Auto und Verkehr

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Wohnmobil-Panne in der Schweiz

Versicherung will den Rücktransport wegen der Höhe des Wohnmobils nicht finanzieren

Im Sommer 2019 machte das Wohnmobil eines deutschen Urlaubers in der Schweiz schlapp: Motorschaden. Er verständigte telefonisch seine Autoversicherung und beauftragte eine Transportfirma damit, das Fahrzeug nach Deutschland zurückzubringen. Dafür zahlte der Mann rund 2.500 Euro. Anschließend folgte die nächste unangenehme Überraschung.

Der Autoversicherer zahlte nicht und verwies auf seine Versicherungsbedingungen: Das Wohnmobil sei laut Fahrzeugschein 3,40 Meter hoch. Versichert seien die Kosten eines Rücktransports aber nur, wenn ein Wohnmobil die Höhe von 3,20 Metern inklusive Ladung nicht überschreite.

Daraufhin klagte der Womo-Fahrer auf Zahlung: Vor dem Transport habe er die Dachklimaanlage abgebaut, den Reifendruck reduziert und die Luftfederung abgelassen. Danach sei das Fahrzeug nur noch 3,06 Meter hoch gewesen. Also müsse die Versicherung die Transportkosten übernehmen.

Das Amtsgericht München gab dem Womo-Besitzer Recht (191 C 5230/20). Laut der einschlägigen Vertragsklausel sei die Übernahme der Transportkosten ausgeschlossen, wenn es um Wohnmobile ab 3,20 Metern Höhe "einschließlich Ladung" gehe. Auf den Eintrag im Fahrzeugschein komme es daher hier nicht an, sondern auf die tatsächliche Höhe beim Transport. In den Fahrzeugpapieren stehe zur Ladung natürlich nichts, die falle ja bei jedem Wohnmobil anders aus.

Das Amtsgericht schloss vor allem aus den Unterlagen der Transportfirma, dass es dem Womo-Besitzer gelungen war, die Höhe des Fahrzeugs auf mindestens 3,20 Meter zu reduzieren.

Nach den Transportpapieren sei das Wohnmobil ohne Ausnahmegenehmigung für einen Spezialtransport regulär von der Schweiz nach Deutschland befördert worden. Laut der Rechnung sei auch kein Aufpreis für Überhöhe berechnet worden. Und nicht einmal der Versicherer selbst habe behauptet, dass beim Transport die gesetzlichen Vorschriften zur Maximalhöhe missachtet wurden.

Sechsjährige verkratzt beim Radfahren ein Auto

Erst mit acht Jahren dürfen Kinder baulich nicht von der Straße abgetrennte Radwege benützen

Ein Düsseldorfer Familienvater war mit seinen drei Kindern auf Rädern in der Stadt unterwegs: mit zwei Söhnen, elf und 15 Jahre alt, und der sechsjährigen Tochter. Die Familie fuhr einen nur auf der Straße markierten Radweg entlang, der von der Fahrbahn nicht baulich abgetrennt war. Plötzlich stand da dick und breit ein falsch geparktes Auto und versperrte den Radweg. Der Vater wich auf die Straße aus, das Mädchen folgte ihm.

Dabei kam das Kind einem Opel Corsa, der in die gleiche Richtung fuhr, mit dem Fahrradlenker zu nahe. Den Lackkratzer in der Werkstatt ausbügeln zu lassen, kostete die Autobesitzerin 790 Euro. Ihrer Ansicht nach musste die Haftpflichtversicherung des Vaters für die Reparatur aufkommen. Dieser Ansicht war auch das Amtsgericht Düsseldorf: Es verurteilte den Versicherer zu Schadenersatz (37 C 557/20).

Der Vater des Kindes müsse für den Schaden haften, weil er seine Aufsichtspflicht verletzt und dadurch indirekt den Schaden verursacht habe. Kinder, die noch keine acht Jahre alt seien, gehörten mit ihren Fahrrädern auf die Gehwege. Laut Straßenverkehrsordnung dürften sie Radwege nur benutzen, wenn diese "baulich" von der Fahrbahn abgetrennt seien — wie das häufig bei kombinierten Geh- und Radwegen der Fall sei.

Sinn dieser Vorschrift sei es natürlich, kleinere Kinder vor Risiken zu schützen: Meistens beherrschten sie ihr Rad noch nicht richtig und bewegten sich unsicher. Die Söhne seien alt genug und rad-erfahren. Aber dem Mädchen hätte es der Vater nicht erlauben dürfen, auf dem Radweg zu fahren. Stattdessen hätte er mit der Sechsjährigen den Gehweg nutzen müssen — das sei Erwachsenen erlaubt, wenn sie Kinder unter acht Jahren beaufsichtigen müssten.

Strafzettel wegen Falschparkens

Verfahrenskosten darf die kommunale Behörde erst nach einer Anhörung der Kfz-Halterin verlangen

Im März 2021 steckte eine Politesse einen Strafzettel hinter den Scheibenwischer eines Firmenfahrzeugs: Der Fahrer hatte falsch geparkt. Gezahlt wurde das Verwarnungsgeld nicht. Zwei Mal, im April und im Juni, schickte die Kommune der Kfz-Halterin einen so genannten Anhörungsbogen: Die Firma müsse den Namen des Falschparkers angeben, andernfalls werde man ihr die Kosten des Verfahrens auferlegen.

Auf die Schreiben reagierte die Firma nicht. Daraufhin erhielt sie von der Stadt einen Kostenbescheid, gegen den die Kfz-Halterin Klage erhob. Ihr Argument: So ein Kostenbescheid setze laut § 25a Straßenverkehrsgesetz voraus, dass die Verkehrsbehörde den Falschparker trotz "angemessenem Aufwand" nicht ermitteln konnte. Zur Täterermittlung gehöre auch eine Anhörung des Kfz-Halters, die jedoch nicht stattgefunden habe.

