Auto & Verkehr

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Radunfall auf einem Wirtschaftsweg

Auf landwirtschaftlich genutzten Wegen müssen Radfahrer mit Schlaglöchern rechnen

Ein Radfahrer unternahm einen Ausflug an den Stadtrand. Quer durch Ackerland fuhr er einen befestigten Wirtschaftsweg entlang, der ansonsten überwiegend von Traktoren benutzt wird. Als der Mann auf dem fünf Meter breiten Weg in ein Schlagloch geriet, stürzte er vom Rad. Für den Unfall machte er die Kommune verantwortlich, die den Wirtschaftsweg nicht so instand halte, wie es ihre Pflicht wäre.

Acht Zentimeter tief und einen halben Meter lang sei das Schlagloch gewesen, erklärte der Radfahrer. Bei dem Sturz habe er Prellungen und Schürfwunden erlitten, Kleidung und Rad seien beschädigt. Von der Stadt verlangte er 3.500 Euro Entschädigung.

Die Kommune besserte daraufhin zwar den Weg aus, wies aber die Forderung des Radfahrers zurück: Auf landwirtschaftlichen Wegen seien größere Unebenheiten üblich, Verkehrsteilnehmer müssten sich darauf einstellen.

Das Landgericht Bochum entschied den Streit zu Gunsten der Stadt, das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte das Urteil (11 U 126/20). Das OLG räumte zwar ein, dass Schlaglöcher für Radfahrer ein gewisses Risiko darstellten. Aber: Wer Wirtschaftswege benutze, die regelmäßig mit schweren landwirtschaftlichen Geräten befahren würden, müsse mit Löchern in der Fahrbahn rechnen. Durch Traktor und Co. entständen unvermeidlich Schäden im Belag.

Davor müsse die Stadt auch nicht eigens warnen, denn das liege auf der Hand. Radfahrer dürften hier eben nur so schnell fahren, dass sie auf Gefahrenstellen rechtzeitig reagieren könnten. Ganz einfach hätte der Mann den Unfall vermeiden können, wenn er aufmerksam und (gemäß dem Rechtsfahrgebot) am rechten Wegesrand gefahren wäre. Das Loch habe sich ja eher in der Mitte des Weges befunden. "Gefahrenstellen" in der vom Kläger behaupteten Größe seien deutlich erkennbar und könnten ohne Weiteres umfahren werden.

Unfallschaden und Kfz-Nutzungsausfall

Unfallgeschädigte müssen nicht ihre Kaskoversicherung einschalten, um die Reparatur zu beschleunigen

Am 16.2.2017 wurde das vollkaskoversicherte Auto von Frau S bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die Autobesitzerin beauftragte sofort einen Kfz-Sachverständigen mit einem Schadensgutachten. Am 20.2. reichte ihr Anwalt das Gutachten bei der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ein und wies in einem Schreiben darauf hin, dass Frau S nicht in der Lage sei, die Reparatur des Autos vorzufinanzieren.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung ließ sich Zeit. Am 6.3. forderte Frau S das Unternehmen nochmals auf, den Schaden zu regulieren. Am selben Tag bat sie ihre Vollkaskoversicherung, die Reparaturkosten vorzustrecken. Als die Kaskoversicherung zusagte, brachte Frau S den Wagen am 20.3. in die Werkstatt, die ihn bis 29.3. reparierte. Schließlich übernahm der Haftpflichtversicherer die Reparaturkosten. Erbittert gestritten wurde allerdings um Schadenersatz für den Nutzungsausfall des Autos.

Die Haftpflichtversicherung ging von 15 Tagen Nutzungsausfall aus: zehn Tage Reparaturdauer plus fünf Tage für Gutachten und Überlegungsfrist. Frau S forderte jedoch Entschädigung für jeden Tag, an dem der Wagen nicht zur Verfügung stand — für 42 Tage vom 16.2. bis zum 29.3. Das Landgericht wies ihre Klage mit der Begründung ab, die Unfallgeschädigte habe ihren Kaskoversicherer zu spät in Anspruch genommen und so die Reparatur unnötig hinausgezögert.

Mit diesem Argument war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (VI ZR 569/19). Unfallgeschädigte hätten Anspruch auf sofortigen Schadenersatz. Sie seien nicht verpflichtet, den Schaden zunächst auf eigene Kosten zu beheben oder dafür Kredit aufzunehmen. Und sie müssten auch nicht den eigenen Kaskoversicherer einschalten, um die Reparatur zu beschleunigen und die Zeit des Nutzungsausfalls so kurz wie möglich zu halten.

Zweck der Kaskoversicherung sei es nicht, den Schädiger zu entlasten. Vielmehr solle sie Kosten abdecken, für die der Autobesitzer selbst aufkommen müsse. Dafür zahle er/sie auch höhere Prämien.

Den eigenen Kaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, sei für den Unfallgeschädigten in der Regel schon wegen der möglichen Rückstufung bei der Schadensklasse nicht zumutbar. Die Rückstufung unterbleibe zwar, wenn die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahle. Das gelte aber nur bei Erstattung in voller Höhe. Und die sei nicht absehbar, solange die Haftpflichtversicherung ihre Einstandspflicht prüfe. Dieses Risiko müssten Unfallgeschädigte nicht tragen.

Was ist schlechtes Wetter?

Motorradfahrer sollte für ein beschädigtes Verkehrsschild Strafe zahlen: Geschwindigkeit nicht ans Wetter "angepasst"

In einer kühlen Herbstnacht war ein Motorradfahrer auf feuchter Straße in Schieflage geraten, weggerutscht und gegen ein Verkehrsschild am Straßenrand gekracht. Für das verbogene Schild sollte er nach Ansicht des Amtsgerichts Pirmasens büßen.

