Auto und Verkehr

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Alkoholbedingter Autounfall?

War die Fahrerin "relativ fahruntüchtig", muss der Kfz-Versicherer alkoholtypische Fahrfehler beweisen

Nach einem feucht-fröhlichen Abend in einer Diskothek kam Autofahrerin S um vier Uhr früh in der langgezogenen Linkskurve einer Autobahnüberleitung von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Das Auto erlitt Totalschaden. Die Polizei entnahm um ca. 7.30 Uhr eine Blutprobe, die eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,85 Promille ergab. Aus diesem Grund lehnte es die Vollkaskoversicherung von Frau S ab, den Schaden zu regulieren.

Ohne Erfolg klagte die Versicherungsnehmerin auf Zahlung. Sie habe den alkoholbedingten Unfall grob fahrlässig herbeigeführt, urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken: Anspruch auf Schadenersatz habe sie daher nicht (5 U 22/22). Zum Unfallzeitpunkt habe Frau S mindestens eine BAK von 0,85 Promille, maximal eine BAK von 0,99 Promille gehabt. Bis zur Grenze von 1,1 Promille gehe man von relativer Fahruntüchtigkeit des Verkehrsteilnehmers aus.

Ein Unfall mit einer BAK von über 1,1 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit) werde von vornherein als alkoholbedingt und damit als grob fahrlässig angesehen. Für so verursachte Unfallschäden müsse der Kfz-Versicherer prinzipiell nicht einstehen.

In Fällen relativer Fahruntüchtigkeit dagegen müsse der Kfz-Versicherer alkoholtypische Fahrfehler oder Ausfallerscheinungen des Versicherungsnehmers nachweisen, die auf einen alkoholbedingten Unfall schließen lassen. Im konkreten Fall sei der Unfall ohne erheblichen Alkoholkonsum kaum plausibel zu erklären.

Angeblich sei Frau S nur 70 km/h gefahren — und habe trotzdem einen Auffahrunfall nur knapp vermeiden können, als der vor ihr fahrende Wagen bremste. Dadurch sei sie auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern geraten. Die Autofahrerin habe also zu wenig Abstand eingehalten oder sei unaufmerksam gewesen. Wenn ein Autofahrer in einer einfachen Verkehrssituation ohne ersichtlichen Grund am Baum lande, spreche dies für einen alkoholbedingten Unfall (Bremsen des Vordermanns zu spät erkannt, Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse).

Nüchtern wäre Frau S vorsichtiger gefahren und hätte so einen Unfall ganz einfach vermeiden können. Dem Polizeibericht sei obendrein zu entnehmen, sie habe glasige Augen und eine leicht verwaschene Aussprache gehabt. Frau S selbst habe angegeben, sie habe sich "fast nüchtern" und in der Lage gefühlt, sicher zu fahren. Das zeuge von Unterschätzung der Folgen von Cocktails und von Überschätzung der eigenen (Fahr-)Fähigkeiten, ebenfalls eine typische Folge des Alkoholkonsums.

Verkehrsunfall vor dem Baumarkt

Auf öffentlichen Parkplätzen gilt der Grundsatz "rechts vor links" nicht!

Auf dem großen Parkplatz eines Baumarkts waren zwei Autos an einer Kreuzung zusammengestoßen. Die Sicht war durch parkende Fahrzeuge, vor allem durch einen Laster eingeschränkt, die Vorfahrt nicht durch Schilder oder Markierungen geregelt. Autofahrer A war von rechts, der Wagen von Autofahrer B von links gekommen. Die Kfz-Versicherung von B übernahm die Hälfte der Reparaturkosten von A.

Ohne Erfolg klagte Autofahrer A auf Schadenersatz in voller Höhe. Das Amtsgericht Lübeck legte eine Haftungsquote von 70:30 zu seinen Gunsten fest. Und bei dieser Haftungsverteilung blieb es, auch der Bundesgerichtshof hielt sie für richtig (VI ZR 344/21).

Den von links kommenden Autofahrer B sei kein alleiniges Verschulden vorzuwerfen, so die Bundesrichter. Denn die Vorfahrtsregel "rechts vor links" (§ 8 Straßenverkehrsordnung) gelte auf öffentlichen Parkplätzen nicht. Diese allgemeine Regel lasse sich auf die Situation dort nicht übertragen, auf Parkplätzen herrsche eine besondere Verkehrslage.

Hier stehe nicht im Vordergrund, den fließenden Verkehr zügig abzuwickeln. Vielmehr gelte auf Parkplätzen grundsätzlich das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Denn alle Autofahrer suchten hier einen Parkplatz, rangierten, parkten ein oder aus. Auf öffentlichen Parkplätzen gelte der Grundsatz "rechts vor links" nur dann, wenn die Fahrbahnen eindeutig Straßencharakter hätten oder erkennbar der Zu- und Abfahrt dienten.

