Auto & Verkehr

Zeige 20 von 1878 Urteilen

Windschutzscheibe mit Frostschutzfolie abgedeckt

Arbeitnehmerin stürzte dabei auf einem Parkplatz nahe dem Betrieb: Arbeitsunfall?

An einem frostigen Wintertag fuhr eine Angestellte mit dem Auto in die Arbeit. Sie stellte den Wagen auf einem Parkplatz ab, der etwa 200 Meter vom Betrieb entfernt liegt. Bevor sie die kurze Strecke zu Fuß zurücklegte, wollte die Frau allerdings noch die Frontscheibe abdecken. Um die Frostschutzfolie anzubringen, ging sie um den Wagen herum. Beim Zurücktreten auf der Beifahrerseite knickte sie um, stürzte und brach sich das Sprunggelenk.

Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft — Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung — beantragte die Angestellte, ihren Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen: Sie sei ja auf dem Weg zum Arbeitsplatz verunglückt und bei so genannten Wegeunfällen seien Leistungen der Unfallversicherung vorgesehen. Doch die Berufsgenossenschaft winkte ab: Wenn ein Arbeitnehmer am Auto eine Frostschutz-Abdeckung anbringe, gehöre das nicht zum Arbeitsweg.

Erfolglos klagte die Angestellten Leistungen ein: Auch das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt verneinte einen Arbeitsunfall (L 6 U 61/20). Als sie die Windschutzscheibe des Autos abdeckte, habe die Angestellte ihren Arbeitsweg unterbrochen — aus Gründen, die nicht mit ihrer beruflichen Tätigkeit zusammenhingen.

Vielmehr habe die Frau wegen der Kälte die Frontscheibe geschützt, um sie vor der Heimfahrt nicht enteisen zu müssen. Sie habe also aus einem privaten Motiv heraus die spätere Fahrt vorbereitet. Diese privat motivierte Handlung sei nicht unfallversichert: Die Angestellte habe den Arbeitsweg unterbrochen, um eine vom Weg ganz unabhängige Aktion auszuführen.

"ES6" ist leicht mit "S6" zu verwechseln

Audi klagte erfolgreich gegen die Werbung eines chinesischen Autoherstellers

Der chinesische Autohersteller Nio wirbt auf seiner Internetseite für zwei E-Fahrzeugmodelle, die er bald auch in Deutschland verkaufen möchte, mit dem Zusatz "ES6" und "ES8". Das rief den deutschen Konkurrenten Audi auf den Plan, der auf den Markenschutz für seine Modelle "S6" und "S8" pochte. Audi zog vor Gericht und verlangte, die Werbung von Nio zu verbieten: Verbraucher könnten die Bezeichnungen von Nio mit seinen geschützten Marken verwechseln.

Das Landgericht München I sah ebenfalls eine Verwechslungsgefahr und entschied den Markenrechtsstreit zu Gunsten von Audi (1 HK O 13543/21). Nio dürfe seine Fahrzeugmodelle nicht mehr mit den Zusätzen "ES6" und "ES8" bewerben, so das Landgericht. Zwar weiche die Nio-Typenbezeichnung durch den Buchstaben "E" von den geschützten Markenzeichen "S6" und "S8" ab. Dieser Buchstabe reiche aber nicht aus, um die Nio-Automodelle von den Audi-Automodellen ausreichend zu unterscheiden.

Wenn man die Typenbezeichnungen ausspreche, seien sie im Klang sehr ähnlich. Vor allem sei jedoch der Buchstabe "E" als Abkürzung für "Elektro" oder "elektronisch" sozusagen allgegenwärtig, auch und gerade im Automobilbereich. Kraftfahrzeuge mit Elektromotor würden meistens kurz als "E-Auto" bezeichnet. Deshalb dürften viele Verbraucher — und mögliche Kunden von Audi — "ES6" nur als Hinweis auf den Motortyp verstehen. Sie könnten annehmen, der "ES6" sei die Elektroversion des "S6", werde also auch von Audi produziert.

Die Verwechslungsgefahr werde nicht dadurch ausgeräumt, dass die beiden Nio-Fahrzeuge SUV-Modelle seien (Stadtgeländewagen mit erhöhter Bodenfreiheit) und die Audi-Modelle Limousinen. Auch dass der Firmenname Nio in der Reklame zu sehen sei, ändere nichts an der Verwechslungsgefahr. Denn in der Automobilbranche würden Typenbezeichnungen wie eigenständige Marken angesehen. (Nio hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.)

Riskantes Überholmanöver vor einer Kurve

Autofahrer bremst wegen des Gegenverkehrs ab und bringt einige Rennradfahrer zu Fall

Eine Gruppe von fünf Rennradfahrern war im August 2019 in Nonnweiler-Primstal (Saarland) unterwegs: dicht hintereinander mit ca. 30 km/h. Kurz vor einer Kurve versuchte der Fahrer eines VW Golf mit Anhänger, die Gruppe zu überholen. Dass ihm ein anderer Wagen mit Pferdeanhänger entgegenkam, konnte der Golffahrer nicht sehen. Als sich der Golf neben dem vordersten Radfahrer befand, bemerkte der Fahrer den Gegenverkehr, brach den Überholvorgang ab, bremste und zog nach rechts.