145 Euro Geldstrafe wegen Sachbeschädigung brummte es dem Motorradfahrer auf, gemäß einer Vorschrift im Bußgeldkatalog: Er sei bei schlechten Wetterverhältnissen mit nicht angepasster Geschwindigkeit unterwegs gewesen. Diese Ordnungswidrigkeit sei als Unfallursache anzusehen.

Gegen das Urteil legte der Motorradfahrer Rechtsbeschwerde ein und war damit beim Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken erfolgreich (1 OWi 2 Ss Rs 107/20). Dass die Fahrbahn feucht gewesen sei, genüge nicht, um "schlechte Wetterverhältnisse" im Sinne des Bußgeldkatalogs anzunehmen, so das OLG. Wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr eine Geldbuße zu verhängen, sei daher hier nicht gerechtfertigt.

Von schlechten Wetterverhältnissen könne man sprechen bei Aquaplaning, bei Nebel oder Glatteis, bei Starkregen mit schlechter Sicht und Lichtreflexen oder bei starkem Schneefall. Diese Wetterlagen erschwerten sicheres Fahren massiv und erforderten ganz besonders vorsichtiges Fahren mit niedriger Geschwindigkeit. Ein vergleichbares Wettergeschehen habe das Amtsgericht aber für den Unfallzeitpunkt nicht festgestellt.

Oldtimer ohne Original-Sonderfarbe

Historische Originallackierung steigert den Wert: Porsche-Liebhaber kann den Kauf rückgängig machen

Ein Autohändler bot im Auftrag des Besitzers einen Oldtimer zum Verkauf an, einen Porsche 911 T Coupé (Baujahr 1973). In seinem Newsletter für Kunden stellte der Händler das Angebot vor. Der Sportwagen sei 1973 in der individuell bestellten Sonderfarbe "tief dunkelbraun" ausgeliefert worden, hieß es da. Hintergrund: Porsche-Kunden können ihr Auto in jeder nur erdenklichen Farblackierung bekommen — dieses besondere Angebot nennt sich "Farbe nach Wahl" ("color to sample").

Ein Liebhaber erstand den Oldtimer für 119.500 Euro. Allerdings war das Auto 1982 neu lackiert worden, den ähnlichen Farbton ("Mocha Brown") hatte eine Autolackiererei gemischt. Wegen der Neulackierung trat der Käufer einige Tage später vom Kaufvertrag zurück und warf dem Händler arglistige Täuschung vor: Der Porsche entspreche nicht der vereinbarten Beschaffenheit, ohne die Originallackierung wolle er ihn nicht haben.

Den Vorwurf, er habe den Oldtimer im Newsletter falsch beschrieben, wies der Händler weit von sich: 1973 habe das Auto ja tatsächlich in der gewählten Farbe "tief dunkelbraun" das Werk verlassen. Der Käufer sei also nicht getäuscht worden. Außerdem hätte er im Motorraum und am Kofferraumdeckel ohne Weiteres erkennen können, dass der Porsche einmal neu lackiert wurde.

Damit kam der Verkäufer beim Landgericht Köln nicht durch (36 O 95/19). Im Newsletter stehe zwar nur, dass der Porsche damals in der "Farbe nach Wahl" bestellt wurde, räumte das Landgericht ein. Wenn der Sportwagen aber gleichzeitig als "unrestauriertes Exemplar in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand" angepriesen werde, erwecke das beim Kaufinteressenten natürlich den Eindruck, er erhalte den Oldtimer mit dem historischen Originallack in Sonderanfertigung.

Im Newsletter und im Kaufvertrag werde die "color to sample" als Besonderheit und als wertbildender Faktor erwähnt. Daher habe der Käufer darauf vertrauen dürfen, dass sie noch vorhanden sei. Doch 1982 sei der Originallack komplett entfernt worden. Dass er zuvor, in den siebziger Jahren, intakt war, sei für den Kaufinteressenten nicht von Belang. Da ein wesentliches, wertbildendes Merkmal fehle, müsse der Händler den Porsche zurücknehmen.

Der Einwand des Händlers, dass der Käufer die Neulackierung bei der Besichtigung des Wagens hätte bemerken müssen, gehe fehl. Auf den ersten Blick sei die Farbabweichung kaum zu erkennen. Zudem hätte sich dadurch auch nicht der Schluss aufgedrängt, dass der Originallack darunter vollständig abgetragen wurde.

Martinshorn überhört?

Kurzartikel

Blinkt das Blaulicht und ertönt das Martinshorn, müssen Autofahrer "freie Bahn" für das Einsatzfahrzeug schaffen oder sie riskieren Bußgeld. Mit der Ausrede, er habe das Signal überhört, kommt keiner davon: Höre ein Autofahrer schlecht oder sei das eigene Auto zu laut, um das Martinshorn wahrnehmen zu können, müsse der Autofahrer "dieses Defizit durch besonders aufmerksame Beobachtung der Verkehrslage ausgleichen", entschied das Kammergericht.

"Fiktive" Schadensabrechnung

Unfallgeschädigte müssen dabei in der Regel keine Reparaturrechnung vorlegen

Fiktive Schadensabrechnung bedeutet: Der/die Unfallgeschädigte verlangt von der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers die Kosten für die Reparatur des Unfallschadens, ohne ihn tatsächlich reparieren zu lassen. Bei der Kfz-Versicherung reicht er/sie den Kostenvoranschlag einer Werkstatt oder das Gutachten eines Kfz-Sachverständigen ein und die Versicherung erstattet die geschätzten Netto-Reparaturkosten. Netto, weil die Werkstatt ja nicht wirklich repariert und daher keine Mehrwertsteuer anfällt.

