbel. Den anschließenden Aufenthalt im Krankenhaus wollte seine Krankenversicherung nicht bezahlen: Da das Heimpersonal schlecht aufgepasst habe, müsse das Pflegeheim die Kosten der Behandlung übernehmen, forderte das Versicherungsunternehmen. Man hätte den Senior unbedingt mit einem Gurt am Stuhl festschnallen müssen.

Dieser Ansicht war das Landgericht Kiel nicht (8 S 49/03). Es liege im Ermessensspielraum des Pflegepersonals, ob ein Heimbewohner fixiert werden müsse, um ihn vor Stürzen zu bewahren. Hier sei abzuwägen, in wieweit man den Patienten in seinem Grundrecht auf freie Fortbewegung einschränken müsse. Auf keinen Fall dürfe dies prinzipiell geschehen. Stürze solcher Art gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko - Pflege, die solche Vorfälle komplett ausschließe, sei nicht denkbar. Im Interesse der freien Entfaltung der Patienten sei auch nicht sinnvoll, sie rund um die Uhr zu beobachten und zu stützen, oder gar dauerhaft zu fixieren. Da das Personal seine Aufsichtspflicht nicht verletzte, müsse das Heim für die Krankenhauskosten nicht aufkommen.

Teures betreutes Wohnen

Behinderter hat für seine Ex-Frau kein Geld mehr übrig

Der Mann war schon während seiner ersten Ehe alkoholkrank und nach der Entfernung einer Hüfte behindert. Seine zweite Ehefrau pflegte ihn bis zu ihrem Tod. Dann wurde es für den Mann teuer. Denn der verwitwete Rentner musste in eine Anlage ziehen, die nach dem Prinzip "Betreutes Wohnen" funktionierte. Das Appartement kostete 1.518,54 Euro monatlich. Deswegen wollte er die Unterhaltszahlungen an seine erste Ehefrau einstellen und zog vor Gericht.

Da der Mann nicht in der Lage sei, sich selbst zu versorgen, müsse man die hohen Kosten des betreuten Wohnens beim nachehelichen Unterhalt berücksichtigen, entschied das Amtsgericht Besigheim (2 F 292/03). Die jetzige Pflegebedürftigkeit des Rentners sei schon während der Ehe absehbar gewesen. Seine Einkünfte seien deshalb um den krankheitsbedingten Mehrbedarf zu kürzen - und damit falle der Anspruch der ersten Ehefrau auf Unterhalt weg.

Von den erhöhten Aufwendungen für betreutes Wohnen zog der Amtsrichter eine Pauschale von 360 Euro ab (für den Teil der Miete, den der Rentner auch anderswo hätte aufbringen müssen) und die Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I (384 Euro). Es blieb ein krankheitsbedingter Mehraufwand für betreutes Wohnen von 774,54 Euro. Dem stand eine monatliche Rente von nur 846,81 Euro gegenüber. Von den restlichen 72,27 Euro könne er den Unterhalt der Ex-Frau nicht bestreiten, meinte der Amtsrichter.

Störendes Pflegeheim?

Im Zusammenleben mit Pflegebedürftigen müssen die Nachbarn Toleranz aufbringen

Ein Rechtsanwalts-Ehepaar hatte 1999/2000 ein Haus in einer kleinen Großstadt gekauft. Darin wohnten die Anwälte und führten ihre Kanzlei. Auf dem großen Grundstück nebenan war damals gerade ein Pflegeheim für 80 Personen gebaut worden; es stand kurz vor der Eröffnung. 24 Zimmer lagen an der Gebäudefront, die dem Haus der Anwälte zugewandt war. Die Zufahrt zur Tiefgarage des Heims lag neben dem Garten des Hauses; hier wurden auch die Waren für das Pflegeheim geliefert.

Die Nachbarn fühlten sich vom Heim schwer gestört. Das betraf insbesondere den Lieferbetrieb: 49 Anzeigen (!) erstattete der Anwalt gegen Lieferanten, die im Halteverbot mit laufendem Motor vor seinem Haus parkten und ihn mit Gestank und Lärm beeinträchtigten. Auch die Geräusche der Heimbewohner nervten, klagten die Nachbarn. Sie lebten wie auf dem "Präsentierteller" und hätten in Wohnung und Garten keine Privatsphäre. Die Außenleuchte des Heims störe ihren Schlaf. Das Ehepaar klagte auf Unterlassung und Schadenersatz.