Der Einwand sei berechtigt und der Kostenbescheid rechtswidrig, entschied das Amtsgericht Straubing (9 OWi 441/21). Es sei unbillig, der Kfz-Halterin die Verfahrenskosten aufzubrummen, wenn sie keine Chance gehabt habe, den Verkehrssünder rechtzeitig zu benennen. Dass sie diese Möglichkeit nicht hatte, sei jedenfalls nicht auszuschließen, so das Amtsgericht.

Dass die Firma schon vor dem ersten Schreiben der Straßenverkehrsbehörde über die Verwarnung Bescheid wusste, stehe nicht fest. Der Fahrer könne den Strafzettel vergessen oder übersehen haben. Vielleicht habe er auch nicht gewusst, welchen Ansprechpartner in der Firma er informieren sollte. Unternehmensfahrzeuge würden in der Regel von mehreren Personen genutzt. In der Firma sei vielleicht nicht immer bekannt, wer damit unterwegs gewesen sei.

Außerdem habe die Behörde den Anhörungsbogen nicht rechtzeitig geschickt (= innerhalb von zwei Wochen nach der Verwarnung), sondern erst nach drei Wochen. Eventuell könne sich der/die Zuständige in der Firma nach so langer Zeit nicht mehr erinnern, wer gefahren sei. Alles in allem habe sich die Behörde hier bei der Täterermittlung nicht genug bemüht. Vorschnell habe man einen Kostenbescheid erlassen, anstatt die Kfz-Halterin anzuhören und auf Auskunft zu bestehen.

Mit dem Job-Fahrrad verunglückt

Die Arbeitnehmerin hatte das Rad von der vorgeschriebenen Wartung abgeholt: Arbeitsunfall?

Ein Unternehmen in Schwäbisch Gmünd bot den Mitarbeitern "JobRäder" an, die sie für den Arbeitsweg und auch privat nutzen konnten. Motive auf Seiten des Arbeitgebers: Er wollte die Situation auf dem Firmenparkplatz entspannen, die Fitness der Belegschaft fördern und das kommunale Programm "Fahrrad-Stadt Schwäbisch Gmünd" unterstützen. Die Räder leaste das Unternehmen von der JobRad-GmbH.

Der Arbeitgeber verpflichtete die Teilnehmer am "JobRad-Modell" dazu, ihr Rad einmal im Jahr auf Kosten der JobRad-GmbH warten zu lassen. Daran erinnerte der Arbeitgeber die Mitarbeiter per Mail, er bestimmte auch die Fahrradwerkstatt und die Zahlmodalitäten. Als eine Mitarbeiterin ihr Rad nach der Wartung in der Werkstatt abholte und nach Hause fuhr, kollidierte sie mit der unachtsam geöffneten Fahrertür eines Wagens.

Beim Sturz verletzte sich die Frau erheblich am Knie. Ihr Antrag auf Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung wurde von der Berufsgenossenschaft abgelehnt: Ein Arbeitsunfall liege hier nicht vor, denn die Arbeitnehmerin sei nicht auf dem Arbeitsweg verunglückt. Mit dieser Entscheidung war das Landessozialgericht Baden-Württemberg nicht einverstanden (L 1 U 779/21).

Auch wenn der Radunfall nicht auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz passiert sei, handle es sich um einen Wegeunfall — d.h. um einen Arbeitsunfall. Denn die Fahrt sei nicht (nur) privat motiviert gewesen: Schließlich habe die Mitarbeiterin eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers erfüllt, indem sie das Rad zur alljährlichen Inspektion in die Werkstatt brachte.

Deshalb stehe bei dieser Aktion der Betriebsbezug im Vordergrund und nicht das private Interesse der Arbeitnehmerin an einem funktionierenden Fahrrad. Der Betriebsbezug stehe aufgrund des Mail-Rundschreibens fest, mit dem der Arbeitgeber die "JobRad"-Fahrer ermahnt habe, die Wartung nicht zu versäumen. Zu deren Ablauf habe er zudem sehr konkrete Vorgaben formuliert. Die Fahrt von und zur Werkstatt stehe daher ebenso unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wie der direkte Arbeitsweg mit dem "JobRad".

Beim Autokauf den "alten" in Zahlung gegeben

Ist die Vereinbarung zum Gebrauchtwagen unwirksam, platzt das ganze Geschäft

Ist bei einem Neuwagenkauf die Vereinbarung, dass der Käufer seinen "Gebrauchten" in Zahlung gibt, unwirksam, kann der Verkäufer den "Anrechnungsbetrag" für den Gebrauchtwagen nicht gesondert zurückverlangen, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg.

Geklagt hatte eine Kfz-Händlerin, die den Gebrauchtwagen des Kunden in Zahlung genommen hatte. Der Kunde hatte das Baujahr des Fahrzeugs mit 1984 angegeben. Später stellte sich heraus, dass es bereits 1983 erstmals zugelassen war. Die Verkäuferin verlangte deshalb vom Kunden, den Gebrauchtwagen wieder zurückzunehmen und den entsprechenden Teil des Preises für den Neuwagen nachzuzahlen.

Das Oberlandesgericht Oldenburg hielt diese Forderung für unberechtigt (14 U 63/93). Würde man der Händlerin erlauben, den Gebrauchtwagen zurückzugeben, würde man ihre Interessen einseitig bevorzugen. Es sei aber keineswegs eine selbstlose "Wohltat" der Neuwagen-Verkäufer, wenn sie den Gebrauchtwagen des Käufers in Zahlung nehmen. Vielmehr sei es in den allermeisten Fällen für beide Seiten eine wirtschaftliche Notwendigkeit.

