Auto und Verkehr

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Unfallgeschädigter darf und muss auf Schadensgutachten vertrauen

Wenn er mit der Reparatur lange wartet, geht der Wertverlust zu seinen Lasten

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall bekommen Autobesitzer die Reparaturkosten auf Basis eines Sachverständigengutachtens von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ersetzt.

Als der fast neue Wagen eines Autohändlers beschädigt wurde, wollte er das Fahrzeug nicht gleich nach Erstellung des Gutachtens instandsetzen lassen oder verwerten. Weil er die Kostenschätzung des Kfz-Sachverständigen bezweifelte, wartete er lieber ab und ließ das Unfallauto erst einmal herumstehen.

Erst ca. zwei Jahre später wurde die Kostenschätzung - im Rahmen eines gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens - durch ein weiteres Gutachten bestätigt. Nun forderte der Unfallgeschädigte zusätzlich Entschädigung für den inzwischen eingetretenen Wertverlust. Das Kammergericht in Berlin wies seine Zahlungsklage gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung ab (12 U 2903/93).

Nach der Besichtigung durch den ersten Sachverständigen hätte der Autohändler sofort die Reparatur in Auftrag geben oder den Wagen unrepariert verkaufen können. Dies sei längst von den Gerichten so entschieden worden. Als Fachmann wisse er genau, dass ein Neufahrzeug in den ersten Jahren überproportional an Wert verliere. Der Wertverlust gehe daher auf seine Kappe.

Astabbruch am Waldparkplatz

Autoschaden: Die Verkehrssicherungspflicht trifft jedenfalls in Rheinland-Pfalz die Waldeigentümer

Im Sommer 2019 hatte ein Spaziergänger sein Auto auf dem Parkplatz eines Kletterwaldes abgestellt, der im Stadtwald der Kommune D liegt. Als er zurückkam, war der Wagen eingedellt: Ein vier Meter langer Ast war von einem Baum abgebrochen und auf das Autodach gefallen. Der Autobesitzer forderte von der Stadt Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Begründung: Sie habe ihre Pflicht als Waldeigentümerin vernachlässigt, für Sicherheit auf dem Parkplatz zu sorgen. Denn rund um den Kletterwald seien die Bäume zu Jahresbeginn untersucht worden und danach nicht mehr. Das reiche nicht aus. Die Kommune hätte auf jeden Fall vor der Öffnung des viel besuchten Kletterwaldes Anfang April noch einmal eine Baumkontrolle durchführen müssen.

Die Stadt war der Ansicht, der Autobesitzer beschwere sich an der "falschen Adresse". Die Verkehrssicherungspflicht liege nach dem Landeswaldgesetz des Bundeslandes Rheinland-Pfalz bei der staatlichen Forstverwaltung. Dafür sei sie gar nicht zuständig. Außerdem könnten die Bürger auf einem Waldparkplatz keine häufigen Baumkontrollen erwarten, ein "Check" im halben Jahr müsse genügen. Mit dem Restrisiko, dass dabei eventuell ein versteckter, abgestorbener Ast übersehen werde, müsse man leben.

Doch das Landgericht Koblenz erklärte, laut dem neuen Landeswaldgesetz treffe die Verkehrssicherungspflicht — jedenfalls in Rheinland-Pfalz — die Waldeigentümer (1 O 72/20). Diese seien für den Revierdienst zuständig, das Bundesland habe nur die forstfachliche Leitung des Gemeindewaldes inne. Und im Stadtwald sei die Kommune die Waldeigentümerin, damit auch verantwortlich für die Baumkontrolle.

Und diese sei im Januar 2019 tatsächlich nachlässig gewesen. Ein Förster und ein Baumexperte seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass der städtische Baumkontrolleur die Gefahr eines Astabbruchs hätte erkennen können - wenn er die Bäume rund um den Parkplatz korrekt geprüft hätte. Daher müsse die Stadt für die Folgen des Astbruchs haften und den Schaden von 7.420 Euro ersetzen.

WEG lehnt Elektroautos in der Tiefgarage ab

Eigentümer befürchten Brandgefahr: Beschluss der Eigentümerversammlung ist unzulässig

Der Mieter einer Eigentumswohnung in Wiesbaden kaufte sich ein Elektrofahrzeug (Hybrid-Fahrzeug), das er auf seinem mitgemieteten Stellplatz in der Tiefgarage abstellte. Das führte zu Aufruhr unter den Eigentümern: Immer wieder höre man von brennenden Batterien, so ihr Einwand, Elektroautos seien gefährlich. Auf einer Eigentümerversammlung wurde beschlossen, das Parken von Elektroautos in der Tiefgarage zu verbieten.

Gegen diesen WEG-Beschluss klagte die Vermieterin des Elektroauto-Fahrers. Zu Recht, entschied das Amtsgericht Wiesbaden (92 C 2541/21). Das Verbot verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Laut Gesetz habe jeder Wohnungseigentümer das Recht auf bauliche Maßnahmen, die dem "Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge" dienten.

Dieses individuelle Recht der Eigentümerin laufe ins Leere, wenn sie die Installation einer Ladestation verlangen könne, aber ihr Elektroauto (oder das eines Mieters) in der Garage nicht abgestellt und geladen werden dürfe.