Trotz der langen Litanei von Beschwerden hatten die Nachbarn beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit ihrem Anliegen kein Glück (14 U 43/06). Zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh dürfe nichts mehr geliefert werden, so das OLG. Ansonsten sei die Klage unbegründet. Die Heimleitung habe bereits alles getan, um Störungen durch Lieferanten abzustellen, und diese per Rundschreiben aufgefordert, das Halteverbot zu respektieren.

Da das Anwesen an einer viel befahrenen Straße liege, fielen im übrigen Abgase und Autolärm durch Lieferanten kaum ins Gewicht. Die Nachbarn könnten auch nicht verlangen, dass die Außenleuchte abgeschaltet werde. Die "inkriminierte Lichtquelle" könnten sie ohne weiteres durch Schließen ihrer Klappläden selbst "ausschalten". Hauseigentümer müssten sich mitten in der Stadt häufig durch Sichtschutz vor fremden Blicken schützen: Das sei keine unzumutbare Einschränkung der Nutzung des Eigentums.

Im nachbarlichen Zusammenleben mit pflegebedürftigen Menschen müsse die Umgebung eben ein erhöhtes Maß an Toleranz aufbringen. Zudem hätten die Anwälte das Gebäude und die Planungen des Heims (inklusive Autozufahrt) gekannt, als sie ihr Eigenheim kauften.

Seniorin kann Pflegeheim nicht bezahlen

Ihre Tochter auf Rückgabe eines Geschenks zu verklagen, ist für die Mutter unzumutbar

Die über 90 Jahre alte Frau ist pflegebedürftig und lebt seit Jahren in einem Pflegewohnheim. Ihre Tochter kümmert sich als Betreuerin um sie. Vor ca. 15 Jahren wohnte die Mutter noch im eigenen Haus. Das schenkte sie damals der Tochter und ließ sich (per Eintrag ins Grundbuch) lebenslanges Wohnrecht zusichern. Erst als sich herausstellte, dass sie auf Dauer ins Pflegeheim umziehen musste, verzichtete die Seniorin auf ihr Wohnrecht. Die Tochter verkaufte das Haus.

Das Pflegeheim war so teuer, dass die alte Frau den Aufenthalt von ihrer Pension nicht vollständig finanzieren konnte. Sie beantragte beim zuständigen Landkreis Pflegewohngeld. Doch die Sozialbehörde lehnte ab. Mit dem Verzicht auf das Wohnrecht habe die Frau ihrer Tochter ein Geschenk gemacht, das 27.000 Euro wert sei, so die Beamten. Bevor Pflegewohngeld aus öffentlichen Mitteln gezahlt werde, müsse die Heimbewohnerin zuerst diese Summe zurückfordern.

Ihre Tochter auf Rückgabe des Geschenks zu verklagen, sei für die alte Frau unzumutbar, urteilte dagegen das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (16 A 1409/07). Bewohner eines Pflegewohnheims hätten in aller Regel nur noch wenige soziale Kontakte außerhalb des Heims. Besuch erhielten sie meist nur von Verwandten oder von engen Freunden.

So sei es auch hier. Die Seniorin werde von der Tochter liebevoll betreut. Müsste die Mutter von ihr das Geld verlangen, um damit die Heimkosten zu decken, könnte sich die Familie entzweien. Unter der Einsamkeit hätte vor allem die pflegebedürftige Seniorin zu leiden.

Sozialhilfeträger verweigert Übernahme von Heimkosten:

Rentnerin hatte einen unangemessen üppigen Bestattungsvertrag abgeschlossen

Eine pflegebedürftige 86-jährige Rentnerin aus Kamen musste ins Pflegeheim umziehen und beantragte beim Sozialhilfeträger (Kreis Unna) Unterstützung, weil ihre Rente für die Heimkosten nicht ausreichte. Der Antrag wurde jedoch abgewiesen.

Begründung des Sozialhilfeträgers: Die Rentnerin müsse vorrangig ihr eigenes Vermögen zur Deckung der Kosten einsetzen (soweit es die Freigrenze von 2.600 Euro überschreite). Sie verfüge noch über eine beträchtliche Summe: 8.000 Euro habe sie dem örtlichen Bestattungsunternehmen überwiesen und einen höchst ungewöhnlichen Bestattungsvertrag abgeschlossen. Bleibe von der Summe nach ihrer Beerdigung etwas übrig, sollte ihr Sohn den Rest erhalten.