Beim Ausweichen gerieten drei der Rennradfahrer aneinander und stürzten. Herr A erlitt dabei eine Schultereckgelenkssprengung, Schürfwunden und Prellungen. Er musste operiert werden und eine Abduktionsschiene tragen, war drei Wochen arbeitsunfähig und konnte monatelang nicht Autofahren.

A verklagte den Golffahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz und Schmerzensgeld: Der Autofahrer habe mit seinem riskanten Überholmanöver an einer unübersichtlichen Stelle den Unfall schuldhaft verursacht.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken gab dem Radfahrer Recht (4 U 136/21). Überholen dürfe nur, wer übersehen könne, dass kein Gegenverkehr komme und dass auch sonst niemand gefährdet werde. Da der Golffahrer vor der Kurve den Überholweg nicht vollständig überblicken konnte, hätte er die Gruppe der Radfahrer nicht überholen dürfen. Auch wenn er A nicht angefahren habe: Mit seiner Fahrweise habe der Golffahrer den Sturz der Radfahrer und die Verletzung von A ausgelöst. Daher müsse die Kfz-Versicherung einspringen.

Das Verbot, an unübersichtlicher Stelle zu überholen, solle nicht nur den Gegenverkehr, sondern auch die überholten Verkehrsteilnehmer schützen. Zudem müssten Autofahrer beim Überholen von Radfahrern mindestens 1,5 Meter Seitenabstand einhalten, weil deren Fahrlinie oft leicht schwanke. Der Golffahrer habe mit höchstens einem Meter Abstand überholt, wenn es überhaupt ein Meter gewesen sei — da seien die Zeugenaussagen unterschiedlich.

Da die Radfahrer außerdem im Pulk fuhren — für den Golffahrer erkennbar mit zu wenig Sicherheitsabstand —, sei die Sturzgefahr besonders groß gewesen. Das begründe allerdings auch ein Mitverschulden des Verletzten: Ein Drittel des Schadens müsse A deshalb selbst tragen. Bei organisierten Straßenrennen sei das anders zu beurteilen. Doch wenn sich Rennradfahrer im "normalen" Straßenverkehr bewegten, dürften sie nicht so dicht hintereinander fahren, sondern müssten zum eigenen Schutz Abstand halten.

Opel fährt gegen geöffnete Autotür

Übersieht eine Autofahrerin die offene Tür eines geparkten Wagens, ist sie für den Unfall mitverantwortlich

Ein BMW-Fahrer hatte gegen 22 Uhr sein Auto am Straßenrand geparkt und war ausgestiegen. Dann holte er Sachen aus dem Kofferraum, dabei ließ er Standlicht und Innenbeleuchtung brennen und die Fahrertür offenstehen. Nach einigen Minuten kam aus der entgegengesetzten Richtung eine Autofahrerin und fuhr mit ihrem Opel Astra gegen die geöffnete Tür des BMW. Die Reparatur des Schadens am Opel kostete rund 1.900 Euro.

Der Ehemann der Fahrerin, Kfz-Halter des Opel, verklagte den BMW-Besitzer und dessen Haftpflichtversicherung zunächst erfolgreich auf Schadenersatz in voller Höhe. Doch der BMW-Fahrer setzte sich dagegen zur Wehr: Die Autofahrerin treffe zumindest eine Mitschuld am Unfall, meinte er. Immerhin habe sie eine offenstehende, beleuchtete Tür übersehen, die sie von weitem hätte erkennen können.

So sah es auch das Landgericht Saarbrücken und entschied, dass die Versicherung des BMW-Fahrers nur zwei Drittel des Schadens ersetzen muss (13 S 23/22). Autofahrer dürften nur so schnell fahren, dass sie innerhalb der überschaubaren Strecke rechtzeitig vor einem Hindernis anhalten könnten. Entweder sei der Bremsweg des Opel länger gewesen als die Sichtweite: Dann habe die Opel-Fahrerin gegen das Sichtfahrgebot verstoßen und sei zu schnell gefahren.

Oder die Autofahrerin habe auf die an sich rechtzeitig sichtbare Autotür zu spät reagiert: Dann sei sie unaufmerksam gewesen und für die Kollision ebenfalls mitverantwortlich. Der geöffneten Fahrertür hätte sie problemlos ausweichen können. Allerdings überwiege der Unfallbeitrag des sorglosen BMW-Besitzers den der Autofahrerin.

Autofahrer dürften Autotüren nicht länger offenstehen lassen. Wer ein- oder aussteige, müsse dies so vorsichtig tun, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährde. Wenn beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt werde, spreche schon der äußere Anschein dafür, dass der Ein- oder Aussteigende seine Sorgfaltspflicht fahrlässig verletzt habe.

Überholen bei "unklarer Verkehrslage"

Kurzartikel

Hält ein Auto hinter einem parkenden Kleinlaster an und ist unklar, ob die Fahrerin stehen bleiben oder vorbeifahren möchte, stellt es einen Verkehrsverstoß dar, wenn ein von hinten kommender Linienbus zum Überholen des Autos ansetzt. Schert die Autofahrerin im gleichen Moment nach links aus, ohne nach hinten zu blicken, und stößt mit dem Auto gegen den Bus, haften der Busfahrer und die Autofahrerin jeweils zur Hälfte für den Schaden.

Geschwindigkeitsverstoß verjährt oder nicht?

