Im Januar 2017 fuhr Autofahrer A am späten Nachmittag zur Tankstelle an seinem Wohnort. Er tankte, bezahlte und kaufte eine Waschkarte. Dann brachte er das Auto in eine SB-Waschbox. Zu Fuß ging er zurück zu einem Abfalleimer bei den Tanksäulen. Dabei stürzte A und verletzte sich am Bein.
Dem Tankstellenbetreiber warf er vor, er habe seine Räum- und Streupflicht vernachlässigt. Angesichts der winterlichen Verhältnisse komme eine andere Ursache für den Sturz nicht in Betracht: Er müsse auf Glatteis ausgerutscht sein, das er wegen der schlechten Sicht nicht erkennen konnte. Mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld hielt der Verletzte für angemessen.
Auf dem Tankstellengelände habe es überhaupt keine eisigen Stellen gegeben, konterte der Tankstellenbetreiber. Ihm sei völlig schleierhaft, wie der Autofahrer zu Fall gekommen sei. Jedenfalls habe A nicht annähernd belegt, dass es eine Gefahrenquelle gab, die er, der verkehrssicherungspflichtige Tankstellenbetreiber, hätte beseitigen müssen. So sah es auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Es wies die Zahlungsklage des Autofahrers ab (7 U 106/19).
Räumen und Streuen müssten Verkehrssicherungspflichtige im Winter nur, wenn entweder allgemeine Glätte vorherrsche oder zumindest Gefahren durch vereinzelte, glatte Stellen drohten. Auch bei allgemeiner Glätte bestehe keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse die Kunden nur vor Risiken schützen, die diese nicht rechtzeitig erkennen könnten. Eine konkrete Gefahrenlage habe A jedoch nicht dargelegt.
Vor dem Sturz habe er nicht einmal Glatteis wahrgenommen, obwohl er sich fast 15 Minuten auf dem Gelände aufgehalten habe. Der Boden sei eigentlich "griffig" gewesen, habe er ausgesagt. Gleichzeitig behaupte er, neben der Tanksäule sei es glatt gewesen — das sei letztlich nur eine Vermutung "ins Blaue hinein", einzig gestürzt auf die winterlichen Temperaturen an diesem Tag. Über Umfang und Ort der Glättestelle habe A nichts sagen können.
Selbst wenn vor dem Mülleimer der Boden eventuell nicht ganz so "griffig" gewesen sein sollte wie rundherum: Deshalb müsse der Tankstellenbetreiber nicht gleich von einem ernsthaften Risiko für Kunden ausgehen, das ihn zur Abhilfe verpflichte. Dass Autofahrer A neben dem Mülleimer gestürzt sei, sei als bedauerliche Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos einzustufen.