Das Sozialgericht Dortmund wies die Klage der Rentnerin auf Sozialhilfe ab (S 47 SO 188/06). Von dem Bestattungsvertrag habe wohl in erster Linie der Sohn profitieren sollen - denn die vereinbarte Summe übersteige deutlich die Grenze einer angemessenen Bestattungsvorsorge. Im Kreis Unna koste eine Beerdigung ca. 3.500 Euro (Wahlgrabstätte mit Erdbestattung inklusive Grabpflege). Die Kalkulation des Bestattungsunternehmens sei nicht nachvollziehbar.

Solange die Rentnerin aus dem Vertrag mit dem Bestattungsunternehmen einen Anspruch auf 8.000 Euro habe, stehe ihr keine Sozialhilfe zu. Es bedeute keine Härte, das über der Freigrenze liegende Vermögen für die Heimkosten zu verwenden.

Behinderte Tochter lebt im Heim

Wer bekommt das Kindergeld: die Mutter oder der Sozialleistungsträger?

Die Mutter hatte ihre volljährige behinderte Tochter in einem Heim untergebracht. Die Heimkosten übernahm im Wesentlichen ein Sozialleistungsträger, die Mutter nur zahlte nur einen kleinen Teil. Der Sozialleistungsträger wurde deshalb bei der Familienkasse vorstellig: Sie sollte künftig das Kindergeld an ihn und nicht mehr an die Mutter auszahlen.

Begründung: Hier zählten nur die Heimkosten. Alles andere, was die Mutter finanziere - das Kinderzimmer in ihrer Wohnung, Geschenkpakete und die Reise- und Übernachtungskosten bei Besuchen ihrerseits -, bringe die Frau freiwillig auf. Das müsse nicht berücksichtigt werden.

Damit war der Bundesfinanzhof (BFH) nicht einverstanden (III R 37/07). Das Kindergeld erhalte weiterhin die Mutter, so der BFH, sofern ihre tatsächlichen Ausgaben für das Kind mindestens so hoch seien wie das Kindergeld. Die Entscheidung, wem das Kindergeld zusteht - den Eltern oder dem Sozialleistungsträger -, liegt prinzipiell im Ermessen der Familienkassen.

Ausschlaggebend seien dabei die tatsächlichen Aufwendungen, urteilten die obersten Finanzrichter. Und dazu gehörten auch die Reisekosten, das Kinderzimmer und Geschenke. Diese Kosten müssten allerdings von der Familienkasse konkret beziffert werden: Erst dann könne sie endgültig über die Zuteilung des Kindergeldes entscheiden.

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ...

... umfasst auch Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit

Eine Frau arbeitete als Serviererin in einer "Seniorenresidenz". Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen gab es Zuschläge (25 Euro für Sonntag, 59 Euro für Feiertage, 70,80 Euro für Weihnachtsfeiertage). Laut Dienstplan war die Serviererin im Dezember 2005 und im Frühjahr 2006 mehrfach an Sonn- und Feiertagen eingeteilt, fiel jedoch wegen einer Krankheit aus.

Die Arbeitgeberin zahlte das Gehalt weiter, behielt jedoch die Zuschläge - insgesamt 440 Euro - ein. Ihrer Ansicht nach gehörten sie nicht zum Arbeitsentgelt und waren daher bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht zu berücksichtigen. Das fand die Arbeitnehmerin ungerecht und klagte das Geld ein: Sie setzte sich in allen Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht durch (5 AZR 89/08).

Als Gegenleistung für besonders lästige bzw. belastende Arbeit zählten die Zuschläge sehr wohl zum regelmäßigen Arbeitsentgelt, urteilten die Bundesrichter. Sei ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig, erhalte er grundsätzlich das Arbeitsentgelt, das ihm gezahlt worden wäre, wenn er gearbeitet hätte.

Bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall dürften nur Überstundenzuschläge und -vergütungen für Arbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit unberücksichtigt bleiben, ebenso Aufwendungsersatz (wie zum Beispiel Reisekostenerstattung).