Bauen & Wohnen

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Öl im Erdreich versickert?

Sachverständiger widerlegt den Verdacht: Grundstückseigentümer muss das Gutachten nicht bezahlen

Auf einem Abstellplatz für Lkws und Baumaschinen wurden schwarze Brocken im Erdreich gefunden. Das Landratsamt befürchtete, das Grundwasser könnte verseucht sein: Möglicherweise sei Öl versickert. Ein Ingenieur wurde beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Die Angelegenheit entpuppte sich jedoch als harmlos: Nur bis zur Tiefe von zehn Zentimetern fanden sich Ölspuren, eine Umweltgefährdung konnte ausgeschlossen werden.

Das hinderte das Landratsamt jedoch nicht daran, dem Grundstückseigentümer die Gutachterkosten aufzuerlegen. Begründung: Er sei der Anlass für die Untersuchung gewesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob diese Kostenentscheidung auf (22 B 91.3523). Es sei zwar richtig, dass man einen Grundstückseigentümer sozusagen als "Veranlasser" von Kosten einstufen könne, wenn sich auf seinem Grund eine Gefahrenquelle befinde.

Da ihre Befürchtungen aber durch das Gutachten entkräftet worden seien, müsse die Behörde die Kosten tragen. Sie sei in diesem Fall nämlich im Interesse der Allgemeinheit tätig geworden. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Grundstückseigentümer das Einschreiten der Behörde provoziert hätte. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte.

Steiler Fußweg neben dem Grundstück

Hauseigentümer will auf dem Weg seine Räum- und Streupflicht im Winter nicht mehr erfüllen

Eine Gemeinde in Baden-Württemberg hat Straßenanlieger dazu verpflichtet, die Gehwege an ihren Grundstücken zu reinigen, im Winter zu räumen und zu streuen. 2015 teilte ein alter Herr mit, er könne den Winterdienst nun nicht mehr durchführen. Die Gemeinde solle dies übernehmen oder den Weg im Winter sperren. Das Grundstück lag an einem Hang, der Fußweg verlief daneben: 62 Meter lang, eng und teils sehr steil.

Der Antrag des Hauseigentümers wurde abgelehnt, obwohl er dafür gute Gründe anführte: Hohe Wände und Hecken am Wegesrand sorgten dafür, dass das Verbundpflaster nach Regen schlecht trockne. Der Weg sei oft rutschig, die Sturzgefahr groß und im Winter noch größer. Schnee irgendwo seitlich zu lagern, sei unmöglich.

Schließlich zog der Sohn des Seniors als neuer Grundstückseigentümer vor Gericht und verlangte erneut von der Gemeinde die Befreiung vom Winterdienst: Der bauliche Zustand des Weges mache das Räumen unzumutbar, zudem drohten ihm Schadenersatzklagen von gestürzten Fußgängern.

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gab dem Anlieger Recht (5 S 947/21). Die Besonderheit der Lage — von Haus und Weg — führe ausnahmsweise dazu, dass es unzumutbar sei, die Räum- und Streupflicht im Winter zu erfüllen. Der Weg erschließe keines der anliegenden Grundstücke und werde von Fußgängern kaum genutzt. Einige Schüler und Nachbarn nähmen den Weg gelegentlich als Abkürzung. Es bestehe also kaum Bedarf bzw. ein berechtigtes Interesse am Winterdienst.

Für den Anwohner wäre der Winterdienst dagegen mit erheblichen Risiken verbunden. Der Weg sei fast "schluchtartig" eng und rutschig, in Höhe des Grundstücks weise er ein Gefälle von 24 bis 28 Prozent auf. Bei Schneefall und Eisglätte sei es unzumutbar, hier zu räumen — der Hauseigentümer würde sich selbst in Gefahr bringen. Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung des Fußwegs könne die Gemeinde von ihm nicht verlangen, der Räum- und Streupflicht im Winter nachzukommen.

Scheidung: Mann übernimmt die Ehewohnung

Seine nun höhere Miete wird beim Trennungsunterhalt für die Frau nicht berücksichtigt

Schon vor der Heirat hatte der Mann alleine in der späteren Ehewohnung gelebt. Im Sommer 2018 trennte sich das Ehepaar, die Frau zog aus. Rechtskräftig geschieden sind die Partner seit Februar 2020. Gestritten wurde um die Höhe des Trennungsunterhalts für die Frau, der ihr von Sommer 2018 bis Februar 2020 zustand.

Der unterhaltspflichtige Mann forderte, das Gericht müsse bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrags berücksichtigen, dass sich durch die Trennung für ihn die Miete verdoppelt habe.

Die gestiegenen Wohnkosten minderten seine Unterhaltspflicht nicht, urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (13 UF 212/19). Wenn sich Eheleute endgültig trennten und ein Partner vereinbarungsgemäß die Ehewohnung allein übernehme, hafte dieser Partner (nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist) allein für die Miete. Im konkreten Fall habe der Ehemann mit seiner Frau und mit dem Vermieter im August 2018 vereinbart, die Frau solle aus dem Mietverhältnis entlassen werden.

Dass er von da an die Miete allein zahlen musste, sei klar gewesen. Sollte er damit überfordert sein, müsse er sich eine günstigere Wohnung suchen. Beim Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei fürs Wohnen ein Betrag von 380 Euro vorgesehen. Den Selbstbehalt wegen einer höheren Miete zu erhöhen und dies beim Trennungsunterhalt anzurechnen, komme nur in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige zwangsläufig mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müsse als 380 Euro.