Man kann den Wagen aber auch günstig, z.B. privat, reparieren lassen. So ging ein Düsseldorfer Autofahrer nach einem Verkehrsunfall vor. Denn sein Auto war schon älter, eine aufwendige Reparatur lohnte sich seiner Ansicht nach nicht mehr. Überraschend bestand die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers hier darauf, dass der Unfallgeschädigte die Reparaturrechnung vorlegen müsse.

Dazu sei er nicht verpflichtet, stellte das Amtsgericht Düsseldorf klar (30 C 570/17). Der Unfallgeschädigte habe den Unfallschaden nicht fachgerecht ausbessern, sondern das Auto nur "in einen verkehrssicheren Zustand" versetzen lassen. Und er sei nach der "Not-Reparatur" mit dem Auto über ein halbes Jahr lang gefahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnten Unfallgeschädigte in so einem Fall fiktiv abrechnen.

Eine Rechnung sei dafür nicht notwendig. Bei fiktiver Schadensabrechnung müssten Unfallgeschädigte nur ausnahmsweise eine Rechnung vorlegen. Und zwar dann, wenn sie von der Kfz-Versicherung — zusätzlich zu den geschätzten Netto-Reparaturkosten — auch Schadenersatz für die Mehrwertsteuer auf die Reparaturkosten verlangten. Das treffe hier aber nicht zu.

Radfahrerin rutscht auf Streusplitt aus

Die Gemeinde muss Streugut nicht sofort entfernen, wenn es zwischendurch taut

Ende März war eine Frau in Schleswig-Holstein mit dem Fahrrad unterwegs. Als sie auf einen — für Radfahrer zugelassenen — Gehweg abbog, rutschte sie dort auf Streusplitt aus. Die Radfahrerin stürzte und verletzte sich dabei. An diesem Tag lag kein Schnee, es herrschte kein Frost, Straße und Gehweg waren trocken. Das Streugut auf dem Gehweg hatte der kommunale Winterdienst vor Tagen gestreut.

Deshalb warf die Radfahrerin der Gemeinde vor, ihre Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt zu haben: Sie hätte das Splitt-Salz-Gemisch, das als Streugut ohnehin ungeeignet sei, längst beseitigen müssen. Daher müsse die Kommune für die Unfallfolgen aufkommen. Das Oberlandesgericht Schleswig konnte jedoch keine Pflichtverletzung der Gemeinde erkennen und wies die Klage der Radfahrerin ab (7 U 25/19).

Der kommunale Winterdienst müsse das Streugut nicht nach jedem Einsatz gleich wieder entfernen. Das wäre nicht nur ein unzumutbarer Aufwand für die Gemeinde, sondern auch kontraproduktiv — gemessen am Zweck der Streu- und Räumpflicht. So ein Splitt-Salz-Gemisch solle ja auch vorbeugend wirken gegen Glätte bei künftigen Schneefällen, also Fußgänger und Radfahrer längerfristig schützen.

Ende März sei schließlich immer noch mit Nachtfrost und Bodenfrost zu rechnen. Wieso das hier verwendete Splitt-Salz-Gemisch ungeeignet sein solle, Fußgänger und Radfahrer vor Eis und Schneeglätte zu schützen, sei nicht nachvollziehbar. Zumindest auf Gehwegen sei dieses Streumittel üblich. Grundsätzlich liege es aber im Ermessen der Kommune, mit welchem Streumittel sie ihre Streupflicht erfülle.

Auto prallt gegen umgestürzten Baum

Autofahrer müssen bei Fahrten auf Landstraßen mit Hindernissen rechnen

Ein Autofahrer war nachts mit dem Wagen seines Vaters auf der Landstraße unterwegs. Hinter einer Kurve dann die böse Überraschung: Hier lag ein umgestürzter Baum quer über der Fahrbahn. Zum Glück blieb der Fahrer beim frontalen Aufprall unverletzt. Der Wagen wurde allerdings erheblich beschädigt.

Der Autobesitzer machte für den Schaden das Bundesland Nordrhein-Westfalen verantwortlich, das an Landstraßen für die Kontrolle des Baumbestands zuständig ist. Offenbar hätten die betreffenden Mitarbeiter nachlässig gearbeitet und übersehen, wie schlecht der Zustand des Baumes war. Dass die Gefahr bestand, dass er auf die Straße fallen könnte, hätten sie erkennen müssen.

Bei der letzten Sichtkontrolle im Januar 2020 hätten sich dafür keine Anhaltspunkte ergeben, widersprach das Bundesland: Die Bäume an den Landstraßen würden regelmäßig und auch sehr sorgfältig kontrolliert.

Das Landgericht Köln wies die Klage des Autobesitzers auf Schadenersatz ab (5 O 77/20). Es könne nicht mehr überprüft werden, ob es tatsächlich sichtbare Zeichen dafür gegeben habe, wie krank der Baum war. Das Land habe ihn bereits beseitigen lassen und angegeben, es sei Wurzelfäule festgestellt worden. Die sei aber von außen nicht sichtbar.

Ob der Vorwurf des Autobesitzers zutreffe, dass Mitarbeiter des Bundeslandes äußere Anzeichen für die Sturzgefahr übersahen, sei also nicht mehr aufklärbar. Dass sie ihre Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hätten — was sich der Dienstherr zurechnen lassen müsste —, sei zumindest nicht nachgewiesen. Daher müsse das Land für den Schaden nicht einstehen.

Grundsätzlich gelte bei Fahrten auf Landstraßen: Autofahrer müssten hier jederzeit mit Hindernissen auf der Straße rechnen und ihre Fahrweise darauf einstellen.