Das habe im konkreten Fall zur Folge, dass der gesamte Kaufvertrag aufzulösen sei. Die Verkäuferin könne ihren Neuwagen zurückverlangen. Im Gegenzug müsse sie dem Kunden den dafür bezahlten Betrag erstatten.

Brandschaden am geparkten Auto

Das Feuer ging vom daneben abgestellten BMW aus: Muss die Kfz-Versicherung zahlen?

Herr A fuhr mit seinem BMW X 3 zu einer Bekannten, Frau B, und stellte den Wagen neben deren Auto ab. Ungefähr zwei Stunden später geriet der BMW in Brand. Das Feuer sprang auf das Auto der Bekannten über. Frau B forderte Schadenersatz von der Kfz-Haftpflichtversicherung des A, weil das Feuer durch den Betrieb des BMW entstanden sei.

Doch die Versicherung winkte ab: Der Brand sei nicht durch einen Defekt ausgelöst, sondern absichtlich gelegt worden, wie ihr Brandsachverständiger herausgefunden habe. Daraufhin klagte Frau B auf Schadenersatz. Der stehe ihr zu, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle, das ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte (14 U 189/20). Und die Ergebnisse des gerichtlichen Kfz-Sachverständigen fand das OLG überzeugender.

An der Verkabelung des Anlassers hätten sich Schmelzspuren gezeigt, die auf einen Kurzschlussstrom zurückzuführen seien. Laut Hersteller könne es zudem durch eindringende Feuchtigkeit zu Kurzschlüssen bei elektrischen Kontakten der Kraftstofffilterheizung kommen. Letztlich sei es aber nicht mehr möglich, die konkrete Brandursache nachzuweisen, habe der Kfz-Sachverständige betont: Nicht einmal Brandstiftung habe er zu 100 Prozent ausgeschlossen — wahrscheinlicher sei aber ein Kurzschluss im Bereich der Kraftstofffilter.

Ein Defekt als Brandursache sei also wahrscheinlich, wenn auch nicht bewiesen, so das OLG. Da jedoch auch die Versicherung die Brandstiftung nicht habe beweisen können, müsse sie für den Schaden einstehen, erklärte das OLG.

Anspruch auf Schadenersatz von der Versicherung bestehe zudem nur, wenn der Schaden durch den Betrieb des BMW entstanden sei. Um diesen Zusammenhang zu bejahen, müsse die geschädigte Kfz-Halterin nicht belegen, welches Fahrzeugteil konkret den Brand verursacht habe. Es müsse nur feststehen, dass das Feuer in engem zeitlichem Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Fahrzeugs entstanden sei. Und das treffe zu, wenn ein Wagen — wie hier der BMW — etwa zwei Stunden vor dem Brand noch gefahren wurde.

Auto auf der Fahrbahn geparkt

Der Fahrzeughalter haftet für einen Auffahrunfall, weil er nicht die Parkbucht benutzte

Ein Autofahrer stellte seinen Wagen auf der Fahrbahn ab, obwohl sich entlang der Straße Parkstreifen mit eingezeichneten Parkbuchten befanden. Das Auto behinderte den fließenden Verkehr, es kam zu einem Auffahrunfall. Nun stellte sich die Frage, ob der Kfz-Halter für den dabei entstandenen Schaden verantwortlich ist.

Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg entschied, dass der Autofahrer zu hundert Prozent dafür haften muss (305 C 217/93). Der am Straßenrand geparkte Wagen habe den fließenden Verkehr permanent gefährdet und letztlich den Auffahrunfall verursacht. Parkbuchten würden ja gerade eingerichtet, um einen ungestörten Verkehrsfluss zu gewährleisten.

Es komme durchaus häufig vor, dass Verkehrsteilnehmer mit überhöhter Geschwindigkeit und/oder alkoholisiert auf ein verkehrswidrig geparktes Auto prallten, weil sie es auf ihrer Fahrbahn übersehen oder weil sie von ihrer Fahrbahnseite abdrifteten. Diese Unfallkonstellation trete immer wieder auf. Das müssten Autofahrer bedenken, wenn sie ihren Wagen parkten.

Mülltonnen auf dem Radweg

Gestürzter Radfahrer verlangt Schadenersatz von der Abfallentsorgungsfirma

Manche Leute werden richtig kreativ bei der Suche nach Schuldigen für ein Malheur, das sie mit etwas Aufmerksamkeit leicht hätten vermeiden können. So zum Beispiel ein Radfahrer, dem es gelang, auf einem Radweg mit zwei leeren Mülltonnen zusammenzustoßen. Er hatte die Tonnen zwar gesehen, fuhr beim Ausweichmanöver jedoch gegen eine Tonne, stürzte und verletzte sich.

Das Landgericht Frankenthal wies die Schadenersatzklage des Radfahrers gegen die Abfallentsorgungsfirma ab (4 O 25/21). Das Landgericht räumte zwar ein, dass die Müllwerker ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatten. Sie dürften auf dem Radweg nicht einfach ein Hindernis aufstellen. Die Tonnen beeinträchtigten natürlich den "Verkehrsfluss".

Allerdings seien sie schon von weitem gut erkennbar gewesen. Der Radfahrer hätte den Mülltonnen also ohne Weiteres ausweichen können, möglichst vorsichtig und weiträumig. Stattdessen sei er so knapp daran vorbeigefahren, dass er eine Tonne streifte und das Gleichgewicht verlor. Nicht die dort abgestellten Mülltonnen hätten den Sturz verursacht, sondern die grob fahrlässige Fahrweise des Radfahrers. Den Unfall habe er sich selbst zuzuschreiben, das schließe jeden Anspruch auf Schadenersatz aus.

