Bauen & Wohnen

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Bauherr kann auf einwandfreier Mangelbeseitigung bestehen

Kurzartikel

Treten beim Neubau eines Einfamilienhauses Mängel auf (hier: an den Fenstern), hat der Bauherr Anspruch darauf, dass sie vollständig behoben werden. Auch mit unwesentlichen "Rest-Macken" muss er sich nicht abfinden. Nur wenn einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an vollständiger Sanierung einer Bagatelle ein erheblicher Aufwand gegenübersteht, kann das Bauunternehmen die Beseitigung des Mangels wegen Unverhältnismäßigkeit ablehnen.

Eigentumswohnung zu spät fertiggestellt

Schiebt das Bauunternehmen die Verzögerung auf die Pandemie, muss es deren Wirkungen auf den Bauablauf genau dokumentieren

Herr S hatte vor Jahren mit einem Wohnungsbauunternehmen einen Bauträgervertrag abgeschlossen, d.h. er erwarb eine noch zu bauende Eigentumswohnung. Laut Vertrag sollte die Wohnung bis Ende Juni 2018 bezugsfertig sein. Tatsächlich stellte das Bauunternehmen die Wohnanlage erst im Sommer 2020 fertig. Käufer S musste für die Zwischenzeit eine Wohnung mieten und forderte vom Bauunternehmen Schadenersatz für die Mietkosten.

Der Bauträger behauptete, die Verzögerung gehe nicht auf sein Konto. Teilweise sei sie auf die Corona-Pandemie zurückzuführen: 2020 hätten ausländische Arbeitskräfte vorübergehend nicht nach Deutschland einreisen können, die er fest eingeplant habe. Außerdem seien wiederholt Lieferungen von Baustoffen ausgeblieben.

Mit dieser Auskunft gab sich Herr S nicht zufrieden: Dass die Corona-Pandemie den Auftragnehmer tatsächlich beeinträchtigt habe, könne er nicht erkennen — zumal sie erst im Februar/März 2020 einsetzte. Da sei der Bauunternehmer bereits eineinhalb Jahre in Verzug gewesen.

So beurteilte auch das Kammergericht Berlin den Fall (21 U 156/21). Generell gelte: Sei eine verspätete Leistung auf unvorhersehbare, gravierende Änderungen der wirtschaftlichen, politischen oder sozialen Rahmenbedingungen zurückzuführen, treffe das Bauunternehmen kein Verschulden. Dann müsse es nicht für die Folgen haften. Diesen Zusammenhang müsse der Auftragnehmer aber belegen, anstatt sich nur abstrakt auf erschwerte Bedingungen zu berufen.

In so einem Fall müsse das Bauunternehmen konkret darlegen, wie sich der schwerwiegende und unvorhersehbare Umstand, auf den es sich berufe, auf den Ablauf des Bauvorhabens ausgewirkt habe. Konkret bedeute: Das Unternehmen müsse belegen, welche Arbeitsabläufe wann und wie lange gestört wurden — zum Beispiel durch die Corona-bedingte Grenzsperrung. Wie habe konkret welche ausbleibende Lieferung welchen Materials die Fertigstellung der Arbeiten beeinflusst?

Bauunternehmer müssten schon während der Bauarbeiten alle Umstände (auch baubeschleunigende) ausreichend dokumentieren, um zu zeigen, wie die Bauzeit beeinflusst wurde. Im konkreten Fall habe das Bauunternehmen — trotz Aufforderung des Gerichts — so eine "bauablaufbezogene Darlegung" nicht geliefert. Daher hafte die Firma für Folgen der vertragswidrigen Verzögerung und müsse die Mietkosten des Käufers S übernehmen.

Modernisierungskosten und Mieterhöhung

Vermieter müssen in der Mieterhöhungserklärung die Kosten nicht nach Gewerken aufschlüsseln

Viele Bremer Wohnungsmieter klagten gegen die Mieterhöhungen, die ihre Vermieterin, eine Immobiliengesellschaft, nach Modernisierungsmaßnahmen ankündigte. Gemäß Mietrecht können Vermieter die jährliche Miete um bis zu acht Prozent erhöhen, wenn sie Maßnahmen zur Energieeinsparung durchgeführt haben. Den Umfang der Erhöhung müssen sie den Mietern erläutern.

