Bauen & Wohnen

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Imprägnierte Eisenbahnschwellen als "Gartenzaun"

Unangenehmer Geruch und Krebsgefahr: Der Bauträger muss die Schwellen entfernen

Eine Familie hatte sich von einem Bauträger ein Haus mit Garten bauen lassen. Nach dem Einzug beanstandete sie die mit Teeröl getränkten Eisenbahnschwellen, die das Bauunternehmen an der Grenze des Grundstücks sozusagen als Gartenzaun aufgestellt hatte: Sie verbreiteten einen überaus lästigen Geruch. Zudem gehe vom Holzschutzmittel Krebsgefahr aus, meinten die Hauskäufer.

Das Oberlandesgericht Hamburg bürdete dem Bauträger die Kosten für das Beseitigen der Holzschwellen auf (7 U 40/93). Seine Pflicht dazu ergebe sich aus der vertraglich übernommenen Gewährleistung. Das verwendete gefährliche Holzschutzmittel sei zwar erst verboten worden, kurz nachdem das Haus fertiggestellt war. Dass der "Gartenzaun" aus Eisenbahnschwellen mangelhaft sei, stehe aber unabhängig davon schon wegen der intensiven Geruchsbelästigung fest.

Die Familie müsse sich nicht damit trösten lassen, dass der Gestank spätestens nach 15 Jahren verflogen sein könnte ... Obendrein sei auch der Verdacht auf erhöhtes Krebsrisiko nicht von der Hand zu weisen: Ein Sachverständiger habe festgestellt, dass der Boden in der Nähe der Eisenbahnschwellen mit krebserzeugenden Stoffen belastet sei. Zu Recht hätten deshalb die Hauseigentümer eine Firma damit beauftragt, auf Kosten des Bauträgers die Gartenbegrenzung zu entfernen.

Treppenhaus mit zu niedriger Durchgangshöhe

Der Architekt muss dafür sorgen, dass von ihm geplante Bauwerk öffentlich-rechtliche Vorschriften erfüllt

Ein Architekt übernahm die Ausführungsplanung für mehrere Stadthäuser. Diese waren noch im Rohbau, als dem Auftraggeber auffiel, dass die Durchgangshöhe in den Treppenhäusern zu niedrig geplant war. Nach der einschlägigen DIN-Vorschrift (18065 Ziff. 6.4) muss die lichte Treppendurchgangshöhe im mittleren Treppenbereich mindestens zwei Meter betragen. In den Rohbauten war sie niedriger.

Der Auftraggeber ließ den Mangel beheben und verlangte dafür vom Architekten Schadenersatz. Der wollte den "schwarzen Peter" weiterschieben und erklärte, das ausführende Bauunternehmen hätte die Mindesthöhe auch unabhängig von seinen Vorgaben einhalten müssen. Dem widersprach das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden: Der Architekt verkenne da seine Pflichten (22 U 67/21).

Architekten müssten durch genaue Planung dafür sorgen, dass nach ihren Plänen errichtete Gebäude öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprächen. Der Architekt müsse detaillierte Vorgaben liefern und dürfe sich dabei nicht auf andere Baubeteiligte verlassen. In einzelnen Fällen sei ein erfahrener Bauunternehmer wohl in der Lage, Planungsfehler zu erkennen. Das schränke aber keinesfalls die Verantwortung des Architekten ein.

Im Rahmen der Leistungsphase 5 müssten Architekten Ausführungspläne für alle Gewerke erstellen und mit allen Details zeichnerisch darstellen. Nur bauliche Selbstverständlichkeiten — wie etwa technische Regeln, die zum handwerklichen Grundwissen gehörten — müssten in der Ausführungsplanung nicht ausführlich beschrieben werden.

Widerruf eines Handwerkervertrags

Kein Widerrufsrecht des Verbrauchers bei telefonischer Auftragsvergabe am Tag nach dem Angebot

Ein Hauseigentümer ließ von einem Dachdeckerbetrieb die Dachrinnen erneuern. Bei dieser Arbeit fiel einem der Handwerker auf, dass der Wandanschluss des Daches undicht war. Darauf wies er den Auftraggeber hin. Vor Ort erläuterte der Dachdeckermeister dem Hauseigentümer, was zu tun wäre und schätzte die Kosten auf ca. 1.200 Euro. Am nächsten Tag meldete sich der Auftraggeber per Telefon und erteilte den zusätzlichen Auftrag.