Unfall mit Totalschaden

Muss der Kfz-Haftpflichtversicherer auch Kreditkosten des Unfallgeschädigten ersetzen?

Der Unfallverursacher hatte die Vorfahrt missachtet: Bei dem Zusammenstoß erlitt der sieben Jahre alte Wagen von Herrn S wirtschaftlichen Totalschaden. Der Kfz-Sachverständige schätzte den Wiederbeschaffungswert auf 19.800 Euro, den Restwert auf 3.460 Euro.

Ein paar Tage nach dem Unfall teilte der Anwalt von S der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners mit, Herr S habe ein Ersatzauto für 19.900 Euro gefunden. Der Unfallgeschädigte habe den Kauf mündlich vereinbart, könne ihn aber nicht mit eigenen Mitteln vorfinanzieren. Er bitte daher, das Geld möglichst zügig zu überweisen, um weitere Kosten für Mietwagen und Nutzungsausfall zu vermeiden.

Da innerhalb der gesetzten Frist kein Geld auf seinem Konto ankam, nahm Herr S bei einer Bank 14.000 Euro Kredit auf und schloss gleichzeitig eine Ratenschutz-Police ab (Restschuldversicherung). Die Kreditkosten beliefen sich auf 1.430,62 Euro. Diesen Betrag - unter anderen - wollte die Haftpflichtversicherung nicht ersetzen. Zu Recht, entschied das Landgericht: Herr S oder sein Anwalt hätte ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass er plante, ein Darlehen aufzunehmen.

Diesen Hinweis erklärte das Oberlandesgericht Düsseldorf, das über die Berufung des Unfallgeschädigten zu entscheiden hatte, für überflüssig (I-1 U 294/19). Der Anwalt habe deutlich genug ausgeführt, dass S aufgrund knapper Finanzen auf die Zahlung des Versicherers angewiesen sei, um ein Ersatzauto zu beschaffen. Ohne diese Zahlung könnten weitere Kosten entstehen, habe der Anwalt gewarnt.

Dass eine mögliche Folge der Nichtzahlung eine Kreditaufnahme sein würde, sei da wirklich naheliegend. Dem Versicherer habe klar sein müssen, dass er zügig überweisen musste, um höheren Schaden zu vermeiden. Herr S habe aus beruflichen Gründen möglichst schnell ein Ersatzauto gebraucht. Für ihn sei es daher notwendig gewesen, einen Kredit aufzunehmen, Restschuldversicherung inklusive.

Geringverdienern, die keine banküblichen Sicherheiten für die Rückzahlung eines Kredits bieten könnten, bewilligten Banken einen Verbraucherkredit üblicherweise nur mit Ratenschutz-Police. Der Unfallgeschädigte habe also mit der Kreditaufnahme keinesfalls seine Pflicht verletzt, den Schaden für die Versicherung so gering wie möglich zu halten. Die Versicherung müsse auch die Kreditkosten übernehmen.

Sturz an der Tankstelle

Der gestürzte Autofahrer behauptet einen Glatteisunfall und verlangt Schmerzensgeld

Im Januar 2017 fuhr Autofahrer A am späten Nachmittag zur Tankstelle an seinem Wohnort. Er tankte, bezahlte und kaufte eine Waschkarte. Dann brachte er das Auto in eine SB-Waschbox. Zu Fuß ging er zurück zu einem Abfalleimer bei den Tanksäulen. Dabei stürzte A und verletzte sich am Bein.

Dem Tankstellenbetreiber warf er vor, er habe seine Räum- und Streupflicht vernachlässigt. Angesichts der winterlichen Verhältnisse komme eine andere Ursache für den Sturz nicht in Betracht: Er müsse auf Glatteis ausgerutscht sein, das er wegen der schlechten Sicht nicht erkennen konnte. Mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld hielt der Verletzte für angemessen.

Auf dem Tankstellengelände habe es überhaupt keine eisigen Stellen gegeben, konterte der Tankstellenbetreiber. Ihm sei völlig schleierhaft, wie der Autofahrer zu Fall gekommen sei. Jedenfalls habe A nicht annähernd belegt, dass es eine Gefahrenquelle gab, die er, der verkehrssicherungspflichtige Tankstellenbetreiber, hätte beseitigen müssen. So sah es auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Es wies die Zahlungsklage des Autofahrers ab (7 U 106/19).

Räumen und Streuen müssten Verkehrssicherungspflichtige im Winter nur, wenn entweder allgemeine Glätte vorherrsche oder zumindest Gefahren durch vereinzelte, glatte Stellen drohten. Auch bei allgemeiner Glätte bestehe keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse die Kunden nur vor Risiken schützen, die diese nicht rechtzeitig erkennen könnten. Eine konkrete Gefahrenlage habe A jedoch nicht dargelegt.

Vor dem Sturz habe er nicht einmal Glatteis wahrgenommen, obwohl er sich fast 15 Minuten auf dem Gelände aufgehalten habe. Der Boden sei eigentlich "griffig" gewesen, habe er ausgesagt. Gleichzeitig behaupte er, neben der Tanksäule sei es glatt gewesen — das sei letztlich nur eine Vermutung "ins Blaue hinein", einzig gestürzt auf die winterlichen Temperaturen an diesem Tag. Über Umfang und Ort der Glättestelle habe A nichts sagen können.

Selbst wenn vor dem Mülleimer der Boden eventuell nicht ganz so "griffig" gewesen sein sollte wie rundherum: Deshalb müsse der Tankstellenbetreiber nicht gleich von einem ernsthaften Risiko für Kunden ausgehen, das ihn zur Abhilfe verpflichte. Dass Autofahrer A neben dem Mülleimer gestürzt sei, sei als bedauerliche Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos einzustufen.