Das treffe hier jedoch nicht zu. Dass sich der geschiedene Mann um günstigeren Wohnraum bemüht habe, habe er nicht dargelegt. Nichts spreche dafür, dass dies unmöglich oder unzumutbar wäre. Der Mann habe sich freiwillig für die jetzige Wohnsituation entschieden.

Videoüberwachung im Mietshaus

Müll im Hauseingang und Bagatelldelikte rechtfertigen keine Videoaufnahmen

In einem Mietshaus mit 70 Parteien hatten die Hauseigentümer fünf Überwachungskameras installiert — um weitere "Straftaten zu Lasten der Mieter abzuwenden", so ihre Begründung. Eine Kamera war im Flur auf den Hauseingang gerichtet, eine auf die Briefkastenanlage, weitere zwei Kameras hatten die Türen zu Keller und Waschküche im Visier und eine nahm im Müllraum die Mülltonnen auf. Eine Mieterin kritisierte die "totale Kontrolle" als unzulässigen Eingriff in ihre Privatsphäre und verlangte, die Kameras zu entfernen.

Zu Recht, entschied das Amtsgericht München und das Landgericht München I bestätigte das Urteil (14 S 2185/22). Erfolglos pochten die Vermieter auf ihre guten Absichten: Regelmäßig hinterließen Fremde im Briefkastenbereich Abfall, Post und Pakete seien gestohlen und im Keller Unrat abgestellt worden. Müll werde häufig neben die Tonnen gestellt, verbreite Gestank und ziehe Ungeziefer an. Weil die Videoüberwachung diese Missstände eindämme, seien über 70 Prozent der Mieter damit einverstanden.

Die Zustimmung der Mehrheit der Hausbewohner mache das Einverständnis der Mieterin, die sich kontrolliert fühle, nicht überflüssig, erklärte das Landgericht. Hier sei ihr Persönlichkeitsrecht und das aller Mieter berührt: Denn es werde jede Person gefilmt, die das Haus betrete oder verlasse. Zwar seien durchaus Umstände denkbar, die es rechtfertigten, Kameras in einem Mietshaus zu installieren. Videoüberwachung könne vorbeugend wirken, wenn es um Straftaten wie Diebstahl, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung gehe.

Im konkreten Fall sei dies aber unangemessen. Wenn Mieter gelegentlich den Müll neben die Tonnen stellten, begründe so ein Verstoß gegen die Hausordnung nicht die Notwendigkeit von Videoaufnahmen. Um die von den Vermietern beklagten Folgen wie das Auftreten von Ungeziefer zu verhindern, genügten regelmäßige Kontrollen durch den Hausmeister.

Und die paar Straftaten, die bisher vorgefallen seien, stellten nur Bagatellen dar. Dass man hier unbedingt mit dem einschneidenden Instrument umfangreicher Videoaufzeichnungen gegensteuern müsste, sei nicht nachzuvollziehen — zumal sich trotz der Kontrolle weiterhin Bagatelldelikte ereigneten.

Schadenersatz für Risse in der Dusche?

Diesen Mangel hätte der Immobilienkäufer bei der Besichtigung erkennen können

Bei der Besichtigung der vermieteten Eigentumswohnung hatte der Kaufinteressent nichts Auffälliges bemerkt. Er einigte sich mit der Eigentümerin und unterschrieb den notariellen Kaufvertrag. Darin wurde — wie üblich — jede Gewährleistung der Verkäuferin für Mängel ausgeschlossen. Nach dem Vertragsschluss wies der Mieter den neuen Eigentümer auf einen Mangel hin, den er beheben müsste: Risse in der Dusche.

Daraufhin forderte der Käufer von der Verkäuferin Schadenersatz für die Reparatur. Durch die Risse könne Wasser in den Boden gelangen und die Bausubstanz beschädigen, erklärte er. Die Verkäuferin habe ihm diesen schweren Mangel arglistig verschwiegen. Deshalb könne sie sich nicht darauf berufen, dass der Kaufvertrag einen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln ausschließe.

Das Landgericht Coburg wies die Zahlungsklage des Wohnungskäufers ab (51 O 508/20). Grundsätzlich müssten Immobilienverkäufer bei Vertragsverhandlungen Sachmängel eines Hauses oder einer Eigentumswohnung offenbaren, bestätigte das Landgericht: Verborgene Mängel zu verschweigen, komme einer arglistigen Täuschung gleich. Das gelte aber nicht für Mängel, die der Kaufinteressent bei der Besichtigung des Objekts ohne weiteres erkennen könne.

Im konkreten Fall treffe das zu: Um den Abfluss herum seien in der Dusche deutliche Risse zu sehen. Wenn der Kaufinteressent da nicht genauer hinschaue, könne er dieses Versäumnis nicht nachträglich der Verkäuferin anlasten. Wenig überzeugend behaupte der Käufer, er habe die Aufplatzungen nicht bemerken können, weil die Duschtür geschlossen gewesen sei und ein Wäscheständer die Sicht versperrt habe. Da hätte es wohl nahe gelegen, den Mieter zu bitten, die Duschtüre zu öffnen und den Wäscheständer wegzuschieben ...

Der Mieter habe allerdings ausgesagt, der spätere Käufer habe sich bei der Besichtigung für Badezimmer und Dusche kaum interessiert. Der Verkäuferin arglistige Täuschung vorzuwerfen, gehe jedenfalls fehl: Sie habe an der Besichtigung nicht teilgenommen. Der Wäscheständer des Mieters sei wohl kaum von der Vermieterin zu dem Zweck aufgestellt worden, die Mängel in der Dusche zu verheimlichen.

Gesundheitsgefahr durch Räumung?

