Auto & Verkehr

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Reimportierter Porsche ist nicht mangelhaft

Wenn der Verkäufer auf diese Eigenschaft nicht hinweist, täuscht er damit die Autokäuferin nicht

Von einem privaten Verkäufer hatte eine Autofahrerin ein gebrauchtes Porsche Cabriolet gekauft. Wie üblich, wurde im Kaufvertrag die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. Kaum war das Geschäft in trockenen Tüchern, stellte die Käuferin fest, dass der Porsche ein Reimport war (d.h.: ein in Deutschland hergestelltes, ins Ausland exportiertes und dann wieder nach Deutschland importiertes Fahrzeug).

Daraufhin focht die Frau den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Ein Reimport sei weniger wert, meinte sie.

So habe das die Rechtsprechung früher auch gesehen, räumte das Oberlandesgericht Zweibrücken ein: Aber heute könne man davon nicht mehr ausgehen, denn das Marktverhalten von Herstellern, Autoverkäufern und Käufern habe sich geändert (8 U 85/17).

Diese Ansicht treffe erst recht nicht mehr zu, wenn es um einen älteren Gebrauchtwagen gehe. Ein Sachmangel des Cabriolets, den der Verkäufer ungefragt hätte offenbaren müssen, liege hier nicht vor.

Anders wäre dies zu beurteilen, wenn sich die Käuferin beim Verkaufsgespräch danach erkundigt hätte, ob es sich um ein reimportiertes Fahrzeug handle. Oder wenn sie dem Verkäufer ausdrücklich mitgeteilt hätte, sie wolle kein reimportiertes Fahrzeug.

Dann hätte er über die Reimport-Eigenschaft des Wagens Auskunft geben müssen. Allein die Tatsache, dass der Verkäufer diese Eigenschaft des Cabriolets unerwähnt ließ, stelle jedenfalls keine arglistige Täuschung der Käuferin dar, die es rechtfertigen würde, den Kaufvertrag rückgängig zu machen.

Fiktive Unfallschadenabrechnung

Rechnet der Unfallgeschädigte auf Gutachtenbasis ab, muss er die "echten" Reparaturkosten nicht belegen

Auf einer Kreuzung stieß ein Taxi (Mercedes Benz E 200) mit einem Peugeot zusammen, dessen Fahrer den Unfall verursacht hatte. Der Kfz-Sachverständige des Taxiunternehmers veranschlagte die Reparaturkosten in seinem Schadensgutachten auf netto 9.355 Euro. Der Unfallgeschädigte entschied sich für eine fiktive Schadensabrechnung, ließ aber den Mercedes in einer Markenwerkstatt reparieren.

Für die "vollständige sach- und fachgerechte Reparatur" könne er nicht mehr als 5.000 Euro gezahlt haben, behauptete die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Den Vorwurf wies der Taxiunternehmer zurück. Doch die Versicherung wollte die Reparaturrechnung sehen: Ansonsten werde sie nicht zahlen, erklärte sie. Daraufhin klagte der Unfallgeschädigte auf Zahlung des vom Gutachter genannten Betrags.

Zu Recht, urteilte das Oberlandesgericht München (24 U 4397/20). Grundsätzlich hätten Unfallgeschädigte die Wahl, ob sie die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten als Schadenersatz verlangten oder aber die Kosten, die laut Sachverständigengutachten für eine sachgerechte Reparatur erforderlich wären. Werde der Schaden "fiktiv", d.h. auf Gutachtenbasis abgerechnet, spiele es keine Rolle, ob überhaupt repariert werde, ob der Schaden provisorisch von Freunden oder fachgerecht in einer Werkstatt repariert werde.

Der tatsächliche Aufwand müsse dann nicht belegt werden, anders als die Versicherung behaupte. Ihre Forderung liefe darauf hinaus, das Recht auf fiktive Schadensabrechnung auszuhebeln. Unfallgeschädigte, die auf Gutachtenbasis abrechneten, müssten zu den wirklichen Reparaturkosten nichts vortragen — auch dann nicht, wenn die gegnerische Versicherung ins Blaue hinein behaupte, dass sie niedriger seien als die im Gutachten veranschlagten Reparaturkosten.

Ansonsten könnten Kfz-Versicherungen — in den Fällen, in denen der Schaden fachgerecht repariert wurde — einfach irgendeinen Betrag "in den Raum werfen", den die Reparatur gekostet haben könnte. Und würden damit die Unfallgeschädigten zur Vorlage der Reparaturrechnung zwingen. Mit der fiktiven Schadensabrechnung sei das unvereinbar.

Gegen die Leitplanke gedonnert und weggefahren

Verlassen des Unfallorts und verspätete Schadenanzeige kosten den Kaskoschutz

Ohne Beteiligung anderer Fahrzeuge war ein Autofahrer auf der Autobahn ins Schleudern geraten. Mit Tempo 100 km/h schlitterte sein Wagen die Leitplanke entlang. Danach fuhr der Mann bis zum nächsten Rastplatz weiter, besichtigte die erheblichen Streifspuren und setzte den Heimweg fort. Die Schadenanzeige für seine Vollkaskoversicherung stellte er erst vier Tage später fertig.