Dauer-Falschparker in der WEG-Tiefgarage

Ein 87-jähriger Autobesitzer ignoriert das Halteverbot und büßt mit hohen Abschleppkosten

In einer Münchner Eigentumswohnungsanlage kann man die Wohnungen von der Tiefgarage aus mit dem Aufzug erreichen. In dem Bereich um den Aufzug herum besteht in der Garage ein eingeschränktes Halteverbot. Schilder zeigen an, dass Fahrzeuge hier nur zum Ein- oder Aussteigen, zum Be- oder Entladen von Gegenständen halten dürfen und zwar nicht länger als drei Minuten.

Nach der Aussage des Hausmeisters parkte ein 87 Jahre alter Hausbewohner regelmäßig viel zu lange neben dem Aufzug und blockierte dabei den Zugang zu anderen Garagenboxen. Fast jedes Mal ermahnte ihn der Hausmeister deswegen, offenbar ohne pädagogischen Effekt. Deshalb sprach er mit dem WEG-Verwalter ab, den Wagen des Widerspenstigen abschleppen zu lassen.

Am 1. Juli 2020 war es dann so weit: Der Sohn des Seniors stellte dessen Wagen neben dem Aufzug ab und fuhr nach oben, um den Vater abzuholen. 15 Minuten später beauftragte der Hausmeister ein Abschleppunternehmen. Als der Abschleppwagen mit Tiefgaragenberger anrückte, war das Auto allerdings schon weggefahren. Nichtsdestotrotz berechnete das Abschleppunternehmen dem Autobesitzer 448,15 Euro Abschleppkosten.

Zu Recht, wie das Amtsgericht München entschied (473 C 2216/21). Vergeblich pochte der Senior darauf, dass der Hausmeister mit einem Anruf oder Klingeln die Störung hätte beseitigen können. Die Abschleppgebühr sei überhöht und die Maßnahme in keiner Weise gerechtfertigt. Er sei behindert, könne kaum noch gehen und benötige für Arztbesuche Begleiter. Das wisse der Hausmeister alles …

Doch der Hausmeister sah keinen guten Grund, das Auto vor dem Aufzug zu parken: Nur 15 Meter vom Aufzug entfernt gebe es einen Platz, an dem man länger stehen bleiben dürfe, erklärte er dem Amtsrichter. Außerdem besitze der Senior selbst eine Garagenbox direkt neben dem Aufzug, die er aber vermietet habe. Immer wieder habe er ihn gewarnt, er werde das Auto abschleppen lassen.

Nach dem Hausmeister sagte der Sohn als Zeuge aus und schoss ein "Eigentor", indem er sich darüber beschwerte, dass andere Hausbewohner vor dem Aufzug unbeanstandet ihre Autos be- und entladen dürften. Damit benenne er selbst den wesentlichen Punkt, so der Amtsrichter: Be- und Entladen sei im eingeschränkten Halteverbot erlaubt. Wer kurz Sachen in den Aufzug trage, bleibe in Reichweite zum Pkw und könne ihn sofort entfernen, wenn er im Weg stehe.

Mit Fotos sei ausreichend belegt, dass ein dort parkendes Auto die nahen Garagenboxen blockiere. Das müssten die anderen Eigentümer nicht hinnehmen. Vom Hausmeister oder vom Verwalter könne man auch nicht verlangen, dem so oft verwarnten Autobesitzer immer wieder nachzulaufen. In so einem Fall ein Abschleppunternehmen einzuschalten, sei gerechtfertigt. Auch die Kostenabrechnung des Unternehmens sei nicht zu beanstanden: Der Senior müsse die Abschleppgebühr bezahlen.

Was ist ein "bedeutender Fremdschaden"?

Nach einer Fahrerflucht ist der Übeltäter nicht immer den Führerschein los

Ein Autofahrer hatte mit dem Auto einen parkenden Wagen gestreift, ging danach aber erst einmal in seine Wohnung. Von einem Beobachter angezeigt, bestritt der Mann später, dass es sich um Fahrerflucht gehandelt habe. Er habe nur Zettel und Stift geholt, um den betroffenen Autobesitzer zu informieren. Die Staatsanwaltschaft beantragte, ihm den Führerschein zu entziehen.

Ob sich der Autofahrer tatsächlich unerlaubt vom Unfallort entfernte, könne im konkreten Fall sogar offenbleiben, erklärte das Amtsgericht Duisburg (204 Gs 146/20). Er müsse natürlich die Reparaturkosten ersetzen. Ob dem Autofahrer darüber hinaus die Fahrerlaubnis entzogen werde, hänge davon ab, ob er beim Unfall einen "bedeutenden Schaden" an fremden Sachen angerichtet habe (Strafgesetzbuch § 69, Abs. 2 Nr. 3). Und das sei hier zu verneinen.

Entgegen der ersten polizeilichen Schätzung habe die Reparatur des beschädigten Wagens nämlich "nur" 1.500 Euro gekostet. Vor einigen Jahren habe die Justiz die Grenze für einen "bedeutenden Fremdschaden" zwar noch bei 1.300 Euro angesiedelt. Aber in diesem Zusammenhang seien die allgemeine Preissteigerung und vor allem die höheren Preise für Wartung und Reparatur von Fahrzeugen zu berücksichtigen. Selbst wenn nur darum gehe, Bagatellschäden wie Lackkratzer auszubessern, zahle man dafür heute oft 1.000 bis 2.000 Euro.

Solche alltäglichen Schäden seien aber nicht ansatzweise mit anderen Fällen zu vergleichen, in denen das Strafgesetzbuch bei Unfallflucht den Entzug des Führerscheins zwingend vorsehe: nämlich dann, wenn beim Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt werde. So einen Unfall mit Lackkratzern auf eine Stufe zu stellen, scheine unangemessen. Daher tendiere das Gericht dazu, die Wertgrenze für einen "bedeutenden Schaden" an fremden Sachen bei mindestens 1.800 Euro anzusetzen.

