B2B (Beziehungen zw. Unternehmen)

"Entfernt 99,99% der Viren"!

Desinfektionsmittelhersteller streiten um irreführende Reklame mit Coronavirus-Bezug

Das Desinfektionsmittel "AMOAIR" soll, um Viren zu bekämpfen, im Raum versprüht werden. Der Hersteller warb auf seiner Webseite so für das Produkt: "Damit sind 99,99% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen entfernt".

Diese Werbeaussage wurde von einem Konkurrenten als irreführend kritisiert: Sie erwecke beim Verbraucher den falschen Eindruck, die versprochene Wirkung des Produkts stehe fest, sei wissenschaftlich abgesichert. Das treffe jedoch nicht zu. Das Landgericht München I verbot die Reklame (4 HK O 9484/20).

Bei Aussagen über die Wirkung von Produkten auf die Gesundheit sei ein strenger Maßstab anzulegen, so das Landgericht: Aussagen müssten richtig, eindeutig und klar sein. Und um gesundheitsbezogene Werbung gehe es hier: In Zeiten der Corona-Pandemie sei die Frage, ob und wie Coronaviren aus der Raumluft und von Oberflächen entfernt werden könnten, eine der brennendsten Fragen überhaupt und das weltweit.

Das Versprechen, das der Desinfektionsmittelhersteller auf seiner Webseite formuliere, könne er nicht im Mindesten einhalten. Einen wissenschaftlichen Beweis für die Wirkung des Produkts gebe es nicht. Mit den vorgelegten Unterlagen habe der Produzent von "AMOAIR" jedenfalls nicht belegen können, dass das Versprühen seines Desinfektionsmittels einen beträchtlichen Anteil Viren aus der Raumluft oder von Oberflächen entferne.

Unzulässige Reklame eines Solarmodulherstellers

Wer im Ausland fertigen lässt, darf nicht so tun, als handle es sich um deutsche Produkte

Ein deutscher Hersteller von Solarmodulen nahm Anstoß an der Reklame eines Konkurrenten: Dieser täusche die Verbraucher über die geographische Herkunft der beworbenen Produkte, etwa mit der Werbeaussage "Deutsches Unternehmen — wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module". In Kombination mit einer stilisierten Deutschlandflagge erwecke diese Aussage wie auch die Bezeichnung "German Quality Standard" einen falschen Eindruck. Schließlich lasse der Konkurrent seine Solarmodule überwiegend im Ausland herstellen.

Auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt war der Ansicht, dass die Werbung bei den Verbrauchern zu falschen Vorstellungen führe (6 W 84/20). Die Flagge werde nicht als Hinweis auf den Unternehmenssitz verstanden, sondern als Hinweis darauf, dass die angebotenen Module in Deutschland produziert würden. Der Durchschnittsverbraucher beziehe die deutsche Flagge auf die danebenstehende Angabe "Solarmodule-Hersteller" und nehme an, Deutschland sei der Herstellungsort.

Auch wenn durchaus bekannt sei, dass viele deutsche Industrieunternehmen in Asien produzierten: Werbung mit "deutscher Qualität" könne dennoch die Verbraucher in die Irre führen. Da das Solarunternehmen alle Module so bewerbe, komme es nicht mehr drauf an, dass es zumindest einen kleinen Teil der Ware in Deutschland fertigen lasse. Überwiegend werde die Ware jedenfalls im (inner- und außereuropäischen) Ausland produziert, so das OLG.

Deutschland als Herstellungsort anzugeben, sei nur zulässig, wenn im Inland produziert werde. Inländische Produktion bedeute, dass zumindest diejenigen Leistungen in Deutschland stattfinden müssten, die dem Industrieerzeugnis seine Qualität und/oder seine wesentlichen produktspezifischen Merkmale verleihen. Dabei komme es aus Sicht der Verbraucher bei einem Industrieprodukt auf die Verarbeitungsvorgänge an und weniger auf den Ort der planerischen Arbeit.

Irreführende Werbung mit "Corona"

Vitalpilze schützen nicht vor einer Infektion mit dem Coronavirus!

Ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb, dem auch Pharmahersteller und Apothekenkammern angehören, beanstandete den Internetauftritt eines "Instituts für Ernährungs- und Pilzheilkunde" als irreführenden Verstoß gegen fairen Wettbewerb. Das Institut verkauft Bücher zum Thema Vitalpilze und empfiehlt Vitalpilze aus Deutschland. Die werden zufällig von einer Firma angeboten, die vom Sohn des Institutsvorstands geleitet wird.

Im Frühjahr 2020 wurde auf der Internetseite des Instituts ein Videofilm mit Tipps zum Schutz gegen das Coronavirus angekündigt. Überschrift: "CORONA-INFEKTION: Wie wir uns mit Vitalpilzen schützen können!"

Die Wettbewerbshüter sahen in dieser Überschrift einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Dagegen pochte der Institutsvorstand darauf, dass es in dem Video nicht um Arzneimittel, sondern um allgemeine Informationen über Corona und über Lebensmittel mit gesunden Inhaltsstoffen gehe.

Auch Werbung, die gesundheitliche Wirkungen von Lebensmitteln behaupte, wäre unzulässig, stellte das Landgericht Gießen fest (8 O 16/20). Doch wer diese Überschrift im Internet lese, könnte sogar an eine therapeutische Wirkung der Vitalpilze glauben, als seien sie ein Arzneimittel. Deshalb könne sich der Betreiber der Webseite nicht darauf berufen, dass das Video nur allgemeine Aussagen zur Stärkung des Immunsystems enthalte.