Macht die Mieterin einen Härtefall geltend, ist ein Sachverständigengutachten einzuholen

Der langjährigen Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Frau hatte kurz vorher ihr Baby verloren und berief sich auf einen Härtefall: Sie leide unter einer Depression und einer Angststörung. Die Wohnung sei für sie der letzte Rückzugsort, im Fall eines Umzugs werde sie wohl nicht mehr eigenständig leben können.

Der Vermieter klagte auf Räumung und bekam vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck Recht: Es sah keine Gesundheitsgefahr und ignorierte den Vortrag der Mieterin. Sie ging in Berufung und legte dem Landgericht München II das Attest eines Facharztes für Psychotherapie vor, der die Diagnose einer psychischen Erkrankung bestätigte. Für den Fall einer Räumung sei eine schwerwiegende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu befürchten, so das Fazit des Befunds.

Das Attest habe keine Aussagekraft und sei wenig schlüssig, erklärte das Landgericht München II und ließ die Mieterin abblitzen. Doch die Frau wehrte sich weiterhin und erreichte beim Bundesgerichtshof (BGH) zumindest einen vorläufigen Erfolg (VIII ZR 96/22). Der BGH rüffelte die Münchner Richter: Sie hätten die Einwände der Mieterin mit oberflächlichen Argumenten abgetan, anstatt sie gebührend zu würdigen.

Das verletze den Anspruch der Frau auf rechtliches Gehör. Wenn von ihr vorgetragen werde, dass durch einen Wohnungswechsel Gesundheitsgefahr drohe, könne es sich tatsächlich um einen Härtefall handeln. Das müsse unbedingt gründlich geprüft werden. Und wenn das Gericht das Gutachten des Facharztes für unzureichend halte, müsse es ein weiteres Sachverständigengutachten einholen.

Stattdessen habe das Landgericht das fachärztliche Attest umstandslos und ungetrübt von eigener medizinischer Sachkunde für unverständlich und widersprüchlich erklärt. Dabei seien die vom Landgericht aufgezählten Widersprüche allesamt aus dem Zusammenhang gerissen. Deshalb müsse es sich nochmals mit dem Rechtsstreit befassen, um zu klären, ob ein Härtefall vorliege oder nicht.

WEG-Sanierungsbeschluss muss präzise sein

Kurzartikel

Beschließt eine Eigentümergemeinschaft Sanierungsmaßnahmen, muss der Beschluss im Wesentlichen festlegen, was wie gemacht werden soll, anstatt dies nur "schlagwortartig" zu benennen. Ein Verweis auf Planungsergebnisse in der Dropbox ist zwar zulässig, als Information für die Eigentümer aber ungenügend, wenn die Dropbox-Unterlagen im Beschluss nicht eindeutig bezeichnet sind.

Mangelhaftes Wärmedämmsystem

Auftraggeber verlangt vom Werkunternehmer Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung: Fristsetzung notwendig?

Ein Bauherr hatte ein Bauunternehmen damit beauftragt, am Eigenheim ein Wärmedämmverbundsystem anzubringen. Das Ergebnis war so verpfuscht, dass der Auftraggeber vom Auftragnehmer einen Kostenvorschuss verlangte, um die massiven Mängel von einer anderen Firma beseitigen zu lassen. Angesichts der vielen Mängel traute er das dem Bauunternehmer nicht mehr zu.

Doch der Auftragnehmer zahlte nicht: Zunächst müsse ihm der Auftraggeber Gelegenheit geben, selbst nachzubessern. Er werde die Mängel beheben, indem er die Wärmedämmung "aufdopple". Das bedeutet: Der Bauunternehmer wollte das mangelhafte Dämmsystem nicht entfernen, sondern stattdessen über diese Dämmschicht eine zweite legen. Das ist allerdings problematisch, wenn die erste nicht standsicher und tragfähig ist.

Mit diesem Vorschlag war der Auftraggeber nicht einverstanden und zog vor Gericht, um einen Kostenvorschuss durchzusetzen. Anspruch darauf haben unzufriedene Bauherren aber in der Regel nur, wenn sie den Auftragnehmer vorher zur Beseitigung der Werkmängel aufgefordert und dafür eine Frist gesetzt haben. Vor Gericht ging es daher im Wesentlichen um die Frage, ob der Auftraggeber darauf verzichten durfte.

Das Kammergericht in Berlin beantwortete die Frage mit "Ja" (21 U 1099/20). Ausnahmsweise könnten Bauherren auch ohne Fristsetzung Kostenvorschuss verlangen — unter zwei Bedingungen: Entweder habe ein Werkunternehmer die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert. Oder der Werkunternehmer sei derart unzuverlässig, dass es für den Auftraggeber unzumutbar sei, dem Auftragnehmer die Mängelbeseitigung zu überlassen.

Letzteres treffe im konkreten Fall zu, denn es sei nicht damit zu rechnen, dass der Bauunternehmer das Wärmedämmsystem "ordnungsgemäß" nachbessern werde. Er habe ein von der Bauaufsicht nicht zugelassenes System verwendet und das so "windig" verbaut, dass man jederzeit darauf gefasst sein müsse, dass sich einzelne Bauteile lösten.

Aus diesem Grund verstoße auch die vom Bauunternehmer vorgeschlagene Art der Nachbesserung gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Bei so erheblichen Mängeln müsse man das Wärmedämmverbundsystem vollständig zurückbauen und dann ein neues anbringen, anstatt das "vermurkste" System nur aufzudoppeln. (Der Bundesgerichtshof hat das Urteil am 16.11.2022 bestätigt, AZ.: VII ZR 69/22)

Mieter tauschten defekte Gasheizung aus

Der Vermieter will die Kosten nicht ersetzen, sondern die Wohnung ans Fernwärmenetz anschließen

2008 mietete das Ehepaar H in einem Berliner Mehrfamilienhaus eine Wohnung, die mit einer Gastherme für Heizung und Warmwasser ausgestattet war. 2015 ließ die Vermieterin im Haus eine Zentralheizung einbauen, an die mehrere Wohnungen angeschlossen wurden — nicht aber die Wohnung der Eheleute H. Ein Jahr später meldeten sie der Vermieterin, die Gastherme sei irreparabel defekt.

