Auto und Verkehr

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Kaskoversicherter fährt mehr km als vereinbart

Eine Vertragsstrafe muss zum bestraften Verstoß in einem angemessenen Verhältnis stehen

Unter bestimmten Bedingungen zahlen Versicherungsnehmer für ihre Kaskoversicherung einen niedrigeren Beitrag, z.B. wenn sie eine Garage besitzen, wenn sie das Auto alleine nutzen etc. Auch eine Obergrenze für die Fahrleistung kann vereinbart werden — als Vielfahrer zahlt man eine höhere Prämie als ein Versicherter, der wenig fährt. Was passiert, wenn sich der Versicherungsnehmer an so eine Vereinbarung nicht hält?

Autofahrer A hatte der Kaskoversicherung zugesichert, er fahre maximal 15.000 Kilometer (km) im Jahr. Als das Unternehmen nach einem Verkehrsunfall den Schaden regulierte, fiel dem Sachbearbeiter auf, dass das Unfallauto mehr km auf dem Tacho hatte als vereinbart — die Jahresfahrleistung war überschritten. Daraufhin forderte die Versicherung von A 500 Euro Vertragsstrafe. Der Versicherungsnehmer ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen und zahlte nicht. Zu Recht, entschied das Landgericht Koblenz (16 S 2/21).

Grundsätzlich sei es allerdings berechtigt, wenn die Versicherung bei Verstößen gegen die vertraglichen Vereinbarungen Sanktionen verhänge, betonte das Landgericht. Das Unfallrisiko steige bekanntlich mit der Fahrleistung. Versicherungsnehmer müssten deshalb eine höhere Kilometerzahl melden: Ansonsten könnten sie nach Belieben eine zu niedrige Fahrleistung angeben, um möglichst wenig Versicherungsbeitrag zu zahlen. Wenn Versicherungsnehmer bestimmte Bedingungen vereinbarten, um Geld zu sparen, müssten sie auch eine Vertragsstrafe für einen Verstoß in Kauf nehmen.

Im konkreten Fall weiche jedoch die vertragliche Regelung von den "Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft" ab. Diese sähen zwar auch eine Vertragsstrafe vor, aber nur für einen vorsätzlichen Verstoß. Dagegen werde gemäß den Vertragsbedingungen von A schon bei einer nur fahrlässigen Nichtanzeige eine Sanktion von 500 Euro fällig und auch dann, wenn ein Versicherungsnehmer die Jahresfahrleistung nur geringfügig überschreite.

So gestaltet, benachteilige die Vertragsstrafe den Versicherungsnehmer unverhältnismäßig. Wer einen km mehr fahre als vertraglich festgelegt und das fahrlässig nicht melde, müsste 500 Euro zahlen - obwohl der Versicherungsbeitrag unter diesen Umständen nur um 0,01 Euro zu niedrig berechnet wäre. Da stehe die Sanktion in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum minimalen Vertragsverstoß des Versicherten. Diese Regelung sei daher unwirksam.

Desinfektion nach der Autoreparatur

Kurzartikel

Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss dem Unfallgeschädigten auch die Kosten für die pandemiebedingte Desinfektion des Wagens erstatten. Wenn das Auto vor der Reparatur desinfiziert werde, müsse die Kfz-Werkstatt die Kosten tragen, weil die Maßnahme die Kfz-Mechaniker vor Ansteckung schütze. Dagegen komme die erneute Desinfektion vor der Rückgabe des reparierten Fahrzeugs dem Unfallgeschädigten zugute, deren Kosten müsse die Versicherung übernehmen.

Langwierige Autoreparatur nach einem Unfall

Kann die Kfz-Haftpflichtversicherung deshalb die Nutzungsausfallentschädigung kürzen?

Nach einem Verkehrsunfall stand eindeutig fest: Autofahrer A hatte ihn allein verschuldet, seine Kfz-Haftpflichtversicherung musste für die Reparatur des beschädigten Wagens von Autofahrer B aufkommen. Da die Werkstatt dafür allerdings etwa zwei Monate brauchte, weigerte sich das Versicherungsunternehmen, für die volle Dauer der Reparaturzeit Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen.

Doch Autofahrer B bestand darauf und das zu Recht, wie das Amtsgericht Bautzen entschied (21 C 570/20). Grundsätzlich müssten Unfallgeschädigte bei der Werkstatt nachhaken, wenn eine Reparatur ungewöhnlich lange dauere, und darauf drängen, sie so schnell wie möglich zu erledigen. Wenn zweifelhaft sei, ob die beauftragte Werkstatt das Auto in angemessener Zeit instand setzen könne, müsse sich der Unfallgeschädigte notfalls nach einer anderen Werkstatt umsehen.