Wird die Identität eines Temposünders nicht rechtzeitig festgestellt, genügt auch ein Radarfoto

Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr verjähren innnerhalb von sechs Monaten. Sobald die Behörden jedoch einen bestimmten Verkehrsteilnehmer im Verdacht haben und gegen ihn ermitteln, wird dadurch die Verjährungsfrist unterbrochen.

Eine niedersächsische Kreisbehörde verfügte zwar über ein Radarfoto von einer Schnellfahrerin, hatte jedoch ihre Identität nicht klären können. Sie übersandte das Bild der Polizei zur Identifizierung. Als die Polizei den Namen der Verkehrssünderin endlich herausgefunden hatte, waren sechs Monate seit der Tat verstrichen. Dennoch wurde die Frau mit einer Geldbuße und einem Fahrverbot belegt.

Das Oberlandesgericht Celle hatte daran nichts auszusetzen und wies die Klage der Autofahrerin gegen die Sanktion ab (2 Ss (OWi) 339/94). Einerseits sei zwar ihr Einwand richtig: Nur, wenn sich die Ermittlungen gegen einen individuell bestimmten Täter richteten, halte dies die Verjährung auf. Andererseits bedeute "individuell bestimmt" aber nicht, dass der Name des Täters oder der Täterin bekannt sein müsse. Es reiche vielmehr aus, wenn ein Foto vorliege - vorausgesetzt, es sei scharf genug und zeige so viele Merkmale, dass man ihn oder sie damit identifizeiren könne.

Widerruf beim Gebrauchtwagenhandel

Einen Kaufvertrag kann der Kunde nur widerrufen, wenn es um ein Fernabsatzgeschäft geht

Herr B suchte nach einem Gebrauchtwagen und fand im Internet die Anzeige eines Autohauses: Audi A3 Sportback e-tron, Erstzulassung März 2017, Kaufpreis 25.325 Euro. Er rief den Händler an und bekam per E-Mail ein Formular zugeschickt, das mit den Audi-Daten ausgefüllt war: "Verbindliche Bestellung eines Kraftfahrzeugs mit Garantie". Herr B unterschrieb und schickte das Formular per Fax zurück. Daraufhin erhielt er vom Autohaus per E-Mail eine Auftragsbestätigung für den Kaufvertrag, der Deal war perfekt.

Schon bald häuften sich Beschwerden des Käufers über Mängel, die der Händler jedoch bestritt. Schließlich widerrief Herr B den Kaufvertrag. Da sich das Autohaus weigerte, das Geschäft rückgängig zu machen, erhob der Käufer Klage. Er forderte die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Wagens. Vor Gericht ging es im Wesentlichen um die Frage, ob B den Kaufvertrag nach den Vorschriften zum Fernabsatzgeschäft widerrufen konnte.

Hintergrund: Im Versandhandel und im Onlinehandel (= Fernabsatzgeschäfte) steht Verbrauchern das Recht auf Widerruf zu. Sie können einen Kaufvertrag innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Die Frist für den Widerruf ist aber nur dann auf zwei Wochen begrenzt, wenn der Verkäufer den Kunden korrekt über sein Widerrufsrecht informiert hat. Unterlässt der Händler diese Belehrung, besteht das Widerrufsrecht weiter.

Im konkreten Fall entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg, B habe den Kaufvertrag wirksam widerrufen (3 U 81/22). Vergeblich pochte der Händler darauf, ein Autohaus sei kein Onlinehandel. Also stehe dem Käufer kein Widerrufsrecht zu. Dem widersprach das OLG: Hier handle es sich um ein Fernabsatzgeschäft, weil der Kaufvertrag allein mit "Fernkommunikationsmitteln" geschlossen wurde: B habe das Auto per Fax verbindlich bestellt, der Händler den Vertrag per E-Mail bestätigt.

Das Autohaus habe also sehr wohl ein Fernabsatzsystem eingerichtet, jedenfalls für daran interessierte Kunden entsprechende Kommunikationskanäle eröffnet. B habe problemlos einen Vertrag mit dem Autohaus schließen können, ohne persönlich dort zu erscheinen. Und das stelle keinen Ausnahmefall dar. Denn das Autohaus gehöre zu einer großen Gruppe von Autohändlern, die ihre Gebrauchtfahrzeuge eben auch "online" mit Garantie anbiete.

Heutzutage seien viele Verbraucher bereit, nur aufgrund einer Beschreibung im Internet — ohne Besichtigung und Probefahrt — einen Kaufvertrag abzuschließen. Da der Händler deshalb auch diesen Vertriebskanal regelmäßig nutze, liege ein Fernabsatzvertrag vor. Den habe B auch einige Monate nach dem Kauf noch widerrufen dürfen, da er vom Händler nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei.

Sex im Parkhaus

Kölner Parkhausbetreiber haftet nicht für Sex-Schäden an einer Motorhaube

Ein Geschäftsreisender hatte seinen Wagen über Nacht im Parkhaus am Kölner Hauptbahnhof abgestellt. Als er das Auto am Morgen abholen wollte, erlebte er eine böse Überraschung: Die Motorhaube hatte Dellen, der Lack war zerkratzt. Auf seine Beschwerde hin gingen Mitarbeiter des Parkhauses der Sache nach. Sie prüften die Videoaufnahmen der Überwachungskamera und bekamen überraschend Sex geboten.