Radfahrerin in der Fußgängerzone

Nach folgenreichem Zusammenstoß mit einem Passanten erhält die Frau keinen Schadenersatz

Auf dem Frankfurter Opernplatz kollidierte bei Dunkelheit eine Radfahrerin mit einem Fußgänger, der wegen eines Regenschauers ziemlich schnell zum U-Bahn-Eingang unterwegs war. Die Radfahrerin stürzte und zog sich einen doppelten Beckenbruch zu. Dafür verlangte sie vom Fußgänger Schadenersatz.

Das Oberlandesgericht Frankfurt verneinte jedoch einen Anspruch der verletzten Frau auf Entschädigung (17 U 216/93). In der Fußgängerzone sei ein Passant nicht verpflichtet, besonders auf Radfahrer zu achten. Das gelte erst recht, wenn dort das Zusatzschild "nur Schritttempo" für Radfahrer aufgestellt sei und diese ermahne, auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Anders hätte es ausgesehen, wenn der Fußgänger gerannt wäre und den Zusammenstoß durch grobe Unachtsamkeit verursacht hätte. Dafür habe es aber keine Beweise gegeben.

"Berührungsloser" Unfall

Radfahrerin steigt wegen eines überholenden Rettungswagens ab und stürzt

Mit eingeschaltetem Martinshorn fuhr ein Rettungswagen durch eine schmale Straße und setzte an, mehrere Radfahrer zu überholen. Eine 72-jährige Radfahrerin befürchtete, das Fahrzeug könnte ihr zu nahe kommen. Deshalb versuchte sie etwas hektisch, vom Rad zu steigen und stürzte dabei, obwohl es gar nicht zu einer Kollision kam. Die Frau brach sich einen Fußknöchel, musste wochenlang einen Gipsverband tragen.

Vom Rettungsdienst forderte sie Entschädigung. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg zu (2 U 20/22). Hier handle es sich um einen so genannten "berührungslosen" Unfall. Auch wenn der überholende Rettungswagen die Radfahrerin nicht gestreift habe, habe er dennoch zu dem Unfall beigetragen.

Seinetwegen habe die Frau ein Ausweichmanöver eingeleitet und sei vom Rad gestiegen. Sehr gut nachvollziehbar und objektiv berechtigt habe die Radfahrerin in der engen Straße die Verkehrslage, d.h. das Überholen des Rettungswagens, als gefährlich empfunden.

Die Bedingung für eine Haftung des Kfz-Halters sei daher gegeben: Der Schaden — die Behandlungskosten — sei "beim Betrieb" des Fahrzeugs entstanden, da sich die vom Rettungswagen ausgehende Gefahr zumindest indirekt ausgewirkt habe. Der Rettungsdienst müsse für 20 Prozent des Schadens aufkommen und der Verletzten 2.400 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Verkehrt herum durch die Einbahnstraße

Kann sich die Autofahrerin trotzdem auf den Grundsatz "rechts-vor-links" berufen?

Autofahrerin A bog langsam nach links in eine Einbahnstraße ein. Da kam ihr der Wagen von Autofahrerin B entgegen, der die Einbahnstraße in der falschen Richtung befuhr. Die beiden Autos stießen zusammen. Autobesitzer A verlangte von Autofahrerin B, d.h. von deren Kfz-Haftpflichtversicherung, Schadenersatz für die Reparatur seines beschädigten Autos.

Die Gegenpartei müsse nur die Hälfte der Kosten ersetzen, entschied das Landgericht Wuppertal. Mehr stehe Autobesitzer A nicht zu, denn seine Ehefrau habe zu dem Unfall in gleichem Maß beigetragen wie Frau B (9 S 48/22). Frau A habe nämlich gegen das Gebot "rechts-vor-links" verstoßen. Laut Unfallgutachten hätte sie den Zusammenstoß vermeiden können, wenn sie vor dem Abbiegen nach rechts geschaut hätte.

Das Vorfahrtsrecht der von rechts kommenden Verkehrsteilnehmerin werde nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass sie eine Einbahnstraße in verbotener Richtung befahre. Das gelte schon deshalb, weil Fahrradfahrer diese Einbahnstraße in beiden Richtungen nutzen dürften. Ein Radfahrer, der die Einbahnstraße zulässigerweise in der Gegenrichtung befahre, habe also ebenfalls Vorfahrt.

Wer nach links in die Einbahnstraße einbiege, müsse daher mit von rechts kommenden, vorfahrtsberechtigten Radfahrern rechnen und dürfe nicht darauf vertrauen, dass aus der verbotenen Richtung überhaupt kein Fahrzeug komme. So eine Annahme sei allenfalls bei völlig abgesperrten oder unbefahrbaren Straßen gerechtfertigt.

Unbrauchbares Kfz-Schadensgutachten

Muss die Versicherung des Unfallverursachers das Gutachten trotzdem bezahlen?

