Bauen & Wohnen

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Alleinerbe verkauft Familienheim

Wurde er zum Alleinerben bestimmt, um dies zu verhindern, ist die Erbeinsetzung anfechtbar

Eine Witwe mit zwei erwachsenen Kindern hatte 2002 ein Testament verfasst. Darin setzte sie ihren Sohn als Alleinerben ein, ihre Tochter sollte nur den Pflichtteil erhalten. Dies solle keine Strafe oder Benachteiligung für die Tochter sein, schrieb die Mutter: Aber dieser Weg sei die einzige Möglichkeit, das sanierungsbedürftige Wohnhaus zu erhalten, das eine "Belastung" sei. Sie und ihr verstorbener Mann wollten unbedingt vermeiden, dass das Familienheim "verschleudert" werden müsse.

Nach dem Tod der Mutter im April 2020 beantragte und erhielt der Sohn deshalb einen Alleinerbschein. Den Wert des Wohnhauses ließ er von einem kommunalen Ausschuss ermitteln (710.000 Euro). Auf Basis dieses Werts vereinbarte er mit seiner Schwester die Höhe ihres Pflichtteils. Schon vorher hatte der Erbe jedoch Kontakt zu einem Immobilienmakler aufgenommen. Drei Wochen nach dem Vertrag mit der Schwester verkaufte er das Haus zum Preis von 819.000 Euro.

Als die Schwester davon erfuhr, warf sie ihm arglistige Täuschung vor und focht das Testament an: Die Mutter habe den Bruder nur als Alleinerben eingesetzt, weil sie irrtümlicherweise angenommen habe, so den Verbleib des Wohnhauses im Familienbesitz zu sichern. Da sich der Bruder daran aber nicht gehalten habe, stehe ihr — der Schwester — nun als Miterbin gemäß gesetzlicher Erbfolge die Hälfte des Kaufpreises zu.

Das Landgericht Wuppertal gab der Schwester Recht (2 O 317/21). Ein Testament könne angefochten werden, wenn ein Erblasser es aufgrund einer irrigen Annahme verfasst habe. Im konkreten Fall habe sich die Witwe bei der Erbeinsetzung von der Vorstellung leiten lassen, dass ihr Sohn als Alleinerbe das Haus im Familienbesitz halten würde. Sie wolle es nicht "verschleudert sehen", stehe da wortwörtlich.

Da sich diese Erwartung nicht erfüllt habe, habe die Tochter zu Recht das Testament angefochten: Es sei unwirksam. Mit dem Testament entfalle auch die Geschäftsgrundlage für den Pflichtteilsvertrag zwischen den Geschwistern. Der Sohn sei nicht Alleinerbe, vielmehr gelte nun die gesetzliche Erbfolge, d.h. die Geschwister erbten zu gleichen Teilen.

Vor Gericht habe der Mann auch zugegeben, dass er die Schwester belogen habe: Er habe von vornherein geplant, das Haus zu verkaufen, weil er die nötige Komplett-Sanierung nicht hätte finanzieren können. Bei der Pflichtteilsvereinbarung habe der Bruder die Schwester also tatsächlich arglistig getäuscht. Darauf komme es jetzt aber nicht mehr an, stellte das Landgericht fest, da die im Testament getroffene Regelung ohnehin unwirksam sei.

Scheidung: Mann übernimmt die Ehewohnung

Seine nun höhere Miete wird beim Trennungsunterhalt für die Frau nicht berücksichtigt

Schon vor der Heirat hatte der Mann alleine in der späteren Ehewohnung gelebt. Im Sommer 2018 trennte sich das Ehepaar, die Frau zog aus. Rechtskräftig geschieden sind die Partner seit Februar 2020. Gestritten wurde um die Höhe des Trennungsunterhalts für die Frau, der ihr von Sommer 2018 bis Februar 2020 zustand.

Der unterhaltspflichtige Mann forderte, das Gericht müsse bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrags berücksichtigen, dass sich durch die Trennung für ihn die Miete verdoppelt habe.

Die gestiegenen Wohnkosten minderten seine Unterhaltspflicht nicht, urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (13 UF 212/19). Wenn sich Eheleute endgültig trennten und ein Partner vereinbarungsgemäß die Ehewohnung allein übernehme, hafte dieser Partner (nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist) allein für die Miete. Im konkreten Fall habe der Ehemann mit seiner Frau und mit dem Vermieter im August 2018 vereinbart, die Frau solle aus dem Mietverhältnis entlassen werden.

Dass er von da an die Miete allein zahlen musste, sei klar gewesen. Sollte er damit überfordert sein, müsse er sich eine günstigere Wohnung suchen. Beim Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei fürs Wohnen ein Betrag von 380 Euro vorgesehen. Den Selbstbehalt wegen einer höheren Miete zu erhöhen und dies beim Trennungsunterhalt anzurechnen, komme nur in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige zwangsläufig mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müsse als 380 Euro.

Das treffe hier jedoch nicht zu. Dass sich der geschiedene Mann um günstigeren Wohnraum bemüht habe, habe er nicht dargelegt. Nichts spreche dafür, dass dies unmöglich oder unzumutbar wäre. Der Mann habe sich freiwillig für die jetzige Wohnsituation entschieden.

Landwirtin klagt gegen Wohnungsbau

Einschränkungen für den Schweinezuchtbetrieb durch Beschwerden neuer Nachbarn zu befürchten?