Die Mieter forderten die Hauseigentümerin auf, die Therme innerhalb einer bestimmten Frist auszutauschen — andernfalls würden sie dies selbst organisieren. Das Angebot der Vermieterin, ihre Wohnung an die zentrale Heizungs- und Warmwasseranlage anzuschließen, lehnten sie ab. Schließlich ließen die Mieter die Gastherme für 3.393 Euro erneuern und klagten auf Kostenersatz.

Die Vermieterin verlangte im Gegenzug von den Mietern, den Anschluss an die zentrale Anlage und den Abriss der Gasetagenheizung zu dulden. Den Rechtsstreit verlor sie in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VIII ZR 194/21). Mieter könnten einen Mangel der Mietsache selbst beseitigen (lassen) und Ersatz für die nötigen Ausgaben verlangen, wenn Vermieter mit der Beseitigung des Mangels "in Verzug" seien, so die Bundesrichter. Und dies treffe im konkreten Fall zu.

Die Vermieterin habe den geforderten Austausch der defekten Gasetagenheizung verweigert. Mit dem Einbau einer neuen Gastherme hätten die Mieter den Mietmangel selbst behoben. Anspruch auf Instandsetzung könne die Vermieterin damit nicht mehr geltend machen. Die Wohnung sei von Anfang an mit einer Gasetagenheizung ausgestattet gewesen, die damit zum Wohnstandard und zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre.

Das Angebot der Vermieterin, die Wohnung an die zentrale Anlage anzuschließen, hätten die Mieter nicht annehmen müssen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass Mieter Modernisierungsmaßnahmen dulden müssten. Diese Pflicht bestehe nämlich nur, wenn der Vermieter die Modernisierung rechtzeitig und ordnungsgemäß ankündige. Als das Ehepaar H die Therme austauschen ließ, habe jedoch keine Modernisierungsankündigung der Vermieterin vorgelegen.

"Privatgrundstück": Für Unbefugte verboten!

Eine Gemeinde kann von Grundstückseigentümern nicht verlangen, Hindernisse auf einem Privatweg zu entfernen

Eigentümer eines Grundstücks am Waldrand hatten einen unbefestigten Wirtschaftsweg, der durch das Grundstück und an einem benachbarten Jagdhaus vorbeiführte, mit Baumstämmen und Ketten versperrt. Um Fremde abzuschrecken, stellten sie zusätzlich Schilder auf: "PRIVATGRUNDSTÜCK — Unbefugten ist das Betreten und Befahren verboten" und "BAUMFELLARBEITEN — Durchgang verboten. Lebensgefahr!"

Die Gemeinde, auf deren Gebiet das Grundstück liegt, forderte die beiden Eigentümer auf, die Hindernisse zu beseitigen: Sie dürften den Wirtschaftsweg nicht sperren, der seit jeher von Forstfahrzeugen und von Wanderern genutzt worden sei und im Fall des Falles der Feuerwehr als Rettungsweg diene. Auch Hegemaßnahmen der Jäger seien laut Jagdgesetz auf dem Grundstück zu dulden. Außerdem verstoße die Sperre gegen das Naturschutzgesetz. Letztlich wollten die Eigentümer nur wegen Konflikten mit dem Jagdpächter Unfrieden stiften und ihm die Zufahrt verstellen.

Die Grundstückseigentümer klagten gegen die Anordnung der Gemeinde. Sie sei rechtswidrig. Erstens, weil die Gemeinde sachfremde Interessen verfolge, nämlich die des Jagdpächters, der den Weg als Zufahrt zum Jagdhaus nutze. Zweitens, weil es sich um einen Privatweg handle und nicht um eine öffentliche Straße, die für Rettungsfahrzeuge zur Verfügung stehen müsste. So sah es auch das Verwaltungsgericht Trier: Für die Anordnung gebe es keine Rechtsgrundlage (9 K 2995/22).

Bei Verstößen gegen den Naturschutz müsse die Kreisverwaltung — die für Naturschutz zuständige Behörde — einschreiten. Das Naturschutzrecht ermächtige dazu nicht die Gemeinden. Die Kreisverwaltung wäre auch für Hindernisse im Straßenverkehr zuständig. Von Hindernissen für den Verkehr könne hier aber keine Rede sein. Denn Wirtschaftswege, die nur der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Flächen dienten, seien keine öffentlichen Straßen.

Öffentliches Recht verpflichte Grundstückseigentümer nicht dazu, für die Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke Dritter zu sorgen, d.h. Wege dafür freizuhalten. Aus dem Landesjagdgesetz sei auch keine Pflicht abzuleiten, die Hindernisse zu entfernen: Wer sein Jagdrecht verpachte, müsse zwar auf den verpachteten Flächen Hegemaßnahmen der zur Jagd berechtigten Personen dulden. Die Gemeinde sei aber selbst nicht jagdberechtigt und könne nicht die Rechte Dritter geltend machen.