Die angegriffene Überschrift ziele darauf ab, mit einer falschen Behauptung den Absatz von Vitalpilzen zu fördern. Auf das neunminütige Video komme es da nicht mehr an, zumal viele Verbraucher es wohl gar nicht oder nicht konzentriert anschauten. Sie nähmen daher eventuelle Korrekturen der anpreisenden Überschrift im Video gar nicht zur Kenntnis. Die Justiz müsse auch Verbraucher schützen, die Reklame nur flüchtig wahrnehmen.

Irreführend sei die Aussage in der Überschrift allemal, auch wenn sie kein konkretes Heilungsversprechen beinhalte. Sie schreibe jedenfalls Vitalpilzen eine Schutzwirkung vor oder bei einer Infektion mit COVID-19 zu, die durch nichts belegt sei. Zu diesem neuartigen Virus gebe es bislang noch nicht viele Erkenntnisse. Welche Stoffe vor ihm schützen könnten, sei Gegenstand weltweiter Forschungsbemühungen. Bis jetzt hätten sie nicht zu sicheren Ergebnissen geführt. Bei diesem Stand der Wissenschaft seien alle Anpreisungen eines Mittels gegen COVID-19 verboten.

"Volles Potenzial für autonomes Fahren"

Landgericht München I: Diese Reklame des Autoherstellers Tesla ist irreführend

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., zu deren Mitgliedern auch Autoproduzenten gehören, beanstandete Werbeaussagen der Tesla Germany GmbH. Die deutsche "Filiale" des amerikanischen Autoherstellers hatte auf ihrer Website das serienmäßig eingebaute Tesla-Fahrassistenzsystem als "Autopilot" bezeichnet und für zusätzlich angebotene Komponenten geworben. Überschrift: "Volles Potenzial für autonomes Fahren".

Laut Internetreklame ermöglicht der "Autopilot|Inklusive" automatisches Lenken, Beschleunigen, Bremsen und berücksichtigt dabei sogar Fahrzeuge und Fußgänger auf seiner Fahrspur. "Autonomes Fahren" verspricht das Unternehmen, z.B. automatische Fahrt auf Autobahnen — inklusive selbständiges Überholen langsamerer Fahrzeuge — sowie eine Automatik für paralleles und rechtwinkliges Einparken. Der Besitzer könne das geparkte Auto auch "herbeirufen".

Die Wettbewerbshüter fanden die Lobeshymnen auf die "Selbstfahrfähigkeiten" der Tesla-Autos irreführend und das Landgericht München I gab ihnen Recht (33 O 14041/19). Bei diesen Werbeaussagen sei eine Täuschung der Verbraucher nicht auszuschließen. Um einschlägige Irrtümer zu vermeiden, reiche die unklare Information auf der Website, die derzeit aktivierten Funktionen verlangten "aktive Überwachung durch den Fahrer", nicht aus.

Allein die Verwendung des Begriffs "Autopilot" erwecke beim durchschnittlich informierten Verbraucher die falsche Vorstellung, Tesla-Fahrzeuge seien technisch in der Lage, vollkommen autonom zu fahren. Tatsächlich sei mit dem Fahrassistenzsystem Fahren ohne menschliches Eingreifen jedoch nicht möglich. Das gelte sowohl für den serienmäßig gelieferten Tesla-Autopiloten, als auch für das Extra-Paket "Volles Potenzial für autonomes Fahren".

Zudem suggeriere die Internetreklame, in Deutschland wäre autonomes Fahren zulässig. Dabei widerspreche es klar der Straßenverkehrsordnung. Den im Text nahegelegten falschen Eindruck könne das Unternehmen nicht korrigieren, indem es — unauffällig platziert am Ende der Website — darauf hinweise, dass autonomes Fahren prinzipiell eine gesetzliche Erlaubnis voraussetze.

Nicht jeder darf (Hotel-)Sterne vergeben!

Das Google-Hotel-Bewertungssystem stellt wettbewerbswidrige Reklame dar

In Deutschland organisiert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ein freiwilliges Bewertungssystem für Hotels, an dem fast 40 Prozent der Hotelbetriebe teilnehmen. Die Anforderungen bei der Vergabe von Sternen sind hoch, da nimmt man es bei der Dehoga sehr genau. Alle drei Jahre werden alle Teilnehmer durchgecheckt, ob sie noch die entsprechenden Standards erfüllen.

Reklame mit Sternen anderen Ursprungs ist daher nicht gern gesehen. Für die Dehoga verklagte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber Google auf Unterlassung. Google hatte in Suchergebnissen ("Local Listings") deutsche Hotels mit Angaben wie "3-Sterne-Hotel" aufgeführt. Darunter zahlreiche Hotelbetriebe, die nicht von der Dehoga ausgezeichnet wurden.

Irreführende Reklame sei das, fand die Wettbewerbszentrale: Viele der von Google gelisteten Hotels seien offiziell gar nicht klassifiziert — das Internetunternehmen vergebe eigenmächtig Sterne nach völlig unklaren Kriterien. So sah es auch das Landgericht Berlin und verbot die Werbung als unzulässig (101 O 3/19).

Nicht betroffen seien die Rezensionen und Bewertungen von Nutzern auf der Onlineplattform, die ebenfalls mit Sternen arbeiteten. Dass Privatleute nach subjektiven Kriterien urteilten, sei allen Internetnutzern klar — da komme kein Irrtum auf. Wenn aber Google Hotels mit Sternen schmücke, erwecke das den Eindruck objektiver Bewertung. Dabei liege dieser Klassifizierung keine unabhängige, nachvollziehbare Beurteilung nach sachlichen Kriterien zugrunde. Das verstoße gegen die Prinzipien fairen Wettbewerbs.