Eine Landwirtin klagte gegen eine Baugenehmigung der Gemeinde: Etwa 100 Meter von ihren Schweineställen entfernt sollte ein Mehrfamilienhaus entstehen. Ihr direkter Nachbar plante, auf seinem Grund ein Wohnhaus mit elf Wohneinheiten zu errichten. Deshalb befürchtete die Landwirtin Einschränkungen für ihren Betrieb.

Die neuen Nachbarn würden sich früher oder später gegen die Stallgerüche wenden, meinte sie. Aber in einem Dorfgebiet müsse man Rücksicht auf Landwirte nehmen. In der Nähe landwirtschaftlicher Betriebe dürften keine großen Mehrfamilienhäuser entstehen, das berge zu viel Konfliktpotential. Was Menschen tatsächlich als störend empfänden und was rechtlich als unzumutbare Störung gelte, sei doch sehr verschieden.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg versuchte, die Sorgen der Landwirtin zu zerstreuen (1 ME 48/22). Dass weitere Nachbarn auch weitere Beschwerdeführer werden könnten, sei zwar nicht von der Hand zu weisen. Doch die Bauordnung erlaube in Dorfgebieten ausdrücklich das Wohnen und die Landwirtschaft. Beschwerden über den landwirtschaftlichen Betrieb wären rechtlich unbegründet: Laut dem "Geruchsgutachten", das für das Bauvorhaben erstellt wurde, werde der Immissionsrichtwert für Dorfgebiete eingehalten.

Eventuelle besondere Empfindlichkeiten künftiger Nachbarn seien kein Grund, dem Grundstückseigentümer die Baugenehmigung zu versagen: Sie habe Bestand. Heranrückende Wohnbauten verletzten einem landwirtschaftlichen Betrieb gegenüber nur dann das Gebot der Rücksichtnahme, wenn durch die Wohnbebauung tatsächlich nachträgliche Auflagen für den Betrieb drohten. Das sei hier nicht der Fall.

In "vorbelasteten Lagen" wie hier sei zudem nicht der Grenzwert der "Geruchsimmissionsrichtlinie" ausschlaggebend dafür, wie intensiv Gerüche sein dürften. Vielmehr entscheide das Maß der bereits genehmigten Vorbelastung die Grenze der Zumutbarkeit. Aus diesem Grund müsse die Landwirtin keine Abwehransprüche fürchten. Allenfalls eine Erweiterung des Betriebs, die zu intensiveren Immissionen führte, könnte zu Problemen führen. Solche Pläne habe die Landwirtin aber nicht geltend gemacht.

Mietminderung wegen Baulärms

Kurzartikel

Zwei Jahre lang litt eine Berliner Mieterin unter Lärm und Staub von einer benachbarten Baustelle. Trotzdem darf sie deswegen nicht die Miete mindern, entschied das Amtsgericht: Dass eine Wohnung völlig frei von Baulärm bleibe, könne man in einer Großstadt nicht erwarten. Eine Mietminderung aus diesem Grund komme nur in Betracht, wenn "Lärmfreiheit" im Mietvertrag vereinbart sei oder wenn Mieter beweisen könnten, dass Baulärm die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erheblich beeinträchtige. Was erheblich sei, richte sich nach den einschlägigen Vorschriften (z.B. nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz).

Videoüberwachung im Mietshaus

Müll im Hauseingang und Bagatelldelikte rechtfertigen keine Videoaufnahmen

In einem Mietshaus mit 70 Parteien hatten die Hauseigentümer fünf Überwachungskameras installiert — um weitere "Straftaten zu Lasten der Mieter abzuwenden", so ihre Begründung. Eine Kamera war im Flur auf den Hauseingang gerichtet, eine auf die Briefkastenanlage, weitere zwei Kameras hatten die Türen zu Keller und Waschküche im Visier und eine nahm im Müllraum die Mülltonnen auf. Eine Mieterin kritisierte die "totale Kontrolle" als unzulässigen Eingriff in ihre Privatsphäre und verlangte, die Kameras zu entfernen.

Zu Recht, entschied das Amtsgericht München und das Landgericht München I bestätigte das Urteil (14 S 2185/22). Erfolglos pochten die Vermieter auf ihre guten Absichten: Regelmäßig hinterließen Fremde im Briefkastenbereich Abfall, Post und Pakete seien gestohlen und im Keller Unrat abgestellt worden. Müll werde häufig neben die Tonnen gestellt, verbreite Gestank und ziehe Ungeziefer an. Weil die Videoüberwachung diese Missstände eindämme, seien über 70 Prozent der Mieter damit einverstanden.

Die Zustimmung der Mehrheit der Hausbewohner mache das Einverständnis der Mieterin, die sich kontrolliert fühle, nicht überflüssig, erklärte das Landgericht. Hier sei ihr Persönlichkeitsrecht und das aller Mieter berührt: Denn es werde jede Person gefilmt, die das Haus betrete oder verlasse. Zwar seien durchaus Umstände denkbar, die es rechtfertigten, Kameras in einem Mietshaus zu installieren. Videoüberwachung könne vorbeugend wirken, wenn es um Straftaten wie Diebstahl, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung gehe.