Ansonsten verletzten Unfallgeschädigte ihre Pflicht, den Schaden für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners so gering wie möglich zu halten. Liege so ein Verstoß vor, dürfe die Versicherung durchaus die Nutzungsausfallentschädigung kürzen. Im konkreten Fall sei Autofahrer B für die überlange Reparaturzeit jedoch nicht verantwortlich.

Er habe jede Woche bei der Werkstatt nachgefragt, wie lange es noch dauern werde. Das sei mit Mails belegt. Die Werkstatt habe aber keine Prognose abgeben können, weil sie auf ein Ersatzteil habe warten müssen. Coronabedingt gebe es in diesem Bereich derzeit große Lieferschwierigkeiten. Dies zu beeinflussen, sei für den Unfallgeschädigten unmöglich — die Verzögerung sei ihm nicht anzulasten. Daher stehe B Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Reparaturzeit zu.

Mitfahrerin beschädigt beim Einsteigen die Beifahrertür

Autofahrerin hielt an einem hohen Bordstein: Wer haftet für den Schaden?

Autofahrerin A holte ihre Bekannte B mit dem Wagen ab, um mit ihr eine Veranstaltung zu besuchen. Am vereinbarten Treffpunkt wartete Frau B abends auf dem Gehsteig. Frau A fuhr mit der Beifahrerseite ziemlich nah an den hohen Bordstein und blieb stehen. Die Bekannte öffnete schwungvoll die Beifahrertüre, stieß damit gegen die Bordsteinkante und beschädigte den Lack unten an der Türe.

Der Vorfall führte zu einem ernsthaften Konflikt über die Reparaturkosten. Die Autobesitzerin schaltete sogar einen Anwalt ein und verklagte die Bekannte auf Zahlung von Schadenersatz. Überwiegend zu Recht, entschied das Amtsgericht Remscheid (28 C 111/20). Frau B habe fahrlässig gehandelt und müsse deshalb zwei Drittel der Kosten übernehmen.

Sie hätte sich vergewissern müssen, ob die Türe gefahrlos zu öffnen sei. Da sie auf dem Bordstein stand und der Wagen auf der Straße, sei klar gewesen, dass die Beifahrertür beim Öffnen gegen den Bordstein geraten könnte. Also hätte Frau B die Tür nur langsam oder zunächst nur einen Spalt weit öffnen dürfen. Ihr Hinweis, dass es dunkel war und die Bordsteinkante schlecht zu sehen, entlaste sie nicht. Im Gegenteil: Umso vorsichtiger musste Frau B beim Einsteigen vorgehen, z.B. hätte sie mit dem Handy den Türbereich ausleuchten können.

Ein Drittel der Kosten müsse die Autobesitzerin selbst tragen, weil sie die Stelle bestimmt habe, an der sie Frau B abholen wollte. Hätte die Fahrerin dafür eine besser geeignete Stelle mit niedrigerem Bordstein gewählt, hätte ihre Bekannte problemlos einsteigen können.

Absichtlich bei Rot über die Ampel?

Doppeltes Bußgeld: Wer ca. 10 m vor der Ampel bei Gelb Gas gibt, handelt vorsätzlich

Ein Autofahrer war vom Amtsgericht wegen vorsätzlichen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt worden. Zwei Polizeibeamte hatten gesehen, wie er vor der Ampelanlage beschleunigte, als die Ampel von grün auf gelb umschaltete. Als die Ampel auf Rotlicht sprang, sei das Auto "ca. 2-3 Fahrzeuglängen" von der Haltelinie entfernt gewesen, berichteten die Polizisten als Zeugen.

Damit stand für das Gericht fest: Der Autofahrer habe schnell vorwärtskommen wollen. Dass er die Haltelinie bei Rot passieren würde, sei ihm egal gewesen. Gegen das Urteil legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein: Vorsatz wäre nur bewiesen, wenn das Gericht festgestellt hätte, mit welcher Geschwindigkeit er sich der Ampel genähert und wann er bemerkt habe, dass die Ampel auf Gelb umschaltete.

Diese Feststellungen seien überflüssig, erklärte das Kammergericht Berlin (3 Ws (B) 131/21). Das Amtsgericht könne grundsätzlich davon ausgehen, dass Autofahrer die gut sichtbare Ampelanlage im Blick haben und sehen, wenn sie auf Gelb schalte. Der Frage, ob der Fahrer die Lage falsch eingeschätzt habe, müsse das Gericht nur nachgehen, wenn es Anzeichen dafür gebe. Im konkreten Fall habe es nicht klären müssen, ob der Autofahrer vielleicht gedacht habe, er könne die Haltelinie noch passieren, bevor die Ampel auf Rot springe.