Die Bremer hielten die Mieterhöhungserklärungen der Vermieterin für unwirksam, weil die Modernisierungskosten unzureichend erläutert seien. Das Landgericht Bremen gab ihnen Recht: Bei umfassenden Modernisierungsmaßnahmen an mehreren Gebäuden müssten Vermieter die Kostenpositionen weiter untergliedern, z.B. nach verschiedenen Gewerken oder konkreten Einzelarbeiten aufschlüsseln. Nur so könnten die Mieter die Kosten und die damit begründete Mieterhöhung auf ihre Berechtigung überprüfen.

Damit übertreibe die Vorinstanz die Anforderungen an so eine Erklärung, urteilte dagegen der Bundesgerichtshof (VIII ZR 337/21 u.a.). In erster Linie komme es darauf an, dass Vermieter deutlich machten, welchen Anteil der Gesamtsumme auf Instandsetzungsmaßnahmen entfalle. Denn deren Kosten dürften sie nicht auf die Mieter umlegen. Den Anteil der Instandsetzungskosten müssten Vermieter daher mit einer Quote oder einem bezifferten Betrag kenntlich machen.

Für die Mieter bringe es keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn, wenn Vermieter die entstandenen Gesamtkosten nach Gewerken oder ähnlichen Kriterien "aufdröselten". Außerdem könnten Mieter, wenn sie die Angaben des Vermieters zu den Kosten überprüfen wollten, ohnehin Auskunft und Einsicht in die Kostenbelege verlangen. Auch so könnten sie herausfinden, ob weiterer Klärungsbedarf bestehe, und eventuell juristisch oder bautechnisch sachkundige Personen hinzuziehen.

Unklarer Verlauf einer Grundstücksgrenze

Benötigt ein Hauseigentümer einen Lageplan, muss der Nachbar dem Vermessungsingenieur Zutritt gewähren

Herr A, Eigentümer eines Reihenhauses, wollte an der Grundstücksgrenze eine Garage bauen und beantragte dafür eine Baugenehmigung. Die Baubehörde verlangte von ihm einen amtlichen Lageplan, den es jedoch nicht gab. Deshalb beauftragte A einen staatlich anerkannten Vermessungsingenieur. Um die Aufgabe zu erfüllen, den Grenzverlauf zu ermitteln und einen Lageplan zu erstellen, musste der Ingenieur allerdings auch das angrenzende Grundstück betreten.

Da sich Nachbar B wenig kooperativ zeigte und dem "Vermesser" den Zutritt zu Haus und Grund verweigerte, zog Herr A vor Gericht und klagte auf Duldung. Zu Recht, entschied der Bundesgerichtshof (V ZR 199/21). Da der bauwillige Eigentümer für seinen Bauantrag einen amtlichen Lageplan einreichen müsse, sei es notwendig, den genauen Grenzverlauf zu klären. Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis verpflichte Eigentümer B dazu, in diesem Punkt zu kooperieren.

Ohne Lageplan könne A nicht bauen und würde dadurch einen wesentlichen Bestandteil seines Eigentumsrechts verlieren. B müsse einem Vermessungsingenieur Zutritt gewähren. Das liege außerdem auch in seinem Interesse. Schließlich verschaffe die Ermittlung des Grenzverlaufs beiden Hauseigentümern Klarheit über die Eigentumsverhältnisse und daraus abzuleitende Befugnisse. Sonderlich störend sei die Aktion ohnehin nicht: Sie dauere nicht lange und B könne mit dem Ingenieur einen passenden Zeitpunkt vereinbaren.

Aufzug vor Jahrzehnten stillgelegt

Eigentümergemeinschaft muss den Lift der Wohnanlage wieder in Gang setzen

Der Aufzug einer Wohneigentumsanlage war bereits in den 90er Jahren stillgelegt worden. Seither gab es zwar mehrmals Anträge, ihn reparieren zu lassen. Es war sogar in einem Gerichtsverfahren festgestellt worden, dass die Eigentümer verpflichtet sind, den Lift wieder in Gang zu setzen oder einen neuen Lift zu installieren. Passiert war aber nichts — außer einem langfristigen Programm zur Vorbereitung von Maßnahmen.

2020 beantragte der Eigentümer der Dachgeschosswohnung in der Eigentümerversammlung, nun endlich eine Fachfirma mit der Instandsetzung der Liftanlage zu beauftragen. Da der Antrag jedoch mit Mehrheit abgelehnt wurde, zog der Mann vor Gericht und forderte einen funktionsfähigen Aufzug. Zu Recht, wie das Amtsgericht Saarbrücken entschied (36 C 117/21).