Hauskäufer verlangt Maklerprovision zurück

Die Makler hatten den Selbstmord einer früheren Eigentümerin nicht offenbart

Im Februar 2021 kaufte Herr B in der Nähe von München für rund 1,5 Millionen Euro eine Doppelhaushälfte. Bei der Besichtigung hatte der Makler erwähnt, die Voreigentümerin sei gestorben und die Erbin verkaufe nun das Haus. Einige Tage nach dem Abschluss des Kaufvertrags erfuhr der Käufer von Nachbarn, dass sich die Voreigentümerin vor eineinhalb Jahren das Leben genommen hatte: Sie hatte mit einem Jagdgewehr erst ihren Hund und dann sich selbst erschossen.

Deshalb weigerte sich Herr B, die restliche Provision (rund 15.000 Euro) zu zahlen, und verlangte die bereits überwiesene Summe zurück. Begründung: Angesichts der grausamen Vorgeschichte wolle er die Immobilie nicht mehr bewohnen. Das Maklerbüro habe ihm den Vorfall verschwiegen, um die gewünschte Millionensumme realisieren zu können. Damit hätten die Makler ihre Aufklärungspflicht verletzt und ihre Provision verwirkt. Außerdem sei der Kaufpreis der Immobilie zu mindern.

Das Landgericht München I entschied den Streit zu Gunsten der Makler: Den Vermittlern stehe der Maklerlohn in voller Höhe zu (20 O 8471/21). Zum Zeitpunkt des Kaufs habe der Suizid bereits 18 Monate zurückgelegen. Hätte es sich um einen aufsehenerregenden Mord mit großem Echo in den Medien gehandelt, wäre eine Offenbarungspflicht des Maklerbüros möglicherweise zu bejahen.

In Fällen wie diesem, bei einem länger zurückliegenden Selbstmord, bestehe dagegen keine Aufklärungspflicht. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Makler keine Anhaltspunkte dafür habe, dass diese Tatsache für den Kaufinteressenten besonders wichtig sei. Im konkreten Fall sei das aber nicht ersichtlich. Weder bei der Besichtigung, noch bei den weiteren Vertragsverhandlungen habe der Käufer nach der Voreigentümerin gefragt.

Aus diesem Grund den Kaufpreis zu mindern — der angesichts der sehr guten Lage des Grundstücks angemessen sei —, komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Selbstmord spiele beim Kaufpreis keine Rolle. Schließlich stelle er keinen Mangel dar, der dem Haus anhafte … Bei gebotener objektiver Betrachtung beeinflusse dieser Umstand die Kaufentscheidung eines vernünftigen Interessenten nicht.

Mieter kämpft um "seine" Waschküche

Die Vermieterin sperrte die Waschküche, weil die anderen Mieter sie nicht mehr nutzten

Als Mieter M im September 2017 die Wohnung im Erdgeschoss bezog, teilte ihm die Hausverwaltung Folgendes mit: Es sei zwar nicht verboten, aber unerwünscht, dass die Mieter in der Wohnung Wäsche waschen und trocknen. Dafür sei im Keller eine Waschküche mit Waschmaschine und Trockner eingerichtet. M war es recht.

Der Eingang zur EG-Wohnung befand sich im Garten. Damit er die Waschküche nutzen konnte, bekam M auch einen Schlüssel für den Haupteingang des Mietshauses.

Im Sommer 2020 kündigte die Vermieterin an, die Waschküche zu schließen. Begründung: Außer M habe sich seit Monaten kein einziger Mieter mehr ins Waschbuch eingetragen. Eine Woche später wurde das Schloss an der Hauseingangstür ausgewechselt und M hatte keinen Zugang mehr zur Waschküche. Die Hausverwaltung bot ihm an, in seiner Wohnung einen Waschmaschinenanschluss zu installieren.

Darauf ließ sich der Mieter aber nicht ein: Die Waschküche sei eine "mitvermietete Gemeinschaftsfläche", meinte er, man müsse ihm dort wieder Zugang verschaffen sowie Waschmaschine und Wäschetrockner zur Verfügung stellen. Seine Klage blieb jedoch erfolglos.

Im Mietvertrag sei die Waschküche nicht als "mitvermietete" Fläche aufgeführt, stellte der Bundesgerichtshof fest (VIII ZR 394/21). Auch wenn die Vermieterin 2017 wünschte, dass die Mieter die Waschküche nutzten, und allen einen Schlüssel dafür aushändigte: Dies habe nicht notwendig zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dazugehört. Die Vermieterin habe Waschmaschine und Wäschetrockner nicht als Mietgegenstände angesehen.

Auch in Zukunft sei der Mieter auf die Nutzung der Waschküche nicht angewiesen, weil er in seiner Wohnung eine Waschmaschine aufstellen könne. Dass die Vermieterin die Erlaubnis, die Geräte in der Waschküche zu benützen, zurückgezogen habe, sei keine Schikane, sondern sachlich begründet: Die anderen Mieter hätten daran kein Interesse. Und die Geräte ausschließlich für einen einzigen Mieter zu betreiben, sei unwirtschaftlich.

Mächtige Linde stört den Nachbarn

WEG muss überhängende Äste so weit zurückschneiden, wie es die Baumschutzverordnung erlaubt

Im Garten einer Wohnungseigentumsanlage steht eine mächtige Linde — direkt an der Grundstücksgrenze. Ihre ausladende Krone von ca. zwölf Metern ragt weit ins angrenzende Grundstück hinein und verschattet das Wohnhaus des Nachbarn. Wegen des Lichtmangels sind schon einige seiner Mieter vorzeitig ausgezogen. Die Wurzeln des Baums dringen im Nachbargrundstück an die Oberfläche, Wurzeln und Blätter verstopfen das Siel zum Kellereingang.