Nachdem der Handwerksbetrieb alles einwandfrei erledigt hatte, widerrief der Hauseigentümer beide Aufträge schriftlich und verlangte den Werklohn zurück. Diese Möglichkeit, Geld zu sparen, hatte er in einem Flyer entdeckt, den er nun dem Handwerker überreichte. Titel des Flyers: "Der Handwerker-Widerruf — Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern". Der überaus seriöse Dachdecker ließ sich darauf allerdings nicht ein.

Von der Justiz wurde der Streit unterschiedlich beurteilt: Während das Amtsgericht den Widerruf der Handwerkerverträge für missbräuchlich hielt, gab das Landgericht Hannover dem Hauseigentümer in Bezug auf den Zusatzauftrag Recht.

Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob dieses Urteil wieder auf. Begründung: Wenn das Angebot des Handwerkers und die Vertragsannahme durch den Verbraucher zeitlich und räumlich auseinanderfallen, besteht kein Widerrufsrecht (VII ZR 151/22).

Das Landgericht habe unzulässig den Einwand des Dachdeckers ignoriert, dass die Parteien den Zusatzauftrag nicht schon am Haus geschlossen haben, so der BGH. Beim Ortstermin habe der Handwerker dem Hauseigentümer erklärt, welche Arbeiten erforderlich seien, um den defekten Wandanschluss zu reparieren. Dieser habe das Angebot des Handwerkers aber erst am Folgetag telefonisch angenommen. Erst damit sei der Vertrag zustande gekommen.

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers setze nicht nur voraus, dass ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sei. Darüber hinaus müssten auch beide Vertragsparteien beim Vertragsschluss persönlich anwesend sein, Angebot und Annahme müssten gleichzeitig erfolgen. Schließlich solle das Widerrufsrecht Verbraucher davor schützen, außerhalb von Geschäftsräumen — also in einer möglicherweise überraschenden Situation — vorschnell eine geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Wenn ein Verbraucher jedoch — wie hier — "eine Nacht drüber schlafen" könne, habe er die Möglichkeit, sich die Entscheidung gründlich zu überlegen. Unter diesen Umständen benötige er kein Widerrufsrecht. Der Hauseigentümer habe weder unter Zeitdruck gestanden, noch habe die Gefahr bestanden, von einem überraschenden Angebot "überrumpelt" zu werden. Wer das Angebot eines Handwerkers vom Vortag telefonisch annehme, bekomme kein Geld zurück, wenn er nach getaner Arbeit den Vertrag widerrufe.

Falsch dimensionierte Heizungsanlage

Ist eine Anlage schon deshalb mangelhaft, weil ihr die bauaufsichtliche Zulassung fehlt?

Vom Bauträger hatten acht Ehepaare acht Doppelhaushälften erworben, die nach dessen Baubeschreibung im Energiestandard "KfW-Effizienzhaus 70" errichtet werden sollten. Nach dem Einzug beanstandeten alle Käufer ihre Heizung:

Die baugleichen Heizungsanlagen seien zu gering dimensioniert, weshalb sie nun zusätzlich elektrisch heizen müssten. Trotzdem werde es im Winter in den Bädern nicht richtig warm, von den hohen Zusatzkosten ganz zu schweigen. Der vertraglich vereinbarte KfW-70-Standard werde so nicht erreicht.

Da der Bauträger jeden Mangel bestritt, zogen die Käufer vor Gericht und verlangten von ihm einen Kostenvorschuss für die Nachbesserung von insgesamt 225.000 Euro. Zu Recht, entschieden das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg (4 U 113/18). Während das Landgericht ganz darauf abstellte, dass die Heizungsanlagen nicht so energieeffizient funktionierten wie vereinbart, ließ das OLG diese Frage sogar offen.