Ritter behält sein "Quadrat-Monopol"

Die Verpackungsform von "Ritter Sport"-Schokolade bleibt als Marke geschützt

Das jahrelange juristische Tauziehen um die quadratische Schokolade scheint beendet. Alle Versuche des Milka-Produzenten, den Markenschutz für die charakteristische Verpackungsform löschen zu lassen, um ebenfalls quadratische Schokoladetafeln verkaufen zu dürfen, blieben letztlich erfolglos. Schokoladenhersteller Ritter behält sein "Quadrat-Monopol", entschied in letzter Instanz der Bundesgerichtshof (I ZB 42/19).

Die Traditionsfirma aus Baden-Württemberg, die Alfred Ritter GmbH & Co.KG, hat vor Jahrzehnten zwei dreidimensionale Formen als Marke für "Tafelschokolade" registrieren lassen: eine Verpackung mit quadratischer Grundfläche, zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer Verschlusslasche auf der Rückseite. In dieser Verpackung verkauft Ritter seit jeher die Schokoladen "Ritter Sport" und "Ritter Sport Minis".

Die Konkurrenz beantragte, die Verpackungsform als Marke zu löschen. Hauptargument: Die quadratische Form mache Lagerung und Transport einfacher, diese Verpackungsform müsse allen Herstellern offen stehen. Der Milka-Produzent bekam vom Bundespatentgericht Recht. Doch die Markeninhaberin legte Beschwerde ein und war damit beim Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich.

Das zentrale Merkmal der als Marke eingetragenen Verpackung sei deren quadratische Grundfläche, so der BGH. Und die Firma Ritter stelle in der Werbung die quadratische Form auch besonders heraus: "Quadratisch. Praktisch. Gut". Möglicherweise sähen deshalb einige Verbraucher in der Form der Verpackung einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade und verknüpften damit besondere Erwartungen im Punkt Qualität. Das sei hier jedoch nicht entscheidend.

Vom Markenschutz ausgeschlossen sei die Form einer Verpackung unter anderem dann, wenn gerade sie der Ware wesentlichen Wert verleihe. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kaufentscheidung von Verbrauchern bei Schokolade "in hohem Maß durch dieses Merkmal bestimmt" werde. Die wesentliche Gebrauchseigenschaft bestehe im Geschmack. Die quadratische Form der Verpackung führe auch nicht zu einem größeren Preisunterschied gegenüber anderen Tafelschokoladen. Sie mache nicht den Wert der Schokolade aus.

Sofortbild = Polaroid?

Auch Fujifilm darf Sofortbild-Filme für quadratische Fotos verkaufen

Europäische Ableger des japanischen FUJI-Konzerns vertreiben seit 1998 in Europa Sofortbild-Kameras und entsprechende Filme unter dem Namen "instax". Seit 2017 nicht mehr nur Filme für Bilder in rechteckigen Formaten, seither wird auch das quadratische Format "SQUARE" angeboten. Das Patent der Polaroid Corporation für Sofortbilder war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgelaufen.

Dennoch forderte die Rechtsnachfolgerin der Pleite gegangenen Polaroid Corporation — die Sofortbild-Filme unter der Bezeichnung "Polaroid ORIGINALS" verkauft —, den Vertrieb von "instax SQUARE" zu verbieten. Sie verklagte die FUJI-Unternehmen, weil deren Sofortbild-Film unzulässig ihr klassisches Polaroid-Format nachahme. Die Kopie der charakteristischen Form berge die Gefahr, dass sich Verbraucher über die Herkunft des Produkts täuschten.

Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Köln wiesen die Klage ab (6 U 265/19). Zwar seien bei beiden Filmen die eigentlichen Fotografien quadratisch. Die Bilder hätten weiße Ränder, wobei der untere Rand etwas breiter sei. Das allein begründe aber nicht den Vorwurf einer Kopie, so das OLG: Denn die Bildgröße sei verschieden, die Ränder unterschiedlich breit. Zudem seien die Ecken der Bilder bei FUJIFILM abgerundet.

Die FUJI-Unternehmen hätten ihre schon 20 Jahre erfolgreich verkaufte Produktreihe "instax" nur um ein quadratisches Format erweitert. Das könne man ihnen nicht verbieten. Dass sich die Verbraucher über die betriebliche Herkunft dieses Produkts täuschten, sei dennoch nicht zu befürchten: Schließlich trügen die Filme und die Sofortbild-Kameras sehr gut sichtbar den Markennamen "FUJI". Jeder durchschnittlich informierte und aufmerksame Verbraucher könne daher die Produkte den unterschiedlichen Herstellern richtig zuordnen.

Irreführende Notdienst-Reklame

Zahnarzt-Webseite wirbt für das Angebot einer Privatpraxis, als handle es sich um den kassenärztlichen Notdienst

Eine Kölner Gemeinschaftspraxis von Zahnärzten wurde von der Zahnärztekammer auf Unterlassung verklagt. Stein des Anstoßes war die Webseite der Praxis: Im Internet warben die Zahnärzte für ihren privaten Notdienst in den Abendstunden und an den Wochenenden.

Die Zahnärztekammer Nordrhein hielt die Reklame für irreführend: Patienten verständen sie als Angebot eines öffentlich-rechtlich organisierten Notdienstes. Der Hinweis, dass es nicht um den Notdienst der kassenzahnärztlichen Vereinigung oder der Zahnärztekammer gehe, werde erst sichtbar, wenn der Internetnutzer bis zum Ende der Seite "scrolle". Diese Information schließe also gerade nicht aus, dass sich Patienten in Bezug auf das Angebot irrten.