Nach vielen Beschwerden des Nachbarn beantragte die Eigentümergemeinschaft (WEG) beim Bezirksamt Hamburg-Altona die Erlaubnis, die Linde zu fällen. Das komme bei so einem gesunden Baum nicht in Frage, teilte die Behörde mit. Schatten auf dem Wohnhaus rechtfertige es nicht, eine vitale Linde abzuholzen. Das verstieße gegen die Baumschutzverordnung. Das Bezirksamt genehmigte nur einen Pflegeschnitt der Baumkrone.

Dem Nachbarn dauerten die Verhandlungen mit der Behörde zu lange, einen Pflegeschnitt hielt er sowieso für unzureichend. Er zog vor Gericht und verlangte von der WEG, die Äste und Wurzeln der Linde bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden — vorausgesetzt, dies werde vom Bezirksamt erlaubt. In Bezug auf die Äste setzte sich der Nachbar beim Amtsgericht Hamburg-Altona durch (317 C 18/22).

Grundsätzlich müssten Grundstückseigentümer dafür sorgen, dass überhängende Zweige die Nachbarn nicht beeinträchtigten, so das Amtsgericht. Allerdings dürften Eingriffe nicht gegen die Hamburger Baumschutzverordnung verstoßen: Naturschutz gehe vor, wenn ein Baum — wie die Linde — grundsätzlich erhaltenswert sei. Eingriffe würden nur ausnahmsweise genehmigt, wenn ein Baum das Eigentum des Nachbarn unverhältnismäßig beeinträchtige, d.h. massiver, als dies bei Bäumen üblich sei.

Nach dem Gutachten des Baumsachverständigen sei ein Rückschnitt der Krone akzeptabel, wenn keine Äste beschnitten würden, die dicker als fünf Zentimeter seien. Soweit dürfe und müsse die WEG die Lindenkrone stutzen. Ein Rückschnitt der Wurzeln würde dagegen die Standsicherheit des Baumes gefährden.

Auf diese Maßnahme habe der Nachbar keinen Anspruch, weil die Wurzeln keine besonderen Nachteile verursachten. Überirdisches Wurzelwachstum gehöre zu den typischen Begleiterscheinungen von Bäumen, die in der Regel hinzunehmen seien. Außerdem sei das Wachstum hier auch auf eine fehlerhaft verlegte Wurzelsperre zurückzuführen, die man eventuell korrigieren könne.

Landwirt möchte für einen Sohn ein Haus bauen

"Wohnraum für zwei Generationen" genügt für einen landwirtschaftlichen Betrieb

Den landwirtschaftlichen Betrieb hat Landwirt H seinem älteren Sohn bereits übergeben. Alle vier Wohnungen seines Wohnhauses auf dem Hof sind belegt. Hier wohnen H als "Altenteiler" mit seiner Frau, seine Schwester und seine betagten, pflegebedürftigen Schwiegereltern. In der vierten Wohnung im Dachgeschoss leben die zwei Söhne des Landwirts. Für den älteren Sohn möchte H auf einem Grundstück im Außenbereich ein weiteres Wohnhaus bauen.

Da es das Betriebsleiterhaus für den aktuellen Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs werden solle, sei der Bau im Außenbereich zulässig, argumentierte H im Bauantrag. Doch das Landratsamt lehnte die Baugenehmigung ab. Zu Recht, entschieden das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (1 LA 154/21). Im Außenbereich dürfe nur ausnahmsweise gebaut werden, wenn ein Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

Obwohl das weitere Wohnhaus für den Betriebsleiter gedacht sei, treffe dies hier nicht zu. Denn es sei schon genügend Wohnraum für die Landwirte vorhanden. In der Regel reiche es aus, wenn für einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb Wohnraum für zwei Generationen zur Verfügung stehe. Mit den Wohnungen im Hofgebäude sei daher der Fortbestand des Betriebs generationsübergreifend gesichert.

Darauf, dass alle Wohnungen im Haus bewohnt seien und sein älterer Sohn eine eigene Wohnung möchte, könne sich Landwirt H nicht mit Erfolg berufen, um eine Baugenehmigung durchzusetzen. Er habe Angehörige auf dem Hof aufgenommen, das sei solidarisch und menschlich verständlich.

H könne aber nicht verlangen, ein Wohngebäude für seinen Betriebsnachfolger im Außenbereich errichten zu dürfen, wenn er den Bedarf für diesen Wohnraum selbst geschaffen habe: Es gebe diesen Bedarf nur deshalb, weil H auf dem Hof vorhandenen Wohnraum anderen Personen überlassen habe. Der Landwirt habe keinen Anspruch darauf, den von ihm selbst verursachten Nutzungskonflikt auf Kosten des Außenbereichs zu lösen.

Brandgefährliche Fassadenverkleidung muss weg!

Die Anordnung der Baubehörde betrifft das Gemeinschaftseigentum und damit die WEG

Nach der Brandkatastrophe im Londoner Grenfell Tower überprüfte die Baubehörde in Hannover den Brandschutz älterer Hochhäuser, darunter eine 1970 errichtete Wohnungseigentumsanlage mit 48 Wohneinheiten. Die Außenwände des Gebäudes sind mit brennbaren Leichtbauplatten aus Holzwolle gedämmt. Deshalb ordnete die Bauaufsicht 2019 an, die Eigentümergemeinschaft (WEG) müsse die brandgefährliche Fassadenverkleidung bis spätestens 2021 entfernen.

Da die WEG diese Anordnung nicht befolgte, setzte die Baubehörde im Mai 2022 ein Zwangsgeld von 100.000 Euro fest und drohte weitere Sanktionen an. Dagegen wehrte sich die WEG: Bisher habe man sich noch nicht auf einen Beschluss zur Sanierung der Fassade einigen können. Außerdem müsste die Behörde auch anordnen, dass die einzelnen Wohnungseigentümer die Sanierungsmaßnahme dulden müssten.