Im konkreten Fall seien die Heizungsanlagen schon deshalb mangelhaft, weil ihnen die erforderliche bauaufsichtliche Zulassungsbescheinigung fehle, so das OLG. Da sie das CE-Prüfzeichen tragen, könnten sie zwar grundsätzlich auch ohne bauaufsichtliche Genehmigung in der EU verkauft und eingebaut werden. Liege diese nicht vor, sei das daher nicht prinzipiell ein Mangel, hier aber schon.

Denn die Käufer wollten für ihre Häuser die öffentliche KfW-Förderung in Anspruch nehmen — was der Bauträger natürlich gewusst habe. Dafür sei zusätzlich die bauaufsichtliche Zulassung der Anlagen notwendig: Die KfW-Bank verlange diese Bescheinigung als Nachweis, dass ein Haus die Kennwerte der Energieeinsparverordnung für ein KfW-70-Effizienzhaus erreiche. Ohne bauaufsichtlich zugelassene Heizung gebe es keine Fördermittel, der Bauträger habe also den Bauvertrag nicht erfüllt. (Das Urteil wurde am 10.5.2023 vom Bundesgerichtshof bestätigt, AZ.: VII ZR 127/22)

Wohnung beim Auszug nicht renoviert

Vermieter kann dafür keinen Schadenersatz verlangen, wenn er die Wohnung unrenoviert übergeben hatte

Als das Ehepaar die Hamburger Wohnung 2012 gemietet hatte, hatte es eine Kaution von drei Monatsmieten (3.363 Euro) gezahlt. Im Sommer 2020 zogen die Mieter um und verlangten den Betrag zurück. Doch der Vermieter rückte die Mietsicherheit nicht heraus.

Die Mieter schuldeten ihm einen weit höheren Betrag als Schadenersatz, weil sie die Schönheitsreparaturen nicht wie vertraglich vereinbart durchgeführt hätten, erklärte er. So habe er auf eigene Kosten (20.946 Euro) die heruntergewirtschaftete Wohnung renovieren lassen: Fensterbänke, Verbindungstüren, Heizungen, Boden — alles sei zerkratzt gewesen und habe geschliffen und lackiert werden müssen.

Die ehemaligen Mieter klagten auf Rückzahlung der Kaution und bekamen vom Amtsgericht Hamburg Recht (49 C 104/21). Sie schuldeten dem Vermieter nichts. Er habe ihnen die Wohnung, in der er vorher 14 Jahre lang selbst gewohnt habe, 2012 nicht frisch renoviert übergeben (laut Übergabeprotokoll z.B. mit einem von ihm grün gestrichenen Bad). Unter diesen Umständen seien Mieter nicht zu Schönheitsreparaturen verpflichtet — unabhängig davon, ob sie diese laut Mietvertrag durchführen müssten oder nicht.

Anders wäre die Rechtslage zu bewerten, wenn es um Schäden durch vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache ginge. Derartige Schäden lägen jedoch nicht vor. Der Vermieter habe vielmehr Gebrauchsspuren beseitigen lassen, die sich — nach 22 Jahren ohne Schönheitsreparaturen! — durchaus im Rahmen des Üblichen bewegten. Wenn man z.B. seine Fotos vom Fußboden betrachte, sehe man eben einen abgenutzten Boden. Das sei naheliegend, weil die letzte Grundsanierung 1998 stattgefunden habe. Nach so vielen Jahren müsse jeder Dielenboden erneut abgeschliffen und versiegelt werden.

WEG-Verwalterin noch im Amt?

Haben Eigentümer die Verwalterfrage nicht entschieden, bleibt die bisherige Verwalterin im Amt

Eine zerstrittene, kleine Eigentümergemeinschaft hatte die Hausverwaltung S bis 31.10.2020 zur Verwalterin bestellt. Im Sommer 2020 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der unter anderem der Vertrag der Verwalterin verlängert werden sollte. Der Beschlussantrag fand keine Mehrheit. Die Eigentümer A waren der Ansicht, die Hausverwalter-Firma S sei im Dauerstreit "nicht neutral und verlange ein überhöhtes Honorar".

