Im April 2021 waren zwei Autofahrerinnen hintereinander auf einer oberbayerischen Landstraße unterwegs. Plötzlich tauchte am Straßenrand ein Fuchs auf. Die Fahrerin des vorderen Wagens befürchtete, er könnte auf die Straße springen. Deshalb bremste sie ihren Skoda so abrupt ab, dass der nachfolgende Wagen auffuhr.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Auffahrenden ersetzte nur zwei Drittel der Skoda-Reparaturkosten. Damit wollte sich die Skoda-Besitzerin nicht begnügen. Sie klagte auf Schadenersatz in voller Höhe: Schließlich gehe ein Auffahrunfall regelmäßig auf das Konto des Auffahrenden.
Doch das Amtsgericht Pfaffenhofen wies die Klägerin auf Paragraf 4 der Straßenverkehrsordnung hin: Wer vorausfahre, dürfe nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen (1 C 130/22).
"Zwingend" bedeute: Starkes Bremsen sei nur erlaubt, um Verkehrsteilnehmer vor drohenden Sach- und Personenschäden zu schützen. Wenn ein Fuchs am Straßenrand aufkreuze, drohe aber kein Schaden. Dann habe der Schutz des nachfolgenden Verkehrs Vorrang vor dem Schutz eines Kleintieres. Auf ein Tier, das für sie und das Auto keine Gefahr darstelle, dürfe die Autofahrerin nur Rücksicht nehmen, wenn das möglich sei, ohne die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen.
In so einer Situation eine Vollbremsung einzuleiten, sei rechtswidrig — die Skoda-Besitzerin treffe daher erhebliches Mitverschulden am Auffahrunfall. Daher könne die Unfallgeschädigte nicht mehr Schadenersatz verlangen, als ohnehin schon gezahlt worden sei. Das gelte jedenfalls dann, wenn — wie hier — die nachfolgende Autofahrerin nachweislich ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe.