Die Münchner Wohnanlage wurde 1911/12 im Jugendstil erbaut und steht unter Denkmalschutz. Das Vorderhaus mit prachtvoller Fassade und das schlichte Hinterhaus (ehemaliges "Gesindehaus") sind im Hochparterre durch einen langen Durchgang verbunden. Das Vorderhaus verfügt über einen Lift, das Hinterhaus nicht: Für einen Lift ist hier das Treppenhaus zu eng.
Im Hinterhaus wohnende Eigentümer beantragten auf einer Eigentümerversammlung den Anbau eines Außenaufzugs: Entweder sollte die Eigentümergemeinschaft den Lift bauen lassen. Oder: Falls sich dafür keine Mehrheit fand, boten die Antragsteller an, den Anbau auf eigene Kosten zu organisieren, um die Wohnungen im Hinterhaus für Menschen mit Behinderung zu erschließen. Doch die Mehrheit der Eigentümer lehnte beide Anträge ab.
Nun zogen die Antragsteller vor Gericht und verlangten von der Eigentümergemeinschaft (WEG), dem Außenaufzug zuzustimmen. Das Amtsgericht verneinte so einen Anspruch: Der Anbau würde das denkmalgeschützte Ensemble grundlegend umgestalten. Das Landgericht München I sah das anders (36 S 3944/22 WEG). Wie das Bauvorhaben ausgeführt werden solle, sei Sache der WEG, so das Landgericht. Vor Gericht gehe es erst einmal nur darum, "ob" der Lift gebaut werden dürfe.
Nach neuem WEG-Recht hätte die WEG den Bau nicht ablehnen dürfen. Bestimmte bauliche Veränderungen seien nach dem Willen des Gesetzgebers jetzt "privilegiert". Dazu gehörten u.a. Maßnahmen für die Elektromobilität und Baumaßnahmen, die Barrieren für behinderte Menschen reduzierten. Jeder Eigentümer könne solche Maßnahmen auf eigene Kosten verlangen — unabhängig davon, ob die Mehrheit dafür sei oder dagegen. Das gelte auch dann, wenn er selbst, seine Angehörigen oder seine Mieter nicht behindert seien.
Da im Hinterhaus ein Innenaufzug aus baulichen Gründen nicht in Frage komme, sei die optische Veränderung durch einen Außenlift in Kauf zu nehmen. Das bedeute keineswegs, dass die gesamte Wohnanlage grundlegend umgestaltet werde. Die Fassade des Stuckaltbaus, die den Charakter der Wohnanlage wesentlich präge, sei von diesem Vorhaben überhaupt nicht berührt. Ein Anbau am Gesindehaus sei kein krasser Eingriff in die Gesamtanlage. Und darüber, wie der Lift optisch gestaltet werde, entscheide die WEG sowieso mit.