Im April 2021 forderte das Ehepaar A die Verwalterin schriftlich auf zu bestätigen, dass sie nicht mehr Verwalterin sei. Das wies die Hausverwalterin S zurück. Im Juni lud sie die Eigentümer zur Eigentümerversammlung am 12. Juli 2021 ein und sandte ihnen die Tagesordnung zu. Diese Versammlung fand ohne das Ehepaar A statt.

Anschließend beantragte das Paar beim Amtsgericht, alle während der Versammlung gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären: Sie entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Firma S habe zur Versammlung überhaupt nicht mehr einladen dürfen, da sie nicht mehr Verwalterin sei. Schließlich sei ihr Verwaltervertrag auf der Eigentümerversammlung von 2020 nicht verlängert worden.

Dem widersprach das Amtsgericht Darmstadt (304 C 20/22). Laut Gesetz bleibe der Verwalter im Amt, bis er abberufen werde oder ein neuer Verwalter bestellt worden sei. So solle vermieden werden, dass eine Wohnlage völlig ohne Verwaltung dastehe. Während der Versammlung im Sommer 2020 habe der Antrag, den Verwaltervertrag der Firma S zu verlängern, keine Mehrheit gefunden. Damit sei die Verwalterin aber nicht etwa abberufen worden.

Vielmehr habe die Eigentümerversammlung keine Entscheidung getroffen. Wenn eine Eigentümergemeinschaft aber keine Regelung treffe, gelte die Vertragszeit des Verwalters als verlängert. Die Verwalterin sei also noch im Amt, obwohl sie eigentlich nur bis zum 31.10.2020 bestellt worden war. Daher sei sie auch dazu berechtigt gewesen, die Eigentümer im nächsten Jahr zur Eigentümerversammlung einzuladen.

Eigenbedarfskündigung für "Altersruhesitz"

Der Vermieter versprach sich vom Umzug angeblich Erleichterungen bei der Gartenarbeit

Anfang 2018 hatte der Senior eine kleine Wohnung (Wohnzimmer mit Kochnische, Schlafzimmer und Bad) an ein Paar vermietet. Die Mieter sollten sich um das dazugehörige große Grundstück mit Fischteich kümmern, was sie auch umsetzten. Nach drei Jahren wollte der Vermieter das Paar aber unbedingt loswerden. Zwei Mal scheiterte er vor Gericht mit Kündigungen. Ende 2022 kündigte er erneut wegen Eigenbedarfs.

Begründung des 74-Jährigen: Er wolle die vermietete Wohnung als Altersruhesitz selbst beziehen. Sie sei mit 60 qm kleiner als seine bisherige Mietwohnung (70-80 qm). Außerdem falle ihm die Gartenpflege immer schwerer, die er für seinen Vermieter Dr. W erledigen müsse. Zur kleineren Wohnung gehöre zwar auch ein Gartengrundstück, dort könne ihn aber ein Bekannter unterstützen. Obendrein gehe er durch einen Umzug weiteren Querelen mit Vermieter W aus dem Wege.

Der Eigenbedarf sei nur vorgeschoben, konterten die Mieter. Die beiden Wohnungen seien fast gleich groß und das von ihnen gepflegte Gartengrundstück mit 3.500 qm wesentlich größer als das jetzt vom Vermieter bewohnte Grundstück. Die Gartenpflege sei hier — inklusive Teich- und Bachpflege, Heckenschneiden und Rasenmähen — deutlich intensiver. Die Streitigkeiten mit Dr. W seien erfunden, die beiden alten Herren gut befreundet.

Das Amtsgericht Nienburg wies die Räumungsklage ab: Die Kündigung wegen Eigenbedarfs sei unwirksam (6 C 100/23). Vernünftige und nachvollziehbare Gründe habe der Vermieter für den beabsichtigten Wohnungswechsel nicht vorgetragen. Sein Wunsch allein genüge nicht: Dass er die vermietete Wohnung für sich "benötige", sei nicht ersichtlich. Ein berechtigtes Interesse an einem Ende des Mietverhältnisses bestehe nicht.