Unfallgeschädigter Ferrari-Fahrer mietet Lamborghini

Kfz-Versicherung muss außergewöhnlich hohe Mietkosten nicht voll ersetzen

Nach einem Verkehrsunfall musste der lädierte Ferrari des Autofahrers X für elf Tage in die Werkstatt. Um sich über diesen schmerzlichen Verlust hinwegzutrösten, mietete der Unfallgeschädigte einen Lamborghini. Für die Mietkosten von 5.600 Euro verlangte Herr X Schadenersatz von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers.

Das Unternehmen fand es unverschämt, einen Wagen für mehr als 500 Euro pro Tag zu mieten. Der Unfallgeschädigte hätte sich auch mit einem Porsche Carrera oder einem 8-er BMW begnügen können — diese Sportwagen wären für ca. 90 bis 230 Euro pro Tag zu haben. Die Versicherung erstattete für den Posten Mietwagen nur 1.600 Euro.

Herr X pochte auf sein Recht auf Luxus und verlangte vollen Kostenersatz, allerdings ohne Erfolg. Es sei zumutbar, elf Tage auf einen "typengleichen, hochpreisigen Sportwagen zu verzichten", fand das Oberlandesgericht (OLG) Celle (14 U 93/20). Während der Reparatur des eigenen Autos dürften Unfallgeschädigte zwar grundsätzlich einen vergleichbaren Wagentyp als Ersatz anmieten.

Das gelte aber nicht uneingeschränkt, betonte das OLG. Wenn vergleichbare Fahrzeuge nur zu horrenden Mietpreisen angeboten würden, müsse der Unfallgeschädigte eben vorübergehend mit einem etwas weniger komfortablen Wagen fahren. Es sei jedenfalls unangemessen, um des Prestiges willen auf Kosten des Schädigers einen außergewöhnlich teuren Luxuswagen zu mieten.

So sehr ein Ferrari-Fahrer wohl die allgemeine Bewunderung für exklusive Sportwagen und deren besondere Fahreigenschaften genieße: Für einige Tage seien diese Vorzüge auch mal entbehrlich. Auch mit einem sportlichen BMW, Audi, Mercedes oder Porsche wäre Herr X auf "technisch hohem Niveau" und mit "beträchtlicher Reputation" unterwegs gewesen.

Autokäufer arglistig getäuscht

Der Verkäufer verschwieg einen reparierten Unfallschaden des Gebrauchtwagens

Autofahrer A kaufte für 10.500 Euro einen sieben Jahre alten Wagen mit 122.000 km auf dem Tacho. Mit Verkäufer B vereinbarte er im Kaufvertrag einen Ausschluss der Gewährleistung für Mängel. B hatte dem Käufer allerdings versichert, außer einem kleinen Schaden an der Frontstoßstange gebe es keine Vorschäden. Solange ihm der Wagen gehörte, habe sich kein Unfall ereignet.

Kurz nach dem Kauf hatte A selbst einen kleinen Unfall und ließ deshalb den Wagen begutachten. Dabei entdeckte der Kfz-Sachverständige einige nicht reparierte, kleinere Vorschäden und einen reparierten Unfallschaden. Bevor der spätere Verkäufer B das Auto von seinem Bruder gekauft hatte, war es bei einem Zusammenstoß erheblich beschädigt und für über 5.000 Euro repariert worden.

Als Käufer A davon erfuhr, focht er den Kaufvertrag an und forderte von B den Kaufpreis zurück: Er habe ihm wider besseres Wissen die Vorschäden verschwiegen.

Der Verkäufer behauptete, er habe den Käufer keineswegs arglistig über den Tisch gezogen: Dass der Wagen unfallfrei war, habe er nur für die Zeit zugesichert, in der er selbst Eigentümer des Wagens war. Zu dem Unfall seines Bruders machte B widersprüchliche Angaben. Auf jeden Fall sei der Schaden aber repariert gewesen und A habe den Wagen vor Vertragsschluss ausgiebig prüfen können, erklärte B.

Das Landgericht Coburg gab dem Käufer A Recht: Er dürfe das Geschäft wegen arglistiger Täuschung rückgängig machen (15 O 68/19). Verkäufer gebrauchter Autos müssten Kaufinteressenten auch ungefragt über bekannte Mängel und frühere Unfallschäden informieren. Das gelte sogar dann, wenn ein Schaden fachgerecht repariert wurde — es sei denn, es handelte sich um einen Bagatellschaden. So ein Ausnahmefall komme allerdings bei Reparaturkosten von über 5.000 Euro nicht in Betracht.

Dass B von einem Unfall dieses Kalibers nichts wusste und mit seinem Bruder nicht darüber gesprochen habe, sei äußerst unglaubwürdig. Er hätte den Käufer auf die Vorschäden hinweisen müssen. Das habe er unterlassen, weil A dann den Kaufvertrag nicht oder jedenfalls nicht zu diesem Preis geschlossen hätte. Daher müsse B den Kaufpreis zurückzahlen (minus Kilometergeld für die Strecke, die A seit dem Kauf gefahren sei).

Nutzungsausfallentschädigung für demoliertes Auto

Ist ein Auto bereits vor dem Unfall nicht verkehrssicher, hat der Unfallgeschädigte darauf keinen Anspruch

Nach einem Zusammenstoß verlangte der Unfallgeschädigte P von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers mehr Schadenersatz, als ihm das Amtsgericht zugebilligt hatte. Dabei ging es insbesondere um Nutzungsausfallentschädigung für das alte Auto (2.405 Euro). Das Amtsgericht hatte P’s Forderung abgelehnt, weil das Auto bereits Tage vor dem strittigen Zusammenstoß bei einem anderen Verkehrsunfall beschädigt worden war.