Jeder Wohnungseigentümer habe Anspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die zum Gemeinschaftseigentum gehörende Liftanlage dauerhaft stillzulegen, widerspreche diesem Recht: Sie verändere vielmehr die Substanz des Gemeinschaftseigentums, entziehe ihm einen wesentlichen Bestandteil.

Die Eigentümergemeinschaft sorge mit ihrer Verweigerungshaltung dafür, dass die oberen Stockwerke mit dem Aufzug nicht mehr erreichbar seien. Der Zugang zu diesen Wohnungen sei somit nicht mehr barrierefrei, was die Eigentümer der oberen Wohnungen im Vergleich mit den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen benachteilige. Mit ordnungsgemäßer Verwaltung sei das unvereinbar.

Auch geringfügige Geräusche können stören

Kurzartikel

Nur mit Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer darf ein Eigentümer auf seinem Balkon ein Klimagerät installieren. Auch geringfügige Geräusche wie das Brummen eines Kühlschranks oder eben das Surren einer Klimaanlage zwei Meter vom Schlafzimmerfenster entfernt können eine Beeinträchtigung sein, die die Nachbarn nicht hinnehmen müssen.

Besuche von der Nachbarskatze

Hauseigentümerin kann nicht verlangen, dass die Tierhalterin ihre Katze einsperrt

Eine Hauseigentümerin forderte vor Gericht, gegen eine Katze aus der Nachbarschaft ein "Besuchsverbot" zu verhängen: Das Tier verschmutze ihren Garten mit Kot und habe ihren Vogelkasten beschädigt. Die Katze dringe sogar ins Haus ein, wenn die Terrassentür zum Lüften offenstehe, setze sich auf frisch gewaschene Wäsche und mache sich in der Küche über Speisen her.

Die Tierhalterin, die zwei Häuser weiter wohnte, bestritt, dass ihre Katze für diese Untaten verantwortlich war. Das Amtsgericht Ahrensburg wies die Klage der Hauseigentümerin gegen die Tierhalterin ab (49b C 505/21). Besuche freilaufender Katzen müssten in einer Umgebung mit vielen Einfamilienhäusern hingenommen werden, auch wenn sie zu geringfügigen Problemen führten.

Man könne Katzen nicht als "Stubentiger" im Haus oder ständig angeleint im Garten halten. Das wäre praktisch nicht umsetzbar und vor allem nicht artgerecht. Damit würde die klagende Hauseigentümerin allen Tierhaltern in der Nachbarschaft vorschreiben, dass sie ihre Katzen einsperren, also quasi "im Käfig halten" müssten: So eine Rechtsposition sei nicht schützenswert.

Dass Katzen ins Haus spazierten, könne die Frau ohne Weiteres verhindern, indem sie die Terrassentür nicht unbeobachtet offenstehen lasse. Dies und offen herumstehende Speisen provozierten natürlich Besuche durch neugierige Katzen. Dass es das "beklagte" Tier war, das für Schmutz und Schäden im Garten gesorgt habe, habe die Hauseigentümerin außerdem nicht beweisen können.

Jobcenter muss ausnahmsweise Gasheizofen finanzieren

Kurzartikel

Haben Mietvertragsparteien vereinbart, dass die Mietsache nicht die Heizungsanlage umfasst, ist die Vermieterin nicht verpflichtet, den defekten, 48 Jahre alten Gasheizofen in der Mietwohnung zu ersetzen. In so einem Fall muss das Jobcenter die Kosten für Kauf und Installation eines Heizofens ausnahmsweise als "einmaligen Bedarf" anerkennen und der Mieterin entsprechenden Zuschuss bewilligen, wenn diese Grundsicherung bezieht.

Betriebskosten: Mieter sollen das Gebäude nicht mehr selbst reinigen

Kurzartikel

Mietnebenkosten müssen "wirtschaftlich" sein, andernfalls sind Mieter nicht verpflichtet, die Kosten zu bezahlen. Beauftragt die Vermieterin mit der Gebäudereinigung eine Firma, obwohl die Mieter diese seit langem zuverlässig selbst organisiert und tadellos durchgeführt haben, entspricht das nicht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Wenn die Vermieterin keine Umstände vortragen kann, die trotzdem den Auftrag an eine Spezialfirma erforderlich machen, ist es in so einem Fall unzulässig, die Kosten der Gebäudereinigung auf die Mieter umzulegen.