Selbst wenn man zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft unterstelle, dass von Elektrofahrzeugen tatsächlich ein besondere Brandgefahr ausgehe, sei der einschlägige Beschluss unzulässig: Das Verbot heble ein Recht der Eigentümerin aus und widerspreche dem Ziel des Gesetzgebers, durch das Recht aufs Installieren von Ladeinfrastruktur allgemein die Elektromobilität zu fördern.

Ladestation fürs E-Mobil

Mieter möchten in der Tiefgarage einer Wohneigentumsanlage eine Ladebox installieren

In einer großen Münchner Wohnanlage mit rund 200 Eigentumswohnungen wollten Mieter an ihrem Tiefgaragen-Stellplatz eine Elektroladestation für ein E-Mobil installieren. In der Anlage gab es bereits drei Ladeboxen, errichtet von der X-GmbH: Diese Firma wollten die Mieter auf eigene Kosten beauftragen.

Doch die Vermieterin — Eigentümerin einer Vielzahl von Wohneinheiten — erlaubte es ihnen nicht. Begründung: Pro Hausanschluss mehr als zehn Ladestationen einzurichten, sei technisch nur möglich, wenn dies die Stadtwerke München ausführten. Sie wolle alle Mieter gleich behandeln, die auf E-Fahrzeuge umsteigen möchten.

Daraufhin zogen die Mieter vor Gericht, um die Ladestation durchzusetzen: Man könne ohne Weiteres in der Garage Kapazität für mehr Ladeboxen schaffen. Das sei kein Grund, ihnen einen bestimmten Vertragspartner für die Installation vorzuschreiben. Im Übrigen sei es völlig offen, ob sich überhaupt weitere Mieter ein Elektrofahrzeug anschaffen wollten.

So sah es auch das Landgericht München I (31 S 12015/21). Mieter hätten grundsätzlich Anspruch darauf, dass Vermieter einer baulichen Veränderung zustimmten, die dem Laden von Elektrofahrzeugen diene — es sei denn, es wäre für den Vermieter unzumutbar. Das sei hier nicht ersichtlich. Die Kapazität reiche für mindestens 5 bis 10 Ladeboxen aus. Vorhanden seien bisher nur drei. Daher sei es derzeit technisch problemlos machbar, eine weitere Station zu errichten.

Zwar sei es durchaus möglich, dass irgendwann weitere Mieter eine Ladestation wünschten und dann nur die Stadtwerke die technische Ausstattung dafür installieren könnten. Den aktuellen Antrag der Mieter dürfe die Vermieterin aber nicht mit dem vagen Verweis auf eventuelle, zukünftige Wünsche anderer Mieter abweisen.

Die Mieter könnten den Bau des Anschlusses durch die erfahrene Fachfirma X-GmbH verlangen. Diese Ladebox stehe einer späteren Erweiterung der Kapazitäten durch die Stadtwerke München nicht im Wege, falls sie notwendig werden sollte.

Was ist ein Totalschaden?

Kaskoversicherung verspricht im Vertrag, nach Totalschaden den Kfz-Neupreis zu ersetzen

Ein Autofahrer hatte für seinen Wagen eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Im Vertrag versprach das Versicherungsunternehmen, nach einem Unfall nicht nur den Wiederbeschaffungswert des versicherten Fahrzeugs zu ersetzen, sondern den Neupreis. Allerdings nur, wenn innerhalb von drei Jahren nach der Erstzulassung ein Totalschaden eintrat oder Verlust des Fahrzeugs.

Nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Wagen schwer beschädigt worden war, berief sich der Versicherungsnehmer auf diese Vertragsklausel und forderte Entschädigung in Höhe des Neupreises. Der Kfz-Sachverständige der Versicherung hatte die Reparaturkosten auf rund 17.000 Euro geschätzt. Ein Neuwagen kostete dagegen 22.500 Euro. Das sei allemal ein Totalschaden, meinte der Versicherungsnehmer: Eine Reparatur für 17.000 Euro sei doch wirtschaftlich unsinnig.

Nach den Versicherungsbedingungen sei das keineswegs ein Totalschaden, erklärte das Versicherungsunternehmen und bekam vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm Recht (20 U 96/21). Die Versicherungsbedingungen seien Bestandteil jedes Versicherungsvertrags, so das OLG: Was in den Versicherungsbedingungen stehe, sei im Zweifelsfall ausschlaggebend.

Um einen technischen Totalschaden gehe es hier ohnehin nicht (d.h., das Fahrzeug ist so beschädigt, dass es nicht mehr repariert werden kann). Fraglich sei nur ein wirtschaftlicher Totalschaden. Und der liege nach den Versicherungsbedingungen nur vor, wenn die erforderlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Das sei nicht der Fall.

Auch wenn der Versicherungsnehmer es für unvernünftig halte, so eine teure Reparatur in Auftrag zu geben: Trotzdem koste ein neues Auto erheblich mehr als die Reparatur. Deshalb könne der Versicherungsnehmer nur die Reparaturkosten ersetzt verlangen. Anspruch auf den Wiederbeschaffungswert, also auf Ersatz des Neupreises, habe er nicht.