Auch die Berufungsinstanz, das Landgericht Nürnberg-Fürth, entschied, dass Herrn P keine Nutzungsausfallentschädigung zustand (2 S 1503/20). Grundsätzlich sei es so: Könne ein Autofahrer das benötigte Fahrzeug aufgrund eines Unfallschadens vorübergehend nicht benützen, stelle das einen Schaden dar, den die gegnerische Versicherung ersetzen müsse.

Dazu sei sie jedoch nicht verpflichtet, wenn der Unfallgeschädigte das Auto ohnehin nicht benutzen könne oder dürfe — aus Gründen, die nichts mit dem Unfall zu tun hätten. Andernfalls würde der Geschädigte am Unfall sogar verdienen, erklärte das Landgericht: Das sei nicht der Sinn der Sache. So wäre es auch im konkreten Fall.

Schon nach dem ersten Unfall sei nämlich das Auto von P — laut Gutachten zweier Kfz-Sachverständiger — nicht mehr verkehrssicher gewesen. "Mit diesem Vorschaden" wäre es sicher nicht "durch den TÜV gekommen", so das Fazit der Experten. Dass es in diesem Zustand noch verkehrssicher gewesen sein könnte, sei daher eher fernliegend. Zumindest sei dies unklar, was zu Lasten des Unfallgeschädigten gehe.

Wenn Herr P mit seinem Auto schon vor dem zweiten Unfall nicht mehr hätte fahren dürfen, könne von einem Vermögensschaden durch den Nutzungsausfall nicht die Rede sein. Dass P das Auto nach dem ersten Unfall trotzdem weiterhin benützt habe, ändere daran nichts. Nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften sei es jedenfalls nicht mehr zulassungsfähig gewesen. Herr P hätte damit nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.

Der gegnerischen Kfz-Versicherung Vorschäden verschwiegen

Verliert der Unfallgeschädigte dadurch seinen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten?

2015 hatte sein Audi einen Hagelschaden erlitten, den Autobesitzer S nicht reparieren ließ. Seit einem Unfall war der Heckstoßfänger des Fahrzeugs in der Mitte eingedrückt, einige Lackschäden kamen dazu. Als im Februar 2016 Autofahrer X rückwärts gegen den geparkten Audi stieß, wurde er hinten links erneut beschädigt. Das betrachtete S wohl als gute Gelegenheit.

Sein Kfz-Sachverständiger schätzte die Reparaturkosten auf 1.634 Euro. Als Herr S bei der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers die Schadensmeldung einreichte, verschwieg er die Vorschäden. Doch die Versicherung schickte ihren eigenen Kfz-Experten, um den Unfallschaden zu überprüfen. Beim Ortstermin räumte S sofort ein, dass einige Schäden schon vor dem Unfall vorhanden waren.

Der Versicherungsexperte ermittelte einen Schaden von 961 Euro: Reparaturkosten abzüglich der Kosten, die auf die Vorschäden entfielen. Die Kfz-Versicherung zahlte die Summe, verlangte sie jedoch später wieder zurück. Ihre Begründung: Da der Unfallgeschädigte versucht habe zu betrügen, stelle es sich als unzulässige Rechtsausübung dar, Schadenersatz geltend zu machen.

Das Landgericht Hagen wies die Klage der Versicherung auf Rückzahlung ab (7 S 19/20). Verschweige ein Versicherungsnehmer seiner eigenen Versicherung Vorschäden, verletze er das besondere Vertrauensverhältnis zum Vertragspartner: Die Kfz-Versicherung müsse bei so einem Fehlverhalten nicht mehr leisten. Doch zur gegnerischen Haftpflichtversicherung stehe der Unfallgeschädigte in keinem besonderen Vertrauensverhältnis.

Dazu komme: Durch das Gutachten ihres Kfz-Experten habe die Versicherung bereits vor der Regulierung gewusst, dass S Vorschäden verschwiegen habe. Sie habe die Forderung dennoch für berechtigt gehalten und den Unfallschaden ersetzt. Die vorgerichtliche Schadensregulierung habe sich ausschließlich auf den Schaden bezogen, der tatsächlich durch den Unfall im Februar 2016 entstanden war. Der Unfallgeschädigte habe daher Anspruch auf Ersatz in dieser Höhe — der Schaden sei nicht erschwindelt.

Der ungeduldige Autoverkäufer

Unwirksamer Kaufrücktritt: Verkäufer setzte dem säumigen Käufer eine zu kurze Zahlungs- und Abholfrist

Im Prinzip hatten sich die Vertragsparteien geeinigt: Der Käufer wollte den Jahreswagen für rund 63.000 Euro erwerben. Er zahlte knapp 12.000 Euro an und vereinbarte mit dem Verkäufer, den Wagen in zwei Wochen abzuholen und den Restbetrag zu begleichen. Doch dann verschob der Käufer den Abholtermin erst um eine Woche und dann um zwei. Nun drängte ihn der Verkäufer, den Handel endlich abzuwickeln: Er warte noch drei Tage, dann verkaufe er das Auto an einen anderen Interessenten.

Zwei Tage nach Ablauf dieser Frist erklärte der Verkäufer per Mail den Rücktritt vom Kaufvertrag und kündigte an, er werde wegen der Verzögerung Schadenersatz verlangen. Wieder einige Tage später meldete sich der saumselige Käufer und bekräftigte, er wolle das Geschäft jetzt abschließen. Da hatte der Verkäufer den Jahreswagen jedoch schon verkauft. Die Anzahlung zahlte er zurück, zog von der Summe allerdings 4.727 Euro Schadenersatz ab.