Das sei überflüssig, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (1 ME 106/22). Rechte und Pflichten in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum beträfen nur die WEG. Wenn in einer Eigentumsanlage Gemeinschaftseigentum wie die Fassade gegen öffentliches Baurecht verstoße, sei die WEG der richtige Adressat einer bauaufsichtlichen Anordnung. Die WEG müsse die Forderungen der Bauaufsicht erfüllen und wenn sie das nicht tue, richteten sich auch die Sanktionen gegen sie.

Einzelne Eigentümer seien von der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen. Daher könnten sie die WEG auch nicht daran hindern, eine wirksame Anordnung der Bauaufsicht umzusetzen. Es sei auch gleichgültig, ob noch Eigentümerbeschlüsse in dieser Sache fehlten oder dass sich einige Eigentümer der Sanierung widersetzten. Die bauaufsichtliche Anordnung sei von der WEG zwingend zu befolgen, unabhängig von der internen Willensbildung der Eigentümer.

Streit um laute Musik eskalierte

Mieter bedrohte Mitbewohner, der sich laut über nächtliche Ruhestörung beschwerte

2020 kam es in einem Berliner Mietshaus mehrmals zu Auseinandersetzungen, weil ein Mieter zu später Stunde laut Musik hörte. Seinen Nachbarn, den Bruder des Vermieters, brachte es auf die Palme, dass er immer wieder nachts durch die Musik aufgeweckt wurde. Er klopfte und klingelte wiederholt an der Tür des Ruhestörers, um sich zu beschweren. Hinter der Tür schrie der einmal: "Klingel hier nie wieder! Wir machen dich fertig".

Einige Wochen später wiederholte sich die Szene. Der genervte Mitbewohner klingelte um zwei Uhr früh und hörte durch die Tür: "Ich habe dir doch schon gesagt, wenn du nochmal klingelst, dann werde ich dich umbringen". Diesmal hatte der Mitbewohner sein Handy dabei und rief zurück: "Ich habe das aufgenommen". Daraufhin öffnete der Übeltäter die Wohnungstür, kam mit einem Knüppel in der Hand auf den Mitbewohner zu und drohte noch einmal, ihn umzubringen.

Aus diesem Grund kündigte der Vermieter dem Mieter fristlos und erhob Räumungsklage: Zu Recht, entschied das Amtsgericht Köpenick (3 C 33/21). Einem Mitmieter massiv mit Gewalt zu drohen, der sich wegen nächtlichen Lärms beschwere, rechtfertige allemal eine fristlose Kündigung, betonte das Amtsgericht. Das gelte jedenfalls dann, wenn der bedrohte Mitbewohner dafür keinen Anlass gegeben habe.

Um seine Nachtruhe gebracht, habe der Bruder des Vermieters zwar seinen Unmut durch Klopfen an der Tür und Dauerklingeln geäußert. Das sei vielleicht keine sinnvolle Reaktion, stelle aber keinesfalls eine Provokation dar, die eine Gewaltdrohung rechtfertigen könnte. Der Mieter habe häufig den Hausfrieden gestört und mit seinen Drohungen unmissverständlich klargestellt, dass er nicht bereit sei, die Nachtruhe zu wahren und Rücksicht auf die Nachbarn zu nehmen.

In so einem Fall müsse der Vermieter den Mieter vor der Kündigung nicht einmal mehr abmahnen. Denn das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien werde durch so ein Verhalten nachhaltig zerstört. Das Mietverhältnis fortzusetzen, sei für den Vermieter unter diesen Umständen unzumutbar.

Digitale Klingelanlage unzumutbar?

Kurzartikel

Vermieter dürfen nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg nicht eigenmächtig eine analoge durch eine digitale Klingelanlage ersetzen. Die neue Anlage sei nicht funktionstüchtig, weil die Mieter sie mit Smartphone, Computer oder Festnetztelefon bedienen müssten. Für die Mieter sei es aber unzumutbar, sich eigens für die Klingelanlage Geräte anzuschaffen. Der Vermieter müsse den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.

Streit über die Betriebskostenabrechnung

Können Mieter wegen der Corona-Pandemie verlangen, Belegkopien zugeschickt zu bekommen?

Dresdener Mieter beanstandeten die Betriebskostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2019: Kosten der Müllabfuhr, Heizkosten und vor allem die Kosten für den Hausmeister seien um ein Vielfaches gestiegen, das verstoße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Zu Unrecht halte ihnen der Vermieter vor, sie hätten die Belege zur Abrechnung prüfen sollen, um ihre Einwände präzisieren zu können. Schließlich habe es an der Corona-Pandemie gelegen, dass sie das Büro der Hausverwaltung nicht aufsuchen konnten.

Das Amtsgericht Dresden verurteilte die Mieter zur Nachzahlung und das Landgericht Dresden bestätigte die Entscheidung (4 S 222/21). Mieter dürften sich nicht darauf beschränken, pauschal die Richtigkeit einzelner Positionen der Betriebskostenabrechnung zu bestreiten. Ohne Belegeinsicht könnten sie sich nicht argumentativ mit den Rechnungen auseinandersetzen, die der Abrechnung zugrunde lägen.

Im konkreten Fall habe die Hausverwaltung des Vermieters per E-Mail den Mietern Termine für die Belegeinsicht vorgeschlagen und angeboten, Belege zu kopieren. Grundsätzlich hätten Mieter keinen Anspruch darauf, Kopien der Rechnungsbelege zugesandt zu bekommen. Sie müssten die Rechnungsbelege beim Vermieter oder Wohnungsverwalter einsehen — außer, dies sei im Ausnahmefall unzumutbar.

