Sofort nach dem Verkehrsunfall erhielt der Autobesitzer A ein Schreiben vom Kfz-Versicherer des Unfallverursachers: "Ihr Fahrzeug hat vermutlich einen Totalschaden erlitten. In vielen Fällen können wir Ihnen ein höheres Restwertangebot (Wert nach Unfall) übermitteln. Das Fahrzeug wird dann für Sie kostenlos abgeholt."
Der Versicherer schaltete einen Sachverständigen ein, der den Restwert des Autos auf 2.100 Euro schätzte. Im Gutachten fand A die Adresse eines Aufkäufers und ein auf 22 Tage befristetes Angebot, den Unfallwagen für 2.100 Euro zu erwerben. Es enthielt jedoch keinen Hinweis auf Zahlungsmodalitäten oder über das Abholen. A kaufte ein neues Auto. Den Unfallwagen verkaufte er erst nach Monaten für 800 Euro. Diesen Betrag hatte ein Sachverständiger vor Ort als Restwert ermittelt und dafür regionale Angebote ausgewertet.
Der Kfz-Versicherer dürfe nicht 2.100 Euro, sondern nur 800 Euro Restwert veranschlagen, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt (22 U 49/08). A habe das Angebot des unbekannten Anbieters nicht annehmen müssen. Wie üblich in solchen Fällen, übersteige das Angebot den regional erzielbaren Restwert um ein Vielfaches. Wie solche Werte errechnet würden, sei nicht einmal für Kfz-Fachleute nachvollziehbar und sehr dubios.
Vermutlich würden Karosseriearbeiten in Billiglohnländern durchgeführt oder die Fahrzeuge ohnehin ins Ausland transportiert. Nicht auszuschließen sei auch, dass es dem Aufkäufer lediglich auf den Kfz-Brief oder das Scheckheft ankomme, da solche Unterlagen - zu meist illegalen Zwecken - international gehandelt werden. Das Risiko, das mit so einer Geschäftsbeziehung verbunden sei, könnten Laien überhaupt nicht abschätzen.
Nur wenn die Haftpflichtversicherung selbst die Abwicklung des "Deals" mit dem Restwertaufkäufer übernommen hätte, wären diese Bedenken hinfällig. Zumindest hätte sie A zusichern müssen, dass es für ihn keinerlei Risiko und Kosten mit sich bringen würde, auf das Restwertangebot einzugehen. Das habe sie nicht getan. In dem Schreiben fehle auch der Hinweis, dass der Restwertaufkäufer das Auto kostenlos abholen und bar bezahlen werde. Ein Unfallgeschädigter müsse sich auf ein Restwertangebot nur einlassen, wenn es seriös und transparent sei - und wenn er den Unfallwagen sofort verkaufen wolle.