Zwei Personen hatten sich in der Nacht auf der Motorhaube miteinander vergnügt — offenbar sehr intensiv. Zu erkennen waren die "Liebenden" auf der Aufnahme jedoch nicht. Verständlicherweise wollte der Autobesitzer die Folgen des Treibens nicht einfach so hinnehmen. Er forderte vom Parkhausbetreiber 4.700 Euro Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Falsche Adresse, meinte jedoch das Landgericht Köln: Den Parkhausbetreiber treffe kein Vorwurf (21 O 302/22). Wie die Videoaufnahme dokumentiere, habe das Liebesspiel auf der Motorhaube nur neun Minuten gedauert. Diese Zeitspanne sei so kurz, dass hier von einer Pflichtverletzung des Betreibers oder seiner Mitarbeiter keine Rede sein könne, erklärte das Landgericht.

Weder der Betreiber, noch seine Mitarbeiter seien verpflichtet, die Videoaufzeichnungen Tag und Nacht ununterbrochen zu beobachten, um mögliche Verstöße gegen Sicherheit und Ordnung festzustellen oder sogar zu verhindern. Und so blieb der Autobesitzer auf dem Schaden sitzen.

Hinterbliebenengeld für Angehörige

Angehörige von Unfallopfern können bei "besonderem Näheverhältnis" Entschädigung erhalten

2018 war ein 81-Jähriger bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlte seiner Tochter vorgerichtlich 3.000 Euro Hinterbliebenengeld.

Hintergrund: Wird der Tod einer Person schuldhaft verursacht (z.B. durch einen Verkehrsunfall oder einen Arztfehler), können Angehörige Anspruch auf Hinterbliebenengeld vom Schuldigen haben — vorausgesetzt, sie standen der getöteten Person besonders nahe (§ 844 Bürgerliches Gesetzbuch).

Im konkreten Fall war das Vater-Tochter-Verhältnis sehr eng. Er hatte der Tochter alle Vollmachten erteilt, sie kümmerte sich intensiv um alle Belange des Vaters. Nach dem Unfall litt die Tochter sehr unter dem Verlust und hatte lange mit Schlafstörungen zu kämpfen. Vom Kfz-Versicherer verlangte sie mehr Hinterbliebenengeld. Das Landgericht Flensburg sprach ihr weitere 3.500 Euro zu, das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig sogar 7.000 Euro.

Die Versicherung legte gegen das Urteil Revision ein und bekam vom Bundesgerichtshof im Prinzip Recht (VI ZR 73/21). Das OLG müsse sich mit dem Fall noch einmal befassen und die Höhe der Entschädigung überprüfen, so die Bundesrichter. Der in einem früheren Gesetzentwurf zum Hinterbliebenengeld genannte Betrag von 10.000 Euro sei nur eine Orientierungshilfe. Im Einzelfall hänge die Höhe des Betrags ab von Intensität und Dauer des seelischen Leids eines Angehörigen und vom Grad des Verschuldens auf der Seite des Schädigers.

Das Hinterbliebenengeld sei jedenfalls niedriger anzusetzen als Schmerzensgeld. Wenn ein Angehöriger den Tod einer nahestehenden Person direkt an der Unfallstelle miterlebe und durch den Schock selbst erkranke, spreche man von einem "Schockschaden". Dafür könnten Angehörige Schmerzensgeld beanspruchen.

Und das müsse in der Regel höher sein als Hinterbliebenengeld, denn das Schmerzensgeld gleiche einen eigenen Gesundheitsschaden des Hinterbliebenen aus. Das Hinterbliebenengeld solle die betroffenen Angehörigen für das Leid entschädigen, das mit dem Verlust einer geliebten Person verbunden sei. Der seelische Schmerz falle aber nicht so schwer ins Gewicht wie ein eigener Gesundheitsschaden.

Linksabbieger-Ampel zeigte "grün"

Anschließend fiel die Ampelanlage aus: Zusammenstoß auf der Kreuzung

An einer großen Kreuzung ist für Linksabbieger eine eigene Spur mit "Linksabbieger-Ampel" eingerichtet: Zeigt sie einen grünen Pfeil nach links, dürfen die Linksabbieger fahren. Autofahrerin A hatte sich auf der Linksabbiegerspur eingeordnet und fuhr los, als die Ampel den grünen Pfeil anzeigte. Doch auf der Kreuzung kam ihr ein städtischer Omnibus entgegen. Der Bus erfasste ihren gerade abbiegenden Wagen hinten rechts und beschädigte ihn erheblich.

Des Rätsels Lösung: Kaum hatte die Autofahrerin die Ampel bei Grünlicht passiert, fiel plötzlich die Ampelanlage aus — und der Omnibus startete ebenfalls. Die kommunale Verkehrsgesellschaft, Kfz-Halterin des Omnibusses, wollte für die Reparaturkosten von Frau A nicht aufkommen (rund 7.000 Euro). Daraufhin zog die Unfallgeschädigte vor Gericht und bekam vom Landgericht Lübeck zunächst uneingeschränkt Recht.

Der Omnibusfahrer trage allein die Schuld an dem Zusammenstoß, so das Landgericht. Bei unklarer Verkehrslage müsse man besonders vorsichtig fahren. Zwar habe er nach dem Ausfall der Ampel Vorfahrt gehabt. Aber er habe den Ausfall bemerkt und darauf falsch reagiert. Für Frau A sei der Unfall dagegen unabwendbar gewesen, weil sie bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren sei und den Ausfall der Anlage nicht mehr registrieren konnte.