Denn eindeutig stehe fest: Statt abzubremsen, habe der Autofahrer bei Gelblicht regelrecht Gas gegeben. Die Polizeibeamten hätten gesehen, wie der Wagen beschleunigte. Die Ampel habe bereits rotes Licht gezeigt, als sich der Wagen zwei bis drei Autolängen vor der Haltelinie befand und weiter beschleunigte. Unabhängig von der Geschwindigkeit stehe damit fest: Der Autofahrer habe das Rotlicht ignoriert oder es zumindest billigend in Kauf genommen (bedingter Vorsatz), bei Rot über die Haltelinie zu fahren. Wer eine rote Ampel vorsätzlich missachte, müsse auch doppeltes Bußgeld "in Kauf nehmen".

Linienbus bespritzte Fußgänger mit Schneematsch

Das Busunternehmen muss drei Viertel der Reinigungskosten zahlen

Ein Passant, seine Frau und seine beiden Kinder wurden von einem Linienbus mit Schneematsch bespritzt, als er in eine Haltestelle einfuhr. Und das so gründlich, dass Mäntel und Hosen gereinigt werden mussten. Für die Kosten verlangte der Mann vom Busunternehmen Schadenersatz.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte das Unternehmen dazu, drei Viertel der Kosten zu übernehmen (32 C 2225/94). Im Straßenverkehr seien alle Verkehrsteilnehmer zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Sie müssten dafür sorgen, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht geschädigt, gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert oder belästigt würden.

Der Busfahrer sei eindeutig zu schnell an die Haltestelle herangefahren. Wäre er langsamer gefahren, wäre niemand mit Schneematsch bespritzt worden. Deshalb hafte das Busunternehmen, das für seine Fahrer einzustehen habe, für den Schaden.

Allerdings müsse sich die Familie eine Mitverantwortung von 25 Prozent anrechnen lassen, schränkte das Amtsgericht ein. Denn bei einem Spaziergang im Winter sei es nie völlig auszuschließen, dass vorüberfahrende Autos mit Schneematsch spritzten. Schließlich könne man bei schlechtem Wetter nicht den Verkehr stillegen.

Autofahrer wendet grob verkehrswidrig

Die so ausgelöste Vollbremsung eines Lkw-Fahrers führt zu Schäden am Lkw durch ungesicherte Ladung

Ein Lastwagen, der im Laderaum schwere Metallteile transportierte, war auf einer Bundesstraße unterwegs. Auf schnurgerader Strecke sah der Lkw-Fahrer von weitem, dass das Auto vor ihm nach rechts in eine Ausbuchtung einbog. Dann fuhr der Pkw-Fahrer vor dem Lastwagen wieder auf die Fahrbahn und wendete. Angesichts dieses Manövers fürchtete der Lkw-Fahrer einen Zusammenstoß und stieg voll auf die Bremse. Die schlecht gesicherte Ladung im Lkw verrutschte und beschädigte die Stirnwand des Laderaums.

Der Inhaber des Transportunternehmens und Kfz-Halter des Sattelzugs forderte vom Autofahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung Schadenersatz für die Reparaturkosten (7.300 Euro). Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sprach ihm nur ein Drittel des Betrags zu, weil es von erheblichem Mitverschulden des Lkw-Fahrers ausging (9 U 66/19). Dabei orientierte sich das OLG am Unfallgutachten eines Sachverständigen, der die Dash-Cam-Aufnahmen des Lkw-Fahrers ausgewertet hatte.

Der Autofahrer hafte dem Grunde nach für den Schaden, so das OLG, auch wenn die beiden Fahrzeuge nicht zusammenstießen. Denn er habe mit seinem riskanten Wendemanöver, das für den Lkw-Fahrer völlig unerwartet kam, die Vollbremsung ausgelöst. Der Lkw-Fahrer habe eine Kollision für wahrscheinlich halten müssen, weil der Pkw nur ca. 110 Meter entfernt gewendet habe. Auf gerader und gut ausgebauter Strecke habe der Autofahrer nicht nur den Lastwagen hinter sich bemerken müssen — er musste hier auch mit anderen, weit schnelleren Fahrzeugen rechnen.

Der Autofahrer habe sich also grob verkehrswidrig verhalten. Allerdings habe der Lkw-Fahrer mit zwei Verkehrsverstößen überwiegend zu dem Schaden am Lastwagen beigetragen. Erstens habe er die Ladung nicht ausreichend gesichert, was zu den grundlegenden Pflichten jedes Lkw-Fahrers gehöre. Zweitens sei er laut Unfallgutachten mit ca. 70 km/h zu schnell gefahren. Ungefähr 200 Meter vor der Wendestelle stehe nämlich ein Verkehrsschild, das wegen einer Baustelleneinfahrt die Geschwindigkeit auf 50 km/h beschränke.

"Youngtimer" bei Verkehrsunfall beschädigt

Auch bei einem 19 Jahre alten Wagen kann eine Wertminderung vorliegen

Bei einem Verkehrsunfall wurde der 19 Jahre alte BMW 750i von Autofahrer A beschädigt. Schuld an dem Zusammenstoß war zu 100 Prozent der Unfallgegner. Der von A beauftragte Kfz-Sachverständige schätzte die Reparaturkosten auf rund 5.500 Euro und die Wertminderung durch den Unfallschaden auf 1.000 Euro.