"Sonstige Betriebskosten"

Kurzartikel

Vermieter dürfen bei der Betriebskostenabrechnung nicht völlig disparate Nebenkosten - wie die Kosten der Trinkwasseruntersuchung, der Dachrinnenreinigung und der Straßenreinigung - als "sonstige Betriebskosten" in einer Position zusammenfassen. Das ist nur bei sachlich zusammenhängenden Kosten zulässig wie z.B. bei den Kosten der Sachversicherung und der Haftpflichtversicherung. Gibt es so einen engen sachlichen Zusammenhang nicht, müssen Vermieter die unter "Sonstiges" abgerechneten Kostenarten aufschlüsseln.

Wohnung mit Mieter-Einbauten weitervermietet

Trotzdem sollten die Ex-Mieter dem Vermieter Schadenersatz für fiktive Rückbaukosten zahlen

Als die Mieter auszogen, sprachen sie mit dem Sohn des Vermieters über diverse Einbauten: einen Glasaufsatz auf der Badewanne, einen Einbauschrank, Laminatboden. Die Einbauten müssten sie nicht abmontieren, wenn sie stattdessen Malerarbeiten in der Mietwohnung durchführten, bot der Sohn dem Ehepaar an. Die Mieter waren einverstanden und strichen alle Wände. Bei der Wohnungsübergabe beanstandete der Vermieter die Einbauten nicht.

Sein Sohn schickte den Mietern kurz darauf eine SMS-Nachricht: Die Nachmieter übernähmen die Einbauten. Trotzdem verlangte der Vermieter einige Wochen später Schadenersatz von den Ex-Mietern für fiktive Rückbaukosten: Sein Sohn habe nur für den Fall auf das Entfernen der Einbauten verzichten sollen, dass die Mieter deren Übernahme extra mit den Nachmietern vereinbarten und die Nachmieter den späteren Rückbau zusagten.

Das Landgericht Berlin wies die Schadenersatzklage des Vermieters ab (64 S 219/20). Die Mieter konnten davon ausgehen, dass der Sohn — wie schon früher — den Vermieter vertrat und bei der Abwicklung des Mietverhältnisses verbindliche Absprachen treffen konnte. Sie durften sich auf dessen Mitteilung verlassen, dass die Nachmieter die Einbauten akzeptierten.

Zudem habe der Vermieter selbst bei der Wohnungsrückgabe die Einbauten nicht einmal angesprochen. Daher durften die Mieter darauf vertrauen, dass er den Zustand der Wohnung als vertragsgemäß ansah. Das gelte umso mehr, als unstreitig alle Einbauten tatsächlich in der Wohnung blieben, von den Nachmietern akzeptiert und weiterhin benutzt wurden.

Der Vermieter habe die Wohnung unverändert weitervermietet, ohne die Einbauten auszubauen. Da somit keine Kosten anfielen, bestehe auch kein Anspruch auf Schadenersatz für Rückbaukosten: Das Interesse des Vermieters, die Einbauten bis zum Ablauf ihrer Lebensdauer zu nutzen, von den Ex-Mietern aber die Kosten ihrer — eventuellen — zukünftigen Entfernung zu verlangen, sei nicht schützenswert.

Sittenwidrige Schenkung?

90-Jähriger schenkt der Lebensgefährtin Grundstücke, bereut dies und beruft sich auf Geschäftsunfähigkeit

Ein 90-Jähriger, der mehrere Mietshäuser besaß, bekam 2018 eine Lungenentzündung und wurde in eine Klinik eingeliefert. Einige Jahre zuvor hatte er eine Frau kennengelernt, die seine Häuser verwaltete und sich auch um ihn persönlich kümmerte. In der Klinik erteilte ihr der Senior eine Vorsorgevollmacht. Diese Vollmacht widerrief er mit Hilfe seiner Tochter, als er auf die Intensivstation verlegt wurde.

Dieses Hin und Her setzte sich fort: Einige Tage später teilte der Mann einem Notar mit, er wolle seine Lebensgefährtin als Tochter annehmen. Im Beisein des Notars schenkte er ihr — per vorweggenommener Erbfolge — zwei seiner Grundstücke. Als die Schenkung bereits ins Grundbuch eingetragen war, widerrief der Senior die Schenkung und alle Erklärungen, die er in der Klinik zu Gunsten der Lebensgefährtin abgegeben hatte.

Er sei krankheitsbedingt geschäftsunfähig gewesen, behauptete er. Außerdem habe ihn die Partnerin unter Druck gesetzt und gedroht, ihn zu verlassen, wenn er nicht unterschreibe. Die Schenkung sei daher als sittenwidrig anzusehen. Sein Antrag, ihm die Grundstücke wieder zu übertragen, scheiterte beim Oberlandesgericht (OLG) Köln. Mit dieser Entscheidung war jedoch der Bundesgerichtshof nicht einverstanden: Er hob sie auf und verwies den Rechtsstreit ans OLG zurück (X ZR 3/20).