Auch das Oberlandesgericht Köln hielt die Gestaltung der Internetseite für irreführend und korrekturbedürftig (6 U 140/19). Sogar eine gesetzlich zulässige und objektiv richtige Angabe könne irreführend sein, wenn sie bei den angesprochenen Personen zu einer falschen Vorstellung führe, die ihr Geschäftsverhalten beeinflussen könne. Angesprochen seien hier schmerzgeplagte Patienten auf der Suche nach einem Zahnarztnotdienst.

Die Internetadresse der Gemeinschaftspraxis sei sehr allgemein gehalten. Für Patienten sei daher nicht leicht zu erkennen, dass es sich um die Internetseite einer Praxis bzw. einer privaten Zahnklinik handele. Daher könnten Internetnutzer denken, es gehe hier um einen von der Zahnärztekammer organisierten Notdienst. Der Gedanke sei sogar naheliegend.

Die Webseite hebe das Notdienstangebot der Praxis besonders hervor. Für die Internetnutzer sei aber nicht ersichtlich, dass sich die Werbung nur auf einen von der Praxis selbst organisierten Notdienst beziehe. Die Richtigstellung am Ende der Seite könne diesen falschen Eindruck nicht ausräumen, weil sie nicht direkt neben dem "Blickfang" platziert sei.

VW Golf mit 2.040 km für 1.100 Euro

"TOP-Angebot" auf der Kfz-Onlinebörse war nicht "TOP": Wird es durch den Eingabefehler irreführend?

Ein Gebrauchtwagenhändler stellte auf einer Kfz-Handelsplattform einen alten Golf zum Kaufpreis von 1.100 Euro ein. Der Wagen hatte 204.032 Kilometer auf dem Tacho, im Online-Angebot standen aber nur 2.040 km. Ein Eingabefehler. Der tatsächliche Kilometerstand war allerdings auf einem Foto vom Tachometer gut zu sehen, das dem Angebot beigefügt war.

Dennoch zog ein Konkurrent vor Gericht und verlangte vom Händler Unterlassung: Verbraucher würden durch das Angebot getäuscht, denn der Wagen werde auf der Onlinebörse als "TOP-Angebot" groß herausgestellt.

Diesen Vorwurf hielt das Landgericht Köln nicht für gerechtfertigt: Internetnutzer, die sich für Autos interessierten, bemerkten den Eingabefehler sofort. Die Diskrepanz zwischen Kilometerangabe und Kaufpreis sei offenkundig und dann gebe es ja auch noch das Foto vom Tachometer …

Gegen diese Entscheidung legte der Konkurrent Berufung ein, die beim Oberlandesgericht (OLG) Köln Erfolg hatte (6 W 25/20). Der Händler habe das Wettbewerbsrecht nicht schuldhaft verletzt, räumte das OLG ein: Natürlich handle es sich hier um einen Irrtum. Trotzdem habe der Konkurrent Anspruch darauf, dass das Angebot zurückgezogen oder korrigiert werde.

Die Angabe eines viel zu niedrigen Tachostandes sei unlauter und irreführend, weil der Algorithmus der Internetplattform die Angebote nach dem Verhältnis von Tachostand und Kaufpreis bewerte. Deshalb sei der alte Golf fälschlich als "TOP-Angebot" eingestuft, blickfangmäßig hervorgehoben und beworben worden.

Zwar sei es richtig, dass Internetnutzer auf dem Foto die tatsächliche Laufleistung ablesen könnten. Der Kaufpreis und ein Tachostand von 2.040 km passten auffällig schlecht zusammen. Wenn Verbraucher aber nicht wüssten, wie das Gütesiegel "TOP-Angebot" zustande komme, könnten sie annehmen, es gebe für diese tolle Bewertung andere gute Gründe. Solange der alte Golf als "TOP-Angebot" eingestuft sei, bestehe auch die Gefahr einer Irreführung.

"Perfekte Zähne"

Diese Reklame einer Kieferorthopädin ist ein "unzulässiges Erfolgsversprechen"

Eine Kieferorthopädin wirbt auf ihrer Homepage für ein Zahnschienen-System X: "X ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. ... man (erhält) 14 Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils zwei Wochen trägt, jede Schiene ist anders und verändert ihre Zähne Schritt für Schritt ... Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner lächeln."

Diese Werbeaussagen erbosten die Inhaber einer anderen kieferorthopädischen Praxis, die im Eilverfahren dagegen vorgingen: Reklame für "perfekte Zähne" verspreche einen Behandlungserfolg, was laut Heilmittelwerbegesetz unzulässig sei. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab den Konkurrenten Recht und untersagte die Werbung (6 U 219/19).

Im Gesundheitsbereich dürfe Reklame nicht den Eindruck erwecken, ein bestimmter Erfolg werde "sicher" eintreten. Dieser Regelung liege die Einsicht zugrunde, dass auch erprobte Therapien aufgrund der besonderen Veranlagung eines Patienten manchmal scheiterten. Ärzte könnten und dürften daher keine Erfolgsgarantie geben. Doch das Versprechen "perfekter Zähne" erwecke den falschen Eindruck, ein Behandlungserfolg sei sicher.

So fassten jedenfalls durchschnittlich informierte Patienten die Werbung auf. Dagegen könne man nicht einwenden, Verbrauchern sei es durchaus geläufig, dass Reklame etwas anpreise und dabei übertreibe — also würden sie die Aussagen schon richtig verstehen.