Radler fährt Kind um

Auf einem Gehweg haben Fußgänger Vorrang: Radfahrer dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren

Mit ca. 12 bis 14 km/h war Radfahrer R auf einem (für Radfahrer zugelassenen) Gehweg unterwegs. Da hopste ein damals neun Jahre alter Junge, den die Mutter gerade von der Musikschule abholte, vom Eingangsbereich der Schule heraus auf den Gehweg. R bremste zwar abrupt, trotzdem fuhr er das Kind an. Das Fahrrad überschlug sich, der Radfahrer stürzte über den Lenker nach vorne.

Im Namen des Jungen, der bei dem Zusammenstoß ein Schädelhirntrauma, Schürfwunden und Prellungen erlitt, verklagte die Mutter Herrn R auf Schmerzensgeld: Er sei erstens zu schnell und zweitens zu nahe am Grundstückseingang vorbeigefahren.

R konterte mit einer Gegenklage auf Schmerzensgeld: Bei seinem Sturz habe er ebenfalls Prellungen und Schürfwunden erlitten. Er sei ziemlich langsam gefahren. Aber das Kind sei so schnell aus dem Eingang herausgerannt, dass eine Kollision unvermeidbar gewesen sei. Die Mutter habe den Jungen ungenügend beaufsichtigt.

Das Amtsgericht Erfurt sprach dem Kind 500 Euro Schmerzensgeld zu und wies die Gegenklage des Radfahrers ab (5 C 1402/19). Auf einem kombinierten Rad- und Fußgängerweg müssten Radfahrer besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen, insbesondere auf alte Menschen und Kinder. Sie müssten so fahren, dass sie jederzeit anhalten könnten, und sie müssten stets damit rechnen, dass aus Grundstückseingängen oder Ausfahrten Fußgänger heraustreten.

Diese Grundsätze gelten erst recht auf reinen Gehwegen mit dem Zusatzschild "Radfahrer frei" — wie dem Gehweg, auf dem sich der Unfall ereignet habe. "Radfahrer frei" bedeute keineswegs "Freie Fahrt": Vielmehr dürften Radler hier nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren, d.h. mit höchstens 5 bis 7 km/h. R sei also deutlich zu schnell gefahren. Das belege nicht zuletzt die Tatsache, dass sich sein Rad aufgrund des Bremsmanövers überschlagen habe.

Auf jeden Fall habe R nicht problemlos stehen bleiben können, als der Junge auf den Gehweg herausgekommen sei. Er habe das Kind direkt angefahren, dem keinerlei Mitverschulden anzukreiden sei. Der Junge sei nicht ins Rad hinein "gehopst", wie R behaupte: Dann wäre R nämlich zur Seite gestürzt und nicht nach vorne über den Lenker.

Forscher Spurwechsel nach dem Überholen

In so einem Ausnahmefall hat nicht wie üblich der "Hintermann" den Auffahrunfall verschuldet

Kurz vor einer Kreuzung hatte der forsche Autofahrer A einen anderen Wagen überholt. Knapp vor diesem Wagen wechselte er wieder auf die Fahrspur zurück und leitete fast gleichzeitig vor der gelben Ampel eine Vollbremsung ein. Der überholte Autofahrer B konnte nicht rechtzeitig anhalten und fuhr auf den "Vordermann" auf.

Trotz seines grenzwertigen Überholmanövers war sich A ganz sicher, dass auch hier galt: An einem Auffahrunfall ist immer der Auffahrer schuld. Deshalb verlangte er von Autofahrer B Schadenersatz für die Reparaturkosten. Während das Landgericht Herrn A ein Mitverschulden von 40 Prozent an der Kollision ankreidete, wies das Oberlandesgericht München seine Schadenersatzklage in vollem Umfang ab (10 U 7411/21 e).

Alle Zeugen hätten ausgesagt, dass A links überholt habe und waghalsig knapp vor B auf dessen Fahrspur zurückwechselte, um dann nach wenigen Metern stark abzubremsen, weil die Ampel umschaltete. Autofahrer B habe nicht die geringste Chance gehabt, als "Hintermann" den nötigen Sicherheitsabstand zu A’s Auto aufzubauen. B sei weder zu schnell gefahren, noch habe er auf andere Weise falsch reagiert.

Autofahrer dürften die Fahrspur nur wechseln, wenn jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Und sie müssten den Wechsel rechtzeitig und deutlich ankündigen (§ 7 Abs. V Straßenverkehrsordnung).

Gegen diese Vorschrift habe Autofahrer A in grober Weise verstoßen. Wenn sich eine Kollision in direktem Zusammenhang mit einem Spurwechsel des vorausfahrenden Autofahrers ereigne, spreche alles für ein Verschulden des "Spurwechslers". Daher hafte Autofahrer A zu 100 Prozent für die Unfallfolgen.

Ford Mondeo statt Porsche? Geht gar nicht!

Unfallgeschädigter Porschefan findet sein Zweitauto unzumutbar und fordert Nutzungsausfallentschädigung

Bei einem Verkehrsunfall war der Porsche 911 von Herrn X schwer beschädigt worden. Dass der Unfallgegner den Zusammenstoß verursacht hatte und für den Schaden in vollem Umfang haften musste, stand fest. Strittig war dagegen die vom Unfallgeschädigten geforderte Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer von 112 Tagen — so lange hatte die Reparatur des Sportwagens gedauert.