Nach seinen eigenen Angaben unterschieden sich die beiden Wohnungen in der Größe kaum und seien fast identisch geschnitten. Der Unterschied: In der jetzigen Wohnung habe er eine Extra-Küche statt einer Kochnische, also eher ein Vorteil. Der Vermieter berufe sich darauf, dass er aus Altersgründen den Garten nicht mehr pflegen könne, der zu seiner jetzigen Wohnung gehöre. Hier müsse er aber nur Rasen mähen …

Der Pflegeaufwand für das andere Grundstück sei weitaus höher, umfasse es doch mehrere Fischteiche, einen Bachlauf und eine lange Hecke. Und warum sollte sein Bekannter nur dort bereit sein, ihn bei der Gartenpflege zu unterstützen — nicht aber bei der Pflege des aktuell bewohnten Grundstücks? Auch der Einwand der Mieter, die Querelen mit Dr. W seien "fingiert", sei nicht von der Hand zu weisen: Zeugen dafür hätten sich nicht gefunden. (Der Vermieter hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Unklarer Rückbaubeschluss

Kurzartikel

Wohnungseigentümer müssen es nicht hinnehmen, wenn Miteigentümer ihre Terrassenfläche eigenmächtig vergrößern. Die von der Eigentümerversammlung beschlossene "Auflage, die Konstruktion auf die ursprüngliche Größe der Terrasse zu reduzieren", ist aber anfechtbar, weil zu unbestimmt. Die "ursprüngliche Größe" ist konkret anzugeben. Beschlüsse müssen aus sich heraus klar und eindeutig erkennen lassen, was gelten soll.

Wasserschaden in der Wohneigentumsanlage

Gebäudeversicherung: Ist die Hausverwaltung Versicherungsnehmer, kann nur sie Rechte geltend machen

Für eine Eigentumswohnanlage mit 36 Wohnungen besteht seit 2008 eine Wohngebäudeversicherung, die auch das Risiko von Schäden durch austretendes Leitungswasser abdeckt. Als Versicherungsnehmer ist im Versicherungsschein die Hausverwaltung eingetragen. 2018 kam es zu einem Leitungswasserschaden im Gebäude. Betroffene Wohnungseigentümer forderten von der Gebäudeversicherung Ersatz für die Renovierungskosten.

Das Landgericht Ingolstadt wies ihre Klage als unzulässig ab (21 O 3045/21). Nur die Versicherungsnehmerin — also die Hausverwaltung — könne Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen. Weder die Eigentümergemeinschaft, noch einzelne Eigentümer seien dazu berechtigt.

Für die betroffenen Eigentümer könne dies zu einer problematischen Situation führen, räumte das Landgericht ein, wenn die Hausverwaltung die Versicherung nicht verklagen wolle. Dann müssten die Eigentümer zunächst gegen die Hausverwaltung vorgehen. Dennoch sei diese Regelung zweckmäßig und richtig. Denn die Versicherung habe ein berechtigtes Interesse daran, nur mit der Versicherungsnehmerin zu verhandeln.

Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft könnten jederzeit durch Verkauf einer Wohnung wechseln. Könnte jedes einzelne versicherte Mitglied der Eigentümergemeinschaft gegen die Versicherung klagen, müsste das Unternehmen jedes Mal prüfen, ob die Person, die aktuell Ansprüche geltend macht, tatsächlich der Gemeinschaft angehört oder nicht.

Gerade bei Wasserschäden seien oft mehrere Wohnungen und damit mehrere Sondereigentümer betroffen. Im konkreten Fall werde daher deutlich, wie wichtig es für die Versicherung sei, es im Streitfall nur mit der Hausverwaltung und nicht parallel mit mehreren Beteiligten mit möglicherweise unterschiedlichen Interessen zu tun zu haben.

Im Neubau gilt die Mietbremse nicht

Hoher Sanierungsaufwand nach erheblichen Schäden kommt einem Neubau gleich

2016 musste ein Berliner Mietshaus umfassend saniert werden, weil es massiv von echtem Hausschwamm befallen war: Betroffen waren das Dach, die Decke des vierten Stockwerks, dort auch der Boden und das Mauerwerk der darunter liegenden Wohnung. Eine Wohnung im dritten Stock konnte nicht mehr gefahrlos genutzt werden — die Baubehörde hatte bereits angekündigt, sie demnächst zu sperren. Bevor es so weit kam, hatte die Hauseigentümerin Sanierungsmaßnahmen in Auftrag gegeben.