Das alte Auto von Herrn X wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt, den eindeutig der Unfallgegner verschuldet hatte. Trotzdem kam es zum Streit über die Höhe des zu regulierenden Schadens. Denn der Privatgutachter des Unfallgeschädigten schätzte den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs mit 7.000 Euro viel zu hoch ein. Zudem hatte X den Kfz-Sachverständigen nicht über Vorschäden am Auto informiert, die er in Eigenregie repariert hatte.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners war der Ansicht, dass sie für das missratene Gutachten gar nichts zahlen musste. Doch das Landgericht Essen sprach Autobesitzer X Schadenersatz für die Gutachtenkosten zu (696 Euro) sowie 4.471 Euro für den Fahrzeugschaden. Dabei ging das Gericht von einem Wiederbeschaffungswert von nur 2.200 Euro aus.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte die Entscheidung (I-7 U 33/21). Die Fehleinschätzungen des Privatgutachters seien nicht dem Unfallgeschädigten anzulasten, so das OLG. Träfe das zu, wäre sein Anspruch auf Ersatz der Gutachtenkosten ausgeschlossen. Dass Herr X seinem Sachverständigen die Vorschäden an der Front und am vorderen rechten Kotflügel verschwieg, habe aber dessen Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes überhaupt nicht beeinflusst.

Der gerichtliche Kfz-Experte habe erläutert, dass ein durchschnittliches Fahrzeug mit diesem Alter und dieser Laufleistung bereits an einem Punkt angekommen sei, an dem kein großer Wertverlust mehr eintreten könne. Daher spielten kleinere Vorschäden bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts kaum noch eine Rolle. Z.B. habe der gerichtliche Kfz-Experte selbst, als er den Wiederbeschaffungswert auf 2.200 Euro taxierte, für einen Streifschaden einen Abschlag bei den Lackierkosten vorgenommen, der sich auf 21,25 Euro belief.

Wegen Fuchs am Straßenrand abrupt gebremst

Die vorausfahrende Autofahrerin trifft deshalb Mitverschulden am Auffahrunfall

Im April 2021 waren zwei Autofahrerinnen hintereinander auf einer oberbayerischen Landstraße unterwegs. Plötzlich tauchte am Straßenrand ein Fuchs auf. Die Fahrerin des vorderen Wagens befürchtete, er könnte auf die Straße springen. Deshalb bremste sie ihren Skoda so abrupt ab, dass der nachfolgende Wagen auffuhr.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Auffahrenden ersetzte nur zwei Drittel der Skoda-Reparaturkosten. Damit wollte sich die Skoda-Besitzerin nicht begnügen. Sie klagte auf Schadenersatz in voller Höhe: Schließlich gehe ein Auffahrunfall regelmäßig auf das Konto des Auffahrenden.

Doch das Amtsgericht Pfaffenhofen wies die Klägerin auf Paragraf 4 der Straßenverkehrsordnung hin: Wer vorausfahre, dürfe nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen (1 C 130/22).

"Zwingend" bedeute: Starkes Bremsen sei nur erlaubt, um Verkehrsteilnehmer vor drohenden Sach- und Personenschäden zu schützen. Wenn ein Fuchs am Straßenrand aufkreuze, drohe aber kein Schaden. Dann habe der Schutz des nachfolgenden Verkehrs Vorrang vor dem Schutz eines Kleintieres. Auf ein Tier, das für sie und das Auto keine Gefahr darstelle, dürfe die Autofahrerin nur Rücksicht nehmen, wenn das möglich sei, ohne die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen.

In so einer Situation eine Vollbremsung einzuleiten, sei rechtswidrig — die Skoda-Besitzerin treffe daher erhebliches Mitverschulden am Auffahrunfall. Daher könne die Unfallgeschädigte nicht mehr Schadenersatz verlangen, als ohnehin schon gezahlt worden sei. Das gelte jedenfalls dann, wenn — wie hier — die nachfolgende Autofahrerin nachweislich ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe.

Zoff um Abgase in der Tiefgarage

BMW-Fahrer darf den Motor nur noch 90 Sekunden lang warmlaufen lassen

In einer privaten Tiefgarage gerieten zwei Nutzer benachbarter Stellplätze aneinander. Herr A fand es unmöglich, dass Herr B seinen BMW 525 in der Garage mehrere Minuten lang warmlaufen ließ, bevor er wegfuhr. Er wies ihn auf den Ausstoß von Kohlenmonoxid hin, mit dem er die Garage "verpeste". Da stieß Herr A aber bei Herrn B auf wenig Verständnis. Nach einigen Streitereien zog A vor Gericht, um sein Anliegen durchzusetzen.

Andere Nutzer von Stellplätzen müssten die von B verursachten Abgase nicht unbeschränkt dulden, bestätigte das Landgericht Berlin (67 S 44/22). Abgase konzentrierten sich in einer Tiefgarage schneller als auf offener Straße und beeinträchtigten die Luftqualität, vom Lärm einmal ganz abgesehen. B dürfe den Motor also nicht unnötig laufen lassen. Unnötig sei der Betrieb eines Motors allerdings nur, wenn dafür kein technischer Grund vorliege.