Die Entschädigung stehe ihm zu, meinte Herr X, auch wenn ihm weitere vier Fahrzeuge gehörten. Diese zu nutzen, sei aber nicht zumutbar gewesen: Zwei Autos würden ständig von Familienangehörigen gebraucht. Ein drittes sei in besonderer Weise für Rennen ausgestattet und komme für den Straßenverkehr nicht in Betracht. Dann besitze er noch einen Ford Mondeo, der aber für den Stadtverkehr viel zu sperrig sei und von der Familie nur als Lasten- und Urlaubsfahrzeug genutzt werde.

Erfolglos verklagte X die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners auf Nutzungsausfallentschädigung: Das Oberlandesgericht Frankfurt ersparte ihr die Zahlung (11 U 7/21). Wenn ein Unfallgeschädigter während der Reparatur des Unfallautos einen Zweitwagen fahren könne, habe er keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Ein Ford Mondeo sei zwar kein Sportwagen, sondern nur ein Mittelklassefahrzeug. Sicherlich biete der Ford im Vergleich mit einem 911er Porsche weniger Fahrvergnügen.

Deshalb sei es aber keineswegs unzumutbar, ihn vorübergehend im Alltag für Fahrten zur Arbeit und zum Einkaufen zu benützen. Diese Möglichkeit gleiche objektiv den materiellen Schaden aus, der Herrn X durch den Unfall entstanden sei — dass nämlich der Porsche 911, den er normalerweise fahre, vorübergehend ausfiel. Dass X darüber hinaus, weil er eine Vorliebe für schnelle Fahrzeuge habe, unter der Einbuße an Fahrvergnügen "gelitten" habe, sei nur eine immaterielle Beeinträchtigung. Dafür hafte der Unfallverursacher nicht.

Gehbehinderte Fußgängerin angefahren

Mitverschulden, weil die Seniorin beim Überqueren der Straße nicht auf den Verkehr achtete

Eine 81 Jahre alte, gehbehinderte Frau ist ständig mit Gehhilfen unterwegs. Eines Abends überquerte sie nach Einbruch der Dunkelheit eine Straße. In der Straßenmitte blieb die Seniorin nicht stehen, um zu schauen, ob von rechts ein Fahrzeug kommt. Stattdessen ging sie langsam weiter. Eine Autofahrerin, die sich von rechts näherte, konnte nicht rechtzeitig bremsen und erfasste die Fußgängerin mit dem Wagen.

Die schwer verletzte Frau verlangte von der Autofahrerin — d.h. von ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung — Schmerzensgeld für die Unfallfolgen. Das Oberlandesgericht Dresden bejahte zwar prinzipiell den Anspruch der Seniorin. Es lastete ihr jedoch ein Mitverschulden von 50 Prozent an: Ihr Anspruch sei um die Hälfte zu kürzen (14 U 1267/21).

Auf der Straße hätten Autos Vorfahrt. Fußgänger müssten den "fließenden Verkehr" genau beobachten. In der Straßenmitte müssten sie auf Verkehr achten, der von rechts komme, und warten, bis er vorbeigefahren sei. Diese Grundregel habe die Fußgängerin ignoriert. Gerade weil sie sich nur sehr langsam fortbewegen könne, hätte sie stehenbleiben und sich vergewissern müssen, ob sich Verkehr näherte. Spätestens von der Straßenmitte aus hätte sie den Wagen sehen können.

Aber auch die Autofahrerin habe zu dem Unfall beigetragen: Aufgrund der guten Straßenbeleuchtung an der Unfallstelle habe sie die hell gekleidete Gehbehinderte mindestens 40 Meter vor dem Unfallpunkt schon erkennen können. Es sei zwar bereits dunkel gewesen, aber witterungsbedingte Sichtprobleme habe es nicht gegeben. Hätte die Autofahrerin schnell genug gebremst, hätte sie den Wagen vor der Fußgängerin noch anhalten können. Die Haftungsquote zu halbieren sei daher angemessen.

Taxifahrer von Fahrgast genervt

Unter diesen Umständen erscheint sein Rotlichtverstoß in milderem Licht

Ein Taxifahrer wollte bei grünem Abbiegepfeil gerade nach rechts abbiegen, da wurde er von seinem Fahrgast plötzlich angeherrscht, er solle gefälligst geradeaus fahren. Der eingeschüchterte Fahrer befolgte diese Aufforderung und verursachte so einen Zusammenstoß auf der Kreuzung: Denn die Ampel für den Geradeausverkehr hatte "Rot" gezeigt.

Das Amtsgericht brummte dem Taxifahrer für den Rotlichtverstoß Bußgeld und einen Monat Fahrverbot auf. Gegen das Fahrverbot wehrte sich der Mann und hatte beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Erfolg. Das OLG betonte zwar, grundsätzlich stelle ein Rotlichtverstoß mit Sachbeschädigung eine grobe Pflichtverletzung dar, die ein Fahrverbot als eindringlichen Denkzettel nach sich ziehen müsse (1 Ss 149/94).