Die Reparatur des Wagens kostete 22.217 Euro. Doch die Versicherung weigerte sich, den Schaden zu regulieren. Begründung: Der Versicherungsnehmer habe den Unfallort verlassen, anstatt die Polizei zu informieren und dort auf sie zu warten. So habe niemand Feststellungen zum Versicherungsfall treffen können. Unter diesen Umständen sei sie gemäß ihren Vertragsbedingungen leistungsfrei.

Erfolglos pochte der Autofahrer darauf, er könne doch unmöglich bei Tempo 100 km/h und dichtem Verkehr auf einer Autobahn stehen bleiben. Das Landgericht wies seine Zahlungsklage ab und auch das Oberlandesgericht Koblenz verneinte einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten (12 U 235/20).

Die Vollkaskoversicherung müsse die Reparatur des versicherten Fahrzeugs nicht finanzieren, weil der Versicherungsnehmer vorsätzlich die "Wartepflicht" verletzt habe. Da der Autofahrer nicht nur sein Auto, sondern auch die Leitplanke beschädigt habe, sei hier von Unfallflucht auszugehen. Er hätte die Polizei sofort verständigen und an der Unfallstelle bzw. auf dem Standstreifen warten müssen. Oder spätestens auf dem Rastplatz, auf dem er ohnehin ausgestiegen sei.

Durch seine Unfallflucht habe der Versicherungsnehmer dem Versicherer unmöglich gemacht oder zumindest deutlich erschwert, den Versicherungsfall aufzuklären. Nach so einem Unfall müsse der Versicherer klären, ob der Versicherungsnehmer das versicherte Fahrzeug wirklich selbst gelenkt habe, ob seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt gewesen sei oder ob andere Gründe dafür vorlägen, den Versicherungsschutz einzuschränken. Daher berechtige ein Verstoß gegen die Wartepflicht das Unternehmen dazu, die Schadensregulierung abzulehnen.

Unfallauto von Bekannten zusammengeflickt

Wie sind bei nicht fachgerechter Reparatur Restwert und Versicherungsleistung zu ermitteln?

Autofahrerin S beschädigte bei einem Unfall ihren Wagen. Die Kaskoversicherung musste für den Schaden aufkommen und ließ das Auto von einem ihrer Kfz-Sachverständigen begutachten. Ergebnis: Reparaturkosten von 9.137 Euro netto, ein Wiederbeschaffungswert von 10.500 Euro. Den Restwert des Autos schätzte der Gutachter auf Basis der Preise am überregionalen Gebrauchtwagenmarkt auf 5.799 Euro.

Frau S wollte das Fahrzeug weiter nutzen. Sie ließ es aber nicht in einer Fachwerkstatt reparieren, sondern von Bekannten instandsetzen. Die Kaskoversicherung überwies ihr 4.401 Euro.

Den Betrag errechnete das Unternehmen so: 10.500 Euro Wiederbeschaffungswert minus 5.799 Euro Restwert minus 300 Euro Selbstbeteiligung. Mit 4.401 Euro begnügte sich die Versicherungsnehmerin nicht — ihrer Ansicht nach hatte die Versicherung den Restwert viel zu hoch angesetzt. Frau S klagte auf Zahlung weiterer 2.377 Euro.

Das Landgericht wies die Klage ab: Ein Restwert von 5.799 Euro sei angemessen. Für Versicherungsnehmer sei es prinzipiell zumutbar, das Auto an den im Gutachten der Versicherung benannten Autohändler zu verkaufen, auch wenn er nicht in der Region ansässig sei. Angesichts eines bundesweit verfügbaren Angebots von Online-Autoaufkäufern sei es nicht mehr zeitgemäß, sich beim Restwert am regionalen Markt zu orientieren.

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (IV ZR 105/20). Was das Unfallauto noch wert sei, sei hier fiktiv zu ermitteln, da Frau S ihren Wagen nicht wirklich verkaufe. Der Restwert bestimme sich nicht nach dem Höchstgebot eines mit der Versicherung kooperierenden Händlers, sondern danach, wie ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Versicherungsnehmer das beschädigte Auto verkaufen würde.

Sicher würde er bzw. sie keinen Kaufvertrag mit einem weit entfernten, unbekannten Händler abschließen. Das wäre nicht wirtschaftlich vernünftig, denn dessen Seriosität könne er bzw. sie nicht überprüfen. Ein Autotransport über mehrere hundert Kilometer sei aufwändig und berge große Risiken, im Konfliktfall würde der Streit nicht am Wohnort ausgetragen.