Herr B habe eingeräumt, dass er den Motor jeweils ein bis zwei Minuten warmlaufen lasse, und betont, das sei technisch notwendig, wenn der Wagen länger gestanden habe. Denn nach der Starthilfe sorge das Leerlaufventil erst ca. 60 bis 70 Sekunden, nachdem das Fahrzeug angesprungen sei, für gleichmäßigen Leerlauf. Ein gewisser zeitlicher Vorlauf, bevor der BMW-Besitzer den Wagen bewege, sei ihm also zuzubilligen.

Das schließe aber die Forderung von A nicht aus, dass B möglichst "abgasarm" starten solle. Herr B müsse künftig seinen BMW baldmöglichst nach der Starthilfe aus der Tiefgarage herausfahren — höchstens aber 90 Sekunden nach der Zündung des Motors. Länger als 90 Sekunden dürfe er den Motor nicht mehr warmlaufen lassen.

Ein Autoreifen bei Verkehrsunfall beschädigt

Muss die Kfz-Versicherung trotzdem für den Austausch beider Vorderreifen zahlen?

Bei einem Verkehrsunfall wurde der Skoda Oktavia einer Autofahrerin an der Front demoliert. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers übernahm im Wesentlichen die Reparaturkosten von rund 6.000 Euro. Gestritten wurde unter anderem über die Reifen: Auch der linke Vorderreifen war bei dem Zusammenstoß beschädigt worden.

Die Werkstatt teilte der Autofahrerin mit, das passende Modell sei gerade nicht lieferbar. Also müssten beide Vorderreifen ausgetauscht werden. Die Skoda-Besitzerin war damit einverstanden, nicht so die Kfz-Versicherung des Unfallgegners: Den intakten rechten Reifen auszuwechseln, sei unwirtschaftlich und unnötig, fand die Versicherung: Die Material- und Arbeitskosten dafür (161 Euro) müsse sie nicht übernehmen.

Doch das Amtsgericht Burgwedel bejahte den Anspruch der Unfallgeschädigten (7 C 239/21). Dass der rechte Vorderreifen beim Unfall heil geblieben sei, ändere daran nichts. Denn dieses Reifenmodell könne man derzeit nicht bekommen, der Ersatzreifen wäre also ein anderes Modell. Unterschiedliche Reifen an einer Fahrzeugachse wirkten sich jedoch negativ auf die Fahreigenschaften des Wagens aus.

Schadenersatz solle so weit möglich den Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall wiederherstellen. Da der beschädigte Skoda mit zwei gleichartigen Vorderreifen — und damit optimalen Fahreigenschaften — ausgestattet war, müsse die Reparatur diesen Standard wiederherstellen. Die Unfallgeschädigte müsse sich nicht mit einer Reparatur zufriedengeben, die nur einen minderwertigeren Zustand des Autos erreiche.

In einem Jahr 159 mal falsch geparkt

Ein notorischer Verkehrssünder muss deshalb seinen Führerschein abgeben

Das Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten hatte einem Autofahrer den Führerschein entzogen. Der Mann, auf den drei Fahrzeuge zugelassen sind, ist offenbar ein notorischer Verkehrssünder. Innerhalb eines Jahres waren gegen den Autofahrer 174 Verfahren anhängig, alle wegen Ordnungswidrigkeiten: 159 mal hatte er falsch geparkt und 15 mal war er zu schnell gefahren.

Gegen den Entzug der Fahrerlaubnis wehrte sich der Autofahrer: Die meisten Verstöße hätten andere Personen mit seinen Autos begangen, behauptete er. Gegen die Bußgeldbescheide habe er nur deshalb keine Rechtsmittel eingelegt, weil er der Behörde Arbeit ersparen wollte. Darüber hinaus sei er beruflich auf den Führerschein angewiesen. Die Behörde hätte daher zu einer milderen Sanktion greifen müssen, z.B. zur Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen.

Beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin blitzte der Verkehrssünder ab (4 K 456/21). Zu Recht habe das Landesamt angenommen, dass er ungeeignet sei, ein Kraftfahrzeug zu führen, stellte das VG fest. Da der Entzug der Fahrerlaubnis dann zwingend vorgesehen sei, komme es auch nicht darauf an, ob er den Führerschein beruflich benötige.

Zwar sollten bei der Prüfung der Fahreignung Bagatellverstöße wie falsches Parken im Prinzip keine Rolle spielen, räumte das VG ein. Hier sei das aber ausnahmsweise anders zu beurteilen aufgrund der Vielzahl der Verstöße. Denn der Autofahrer missachte offenbar grundsätzlich Vorschriften, die der Verkehrssicherheit dienten. Jeder Verstoß sei für sich genommen unbedeutend, doch zeige ihre Gesamtzahl einen charakterlichen Mangel.