Im konkreten Fall habe der Taxifahrer jedoch zu keiner Zeit beabsichtigt, sich verkehrswidrig zu verhalten. Er habe den Unfall unter starker psychischer Beeinflussung verursacht: Der Fahrgast habe ihn dazu veranlasst, trotz der roten Ampel unachtsam geradeaus zu fahren. Als der Taxifahrer dem Druck des Fahrgasts nachgegeben habe, sei die Ampel für ihn nicht mehr sichtbar gewesen. Da er sich nach dem Unfall außerdem vorbildlich verhalten habe, sei eine Geldbuße von 400 DM angemessen.

Parkendes Auto von herabgestürztem Ast beschädigt

Kein Schadenersatz von der Stadt: Trotz Kontrollen können Bäume immer eine Gefahr darstellen

Eine Ludwigshafener Autofahrerin hatte ihren Wagen am Straßenrand geparkt, daneben stand ein Japanischer Schnurbaum. An einem stürmischen Regentag brach ein Ast des Schnurbaums ab und knallte auf das Autodach. Von der Stadt verlangte die Autofahrerin erfolglos Schadenersatz für die Reparaturkosten. Denn das Landgericht Frankenthal konnte keine Pflichtverletzung der Kommune erkennen (3 O 307/21).

Wenige Wochen vor dem Astabbruch habe eine Mitarbeiterin der Kommune den Baum kontrolliert und einiges Totholz festgestellt, so das Landgericht. Das Totholz sei kurz darauf bei der Baumpflege entfernt worden. Weitere Maßnahmen seien bei einem Baum, der im kommunalen Baumkataster in "Vitalitätsstufe 1" (also beste Gesundheitsstufe) eingeordnet sei, nicht erforderlich.

Generell gelte, dass Kommunen den Straßenverkehr nicht völlig risikolos gestalten könnten. Gefahren, die auf der Natur selbst beruhten, müsse man als unvermeidlich hinnehmen. Jeder Baum an einer Straße oder an einem öffentlichen Parkplatz könne eine Gefahr darstellen. Denn starker Wind und Regen könnten auch völlig gesunde Bäume entwurzeln oder gesunde Äste abbrechen.

Und morsche Teile seien von außen, also bei der Sichtkontrolle häufig nicht zu erkennen. Trotzdem könne man nicht alle Bäume aus dem öffentlichen Verkehrsraum entfernen oder ständig gründlich untersuchen. Es müsse genügen, wenn sie einmal im Jahr auf Schäden (wie trockenes Laub, dürre Äste, Frontrisse) untersucht würden. Nur bei äußerlich bereits sichtbaren Anzeichen für Gefahr und bei sehr alten Bäumen müssten die städtischen Baumkontrolleure besonders gründlich vorgehen.

Autofahrer rammt Blumenkübel

Die Stadt hat die Tröge in einer Spielstraße aufgestellt, um den Verkehr zu beruhigen

Die Tochter des Autofahrers wohnt in einer so genannten Spielstraße, also einem verkehrsberuhigten Bereich. Um den Verkehr auszubremsen, hat die Kommune dort zwei große, graue Blumenkübel aufgestellt. An einem Novemberabend, es war schon dunkel, besuchte der Autofahrer seine Tochter. Als er mit dem Wagen in die Spielstraße einbog, übersah er einen der Pflanztröge und fuhr dagegen. Für die Reparatur von Dellen und Lackschäden musste der Mann rund 1.340 Euro ausgeben.

Diesen Betrag forderte er von der Stadt ersetzt, die er für sein Malheur verantwortlich machte: In der Dunkelheit, bei Regen und Nebel, seien die Blumenkübel nicht einmal bei langsamer Fahrt zu sehen, weil die Stadt sie nicht auffällig genug gekennzeichnet habe. Es sei doch kein Zufall, dass sich hier schon mehrmals Unfälle mit den Kübeln ereignet hätten.

Die Kommune zahlte nicht und konterte die Vorwürfe ungerührt: Wer beim Autofahren nicht aufpasse, müsse für die Folgen selbst aufkommen. Auch das Landgericht Koblenz sah die Schuld allein beim Autofahrer und wies seine Zahlungsklage gegen die Stadt ab (5 O 187/21). Dass in der Spielstraße Pflanztröge stehen, hätte er wissen müssen, da er seine Tochter regelmäßig besuche.

Eine verkehrsberuhigte Straße durch Blumenkübel zu begrenzen, sei völlig in Ordnung — in diesem Bereich dürften Autofahrer ohnehin nur Schritttempo fahren. Das gelte erst recht, wenn es dunkel sei. Wenn ein Autofahrer bei Dunkelheit gegen ein unbeleuchtetes, unbewegtes Hindernis stoße, gehe der Unfall allein auf sein Konto. Angesichts eines so schwerwiegenden Verkehrsverstoßes komme es nicht mehr auf die Frage an, ob die Stadt die Blumenkübel auffälliger hätte gestalten sollen.

Mit dem Pedelec falsch rum durch den Kreisverkehr

Autofahrer muss nicht mit krassem Fehlverhalten eines Seniors rechnen

Auf dem kleinen Lastenanhänger seines Pedelecs brachte ein 81-Jähriger seine Einkäufe nach Hause. Auf dem Radweg fuhr er durch einen Kreisverkehr — entgegen der vorgegebenen Fahrtrichtung. Von rechts kommend, querte der Pedelec-Fahrer eine einmündende Straße und fuhr direkt vor ein Auto, das in den Kreisverkehr einbiegen wollte. Er stürzte bei dem Zusammenstoß und zog sich einen komplizierten Beckenbruch zu, der ihn letztlich das Leben kosten sollte.