Gegen das Urteil legte die Stadt Berufung ein. Sie erreichte beim Oberlandesgericht (OLG) Schleswig jedoch nur einen Teilerfolg (7 U 201/21). Das OLG setzte eine Haftungsquote vom 80% zu 20% zu Gunsten der Autofahrerin fest und korrigierte das Landgericht in diesem Punkt. Unabwendbar sei die Kollision für Frau A nicht gewesen, so das OLG.

Ein "unabwendbarer Unfall" sei zu verneinen, wenn ein ganz besonders umsichtiger Fahrer die Gefahr noch hätte abwenden können. So ein "Idealfahrer" hätte hier bemerkt, dass die Fußgängerampel ausfiel, hätte daraus auf eine Fehlfunktion der gesamten Anlage geschlossen und den Gegenverkehr abgewartet, anstatt mit dem Abbiegen zu beginnen.

Ein Verkehrsverstoß sei Frau A aber nicht vorzuwerfen. Sobald der grüne Pfeil das Linksabbiegen erlaube, dürften die Linksabbieger darauf vertrauen, dass der Gegenverkehr durch Rotlicht gesperrt sei und entgegenkommende Fahrzeuge das Haltegebot beachteten. Dieser Grundsatz werde nicht dadurch aufgehoben, dass die Ampelanlage ausfalle. Frau A könne daher von der Kfz-Versicherung der Kommune Ersatz für 80 Prozent der Reparaturkosten verlangen.

Alkoholbedingter Autounfall?

War die Fahrerin "relativ fahruntüchtig", muss der Kfz-Versicherer alkoholtypische Fahrfehler beweisen

Nach einem feucht-fröhlichen Abend in einer Diskothek kam Autofahrerin S um vier Uhr früh in der langgezogenen Linkskurve einer Autobahnüberleitung von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Das Auto erlitt Totalschaden. Die Polizei entnahm um ca. 7.30 Uhr eine Blutprobe, die eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,85 Promille ergab. Aus diesem Grund lehnte es die Vollkaskoversicherung von Frau S ab, den Schaden zu regulieren.

Ohne Erfolg klagte die Versicherungsnehmerin auf Zahlung. Sie habe den alkoholbedingten Unfall grob fahrlässig herbeigeführt, urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken: Anspruch auf Schadenersatz habe sie daher nicht (5 U 22/22). Zum Unfallzeitpunkt habe Frau S mindestens eine BAK von 0,85 Promille, maximal eine BAK von 0,99 Promille gehabt. Bis zur Grenze von 1,1 Promille gehe man von relativer Fahruntüchtigkeit des Verkehrsteilnehmers aus.

Ein Unfall mit einer BAK von über 1,1 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit) werde von vornherein als alkoholbedingt und damit als grob fahrlässig angesehen. Für so verursachte Unfallschäden müsse der Kfz-Versicherer prinzipiell nicht einstehen.

In Fällen relativer Fahruntüchtigkeit dagegen müsse der Kfz-Versicherer alkoholtypische Fahrfehler oder Ausfallerscheinungen des Versicherungsnehmers nachweisen, die auf einen alkoholbedingten Unfall schließen lassen. Im konkreten Fall sei der Unfall ohne erheblichen Alkoholkonsum kaum plausibel zu erklären.

Angeblich sei Frau S nur 70 km/h gefahren — und habe trotzdem einen Auffahrunfall nur knapp vermeiden können, als der vor ihr fahrende Wagen bremste. Dadurch sei sie auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern geraten. Die Autofahrerin habe also zu wenig Abstand eingehalten oder sei unaufmerksam gewesen. Wenn ein Autofahrer in einer einfachen Verkehrssituation ohne ersichtlichen Grund am Baum lande, spreche dies für einen alkoholbedingten Unfall (Bremsen des Vordermanns zu spät erkannt, Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse).

Nüchtern wäre Frau S vorsichtiger gefahren und hätte so einen Unfall ganz einfach vermeiden können. Dem Polizeibericht sei obendrein zu entnehmen, sie habe glasige Augen und eine leicht verwaschene Aussprache gehabt. Frau S selbst habe angegeben, sie habe sich "fast nüchtern" und in der Lage gefühlt, sicher zu fahren. Das zeuge von Unterschätzung der Folgen von Cocktails und von Überschätzung der eigenen (Fahr-)Fähigkeiten, ebenfalls eine typische Folge des Alkoholkonsums.

Verkehrsunfall vor dem Baumarkt

Auf öffentlichen Parkplätzen gilt der Grundsatz "rechts vor links" nicht!

Auf dem großen Parkplatz eines Baumarkts waren zwei Autos an einer Kreuzung zusammengestoßen. Die Sicht war durch parkende Fahrzeuge, vor allem durch einen Laster eingeschränkt, die Vorfahrt nicht durch Schilder oder Markierungen geregelt. Autofahrer A war von rechts, der Wagen von Autofahrer B von links gekommen. Die Kfz-Versicherung von B übernahm die Hälfte der Reparaturkosten von A.

Ohne Erfolg klagte Autofahrer A auf Schadenersatz in voller Höhe. Das Amtsgericht Lübeck legte eine Haftungsquote von 70:30 zu seinen Gunsten fest. Und bei dieser Haftungsverteilung blieb es, auch der Bundesgerichtshof hielt sie für richtig (VI ZR 344/21).