In Sachen Wertminderung winkte die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners von vornherein ab: Bei so einem uralten Auto könne von Wertminderung keine Rede mehr sein. Mit dieser Abfuhr gab sich der Unfallgeschädigte nicht zufrieden, er klagte den Betrag ein.

Für die Wertminderung stehe ihm die im Gutachten veranschlagte Summe zu, entschied das Amtsgericht Schwäbisch-Gmünd (5 C 626/20). Denn das Amtsgericht stufte den BMW als so genannten "Youngtimer" ein.

Im Unterschied zu mindestens 30 Jahre alten, gut erhaltenen Oldtimern — manchmal Liebhaberfahrzeuge von hohem Wert — spricht man von einem Youngtimer, wenn ein Auto seit ca. 20 bis 30 Jahren in Betrieb ist. Auch Youngtimer müssen gut erhalten sein und weitgehend dem Originalzustand entsprechen - dann kann aus ihnen auch ein wertvoller Oldtimer werden.

Der ermittelte Betrag von 1.000 Euro, der die Minderung des Marktwerts ausgleichen solle, sei daher angemessen, so das Amtsgericht. Denn der Wagen verliere durch die Reparatur die Originalität, die den Wert eines Youngtimers wesentlich ausmache.

Auffahrunfall der besonderen Art

Das vordere Auto bremst wegen eines technischen Defekts — zu dicht folgender Lastwagen fährt auf

Die Autofahrerin war auf der Autobahn unterwegs, hinter ihr fuhr ein Lastwagen. Plötzlich bremste der Pkw ohne Zutun der Autofahrerin abrupt ab, weil sich der Notfallbremsassistent löste. Der Lastwagen fuhr auf das Auto auf. Später erläuterte ein Sachverständiger im Unfallgutachten, dass der Lkw zu dicht hinter dem Pkw gefahren sei.

Die Autofahrerin verklagte den Kfz-Halter des Lasters und seine Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz für die Reparaturkosten. Sie habe Anspruch auf Ersatz für zwei Drittel der Kosten, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (23 U 120/20). Zwar habe das abrupte Bremsen ihres Fahrzeugs den Unfall ausgelöst, so das OLG. Das sei aber aufgrund eines technischen Defekts, ohne Verschulden der Autobesitzerin geschehen.

Dagegen sei dem Lkw-Fahrer durchaus Verschulden vorzuwerfen. Angesichts der Größe des Lasters mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen müsse der Lkw-Fahrer bei einer Geschwindigkeit von über 50 km/h mindestens 50 Meter Abstand zum vorderen Wagen einhalten. Gegen diese Vorschrift habe er grob verstoßen: Nur weil der Lkw-Fahrer viel zu dicht hinter dem Pkw herfuhr, habe er nicht mehr rechtzeitig bremsen können.

Das technische Versagen des Notfallbremsassistenten habe weniger zu dem Auffahrunfall beigetragen als der schuldhafte Verstoß gegen die Abstandsvorschriften. Das rechtfertige eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 zu Gunsten der Autofahrerin.

Haften Kommunen für herabfallende Äste?

Nur wenn Bäume offensichtlich krank und Schäden dadurch absehbar sind

Eine Autofahrerin stellte ihren Wagen auf einem kommunalen Parkplatz ab. Bei ihrer Rückkehr musste sie feststellen, dass das Autodach durch einen herabgefallenen Ast erheblich beschädigt war. Die Frau verklagte die Gemeinde auf Zahlung von 11.000 DM für die Reparatur.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies ihre Klage ab (18 U 70/94). Die Kommune habe Bäume an Straßen und Parkplätzen zu überwachen. Denn sie müsse dafür sorgen, dass kein Verkehrsteilnehmer zu Schaden komme. Ihre Mitarbeiten müssten daher offensichtlich kranke Bäume entfernen, die durch tote Äste leicht zu einer Gefahr werden könnten.

Allerdings könnten durch Naturereignisse auch vollkommen gesunde Bäume entwurzelt werden, bei Stürmen könnten auch Äste gesunder Bäume abbrechen. Ereigne sich so ein Unfall, handle es sich um das "allgemeine Lebensrisiko", für das nicht die Gemeinde einstehen müsse.

Der Baum, dessen Ast im konkreten Fall den Wagen beschädigt habe, sei regelmäßig gepflegt und kontrolliert worden. Dabei hätten die kommunalen Mitarbeiter keine toten Äste, kranke Wurzeln oder ähnliche Schäden feststellen können. Dass von diesem Baum ein Ast herabfallen würde, sei also nicht vorhersehbar gewesen.