Vier Jahre später stritten sich die neuen Mieter der Wohnung im dritten Stock mit der Vermieterin darüber, ob sie sich an die Mietpreisbremse hätte halten müssen. Diese gelte hier nicht, argumentierte die Hauseigentümerin, denn es habe sich um die "erste Vermietung nach umfassender Modernisierung" gehandelt. Aufgrund des hohen Aufwands, der nötig gewesen sei, um den Hausschwamm zu beseitigen, sei die Sanierung zu behandeln wie ein Neubau.

Das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg gab der Vermieterin Recht: Die Vorschriften zur Mietpreisbremse seien hier nicht anzuwenden (7 C 128/21). Werde mit erheblichem Bauaufwand ein Gebäude wieder bewohnbar gemacht, werde dadurch "sozusagen" neuer Wohnraum geschaffen — ebenso wie mit einem Neubau. Von einem "erheblichen Bauaufwand" sei auszugehen, wenn die Sanierungskosten bei einem Drittel der Summe lägen, die für eine vergleichbare Neubauwohnung hätte investiert werden müssen.

Vor den Sanierungsarbeiten seien die betroffenen Räume in einem Zustand gewesen, der eine Nutzung aus bauordnungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Baubehörde bereits verboten habe, die Räume zu bewohnen. Es genüge, dass aufgrund des Zustands der Räume ein Verbot drohte. Wollte man dies anders bewerten, würde der Vermieter, der rechtzeitig saniere, unangemessen benachteiligt gegenüber einem Vermieter, der das Einschreiten der Baubehörde abwarte.

Dachausbau über der Wohnung

Eine Mietvertragsklausel, die Mietminderung wegen Bauarbeiten ausschließt, ist nichtig

Ein Berliner Mietshaus wurde umfangreich saniert: Das Gebäude wurde eingerüstet und alle Fenster mit Folien verklebt. Der Ausbau des Dachgeschosses war mit großem Baulärm verbunden und führte in der darunter liegenden Wohnung zu beträchtlichen Schäden an der Decke. Die Mieter verlangten deshalb eine vorübergehende Kürzung der Miete.

Das komme nicht in Frage, erklärte die Vermieterin: Laut Mietvertrag bestehe kein Recht, bei erforderlichen Instandsetzungsarbeiten die Miete zu mindern. Auf die Klage der Mieter hin erklärte das Amtsgericht Berlin-Schöneberg diese Klausel im Mietvertrag für unwirksam (17 C 96/21).

Das Recht auf Mietminderung für den Fall auszuschließen, dass Instandsetzungsarbeiten und Baumaßnahmen die Gebrauchstauglichkeit der Wohnräume verringern, benachteilige die Mieter unangemessen. Dass umfassende Bauarbeiten, eingerüstete Fassaden, verklebte Fenster und Putzschäden die Mieter erheblich beeinträchtigten, sei offenkundig. Sie dürften die Bruttomiete um 30 Prozent herabsetzen, bis die Bauarbeiten beendet seien.

Mietkaution in Aktien investiert

Kurzartikel

Ist im Mietvertrag vereinbart, dass der Vermieter den Kautionsbetrag in Aktien investiert, hat der Mieter Anspruch auf Herausgabe der Aktien, wenn das Mietverhältnis endet. Mieter müssen sich in so einem Fall nicht mit der Rückzahlung der Mietsicherheit begnügen. Erträge aus der Kaution stehen dem Mieter zu und zwar unabhängig von der Anlageform: bei Aktien auch etwaige Kursgewinne.

Erbengemeinschaft verkauft Haus an den Enkel

Verkauft es der Enkel weiter und missachtet das Wohnrecht der Großmutter, schuldet er ihr Schadenersatz

Als ein alter Herr gestorben war, erbten seine Frau und die zwei Töchter das Einfamilienhaus und etwas Vermögen. Im Haus wollte die Witwe auf jeden Fall wohnen bleiben. Unter dieser Bedingung einigte sich die 75-Jährige mit den Töchtern und ihrem Enkel darauf, die Immobilie dem Enkel zu verkaufen. Auf diese Vereinbarung verließ sich die Großmutter und verzichtete darauf, ihr Wohnrecht ins Grundbuch eintragen zu lassen.

Doch nach etwa eineinhalb Jahren erklärte der Enkel, er kündige nun das "unentgeltliche Nutzungsverhältnis" mit der Oma. Das Haus verkaufte er an ein junges Paar und verlangte dafür mehr als das Doppelte des Betrags, den er selbst gezahlt hatte. Doch die Oma ließ sich das nicht bieten. Sie zog vor Gericht und pochte auf ihr lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht.

Beim Oberlandesgericht Oldenburg erreichte die Großmutter immerhin eine Entschädigung (8 U 174/22). Der Enkel habe nicht beweisen können, dass ein Kündigungsrecht vereinbart worden war, im Gegenteil: Alle anderen Beteiligten hätten bestätigt, dass die Erbengemeinschaft einvernehmlich beschlossen habe, der Enkel könne die Immobilie erwerben — wenn er der Oma lebenslanges Wohnrecht einräume.

Das stehe ihr also zu. Da sie diesen Anspruch nicht ins Grundbuch habe eintragen lassen, könne ihn die Seniorin gegenüber den neuen Eigentümern aber nicht geltend machen. Sie könne jedoch von ihrem Enkel Schadenersatz verlangen für die Umzugskosten und für die Miete, die sie nun zahlen müsse.

Nerviges Ping-Pong

Anwohnerklage bleibt erfolglos: Auf einem Spielplatz ist Tischtennisspielen erlaubt

Mitten in einem Dorfgebiet liegt der Spielplatz, der einer Anwohnerin Kummer bereitet. In erster Linie ist es das Klack-Klack der Tischtennisbälle, das die benachbarte Hauseigentümerin stört. Vergeblich verlangte sie von der Gemeinde, die Tischtennisplatte zu entfernen. Auch einer Klage war kein Erfolg beschieden.

Lärm auf Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen sei von den Anwohnern hinzunehmen und stelle keine "relevante Störung" dar, entschied das Verwaltungsgericht Trier (9 K 1721/23). Das gelte erst recht, wenn der Spielplatz nicht in einem reinen Wohngebiet liege. Auf einem Spielplatz sollten sich Kinder bis 14 Jahren richtig austoben — dafür sei er gedacht.

Eine Tischtennisplatte ergänze dieses Angebot und solle es den Kindern ebenfalls ermöglichen, ihr ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewegung auszuleben. Die Kommune sei daher nicht verpflichtet, das Spielgerät zu entfernen. Auf einem Spielplatz gehe es naturgemäß laut zu. Da ragten einige Anfeuerungsrufe und das unregelmäßige Geräusch der Tischtennisbälle nicht sonderlich heraus. Auch sie seien daher von den Nachbarn zu dulden.

Anders sei es zu bewerten, wenn hier Jugendliche oder Erwachsene außerhalb der festgelegten Öffnungszeiten spielten. Dafür habe die Gemeinde den Spielplatz und die Tischtennisplatte nicht aufgebaut — diese Störung sei ihr deshalb auch nicht zuzurechnen. Wenn so eine Störung auftrete, müsse sich die Anwohnerin an die Polizei und nicht an die Gemeinde wenden.

Hauseigentümer will Hecke nicht stutzen

Kurzartikel

Verlangt die Kommune von einem Hauseigentümer den Rückschnitt einer Hecke, die in den schmalen Gehweg hineinragt und so die Verkehrssicherheit gefährdet, kann er den Eingriff nicht mit dem Verweis auf Naturschutz verweigern. Zwar sind von März bis September nur schonende Pflegeschnitte erlaubt. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn eine behördlich angeordnete Maßnahme der Verkehrssicherheit dient.

Hartnäckiger Hausschwamm

Kurzartikel

War ein Haus einmal vom echten Hausschwamm befallen, muss der Hauseigentümer bei einem Verkauf dem Käufer diese Tatsache offenbaren. Das gilt sogar dann, wenn der Schwammbefall vor Jahren von einer Fachfirma technisch einwandfrei beseitigt wurde. Denn auch ein früherer Befall stellt einen Sachmangel des Hauses dar, da Hausschwamm immer wieder auftreten kann.