Der Käufer klagte den Differenzbetrag ein und gewann den Rechtsstreit in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VIII ZR 318/19). Der Verkäufer habe dem säumigen Käufer keine angemessene Frist gesetzt, um den Wagen abzuholen und den restlichen Kaufpreis zu bezahlen. Drei Tage Abholfrist seien zu kurz, erklärten die Bundesrichter: Daher sei der Rücktritt des Verkäufers vom Kaufvertrag unwirksam gewesen.

Wirksam sei ein Rücktritt nur, wenn der Verkäufer dem Schuldner eine angemessene Frist gesetzt habe, um den Kaufvertrag zu erfüllen — und wenn der Käufer trotzdem das Geschäft nicht zu Ende bringe. Dann könne der Verkäufer ebenfalls davon absehen, den Vertrag zu erfüllen und vom Schuldner — statt Abnahme der Ware und Zahlung des Kaufpreises - Schadenersatz verlangen. Im konkreten Fall sei dagegen kein Anspruch auf Schadenersatz entstanden.

Ein Unfall führt zum nächsten

Zur Haftungsquote bei einem "Zweitunfall" mit unbeleuchtetem Fahrzeug auf der Kreuzung

An einem Novemberabend hatte Autofahrer A auf einer Kreuzung einen Verkehrsunfall verursacht: Beim Linksabbiegen hatte er ein entgegenkommendes Auto übersehen und war mit dem Geradeausfahrer H zusammengestoßen. Während das Auto von H am Straßenrand, teilweise auf dem Grünstreifen zum Stehen kam, blieb der Wagen von A mitten in der Kreuzung, quer zur Fahrbahn liegen. Autofahrer A stieg aus und wandte sich H zu, ohne die Warnblinkanlage einzuschalten.

Kurz darauf krachte in der Dunkelheit das Auto von Fahrer B gegen A’s Wagen. B verletzte sich beim Aufprall, beide Fahrzeuge wurden erheblich beschädigt. Das Unfallgutachten eines Verkehrsexperten ergab, dass B zu schnell in die Kreuzung eingefahren war — mit ca. 90 km/h statt der erlaubten Geschwindigkeit von 70 km/h. Dennoch forderte Fahrer B von A Schadenersatz und Schmerzensgeld, weil dieser nach dem Erstunfall seinen Wagen nicht abgesichert hatte.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung von A müsse wegen des erheblichen Mitverschuldens von B nur zwei Drittel der Schäden ersetzen, entschied das Oberlandesgericht Celle (14 U 37/20). Doch letztlich überwiege der Beitrag von A zum Unfall. Indem er die Vorfahrt des H missachtete, habe er schuldhaft die erste Kollision verursacht und so das weitere Geschehen überhaupt erst in Gang gesetzt. Außerdem habe A anschließend die Warnblinkanlage nicht eingeschaltet, obwohl sein Wagen in der Mitte der Kreuzung liegen blieb — in einer äußerst gefährlichen Situation also.

B hätte angesichts der Situation auf der Kreuzung seine Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen. Selbst wenn er das unbeleuchtete Fahrzeug im Dunkeln auf der Kreuzung zu spät gesehen habe: Das Auto von H am Straßenrand sei bei eingeschaltetem Warnblinklicht weithin sichtbar gewesen. Angesichts dieses Signals hätte sich B der Kreuzung aufmerksam, langsam und bremsbereit nähern müssen. Bei Dunkelheit dürften Autofahrer ohnehin nur so schnell fahren, dass sie innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten könnten.

Auf der Rechtsabbiegerspur am Stau vorbei

Kolonnenspringen im Stadtverkehr ist nicht immer ein Verkehrsverstoß

Eine alltägliche Situation: Auf einer dreispurigen Ortsstraße bildet sich auf der mittleren Spur ein Stau. Ein Autofahrer nützt die mit Pfeilen am Boden gekennzeichnete Rechtsabbiegerspur, um an der Fahrzeugkolonne vorbeizufahren und sich noch vor der Kreuzung nach links wieder in die Geradeaus-Spur einzufädeln. Ein Amtsrichter verurteilte ihn, weil er rechts überholt und die Pfeile auf der Straße missachtet habe.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob den Richterspruch auf (5 Ss (OWi) 21/95). Innerhalb geschlossener Ortschaften dürften Verkehrsteilnehmer auf Straßen mit mehreren markierten Fahrstreifen rechts schneller als links fahren. Da die Spuren durch gestrichelte Linien getrennt seien, habe sich der Fahrer auch noch kurz vor der Kreuzung zur Mitte hin einordnen dürfen. Wenn die Verkehrsbehörde derartige Manöver an Kreuzungen verhindern wolle, müsse sie durchgezogene Linien anbringen.

Diebstahl oder Versicherungsbetrug?

Der Versicherungsnehmer kann nicht alle Orginalschlüssel des geklauten Autos vorlegen

Ein Versicherungsnehmer meldete der Kaskoversicherung den Diebstahl seines Wagens. Die Versicherung ersetzte den Verlust jedoch nicht, weil der Autofahrer nicht alle Originalschlüssel vorlegen konnte: Man könne in so einem Fall nicht ausschließen, dass es sich nur um einen vorgetäuschten Diebstahl handle. Der Versicherungsnehmer könnte einen Schlüssel an einen Dritten weitergegeben haben, der den Wagen dann "stehlen" sollte.

Dieser Verdacht sei nicht berechtigt, entschied der Bundesgerichtshof (IV ZR 279/94). Kaum jemand wisse über Jahre hinweg genau, was er mit den Originalschlüsseln seines Fahrzeugs gemacht habe. Schlüssel könne man verlieren oder vorlegen. Denkbar sei auch, dass der Täter einen der Schlüssel vor dem Diebstahl unbemerkt entwendet habe.