Im konkreten Fall seien demnach die Reparaturkosten von 1.500 Euro nicht als "bedeutender Fremdschaden" zu bewerten. Der Autofahrer müsse seinen Führerschein nicht abgeben.

Autoreparatur "wirtschaftlich unsinnig"?

Der Gutachter schätzte die Reparaturkosten auf 132 Prozent des Wiederbeschaffungswerts

Nach einem Verkehrsunfall, den der Unfallgegner verschuldet hatte, ließ Autofahrer X den Schaden begutachten. Der DEKRA-Sachverständige schätzte die Reparaturkosten auf 6.185 Euro brutto. Bei einem Wiederbeschaffungswert des Unfallautos von 4.700 Euro lagen die Reparaturkosten damit ganz knapp über der 130-Prozent-Grenze: Kostet eine Reparatur mehr als 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts, gilt sie in der Regel als "wirtschaftlich unsinnig" und wird von der Versicherung des Unfallgegners nicht voll finanziert.

Herr X ließ sein Auto in einer freien Werkstatt mit gebrauchten Ersatzteilen reparieren und zahlte 6.086 Euro, d.h. 129 Prozent des Wiederbeschaffungswerts. Die Versicherung ersetzte nur 3.475 Euro (Wiederbeschaffungswert minus Restwert).

Begründung: Die Reparatur sei wirtschaftlich unvernünftig, auch wenn die Kosten etwas "gedrückt" wurden. So ein Vorgehen ignoriere das Schadensgutachten, in dem die Kosten natürlich mit Original-Ersatzteilen berechnet würden. Und nur mit Originalteilen sei eine wirklich fachgerechte Reparatur zu erreichen. Zudem täten Kfz-Mechaniker den Kunden gern einen Gefallen, die ihr Auto weiterfahren wollten. Daher bestehe Manipulationsgefahr durch versteckte Rabatte.

Der Unfallgeschädigte X verlangte vollen Ersatz der tatsächlichen Reparaturkosten. Zu Recht, entschied das Landgericht Frankfurt/Oder (16 S 103/20). Die Kürzung des Betrags sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Verhandlung vor dem Amtsgericht habe die Haftpflichtversicherung eingeräumt, dass die Reparatur fachgerecht durchgeführt worden sei. Daran müsse sie sich nun festhalten lassen. Die Reparatur sei auch vollständig, d.h. in einem Umfang geschehen, den der Sachverständige seiner Kostenschätzung zugrunde gelegt habe.

Wenn ein Unfallgeschädigter seinen Wagen behalten wolle, sei dieses Interesse in gewissen Grenzen zu berücksichtigen. Gelinge es seiner Werkstatt, mit Gebrauchtteilen die Kosten unter der 130-Prozent-Grenze zu halten und trotzdem die Reparatur nach den Vorgaben des Schadensgutachtens auszuführen, könne man dem Autobesitzer nicht unter Verweis auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit den vollen Schadenersatz verwehren.

Kaskoversicherter fährt mehr km als vereinbart

Eine Vertragsstrafe muss zum bestraften Verstoß in einem angemessenen Verhältnis stehen

Unter bestimmten Bedingungen zahlen Versicherungsnehmer für ihre Kaskoversicherung einen niedrigeren Beitrag, z.B. wenn sie eine Garage besitzen, wenn sie das Auto alleine nutzen etc. Auch eine Obergrenze für die Fahrleistung kann vereinbart werden — als Vielfahrer zahlt man eine höhere Prämie als ein Versicherter, der wenig fährt. Was passiert, wenn sich der Versicherungsnehmer an so eine Vereinbarung nicht hält?

Autofahrer A hatte der Kaskoversicherung zugesichert, er fahre maximal 15.000 Kilometer (km) im Jahr. Als das Unternehmen nach einem Verkehrsunfall den Schaden regulierte, fiel dem Sachbearbeiter auf, dass das Unfallauto mehr km auf dem Tacho hatte als vereinbart — die Jahresfahrleistung war überschritten. Daraufhin forderte die Versicherung von A 500 Euro Vertragsstrafe. Der Versicherungsnehmer ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen und zahlte nicht. Zu Recht, entschied das Landgericht Koblenz (16 S 2/21).

Grundsätzlich sei es allerdings berechtigt, wenn die Versicherung bei Verstößen gegen die vertraglichen Vereinbarungen Sanktionen verhänge, betonte das Landgericht. Das Unfallrisiko steige bekanntlich mit der Fahrleistung. Versicherungsnehmer müssten deshalb eine höhere Kilometerzahl melden: Ansonsten könnten sie nach Belieben eine zu niedrige Fahrleistung angeben, um möglichst wenig Versicherungsbeitrag zu zahlen. Wenn Versicherungsnehmer bestimmte Bedingungen vereinbarten, um Geld zu sparen, müssten sie auch eine Vertragsstrafe für einen Verstoß in Kauf nehmen.

Im konkreten Fall weiche jedoch die vertragliche Regelung von den "Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft" ab. Diese sähen zwar auch eine Vertragsstrafe vor, aber nur für einen vorsätzlichen Verstoß. Dagegen werde gemäß den Vertragsbedingungen von A schon bei einer nur fahrlässigen Nichtanzeige eine Sanktion von 500 Euro fällig und auch dann, wenn ein Versicherungsnehmer die Jahresfahrleistung nur geringfügig überschreite.