Ob tatsächlich Familienangehörige für die Fehler verantwortlich waren, könne offenbleiben: Wenn das so wäre, wüsste der Kfz-Halter durch zahlreiche Bußgeldbescheide über deren Verkehrsverstöße mit seinen Fahrzeugen Bescheid. Wer dagegen nichts unternehme und weiterhin seine Fahrzeuge verleihe, dem fehle ebenfalls die charakterliche Eignung, am Straßenverkehr teilzunehmen.

Taxifahrer rast mit schwangerer Frau zur Klinik

Angst vor einer Notgeburt kann die Überschreitung des Tempolimits rechtfertigen

Ein Taxifahrer sollte eine Schwangere zur Entbindung in die Klinik fahren. Als er bemerkte, dass die Wehen einsetzten und die Frau zu stöhnen begann, befürchtete er, das Kind werde im Auto geboren. Um das möglichst zu verhindern, beschleunigte er auf 80 km/h, 30 km/h mehr als erlaubt. Der Amtsrichter verurteilte ihn deshalb zu 160 DM Geldbuße und einem Monat Fahrverbot.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob das Urteil auf (5 Ss (OWi) 411/94). Das Amtsgericht habe fehlerhaft nicht geprüft, ob "ein Notstand" die Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertigte. Immerhin habe der Taxifahrer aus Angst um das Leben und die Gesundheit der Hochschwangeren gehandelt. So habe er jedenfalls den Verkehrsverstoß begründet, das sei nicht widerlegt worden.

In so einem Fall müsse geklärt werden, ob durch die Fahrweise des Taxifahrers andere Verkehrsteilnehmer gefährdet wurden und, wenn ja, ob der Zeitgewinn groß genug gewesen sei, um dieses Risiko für den Straßenverkehr aufzuwiegen.

Autofahrer beschädigt Fahrbahnteiler

Kein Fall von Fahrerflucht, wenn die Behörde den Schaden nicht behebt

Ein Auto geriet auf der Autobahn zu weit nach links und demolierte dabei die Eisenstäbe des Fahrbahnteilers. Weil sich der Fahrer nach dem Unfall "verdünnisierte", anstatt ihn der Polizei zu melden, wollte seine Kaskoversicherung nicht für die Autoreparatur aufkommen: Nach einer Fahrerflucht müsse sie nicht zahlen. Die Fahrbahnbegrenzung instandzusetzen, würde ca. 1.800 DM kosten. Hier handle es sich also nicht um einen geringfügigen Schaden, bei dem man sich von der Unfallstelle entfernen dürfe, ohne wegen Fahrerflucht belangt zu werden.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah das in diesem Fall anders (12 U 145/92). Offenbar habe die Straßenbehörde den Schaden am Fahrbahnteiler als harmlos angesehen, weil sie die verbogenen Stäbe auch zwei Jahre nach dem Unfall noch nicht repariert habe. Es sei also davon auszugehen, dass der Unfall die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt habe.

Deshalb komme es hier nicht darauf an, wieviel die Reparatur kosten würde: Da die Behörde den Schaden nicht für reparaturbedürftig gehalten habe, liege im Ergebnis kein erheblicher Schaden vor, der den Unfallfahrer dazu verpflichtet hätte, die Polizei zu verständigen und an der Unfallstelle zu warten. Also müsse die Kaskoversicherung die Fahrzeugreparatur finanzieren.

Gebrauchtwagenhändler verliert Vorsteuerabzug

Den Rechnungen angekaufter "Gebrauchter" war nicht zu entnehmen, wer der Autoverkäufer war

Unternehmer können beim Finanzamt den sogenannten Vorsteuerabzug geltend machen: Sie dürfen die ihnen von Geschäftspartnern berechnete Umsatzsteuer abziehen von der eigenen Umsatzsteuer, die sie ans Finanzamt zahlen müssen.

Dies verwehrte das Finanzamt einem Unternehmer, der Gebrauchtwagen ankaufte. Er zahlte die Autos bar oder per Scheck an den jeweiligen Fahrer und ließ sich den Fahrzeugbrief aushändigen. Manchen Rechnungen war nicht zu entnehmen, wer der tatsächliche Verkäufer (= Eigentümer) des Fahrzeugs war. In diesen Fällen wurde dem Händler kein Vorsteuerabzug eingeräumt.

Das Finanzgericht Hamburg bestätigte das Vorgehen der Steuerbehörde (I 103/93). Der Steuerzahler sei verpflichtet, Rechnungen vorzulegen, aus denen sich eindeutig und leicht nachprüfbar ergebe, wer der Lieferant des angekauften Fahrzeugs gewesen sei. Auch die Fahrzeugbriefe würden hier nicht weiterhelfen, weil die früheren Eigentümer nicht unbedingt die Verkäufer der Autos sein müssten.

Audi nach Probefahrt futsch

Der vermeintliche Kaufinteressent verkaufte den Wagen an einen Dritten: Ist der Vertrag gültig?