Radfahrerin stürzt über Erdkabel

Das Kabel war von einem Bauunternehmen ausgebaggert und quer über einen Radweg gezogen worden

An einer Straßenbaustelle buddelten auf Anweisung des Bauunternehmers zwei Mitarbeiter mit einem Bagger ein Erdkabel aus dem Boden. Das vier Zentimeter dicke Kabel ließen sie liegen. Gut zehn Meter lang verlief es am Rand des Geh- und Radweges, dann quer über den Radweg. Dieses Hindernis wurde einer Radfahrerin zum Verhängnis. Sie stürzte über das Kabel und verletzte sich.

Vom Bauunternehmer und vom Baggerführer forderte die Frau Schmerzensgeld. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Hamm: Es sprach der Verletzten 3.000 Euro Entschädigung zu (7 U 89/20). Die Mitarbeiter des Bauunternehmens hätten die Gefahrenstelle absichern oder ein Warnschild aufstellen müssen. Da die Strecke hier abschüssig sei, hätten sie nicht darauf vertrauen dürfen, dass Radfahrer hier problemlos durchkommen — zumal das lose Kabel auch wegrollen konnte.

Der Arbeitgeber habe den Mitarbeitern nur gesagt, sie müssten bei den Arbeiten die Baustelle absperren und dürften keine Steine auf der Straße liegen lassen. Über den Radweg sei offenbar nicht gesprochen worden. Diese Anweisungen seien zu dürftig gewesen und kontrolliert habe der Bauunternehmer die Arbeiten auch nicht. Daher hafte er für die Unfallfolgen mit.

Die Radfahrerin müsse sich allerdings ein Mitverschulden von 50 Prozent anrechnen lassen, weil sie nicht "situationsangepasst" gefahren sei. Auch für Radfahrer gelte das Sichtfahrgebot. Auf Sicht fahren bedeute: Sie müssten vor einem Hindernis, das sich auf einer überschaubaren Strecke vor ihnen befinde, anhalten können. An dieses Gebot habe sich die Verletzte nicht gehalten, obwohl sie — was nicht zu übersehen war — durch einen Baustellenbereich gefahren sei.

Das hätte Anlass genug sein müssen, abzubremsen und auf Hindernisse zu achten. Mindestens zehn Meter sei die Frau am losen Erdkabel am Rande des Radweges entlanggefahren. Das dunkle Kabel sei also keineswegs überraschend "aufgetaucht" und zudem auf dem hellen Asphaltbelag gut erkennbar gewesen. Trotzdem sei die Radfahrerin mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren.

Restbenzin im Autowrack

Totalschaden: Die Kfz-Versicherung des Unfallverursachers muss nicht das Benzin im Tank ersetzen

Bei einem Unfall wurde das eigene Auto zu Schrott gefahren, schlimm genug. In so einer Situation versucht wohl jeder Autobesitzer, wenigstens noch so viel Schadenersatz wie möglich herauszuschlagen. Man kann es aber auch übertreiben, fand das Amtsgericht Bad Kissingen.

Das Unverständnis des Gerichts galt einem Autobesitzer, der von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers Schadenersatz für das restliche Benzin im Tank forderte. 62,60 Euro veranschlagte der Unfallgeschädigte dafür. Das Auto mit Totalschaden hatte er zum Restwert verscherbelt.

Beim Verkauf habe er aber den Wert des verbliebenen Benzins nicht realisieren können, erklärte der Autobesitzer: Der Händler habe sich geweigert, das Benzin abzupumpen — weil das Umpumpen mindestens so viel koste, wie das Benzin wert sei. Doch auch beim Amtsgericht Bad Kissingen ging der Unfallgeschädigte in diesem Punkt leer aus (72 C 383/20).

Natürlich gehöre ihm das restliche Benzin im Unfallfahrzeug, so das Amtsgericht, es stelle aber keine "ersatzfähige Einbuße" dar. Die Kfz-Versicherung müsse diesen Verlust nicht ausgleichen. Wenn der Unfallgeschädigte dem Aufkäufer des Fahrzeugwracks das Restbenzin nicht ohne Entgelt überlassen wolle, müsse er es selbst abpumpen.

Geparktes Auto von anfahrendem Bus beschädigt

Steht der Pkw auf dem Gehweg hinter der Haltestelle, trifft die Autobesitzerin eine Mitschuld

Zwei kommunale Linienbusse standen hintereinander an einer Bushaltestelle. Der Fahrer des zweiten Busses fuhr weiter und musste wegen des vorderen Busses schräg aus der Haltebucht rollen. Beim Rangieren berührte die Rückseite des Busses einen Pkw, der im Bereich der Bushaltestelle auf dem Gehweg parkte. Die Autobesitzerin verklagte den Fahrer und die kommunalen Verkehrsbetriebe auf Zahlung von Schadenersatz.