Frau S sei daher nicht verpflichtet, das von der Versicherung benannte fiktive Kaufangebot eines unbekannten Händlers zu akzeptieren. So erhöhten Versicherungen allzu gerne rechnerisch den Restwert, um die Versicherungsleistung zu schmälern.

Die Versicherungsnehmerin müsse keine Marktforschung in ganz Deutschland betreiben oder den im Internet etablierten Sondermarkt für Restwertaufkäufer analysieren, wenn es um den Restwert gehe. Sie dürfe sich an den — von einem Sachverständigen an ihrem Wohnort ermittelten — Preisen am regionalen Automarkt orientieren.

Kfz-Ersatzteil ließ auf sich warten

Wieviel Nutzungsausfallentschädigung ist zu zahlen, wenn sich deshalb die Reparatur eines Unfallwagens verzögert?

Weil Autofahrer A bei Rotlicht in eine Kreuzung eingefahren war, stieß er mit dem Wagen von Frau B zusammen. Dass die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Reparaturkosten von Frau B übernehmen musste, stand also von vornherein fest. Dennoch kam es zum Rechtsstreit: Dabei ging es um die Höhe der Entschädigung für den Nutzungsausfall des Wagens während der Reparatur.

Die Reparatur zog sich ziemlich lange hin, weil das neue Airbag-Modul nicht geliefert werden konnte. Deshalb weigerte sich die Kfz-Versicherung, für den gesamten Zeitraum Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen.

Zunächst scheiterte die Zahlungsklage von Frau B. Das Landgericht war der Ansicht, sie hätte für "eine zeitnahe Reparatur sorgen müssen". Gegen das Urteil legte die Unfallgeschädigte Berufung ein und setzte sich beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf durch (1 U 77/20).

Verzögere sich die Reparatur wegen unvorhersehbaren Lieferschwierigkeiten bei einem Ersatzteil, könne der/die Unfallgeschädigte Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Reparaturdauer verlangen, urteilte das OLG. Frau B sei für die Lieferprobleme nicht verantwortlich. Auch wenn sie eine kostengünstige Werkstatt auswählte: Es habe keinen Grund für die Annahme gegeben, dass die Werkstatt die Reparatur nicht effizient und schnell ausführen könnte.

Unfallgeschädigte müssten auch nicht selbständig bei anderen Werkstätten oder beim Autohersteller nachforschen, ob dort Ersatzteile verfügbar seien. Lieferschwierigkeiten seien in der Regel nicht auf eine Werkstatt beschränkt. Dafür habe es auch im konkreten Fall keine Anhaltspunkte gegeben. Frau B müsse sich auch nicht mit einer Teilreparatur ohne das Airbag-Modul abfinden: Die damit verbundenen Nachteile müsse die Unfallgeschädigte nicht in Kauf nehmen.

Radweg zugeparkt: Pkw abgeschleppt

Kurzartikel

Parkt ein Auto verbotswidrig auf einem Radweg, der durch Verkehrszeichen und Piktogramm als solcher gekennzeichnet ist, ist es nicht unverhältnismäßig, wenn das Auto abgechleppt wird. Der Halter muss die Abschleppkosten auch dann tragen, wenn der Wagen "nur" am Ende des Radwegs stand. Wer hier parkt, beeinträchtigt die Radfahrer und Radfahrer, die deswegen auf die Straße ausweichen, gefährden den fließenden Verkehr. Außerdem soll das Abschleppen andere Autofahrer davon abhalten, das verkehrswidrige Verhalten nachzuahmen.

Unfall beim Bäume fällen

Wurde ein Traktor als Arbeitsgerät, nicht als Verkehrsmittel eingesetzt, haftet nicht die Kfz-Versicherung

Ein Landwirt bat einen Nachbarn, einige trockene Tannen am Rand eines seiner Grundstücke zu fällen. Für diese Aktion sperrte der Landwirt die angrenzende, öffentliche Straße ab und stellte seinen Traktor bereit, um die Bäume abzutransportieren. Um die erste Tanne legte er eine Kette, die er am Traktor befestigte, um den Baum zu sichern. Dann stieg er auf den Traktor. Der Helfer sägte den Baum ziemlich weit unten am Boden ab.

Die Tanne fiel direkt neben das Führerhaus des Traktors, so dass der Landwirt nicht aussteigen konnte. Zudem war sie so lang, dass sie sich auf der einen Straßenseite an einem Zaun verfing und auf der anderen Straßenseite mit der Krone in einem großen Busch verkeilte. Der Landwirt versuchte vergeblich, den Baum mit dem Traktor wegzudrücken. Deshalb forderte er den Nachbarn auf, die Tanne an der Spitze abzusagen, um den Stamm freizubekommen.