Der vermeintliche Kaufinteressent wollte einen Audi Q5 testen und gab im Autohaus falsche Personalien an. Von der einstündigen, unbegleiteten Probefahrt mit dem Wagen kehrte er nicht zurück. Stattdessen bot der Mann den Audi auf eBay an und verkaufte ihn für 31.000 Euro. Der Käufer erhielt von der Ehefrau des "Autobesitzers" gefälschte Fahrzeugpapiere und zahlte bar.

Einige Wochen später flog die Sache auf. Der düpierte Käufer brachte das Auto zur Polizei, die es dem Autohaus zurückgab. Als das Unternehmen den Wagen für 35.000 Euro losschlagen konnte, verlangte der Betrogene allerdings den Erlös. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Celle: Er habe den Audi "gutgläubig" erworben, also in der Annahme, dass der Wagen dem eBay-Anbieter gehörte (7 U 974/21). Der Kaufvertrag sei wirksam.

Der so genannte "gutgläubige Erwerb" scheide nur aus, wenn die Kaufsache dem richtigen Eigentümer gestohlen wurde oder anderweitig abhandengekommen sei. Das Autohaus habe dem Betrüger den Audi aber freiwillig für eine unbegleitete Probefahrt überlassen, also den Besitz am Wagen aus freien Stücken aufgegeben.

Dass man den Audi über eingebaute SIM-Karten orten könne, ändere daran nichts. Denn diese Art Kontrolle sei unsicher — anders als die Mitfahrt eines Verkäufers bei der Probefahrt. Eine Ortung über Polizei und Hersteller sei möglich, aber nur mit Zeitverlust, also nicht während der Probefahrt.

Ein Anspruch des Käufers auf den Kaufpreis wäre auch zu verneinen, wenn er bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen können, dass das Auto dem Verkäufer nicht gehörte. Der sei aber äußerst geschickt vorgegangen. Alles in allem könne man dem Käufer nicht vorwerfen, sich leichtfertig verhalten zu haben.

Die Zulassungsbescheinigung sei absolut professionell gefälscht worden. Der Kaufpreis sei nicht auffallend günstig gewesen, was Verdacht hätte erregen müssen. Beim Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen sei es auch nicht unüblich, Bargeld zu verlangen. Dass der Käufer keinen Zweitschlüssel erhielt, habe der Verkäufer durchaus plausibel erklärt: Der Käufer sei zu spät gekommen. Er, der Verkäufer, habe einen Termin gehabt, nicht länger warten können und in der Eile vergessen, vor dem Weggehen seiner Frau den Zweitschlüssel zu geben.

SUV sauste bei Rot über die Ampel

Dass der Regelverstoß mit einem Geländewagen begangen wurde, rechtfertigt kein erhöhtes Bußgeld

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt hat im Juni 2022 einen Autofahrer wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilt. Zusätzlich zum Fahrverbot erhöhte das Gericht die übliche Geldbuße von 200 Euro auf 350 Euro, weil der Verkehrssünder mit einem Geländefahrzeug unterwegs war (onlineurteile-Artikel Nr. 57346). Begründung: Die kastenförmige Bauweise und die höhere Frontpartie eines SUVs führten bei Verkehrsverstößen zu einem höheren Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer.

Das Urteil sorgte für Aufsehen und wurde, wie fast zu erwarten war, vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt aufgehoben (3 Ss-OWi 1048/22). Der Bußgeldkatalog solle dafür sorgen, dass häufig vorkommende, wesentlich gleich gelagerte Sachverhalte auch gleich behandelt würden, betonte das OLG. Von den im Bußgeldkatalog vorgesehenen Sanktionen abzuweichen, sei daher auch nur gerechtfertigt, wenn sich auch die Umstände des Falles deutlich vom Normalfall unterschieden.

Dass der Autofahrer einen SUV fahre, genüge nicht, um daraus eine besondere Gefahr abzuleiten. Die Gruppe der Geländefahrzeuge sei sehr heterogen und kein genau abgrenzbarer Fahrzeugtyp. Ein allgemeiner Schluss auf besondere, risikoerhöhende Umstände sei kaum möglich. Die vom AG vermutete erhöhte Verletzungsgefahr durch SUVs sei bereits Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen, die zu sehr unterschiedlichen Resultaten geführt hätten. Eindeutig belegt sei sie jedenfalls nicht.

Trotzdem blieb das OLG bei der verhängten, erhöhten Geldbuße: Die Begründung des AG dafür gehe zwar fehl. Ein Bußgeld von 350 Euro sei aber im Ergebnis gerechtfertigt, weil die "Regelbuße" von 200 Euro für nicht vorbelastete Verkehrsteilnehmer gelte. Der Betroffene im konkreten Fall habe jedoch vor 13 Monaten schon einen Rotlichtverstoß begangen.