Den von links kommenden Autofahrer B sei kein alleiniges Verschulden vorzuwerfen, so die Bundesrichter. Denn die Vorfahrtsregel "rechts vor links" (§ 8 Straßenverkehrsordnung) gelte auf öffentlichen Parkplätzen nicht. Diese allgemeine Regel lasse sich auf die Situation dort nicht übertragen, auf Parkplätzen herrsche eine besondere Verkehrslage.

Hier stehe nicht im Vordergrund, den fließenden Verkehr zügig abzuwickeln. Vielmehr gelte auf Parkplätzen grundsätzlich das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Denn alle Autofahrer suchten hier einen Parkplatz, rangierten, parkten ein oder aus. Auf öffentlichen Parkplätzen gelte der Grundsatz "rechts vor links" nur dann, wenn die Fahrbahnen eindeutig Straßencharakter hätten oder erkennbar der Zu- und Abfahrt dienten.

Radfahrerin in der Fußgängerzone

Nach folgenreichem Zusammenstoß mit einem Passanten erhält die Frau keinen Schadenersatz

Auf dem Frankfurter Opernplatz kollidierte bei Dunkelheit eine Radfahrerin mit einem Fußgänger, der wegen eines Regenschauers ziemlich schnell zum U-Bahn-Eingang unterwegs war. Die Radfahrerin stürzte und zog sich einen doppelten Beckenbruch zu. Dafür verlangte sie vom Fußgänger Schadenersatz.

Das Oberlandesgericht Frankfurt verneinte jedoch einen Anspruch der verletzten Frau auf Entschädigung (17 U 216/93). In der Fußgängerzone sei ein Passant nicht verpflichtet, besonders auf Radfahrer zu achten. Das gelte erst recht, wenn dort das Zusatzschild "nur Schritttempo" für Radfahrer aufgestellt sei und diese ermahne, auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Anders hätte es ausgesehen, wenn der Fußgänger gerannt wäre und den Zusammenstoß durch grobe Unachtsamkeit verursacht hätte. Dafür habe es aber keine Beweise gegeben.

"Berührungsloser" Unfall

Radfahrerin steigt wegen eines überholenden Rettungswagens ab und stürzt

Mit eingeschaltetem Martinshorn fuhr ein Rettungswagen durch eine schmale Straße und setzte an, mehrere Radfahrer zu überholen. Eine 72-jährige Radfahrerin befürchtete, das Fahrzeug könnte ihr zu nahe kommen. Deshalb versuchte sie etwas hektisch, vom Rad zu steigen und stürzte dabei, obwohl es gar nicht zu einer Kollision kam. Die Frau brach sich einen Fußknöchel, musste wochenlang einen Gipsverband tragen.

Vom Rettungsdienst forderte sie Entschädigung. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg zu (2 U 20/22). Hier handle es sich um einen so genannten "berührungslosen" Unfall. Auch wenn der überholende Rettungswagen die Radfahrerin nicht gestreift habe, habe er dennoch zu dem Unfall beigetragen.

Seinetwegen habe die Frau ein Ausweichmanöver eingeleitet und sei vom Rad gestiegen. Sehr gut nachvollziehbar und objektiv berechtigt habe die Radfahrerin in der engen Straße die Verkehrslage, d.h. das Überholen des Rettungswagens, als gefährlich empfunden.

Die Bedingung für eine Haftung des Kfz-Halters sei daher gegeben: Der Schaden — die Behandlungskosten — sei "beim Betrieb" des Fahrzeugs entstanden, da sich die vom Rettungswagen ausgehende Gefahr zumindest indirekt ausgewirkt habe. Der Rettungsdienst müsse für 20 Prozent des Schadens aufkommen und der Verletzten 2.400 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Verkehrt herum durch die Einbahnstraße

Kann sich die Autofahrerin trotzdem auf den Grundsatz "rechts-vor-links" berufen?

Autofahrerin A bog langsam nach links in eine Einbahnstraße ein. Da kam ihr der Wagen von Autofahrerin B entgegen, der die Einbahnstraße in der falschen Richtung befuhr. Die beiden Autos stießen zusammen. Autobesitzer A verlangte von Autofahrerin B, d.h. von deren Kfz-Haftpflichtversicherung, Schadenersatz für die Reparatur seines beschädigten Autos.

Die Gegenpartei müsse nur die Hälfte der Kosten ersetzen, entschied das Landgericht Wuppertal. Mehr stehe Autobesitzer A nicht zu, denn seine Ehefrau habe zu dem Unfall in gleichem Maß beigetragen wie Frau B (9 S 48/22). Frau A habe nämlich gegen das Gebot "rechts-vor-links" verstoßen. Laut Unfallgutachten hätte sie den Zusammenstoß vermeiden können, wenn sie vor dem Abbiegen nach rechts geschaut hätte.

Das Vorfahrtsrecht der von rechts kommenden Verkehrsteilnehmerin werde nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass sie eine Einbahnstraße in verbotener Richtung befahre. Das gelte schon deshalb, weil Fahrradfahrer diese Einbahnstraße in beiden Richtungen nutzen dürften. Ein Radfahrer, der die Einbahnstraße zulässigerweise in der Gegenrichtung befahre, habe also ebenfalls Vorfahrt.