Kaum begann der Helfer zu sägen, brach der trockene Stamm, der durch die Rangierversuche mit dem Traktor unter hoher Spannung stand. Der Mann stürzte rückwärts auf einen Ast, wurde zwischen Ast und Baumstamm eingeklemmt und verletzte sich an den Brustwirbeln. Von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Landwirts forderte er Schadenersatz. Da der Unfall beim Betrieb des Traktors entstanden sei, müsse dafür laut Straßenverkehrsgesetz die Kfz-Versicherung haften, meinte der Nachbar.

Doch die Kfz-Versicherung erklärte sich für unzuständig und das Oberlandesgericht Hamm gab ihr Recht (9 W 14/21). Die Verletzung sei nicht beim Betrieb des Traktors als Kraftfahrzeug entstanden. Bei der ganzen Aktion sei der Traktor nur als Arbeitsmaschine im Einsatz gewesen. Die Straße sei für den Verkehr gesperrt worden. Die Tanne mit dem Traktor wegzuschaffen - wie eigentlich vorgesehen -, sei schon wegen ihrer Länge unmöglich gewesen.

Der Einsatz des Traktors habe sich auf die Arbeit vor Ort beschränkt, die nicht direkt zum Unfall geführt habe. Der Nachbar sei erst verletzt worden, nachdem der Versuch gescheitert war, den Stamm mit dem Traktor wegzudrücken. Indem er die Spitze des Baumes absägte, habe er den Sturz auf unglückliche Weise sozusagen selbst ausgelöst. Der Schaden sei jedenfalls nicht durch die Nutzung des Traktors als Verkehrsmittel entstanden: Die Kfz-Versicherung müsse für die Unfallfolgen nicht einstehen.

Vorschäden am Unfallauto verschwiegen?

Vollkaskoversicherung lehnte wegen unscheinbarer Lackkratzer die Schadensregulierung insgesamt ab

Ein Mercedes-Fahrer meldete seiner Vollkaskoversicherung einen selbst verschuldeten Unfall und machte Reparaturkosten von rund 5.000 Euro geltend: für beschädigte Spiegel und Felgen, Kratzer an den Türen und am Kotflügel. Die Frage nach Vorschäden beantwortete der Versicherungsnehmer so: "Erster Unfallschaden. Aber leichte Kratzer links unten". Präzisere Auskunft gab das von ihm vorgelegte Privatgutachten seines Kfz-Sachverständigen S: "Unreparierte Vorschäden: Dellen, Parkdellen, kleine Lackschäden".

Die Versicherung ließ den Mercedes von ihrem eigenen Kfz-Sachverständigen inspizieren. Anschließend kritisierte sie, dass es unmöglich sei, die Schadenshöhe festzustellen, weil sich Vorschäden und Unfallschäden total "überlagerten". Der Versicherungsnehmer habe die Vorschäden absichtlich "bagatellisiert", um mehr Schadenersatz herauszuschlagen. Deshalb sei sie nicht verpflichtet, den Unfallschaden zu regulieren.

Diesem Argument widersprach das Oberlandesgericht Dresden und verurteilte das Unternehmen zur Zahlung (4 U 1909/20). Wenn Vorschäden und Unfallschaden schwer voneinander abzugrenzen seien, müsse zwar in der Regel der Versicherungsnehmer beweisen, dass die Vorschäden vor dem Unfall fachgerecht repariert wurden. Hier stehe aber aufgrund des Schadensgutachtens fest, dass der überwiegende Teil der Schäden dem gemeldeten Unfall zuzuordnen sei.

Der Sachverständige S habe die Schäden durch den Unfall eindeutig von den Vorschäden abgrenzen können — nicht einmal der Gutachter des Versicherers dessen Schätzung der Reparaturkosten angezweifelt. Der Vorwurf, der Versicherungsnehmer habe seine Aufklärungspflicht verletzt, gehe fehl. Denn verschweigen könne man nur etwas, was man kenne.

Die vom Sachverständigen S als Vorschäden benannten Dellen und Kratzer seien auf den Fotos, die der Versicherungsnehmer nach dem Unfall selbst mit seinem Handy knipste, nicht zu erkennen. Auf den Fotos des Sachverständigen S ebenfalls nicht, die Schäden seien optisch vollkommen unauffällig. Auch wenn die Lichtbilder des Versicherungsgutachters die Vorschäden deutlicher zeigten: So ein unscheinbares Schadensbild erlaube nicht den Schluss, der Versicherungsnehmer habe Vorschäden vorsätzlich verschwiegen — zumal er ohnehin leichte Kratzer angegeben habe.

Auf dem Autobahn-Ausfädelstreifen überholt

Kurzartikel

Auf dem Ausfädelungsstreifen einer Autobahn darf im Prinzip nicht schneller gefahren werden als auf den durchgehenden Fahrspuren — es sei denn, dort stockt der Verkehr (§ 7a Abs. 3 Straßenverkehrsordnung). Ergibt das Unfallgutachten nach einer Kollision, dass ein Lkw beim Spurwechsel auf den Ausfädelungsstreifen gegen einen Kleinlaster gestoßen ist, der Kleinlaster dabei aber schneller fuhr als der Lkw, haftet der Fahrer des Kleinlasters aufgrund dieses Verkehrsverstoßes für den Unfallschaden mit.