Dackel von Jäger überfahren

Beißt der verletzte Hund deshalb den Tierhalter, haftet die Kfz-Versicherung für die Folgen

Ende April 2017 trafen sich zwei Jagdfreunde im Wald, um einen Hochsitz zu bauen. Jäger A brachte mit seinem Pick-up das Material. Jäger B wartete bereits vor Ort, mit seinem Rauhaardackel an der langen Leine. A wollte sein Geländefahrzeug auf dem Waldweg in eine bessere Position bringen, fuhr noch einmal an und übersah dabei den Hund, der unter ein Vorderrad geriet.

Der entsetzte B hielt den Dackel für tot und hob ihn auf. Doch der zunächst leblos wirkende Hund biss den Tierhalter plötzlich ins linke Handgelenk. Die tiefe Verletzung entzündete sich und musste operiert werden. Jäger B war bis September arbeitsunfähig. Seine Krankenversicherung übernahm die Behandlungskosten und verlangte den Betrag von rund 11.220 Euro anschließend von der Kfz-Versicherung des Pick-up-Fahrers.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Celle (14 U 19/22). Der Hund hätte nicht zugebissen, wenn Jäger A ihn nicht zuvor mit dem Fahrzeug überrollt hätte. In dieser Ausnahmesituation habe der Dackel nicht zwischen feindlicher und freundlicher Berührung unterscheiden können, sondern instinktiv abwehrend reagiert. Das sei direkt auf das gerade erlebte Überfahren zurückzuführen. Daher sei der Hundebiss dem Betrieb des Fahrzeugs zuzuordnen.

Allerdings müsse die Kfz-Versicherung nur 75 Prozent der Behandlungskosten ersetzen, weil sich hier auch die so genannte Tiergefahr — das prinzipiell unberechenbare Verhalten von Tieren — ausgewirkt habe, für das der Tierhalter selbst einstehen müsse. Das mit der tierischen Unberechenbarkeit verbundene Gefahrenpotential steige, wenn ein Tier bei einem Unfall verletzt werde. Der Dackel habe auf das Überfahren mit einem instinktiven Beißreflex reagiert. Deshalb müsse auch die Tierhalterhaftpflichtversicherung von B ein Viertel des Schadens tragen.

Im Autobahn-Stau zu wenig Platz gelassen

Sobald der Verkehr ins Stocken kommt, ist sofort eine Rettungsgasse zu bilden

Autofahrer X war auf der dreispurigen A 1 in Richtung Osnabrück unterwegs, als wegen einer Baustelle der Verkehr ins Stocken und teilweise auch zum Erliegen kam. Viele Fahrer bildeten sofort eine Rettungsgasse und hielten sich auf der mittleren Spur vorschriftsmäßig möglichst weit rechts. Herr X dagegen fuhr auf der Mittelspur eher auf der linken Seite.

Weil das gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt (und einer Polizeistreife auffiel), verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldbuße von 230 Euro. Gegen die Sanktion legte der Verkehrssünder Rechtsbeschwerde ein. Sein Einwand: Eine Rettungsgasse müsse man doch erst nach einer gewissen Zeit der Überlegung bilden, wenn der Verkehr stillstehe.

Diesen Einwand ließ das Oberlandesgericht Oldenburg nicht gelten (2 Ss OWi 137/22). Bei Stop-and-Go-Verkehr auf der Autobahn müsse man fast immer auch mit längerem Stillstand rechnen. Doch dieser Zustand müsse nicht eine gewisse Zeit andauern, bevor es zur Pflicht werde, eine Rettungsgasse freizulassen. Autofahrer hätten hier keine Überlegungsfrist.

Beginne der Verkehr auf der Autobahn zu stocken, bestehe immer die Möglichkeit, dass die Ursache dafür ein Verkehrsunfall sei. Die dann notwendigen Rettungsfahrzeuge müssten eine Unfallstelle so schnell wie möglich erreichen. Daher seien Autofahrer verpflichtet, sofort eine Rettungsgasse zu bilden, sobald die Autos nur noch mit Schrittgeschwindigkeit vorwärts oder ganz zum Stillstand kämen.

Um die Geldbuße kam Herr X also nicht herum. Ein Fahrverbot wurde gegen ihn jedoch nicht verhängt, weil er mit seiner Fahrweise nur potenziell, aber nicht wirklich ein Rettungsfahrzeug behindert hatte.

Unfallgeschädigter darf und muss auf Schadensgutachten vertrauen

Wenn er mit der Reparatur lange wartet, geht der Wertverlust zu seinen Lasten

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall bekommen Autobesitzer die Reparaturkosten auf Basis eines Sachverständigengutachtens von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ersetzt.

Als der fast neue Wagen eines Autohändlers beschädigt wurde, wollte er das Fahrzeug nicht gleich nach Erstellung des Gutachtens instandsetzen lassen oder verwerten. Weil er die Kostenschätzung des Kfz-Sachverständigen bezweifelte, wartete er lieber ab und ließ das Unfallauto erst einmal herumstehen.