Wer nach links in die Einbahnstraße einbiege, müsse daher mit von rechts kommenden, vorfahrtsberechtigten Radfahrern rechnen und dürfe nicht darauf vertrauen, dass aus der verbotenen Richtung überhaupt kein Fahrzeug komme. So eine Annahme sei allenfalls bei völlig abgesperrten oder unbefahrbaren Straßen gerechtfertigt.

Unbrauchbares Kfz-Schadensgutachten

Muss die Versicherung des Unfallverursachers das Gutachten trotzdem bezahlen?

Das alte Auto von Herrn X wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt, den eindeutig der Unfallgegner verschuldet hatte. Trotzdem kam es zum Streit über die Höhe des zu regulierenden Schadens. Denn der Privatgutachter des Unfallgeschädigten schätzte den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs mit 7.000 Euro viel zu hoch ein. Zudem hatte X den Kfz-Sachverständigen nicht über Vorschäden am Auto informiert, die er in Eigenregie repariert hatte.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners war der Ansicht, dass sie für das missratene Gutachten gar nichts zahlen musste. Doch das Landgericht Essen sprach Autobesitzer X Schadenersatz für die Gutachtenkosten zu (696 Euro) sowie 4.471 Euro für den Fahrzeugschaden. Dabei ging das Gericht von einem Wiederbeschaffungswert von nur 2.200 Euro aus.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte die Entscheidung (I-7 U 33/21). Die Fehleinschätzungen des Privatgutachters seien nicht dem Unfallgeschädigten anzulasten, so das OLG. Träfe das zu, wäre sein Anspruch auf Ersatz der Gutachtenkosten ausgeschlossen. Dass Herr X seinem Sachverständigen die Vorschäden an der Front und am vorderen rechten Kotflügel verschwieg, habe aber dessen Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes überhaupt nicht beeinflusst.

Der gerichtliche Kfz-Experte habe erläutert, dass ein durchschnittliches Fahrzeug mit diesem Alter und dieser Laufleistung bereits an einem Punkt angekommen sei, an dem kein großer Wertverlust mehr eintreten könne. Daher spielten kleinere Vorschäden bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts kaum noch eine Rolle. Z.B. habe der gerichtliche Kfz-Experte selbst, als er den Wiederbeschaffungswert auf 2.200 Euro taxierte, für einen Streifschaden einen Abschlag bei den Lackierkosten vorgenommen, der sich auf 21,25 Euro belief.

Wegen Fuchs am Straßenrand abrupt gebremst

Die vorausfahrende Autofahrerin trifft deshalb Mitverschulden am Auffahrunfall

Im April 2021 waren zwei Autofahrerinnen hintereinander auf einer oberbayerischen Landstraße unterwegs. Plötzlich tauchte am Straßenrand ein Fuchs auf. Die Fahrerin des vorderen Wagens befürchtete, er könnte auf die Straße springen. Deshalb bremste sie ihren Skoda so abrupt ab, dass der nachfolgende Wagen auffuhr.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Auffahrenden ersetzte nur zwei Drittel der Skoda-Reparaturkosten. Damit wollte sich die Skoda-Besitzerin nicht begnügen. Sie klagte auf Schadenersatz in voller Höhe: Schließlich gehe ein Auffahrunfall regelmäßig auf das Konto des Auffahrenden.

Doch das Amtsgericht Pfaffenhofen wies die Klägerin auf Paragraf 4 der Straßenverkehrsordnung hin: Wer vorausfahre, dürfe nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen (1 C 130/22).

"Zwingend" bedeute: Starkes Bremsen sei nur erlaubt, um Verkehrsteilnehmer vor drohenden Sach- und Personenschäden zu schützen. Wenn ein Fuchs am Straßenrand aufkreuze, drohe aber kein Schaden. Dann habe der Schutz des nachfolgenden Verkehrs Vorrang vor dem Schutz eines Kleintieres. Auf ein Tier, das für sie und das Auto keine Gefahr darstelle, dürfe die Autofahrerin nur Rücksicht nehmen, wenn das möglich sei, ohne die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen.

In so einer Situation eine Vollbremsung einzuleiten, sei rechtswidrig — die Skoda-Besitzerin treffe daher erhebliches Mitverschulden am Auffahrunfall. Daher könne die Unfallgeschädigte nicht mehr Schadenersatz verlangen, als ohnehin schon gezahlt worden sei. Das gelte jedenfalls dann, wenn — wie hier — die nachfolgende Autofahrerin nachweislich ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe.

Zoff um Abgase in der Tiefgarage

BMW-Fahrer darf den Motor nur noch 90 Sekunden lang warmlaufen lassen

In einer privaten Tiefgarage gerieten zwei Nutzer benachbarter Stellplätze aneinander. Herr A fand es unmöglich, dass Herr B seinen BMW 525 in der Garage mehrere Minuten lang warmlaufen ließ, bevor er wegfuhr. Er wies ihn auf den Ausstoß von Kohlenmonoxid hin, mit dem er die Garage "verpeste". Da stieß Herr A aber bei Herrn B auf wenig Verständnis. Nach einigen Streitereien zog A vor Gericht, um sein Anliegen durchzusetzen.

Andere Nutzer von Stellplätzen müssten die von B verursachten Abgase nicht unbeschränkt dulden, bestätigte das Landgericht Berlin (67 S 44/22). Abgase konzentrierten sich in einer Tiefgarage schneller als auf offener Straße und beeinträchtigten die Luftqualität, vom Lärm einmal ganz abgesehen. B dürfe den Motor also nicht unnötig laufen lassen. Unnötig sei der Betrieb eines Motors allerdings nur, wenn dafür kein technischer Grund vorliege.