Der alte Herr habe konkrete Anhaltspunkte dafür benannt, dass er bei der Schenkung nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sein könnte: Befunde der Klinik und ein Attest zu kognitiven Einschränkungen lägen vor. Das OLG hätte dies prüfen lassen müssen, anstatt den Antrag des Klägers auf ein Sachverständigengutachten abzuweisen. Wenn es Indizien für Geschäftsunfähigkeit gebe, dürfe ein Gericht — ohne eigene Sachkunde! — nicht einfach die Geschäftsfähigkeit bejahen.

Ein krankheitsbedingter Zustand von Willensschwäche oder leichter Beeinflussbarkeit könne für die Beurteilung der Frage, ob eine Schenkung sittenwidrig sei oder nicht, ausschlaggebend sein. Außerdem habe das OLG die Motive der beschenkten Partnerin nicht in seine Überlegungen einbezogen.

Wenn es fraglich sei, ob der Schenker sich bei der Schenkung frei entscheiden konnte, müsse geklärt werden, ob hier jemand diese Lage eigensüchtig ausgenützt habe. Auch wenn die Fähigkeit des Seniors zur Willensbildung nur ein wenig eingeschränkt gewesen sein sollte, könne dies für Sittenwidrigkeit sprechen.

Mängel am Hausdach arglistig verschwiegen?

Arglist setzt voraus, dass die Hausverkäufer die Mängel tatsächlich kannten

Die Verkäufer eines Einfamilienhauses hatten es viele Jahre lang selbst bewohnt. Einige Jahre nach dem Verkauf meldeten sich die Käufer und erklärten, das Dach sei mangelhaft gedämmt. Da seien ungeeignete Dämmplatten verwendet worden, eine Dampfsperre fehle (d.h. ein Baustoff, der das Eindringen von Wasserdampf in die wärmegedämmte Konstruktion verhindert — meist werden dafür Folien verwendet). Das Käufer-Ehepaar forderte von den Verkäufern einen Vorschuss für die Sanierung.

Das Landgericht Frankenthal wies die Klage ab (6 O 129/21). Da im Kaufvertrag wie üblich die Gewährleistung für Mängel ausgeschlossen worden sei, müssten die Verkäufer dafür nur haften, wenn sie versteckte Mängel arglistig verschwiegen hätten. Nur Dinge, die man kenne, könne man bewusst verschweigen. Dass den Verkäufern Mängel an ihrem Dach bekannt waren, stehe aber keineswegs fest,

Das Dach sei weder undicht, noch feucht. Es erfülle sogar die Anforderungen an den Wärmeausweis. Über zehn Jahre habe die Familie des Verkäufer-Ehepaares das Haus bewohnt und auch das Dachgeschoss genutzt. Ihnen sei kein Mangel aufgefallen. Zwar habe der Bauexperte der Käufer gemeint, der Gedanke, dass das Dach fehlerhaft gedämmt sei, dränge sich geradezu auf. Das beweise aber nicht, dass Laien wie die Verkäufer darüber Bescheid wussten.

Wenn sie diese kennen, seien Verkäufer verpflichtet, auf versteckte Mängel hinzuweisen. Da die Käufer im konkreten Fall jedoch nicht beweisen konnten, dass dies zutraf, müssten die Verkäufer nicht für die Mängelbeseitigung einstehen.

Undichtes Wintergartendach

Auftraggeberin hat keinen Anspruch auf Nachbesserung, wenn sie technisch unmöglich ist

Ein Sturm hatte das Dach eines Wintergartens beschädigt. Die Hauseigentümerin beauftragte eine Baufirma damit, das Dach zu erneuern. Wie vertraglich vereinbart, montierte die Firma auf der Unterkonstruktion aus Holz System-Bauteile. Einige Monate nach dem Abschluss der Arbeiten traten im Wintergarten Feuchtigkeitsschäden und Schimmel auf. Die Werkleistung der Baufirma sei mangelhaft, kritisierte die Auftraggeberin, denn das Dach sei nicht dicht an die Unterkonstruktion angeschlossen.

Die Hauseigentümerin verlangte von der Baufirma einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung. Ihre Klage scheiterte beim Landgericht Kleve und das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bestätigte die Entscheidung (23 U 81/20). Einerseits habe es die Firma übernommen, auf der Unterkonstruktion ein Dach zu montieren. Also hätte sie für einen dichten Anschluss Sorge tragen müssen, räumte das OLG ein. Dass das Dacht undicht sei, sei zweifellos ein Werkmangel.