Erst ca. zwei Jahre später wurde die Kostenschätzung - im Rahmen eines gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens - durch ein weiteres Gutachten bestätigt. Nun forderte der Unfallgeschädigte zusätzlich Entschädigung für den inzwischen eingetretenen Wertverlust. Das Kammergericht in Berlin wies seine Zahlungsklage gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung ab (12 U 2903/93).

Nach der Besichtigung durch den ersten Sachverständigen hätte der Autohändler sofort die Reparatur in Auftrag geben oder den Wagen unrepariert verkaufen können. Dies sei längst von den Gerichten so entschieden worden. Als Fachmann wisse er genau, dass ein Neufahrzeug in den ersten Jahren überproportional an Wert verliere. Der Wertverlust gehe daher auf seine Kappe.

Astabbruch am Waldparkplatz

Autoschaden: Die Verkehrssicherungspflicht trifft jedenfalls in Rheinland-Pfalz die Waldeigentümer

Im Sommer 2019 hatte ein Spaziergänger sein Auto auf dem Parkplatz eines Kletterwaldes abgestellt, der im Stadtwald der Kommune D liegt. Als er zurückkam, war der Wagen eingedellt: Ein vier Meter langer Ast war von einem Baum abgebrochen und auf das Autodach gefallen. Der Autobesitzer forderte von der Stadt Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Begründung: Sie habe ihre Pflicht als Waldeigentümerin vernachlässigt, für Sicherheit auf dem Parkplatz zu sorgen. Denn rund um den Kletterwald seien die Bäume zu Jahresbeginn untersucht worden und danach nicht mehr. Das reiche nicht aus. Die Kommune hätte auf jeden Fall vor der Öffnung des viel besuchten Kletterwaldes Anfang April noch einmal eine Baumkontrolle durchführen müssen.

Die Stadt war der Ansicht, der Autobesitzer beschwere sich an der "falschen Adresse". Die Verkehrssicherungspflicht liege nach dem Landeswaldgesetz des Bundeslandes Rheinland-Pfalz bei der staatlichen Forstverwaltung. Dafür sei sie gar nicht zuständig. Außerdem könnten die Bürger auf einem Waldparkplatz keine häufigen Baumkontrollen erwarten, ein "Check" im halben Jahr müsse genügen. Mit dem Restrisiko, dass dabei eventuell ein versteckter, abgestorbener Ast übersehen werde, müsse man leben.

Doch das Landgericht Koblenz erklärte, laut dem neuen Landeswaldgesetz treffe die Verkehrssicherungspflicht — jedenfalls in Rheinland-Pfalz — die Waldeigentümer (1 O 72/20). Diese seien für den Revierdienst zuständig, das Bundesland habe nur die forstfachliche Leitung des Gemeindewaldes inne. Und im Stadtwald sei die Kommune die Waldeigentümerin, damit auch verantwortlich für die Baumkontrolle.

Und diese sei im Januar 2019 tatsächlich nachlässig gewesen. Ein Förster und ein Baumexperte seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass der städtische Baumkontrolleur die Gefahr eines Astabbruchs hätte erkennen können - wenn er die Bäume rund um den Parkplatz korrekt geprüft hätte. Daher müsse die Stadt für die Folgen des Astbruchs haften und den Schaden von 7.420 Euro ersetzen.

WEG lehnt Elektroautos in der Tiefgarage ab

Eigentümer befürchten Brandgefahr: Beschluss der Eigentümerversammlung ist unzulässig

Der Mieter einer Eigentumswohnung in Wiesbaden kaufte sich ein Elektrofahrzeug (Hybrid-Fahrzeug), das er auf seinem mitgemieteten Stellplatz in der Tiefgarage abstellte. Das führte zu Aufruhr unter den Eigentümern: Immer wieder höre man von brennenden Batterien, so ihr Einwand, Elektroautos seien gefährlich. Auf einer Eigentümerversammlung wurde beschlossen, das Parken von Elektroautos in der Tiefgarage zu verbieten.

Gegen diesen WEG-Beschluss klagte die Vermieterin des Elektroauto-Fahrers. Zu Recht, entschied das Amtsgericht Wiesbaden (92 C 2541/21). Das Verbot verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Laut Gesetz habe jeder Wohnungseigentümer das Recht auf bauliche Maßnahmen, die dem "Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge" dienten.

Dieses individuelle Recht der Eigentümerin laufe ins Leere, wenn sie die Installation einer Ladestation verlangen könne, aber ihr Elektroauto (oder das eines Mieters) in der Garage nicht abgestellt und geladen werden dürfe.

Selbst wenn man zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft unterstelle, dass von Elektrofahrzeugen tatsächlich ein besondere Brandgefahr ausgehe, sei der einschlägige Beschluss unzulässig: Das Verbot heble ein Recht der Eigentümerin aus und widerspreche dem Ziel des Gesetzgebers, durch das Recht aufs Installieren von Ladeinfrastruktur allgemein die Elektromobilität zu fördern.