So gestaltet, benachteilige die Vertragsstrafe den Versicherungsnehmer unverhältnismäßig. Wer einen km mehr fahre als vertraglich festgelegt und das fahrlässig nicht melde, müsste 500 Euro zahlen - obwohl der Versicherungsbeitrag unter diesen Umständen nur um 0,01 Euro zu niedrig berechnet wäre. Da stehe die Sanktion in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum minimalen Vertragsverstoß des Versicherten. Diese Regelung sei daher unwirksam.

Desinfektion nach der Autoreparatur

Kurzartikel

Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss dem Unfallgeschädigten auch die Kosten für die pandemiebedingte Desinfektion des Wagens erstatten. Wenn das Auto vor der Reparatur desinfiziert werde, müsse die Kfz-Werkstatt die Kosten tragen, weil die Maßnahme die Kfz-Mechaniker vor Ansteckung schütze. Dagegen komme die erneute Desinfektion vor der Rückgabe des reparierten Fahrzeugs dem Unfallgeschädigten zugute, deren Kosten müsse die Versicherung übernehmen.

Langwierige Autoreparatur nach einem Unfall

Kann die Kfz-Haftpflichtversicherung deshalb die Nutzungsausfallentschädigung kürzen?

Nach einem Verkehrsunfall stand eindeutig fest: Autofahrer A hatte ihn allein verschuldet, seine Kfz-Haftpflichtversicherung musste für die Reparatur des beschädigten Wagens von Autofahrer B aufkommen. Da die Werkstatt dafür allerdings etwa zwei Monate brauchte, weigerte sich das Versicherungsunternehmen, für die volle Dauer der Reparaturzeit Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen.

Doch Autofahrer B bestand darauf und das zu Recht, wie das Amtsgericht Bautzen entschied (21 C 570/20). Grundsätzlich müssten Unfallgeschädigte bei der Werkstatt nachhaken, wenn eine Reparatur ungewöhnlich lange dauere, und darauf drängen, sie so schnell wie möglich zu erledigen. Wenn zweifelhaft sei, ob die beauftragte Werkstatt das Auto in angemessener Zeit instand setzen könne, müsse sich der Unfallgeschädigte notfalls nach einer anderen Werkstatt umsehen.

Ansonsten verletzten Unfallgeschädigte ihre Pflicht, den Schaden für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners so gering wie möglich zu halten. Liege so ein Verstoß vor, dürfe die Versicherung durchaus die Nutzungsausfallentschädigung kürzen. Im konkreten Fall sei Autofahrer B für die überlange Reparaturzeit jedoch nicht verantwortlich.

Er habe jede Woche bei der Werkstatt nachgefragt, wie lange es noch dauern werde. Das sei mit Mails belegt. Die Werkstatt habe aber keine Prognose abgeben können, weil sie auf ein Ersatzteil habe warten müssen. Coronabedingt gebe es in diesem Bereich derzeit große Lieferschwierigkeiten. Dies zu beeinflussen, sei für den Unfallgeschädigten unmöglich — die Verzögerung sei ihm nicht anzulasten. Daher stehe B Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Reparaturzeit zu.

Mitfahrerin beschädigt beim Einsteigen die Beifahrertür

Autofahrerin hielt an einem hohen Bordstein: Wer haftet für den Schaden?

Autofahrerin A holte ihre Bekannte B mit dem Wagen ab, um mit ihr eine Veranstaltung zu besuchen. Am vereinbarten Treffpunkt wartete Frau B abends auf dem Gehsteig. Frau A fuhr mit der Beifahrerseite ziemlich nah an den hohen Bordstein und blieb stehen. Die Bekannte öffnete schwungvoll die Beifahrertüre, stieß damit gegen die Bordsteinkante und beschädigte den Lack unten an der Türe.

Der Vorfall führte zu einem ernsthaften Konflikt über die Reparaturkosten. Die Autobesitzerin schaltete sogar einen Anwalt ein und verklagte die Bekannte auf Zahlung von Schadenersatz. Überwiegend zu Recht, entschied das Amtsgericht Remscheid (28 C 111/20). Frau B habe fahrlässig gehandelt und müsse deshalb zwei Drittel der Kosten übernehmen.

Sie hätte sich vergewissern müssen, ob die Türe gefahrlos zu öffnen sei. Da sie auf dem Bordstein stand und der Wagen auf der Straße, sei klar gewesen, dass die Beifahrertür beim Öffnen gegen den Bordstein geraten könnte. Also hätte Frau B die Tür nur langsam oder zunächst nur einen Spalt weit öffnen dürfen. Ihr Hinweis, dass es dunkel war und die Bordsteinkante schlecht zu sehen, entlaste sie nicht. Im Gegenteil: Umso vorsichtiger musste Frau B beim Einsteigen vorgehen, z.B. hätte sie mit dem Handy den Türbereich ausleuchten können.

Ein Drittel der Kosten müsse die Autobesitzerin selbst tragen, weil sie die Stelle bestimmt habe, an der sie Frau B abholen wollte. Hätte die Fahrerin dafür eine besser geeignete Stelle mit niedrigerem Bordstein gewählt, hätte ihre Bekannte problemlos einsteigen können.

Absichtlich bei Rot über die Ampel?

Doppeltes Bußgeld: Wer ca. 10 m vor der Ampel bei Gelb Gas gibt, handelt vorsätzlich

Ein Autofahrer war vom Amtsgericht wegen vorsätzlichen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt worden. Zwei Polizeibeamte hatten gesehen, wie er vor der Ampelanlage beschleunigte, als die Ampel von grün auf gelb umschaltete. Als die Ampel auf Rotlicht sprang, sei das Auto "ca. 2-3 Fahrzeuglängen" von der Haltelinie entfernt gewesen, berichteten die Polizisten als Zeugen.