Denn gerade bei Internetauftritten von Medizinern erwarteten Patienten keine reklamehaften Übertreibungen. Sie vertrauten den Ärzten wegen ihres Heilauftrags und rechneten bei Werbeangaben eher mit Zurückhaltung. Im Zweifel nähmen Verbraucher Erfolgsversprechen von Ärzten also ernst.

Konzertveranstalter contra Tickethändler

Zweitverkäufer dürfen die Preise von Eintrittskarten höchstens um 25 Prozent erhöhen

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) liegt seit langem im Streit mit Zweitverkäufern auf dem Ticketmarkt: Sie bieten Eintrittskarten für Konzerte oder Sportveranstaltungen nach Ansicht des BDKV zu weit überhöhten Preisen an.

Viele Veranstalter nahmen deshalb in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) folgende Klausel auf: Bei einem Weiterverkauf von Tickets dürfe deren Preis höchstens um 25 Prozent steigen. Gegen diese Klausel klagte der niederländische Tickethändler "Ticketbande".

Doch das Oberlandesgericht Celle erklärte sie für wirksam (13 U 18/19). Erstverkäufer von Eintrittskarten dürften in ihren AGB regeln, dass Zweitverkäufer ein Ticket nur weiterverkaufen dürften, wenn der neue Käufer keinen höheren Aufschlag als 25 Prozent dafür zahlen müsse. Ein Aufschlag von 25 Prozent sei zulässig, für Nebenkosten wie Porto und Vermittlungsgebühr.

Der BDKV begrüßte das Urteil: Es sei eine entscheidende Etappe auf dem Weg, den Ticketzweitmarkt zu regulieren. Entgegen den Behauptungen der Tickethändler sei die einschlägige Klausel gültig. Sie sei für die Veranstalter ein erfolgversprechendes Mittel, endlich das "wucherische Geschäft der Zweitmarkthändler" einzudämmen.

Produktbewertungen auf der Handelsplattform

Der Verkäufer von Schmerzpflastern haftet nicht für irreführende Aussagen von Kunden

Ein Händler vertreibt auf der Online-Handelsplattform Amazon Schmerzpflaster ("Kinesiologie-Tapes"). Schon vor Jahren hatte ein Wettbewerbsverein mit ihm wegen irreführender Werbung gestritten. Denn der Händler hatte seine Produkte als wirksames Mittel gegen Schmerzen angepriesen, was medizinisch nicht nachgewiesen ist. Damals hatte der Anbieter den Prozess verloren und musste die Reklame ändern, weil sie gegen das Heilmittelwerbegesetz verstieß.

Nun verklagte ihn der Wettbewerbsverein erneut. Diesmal ging es allerdings nicht um Werbung des Anbieters selbst, sondern um Bewertungen, die Kunden auf Amazon eingestellt hatten. Käufer können bei Amazon Produkte bewerten. Wird auf der Online-Handelsplattform ein bestimmter Artikel von Internetnutzern aufgerufen, werden automatisch alle Kundenbewertungen angezeigt, die zu diesem Artikel abgegeben wurden.

Bei den Kinesiologie-Tapes stießen Interessenten auf folgende Kommentare: "Schnell lässt der Schmerz nach", "Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg" oder "Schmerzen lindern". Amazon lehnte es ab, die Kundenrezensionen zu löschen. Daraufhin verlangte der Wettbewerbsverein bei Gericht, gegen den Händler eine Vertragsstrafe zu verhängen: Statt von Amazon zu fordern, diese irreführenden Aussagen zu löschen, habe er sich diese Aussagen zu Eigen gemacht.

Der Wettbewerbsverein verlor den Prozess vor dem Bundesgerichtshof (I ZR 193/18). Zweifellos seien die gesundheitsbezogenen Angaben in den Kundenbewertungen irreführend, erklärten die Bundesrichter. Die unzulässige Werbung für Medizinprodukte sei aber nicht dem Händler zuzurechnen, der nicht aktiv damit werbe. Nach den Feststellungen der Vorinstanz habe er die blauäugigen Rezensionen auch nicht veranlasst oder sich deren Inhalt zu eigen gemacht. Für diesen Inhalt müsse er daher nicht geradestehen.

Die Bewertungen seien deutlich als Äußerungen von Kunden gekennzeichnet, fänden sich bei Amazon getrennt vom Angebot des Händlers und würden von Internetnutzern nicht dem Verkäufer zugerechnet. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht seien. Verbraucher tauschten gerne Informationen über Vorzüge und Nachteile von Produkten mit anderen Verbrauchern aus. Dieses Interesse sei durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt.

Irreführende Arzneimittel-Reklame?

Ob eine Werbeaussage irreführend ist, hängt vom Verständnis der Adressaten ab

Zwei Pharmahersteller vor Gericht: Beide stellen Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS) her. Ein Unternehmen warf dem anderen vor, in der Zeitschrift "Der Nervenarzt" mit irreführenden Angaben für sein Arzneimittel Q geworben zu haben. Darin war die Rede von "besonderer Wirksamkeit".

Wissenschaftlich nicht gesichert und irreführend sei diese Aussage, fand die Konkurrenz. Dass das Medikament wirke, sei nur für eine beschränkte Patientengruppe belegt. Auf verschiedene Wechselwirkungen sei es noch gar nicht untersucht worden.

Das Oberlandesgericht Hamburg wies die Kritik zurück (3 U 137/17). Ob Reklame als irreführend anzusehen sei, hänge wesentlich vom Verständnis der Adressaten ab. Und die Q-Werbung richte sich gezielt an einen engen Kreis von Ärzten: an Neurologen, die MS-Patienten behandelten. Sie wüssten, dass MS nicht heilbar sei und Arzneimittel die Krankheit nur lindern bzw. ihr Fortschreiten verzögern könnten. Mit "guter Wirksamkeit" sei gemeint, dass das Arzneimittel Q das Fortschreiten der MS reduziere.