Im konkreten Fall sei dies aber unangemessen. Wenn Mieter gelegentlich den Müll neben die Tonnen stellten, begründe so ein Verstoß gegen die Hausordnung nicht die Notwendigkeit von Videoaufnahmen. Um die von den Vermietern beklagten Folgen wie das Auftreten von Ungeziefer zu verhindern, genügten regelmäßige Kontrollen durch den Hausmeister.

Und die paar Straftaten, die bisher vorgefallen seien, stellten nur Bagatellen dar. Dass man hier unbedingt mit dem einschneidenden Instrument umfangreicher Videoaufzeichnungen gegensteuern müsste, sei nicht nachzuvollziehen — zumal sich trotz der Kontrolle weiterhin Bagatelldelikte ereigneten.

Wohnungseigentümer verlangt Kaminanschluss

Die Eigentümergemeinschaft hatte den Abbruch ungenutzter Schornsteine beschlossen

Bei den Vorarbeiten zur geplanten Dachsanierung in einer Wohnanlage mit mehreren Gebäuden hatten der Bezirksschornsteinfeger und die Architekten Feuchtigkeitsschäden in den alten Schornsteinen festgestellt. Deswegen sollten alle nicht mehr aktiven Schornsteine bis unter die Dachhaut abgebrochen werden, lautete die Empfehlung. Daraufhin beschloss die Eigentümerversammlung mit Mehrheit den Abbruch und fachgerechten Rückbau.

Gegen den Beschluss klagte ein Wohnungseigentümer, der den zu seiner Wohnung gehörenden Schornstein nutzen und einen Kaminofen anschließen wollte. Der Schornstein müsse stehen bleiben, forderte der Mann. Auch andere Eigentümer hätten einen Kamin angeschlossen — ihm das Gleiche zu verwehren, wäre Schikane.

Der Beschluss entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, fand dagegen das Amtsgericht Hamburg (9 C 277/21). Der Eigentümer werde dadurch nicht benachteiligt. Vom Abriss der inaktiven, schadhaften Schornsteine, die zum Gemeinschaftseigentum zählten, seien alle Eigentümer gleichermaßen betroffen. Zudem seien vor dem Beschluss technische Sachverständige zu Rate gezogen worden.

Nach Ansicht des Schornsteinfegers bestehe wegen der Feuchtigkeitsschäden die Gefahr, dass bei der Inbetriebnahme inaktiver Schornsteine andere Wohneinheiten durch Rauchgas beeinträchtigt werden könnten. Man müsste die Schornsteine auf Kosten der Gemeinschaft vorher sanieren. Der Beschluss, die äußerst kostspielige Sanierung zu unterlassen und die Schornsteine abzureißen bzw. zurückzubauen, sei wirtschaftlich vernünftig und bewege sich im Rahmen des Ermessensspielraums der Eigentümergemeinschaft.

Beim Rückbau würden Feuchtigkeitsmängel beseitigt, die über die Schornsteine auf das Dach übergreifen könnten. Auf diese Weise werde auch die Gefahr einer gesundheitsschädlichen Rauchgasentwicklung ausgeschlossen. Der Eigentümer habe keinen Anspruch darauf, den Schornstein entgegen dem Interesse der Mehrheit der Eigentümer wieder in Betrieb zu nehmen und einen Kaminofen einzubauen.

Schadenersatz für Risse in der Dusche?

Diesen Mangel hätte der Immobilienkäufer bei der Besichtigung erkennen können

Bei der Besichtigung der vermieteten Eigentumswohnung hatte der Kaufinteressent nichts Auffälliges bemerkt. Er einigte sich mit der Eigentümerin und unterschrieb den notariellen Kaufvertrag. Darin wurde — wie üblich — jede Gewährleistung der Verkäuferin für Mängel ausgeschlossen. Nach dem Vertragsschluss wies der Mieter den neuen Eigentümer auf einen Mangel hin, den er beheben müsste: Risse in der Dusche.

Daraufhin forderte der Käufer von der Verkäuferin Schadenersatz für die Reparatur. Durch die Risse könne Wasser in den Boden gelangen und die Bausubstanz beschädigen, erklärte er. Die Verkäuferin habe ihm diesen schweren Mangel arglistig verschwiegen. Deshalb könne sie sich nicht darauf berufen, dass der Kaufvertrag einen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln ausschließe.

Das Landgericht Coburg wies die Zahlungsklage des Wohnungskäufers ab (51 O 508/20). Grundsätzlich müssten Immobilienverkäufer bei Vertragsverhandlungen Sachmängel eines Hauses oder einer Eigentumswohnung offenbaren, bestätigte das Landgericht: Verborgene Mängel zu verschweigen, komme einer arglistigen Täuschung gleich. Das gelte aber nicht für Mängel, die der Kaufinteressent bei der Besichtigung des Objekts ohne weiteres erkennen könne.

Im konkreten Fall treffe das zu: Um den Abfluss herum seien in der Dusche deutliche Risse zu sehen. Wenn der Kaufinteressent da nicht genauer hinschaue, könne er dieses Versäumnis nicht nachträglich der Verkäuferin anlasten. Wenig überzeugend behaupte der Käufer, er habe die Aufplatzungen nicht bemerken können, weil die Duschtür geschlossen gewesen sei und ein Wäscheständer die Sicht versperrt habe. Da hätte es wohl nahe gelegen, den Mieter zu bitten, die Duschtüre zu öffnen und den Wäscheständer wegzuschieben ...