Witwe und Tochter, die Erbinnen des Pedelec-Fahrers, forderten vom Autofahrer Schmerzensgeld. Er trage zumindest eine Mitschuld (25 Prozent) an dem Unfall, meinten sie: Denn der Autofahrer sei zu schnell gefahren und habe nicht genügend auf Radfahrer geachtet. Auf alte Leute müsse man auch im Straßenverkehr besonders Rücksicht nehmen. Das Landgericht Münster wies die Klage der Erbinnen ab, das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte die Entscheidung (9 U 157/21).

Der Autofahrer sei laut Unfallgutachten höchstens mit 15 km/h in den Kreisverkehr eingefahren, stellte das OLG fest. Diese ohnehin geringe Geschwindigkeit habe er keineswegs aus Rücksicht auf Radfahrer noch mehr reduzieren müssen — so ein Grundsatz würde den Verkehr zum Erliegen bringen. Vielmehr habe der Autofahrer darauf vertrauen dürfen, dass der aus dem Radweg auf die Fahrbahn rollende Pedelec-Fahrer seine Vorfahrt beachten werde.

Im Verkehr sei dann besondere Rücksicht auf Kinder oder alte Personen angezeigt, wenn die Gefahr verkehrswidrigen Verhaltens bestehe. Das sei der Fall, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass ein Verkehrsteilnehmer eine komplizierte Verkehrssituation nicht voll übersehen und meistern könne. Wenn ein alter Herr mit Pedelec und Anhänger unterwegs sei, liege jedoch eher die Vermutung nahe, er sei noch sehr rüstig und komme im Verkehr gut zurecht. Anzeichen für Verkehrsunsicherheit habe es jedenfalls nicht gegeben.

Um eine schwierige Verkehrssituation habe es sich auch nicht gehandelt. Der Senior hätte nur das Vorfahrtsrecht des Autofahrers erkennen müssen. Eventuell habe er angenommen, selbst gegenüber dem fließenden Verkehr auf der Straße Vorrang zu haben. So ein Irrtum wäre allerdings nicht altersbedingt.

Alles in allem habe sich der Pedelec-Fahrer verkehrswidrig und grob fahrlässig verhalten: Er sei vom Fahrradweg aus von der falschen Seite her ungebremst und blindlings auf die Straße und direkt vor den Wagen gefahren. Daher gehe der Unfall ganz und gar auf das Konto des Seniors, den Autofahrer treffe kein Mitverschulden.

Autotür bringt Rennradfahrer zu Fall

Hat der Sportler zum Auto ca. 50 cm Abstand eingehalten, ist Mitverschulden ausgeschlossen

Ein Mediziner, passionierter Triathlet, trainierte mit seinem Rennrad im Bergischen Land. In Engelskirchen fuhr er an einem Auto vorbei, das gerade eingeparkt hatte. Der Autofahrer öffnete die Fahrertür, ohne nach hinten zu schauen. Der Sportler konnte nicht mehr ausweichen, prallte gegen die Autotür und verletzte sich schwer.

Von der Kfz-Versicherung des Autofahrers forderte er Schadenersatz: Er könne nun als Unfallchirurg einige kraftaufwendigere Operation nicht mehr durchführen und am Schwimmtraining für den Triathlon nicht mehr teilnehmen.

Der Autofahrer und seine Versicherung erklärten sich bereit, für 75 Prozent des Schadens aufzukommen. Ein Mitverschulden von 25 Prozent gehe aber auf das Konto des Rennradfahrers, meinten sie, weil er zu nah am Auto vorbeigefahren sei. Dass ein Autofahrer nach dem Einparken aussteigen wolle und die Tür öffnen werde, hätte ihm klar sein müssen.

Doch das Landgericht Köln konnte kein Mitverschulden des Verletzten erkennen: Es sprach ihm vollen Schadenersatz und obendrein 3.500 Euro Schmerzensgeld zu (5 O 372/20). Laut Straßenverkehrsordnung müssten sich Autofahrer beim Ein- und Aussteigen so verhalten, dass sie auf keinen Fall andere Verkehrsteilnehmer gefährdeten. Kollidiere ein Radfahrer mit einer beim Vorbeifahren geöffneten Fahrertür, spreche dies in der Regel für ein Verschulden des Autofahrers.

Ein Mitverschulden des Radfahrers sei jedenfalls dann auszuschließen, wenn er einen ausreichenden Sicherheitsabstand von 35 bis 50 cm zum parkenden Auto eingehalten habe. Laut Unfallgutachten sei es im konkreten Fall ein halber Meter gewesen. Der Abstand müsse mindestens so groß sein, dass der Autofahrer die Fahrertür geringfügig öffnen könne. Dafür genüge ein halber Meter. Radfahrer müssten dem Autofahrer nicht so viel Raum lassen, dass er die Fahrertür vollständig öffnen könne.

Auch aus der hohen Geschwindigkeit des Radfahrers sei kein Mitverschulden abzuleiten: Natürlich fahre ein Triathlet auf dem Rennrad deutlich schneller als ein durchschnittlicher Radfahrer. Das könne man einem Sportler nicht vorwerfen. Mit grober Unachtsamkeit von Autofahrern, die schlicht den Verkehr ignorierten, müssten Rennradfahrer nicht rechnen.