Das Landgericht Saarbrücken gab ihr im Prinzip Recht (13 S 92/20). Der Unfall gehe überwiegend auf das Konto des Busfahrers. Allerdings müsse sich die Autofahrerin ein Mitverschulden von 25 Prozent anrechnen lassen, weil sie sich ebenfalls verkehrswidrig verhalten habe. Das Parkverbot an Bushaltestellen — 15 Meter vor und hinter der Haltestelle — umfasse nicht nur die Fahrbahn der Haltestelle, sondern auch den angrenzenden Seitenstreifen.

Auf diese Weise solle gewährleistet werden, dass Fahrgäste problemlos ein- und aussteigen könnten. Der Bereich neben den Haltebuchten müsse auch deshalb frei bleiben, weil manche Gelenkbusse Überhänge hätten, die beim Ein- und Ausfahren über die Bordsteinkante hinausragten. Und manchmal müsse eben ein Bus, wenn vor ihm ein weiterer Bus an der Haltestelle stehe, diese "schränkwinklig" verlassen.

Taschenrechner am Lenkrad verboten

Kurzartikel

Auch Taschenrechner gehören zu den elektronischen Geräten, die Autofahrer während der Fahrt nicht in die Hand nehmen und benutzen dürfen. Wer ein Fahrzeug lenkt und gleichzeitig einen Rechner bedient, kann sich nicht auf den Straßenverkehr konzentrieren. Dieser Verkehrsverstoß könnte andere Verkehrsteilnehmer gefährden, daher ist ein Bußgeld angemessen.

Hinterrad löste sich während der Fahrt

Versicherungsnehmer müssen nach dem Reifenwechsel die Radmuttern nicht nachziehen

Im April ließ ein Mercedes-Besitzer in der Werkstatt die Sommerreifen aufziehen. Wie üblich, stand auf der Rechnung der Hinweis: "Achtung! Bei Alufelgen nach 50 km Radmuttern nachziehen." Den Hinweis ignorierte der Autofahrer wie immer. Nach dem Reifenwechsel war er ca. 100 km mit dem Mercedes gefahren, als sich auf der Autobahn das linke hintere Rad löste.

Mit Müh und Not brachte der Mann — auf der Bremsscheibe rutschend — den Mercedes zum Stehen. Das Rad rollte einstweilen über alle drei Fahrspuren und blieb am rechten Fahrbahnrand liegen. Der Wagen wurde bei diesem Manöver stark beschädigt.

Die Vollkaskoversicherung des Autofahrers übernahm die Reparaturkosten, kürzte jedoch den Betrag. Der Versicherungsnehmer habe den Unfall mit-verschuldet, weil er die Radschrauben nicht nachjustiert habe, erklärte das Unternehmen.

Damit war das Oberlandesgericht (OLG) München nicht einverstanden (7 U 2338/20). Dem Versicherungsnehmer stehe Schadenersatz in voller Höhe zu, urteilte das OLG. Er müsse den Unfallschaden auch nicht teilweise auf seine Kappe nehmen. Nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen sei bei korrekt angezogenen Schrauben ein Nachjustieren weder notwendig, noch sei es vorgeschrieben.

Ohne Anhaltspunkte für eine nicht fachgerechte Reifenmontage in der Werkstatt müssten Autofahrer den festen Sitz der Radmuttern nach einer Strecke von 50 km nicht kontrollieren. Daran ändere auch die Aufforderung auf der Werkstattrechnung nichts, die Schrauben nachzuziehen. Der in der Regel nicht fachkundige Autofahrer müsse nicht selbst tätig werden, um eine eventuell mangelhafte Montage der Werkstatt nachzubessern.

Nutzungsausfall: Ersatzauto-Lieferung verzögert sich

Kurzartikel

Bestellt ein Unfallgeschädigter nach Totalschaden einen Neuwagen, muss ihm die gegnerische Versicherung nicht mehr Nutzungsausfallentschädigung zahlen als üblich, nur weil der von ihm beauftragte Autohändler das gewünschte Ersatzauto nicht schneller beschaffen kann. Unfallgeschädigte müssen den Schaden so gering wie möglich halten. Sie dürfen sich nicht auf einen einzigen Händler konzentrieren, anstatt sich bei anderen Autohäusern in der Region sowie im Internet nach geeignetem Ersatz umzusehen.

Reimportierter Porsche ist nicht mangelhaft

Wenn der Verkäufer auf diese Eigenschaft nicht hinweist, täuscht er damit die Autokäuferin nicht

Von einem privaten Verkäufer hatte eine Autofahrerin ein gebrauchtes Porsche Cabriolet gekauft. Wie üblich, wurde im Kaufvertrag die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. Kaum war das Geschäft in trockenen Tüchern, stellte die Käuferin fest, dass der Porsche ein Reimport war (d.h.: ein in Deutschland hergestelltes, ins Ausland exportiertes und dann wieder nach Deutschland importiertes Fahrzeug).