Der Mieter habe allerdings ausgesagt, der spätere Käufer habe sich bei der Besichtigung für Badezimmer und Dusche kaum interessiert. Der Verkäuferin arglistige Täuschung vorzuwerfen, gehe jedenfalls fehl: Sie habe an der Besichtigung nicht teilgenommen. Der Wäscheständer des Mieters sei wohl kaum von der Vermieterin zu dem Zweck aufgestellt worden, die Mängel in der Dusche zu verheimlichen.

Fledermaus-Exkremente auf der Terrasse

Kurzartikel

Manchmal landeten fast 50 Fledermaus-Köttel am Tag auf ihrer Terrasse, behaupteten Mieter. Sie wollten deshalb die Miete kürzen und verlangten, das Quartier der Fledermäuse zu verschließen. Ohne Erfolg, denn Fledermäuse stehen unter Artenschutz. Zudem sichtete die gerichtliche Sachverständige vor Ort nur einzelne Exemplare und zählte nur wenige Köttel. Die "Begegnung mit landesüblichen Tierarten" (damit auch mit ihren Exkrementen) sei in einer ländlichen Wohnlage hinzunehmen, entschied das Amtsgericht Starnberg: Das stelle keinen Mietmangel dar, der zur Mietminderung berechtige.

Solarstromanlage ohne Notstromfunktion

Muss der Verkäufer darüber aufklären, dass ihr Funktionieren vom öffentlichen Stromnetz abhängt?

Das Ehepaar X ließ auf dem Dach seines Wohnhauses von einem Solarunternehmen eine Photovoltaikanlage installieren. Die Hauseigentümer wollten vom öffentlichen Stromnetz unabhängig werden. Die Sache hatte allerdings einen Haken: Wenn das öffentliche Netz keinen Strom liefert, funktioniert auch die Solarstromanlage nicht. Sie schaltet sich nämlich bei Stromausfall automatisch ab.

Zwar gibt es auch Anlagen, bei denen das nicht passiert, weil sie über eine so genannte Inselfunktion oder Notstromfunktion verfügen. Doch die sind erheblich teurer als das vom Ehepaar X bestellte System.

Die erbosten Käufer warfen dem Unternehmer vor, er hätte sie über diesen Umstand aufklären müssen. Dann hätten sie nämlich für 5.000 Euro Aufpreis ein notstromfähiges System montieren lassen. Stattdessen müssten sie nun die gelieferte Anlage umrüsten und das koste dreimal so viel. Für die Mehrkosten müsse der Verkäufer und Installateur einstehen. Den Betrag zogen die Hauseigentümer kurzerhand von der Rechnung des Solarunternehmens ab.

Zu Unrecht, entschied das Landgericht Frankenthal: Die Käufer müssten die Solarstromanlage und ihre Montage komplett bezahlen (6 O 79/22). Die meisten Kunden sparten sich eine Notstromfunktion — das sei eine teure Sonderausstattung. Verkäufer müssten Kunden nicht ungefragt darüber informieren, wenn eine Sonderausstattung fehle. Damit würde man deren Beratungspflicht übertrieben hoch ansetzen.

Möglicherweise führten ja die aktuelle Energiekrise und eventuelle Engpässe bei der Stromversorgung künftig zu einer anderen Sichtweise, weil diese Extra-Funktion an Bedeutung gewinne. Als das Ehepaar X die Photovoltaikanlage kaufte, sei das aber noch kein Thema gewesen.

Anders läge der Fall daher nur, wenn die Eheleute bei den Vertragsverhandlungen ausdrücklich klargestellt hätten, dass es ihnen auf die Notstromfunktion ankomme. Das hätten die Kunden aber nicht belegen können.

Mietnebenkosten: Zu teures Müllmanagement?

Mieter müssen beweisen, dass die Vermieterin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat

Fünf aktuelle und ehemalige Mieter eines Düsseldorfer Mietshauses forderten von der Vermieterin Geld zurück. Ihrer Ansicht nach hatte sie ihnen von 2016 bis 2018 für das Müllmanagement einen zu hohen Betrag abgeknöpft (56,04 Euro pro Jahr). Bereits im Jahr 2010 hatte die Vermieterin eine externe Dienstleistungsfirma damit beauftragt, den Müll nachzusortieren, die Restabfallmenge pro Haushalt zu erfassen und die Tonnenstandplätze zu reinigen.

Das Landgericht Düsseldorf gab den Mietern Recht: Die Vermieterin habe nicht dargelegt, dass diese zusätzlichen Kosten erforderlich gewesen seien. Mit diesem Urteil war jedoch der Bundesgerichtshof nicht einverstanden: Er hob es auf und verwies den Rechtsstreit ans Landgericht zurück (VIII ZR 230/21).

Zwar gehöre es zu den vertraglichen (Neben-)Pflichten des Vermieters, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten, d.h. bei den Betriebskosten auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten. Im konkreten Fall könne die Vermieterin jedoch mit dem Abschluss ihres (eventuell ungünstigen) Vertrags mit der Dienstleisterin nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen haben: Denn 2010 bestanden die Mietverhältnisse der Kläger noch gar nicht.

Ein Verstoß der Vermieterin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot käme daher nur in Betracht, wenn sie einen eventuell ungünstigen Vertrag später, also während des Mietverhältnisses, hätte korrigieren oder kündigen können, um so beim Müllmanagement ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen.