Verbraucherkreditvertrag widerrufen

Die Bank muss die Kreditraten nur zurückzahlen, wenn der Kreditnehmer das kreditfinanzierte Auto zurückgibt

2014 hatte Autokäufer M einen Verbraucherkreditvertrag mit einer Bank abgeschlossen, den das Autohaus vermittelt hatte. Mit dem Darlehen von 22.335 Euro finanzierte er einen Neuwagen für 31.152 Euro — den restlichen Betrag brachte M selbst auf. Vier Jahre später widerrief er den Kreditvertrag und verlangte von der Bank, die bis dahin geleisteten Kreditraten zurückzuzahlen. Das Kreditinstitut könne den Wagen mit Schlüssel und Papieren bei ihm abholen, bot er an.

Darauf ließ sich die Bank nicht ein. M verkaufte das Fahrzeug und verklagte die Bank auf Rückabwicklung des Kreditvertrags. Das Landgericht Braunschweig wies die Klage ab: Die Zwei-Wochen-Frist für den Widerruf des Kreditvertrags sei sowieso abgelaufen. Sie habe sich auch nicht aufgrund von Fehlern in den Vertragsunterlagen verlängert: Der Verbraucher sei damals korrekt über sein Recht auf Widerruf informiert worden.

Die nächste Instanz, das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig, befasste sich gar nicht mehr mit der Frage, ob der Widerruf des Vertrags berechtigt war (4 U 36/21). Im Ergebnis habe das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen, so das OLG. Selbst wenn man unterstelle, dass M den Verbraucherkreditvertrag wirksam widerrufen habe, müsse die Bank die geleisteten Zins- und Tilgungsraten nicht zurückzahlen. Sie dürfe die Leistung nämlich verweigern, weil der Kreditnehmer das finanzierte Auto nicht zurückgegeben habe.

Wer eine Ware mit einem Verbraucherdarlehen finanziere, müsse die Ware herausgeben — sozusagen als Vorleistung —, wenn er den Darlehensvertrag widerrufe. Erst nach Rückgabe der Ware könne er vom Kreditgeber die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsraten verlangen.

Diese Rückgabepflicht erfülle der Kreditnehmer nicht, wenn er — wie Autokäufer M — das Kreditinstitut auffordere, den Wagen an seiner Adresse abzuholen. Wenn nichts anderes vereinbart worden sei, müsse der Verbraucher der Bank die kreditfinanzierte Ware am Firmensitz zurückgeben oder die Ware dorthin schicken.

2.331 Euro "Verwahrgebühr" für Kfz-Kennzeichen!

Der Autobesitzer hatte die EU-Kennung überklebt: Gebührenbescheid ist überhöht

In Rheinland-Pfalz stellten Polizeibeamte bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle ein Kfz-Kennzeichen sicher: Denn der Autobesitzer hatte die EU-Kennung des Kennzeichens mit schwarzer Folie abgeklebt und die Stempelplakette fehlte.

Nach einigen Wochen schrieb ihm die Verkehrsbehörde: Der Autobesitzer sollte mitteilen, ob er damit einverstanden sei, dass das Kfz-Kennzeichen entsorgt werde. Andernfalls falle pro Tag eine Verwahrgebühr von sieben Euro an. Auf dieses Schreiben reagierte der Mann nicht.

Elf Monate später meldete sich die Verkehrsbehörde erneut bei ihm: Sie beabsichtige nun, das sichergestellte Kfz-Kennzeichen zu entsorgen. Diesmal antwortete der Autobesitzer und stimmte der Entsorgung zu: Er habe ohnehin angenommen, dies sei längst geschehen. Das erste Schreiben der Behörde habe er nicht erhalten.

Damit war die Angelegenheit aber keineswegs erledigt. Das Bundesland setzte nun eine Verwahrgebühr von 2.331 Euro fest (333 Tage zu je 7 Euro).

Das Verwaltungsgericht Trier hob den Gebührenbescheid auf (8 K 728/22). Grundsätzlich dürfe das Land zwar Gebühren für die Verwahrung von Kennzeichen erheben. Es habe aber auch die Pflicht, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Geringwertige Gegenstände wie ein Kfz-Kennzeichen — das man für ca. zehn Euro erwerben könne und an dem auch kein ideelles Interesse bestehe — seien zügig zu entsorgen.

Die zuständige Behörde müsse in einem angemessenen Zeitraum, d.h. innerhalb von 14 Tagen klären, ob der Autobesitzer der Entsorgung zustimme und dann das Aufbewahren sofort beenden. Auch wenn der Autobesitzer zunächst eine Antwort schuldig geblieben sei: Eine Verwahrgebühr für 333 Tage festzusetzen, sei unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.

Polizeibeamter als Zeuge geeignet?

Amtsgericht muss nicht über die "Zuverlässigkeit" von Zeugen verhandeln

Ein Autofahrer wurde vom Amtsgericht zu einer Geldbuße von 150 DM verurteilt, weil er zu schnell gefahren war. Dagegen legte er Rechtsbeschwerde ein mit der Begründung, dass das Gericht die Feststellung zur Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf die Zeugenaussage des "zuverlässigen" Polizeibeamten hätte stützen dürfen. Da dieser Umstand ("Zuverlässigkeit") nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, habe er keine Gelegenheit erhalten, dazu Stellung zu nehmen. Damit sei der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt worden.

Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die Rechtsbeschwerde zurück (2 ObOWi 210/94). Eine Zeugenaussage als "zuverlässig" einzustufen, stelle eine Wertung des Gerichts dar - im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung. Deshalb könne der in Frage stehende Umstand, ohne in die Hauptverhandlung eingeführt worden zu sein, im Urteil bewertet werden.

Falschparker an der Bushaltestelle

Kurzartikel

Hat ein Autobesitzer sein Auto näher als 15 Meter an einer Bushaltestelle geparkt, muss er die Abschleppgebühr bezahlen, wenn die Berliner Verkehrsbetriebe den verkehrswidrig abgestellten Wagen abschleppen lassen. Maßnahme und Gebührenbescheid sind auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn das Auto im Haltestellenbereich niemanden behindert hat. Das reibungslose Funktionieren des öffentlichen Nahverkehrs habe einen hohen Stellenwert, so das Verwaltungsgericht Berlin, und die Verkehrsbetriebe erfüllten in diesem Zusammenhang "Ordnungsaufgaben".

Nach links in eine Hofeinfahrt abgebogen

Linksabbieger verstößt gegen die "Rückschaupflicht" und stößt mit überholendem Auto zusammen

Autofahrer A fuhr schon eine Weile auf der Landstraße hinter Autofahrer B her, der — obwohl er 100 km/h hätte fahren dürfen — mit ca. 50 km/h dahin zockelte. A und seine Ehefrau sagten später vor Gericht, sie hätten den Eindruck gehabt, B wusste nicht so recht "wohin". Genau in dem Moment, als A zum Überholen ansetzte, bog B nach links in eine Hofeinfahrt ab. Es kam zum Zusammenstoß.

Er habe links geblinkt, behauptete B — B habe nicht geblinkt, schwor das Ehepaar A. Die Angaben der Autofahrer zum Blinken ständen sich unvereinbar gegenüber, so das Oberlandesgericht Hamm: Diesen Widerspruch habe man nicht aufklären können (I-7 U 33/20). Trotzdem stehe fest, dass der Linksabbieger bzw. seine Kfz-Haftpflichtversicherung für den Unfallschaden des A in voller Höhe haften müsse.

B habe gegen alle anderen Pflichten eines Linksabbiegers verstoßen und so den Unfall verursacht. Er habe sich vor dem Abbiegen weder zur Mitte der Landstraße hin eingeordnet, noch ein zweites Mal zurückgeschaut. Nach seiner eigenen Schilderung habe er wenden wollen und sich spontan dazu entschlossen, als er die Einfahrt auf der linken Seite sah. Angeblich habe er geblinkt und in den Rückspiegel geschaut. Hätte er vor dem Abbiegen nochmals nach hinten geblickt, hätte er das Fahrzeug von A gesehen.

Linksabbieger müssten sich vergewissern (mit Innenspiegel, Außenspiegel, Seitenfenster), dass sie dies gefahrlos tun könnten. Diese Regel sei natürlich auch gültig, wenn ein Verkehrsteilnehmer nicht an einer Kreuzung links abbiege, sondern in eine Hofeinfahrt. Der in ein Grundstück Abbiegende trage das Risiko nahezu allein, so hoch seien hier die Anforderungen an die Sorgfalt des Autofahrers.

A treffe kein Mitverschulden. Allein der Umstand, dass der vorausfahrende Wagen seine Geschwindigkeit ein wenig verringert habe, stelle noch keine unklare Situation dar, in der das Überholmanöver von A unzulässig gewesen wäre. Hätte B geblinkt, träfe A eine Mitschuld — aber das sei eben nicht bewiesen.

Zu berücksichtigen sei außerdem, dass B schon einige Zeit vor dem Abbiegen die Höchstgeschwindigkeit nicht ausnutzte, sondern mit nur ca. 40 bis 50 km/h auf der Landstraße unterwegs gewesen sei. Vor diesem Hintergrund habe sich dem A nicht unbedingt der Gedanke aufdrängen müssen, dass der Fahrer vor ihm nach links in eine Hofeinfahrt einbiegen würde - nur weil er noch ein wenig langsamer wurde.

Rechts aufgestelltes Verkehrsschild gilt für alle Fahrspuren

Kurzartikel

Erfolglos wehrte sich ein Autofahrer gegen 600 Euro Geldbuße und einen Monat Fahrverbot. Er war in der Nähe einer Autobahnkreuzung mit über 130 km/h geblitzt worden, obwohl dort Tempo 80 galt. Sein Argument: Das Verkehrsschild habe an der Einfädelspur gestanden. Deshalb habe er gedacht, das Tempolimit gelte nur für diesen Fahrstreifen. Die Annahme gehe fehl, erklärte ihm das OLG Düsseldorf: Verkehrsschilder würden immer am rechten Fahrbahnrand aufgestellt und gelten für "sämtliche Fahrstreifen". Wenn Verkehrszeichen nur für einzelne Fahrspuren gelten sollten, würden sie in der Regel über der betreffenden Fahrspur angebracht.