Andererseits eigne sich die vorhandene Holz-Unterkonstruktion — laut Sachverständigengutachten — nicht für den dichten Anschluss eines Daches aus System-Bauteilen, wie die Baufirma sie anbiete und ausführe. Die Firma habe sich also zu Recht geweigert, das Dach nachzubessern: Denn es sei aus technischen Gründen objektiv unmöglich, hier mit System-Bauteilen ein mangelfreies Werk herzustellen. Daher schulde die Firma der Auftraggeberin auch keinen Kostenvorschuss.

Nach den überzeugenden Erläuterungen des Sachverständigen sei ein dichtes Dach auf diesem Unterbau nur mit einer Zimmermanns- oder Dachdeckerkonstruktion zu erreichen. Die Baufirma sei zwar wie alle Werkunternehmer dazu verpflichtet, Mängel ihres Werks zu beheben.

Die Pflicht zur Nachbesserung umfasse aber nicht die Pflicht, ein ganz anderes als das vereinbarte Werk auszuführen. Eine Dachdeckerkonstruktion sei mit einem aus System-Bauteilen gefertigten Dach nicht zu vergleichen — und nur das habe die Baufirma montieren sollen.

Mieterin überweist Miete aufs "alte" Bankkonto

Vermieterin hatte sie über die geänderte Bankverbindung nicht informiert

Drei Jahre hatte die Mieterin schon in einem Berliner Hinterhaus gewohnt, als sie sich Anfang 2020 mit der Vermieterin auf einen Umzug innerhalb des Mietshauses einigte. Im Februar wechselte sie die Wohnung. Die Parteien schlossen einen neuen Mietvertrag. Dabei erwähnte die Vermieterin nicht, dass sich die Bankverbindung geändert hatte. Das Vertragsformular übergab sie der Mieterin erst Ende März. Die Mieterin überwies weiterhin die Miete auf dasselbe Bankkonto.

Im Juni 2020 kündigte ihr die Vermieterin wegen Zahlungsverzugs. Verständlicherweise fand die Mieterin dies unbegründet und widersprach. Wie schon das Amtsgericht wies auch das Landgericht Berlin die Räumungsklage der Vermieterin ab (65 S 134/21). Da die Mieterin den Zahlungsverzug nicht zu verantworten habe, sei die Kündigung des Mietverhältnisses unwirksam.

Gehe die Vermieterin mit einer Mieterin ein neues Mietverhältnis über eine andere Wohnung ein, müsse sie die Mieterin ausdrücklich darauf hinweisen, wenn sich die Bankverbindung geändert habe. Das gelte erst recht, wenn sie ihr den Mietvertrag erst sechs Wochen nach Mietbeginn aushändige, betonte das Landgericht.

Zwar hätte die Mieterin dem Vertragsformular die neue Kontonummer entnehmen können. Da die Vermieterin aber bei den Vertragsverhandlungen kein Wort darüber verlor, könne sie der Mieterin nicht im Nachhinein vorwerfen, dass sie die Miete (immer pünktlich!) auf das ihr bekannte Bankkonto überwiesen habe. Stattdessen hätte die Vermieterin die Frau auf den Fehler hinweisen müssen. Wenn sie dies unterlasse und die Miete infolgedessen mehrere Monate auf dem "falschen" Konto lande, rechtfertige dies keine Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

Mieter muss Einbaumöbel nicht streichen

Kurzartikel

Vermieter dürfen per Mietvertrag die Pflicht, in der Mietwohnung Schönheitsreparaturen durchzuführen, auf die Mieter abwälzen. Aber nicht unbegrenzt: Eine Vertragsklausel, die den Mieter nicht nur verpflichtet, Decken und Wände zu streichen bzw. zu tapezieren, sondern ihm zusätzlich auferlegt, die mitvermieteten Einbaumöbel zu streichen, ist unwirksam.

Hauserbin soll Erbschaftsteuer nachzahlen

Finanzamt widerruft die Steuerbefreiung, weil die Erbin aus dem Familienheim auszog

Frau B hatte das 1951 erbaute Einfamilienhaus mit ihrem Vater bewohnt. Nach dessen Tod 2009 erbte sie das Haus und lebte auch weiterhin dort. Deshalb wurde Frau B (gemäß Erbschaftsteuergesetz) von der Erbschaftsteuer für die Immobilie befreit. Im Sommer 2018 mietete sie eine Erdgeschoss-Wohnung im Haus nebenan und ließ ihr Einfamilienhaus abreißen.