Fachärzte verständen das schon richtig, sie würden durch die Reklame also nicht getäuscht. Sie erwarteten auch nicht, dass die "gute Wirksamkeit" uneingeschränkt für alle Patientengruppen gelte. Mediziner wüssten nämlich, dass klinische Studien nie mit allen Gruppen der Bevölkerung durchgeführt würden: Schwangere, Kinder, Senioren, Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen seien dabei ausgeschlossen.

Da Q nur zur Behandlung erwachsener Patienten zugelassen wurde, sei es bedeutungslos, dass die Wirksamkeit des Arzneimittels für Kinder und Jugendliche nicht untersucht wurde. Jeder Arzt wisse auch, dass Medikamente bei Zulassungsstudien nicht in Bezug auf ihre Wechselwirkung mit allen anderen Arzneimitteln geprüft würden. Von Irreführung könne bei der Q-Reklame also keine Rede sein.

"Balsamico" ist kein geschützter Begriff

Deutscher Essig-Vertrieb darf weiterhin "Balsamico" auf seine Etiketten schreiben

Balema heißt ein deutsches Unternehmen, das Essig aus badischen Weinen herstellt und Essig anderer regionaler Erzeuger vermarktet. Auf einigen seiner Etiketten finden sich die Bezeichnungen "Balsamico" und "Deutscher Balsamico": z.B. in den Aufschriften "theo der essigbrauer, Holzfassreifung, Deutscher Balsamico traditionell, naturtrüb aus badischen Weinen" und "1. Deutsches Essig-Brauhaus, Premium, 1868, Balsamico, Rezeptur No. 3".

Zu den in Europa geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben gehört auch der "Aceto Balsamico di Modena" (Balsamessig aus dem italienischen Modena). Das Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena — ein Konsortium, dem Produzenten von "Aceto Balsamico di Modena" angehören — verlangte vom Unternehmen Balema, den geschützten Begriff "Balsamico" nicht mehr zu verwenden.

Das deutsche Unternehmen ging zum Gegenangriff über und wollte gerichtlich feststellen lassen, dass es Balsamessig weiterhin "Balsamico" nennen darf. "Balsamico" sei nur das italienische Wort für Balsamessig und habe nichts mit der geschützten geografischen Herkunftsangabe zu tun. Der Streit beschäftigte zunächst die deutsche Justiz, schließlich legte der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Sache zur Klärung vor.

Seine Frage lautete: Betrifft der Schutz für die Ursprungsbezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" nur diese Bezeichnung insgesamt oder umfasst er auch ihre einzelnen (nicht geografischen) Bestandteile "aceto", "balsamico" und "aceto balsamico"? Die einzelnen Begriffe sind nicht geschützt, so die Antwort des EuGH (C-432/18).

Zweifellos genieße die Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" sowohl auf dem nationalen Markt für Lebensmittel als auch im Ausland sehr hohes Ansehen. Schutz für die nicht geografischen Begriffe "aceto" und "balsamico" (sowie für ihre Kombinationen und Übersetzungen in andere Sprachen) komme dagegen nicht in Frage. "Aceto" bedeute einfach Essig, "balsamico" sei ein Adjektiv, das üblicherweise einen Essig von süßsaurem Geschmack kennzeichne.

Solche Begriffe gehörten zum allgemeinen Sprachgebrauch und könnten nicht für kommerzielle Zwecke von Unternehmen monopolisiert werden. Auch in Italien würden sie in anderen, eingetragenen Ursprungsbezeichnungen verwendet (z.B. "Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia"), ohne dass dies die Marke "Aceto Balsamico di Modena" beeinträchtige.

Markenrecht schützt auch die Verpackung

Arzneimittelimporteurin darf Markenkrebsmedikament nicht umpacken

Der ausländische Hersteller eines Krebsmedikaments, der daran auch die Markenrechte hat, vertreibt das teure Produkt in einer durchsichtigen Sicherheitsfolie. Sie macht es erkennbar, wenn die Verpackung geöffnet wurde. Importeure ausländischer Arzneimittel müssen die Originalverpackungen öffnen, bevor sie die Arzneimittel in Deutschland verkaufen, um deutschsprachige Beipackzettel beizulegen.

Die deutsche Importfirma des Krebsmedikaments wollte nicht nur die Beipackzettel hinzufügen, sondern das Mittel nach dem Öffnen in eigene Verpackungen mit anderen Sicherheitsmerkmalen umpacken. Das passte dem Hersteller gar nicht: Er pochte auf seine Markenrechte und forderte per Klage ein "Umpackverbot". Beim Landgericht Köln setzte er sich durch, das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte die Entscheidung (6 U 142/19).

Markenrechte gelten auch für die Originalverpackung, so das OLG, daher dürfe die Importfirma die Originalware nicht umpacken. Dass Importeure Sicherheitsmerkmale ersetzten, sei zwar prinzipiell zulässig. Sie sollten verhindern, dass gefälschte Arzneimittel in die Lieferkette gelangten und die Gesundheit der Patienten gefährdeten — was dennoch oft genug der Fall sei. Es sei aber nicht erforderlich, Medikamente umzupacken, um die EU-Fälschungsschutzrichtlinie einzuhalten.