Allein der Verlust eines Schlüssels beweise nicht, dass ihn der Versicherungsnehmer einem "Auftragsdieb" ausgehändigt habe. Versicherungsnehmer rechneten außerdem beim Abschluss des Versicherungsvertrags nicht damit, dass sie, um den Versicherungsschutz zu erhalten, sämtliche Schlüssel besonders sorgfältig aufbewahren müssten.

Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn weitere Anhaltspunkte vorlägen, aus denen man auf einen vorgetäuschten Diebstahl schließen könnte. Dann könne der Verlust eines Originalschlüssels als zusätzliches Indiz durchaus eine Rolle spielen.

Kühe beschädigten geparktes Auto

Landwirt haftet für den Schaden: Viehtrieb an einer Engstelle verletzt die "Sorgfaltspflicht"

Ein Autofahrer hatte seinen Wagen am Rande eines Feldwegs neben einer Baustelle abgestellt. Auf der angrenzenden Wiese weideten Kühe, die der Bauer über den Feldweg auf eine andere Weide treiben wollte. Zwischen dem geparkten Auto und der Baustelle war nicht viel Platz. Ein Arbeiter auf der Baustelle sagte dem Landwirt, der Autofahrer sei in ungefähr zehn Minuten wieder da und könne dann den Wagen umparken.

So lange wollte der Landwirt aber nicht warten. Er stellte sich vor das Auto und ließ die Kühe vorbeilaufen. Als der Autofahrer zurückkam, entdeckte er eine beträchtliche Delle am Wagen. Die war vorher nicht dagewesen, wie Zeugen bestätigten. Erfolglos verlangte der Autofahrer Ersatz für die Reparaturkosten. Seine Kühe hätten das Auto nicht beschädigt, behauptete der Bauer, da habe er schon aufgepasst. Und außerdem dürfe man an dieser Stelle gar nicht parken.

Das Landgericht Koblenz entschied den Streit zu Gunsten des Autofahrers (13 S 45/19). Aus zwei Gründen könne man davon ausgehen, dass Kühe die Delle verursacht hätten, so das Landgericht: Zum einen hätten Zeugen ausgesagt, dass das Auto gewackelt habe, als die Tiere vorbeizogen. Zum anderen habe man Haare von Kühen am Fahrzeug gefunden.

Warum es so dringlich gewesen sein solle, das Vieh auf der Stelle auf die andere Weide zu treiben, sei nicht nachvollziehbar. Zehn Minuten hätte der Landwirt sicher auf die Rückkehr des Autofahrers warten können.

Dass die Lücke zwischen Auto und Baustelle sehr klein und das Vorhaben riskant gewesen sei, hätte er ohne Weiteres erkennen können, fand das Landgericht. Der Bauer habe so sorgfaltswidrig gehandelt, dass es dagegen nicht ins Gewicht falle, dass das Auto dort verbotswidrig stand. Er müsse für den Schaden haften.

Rückwärts aus der Parklücke

Ereignet sich beim rückwärts Ausparken ein Unfall, haftet der Ausparkende in der Regel zu 100 Prozent

Vor einem Kaffeehaus hatte Autofahrerin A ihren Toyota auf einem Schrägparkplatz abgestellt. Nach dem Einkauf rollte sie rückwärts aus der Parklücke heraus auf die Straße. Dort stieß der Toyota mit dem Ford Fiesta der Frau B zusammen. Frau B hatte zuvor an einem Fußgängerüberweg kurz angehalten und war dann wieder angefahren. Frau A verlangte von Frau B Schadenersatz für die Reparatur des Toyota (8.145 Euro).

Sie müsse für den Schaden selbst aufkommen, erklärte ihr das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken (4 U 6/20). Wer rückwärts ausparke, müsse jede Gefährdung für den "fließenden Verkehr" ausschließen, so das OLG. Das bedeute: Der Autofahrer müsse ganz vorsichtig aus dem Parkplatz hinausrollen und ständig nach hinten schauen, um festzustellen, ob sich ein Fahrzeug nähert.

Komme es zu einer Kollision mit einem Auto auf der Straße, das Vorfahrt habe, spreche der äußere Anschein für ein alleiniges Verschulden des rückwärts Ausparkenden. Davon sei in der Regel schon dann auszugehen, wenn sich der Unfall "in engem Zusammenhang" mit dem Ausparken ereigne.

Diese Annahme könne der Ausparkende nur widerlegen, wenn er nachweislich vor dem Unfall schon so lange auf der Fahrbahn stand, dass sich der "fließende Verkehr" auf ihn einstellen konnte und musste.

Autofahrerin A habe behauptet, ihr Toyota sei schräg auf der Fahrbahn gestanden und sei als Hindernis deutlich sichtbar, also keine Gefahr für den "fließenden Verkehr" gewesen. Das beweise aber keineswegs, dass Frau B Zeit genug hatte, ihren Ford anzuhalten. Laut Unfallgutachten sei es offen, wie lange sich der Toyota vor der Kollision halb auf der Straße befand und ob er vor der Kollision überhaupt stand oder weiter rückwärts rollte.

Ob sich Frau B auf das Hindernis hätte einstellen können oder nicht, sei deshalb nicht mehr festzustellen. Den entlastenden Nachweis, dass sie dafür lange genug auf der Fahrbahn stand, habe Frau A also nicht geführt. Sie müsse die Reparatur selbst zahlen.