Mehrere Tempo-Schilder ignoriert: mehr Bußgeld

Kurzartikel

Missachtet ein Autofahrer auf der Autobahn nicht nur ein Warnschild, sondern drei hintereinander aufgestellte Verkehrszeichen, die wegen besonderer Unfallgefahr die Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzen, handelt er besonders fahrlässig. Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, ihm ein höheres Bußgeld als die Regelgeldbuße aufzubrummen, weil er längere Zeit zu schnell gefahren ist und Tempo-Schilder hartnäckig ignoriert hat.

Autounfall während der Dienstfahrt

Muss der Dienstherr des Beamten den Schaden ersetzen, der nach einem Toilettenbesuch in der Raststätte entstand?

Im Auftrag des Ministeriums war ein bayerischer Landwirtschaftsamtmann zu einer Feldvorführung mit dem eigenen Wagen aufs Land gefahren. Am Nachmittag kehrte er über die Autobahn nach München zurück. Während der Fahrt machte der Beamte an einer Autobahnraststätte Halt, um die Toilette aufzusuchen. Als er danach wieder auf die Autobahn auffahren wollte, stieß sein Wagen mit einem anderen Fahrzeug zusammen.

Den Sachschaden sollte nun der Dienstherr des Beamten ersetzen. Doch der winkte kühl ab: Toilettenbesuche gehörten nicht zu den "unfallgeschützten Tätigkeiten von Beamten". Mit dieser Aussage fand sich der Mann nicht ab. Er klagte auf Schadenersatz und setzte sich beim Verwaltungsgericht (VG) Regensburg durch (RO 12 K 19.2080).

Der Verkehrsunfall habe sich während einer Dienstreise und infolge des Dienstes ereignet, urteilte das VG. Es sei klar, dass ein Beamter auch einmal eine Toilette aufsuchen müsse, wenn er den ganzen Tag in dienstlichem Auftrag unterwegs sei. So eine Pause gehöre deshalb zu den "unfallgeschützten Tätigkeiten" eines Beamten.

Das gelte jedenfalls dann, wenn der Beamte eine naheliegende Gelegenheit wie eine Raststätte dafür nutze — und nicht unnötigerweise Umwege fahre oder einen riskanten Ort aufsuche.

Beschwipst mit E-Scooter unterwegs

Dem Bundesgerichtshof ging die Freiheitsstrafe für einen notorischen Verkehrssünder zu weit

Keinen Führerschein, aber gerne flott unterwegs — auch und gerade nach feucht-fröhlichen Runden. Auf diese Weise brachte es der Verkehrssünder zu einem beachtlichen Sündenregister. Häufig wurde er angetrunken (mit über 1,1 Promille) auf einem Elektroroller erwischt. Einmal missachtete er die Vorfahrt eines anderen Verkehrsteilnehmers und fuhr nach dem Zusammenstoß ungerührt weiter.

Wegen über 30 Straftaten im Verkehr verurteilte das Landgericht Hechingen den Mann zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Zudem verfügte es, dass er den Führerschein die nächsten zwei Jahre nicht zurückbekommen dürfe. Gegen das Urteil wehrte sich der Rollerfahrer und erreichte beim Bundesgerichtshof (BGH) zumindest einen vorläufigen Erfolg (4 StR 366/20). Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück.

Die Bundesrichter störte vor allem, dass das Landgericht die Vorschriften für Kraftfahrer angewendet hatte. Nicht alle E-Scooter seien als Kraftfahrzeuge einzuordnen. Um einen Rollerfahrer strafrechtlich wegen Trunkenheit im Verkehr und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu belangen, müsse zunächst einmal der benutzte Elektroroller technisch beschrieben und richtig bewertet werden. Für zahlreiche Fahrzeuge (z.B. Mofas oder elektrische Kleinstfahrzeuge) benötige man gar keine Fahrerlaubnis.

Auch die Rechtsprechung zur Fahruntüchtigkeit nach Alkoholkonsum sei für Kraftfahrer entwickelt worden. Ob man den Grenzwert von 1,1 Promille — bei Kraftfahrern Indiz für absolute Fahruntüchtigkeit — so einfach auf die Fahrer von E-Rollern übertragen könne, sei doch eher fraglich. Zudem habe das Landgericht nicht geklärt, ob der Unfall tatsächlich auf den Alkoholkonsum des Mannes zurückzuführen war. Ihn wegen Gefährdung des Straßenverkehrs zu verurteilen, sei auf dieser Basis unmöglich. Die fehlenden Feststellungen müsse das Landgericht nachholen.