Im konkreten Fall sei Fälschungsschutz gewährleistet, wenn es für die Verbraucher klar sei, wer das ursprüngliche Sicherheitsmerkmal des Krebsmedikaments beschädigt habe. Damit sei dann die Importfirma für den Inhalt der geöffneten und wieder verschlossenen Packung verantwortlich. Ihre Mitarbeiter dürften nur ordnungsgemäß verschlossene und mit einem intakten Sicherheitsmerkmal versehene Verpackungen öffnen und mit einem neuen Sicherheitsmerkmal wieder verschließen. Das müsse die Importfirma sicherstellen.

Firma verkauft erfundene Hotel-Bewertungen

Landgericht München I erklärt das dubiose Geschäftsmodell für rechtswidrig

Wer sich auf Internet-Bewertungen verlässt, ist von allen guten Geistern verlassen — egal, in welcher Branche: Es ist (fast) alles "Fake", so kann man den aktuellen Stand zusammenfassen. Aber vielleicht ist ja Besserung in Sicht! Jedenfalls hat das Landgericht München I gekaufte Fake-Bewertungen im Internet für rechtswidrig erklärt. Anlass für diese Entscheidung war eine Klage des Urlaubsportals Holidaycheck gegen die Firma Fivestar Marketing mit Firmensitz in Belize (Südamerika).

Anders als andere Firmen mit dem gleichen, dubiosen Geschäftsmodell lässt Fivestar Bewertungen nicht automatisch "generieren", sondern von freien Mitarbeitern: Sie produzieren erfundene Lobhudeleien quer durch alle Branchen. Fivestar beschreibt sein Firmenangebot so: "Durch Fivestar erhalten Sie hochwertige Rezensionen Ihrer Produkte, Ihrer Dienstleistungen oder Ihres Shops".

Am teuersten verkauft Fivestar Amazon-Bewertungen (ab 19,40 Euro aufwärts). Vielleicht sind sie aber nicht mehr lange zu haben, denn Amazon hat gegen Fivestar ebenfalls schon juristische Schritte unternommen.

Das Urlaubsportal Holidaycheck, das zum Medienkonzern Burda gehört, hat sich gegen Fake-Rezensionen von Hotels und Ferienhäusern gewehrt, die von den Hoteliers bzw. von Hausvermietern auf dem Internetportal eingestellt werden. Zu Recht, entschied das Landgericht München I (17 HK O 1734/19): Fivestar dürfe keine Bewertungen von Personen verkaufen, die in dem betreffenden Hotel oder Ferienhaus nicht wirklich übernachtet hätten.

Darüber hinaus müsse die Firma dafür sorgen, dass ihre Kunden aus der Reisebranche die entsprechenden Fake-Bewertungen zurückziehen bzw. löschen. Dem Urlaubsportal Holidaycheck müsse die Firma Fivestar außerdem Auskunft darüber geben, von wem die erfundenen Bewertungen stammten. Fivestar-Rezensenten hätten die benoteten Hotels und Ferienhäuser "nie von außen, geschweige denn von innen gesehen", so der Vorsitzende Richter.

"Anti Hangover Drink"

Nahrungsergänzungsmittel dürfen nicht als Mittel gegen "Kater" beworben werden

Ein Unternehmen vertreibt Nahrungsergänzungsmittel, die laut Werbung die Wirkungen des Katers nach Alkoholkonsum lindern bzw. seinem Entstehen vorbeugen. Als Pulver oder als fertige Mischung zum Trinken werden sie angeboten und so angepriesen:

"Natürlich bei Kater". "Reich an Salicin und Flavonoiden". "Mit unserem Anti-Hangover-Drink führst Du Deinem Körper natürliche, antioxidative Pflanzenextrakte, Elektrolyte und Vitamine zu". Alkohol entziehe dem Körper "wichtige Nährstoffe", danach müsse man ihn wieder mit "Vitaminen und Power versorgen".

Ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb, zu dessen Mitgliedern auch Konkurrenten des Herstellers gehören, beanstandete die Werbeaussagen: Reklame für Lebensmittel dürfe diesen keine heilenden Wirkungen zuschreiben, sie seien kein "Arzneimittelersatz". Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab dem Verein Recht und erklärte die Werbung für unzulässig (6 U 114/18).

Reklame für und Informationen über Lebensmittel dürften nicht den Eindruck erwecken, diese könnten eine Krankheit heilen oder ihr vorbeugen. Die beanstandeten Werbeaussagen des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers suggerierten genau das den überwiegend jungen Verbrauchern, die gerne feierten: Da werde versprochen, die Produkte sorgten für Alkoholmissbrauch ohne negative Folgen. Das verharmlose dessen Wirkungen.

Um die Gesundheit der Bevölkerung wirksam zu schützen, müsse man den Begriff der Krankheit hier weit auslegen, erklärte das OLG. Ein "Kater" oder "Hangover" nach übermäßigem Alkoholkonsum stelle eine Störung des normalen Körper-Zustands dar.

Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerzen gehörten nicht zum natürlichen "Auf und Ab" des Körpers, würden vielmehr von der schädlichen Substanz Alkohol ausgelöst. Ein Alkoholkater sei als Krankheit einzustufen, auch wenn die Symptome in der Regel ohne ärztliche Behandlung von selbst wieder verschwänden.

"Mir langts"

Einigung im Urheberrechtsstreit über einen bayerischen Satz auf T-Shirts

Ein T-Shirt-Hersteller vertreibt unter anderem T-Shirts, auf denen ein bayerischer Spruch aufgedruckt ist: "Mir langts dass i woas dass i kannt wenn i woin dad". Dieser Satz bedeutet auf Hochdeutsch: "Es genügt mir, wenn ich weiß, dass ich könnte, wenn ich wollte." Mit diesem Spruch sorgte der Unternehmer für große Aufregung. Dabei ging es allerdings nicht um den Inhalt des Satzes, sondern um das Urheberrecht an ihm.