Dass dies möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und die Vermieterin diese Möglichkeit trotzdem nicht ergriffen habe, müssten aber die Mieter belegen, wenn sie Rückzahlung forderten. Nicht die Vermieterin sei hier beweispflichtig. Grundsätzlich gelte: Vor Gericht müsse jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen.

Rollstuhlfahrerin ließ Hochbeete anlegen

Die Kosten des behindertengerechten Gartenumbaus kann sie nicht von der Steuer absetzen

Frau X ist wegen eines Post-Polio-Syndroms — chronische Müdigkeit und Muskelschwäche als Spätfolge der Kinderlähmung — seit einiger Zeit auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie hatte sich immer schon gerne um den Garten des Einfamilienhauses gekümmert, was vom Rollstuhl aus nicht mehr möglich war.

Aus diesem Grund ließen Herr und Frau X den Garten umgestalten: Der Weg zum Haus wurde für den Rollstuhl gepflastert, die Pflanzenbeete in Hochbeete umgewandelt. Die Ausgaben für den Gartenumbau machte das Ehepaar bei der Einkommensteuererklärung als krankheitsbedingte, außergewöhnliche Belastung geltend. Doch das Finanzamt lehnte es ab, die Kosten steuermindernd zu berücksichtigen.

Die Klage der Steuerzahler gegen den Bescheid des Finanzamts scheiterte beim Bundesfinanzhof (VI R 25/20). Krankheitskosten und/oder Ausgaben für "existenznotwendigen Wohnbedarf" würden als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, wenn sie unvermeidlich seien, d.h. wenn der Steuerzahler sie zwangsläufig auf sich nehmen müsse. Das treffe im konkreten Fall nicht zu.

Zwar hätten die Steuerzahler den Garten umgestaltet, weil sich der Gesundheitszustand der Ehefrau verschlechtert habe, räumte der Bundesfinanzhof ein. Die Ausgaben seien trotzdem keine direkte Folge der Krankheit, die die Hauseigentümer nicht vermeiden konnten. In erster Linie hätten die Steuerzahler das Geld ausgegeben, damit die Ehefrau ein "frei gewähltes Freizeitverhalten" fortsetzen konnte.

Immerhin bekam das Ehepaar für den Arbeitslohn, der in den Umbaukosten enthalten war, den Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen.

WEG-Wirtschaftsplan mit doppeltem Heizkostenvorschuss

Wird der Vorschuss "wegen der Gaskrise" auf Verdacht massiv erhöht, ist der Beschluss ungültig

Eine Eigentümergemeinschaft (WEG) bezieht Fernwärme von den örtlichen Stadtwerken. Auf einer Eigentümerversammlung im September 2022 genehmigte die Mehrheit der Wohnungseigentümer den Wirtschaftsplan für 2023. Der Entwurf für den Wirtschaftsplan hatte für die Position "Heizung/Wasser/Kanal" Kosten von 45.000 Euro vorgesehen. Demnach wäre auf Eigentümer S ein monatlicher Vorschuss von 448 Euro entfallen.

Vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskussion über die Explosion der Gaskosten durch den Ukrainekrieg beschlossen die Eigentümer während der Versammlung, die Kosten für Gas pauschal mit 90.000 Euro zu veranschlagen, also zu verdoppeln. Davon war Eigentümer S wenig angetan. Am nächsten Tag fragte er bei den Stadtwerken nach und erhielt die Auskunft, dass sich der Preis für Fernwärme nicht nach dem Börsenwert für Gas richte. Mit einer Preiserhöhung von ca. 20 Prozent müssten die Kunden rechnen, aber nicht mit 100 Prozent.

Daraufhin focht Herr S den Beschluss zum Wirtschaftsplan an, soweit er die Position "Gaskosten" betraf. Zu Recht, wie das Amtsgericht Langen entschied (56 C 182/22). Wenn die WEG die künftig zu zahlenden Vorschüsse festlege, habe sie zwar schon einen gewissen Spielraum. Die Annahme, dass sich die Heizkosten aufgrund des Kriegs und der so ausgelösten Gaskrise 2023 weiter erhöhen werden, sei nicht von der Hand zu weisen. Wären deswegen die Vorschüsse moderat angehoben worden, wäre dies nicht zu beanstanden.

Die bloße Vermutung, die Gaskrise werde 2023 zu einer Preisexplosion führen, reiche jedoch nicht aus, um eine Verdopplung der Vorschüsse zu rechtfertigen. Da müsste die WEG schon fundierte Argumente dafür vortragen, warum die Kosten tatsächlich so massiv steigen könnten. Stattdessen sei die WEG ohne sachlichen Grund von einem Anstieg der Kosten für Fernwärme um 100 Prozent ausgegangen. Der WEG-Beschluss zum Wirtschaftsplan sei daher ungültig, soweit er die Gaskosten betreffe.

Gesundheitsgefahr durch Räumung?

Macht die Mieterin einen Härtefall geltend, ist ein Sachverständigengutachten einzuholen

Der langjährigen Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Frau hatte kurz vorher ihr Baby verloren und berief sich auf einen Härtefall: Sie leide unter einer Depression und einer Angststörung. Die Wohnung sei für sie der letzte Rückzugsort, im Fall eines Umzugs werde sie wohl nicht mehr eigenständig leben können.