Nun forderte das Finanzamt nachträglich Erbschaftssteuer: Die Steuerbefreiung gelte nur, wenn der Erbe/die Erbin das Familienheim mindestens zehn Jahre lang selbst nutze.

Frau B wehrte sich gegen den Steuerbescheid: Das alte Gemäuer sei aufgrund zahlreicher Mängel unbewohnbar geworden, erklärte sie. Außerdem habe sie sich — nach Bandscheibenvorfällen und wegen eines Hüftleidens — nicht mehr allein im Haus bewegen können.

Das Finanzgericht wies die Klage der Steuerzahlerin ab: Gebäudemängel machten die Nutzung der Immobilie nicht objektiv unmöglich. Auch ein Hüftleiden sei kein zwingender Grund für einen Umzug. Zwingend notwendig wäre er z.B., wenn sie pflegebedürftig wäre. Mit dem zweiten Argument war der von Frau B angerufene Bundesfinanzhof nicht einverstanden (II R 18/20).

Das Finanzamt dürfe die Steuerbefreiung dann nicht widerrufen, wenn der Erbe/die Erbin das Familienheim nicht mehr selbst bewohnen könne — d.h. "zwingende Gründe" für einen Umzug vorlägen. Wirtschaftliche Erwägungen des Erben oder bauliche Mängel der Immobilie reichten da nicht, wie das Finanzgericht richtig gesehen habe. Den baulichen Zustand einer Immobilie könne man veränderten Lebensumständen anpassen.

Die Steuernachzahlung bleibe Erben bei einem Umzug nur erspart, wenn es objektiv unmöglich oder unzumutbar sei, das Familienheim selbst zu nutzen. Anders als das Finanzgericht annehme, treffe das aber nicht nur zu, wenn ein Erbe/eine Erbin in ein Pflegeheim umziehen müsse. Sondern auch dann, wenn es ihm/ihr nicht mehr möglich sei, im Familienheim den Haushalt selbständig zu führen.

Im konkreten Fall sei dieser entscheidende Punkt nicht geklärt worden. Allein der Umstand, dass Frau B nun in einer kleinen Erdgeschoss-Wohnung ihren Haushalt selbständig führe, widerlege nicht, dass der Umzug für sie "zwingend notwendig" war.

Das Finanzgericht müsse sich mit dem Fall nochmals befassen und feststellen, ob Frau B aufgrund ihres Gesundheitszustands im Familienheim nicht mehr selbständig habe leben können, d.h. ohne ständige Hilfe Dritter. Das wäre ein "zwingender Grund" dafür, das Familienheim aufzugeben.

Kündigung wegen Mietrückstands

"Erheblich" ist der Rückstand, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt

Ein Berliner Mieter hatte im Januar 2018 135,41 Euro zu wenig Miete gezahlt, im Februar blieb er die monatliche Miete von 704 Euro ganz schuldig. Wegen des Zahlungsrückstands kündigte ihm der Vermieter im Februar 2018 fristlos.

In der Regel kann der Mieter die Kündigung noch abwenden, wenn er den Mietrückstand ausgleicht (die so genannte "Schonfristregelung"). Dadurch wird die Kündigung unwirksam. Die "Schonfristregelung" gilt jedoch nicht, wenn im Laufe der letzten zwei Jahre schon einmal eine — wegen Zahlungsrückstands ausgesprochene — Kündigung auf diese Weise vermieden wurde.

Das traf im konkreten Fall zu. Deshalb fand der Vermieter die Kündigung richtig, obwohl der Mieter auch diesmal den ausstehenden Betrag nach einigen Wochen zahlte. Doch das Landgericht Berlin wies die Räumungsklage des Vermieters ab.

Begründung: Gemessen an einer Monatsmiete von 704 Euro sei der Rückstand von 135,41 Euro im Januar 2018 als "unerheblich" anzusehen, die Kündigung daher nicht gerechtfertigt.

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden: Er hob das Urteil des Landgerichts auf (VIII ZR 32/20). Die fristlose Kündigung des Vermieters habe das Mietverhältnis wirksam beendet, weil sie wegen eines erheblichen Zahlungsrückstands ausgesprochen worden sei.