Eine Münchner Plattenfirma behauptete, die Redewendung in bayerischer Mundart sei erst mit einem 2008 veröffentlichten Lied der Kabarettistin Martina Schwarzmann bekannt geworden. Als Lizenzinhaberin komme ihr, der Plattenfirma, das Urheberrecht am Lied und am Text des Musikstücks zu. Die Plattenfirma klagte auf Unterlassung: Der T-Shirt-Hersteller dürfe den Satz nicht mehr abdrucken.

Der Unternehmer fand diese Forderung albern: Er kenne die bayerische Redewendung von seiner Mutter, sie sei in der Familie seit Generationen üblich. Und nicht nur in seiner Familie: Hunderte von Zeugen könnte er nennen, die den Spruch aus der Kindheit und Jugend kennen.

Nun haben sich die Streithähne offenbar vom Landgericht München I zu einem Vergleich "überreden" lassen. Mit einer gütlichen Einigung wollten die Parteien "ihre Wertschätzung für die bayerische Sprache und Mundart in all ihrer Vielfalt zum Ausdruck bringen", verkündete das Landgericht. Na bitte. Wer ko, der ko.

"Thermomix"-Kochbücher

Trotz Markenschutzes für Thermomix: Enthält ein Kochbuch nur Rezepte speziell für die Maschine, darf der Verlag darauf hinweisen

Der Hersteller der Küchenmaschine "Thermomix" verklagte einen Kochbuchverlag auf Unterlassung. Inhalt des Streits: Der Kochbuchverlag bringt unter anderem Kochbücher mit Rezepten speziell für den "Thermomix" heraus. Um die Verbraucher darauf aufmerksam zu machen, verwendet er den — markenrechtlich geschützten — Namen "Thermomix" auf den Buchcovern. Dazu sei der Verlag nicht berechtigt, fand der Gerätehersteller: Er nutze die bekannte Marke aus, um für seine Kochbücher zu werben.

Doch das Oberlandesgericht (OLG) Köln erklärte die Aufschrift "Thermomix" auf den Kochbüchern für zulässig (6 U 29/19). Richtig sei, dass der Verlag die Wertschätzung der Verbraucher für die "Kultmarke" nutze, um seine Bücher an den Mann und die Frau zu bringen, räumte das OLG ein. In der unübersehbaren Flut von Kochbüchern auf dem Markt helfe die Marke "Thermomix" dabei, sich von der Masse abzuheben.

Dieser Hinweis sei aber auch nötig, um die Verbraucher über den Inhalt der Spezial-Kochbücher zu informieren. Denn sie seien nur für "Thermomix"-Besitzer nützlich, für andere Köche dagegen nutzlos. Um Fehlkäufe zu vermeiden, müsse der Verlag darauf hinweisen, wenn ein Kochbuch ausschließlich Rezepte für diese Küchenmaschine biete. Ausnahmsweise sei es also in diesem Fall trotz des Markenschutzes gerechtfertigt, die Marke zu verwenden — sofern sie nur zur Verbraucherinformation benutzt werde.

Der Verlag dürfe auf dem Cover den Produktnamen nennen und ein stilisiertes Bild der Maschine zeigen. Diese Grenze habe der Verlag bei der Gestaltung seiner Titelseiten bisher nie überschritten. Als Blickfang für die Verbraucher werde jeweils der Buchtitel hervorgehoben. Erst dann nehme der Leser auf dem Cover das Wort "Thermomix" wahr sowie das Zeichen des Kochbuchverlags. Die stilisierte Abbildung der Küchenmaschine sei sowieso nur ein relativ kleines, "optisch untergeordnetes" Dekorationselement.

"Vespa"-Motorroller abgekupfert?

Rechteinhaber Piaggio beanstandet die Verletzung des geistigen Eigentums durch ein chinesisches Unternehmen

Die chinesische "Zhejiang Zhongneng Industry Group" hatte beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein so genanntes Geschmacksmuster eintragen lassen. Geschmacksmuster sind sozusagen geschützte Design-Vorlagen, im konkreten Fall die Vorlage für einen Motorroller.

2014 beantragte der italienische Hersteller Piaggio — Inhaber der Markenrechte am berühmten Motorroller "Vespa" — den Eintrag des Zhejiang-Motorrollers für nichtig zu erklären. Er sei mehr oder weniger eine Kopie der Design-Ikone "Vespa LX", die in Frankreich und Italien sogar als schöpferisches Werk urheberrechtlich geschützt sei. Das EUIPO wies den Antrag ab.

Die Klage von Piaggio gegen diese Entscheidung scheiterte beim Gericht der Europäischen Union (T-219/18). Optisch machten die beiden Krafträder einen unterschiedlichen Gesamteindruck, fand das Gericht. Den Zhejiang-Motorroller zeichneten eckige Konturen aus, bei der Vespa LX herrschten runde Linien vor. Inwiefern Zhejiang den Motorroller Vespa LX kopiert haben könnte, sei daher nicht nachvollziehbar.

Auch andere Formmerkmale seien verschieden, was der Aufmerksamkeit informierter Benutzer nicht entgehen werde. Diejenigen Verbraucher, für die der Kauf eines Motorrollers in Frage komme, widmeten sich nämlich dem Produkt mit großem Interesse: Sie nähmen den Stil und das Erscheinungsbild der Vespa LX, deren "rundlichen, femininen" Charakter durchaus wahr. Deshalb sei nicht zu befürchten, dass sie die beiden Motorroller verwechselten.