Der Vermieter klagte auf Räumung und bekam vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck Recht: Es sah keine Gesundheitsgefahr und ignorierte den Vortrag der Mieterin. Sie ging in Berufung und legte dem Landgericht München II das Attest eines Facharztes für Psychotherapie vor, der die Diagnose einer psychischen Erkrankung bestätigte. Für den Fall einer Räumung sei eine schwerwiegende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu befürchten, so das Fazit des Befunds.

Das Attest habe keine Aussagekraft und sei wenig schlüssig, erklärte das Landgericht München II und ließ die Mieterin abblitzen. Doch die Frau wehrte sich weiterhin und erreichte beim Bundesgerichtshof (BGH) zumindest einen vorläufigen Erfolg (VIII ZR 96/22). Der BGH rüffelte die Münchner Richter: Sie hätten die Einwände der Mieterin mit oberflächlichen Argumenten abgetan, anstatt sie gebührend zu würdigen.

Das verletze den Anspruch der Frau auf rechtliches Gehör. Wenn von ihr vorgetragen werde, dass durch einen Wohnungswechsel Gesundheitsgefahr drohe, könne es sich tatsächlich um einen Härtefall handeln. Das müsse unbedingt gründlich geprüft werden. Und wenn das Gericht das Gutachten des Facharztes für unzureichend halte, müsse es ein weiteres Sachverständigengutachten einholen.

Stattdessen habe das Landgericht das fachärztliche Attest umstandslos und ungetrübt von eigener medizinischer Sachkunde für unverständlich und widersprüchlich erklärt. Dabei seien die vom Landgericht aufgezählten Widersprüche allesamt aus dem Zusammenhang gerissen. Deshalb müsse es sich nochmals mit dem Rechtsstreit befassen, um zu klären, ob ein Härtefall vorliege oder nicht.

WEG-Sanierungsbeschluss muss präzise sein

Kurzartikel

Beschließt eine Eigentümergemeinschaft Sanierungsmaßnahmen, muss der Beschluss im Wesentlichen festlegen, was wie gemacht werden soll, anstatt dies nur "schlagwortartig" zu benennen. Ein Verweis auf Planungsergebnisse in der Dropbox ist zwar zulässig, als Information für die Eigentümer aber ungenügend, wenn die Dropbox-Unterlagen im Beschluss nicht eindeutig bezeichnet sind.

Mangelhaftes Wärmedämmsystem

Auftraggeber verlangt vom Werkunternehmer Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung: Fristsetzung notwendig?

Ein Bauherr hatte ein Bauunternehmen damit beauftragt, am Eigenheim ein Wärmedämmverbundsystem anzubringen. Das Ergebnis war so verpfuscht, dass der Auftraggeber vom Auftragnehmer einen Kostenvorschuss verlangte, um die massiven Mängel von einer anderen Firma beseitigen zu lassen. Angesichts der vielen Mängel traute er das dem Bauunternehmer nicht mehr zu.

Doch der Auftragnehmer zahlte nicht: Zunächst müsse ihm der Auftraggeber Gelegenheit geben, selbst nachzubessern. Er werde die Mängel beheben, indem er die Wärmedämmung "aufdopple". Das bedeutet: Der Bauunternehmer wollte das mangelhafte Dämmsystem nicht entfernen, sondern stattdessen über diese Dämmschicht eine zweite legen. Das ist allerdings problematisch, wenn die erste nicht standsicher und tragfähig ist.

Mit diesem Vorschlag war der Auftraggeber nicht einverstanden und zog vor Gericht, um einen Kostenvorschuss durchzusetzen. Anspruch darauf haben unzufriedene Bauherren aber in der Regel nur, wenn sie den Auftragnehmer vorher zur Beseitigung der Werkmängel aufgefordert und dafür eine Frist gesetzt haben. Vor Gericht ging es daher im Wesentlichen um die Frage, ob der Auftraggeber darauf verzichten durfte.

Das Kammergericht in Berlin beantwortete die Frage mit "Ja" (21 U 1099/20). Ausnahmsweise könnten Bauherren auch ohne Fristsetzung Kostenvorschuss verlangen — unter zwei Bedingungen: Entweder habe ein Werkunternehmer die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert. Oder der Werkunternehmer sei derart unzuverlässig, dass es für den Auftraggeber unzumutbar sei, dem Auftragnehmer die Mängelbeseitigung zu überlassen.

Letzteres treffe im konkreten Fall zu, denn es sei nicht damit zu rechnen, dass der Bauunternehmer das Wärmedämmsystem "ordnungsgemäß" nachbessern werde. Er habe ein von der Bauaufsicht nicht zugelassenes System verwendet und das so "windig" verbaut, dass man jederzeit darauf gefasst sein müsse, dass sich einzelne Bauteile lösten.

Aus diesem Grund verstoße auch die vom Bauunternehmer vorgeschlagene Art der Nachbesserung gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Bei so erheblichen Mängeln müsse man das Wärmedämmverbundsystem vollständig zurückbauen und dann ein neues anbringen, anstatt das "vermurkste" System nur aufzudoppeln. (Der Bundesgerichtshof hat das Urteil am 16.11.2022 bestätigt, AZ.: VII ZR 69/22)

Wärmepumpe nach fünf Monaten defekt

Kurzartikel

Plant und montiert ein Handwerker eine Wärmepumpe, schuldet er dem Hauseigentümer ein dauerhaft funktionstaugliches Werk. Funktioniert die Wärmepumpe schon nach einigen Monaten nicht mehr, liegt ein Werkmangel vor — außer, der Defekt entstand durch Bedienungsfehler oder andere äußere Einwirkungen. Der Auftraggeber kann daher vom Handwerker einen Kostenvorschuss für das Beseitigen des Mangels verlangen.

