Linksabbieger verstößt gegen die "Rückschaupflicht" und stößt mit überholendem Auto zusammen
Autofahrer A fuhr schon eine Weile auf der Landstraße hinter Autofahrer B her, der — obwohl er 100 km/h hätte fahren dürfen — mit ca. 50 km/h dahin zockelte. A und seine Ehefrau sagten später vor Gericht, sie hätten den Eindruck gehabt, B wusste nicht so recht "wohin". Genau in dem Moment, als A zum Überholen ansetzte, bog B nach links in eine Hofeinfahrt ab. Es kam zum Zusammenstoß.
Er habe links geblinkt, behauptete B — B habe nicht geblinkt, schwor das Ehepaar A. Die Angaben der Autofahrer zum Blinken ständen sich unvereinbar gegenüber, so das Oberlandesgericht Hamm: Diesen Widerspruch habe man nicht aufklären können (I-7 U 33/20). Trotzdem stehe fest, dass der Linksabbieger bzw. seine Kfz-Haftpflichtversicherung für den Unfallschaden des A in voller Höhe haften müsse.
B habe gegen alle anderen Pflichten eines Linksabbiegers verstoßen und so den Unfall verursacht. Er habe sich vor dem Abbiegen weder zur Mitte der Landstraße hin eingeordnet, noch ein zweites Mal zurückgeschaut. Nach seiner eigenen Schilderung habe er wenden wollen und sich spontan dazu entschlossen, als er die Einfahrt auf der linken Seite sah. Angeblich habe er geblinkt und in den Rückspiegel geschaut. Hätte er vor dem Abbiegen nochmals nach hinten geblickt, hätte er das Fahrzeug von A gesehen.
Linksabbieger müssten sich vergewissern (mit Innenspiegel, Außenspiegel, Seitenfenster), dass sie dies gefahrlos tun könnten. Diese Regel sei natürlich auch gültig, wenn ein Verkehrsteilnehmer nicht an einer Kreuzung links abbiege, sondern in eine Hofeinfahrt. Der in ein Grundstück Abbiegende trage das Risiko nahezu allein, so hoch seien hier die Anforderungen an die Sorgfalt des Autofahrers.
A treffe kein Mitverschulden. Allein der Umstand, dass der vorausfahrende Wagen seine Geschwindigkeit ein wenig verringert habe, stelle noch keine unklare Situation dar, in der das Überholmanöver von A unzulässig gewesen wäre. Hätte B geblinkt, träfe A eine Mitschuld — aber das sei eben nicht bewiesen.
Zu berücksichtigen sei außerdem, dass B schon einige Zeit vor dem Abbiegen die Höchstgeschwindigkeit nicht ausnutzte, sondern mit nur ca. 40 bis 50 km/h auf der Landstraße unterwegs gewesen sei. Vor diesem Hintergrund habe sich dem A nicht unbedingt der Gedanke aufdrängen müssen, dass der Fahrer vor ihm nach links in eine Hofeinfahrt einbiegen würde - nur weil er noch ein wenig langsamer wurde.