Damit stand für das Gericht fest: Der Autofahrer habe schnell vorwärtskommen wollen. Dass er die Haltelinie bei Rot passieren würde, sei ihm egal gewesen. Gegen das Urteil legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein: Vorsatz wäre nur bewiesen, wenn das Gericht festgestellt hätte, mit welcher Geschwindigkeit er sich der Ampel genähert und wann er bemerkt habe, dass die Ampel auf Gelb umschaltete.

Diese Feststellungen seien überflüssig, erklärte das Kammergericht Berlin (3 Ws (B) 131/21). Das Amtsgericht könne grundsätzlich davon ausgehen, dass Autofahrer die gut sichtbare Ampelanlage im Blick haben und sehen, wenn sie auf Gelb schalte. Der Frage, ob der Fahrer die Lage falsch eingeschätzt habe, müsse das Gericht nur nachgehen, wenn es Anzeichen dafür gebe. Im konkreten Fall habe es nicht klären müssen, ob der Autofahrer vielleicht gedacht habe, er könne die Haltelinie noch passieren, bevor die Ampel auf Rot springe.

Denn eindeutig stehe fest: Statt abzubremsen, habe der Autofahrer bei Gelblicht regelrecht Gas gegeben. Die Polizeibeamten hätten gesehen, wie der Wagen beschleunigte. Die Ampel habe bereits rotes Licht gezeigt, als sich der Wagen zwei bis drei Autolängen vor der Haltelinie befand und weiter beschleunigte. Unabhängig von der Geschwindigkeit stehe damit fest: Der Autofahrer habe das Rotlicht ignoriert oder es zumindest billigend in Kauf genommen (bedingter Vorsatz), bei Rot über die Haltelinie zu fahren. Wer eine rote Ampel vorsätzlich missachte, müsse auch doppeltes Bußgeld "in Kauf nehmen".

Linienbus bespritzte Fußgänger mit Schneematsch

Das Busunternehmen muss drei Viertel der Reinigungskosten zahlen

Ein Passant, seine Frau und seine beiden Kinder wurden von einem Linienbus mit Schneematsch bespritzt, als er in eine Haltestelle einfuhr. Und das so gründlich, dass Mäntel und Hosen gereinigt werden mussten. Für die Kosten verlangte der Mann vom Busunternehmen Schadenersatz.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte das Unternehmen dazu, drei Viertel der Kosten zu übernehmen (32 C 2225/94). Im Straßenverkehr seien alle Verkehrsteilnehmer zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Sie müssten dafür sorgen, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht geschädigt, gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert oder belästigt würden.

Der Busfahrer sei eindeutig zu schnell an die Haltestelle herangefahren. Wäre er langsamer gefahren, wäre niemand mit Schneematsch bespritzt worden. Deshalb hafte das Busunternehmen, das für seine Fahrer einzustehen habe, für den Schaden.

Allerdings müsse sich die Familie eine Mitverantwortung von 25 Prozent anrechnen lassen, schränkte das Amtsgericht ein. Denn bei einem Spaziergang im Winter sei es nie völlig auszuschließen, dass vorüberfahrende Autos mit Schneematsch spritzten. Schließlich könne man bei schlechtem Wetter nicht den Verkehr stillegen.

Autofahrer wendet grob verkehrswidrig

Die so ausgelöste Vollbremsung eines Lkw-Fahrers führt zu Schäden am Lkw durch ungesicherte Ladung

Ein Lastwagen, der im Laderaum schwere Metallteile transportierte, war auf einer Bundesstraße unterwegs. Auf schnurgerader Strecke sah der Lkw-Fahrer von weitem, dass das Auto vor ihm nach rechts in eine Ausbuchtung einbog. Dann fuhr der Pkw-Fahrer vor dem Lastwagen wieder auf die Fahrbahn und wendete. Angesichts dieses Manövers fürchtete der Lkw-Fahrer einen Zusammenstoß und stieg voll auf die Bremse. Die schlecht gesicherte Ladung im Lkw verrutschte und beschädigte die Stirnwand des Laderaums.

Der Inhaber des Transportunternehmens und Kfz-Halter des Sattelzugs forderte vom Autofahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung Schadenersatz für die Reparaturkosten (7.300 Euro). Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sprach ihm nur ein Drittel des Betrags zu, weil es von erheblichem Mitverschulden des Lkw-Fahrers ausging (9 U 66/19). Dabei orientierte sich das OLG am Unfallgutachten eines Sachverständigen, der die Dash-Cam-Aufnahmen des Lkw-Fahrers ausgewertet hatte.

Der Autofahrer hafte dem Grunde nach für den Schaden, so das OLG, auch wenn die beiden Fahrzeuge nicht zusammenstießen. Denn er habe mit seinem riskanten Wendemanöver, das für den Lkw-Fahrer völlig unerwartet kam, die Vollbremsung ausgelöst. Der Lkw-Fahrer habe eine Kollision für wahrscheinlich halten müssen, weil der Pkw nur ca. 110 Meter entfernt gewendet habe. Auf gerader und gut ausgebauter Strecke habe der Autofahrer nicht nur den Lastwagen hinter sich bemerken müssen — er musste hier auch mit anderen, weit schnelleren Fahrzeugen rechnen.

Der Autofahrer habe sich also grob verkehrswidrig verhalten. Allerdings habe der Lkw-Fahrer mit zwei Verkehrsverstößen überwiegend zu dem Schaden am Lastwagen beigetragen. Erstens habe er die Ladung nicht ausreichend gesichert, was zu den grundlegenden Pflichten jedes Lkw-Fahrers gehöre. Zweitens sei er laut Unfallgutachten mit ca. 70 km/h zu schnell gefahren. Ungefähr 200 Meter vor der Wendestelle stehe nämlich ein Verkehrsschild, das wegen einer Baustelleneinfahrt die Geschwindigkeit auf 50 km/h beschränke.