Mieter tauschten defekte Gasheizung aus

Der Vermieter will die Kosten nicht ersetzen, sondern die Wohnung ans Fernwärmenetz anschließen

2008 mietete das Ehepaar H in einem Berliner Mehrfamilienhaus eine Wohnung, die mit einer Gastherme für Heizung und Warmwasser ausgestattet war. 2015 ließ die Vermieterin im Haus eine Zentralheizung einbauen, an die mehrere Wohnungen angeschlossen wurden — nicht aber die Wohnung der Eheleute H. Ein Jahr später meldeten sie der Vermieterin, die Gastherme sei irreparabel defekt.

Die Mieter forderten die Hauseigentümerin auf, die Therme innerhalb einer bestimmten Frist auszutauschen — andernfalls würden sie dies selbst organisieren. Das Angebot der Vermieterin, ihre Wohnung an die zentrale Heizungs- und Warmwasseranlage anzuschließen, lehnten sie ab. Schließlich ließen die Mieter die Gastherme für 3.393 Euro erneuern und klagten auf Kostenersatz.

Die Vermieterin verlangte im Gegenzug von den Mietern, den Anschluss an die zentrale Anlage und den Abriss der Gasetagenheizung zu dulden. Den Rechtsstreit verlor sie in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VIII ZR 194/21). Mieter könnten einen Mangel der Mietsache selbst beseitigen (lassen) und Ersatz für die nötigen Ausgaben verlangen, wenn Vermieter mit der Beseitigung des Mangels "in Verzug" seien, so die Bundesrichter. Und dies treffe im konkreten Fall zu.

Die Vermieterin habe den geforderten Austausch der defekten Gasetagenheizung verweigert. Mit dem Einbau einer neuen Gastherme hätten die Mieter den Mietmangel selbst behoben. Anspruch auf Instandsetzung könne die Vermieterin damit nicht mehr geltend machen. Die Wohnung sei von Anfang an mit einer Gasetagenheizung ausgestattet gewesen, die damit zum Wohnstandard und zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre.

Das Angebot der Vermieterin, die Wohnung an die zentrale Anlage anzuschließen, hätten die Mieter nicht annehmen müssen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass Mieter Modernisierungsmaßnahmen dulden müssten. Diese Pflicht bestehe nämlich nur, wenn der Vermieter die Modernisierung rechtzeitig und ordnungsgemäß ankündige. Als das Ehepaar H die Therme austauschen ließ, habe jedoch keine Modernisierungsankündigung der Vermieterin vorgelegen.

"Privatgrundstück": Für Unbefugte verboten!

Eine Gemeinde kann von Grundstückseigentümern nicht verlangen, Hindernisse auf einem Privatweg zu entfernen

Eigentümer eines Grundstücks am Waldrand hatten einen unbefestigten Wirtschaftsweg, der durch das Grundstück und an einem benachbarten Jagdhaus vorbeiführte, mit Baumstämmen und Ketten versperrt. Um Fremde abzuschrecken, stellten sie zusätzlich Schilder auf: "PRIVATGRUNDSTÜCK — Unbefugten ist das Betreten und Befahren verboten" und "BAUMFELLARBEITEN — Durchgang verboten. Lebensgefahr!"

Die Gemeinde, auf deren Gebiet das Grundstück liegt, forderte die beiden Eigentümer auf, die Hindernisse zu beseitigen: Sie dürften den Wirtschaftsweg nicht sperren, der seit jeher von Forstfahrzeugen und von Wanderern genutzt worden sei und im Fall des Falles der Feuerwehr als Rettungsweg diene. Auch Hegemaßnahmen der Jäger seien laut Jagdgesetz auf dem Grundstück zu dulden. Außerdem verstoße die Sperre gegen das Naturschutzgesetz. Letztlich wollten die Eigentümer nur wegen Konflikten mit dem Jagdpächter Unfrieden stiften und ihm die Zufahrt verstellen.

Die Grundstückseigentümer klagten gegen die Anordnung der Gemeinde. Sie sei rechtswidrig. Erstens, weil die Gemeinde sachfremde Interessen verfolge, nämlich die des Jagdpächters, der den Weg als Zufahrt zum Jagdhaus nutze. Zweitens, weil es sich um einen Privatweg handle und nicht um eine öffentliche Straße, die für Rettungsfahrzeuge zur Verfügung stehen müsste. So sah es auch das Verwaltungsgericht Trier: Für die Anordnung gebe es keine Rechtsgrundlage (9 K 2995/22).

Bei Verstößen gegen den Naturschutz müsse die Kreisverwaltung — die für Naturschutz zuständige Behörde — einschreiten. Das Naturschutzrecht ermächtige dazu nicht die Gemeinden. Die Kreisverwaltung wäre auch für Hindernisse im Straßenverkehr zuständig. Von Hindernissen für den Verkehr könne hier aber keine Rede sein. Denn Wirtschaftswege, die nur der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Flächen dienten, seien keine öffentlichen Straßen.