Daraufhin focht die Frau den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Ein Reimport sei weniger wert, meinte sie.

So habe das die Rechtsprechung früher auch gesehen, räumte das Oberlandesgericht Zweibrücken ein: Aber heute könne man davon nicht mehr ausgehen, denn das Marktverhalten von Herstellern, Autoverkäufern und Käufern habe sich geändert (8 U 85/17).

Diese Ansicht treffe erst recht nicht mehr zu, wenn es um einen älteren Gebrauchtwagen gehe. Ein Sachmangel des Cabriolets, den der Verkäufer ungefragt hätte offenbaren müssen, liege hier nicht vor.

Anders wäre dies zu beurteilen, wenn sich die Käuferin beim Verkaufsgespräch danach erkundigt hätte, ob es sich um ein reimportiertes Fahrzeug handle. Oder wenn sie dem Verkäufer ausdrücklich mitgeteilt hätte, sie wolle kein reimportiertes Fahrzeug.

Dann hätte er über die Reimport-Eigenschaft des Wagens Auskunft geben müssen. Allein die Tatsache, dass der Verkäufer diese Eigenschaft des Cabriolets unerwähnt ließ, stelle jedenfalls keine arglistige Täuschung der Käuferin dar, die es rechtfertigen würde, den Kaufvertrag rückgängig zu machen.

Fiktive Unfallschadenabrechnung

Rechnet der Unfallgeschädigte auf Gutachtenbasis ab, muss er die "echten" Reparaturkosten nicht belegen

Auf einer Kreuzung stieß ein Taxi (Mercedes Benz E 200) mit einem Peugeot zusammen, dessen Fahrer den Unfall verursacht hatte. Der Kfz-Sachverständige des Taxiunternehmers veranschlagte die Reparaturkosten in seinem Schadensgutachten auf netto 9.355 Euro. Der Unfallgeschädigte entschied sich für eine fiktive Schadensabrechnung, ließ aber den Mercedes in einer Markenwerkstatt reparieren.

Für die "vollständige sach- und fachgerechte Reparatur" könne er nicht mehr als 5.000 Euro gezahlt haben, behauptete die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Den Vorwurf wies der Taxiunternehmer zurück. Doch die Versicherung wollte die Reparaturrechnung sehen: Ansonsten werde sie nicht zahlen, erklärte sie. Daraufhin klagte der Unfallgeschädigte auf Zahlung des vom Gutachter genannten Betrags.

Zu Recht, urteilte das Oberlandesgericht München (24 U 4397/20). Grundsätzlich hätten Unfallgeschädigte die Wahl, ob sie die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten als Schadenersatz verlangten oder aber die Kosten, die laut Sachverständigengutachten für eine sachgerechte Reparatur erforderlich wären. Werde der Schaden "fiktiv", d.h. auf Gutachtenbasis abgerechnet, spiele es keine Rolle, ob überhaupt repariert werde, ob der Schaden provisorisch von Freunden oder fachgerecht in einer Werkstatt repariert werde.

Der tatsächliche Aufwand müsse dann nicht belegt werden, anders als die Versicherung behaupte. Ihre Forderung liefe darauf hinaus, das Recht auf fiktive Schadensabrechnung auszuhebeln. Unfallgeschädigte, die auf Gutachtenbasis abrechneten, müssten zu den wirklichen Reparaturkosten nichts vortragen — auch dann nicht, wenn die gegnerische Versicherung ins Blaue hinein behaupte, dass sie niedriger seien als die im Gutachten veranschlagten Reparaturkosten.

Ansonsten könnten Kfz-Versicherungen — in den Fällen, in denen der Schaden fachgerecht repariert wurde — einfach irgendeinen Betrag "in den Raum werfen", den die Reparatur gekostet haben könnte. Und würden damit die Unfallgeschädigten zur Vorlage der Reparaturrechnung zwingen. Mit der fiktiven Schadensabrechnung sei das unvereinbar.

Gegen die Leitplanke gedonnert und weggefahren

Verlassen des Unfallorts und verspätete Schadenanzeige kosten den Kaskoschutz

Ohne Beteiligung anderer Fahrzeuge war ein Autofahrer auf der Autobahn ins Schleudern geraten. Mit Tempo 100 km/h schlitterte sein Wagen die Leitplanke entlang. Danach fuhr der Mann bis zum nächsten Rastplatz weiter, besichtigte die erheblichen Streifspuren und setzte den Heimweg fort. Die Schadenanzeige für seine Vollkaskoversicherung stellte er erst vier Tage später fertig.

Die Reparatur des Wagens kostete 22.217 Euro. Doch die Versicherung weigerte sich, den Schaden zu regulieren. Begründung: Der Versicherungsnehmer habe den Unfallort verlassen, anstatt die Polizei zu informieren und dort auf sie zu warten. So habe niemand Feststellungen zum Versicherungsfall treffen können. Unter diesen Umständen sei sie gemäß ihren Vertragsbedingungen leistungsfrei.