Allein die Tatsache, dass im Frühherbst 2020 die Corona-Pandemie andauerte, stelle jedoch keinen solchen Ausnahmefall dar. Die Belege im Büro der Hausverwaltung durchzusehen, sei keineswegs unzumutbar gewesen. Die Hausverwaltung habe den Mietern ausdrücklich zugesichert, dass in den Büroräumen Masken getragen und die Abstandsregeln eingehalten werden.

Hobby-Schafzüchter wehrt sich gegen geplante Wohngebäude

Nur "richtige" Landwirte können sich auf das Rücksichtnahmegebot berufen

Herr M hat 2009 einen ehemaligen Hof mit Wohnhaus und landwirtschaftlichen Nebengebäuden gekauft. Nur seine Eltern wohnten ständig dort, M selbst nicht. Von insgesamt 20 Hektar Grund bewirtschaftet er einige Hektar, auf denen er Futter für ein paar Schafe anbaut. Der größte Teil ist verpachtet. Als das Landratsamt im Herbst 2021 den Bau einiger Doppelhäuser in der Nachbarschaft genehmigte, zog Herr M dagegen vor Gericht.

Begründung: Er halte derzeit als Landwirt im Nebenerwerb nur sechs Schafe, wolle aber die landwirtschaftliche Tätigkeit moderat ausweiten. In der Zukunft plane er hochwertige Direktvermarktung von Tieren aus tiergerechter Haltung. Zu befürchten sei nun, dass sich in den "neu errichteten Wohneinheiten ortsfremde Menschen niederlassen, die sich an den Emissionen aus seiner Landwirtschaft stören könnten". Sein landwirtschaftlicher Betrieb müsse vor heranrückender Wohnbebauung geschützt werden.

Gleichzeitig beantragte M bei der Gemeinde die Erlaubnis für "Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und den Einbau eines modernen Schweinestalles".

Grundsätzlich könne sich ein Landwirt gegen geplante Wohngebäude neben seinem Betrieb auf das Rücksichtnahmegebot berufen, betonte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (15 CS 22.873). Allerdings setze das voraus, dass von einem etablierten landwirtschaftlichen Betrieb Gerüche ausgehen und von den Wohngebäuden Einschränkungen für den Betrieb oder für dessen sinnvolle Erweiterung drohten. Von einem landwirtschaftlichen Betrieb könne hier jedoch nicht die Rede sein.

M halte hobbymäßig einige Schafe und produziere dafür Futter. Seine Freundin habe gelegentlich Pferde im Stall untergestellt. Weder M, noch seine Eltern hätten auf dem Hof in den letzten 13 Jahren landwirtschaftliche Tierhaltung betrieben. Bereits der Voreigentümer habe die Schweinehaltung aufgegeben: Die Option, den ehemaligen Stall dafür zu nutzen, sei längst entfallen. Offenbar berufe sich M nun auf einen nicht vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb bzw. auf ein vages Interesse, diesen zu erweitern — um die heranrückende unliebsame Wohnbebauung abzuwehren.

So vage Erweiterungspläne rechtfertigten es nicht, die Baugenehmigung für Doppelhäuser zu versagen. Welche geplanten Maßnahmen durch Wohngebäude in der Nachbarschaft eventuell gefährdet sein könnten, bleibe unklar. Auch der "ins Blaue hinein" gestellte Bauantrag von Herrn M zum Umbau des Stallgebäudes sei ungenügend und unernst: Er enthalte keine konkreten Angaben zu Stallnutzung und beabsichtigtem Tierbestand. So könne man nicht prüfen, welche Geruchsbelastung für die Nachbarn vom Stall ausgehen könnte und wie groß daher der Mindestabstand zu den Neubauten sein müsste.

Raum für die Eigentümerversammlung zu klein

Wird eine Eigentümerin deshalb von der Teilnahme ausgeschlossen, sind alle Beschlüsse unwirksam

Kaum zu glauben, aber angeblich wahr: Für die Eigentümerversammlung im Juli 2021 hatte der Verwalter keinen Raum gefunden, der für alle groß genug war. Dabei bestand die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nur aus vier Personen. Doch an der Versammlung sollten auch der Verwalter und eine Mitarbeiterin teilnehmen und zudem der korrekte Corona-Abstand eingehalten werden.

Da in den Raum nur fünf Personen hineinpassten, musste eine Wohnungseigentümerin draußen bleiben. Die Eigentümerin protestierte zuerst, erteilte aber dann einem anderen Eigentümer eine Vollmacht und ging. Später focht sie alle auf der Versammlung getroffenen Beschlüsse an. Zu Recht, entschied das Landgericht Frankfurt (2-13 S 4/22).

Auch in Zeiten der Corona-Pandemie dürfe man Eigentümer nicht von der Eigentümerversammlung ausschließen. Sie sollten hier ja nicht nur abstimmen, sondern sich mit Wortmeldungen an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligen. Das gehöre zum Kernbereich des Eigentümerrechts. Ein Ausschluss verletze dieses Recht in so gravierender Weise, dass alle auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig seien.

Das gelte unabhängig davon, ob die ausgeschlossene Eigentümerin diesen Beschlüssen zugestimmt oder ihnen widersprochen hätte. Bei der überschaubaren Größe dieser WEG wäre es für den Verwalter durchaus zumutbar gewesen, einen Versammlungsort zu suchen, der eine korrekte Durchführung der Versammlung mit allen Eigentümern ermöglicht hätte.