Öffentliches Recht verpflichte Grundstückseigentümer nicht dazu, für die Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke Dritter zu sorgen, d.h. Wege dafür freizuhalten. Aus dem Landesjagdgesetz sei auch keine Pflicht abzuleiten, die Hindernisse zu entfernen: Wer sein Jagdrecht verpachte, müsse zwar auf den verpachteten Flächen Hegemaßnahmen der zur Jagd berechtigten Personen dulden. Die Gemeinde sei aber selbst nicht jagdberechtigt und könne nicht die Rechte Dritter geltend machen.

Umstrittene Schottergärten

OVG: Niedersächsische Baubehörde durfte die Beseitigung von Kiesbeeten im Vorgarten anordnen

Ehepaar B besitzt in Diepholz (Niedersachsen) ein Einfamilienhaus. Im Vorgarten haben die Hauseigentümer zwei je 50 qm große Kiesbeete angelegt, in die sie vereinzelt Koniferen und Bodendecker einsetzten. Die kommunale Bauaufsicht verlangte von ihnen, den Schottergarten zu beseitigen: Nicht überbaute Flächen müssten nach der niedersächsischen Bauordnung Grünflächen sein.

Ihre Kiesbeete seien doch Grünflächen, konterten die Eheleute: Sie hätten schließlich ein paar Sträucher im Vorgarten angepflanzt. Wenn man außerdem den Rasen und die Pflanzen hinter dem Wohnhaus berücksichtige, sei ihr Garten insgesamt ein "ökologisch wertvoller Lebensraum". Die Hauseigentümer wehrten sich gegen die Anordnung der Baubehörde, den Vorgarten zu begrünen, scheiterten jedoch mit ihrer Klage beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg (1 LA 20/22).

"Grünflächen" müssten grün sein, stellte das OVG fest. Damit seien naturbelassene oder angelegte, auf jeden Fall mit Pflanzen bewachsene Flächen gemeint. Das schließe einzelne Steinelemente im Garten nicht aus, wenn sie das Gesamtbild nicht dominierten. Beim Vorgarten von Ehepaar B handle es sich dagegen um Kiesflächen, in die die Hauseigentümer nur punktuell Koniferen, Sträucher und Bodendecker eingepflanzt hätten.

So ein Schottergarten erfülle die Anforderungen der Bauordnung nicht. Wie es hinter dem Haus aussehe, spiele dabei keine Rolle. Diese Interpretation der Bauordnung widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, die "Versteinerung der Stadt" so gering wie möglich zu halten.

Nicht nur Diepholz, auch einige andere niedersächsische Kommunen haben, um diese Absicht umzusetzen, Schottergärten verboten. Allerdings fehlt ihnen häufig das Personal für die Kontrolle der Vorgärten. Während Naturschutzverbände den Beschluss des OVG als Signal gegen die zunehmende Bodenversiegelung begrüßten, weil diese Lebensraum für Tiere und Pflanzen zerstöre, kritisierte der Eigentümerverband "Haus und Grund" den Beschluss als unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte.

Hauskäufer verlangt Maklerprovision zurück

Die Makler hatten den Selbstmord einer früheren Eigentümerin nicht offenbart

Im Februar 2021 kaufte Herr B in der Nähe von München für rund 1,5 Millionen Euro eine Doppelhaushälfte. Bei der Besichtigung hatte der Makler erwähnt, die Voreigentümerin sei gestorben und die Erbin verkaufe nun das Haus. Einige Tage nach dem Abschluss des Kaufvertrags erfuhr der Käufer von Nachbarn, dass sich die Voreigentümerin vor eineinhalb Jahren das Leben genommen hatte: Sie hatte mit einem Jagdgewehr erst ihren Hund und dann sich selbst erschossen.

Deshalb weigerte sich Herr B, die restliche Provision (rund 15.000 Euro) zu zahlen, und verlangte die bereits überwiesene Summe zurück. Begründung: Angesichts der grausamen Vorgeschichte wolle er die Immobilie nicht mehr bewohnen. Das Maklerbüro habe ihm den Vorfall verschwiegen, um die gewünschte Millionensumme realisieren zu können. Damit hätten die Makler ihre Aufklärungspflicht verletzt und ihre Provision verwirkt. Außerdem sei der Kaufpreis der Immobilie zu mindern.

Das Landgericht München I entschied den Streit zu Gunsten der Makler: Den Vermittlern stehe der Maklerlohn in voller Höhe zu (20 O 8471/21). Zum Zeitpunkt des Kaufs habe der Suizid bereits 18 Monate zurückgelegen. Hätte es sich um einen aufsehenerregenden Mord mit großem Echo in den Medien gehandelt, wäre eine Offenbarungspflicht des Maklerbüros möglicherweise zu bejahen.

In Fällen wie diesem, bei einem länger zurückliegenden Selbstmord, bestehe dagegen keine Aufklärungspflicht. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Makler keine Anhaltspunkte dafür habe, dass diese Tatsache für den Kaufinteressenten besonders wichtig sei. Im konkreten Fall sei das aber nicht ersichtlich. Weder bei der Besichtigung, noch bei den weiteren Vertragsverhandlungen habe der Käufer nach der Voreigentümerin gefragt.

Aus diesem Grund den Kaufpreis zu mindern — der angesichts der sehr guten Lage des Grundstücks angemessen sei —, komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Selbstmord spiele beim Kaufpreis keine Rolle. Schließlich stelle er keinen Mangel dar, der dem Haus anhafte … Bei gebotener objektiver Betrachtung beeinflusse dieser Umstand die Kaufentscheidung eines vernünftigen Interessenten nicht.