Erfolglos pochte der Autofahrer darauf, er könne doch unmöglich bei Tempo 100 km/h und dichtem Verkehr auf einer Autobahn stehen bleiben. Das Landgericht wies seine Zahlungsklage ab und auch das Oberlandesgericht Koblenz verneinte einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten (12 U 235/20).

Die Vollkaskoversicherung müsse die Reparatur des versicherten Fahrzeugs nicht finanzieren, weil der Versicherungsnehmer vorsätzlich die "Wartepflicht" verletzt habe. Da der Autofahrer nicht nur sein Auto, sondern auch die Leitplanke beschädigt habe, sei hier von Unfallflucht auszugehen. Er hätte die Polizei sofort verständigen und an der Unfallstelle bzw. auf dem Standstreifen warten müssen. Oder spätestens auf dem Rastplatz, auf dem er ohnehin ausgestiegen sei.

Durch seine Unfallflucht habe der Versicherungsnehmer dem Versicherer unmöglich gemacht oder zumindest deutlich erschwert, den Versicherungsfall aufzuklären. Nach so einem Unfall müsse der Versicherer klären, ob der Versicherungsnehmer das versicherte Fahrzeug wirklich selbst gelenkt habe, ob seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt gewesen sei oder ob andere Gründe dafür vorlägen, den Versicherungsschutz einzuschränken. Daher berechtige ein Verstoß gegen die Wartepflicht das Unternehmen dazu, die Schadensregulierung abzulehnen.

Unfallauto von Bekannten zusammengeflickt

Wie sind bei nicht fachgerechter Reparatur Restwert und Versicherungsleistung zu ermitteln?

Autofahrerin S beschädigte bei einem Unfall ihren Wagen. Die Kaskoversicherung musste für den Schaden aufkommen und ließ das Auto von einem ihrer Kfz-Sachverständigen begutachten. Ergebnis: Reparaturkosten von 9.137 Euro netto, ein Wiederbeschaffungswert von 10.500 Euro. Den Restwert des Autos schätzte der Gutachter auf Basis der Preise am überregionalen Gebrauchtwagenmarkt auf 5.799 Euro.

Frau S wollte das Fahrzeug weiter nutzen. Sie ließ es aber nicht in einer Fachwerkstatt reparieren, sondern von Bekannten instandsetzen. Die Kaskoversicherung überwies ihr 4.401 Euro.

Den Betrag errechnete das Unternehmen so: 10.500 Euro Wiederbeschaffungswert minus 5.799 Euro Restwert minus 300 Euro Selbstbeteiligung. Mit 4.401 Euro begnügte sich die Versicherungsnehmerin nicht — ihrer Ansicht nach hatte die Versicherung den Restwert viel zu hoch angesetzt. Frau S klagte auf Zahlung weiterer 2.377 Euro.

Das Landgericht wies die Klage ab: Ein Restwert von 5.799 Euro sei angemessen. Für Versicherungsnehmer sei es prinzipiell zumutbar, das Auto an den im Gutachten der Versicherung benannten Autohändler zu verkaufen, auch wenn er nicht in der Region ansässig sei. Angesichts eines bundesweit verfügbaren Angebots von Online-Autoaufkäufern sei es nicht mehr zeitgemäß, sich beim Restwert am regionalen Markt zu orientieren.

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (IV ZR 105/20). Was das Unfallauto noch wert sei, sei hier fiktiv zu ermitteln, da Frau S ihren Wagen nicht wirklich verkaufe. Der Restwert bestimme sich nicht nach dem Höchstgebot eines mit der Versicherung kooperierenden Händlers, sondern danach, wie ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Versicherungsnehmer das beschädigte Auto verkaufen würde.

Sicher würde er bzw. sie keinen Kaufvertrag mit einem weit entfernten, unbekannten Händler abschließen. Das wäre nicht wirtschaftlich vernünftig, denn dessen Seriosität könne er bzw. sie nicht überprüfen. Ein Autotransport über mehrere hundert Kilometer sei aufwändig und berge große Risiken, im Konfliktfall würde der Streit nicht am Wohnort ausgetragen.

Frau S sei daher nicht verpflichtet, das von der Versicherung benannte fiktive Kaufangebot eines unbekannten Händlers zu akzeptieren. So erhöhten Versicherungen allzu gerne rechnerisch den Restwert, um die Versicherungsleistung zu schmälern.

Die Versicherungsnehmerin müsse keine Marktforschung in ganz Deutschland betreiben oder den im Internet etablierten Sondermarkt für Restwertaufkäufer analysieren, wenn es um den Restwert gehe. Sie dürfe sich an den — von einem Sachverständigen an ihrem Wohnort ermittelten — Preisen am regionalen Automarkt orientieren.