Busfahrer prügelt sich mit Radfahrer

Kopfverletzung war Folge eines privat motivierten Streits und damit kein Arbeitsunfall

Kommunale Verkehrsbetriebe meldeten der Berufsgenossenschaft — Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung — einen Arbeitsunfall: Ihr Busfahrer T liege nach einem Konflikt bei einer Busfahrt mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus. Nachdem sich die Berufsgenossenschaft bei der Polizei über die Ermittlungsergebnisse informiert hatte, lehnte sie Leistungen für den Busfahrer ab.

Demnach hatte sich der Konflikt so abgespielt: Weil es regnete, stieg Herr R mit seinem Rad in einen Bus. T bat ihn, kurz auszusteigen, um einer Frau mit Kinderwagen Platz zu machen. R stieg aus — doch dann fuhr der Busfahrer ohne ihn los und ließ ihn im Regen stehen. R beschimpfte ihn lautstark und stieg aufs Rad. Einige Minuten später begegneten sich Bus und Radfahrer an einer Kreuzung wieder. T brüllte, der Radfahrer solle stehen bleiben, man habe noch was zu klären.

Als R weiterfuhr, schnitt T ihm mit dem Bus den Weg ab und brachte ihn zu Fall. Dann stieg T aus und trat nach dem Radfahrer. Der schlug ihm seinen Helm ins Gesicht. Das stachelte T nur weiter an: Er nahm einen Pflasterstein und warf ihn in Richtung R, verfehlte ihn und griff dann nach dem weggeschleuderten Rad. R glaubte, T wollte ihm das Rad wegnehmen und sprang ihm mit Anlauf in den Rücken. Als T bewusstlos zu Boden ging, alarmierte R Polizei und Notarzt. Die schockierten Fahrgäste gaben zu Protokoll, es habe eine "wilde Schlägerei" gegeben.

Als T nach acht Wochen aus der Klinik entlassen wurde, verklagte er die Berufsgenossenschaft auf Zahlung von Verletztengeld. Doch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen entschied, für einen privat motivierten Streit bestehe in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Versicherungsschutz (L 17 U 626/16). Dieser Konflikt habe nichts mit der beruflichen Tätigkeit des Fahrers zu tun gehabt. T habe nicht im betrieblichen Interesse gehandelt, im Gegenteil.

Anstatt seine Fahrgäste sicher an ihr Ziel zu bringen, habe er sie durch einen rein persönlichen Streit in Gefahr gebracht, indem er seinen Bus gegen R als Waffe einsetzte. Die Zeugin mit dem Kinderwagen habe ausgesagt, sie habe um ihr Kind gebangt: Denn der Fahrer sei bei Rot über die Kreuzung gebraust, um den Radfahrer zu attackieren, der bei "grün" schon weitergefahren war. Durch den Verkehrsverstoß und das abrupte Bremsmanöver habe T die Fahrgäste gefährdet, so das LSG, um einen privaten Rachefeldzug gegen R zu führen.

Haftpflichtversicherung betreibt eigenes Mietwagenunternehmen

Unfallgeschädigte, die ein Ersatzauto benötigen, können den Autovermieter frei wählen

Ein Versicherungsunternehmen war Teilhaber der Autovermietung "carpartner". Wenn die Versicherung für Unfallschäden an Pkws aufkommen musste, stellte sie den Geschädigten während der Dauer der Reparatur Mietwagen von "carpartner" zu "günstigen Preisen" zur Verfügung. So versprach es jedenfalls die Reklame.

Im Werbeschreiben erklärte das Unternehmen, es übernehme die Kosten für das Mietauto so lange, wie die Geschädigten auf das eigene Auto verzichten müssen. Dass die Versicherung selbstverständlich auch die Kosten für die Mietwagen anderer Unternehmen ersetzen muss, blieb unerwähnt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte dieses Vorgehen für unzulässig (20 U 1/95).

Bei den Kunden könnte aufgrund der Werbung der falsche Eindruck entstehen, Ersatz für die Mietkosten bekämen sie nur, wenn sie bei "carpartner" günstig einen Wagen mieten oder zu noch günstigeren Preisen anderswo. Tatsächlich müsse aber die Versicherung alle "marktgerechten" Mietkosten für Ersatzfahrzeuge anderer Autovermieter erstatten. Die Werbung könnte Kunden in die Irre führen und verstoße gegen das Wettbewerbsrecht, nach dem allen Anbietern von Mietwagen die gleichen Erwerbschancen offen stehen sollten.

Verkehrsunfall auf dem Parkplatz

Gericht geht trotz Vorfahrt eines Beteiligten von Mitverschulden aus

Auf Parkplätzen gilt meistens die Straßenverkehrsordnung. Häufig findet man auch Schilder, die eigens darauf hinweisen. Was aber bedeutet das bei einem Unfall? Rechts vor links - dieser Grundsatz gilt natürlich, bewahrt aber nicht in jedem Fall vor Mithaftung, wie folgender Fall zeigt.

Als auf einem Parkplatz zwei Fahrzeuge kollidierten, war die Rechtslage für den von rechts kommenden Autofahrer klar: Er war der Meinung, seinen Unfallgegner treffe die gesamte Schuld, weil dieser die Vorfahrt missachtet habe. Dem widersprach das Oberlandesgericht (OLG) Köln (18 U 117/94).

Autofahrer müssten auf Parkplätzen besonders umsichtig fahren, betonte das OLG, weil dort ständig Fahrzeuge ein- und ausparkten. Im konkreten Fall hätte der Vorfahrtsberechtigte schon deshalb sehr vorsichtig vorgehen müssen, weil seine Sicht - wie er selbst eingeräumt habe - durch geparkte Fahrzeuge eingeschränkt gewesen sei. Wäre er ständig bremsbereit gefahren und hätte dabei aufmerksam die wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer beobachtet, hätte er den Zusammenstoß vermeiden können. Aus diesem Grund hafte der Autofahrer für die Unfallfolgen zu einem Viertel mit.

Gebrauchtwagen mit falschem Tachostand

Haftet der private Verkäufer für eine unwissentlich falsche Angabe?

Ein Privatmann verkaufte seinen gebrauchten Mercedes. Im vorgedruckten Kaufvertrag des ADAC gab er in der Rubrik "Gesamtfahrleistung, soweit bekannt" an, der Wagen habe 134.000 km auf dem Tacho. Tatsächlich war der Wagen schon 234.000 km gefahren worden. Dies wusste er aber nicht, da er den Wagen selber gebraucht gekauft hatte. Als der Käufer den wahren Tachostand erfuhr, verlangte er einen Teil des Kaufpreises zurück.

Das Landgericht Aachen entschied, dass der Verkäufer nichts zurückzahlen muss (5 S 326/94). Der Mann sei kein Autofachmann. Er habe den Wagen selbst gebraucht gekauft und könne als Laie die wirkliche Gesamtfahrleistung eines Wagens nicht einschätzen. Außerdem stehe im Kaufvertrag "Gesamtfahrleistung, soweit bekannt". Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Tachostand explizit zugesichert und die Gewähr dafür übernommen hätte, dass der Wagen nur 134.000 km gefahren sei, hätte der Käufer Anspruch auf eine Minderung des Kaufpreises.

Eine lässliche Ampelsünde

Kaskoversicherung muss für die Unfallfolgen aufkommen

Weil er einen Parkplatz suchte, hatte ein 71-jähriger Autofahrer nicht bemerkt, dass die Ampel schon eine Sekunde lang Rot zeigte. Er fuhr in die Kreuzung ein und stieß mit dem Querverkehr zusammen. Die Kfz-Kaskoversicherung wollte für den Schaden nicht aufkommen: Der alte Mann habe den Unfall grob fahrlässig verursacht.

Das Amtsgericht Dortmund hielt diesen Vorwurf für übertrieben und gab dem Senior Recht, der seine Kfz-Kaskoversicherung auf Zahlung verklagt hatte (112 C 4668/94). Im Leben eines Autofahrers bestehe immer das Risiko, Fehler zu machen. Bei der Vielzahl von Gefahren im Straßenverkehr falle es rechtlich nicht besonders ins Gewicht, wenn ein abgelenkter Verkehrsteilnehmer eine rote Ampel übersehe. Der Autofahrer sei unaufmerksam gewesen, von grober Fahrlässigkeit könne hier jedoch nicht die Rede sein. Die Kfz-Kaskoversicherung müsse für den Schaden aufkommen.

Bei der Freundin übernachtet

Auf dem Arbeitsweg sind Arbeitnehmer auch gesetzlich unfallversichert, wenn Startpunkt nicht die eigene Wohnung ist

Ein junger Auslieferungsfahrer wohnte noch bei seinen Eltern. Deren Wohnung liegt nur zwei Kilometer entfernt von der Firma, für die er arbeitete. Meistens übernachtete der Mann allerdings bei seiner Freundin, die im Nachbarort lebte (ca. 40 km entfernt). Eines Morgens verunglückte der Arbeitnehmer auf der Fahrt von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte und wurde bei dem Verkehrsunfall schwer verletzt.

Die zuständige Berufsgenossenschaft, Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, lehnte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zahlte dem Mann kein Verletztengeld. Versichert sei nur der direkte Weg von der Wohnung des Arbeitnehmers zur Arbeitsstätte und zurück.

Nach langem Rechtsstreit setzte sich der Versicherte beim Bundessozialgericht (BSG) durch: Das BSG änderte mit diesem Grundsatzurteil die Rechtsprechung zu Wegeunfällen (B 2 U 2/18 R). Das Sozialgesetzbuch lasse den Startpunkt des Arbeitswegs offen, stellte das BSG fest. Statt der Wohnung des Versicherten könne daher im Prinzip auch ein anderer ("dritter") Ort Ausgangspunkt des Arbeitswegs sein.