Denn dabei komme es allein auf die Gesamthöhe der ausstehenden Teilbeträge an. Der Mietrückstand sei jedenfalls dann nicht mehr als "unerheblich" einzustufen, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteige. Eine gesonderte Bewertung einzelner monatlicher Rückstände im Verhältnis zur Monatsmiete sehe das Mietrecht nicht vor.

Riesiges Holzkreuz im Garten

Miteigentümerin fühlt sich von dem überdimensionierten religiösen Symbol gestört

In einem Düsseldorfer Haus mit zwei Wohnungen bildeten zwei Damen eine Eigentümergemeinschaft. Frau X, eine gläubige Rentnerin, ließ im Garten ein riesiges Holzkreuz aufstellen. Es war 7,36 Meter hoch, um ganz genau zu sein. Das war Frau X wichtig, weil der Berg Golgatha, auf dem Jesus gekreuzigt wurde, 736 Meter hoch sei.

Die Miteigentümerin Y teilte, vorsichtig ausgedrückt, ihre religiöse Begeisterung nicht. Frau Y zog vor Gericht und verlangte, Frau X müsse das Kreuz entfernen.

Das riesige Bauwerk störe die Mitbewohnerin bei jedem Blick in den Garten, trug ihr Anwalt vor. Das Kreuz beeinträchtige ihren Lebensalltag ganz erheblich. Nicht nur der Anblick tagsüber: In der Nacht beleuchte Frau X das Kreuz mit einer Leuchtkette, Frau Y könne deshalb kaum Einschlafen.

Das Amtsgericht gab der Miteigentümerin Recht und das Landgericht Düsseldorf bestätigte das Urteil (25 S 56/21). Die Rentnerin müsse das Holzkreuz aus dem Garten entfernen. Auf vernünftige Betrachter wirke es wie ein bedrückender und störender Fremdkörper, durch den der Garten die "Züge einer Gedenkstätte" annehme. Das beeinträchtige Frau Y in ihrem Eigentumsrecht an Haus und Garten.

Doch Frau Y wollte wohl das Urteil nicht mehr abwarten und sich nicht länger mit der Hausnachbarin herumschlagen: Sie hat ihre Wohnung vor der Gerichtsentscheidung verkauft und ist umgezogen.

Wärmedämmung für den Klimaschutz

Berliner Hauseigentümer müssen auch grenzüberschreitende Dämmschichten dulden

Eine Berliner Wohnbaugesellschaft wollte die Fassade eines 1906 gebauten Gebäudes sanieren lassen. Unter anderem sollte an der Giebelwand des Altbaus eine 16 Zentimeter dicke Dämmschicht angebracht werden, die allerdings über die Grundstücksgrenze ins Nachbargrundstück hineingeragt hätte. Als die Eigentümerin des Nachbarhauses der Maßnahme widersprach, pochte das Wohnbauunternehmen auf das Berliner Nachbargesetz: Demnach müssen Nachbarn auch grenzüberschreitende Dämmschichten akzeptieren.

Diese Regelung greife rechtswidrig in ihr Eigentumsrecht ein und sei verfassungswidrig, argumentierte die Nachbarin. Doch ihre Klage gegen die Wärmedämmung scheiterte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (V ZR 23/21). Das rigide Berliner Nachbargesetz sei gerade noch mit dem Schutz des Eigentums vereinbar, fanden die Bundesrichter.

Die Regelungen anderer Bundesländer seien weniger strikt: Dort könnten Nachbarn grenzüberschreitende Dämmung abwehren, wenn sie "unzumutbar" sei. Das berücksichtige die Interessen der betroffenen Nachbarn besser, während das Berliner Gesetz ganz klar auf Energieeinsparung im Gebäudebestand und damit auf mehr Tempo beim Klimaschutz abziele. In Berlin könnten Nachbarn die Dämmung nicht abwehren, bekämen dafür aber eine finanzielle Entschädigung. So habe Berlin langwierige Streitigkeiten um Dämmmaßnahmen verhindern wollen.

Denn hier gehe es eben nicht nur um gegensätzliche Interessen zweier Grundstückseigentümer, sondern vor allem um Klimaschutz und damit um das Allgemeinwohl. Um im Interesse aller Bürger Heizenergie einzusparen, sollten so viele Bestandsgebäude so schnell wie nur möglich wärmegedämmt werden.

Klimaschutz habe Verfassungsrang: Weil das Ziel des Wohnbauunternehmens, Energiekosten zu sparen, mit dem Interesse der Allgemeinheit am Klimaschutz übereinstimme, habe im konkreten Nachbarschaftsstreit dieses Ziel Vorrang vor dem Eigentumsrecht der Nachbarin.