WEG-Reparaturen: Drei Kostenvoranschläge sind einzuholen!

Kurzartikel

Soll auf einer Eigentümerversammlung über die Vergabe von Bauaufträgen oder Reparaturaufträgen abgestimmt werden, müssen den Eigentümern vor der Versammlung mindestens drei Angebote von Fachunternehmen vorliegen — ansonsten sind die gefassten Beschlüsse ungültig. Nur mit einem Überblick über die Marktlage können die Eigentümer vernünftig prüfen, ob Honorarvorstellungen der Anbieter angemessen sind, bevor sie sich entscheiden.

Tauben anlocken verboten!

Kurzartikel

Auf dem Gelände einer Wohnanlage Tauben regelmäßig mit Futter anzulocken, ist verboten. Denn Futterreste und Taubenkot beeinträchtigen das Gemeinschaftseigentum und gefährden die Gesundheit der Bewohner. Hält sich ein Eigentümer nicht an das Verbot, muss er der Eigentümergemeinschaft die Kosten ersetzen, die für das Reinigen der Dachrinnen und das Anbringen von Taubenspießen entstehen.

Über neun Stunden Eigentümerversammlung!

Kurzartikel

Auch wenn eine Eigentümerversammlung über neun Stunden getagt hat, können einzelne Eigentümer nicht verlangen, allein deswegen Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das gilt jedenfalls dann, wenn es um eine sehr große Eigentümergemeinschaft mit 1.700 Mitgliedern geht und die Tagesordnung nach corona-bedingtem Ausfall der Versammlung im Vorjahr sehr umfangreich war. Zudem wäre es mit hohen Zusatzkosten verbunden, die Tagesordnung zu "halbieren" und die Kongresshalle in der Nachbarstadt zwei Mal für eine Versammlung zu mieten.

Wenn nachts die Hähne krähen

Wird die nachts zulässige Lautstärke überschritten, können Nachbarn Schallschutzmaßnahmen verlangen

Einmal mehr musste sich die Justiz mit dem bayerischen Dorfleben befassen: In einer ländlich geprägten Gegend fühlte sich ein Hauseigentümer durch die drei Hähne des Nachbarn gestört: Sie krähten nämlich besonders gerne in der Nacht. Davon wachten der Hauseigentümer und seine Frau regelmäßig auf. Deshalb erhob er Unterlassungsklage und ließ den Geräuschpegel messen. Resultat: Die Hähne erreichten einen beachtlichen Höchstpegel von bis zu 65 dB (A).

Gemäß TA Lärm ("Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm") ist von 22 Uhr bis 6 Uhr nur eine Lautstärke von 60 dB (A) zulässig. Diesen Grenzwert überschritt also das Krähen, was auch das Amtsgericht einräumte. Es wies dennoch die Klage des Hauseigentümers ab, weil in einem ländlich geprägten Gebiet das Halten von Nutztieren zur Selbstversorgung ortsüblich sei. Der Nachbar müssten daher die Beeinträchtigung hinnehmen.

Der Nachbar legte gegen das Urteil Berufung ein und setzte sich beim Landgericht Mosbach durch (5 S 47/22). Anders als das Amtsgericht verneinte das Landgericht eine "Duldungspflicht": Man könne auch in ländlichen Gebieten nicht jeglichen Lärmschutz mit dem pauschalen Hinweis aushebeln, dass Tierhaltung ortsüblich sei und dass das auch für Tierhaltung aus Liebhaberei gelte.

Die Gesundheit der Anwohner, die unter ständigen Schlafstörungen leide, sei höher zu bewerten als der Wunsch der Nachbarn, ihr Hobby Hühnerzucht ungestört auszuüben. Die Nachbarn müssten dafür sorgen, dass nachts das Krähen unter dem zulässigen Höchstwert bleibe. Die vom Sachverständigen geschätzten Kosten für eine Schallisolierungsmaßnahme (ca. 4.000 Euro) seien für die Hühnerzüchter wirtschaftlich zumutbar.