Im konkreten Fall habe der Versicherte am Unfalltag die Wohnung seiner Freundin kurz nach 7 Uhr früh verlassen, um von da aus zur Arbeitsstätte zu fahren und dort seine versicherte Tätigkeit als Auslieferungsfahrer anzutreten. Der Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit stehe damit fest.

Für den Versicherungsschutz komme es nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer einen weiteren Arbeitsweg in Kauf genommen habe. Der Versicherungsschutz hänge auch nicht vom Zweck des Aufenthalts am "dritten" Ort ab oder davon, welches Verkehrsmittel der Versicherte benutzt habe. Keines dieser Kriterien werde im Sozialgesetzbuch als Voraussetzung für Versicherungsschutz genannt. Wende man sie weiterhin an, führe das letztlich zu ungerechten Resultaten.

PS: Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewinnt dieses Urteil weiter an Bedeutung. Auf seiner Basis haben Berufsgenossenschaften schon einige Male Vergleiche mit Versicherten geschlossen, meldet das Landessozialgericht Bayern: Immer ging es dabei um Wegeunfälle im Jahr 2020, bei denen die Arbeitnehmer — coronabedingt, z.B. wegen der Erkrankung eines Familienmitglieds — bei Freunden oder Verwandten übernachtet hatten.

Verzögert aus der Autowaschanlage ausgefahren

Der nächste Fahrer bremst deshalb auf dem Schleppband der Waschstraße: Wer haftet für den Schaden?

Autofahrer A ließ sein Fahrzeug in einer Autowaschanlage reinigen. Als am Ende der Waschstraße die Ampelanlage auf "grün" schaltete, sprang der Wagen nicht sofort an. Das Anlassen gelang A erst nach einer Weile im zweiten Versuch. Diese Verzögerung versetzte im nachfolgenden Auto Herrn B in Panik, weil das Schleppband sein Auto immer näher an das vordere Fahrzeug zog.

Aus Angst vor einer Kollision trat B auf die Bremse und richtete so noch größeren Schaden an. Dadurch rutschte nämlich sein Auto vom Transportband, stieß gegen den Trockner der Waschanlage und wurde dabei erheblich beschädigt. Autofahrer B verklagte Autofahrer A und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz.

Beim Oberlandesgericht Zweibrücken erreichte B nur einen Teilerfolg: Es sprach ihm 30 Prozent der Reparaturkosten zu (1 U 63/19). Nutzer einer Waschanlage müssten nach Abschluss des Waschvorgangs, wenn die Ampelanzeige auf "grün" schalte, sofort wegfahren und die Ausfahrt für die folgenden Autos freimachen. Als Kfz-Halter hafte Autofahrer A — auch unabhängig von Verschulden — für den Autoschaden des B.

Dass er verzögert aus der Waschstraße hinausgefahren sei, habe nämlich die falsche Reaktion des nachfolgenden Autofahrers ausgelöst. Dessen Sorge, die Fahrzeuge könnten zusammenstoßen, sei durchaus berechtigt gewesen. Trotzdem hätte Fahrer B wissen müssen, dass er auf dem Transportband nicht bremsen dürfe. Das sei allgemein bekannt.

Zudem erinnerten Warnhinweise in der Waschanlage die Benutzer ausdrücklich und eindeutig daran. Durch Abbremsen auf dem Schleppband werde die Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs verzögert oder gestoppt, während sich das Transportband weiterbewege. Dadurch könne der Wagen gegen Teile der Waschstraße oder gegen andere Fahrzeuge stoßen. Überwiegend habe sich daher Autobesitzer B den Schaden selbst zuzuschreiben.

Fußgängerfreundliche Innenstadt

Stadt Aachen kann mit diesem Projekt kein Fahrverbot begründen

Die Stadt Aachen beschloss, ihre Innenstadt fußgängerfreundlich zu gestalten. Als erste Maßnahme verhängte sie dort ein Fahrverbot für den Privatverkehr, das jeden Samstag gelten sollte. Trotz einschlägiger Verkehrszeichen ("Verbot für Fahrzeuge aller Art") war ein Autofahrer an einem Samstag in der Innenstadt unterwegs. Gegen ihn wurde ein Bußgeld verhängt.

Das Amtsgericht Aachen ersparte ihm die Geldstrafe (49 OWi 79 Js 654/94). In der Straßenverkehrsordnung sei die Gestaltung einer fußgängerfreundlichen Innenstadt nicht geregelt. Ein Fahrverbot an Samstagen komme allenfalls in Frage, um die Verkehrssicherheit zu verbessern oder um die Bevölkerung vor Lärm und Abgasen zu schützen. Den Zweck, Innenstädte so zu ändern, dass sich Fußgänger dort freier bewegen könnten, kenne das Gesetz (noch) nicht. Das zu ändern, sei aber Sache des Gesetzgebers und nicht der Kommune. Derzeit sei jedenfalls ein Bußgeld nicht gerechtfertigt.