Herr B habe eingeräumt, dass er den Motor jeweils ein bis zwei Minuten warmlaufen lasse, und betont, das sei technisch notwendig, wenn der Wagen länger gestanden habe. Denn nach der Starthilfe sorge das Leerlaufventil erst ca. 60 bis 70 Sekunden, nachdem das Fahrzeug angesprungen sei, für gleichmäßigen Leerlauf. Ein gewisser zeitlicher Vorlauf, bevor der BMW-Besitzer den Wagen bewege, sei ihm also zuzubilligen.

Das schließe aber die Forderung von A nicht aus, dass B möglichst "abgasarm" starten solle. Herr B müsse künftig seinen BMW baldmöglichst nach der Starthilfe aus der Tiefgarage herausfahren — höchstens aber 90 Sekunden nach der Zündung des Motors. Länger als 90 Sekunden dürfe er den Motor nicht mehr warmlaufen lassen.

Ein Autoreifen bei Verkehrsunfall beschädigt

Muss die Kfz-Versicherung trotzdem für den Austausch beider Vorderreifen zahlen?

Bei einem Verkehrsunfall wurde der Skoda Oktavia einer Autofahrerin an der Front demoliert. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers übernahm im Wesentlichen die Reparaturkosten von rund 6.000 Euro. Gestritten wurde unter anderem über die Reifen: Auch der linke Vorderreifen war bei dem Zusammenstoß beschädigt worden.

Die Werkstatt teilte der Autofahrerin mit, das passende Modell sei gerade nicht lieferbar. Also müssten beide Vorderreifen ausgetauscht werden. Die Skoda-Besitzerin war damit einverstanden, nicht so die Kfz-Versicherung des Unfallgegners: Den intakten rechten Reifen auszuwechseln, sei unwirtschaftlich und unnötig, fand die Versicherung: Die Material- und Arbeitskosten dafür (161 Euro) müsse sie nicht übernehmen.

Doch das Amtsgericht Burgwedel bejahte den Anspruch der Unfallgeschädigten (7 C 239/21). Dass der rechte Vorderreifen beim Unfall heil geblieben sei, ändere daran nichts. Denn dieses Reifenmodell könne man derzeit nicht bekommen, der Ersatzreifen wäre also ein anderes Modell. Unterschiedliche Reifen an einer Fahrzeugachse wirkten sich jedoch negativ auf die Fahreigenschaften des Wagens aus.

Schadenersatz solle so weit möglich den Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall wiederherstellen. Da der beschädigte Skoda mit zwei gleichartigen Vorderreifen — und damit optimalen Fahreigenschaften — ausgestattet war, müsse die Reparatur diesen Standard wiederherstellen. Die Unfallgeschädigte müsse sich nicht mit einer Reparatur zufriedengeben, die nur einen minderwertigeren Zustand des Autos erreiche.

In einem Jahr 159 mal falsch geparkt

Ein notorischer Verkehrssünder muss deshalb seinen Führerschein abgeben

Das Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten hatte einem Autofahrer den Führerschein entzogen. Der Mann, auf den drei Fahrzeuge zugelassen sind, ist offenbar ein notorischer Verkehrssünder. Innerhalb eines Jahres waren gegen den Autofahrer 174 Verfahren anhängig, alle wegen Ordnungswidrigkeiten: 159 mal hatte er falsch geparkt und 15 mal war er zu schnell gefahren.

Gegen den Entzug der Fahrerlaubnis wehrte sich der Autofahrer: Die meisten Verstöße hätten andere Personen mit seinen Autos begangen, behauptete er. Gegen die Bußgeldbescheide habe er nur deshalb keine Rechtsmittel eingelegt, weil er der Behörde Arbeit ersparen wollte. Darüber hinaus sei er beruflich auf den Führerschein angewiesen. Die Behörde hätte daher zu einer milderen Sanktion greifen müssen, z.B. zur Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen.

Beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin blitzte der Verkehrssünder ab (4 K 456/21). Zu Recht habe das Landesamt angenommen, dass er ungeeignet sei, ein Kraftfahrzeug zu führen, stellte das VG fest. Da der Entzug der Fahrerlaubnis dann zwingend vorgesehen sei, komme es auch nicht darauf an, ob er den Führerschein beruflich benötige.

Zwar sollten bei der Prüfung der Fahreignung Bagatellverstöße wie falsches Parken im Prinzip keine Rolle spielen, räumte das VG ein. Hier sei das aber ausnahmsweise anders zu beurteilen aufgrund der Vielzahl der Verstöße. Denn der Autofahrer missachte offenbar grundsätzlich Vorschriften, die der Verkehrssicherheit dienten. Jeder Verstoß sei für sich genommen unbedeutend, doch zeige ihre Gesamtzahl einen charakterlichen Mangel.

Ob tatsächlich Familienangehörige für die Fehler verantwortlich waren, könne offenbleiben: Wenn das so wäre, wüsste der Kfz-Halter durch zahlreiche Bußgeldbescheide über deren Verkehrsverstöße mit seinen Fahrzeugen Bescheid. Wer dagegen nichts unternehme und weiterhin seine Fahrzeuge verleihe, dem fehle ebenfalls die charakterliche Eignung, am Straßenverkehr teilzunehmen.