Kfz-Internetauktion abgebrochen

"Abbruchjäger" erhält Schadenersatz: Das Risiko einer Auktion ohne Mindestpreis trägt der Anbieter

Herr P wollte seinen Wagen über ein Internetauktionshaus verkaufen und startete die Auktion ziemlich mutig mit einem Anfangspreis von 1 Euro. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Internet-Plattform kommt dann ein Kaufvertrag mit demjenigen Bieter zustande, der am Ende der Auktionslaufzeit das höchste Gebot abgegeben hat. Dem Höchstbietenden steht die Ware auch zu, wenn der Verkäufer das Angebot vorzeitig zurücknimmt, ohne dazu berechtigt zu sein.

Für den Wagen hatte ein Herr Q — Pseudonym des Bieters — gerade das Höchstgebot von 4.454 Euro abgegeben, als Verkäufer P die Auktion vorzeitig abbrach: Er verkaufte das Auto anderweitig. Vielleicht war ihm mittlerweile klar geworden, dass er bei der Online-Auktion kaum den Wert des Wagens erzielen würde. Der lag laut Schätzung eines Sachverständigen bei ca. 12.000 Euro. Bieter Q verklagte den Anbieter auf Schadenersatz.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (28 U 185/18). Nach den AGB des Auktionshauses hätte Herr P das Angebot nicht zurückziehen dürfen. Daher sei ein wirksamer Kaufvertrag mit dem — zu diesem Zeitpunkt — Höchstbietenden Q zustande gekommen. Der Anbieter hätte Q das Auto für 4.454 Euro übereignen müssen, wozu er nach dem Verkauf nicht mehr in der Lage sei.

Daher schulde er dem Bieter die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem geschätzten Wert des Autos (7.500 Euro). Das sei der Schaden, der dem Bieter Q dadurch entstand, dass P, der Anbieter, sich nicht an die Regeln gehalten und die Auktion unberechtigt abgebrochen habe.

Anders als der Verkäufer meine, handle es sich bei dieser Schadenersatzklage nicht um Rechtsmissbrauch, betonte das OLG — auch wenn Q ständig an Internetauktionen teilnehme. "Abbruchjäger" nenne man Bieter, die den angebotenen Gegenstand nicht erwerben wollten, sondern von vornherein auf den Abbruch der Auktion spekulierten, um Schadenersatz verlangen zu können. Dass Q das Auto gar nicht kaufen wollte, sei möglich, aber nicht bewiesen.

Jedenfalls sei es nicht zu missbilligen, wenn jemand bei Internetauktionen gezielt auf Waren biete, die zu einem weit unter dem Marktwert liegenden Anfangspreis angeboten werden. Schnäppchenjagd sei legitim. Mit einem Mindestpreis hätte Anbieter P einen Verkauf unter Wert ohne weiteres verhindern können. Wenn er das Risiko eingehe, ein Angebot ohne Mindestpreis einzustellen, müsse er damit rechnen, dass es genützt werde. Bei solchen Auktionsangeboten trage der Anbietende das Risiko. Darauf zu spekulieren, dass sich das Risiko verwirkliche, sei nicht verwerflich.

Radfahrer stürzt über umgekipptes Verkehrsschild

Kommune muss mobile Verkehrsschilder nach Bauarbeiten rasch entfernen lassen

Mit einem Klapprad fuhr Herr F gegen 2.45 Uhr einen Radweg entlang. Bei Nieselregen war die Sicht schlecht und so übersah er das mobile Verkehrsschild, das quer über dem Radweg lag. Der Radfahrer stürzte über den Edelstahlpfahl des Schildes und flog über den Lenker. Obwohl er einen Helm trug, musste ihn ein Rettungsdienst mit abgebrochenen Zähnen und Schürfwunden im Gesicht ins Krankenhaus bringen.

Das Verkehrsschild gehörte einem Bauunternehmen, das dort im Auftrag des Tiefbauamts Kiel Bauarbeiten ausgeführt hatte. Die Baustelle war allerdings schon Wochen zuvor aufgehoben worden. Als kommunale Mitarbeiter zwei Tage vor dem Unfall die Straße kontrollierten, stand das Verkehrsschild noch am Rand des Gehwegs. Da war es auch Herrn F aufgefallen, der den Radweg öfter benutzte.

Der Verletzte verlangte von der Stadt Schadenersatz: Sie hätte das Schild entfernen müssen, meinte er. Die Kommune wies jede Verantwortung für den Unfall von sich: Offenbar sei das Verkehrsschild mutwillig umgestürzt worden. Sie könne nicht alle Straßen permanent und lückenlos überwachen. Außerdem wäre es die Sache des Bauunternehmers gewesen, nach den Arbeiten das Schild wegzuschaffen.

So einfach könne es sich die Stadt nicht machen, urteilte das Oberlandesgericht Schleswig (7 U 260/19). Mit Schildern den Verkehr zu regeln, sei eine hoheitliche Aufgabe. Schilder nach Straßenbauarbeiten zu entfernen, gehöre ebenfalls zu den Aufgaben der Straßenbaubehörde. Der Bauunternehmer handle bei solchen Aufträgen nur als Helfer der kommunalen Verwaltung und habe deren Anordnungen strikt einzuhalten. Es sei daher die Stadt, die hier ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe.

Schon Wochen vor dem Unfall sei die Baustelle aufgehoben und die Straße wieder für den Verkehr freigegeben worden. Das Schild habe also lange komplett nutzlos herumgestanden und das sei gefährlich. Mobile Verkehrsschilder seien zum einen windanfällig und forderten zum anderen erfahrungsgemäß Vandalismus heraus. Kommunen seien deshalb verpflichtet, sie sofort nach dem Ende der Arbeiten zu entfernen bzw. dafür zu sorgen, dass der beauftragte Bauunternehmer diese Aufgabe erledige.